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Ähnlich wie im letzten Jahr gibt es auch dieses Jahr wieder eine bestimmte Anzahl an Punkten, die ihr den Texten geben könnt. Dabei ist zu beachten, dass ihr frei wählen könnt, wie genau ihr die Punkte verteilt und welche Texte mehr Punkte als andere bekommen. Achtet jedoch darauf, dass ihr die Punkte, die euch zur Verfügung stehen komplett ausschöpft. Votes, welche zu wenig oder zu viele Punkte enthalten können leider nicht gezählt werden. Des Weiteren solltet ihr eure Punkte mindestens auf drei Texte verteilen! Weitere Informationen findet ihr hier:Informationen zur Wettbewerbssaison 2012
Ihr könnt 7 Punkte verteilen
Der Vote läuft bis zum 24.03.2012 um 23:59 Uhr.
„Warum, N?“, fragte Lotta tonlos und blickte auf den grünhaarigen Trainer hinab, der vor ihr gegen die Felswand gelehnt saß. Ihre Stimme übertönte kaum das Tosen des Windes. „Warum tust du das?“
„Das würde mich auch mal brennend interessieren.“ Cheren trat hinzu, nachdem er sich vom stundenwährenden Kampf am wolkendüsteren Himmel abgewandt hatte. Er würde nicht mehr lange dauern.
N lächelte zu Lotta auf, mit demselben geheimnisvollen Glitzern in den Augen wie vor fünf Jahren, nach seiner großen Niederlage gegen sie. Damals hatte sie ihn nach seinem richtigen Namen gefragt, aber er hatte keine Antwort gegeben, bevor er für ein halbes Jahrzehnt von der Bildfläche verschwunden war. „Ich habe erkannt, dass sich mein Wunsch von einer Welt, in der Menschen und Pokémon gleichberechtigt nebeneinander leben können, nicht erfüllen kann, weil niemand die Pokémon so versteht wie ich.“ N stöhnte äquivalent zum schmerzerfüllten Brüllen Dialgas, das erbittert gegen Zekrom kämpfte. Blitze zuckten über den Himmel, und Donnern ließ den Kraterberg erzittern. „Nicht, solange es Menschen gibt, die die Pokémon ausbeuten“, erklärte N nach seinem Schwächeanfall weiter. Sein Kleoparda saß neben ihm und stupste seine linke Hand, die er fest auf die rechte Schulter gepresst hielt. „Das hat mir G-Cis klargemacht. Erst, wenn ich das alte Gleichgewicht zerstöre, kann ich ein neues erschaffen.“
Nun sah er in den Himmel, wo der Zeitdrache soeben eine machtvolle Attacke lud. Aber Lotta wusste, dass es gegen Zekrom nicht viel nutzen würde. Der schwarze Drache hatte bereits Palkia besiegt, das am Boden des Kraters zur Steinstatue erstarrt lag. N sprach weiter: „Dafür brauche ich die Mächte, die diese Welt im Gleichgewicht halten – die Mächte über Zeit und Raum.“
Lotta zuckte zusammen, als Cheren plötzlich herabstieß wie ein Washakwil auf der Jagd, N am Kragen packte und wieder mit sich hochzog. „Du hast vor, unsere Welt zu zerstören, du größenwahnsinniges Arschloch!“, keifte er dem Drachenmeister ins Gesicht. Lotta erkannte ihren Kindheitsfreund kaum wieder. Er war es gewesen, der herausgefunden hatte, dass N in Sinnoh agierte und ganz im Alleingang nach den beiden Dimensionsdrachen suchte, und daraufhin „das alte Trio“, wie er sich, Bell und Lotta als Gruppe bezeichnete, zusammengetrommelt hatte. Sonst war er immer nachdenklich und besonnen. Jetzt schien er innerlich mit sich selbst zu ringen, ob er N lange und qualvoll verprügeln oder ihm lieber gleich den Hals umdrehen sollte.
N indes blieb gelassen. Als Kleoparda hinter ihm bedrohlich knurrte, ließ Cheren ihn wieder zu Boden fallen.
Da stieß Zekrom ein wütendes Brüllen aus. Die Anzahl der Blitze nahm rapide zu, und nur die hauchzarte Membran, die der Drache vor Beginn des Kampfes zu ihrem Schutz um die Trainer heraufbeschworen hatte, bewahrte sie davor, gegrillt zu werden. N krümmte sich auf allen Vieren. „Mir ist… so heiß“, keuchte er atemlos und zog sich den Pullover über den Kopf.
Lotta erschrak, als sie seine Schulter sah. „Was ist das?“, fragte sie und betrachtete entsetzt das blau glühende Blitzmuster, das sich über seinen ganzen rechten Arm bis zur Handwurzel herab und über das Schulterblatt erstreckte.
N lachte bitter, Schweißtropfen auf seinem Gesicht glänzten im Schein des Mals. „Wenn man mit einem legendären Drachen paktiert, drückt er einem unweigerlich seinen Stempel auf. Zekrom bezieht seine Kampfkraft aus meiner Lebensenergie.“ Auch wenn sie selbst einen solchen Drachen gefangen hatte, hatte Lotta damit keine Erfahrung. Nach ein paar Wochen gemeinsamer Reise mit Reshiram hatte sie den weißen Engelsdrachen wieder freigelassen. Sie fand es vermessen für einen Menschen, über eine Legende zu gebieten – N war das beste Beispiel dafür.
„Scheiße“, hörte Lotta Cheren fluchen und wandte sich wie er dem Drachenkampf zu. Doch dieser war, zu ihrem Entsetzen, nun endgültig vorbei: Zekrom schwebte über dem versteinerten Dialga, den aus der Stahlbrust gerissenen Diamanten in den Klauen. In seiner anderen Pranke erschien die Kugel, die es zuvor Palkia geraubt hatte. Der Donnerdrache hielt beide Kleinode gen Himmel, wo sie sich aus seinem Griff lösten und über seinem Kopf immer schneller werdend zu kreisen begannen. Bald war ihr mattes Leuchten nur noch ein einziger Ring aus Licht, in dessen Innern sich ein Wirbel aus Dunkelheit bildete. Aus der demolierten Kraterberglandschaft lösten sich Felstrümmer, flogen auf den Lichtring zu und verschwanden in der Finsternis.
„Alle Materie dieser Welt wird jetzt durch das Dimensionsloch gesogen“, erklärte N selbstgefällig, auch wenn er wieder die Hand auf das Drachenmal presste. „Und auf der anderen Seite des Tunnels baut sich daraus dann die neue Welt.“ Er verzog das Gesicht vor Schmerz, doch selbst in diesem jämmerlichen Zustand strahlte er noch das ihm eigene Charisma aus.
„Sag ihm, es soll damit aufhören.“
Lotta wirbelte herum, als sie Bells ernste Stimme hinter sich vernahm. Die blonde Trainerin hatte sie schon fast vergessen, weil sich diese bislang stumm verhalten hatte. Als Lotta gewahrte, was ihre Freundin in Händen hielt, taumelte sie zurück. „Wo hast du die Waffe her?“, kreischte sie schriller, als sie bislang gesprochen hatte, obwohl sie auch schon vorher hysterisch gewesen war.
„Das tut nichts zur Sache“, gab Bell aggressiv zurück und fuchtelte mit dem Revolver in Ns Richtung. „Ihr habt doch gehört, was er gesagt hat. Wenn ich ihn erschieße, hat Zekrom keine Energiequelle mehr.“
„Wenn du mich erschießt“, sagte N ruhig, konzentriert auf die geifernde Mündung der Pistole, „wird seine Kraft unkontrollierbar sein. Dann wird diese Welt umsonst vernichtet!“
„Ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen“, meinte Bell schlicht und entsicherte die Waffe. „Dann besteht wenigstens eine Chance, dass meine Familie überlebt.“
„Bell, nicht…“, versuchte Lotta, ihre Freundin zu beschwichtigen. Doch diese schoss nun tatsächlich – das Projektil verfehlte N jedoch knapp und schlug klingend auf dem Steinboden auf. Es war Absicht gewesen, das ahnte Lotta. Wenn Bell den Drachenmeister hätte treffen wollen, hätte sie es auch geschafft. Auch Kleoparda spürte die Gefahr, die von Bell ausging, und hielt sich dezent im Hintergrund.
„Ihr denkt wohl, die süße, kleine, dumme Bell ist zu unschuldig, um jemanden zu verletzen, oder?“ Die Blondine verzerrte ihr Gesicht zu einer Fratze des Zorns. „Aber auch ich bin erwachsen geworden.“ Lotta konnte kaum glauben, was sie da hörte. Was war in den letzten fünf Jahren in Bells Leben geschehen, dass sich das liebenswerte Mädchen so drastisch verändert hatte? Oder war ihr Verhalten nur situationsbedingt, so wie es bei Cheren der Fall war? „Ich hab dich einmal bewundert, N, dich und dein Streben nach der perfekten Welt.“ Bells Stimme klang seltsam belegt. „Aber wenn ich sehe, was du dafür zu opfern bereit bist… Du bist der gleiche miese Dreckskerl wie dein Vater.“
Sie drückte den Rücken durch und straffte die Schultern. Mit einem eindeutigen Kopfnicken in die entsprechende Richtung verlangte sie erneut: „Und jetzt befehle Zekrom, Dialga und Palkia ihre Juwelen zurückzugeben!“
Mit unwilliger Miene stand N schwankend auf, hielt dabei stets Blickkontakt mit der einäugigen Handfeuerwaffe. Schließlich wandte er sich Zekrom zu, schloss die Augen. Für unendliche Sekunden, so kam es Lotta vor, stand N am gähnenden Abgrund. Mit dem langen Haar, das der Sturm ihm ums Gesicht wehte, und dem intensiv blau glühenden Drachenmal wirkte er wie ein fleischgewordener Held aus den uralten Sagen Einalls.
Endlich öffnete er wieder die Augen. „Es funktioniert nicht“, sagte er tonlos und starrte zum Donnerdrachen auf. „Es lässt mich nicht in seinen Geist!“
„Du lügst doch!“, kreischte Bell, aber Lotta wusste, dass N die Wahrheit sprach. Er war ein Mann, der ein Leben lang mit Pokémon telepathisch kommuniziert hatte. Die Bestürzung darüber, dass es ihm jetzt unmöglich war, konnte nicht einmal er vorschützen.
Plötzlich krachte mit ohrenbetäubendem Getöse in der Nähe ein Brocken aus dem Berg, und das kleine Plateau erzitterte. Steintrümmer spritzten in alle Richtungen, vermochten aber den Schutzschild nicht zu durchbrechen. Cheren nutzte die Ablenkung und handelte so, wie man es von ihm gewohnt war: Kalt und berechnend. Er stieß gegen Bells Arm, sodass eine eventuell abgeschossene Kugel nur die Felswand treffen konnte, und entwendete ihr, ohne auf ihren Protest zu reagieren, geschickt den Revolver. Um diesen gänzlich loszuwerden, schleuderte er ihn durch die Membran den Abgrund hinab.
Lotta beugte sich zu N runter, der sich erneut vor Qualen wand, ächzte und schrie. Das Blitzmuster leuchtete stärker als zuvor und breitete sich weiter aus, bis sein gesamter Oberkörper von dem Wurzelgeflecht zerwuchert war, durch das Zekrom seine Macht bezog. Vorsichtig legte Lotta eine Hand auf Ns bebenden Rücken, zuckte dann aber zurück. Seine Haut war kochend heiß! Sie hob den Blick zu Zekrom. Der Donnerdrache war von einer unheimlichen blauen Aura umgeben. Der Ring über seinem Kopf nahm an Umfang zu, der Sog des Dimensionslochs wurde stärker. Gleißende Blitzexplosionen teilten den Himmel in albtraumhaftes Schwarz und blendendes Weiß. Wenn Zekrom so weitermachte, würde es N töten!
In ohnmächtiger Wut ballte Lotta die Fäuste. Konnten sie denn gar nichts tun, um diese Katastrophe abzuwenden?
Ein stechender Schmerz biss jäh in ihren linken Handrücken. Erschrocken starrte sie darauf, doch als sie den Grund dafür erkannte, wich ihrem Entsetzen Erstaunen. Auf ihrer Hand hatte sich eine kleine, leicht spiralförmig gewundene Flamme gebildet, ganz ähnlich Ns Drachenmal, die die Farbe heißer Glut hatte.
In diesem Moment schoss über ihren Köpfen ein in orangegoldenes Feuer gehüllter Engel genau auf Zekrom zu.
Ruhelos betrachte ich die Szenerie, die sich direkt vor meinen Augen abspielt. Sie treiben sie zusammen, die Menschen, ungeachtet ihrer ängstlich aufgerissenen Augen, ihrer zitternden Leiber, ihrer in Rinnsälen fließenden Tränen. Selten, nein, nie zuvor habe ich meinesgleichen so rücksichtslos und harsch erlebt. Ich will mich an diesem Spektakel nicht beteiligen, auch wenn unsere Beweggründe nachvollziehbar sind. Sie könnten wenigstens etwas sanfter, etwas vorsichtiger mit diesen Geschöpfen umgehen, die doch so viel kleiner und zarter sind als wir selbst und nur wenig Fell und keine Schuppen tragen. So verletzlich, so zerbrechlich. Es erstaunt mich, dass sie ihr Ziel, sich die gesamte Erde Untertan zu machen, fast erreicht hätten.
„Riokulo, was ist los?“
Als mein Name erklingt, wende ich meinen Kopf Kyrash zu, meinem besten Freund. Immer wenn ich ihn sehe, muss ich ihn kurz für seine Eleganz und sein süßes Lächeln beneiden, dass er nur selten verliert. Sein rotes Fell, hie und da von kürzeren, gelb strahlenden Härchen durchsetzt ist so lang, dass es über den Boden schleift und er es wie eine Schleppe hinter sich her zieht. Große, grün und blau glänzende Schuppen bedecken seinen breiten Brustkorb und reflektieren das Licht der Sonne, dass zu dieser Zeit kaum die Erde erreicht. Er erhebt sich von dem Felsen, auf dem er bisher gethront hat und macht Schritt für Schritt auf mich zu, seine krallenbewehrten Füße hinterlassen kleine Furchen in dem lockeren Erdreich, das noch vor ein paar Stunden die schwere Last menschlichen Betons tragen musste. Ich betrachte seine ebenso ausgebildeten Hände, seine stechend neongrünen Augen, deren Iris so riesig erscheint im Vergleich zu der winzigen Pupille und werde der vier Reihen blitzender Zähne gewahr, die er freundlich lächelnd entblößt.
Hinter mir schreit ein Mensch in purer Panik, ich rieche den stechenden Geruch einer unaufhaltsam ansteigenden Konzentration von Adrenalin, Schweiß, und Tränen. Das Parfum des Krieges liegt schwer in der Luft, doch es scheint niemanden außer mir aufzufallen.
„Nun sag schon.“
Sorge blitzt in Kyrashs Augen auf, als er eine Pranke auf meine Schulter legt. Sie lastet schwer auf mir, wie das Leid der ganzen Welt. Die stickige Atmosphäre dieses einst so reinen Planeten verpestet meine Lunge und ich traue mich kaum zu sprechen, will nicht noch mehr von diesem Smog Zugang zu meinem Atemwegen verschaffen. Ich überwinde mich.
„Sie fürchten sich. Sieh sie doch an! Wie müssen wir erscheinen für sie, die sie uns nicht kennen, nichts wissen von unserer Existenz?“
„Nichts wissen von ihren Schöpfern.“ unterbricht Kyrash und das Funkeln in seinen Augen, das aufsteigende Lachen in seiner Brust lässt meine Seele gefrieren.
„Auch sie sind inzwischen Schöpfer, haben Dobermann und Dalmatiner, Thai und Tonkanese hervorgebracht. Um nur einen Bruchteil zu nennen. Sie sind Künstler.“ werfe ich ein, um dieses grauenhafte Geräusch im Keim zu ersticken.
„Künstler eines grauenvollen, verabscheuungswürdigen Bildes aus den dunkelsten Farben dieser und der meisten anderen Welten. Sie pinselten bunt auf die reinste aller Leinwände, verschönerten sie anfangs, wie ich gerne zugebe. Doch dann wollten sie immer intensivere Töne und sie mischten und mischten und übermalten, bis nur noch braun und grau und schwarz überblieb. Die Erde ist entstellt, ihre Seele gebrochen und du, mein Freund, du Gutherzigster, empfindest dennoch Mitleid?“
Er schaut mich an und lächelt immer noch, streichelt sanft über meinen Rücken. Ich genieße die Zärtlichkeit, lege den Kopf in den Nacken und betrachte den blutroten Himmel, die tiefschwarzen Wolken, lausche dem Geräusch eines brechenden Knochens und fahre wütend herum, beschimpfe wie im Wahn den unerfahrenen Jüngling, der einen der Menschen zu grob anfasste. Er senkt schuldbewusst den Kopf und entschuldigt sich herzerwärmend ehrlich bei dem kleinen Geschöpf, das kein Wort versteht weil es eine so komplexe Sprache überhaupt nicht aufnehmen kann und das vor Angst und Schmerz in eine tiefe, dennoch unruhige Ohnmacht abdriftet.
Die Gerüche, Geräusche, die Unruhe, sie rauben mir noch den Verstand. Ich wünschte, das hier wäre nicht nötig und wir könnten einfach wieder zurück in unsere Heimat, ohne diese „Reinigung“ zu vollziehen. Allein bei dem Gedanken an ein solches Wort um diese Situation zu beschreiben dreht sich mir der Magen um.
Kyrash spürt meine erneut aufgekeimte Unruhe und spricht mir ruhig zu: „Es ist bald vorbei, Riokulo. Ich weiß, dass du darunter leidest.“
Betreten schüttele ich den Kopf und versuche, meine Gefühle in Worte zu fassen: „Das ist alles so unnötig. Wie konnte es nur so weit kommen? Ich kann die Menschen nicht verstehen. Wir haben ihnen so viele Zeichen gegeben, haben den Himmel verdunkelt, die Meere gefärbt, die Wälder vertrocknen lassen. All das im Zeitraffer um ihnen unmissverständlich vor Augen zu führen, was aus der ihnen anvertrauten Welt wird, wenn sie so weiter machen. Wie konnten sie das nicht verstehen? Wie konnten ihre Diskussionen trotzdem auf Nebensächlichkeiten beruhen, während die Erde immer mehr in die Hände des Todes glitt?“
Das anfängliche Mitleid wandelt sich allmählich in Wut. Wären die Menschen nicht so dumm gewesen, müssten wir nun nicht hier sein und diese Maßnahmen ergreifen. Vielleicht wäre heute der Tag gewesen, an dem ich endlich ein Weibchen kennen und lieben gelernt hätte. Könnte es sein, dass diese dummen, nackten Geschöpfe mich tatsächlich um dieses gute Schicksal gebracht haben?
Ein bedrohliches Zischen bahnt sich den Weg aus meinem Rachen und erfüllt die Luft zwischen mir und Kyrash. Er schweigt, kann mir keine Antwort geben, keine Lösung auf meine Fragen. Vielleicht will er es auch nicht. Er war noch nie ein sonderlich großer Tierfreund und von einem so misslungenen Experiment wie den Menschen schon gar nicht. So klopft er mir nur aufmunternd auf die Schulter, ich solle mir nicht zu viele Gedanken machen. Seine Versuche, mich zu trösten, wirken plötzlich halbherzig und falsch. Ich winde mich aus dem Griff meines Freundes und schreite davon, vorbei an den Reihen von Menschen, die in die Transportschiffe getrieben werden. Wenigstens versuchen unsere Anführer, so viele wie möglich zu retten. Aber bei ihrer großen Population wird es trotzdem nur ein Bruchteil sein. Wie viele werden wohl ihre Familie und Freunde verlieren, wie viele Kinder ihre Eltern? Ich spüre einen gewissen Selbsthass in mir aufsteigen, obwohl ich weiß, dass ich nichts dafür kann, geschweige denn etwas ändern könnte. Trotzdem verharre ich reglos und ertappe mich bei dem Gedanken, hier bleiben und nicht zurück nach Hause kehren zu wollen, nur um mich selbst zu bestrafen. Die Entwicklung meiner Gefühlswelt ist besorgniserregend.
Ich starre aus leeren Augen auf die brennenden Hochhäuser in der Ferne, das verdorrte Gras in meiner Nähe und einen federlosen, toten Vogel, der auf dem Wegrand sein Grab gefunden hat. Meine Seele fühlt sich wund an und stirbt, wie dieser wunderschöne Planet. Ich reiße mich von dem Anblick los. Die Übelkeit steigt von meinem Magen hoch in meinen Brustkorb, gewaltig wie ein Geysir und bringt mich zum rennen. Bebend flüchte ich mich in eines unserer gigantischen Transportmittel und suche, nicht gewillt mich dem Verlangen, meinen Magen zu leeren hinzugeben, einen ruhigen Platz in der Lagerhalle. Doch anstatt Frieden finde ich dort eine erbärmlich zitternde Menschenfrau vor.
Sie starrt mich aus großen, grünen Augen an, ihr Atem wird schneller, der stinkende Geruch von wilder Angst kriecht aus all ihren Poren. Ihr langes, braunes Kopffell ist voller Schweiß und hängt ihr in Strähnen in das hübsche Gesicht. Auch sie hat wohl Zuflucht vor dem Schrecken dort draußen gesucht doch mit mir hat er sie wieder eingeholt. Diese Erkenntnis bedrückt mich. Ich weiß weder, wie mich verhalten soll noch, was ich nun mit ihr anstelle. Die Menschin ist auf die Knie gesunken und hat das Gesicht in den Händen vergraben, ihre Augen vor dem Alptraum verschlossen. Ich will sie berühren, sie trösten, auf eine ehrlichere Art, als Kyrash es zuvor bei mir getan hatte. Doch sie würde sich nur noch mehr fürchten, so wie wohl jeder andere ihrer Art auch. Ich bin einer der apokalyptischen Reiter aus ihren kindischen Zukunftsszenarien, die sie scheinbar selbst nie wirklich ernst genommen haben. Sonst hätten sie wohl besser auf die Warnungen der Erde und die unseren reagiert. Nun ist es zu spät. Selbst wenn sie es wollten, wenn sie noch so sehr bitten und betteln würden, man würde ihnen wohl keine weitere Chance einräumen. Stattdessen wird nun der Erde und ihren anderen Bewohnern unter die Arme gegriffen, ihre Wunden verarztet, ihre Krankheiten geheilt.
Doch können wir den Menschen wirklich einen Vorwurf machen? War es nicht unsere Art, die sie in vielen Schritten gezüchtet und schließlich hier sich selbst überlassen hat, da sie komplexe Gefühle entwickelten und man ihnen ein freies Leben gönnen wollte? So war das Leid der Welt doch nur begrenzt ihre, und viel eher unsere Schuld. Möglicherweise sind die meisten von uns deshalb so erpicht darauf, das alles möglichst schnell zu beenden. Ich bete wirklich, dass es auch schmerzlos ablaufen wird.
Diesen einen Menschen, der hier so weinerlich und verstört vor mir kniet, werde ich persönlich in meine Obhut nehmen und vor allem weiteren Leid bewahren. Tue ich dies aus Gutherzigkeit oder nur, um mein eigenes Gewissen zu beruhigen? Ich bleibe mir selbst der Antwort schuldig.
„Ruhe! Ruhe!“, versuchte das weißfedrige Noctuh in die geistlich erhitze Menge der Streitenden zu rufen. Doch dies ging in deren Getöse unter. Ihre Gesprächsfetzen hallten mehrfach von der kreisrunden, mit unifarbenen Farben bestrichenen Wand, wodurch die Lautstärke im Raum ungemein wuchs. Es war wie bei einer sonstigen Versammlung im Parlament; alle stritten sich um diverse Themen, worauf kaum eine Einigung erzielt wurde. Die Regierung der Welt brachte aus ihrer gesetzgebenden Kraft, der Legislative, nie einheitliche Stimmen hervor. Immer musste dann das oberste Pokémon an der Spitze der Hierarchie stehen. Dieses Mal aber war das Thema ein und dasselbe: Die Diskussionen und Krisensitzungen wurden anlässlich der großen Wetterumschwünge und Naturkatastrophen gehalten. Das Wetter und die sonstige Welt gerieten tatsächlich aus den Fugen des Gleichgewichts; starke Winde ließen die Wellen, die sonst friedlich, einem sanften Gesang des Meeres gleich, gegen die Küsten schlugen, gefährlich hoch auf das Land schlagen. Bäume, deren starken Wurzeln sonst Hunderte von Jahren in den Tiefen der Mutter Erde verwurzelt waren, wurden einfach herausgerissen, als ob man mit dem Finger ein Haar herauszupfen würde. Schon etlichen Pokémon wurden dadurch deren Heimaten genommen und landeten in ein neu und extra dafür eingerichtetes „Obdachlosen“-Asyl. Dass die Regierung sowas erst jetzt errichtet hatte, ließ den weisen Kauz den Kopf schütteln. Wozu diente es, dass im Parlament die Abgeordneten aus allen vier Kontinenten sich die Köpfe vor lauter Disputationen einschlugen, wenn letzten Endes die Entscheidungsgewalt beim Zentralpokémon lag. Es war einfach nicht parlamentarisch, wie sie hätte sein sollen. Doch vor hunderten von Jahren scheiterte die Revolution, die die Demokratie mit sich gebracht hätte, doch sie scheiterte. Erst durch Einigung der Souveränen, der zweithöchsten Instanz nach dem Zentrum, und dem Oberhaupt selber wurde zwar die scheinbare Demokratie gegründet, aber es brachte die Einheit und Einigung zwischen den vier Kontinenten. „Einheit, dass ich nicht lache!“, flüsterte der Uhu in seinen Federbart. „Wir müssen zuerst die Ursache finden. Es bringt nichts, wenn wir Maßnahmen ergreifen, während die Gefahr weiter anhält.“, sprach Gewaldro, ein großes, von diversen Kämpfen gebeuteltes Pflanzen-Pokémon, der trotzigen Blickes seinem Widersacher, einer Echse mit loderndem, feuerroten Schweif, in die Augen sah. „Vergiss es, Gewaldro!“, sprach Glutexo. „Ich muss an meine Profite denken. Deswegen müssen wir alles Mögliche tun, um meinen und unseren Wohlstand zu sichern!“ „Es geht also nur ums Geld bei dir!“, rief nun der Waldgecko aufgebracht und ließ seine Schulter an seinen Arm zu einer Klinge verschmelzen worauf Glutexo mit auflodernder Flamme reagierte. „Ruhe, ihr Idioten!“, rief Noctuh wieder in die Runde herein, da alle Anwesenden bei dem beinahe ausgebrochenen Kampf die Luft vor Spannung und Überraschung anhielten. Umso mehr herrschte Stille und alle Augen lagen auf der Eule, die mahnend ihre Flügel ausgebreitet hatte: „Es bringt nichts, wenn wir nur diskutieren; man muss auch zum Punkt kommen.“ „Sag das IHM mal, Noctuh!“, winkte der Gecko ab. Glutexo warf ihn einen zornigen Blick zu. „Ruhe, Gewaldro!“ Noctuh erhob soweit seine Stimme und sprach mit bedeutener Stimme: „Es geht sowohl um das hier und jetzt als auch um die Ursache; wir wissen zu beidem nicht, wie man sie lösen kann. Es bleibt daher nur eine Alternative: Wir müssen uns mit Beidem gleichzeitig beschäftigen.“ Stille machte sich im kreisrunden Raum breit. Die Anwesenden Pokémon schienen darüber nachzudenken. Dann brach leichtes Geflüster aus. Ein Pokémon, das recht jung aussah – es hatte keine Alterserscheinung im Gesicht – und sehr belesen durch seine Nickelbrille auf der Nase: „Noctuh, wie sollen wir das bewerkstelligen?“ „Nun, Vulnona, selbstverständlich können wir nicht eigenmächtig aktiv werden. Das Parlament muss hier seine Stellung gegenüber den anderen Gewalten der Gerichts- und Kriegswesen halten. Was wir brauchen, sind Pokémon, die sowohl stark sind, aber auch Erfahrung haben …“ „Du willst damit andeuten, dass wir einfach ein paar dahergelaufene Minderheiten anheuern?“ Diese Worte stießen auf manchen Protest über deren Wortwahl, doch Noctuh antworte sanft auf Glutexos Aussage: „Ich sprach auch von Auserwählten … natürlich müsste man dementsprechend ein Team finden, welches diesen Auflagen entspricht. Außerdem muss nach der Verfassung unser Leiter dieses Vorgehen absegnen. Und außerdem müssten wir uns noch dem Problem widmen, was Glutexo angesprochen hatte. Wir müssen auch auf Sicherheitsmaßnahmen gegen diese Sturm-, Trocken- und sonstigen Perioden konzentrieren.“ Wieder herrschte nachdenkliche Stille. Dann aber unterbrach ein hämisches Lachen die Stille: Wie putzig ihr alten Greise doch seid, wenn ihr so munter diskutiert und beinahe die Köpfe einschlagt!“ Alle Blicke wandten sich zur Eingangstür, in dem ein Pokémon stand, welches ganz und gar anders aussah als die anderen. Sein Fell war schwarz und die Haare, deren Spitzen rot gefärbt waren und die vom Kopf lang herabhingen, waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Einzig Vulnona schien keinen überraschten Gesichtsausdruck zu zeigen: „Oh nein! Was tust DU denn hier? Hier sind nur Parlamentsleute zugelassen!“ Der Fremde schaute sich frech grinsend an, dann aber lachte er über die Füchsin: „So energisch auf einmal. Zehaha, Vulnona! Was macht es für einen Unterschied bei eurer ach so tollen Regierung?“ Vulnona biss leicht wutentbrannt die Zähne zusammen, doch sie fasste sich sehr rasch wieder und zeigte eine leicht Abscheu empfindende Miene gegen ihren „Bekannten“: „Verzieh dich doch sonst wohin, Zoruark!“ Dieser schnalzte unbekümmert die Zunge und wandte sich an den Parlamentsvorsitzenden Noctuh wieder: „Ich komme gleich zum Punkt, denn viel Zeit habe ich nicht: Es ist unvermeidbar zu sagen, dass die Ursache für all diese Probleme jenseits unseres Wissens liegt. Es gilt daher, einen Professionellen zu finden. Jemand, der die Welt besser als seine Westentasche kennt und der auch selber über ein besonders Maß an Fähigkeiten verfügt. Ich würde daher gerne den Vorschlag machen, so ein Pokémon diese Bestimmung der Aufklärung dieser Naturkatastrophen aufzulegen. ZUFÄLLIGERWEISE kenn ich so ein Pokémon; zwar nicht lange, aber dennoch genug, dass ich mir so ein Bild wie eben beschrieben von ihm machen konnte.“ „Komm zum Punkt, Zoroark! Wen würdest du vorschlagen wollen?“ Das Unlicht-Pokémon schwieg. Es schaute sich mit seinen hellblauen Augen in der Runde um. Einigen Pokémon jagte der Blick in seinen Augen Angst ein; er hätte was leicht Wahnsinniges an sich. Andere widerstanden dieser Art der Einschüchterung. Dann, nach einem langsamenen Einatmer, sprach Zoroark wieder: „Sein Name dürfte euch bestimmt bekannt sein; er hat in der Vergangenheit so einiges an Schaden angerichtet. Doch nun, nach einem herben Gedächtnisverlust, wandelte er allein durch die Welt und eignete sich neues Wissen an. Ebenso entwickelte er sein Interesse für die Politik, weswegen er gerne der Regierung helfen würde – allein deswegen.“ Vulnona rief mit entsetztem Ausdruck: „Du willst doch nicht sagen, dass es sich bei Pokémon um Da…“ „Genau, gut geraten, Vul!“, lachte Zoroark wieder und gebot wieder um Ruhe: „Ich spreche von keinem anderen als … Darkrai!“
Der Wind pfiff über die endlosen Weiten der Prärie. Kein einziges Lebewesen regte sich, alles war versteck.
Eine kleine Gruppe von Löwen war vor kurzer Zeit hier vorbei gekommen. Die Familie, welche aus insgesamt fünf Löwen bestand hatte einen Unterschlupf für die Nacht gesucht, denn sie witterten Gefahr. Die Gefahr aus dem Norden, die eisige Kälte, so hatte es Ravens Vater genannt.
Das kleine Junges hatte sich schon von klein auf erzählen lassen, dass Tiere einen Instinkt haben, nicht wie die Zweibeiner, welche die Welt nur verpesten anstatt ihr zu danken.
Gestern, an jenem schicksalshaften Tage hatte Ravens Vater seinen Instinkt benutzt… Er hatte Gefahr gespürt, große Gefahr.
Selbstlos hatte er seine vier Kinder und seine Frau auf die Reise geschickt. Er selbst ist weiter nach Norden gelaufen, um den Rest der Tiere zu warnen.
Die ganze Zeit hatte sich Raven Gedanken gemacht, um seinen Vater und sein Rudel. Was würde mit seinen Freunden und deren Familie passieren, wenn sie es nicht schaffen würden? Auch sein Vater wäre dabei gewesen, doch das wollte er nicht.
Schnell schüttelte Raven den Gedanken ab. Er musste nun endlich schlafen sonst würde er am Morgen mehr eine Last als eine Hilfe für seine Mutter sein. Das Löwenjunges lauscht ehrfürchtig dem Laut der Natur. Auch er wollte, genau wie sein Vater, seinen wohl von Geburt an vorhandenen Instinkt verwenden. Könnte er diese Gefahr… spüren? Ein Schauer lief ihm über den Rücken.
Der Mond schien hell auf das Antlitz einer königlichen Löwin. Besorgt stand sie auf einem hohen Felsen und blickte auf ihren Sohn, der gerade aufgestanden war. Er würde doch nicht weglaufen?
Sie kniff die Augen zusammen und beobachtete wie sich ihr Junges langsam vom Lager wegschlich. Raven drehte sich noch einmal um und blickte auf seine Brüder. Würde ihr Sohn… weglaufen? Wohin wollte er?
Panisch sprang sie den Felsen hinab und lief ihrem Sohn nach. Doch Raven hatte ein ordentliches Tempo am Start und hatte seine Mutter – unwissend sei gesagt – zurückgelassen.
Eine Träne entrann dem Auge der Löwin. Der Schmerz stach sich wie ein Messer durch ihren Rumpf. Sie würde ihren Sohn verlieren, das wusste sie. Angsterfüllt öffnete sie ihr Maul und brachte mit belegter Stimme ihre letzten Worte hervor, die sie je zu ihrem Sohn sagen würde.
„Bitte geh nicht!“, schallte es über die Steppen der Wüste. Erstaunt drehte Raven sich um und erblickte eine große Löwin. Offenbar hatte sie diese Worte gerufen. Er strengte sich an, um sie zu erkennen. Dieses Fell… Diese Tatzen… War das… seine Mutter? Verängstigt kniff er die Augen zusammen und sein Verdacht bestätigte sich. Doch Raven wusste was er tat.
„Ich liebe dich! Aber ich muss gehen!“, rief er mit wehmütigen Blick. Er künstelte ein kleines Lächeln, welches von seiner Mutter erwidert wurde und verschwand dann am pechschwarzen Horizont.
Raven wusste nicht wie lange er schon wanderte. Es waren schon viele Monde vergangen, gerade war es Nacht. Am Tag konnte er nur wenig gehen da es, trotz des drastischen Wandels der Temperatur, immer noch ziemlich warm war. Doch eines war gewiss, je weiter das kleine Löwenjunges nach Norden kam, desto kälter wurden die Nächte, desto weniger Strecke konnte er an einem Tag zurücklegen.
Doch er hatte ein Ziel vor Augen, für das er alles tun würde. Sein Vater…
Bald war es in der Nacht so kalt, dass Raven nur noch am Tag laufen konnte. Hatte sein Vater wirklich Recht gehabt? Er wollte vieles von ihm erfahren und ihn gleichzeitig vor der Kälte retten.
Doch an diesem einen verheißungsvollen Tag geschah es. Kleine, weiße Kristalle fielen vom Himmel und bedeckten die Wüste mit einer weißen, kalten Decke. Raven kannte es nicht, doch ihm war bewusst, es war ein Zeichen des Frostes. Sein Vater hatte es gesagt, die Welt wird erfrieren:
„Kein Wind wird mehr wehen. Alle Bäume werden kahl. Die Welt wird von einer weißen Schicht umrundet sein. Die Zweibeiner werden sich in ihren Unterschlupfen verstecken und alle Tiere werden in den Süden ziehen. So sollt auch ihr es tun. Mein Sohn, nur die Wärme des Südens ist unsere einzige Rettung!“
Das waren die Worte seines Vaters gewesen, bevor er gen Norden aufgebrochen war und seine Familie, mit dem Wissen über die bevorstehende Katastrophe, zurückgelassen hatte.
Wieder waren, für Raven, unzählige Monde vorübergegangen. Seine Reise wurde von Zeit zu Zeit immer schwerer, doch er wusste, bald würde er das Meer erreichen, wo die Kolonie seines Stammes einst gewesen war, bis ihr König, sein Vater, diese Katastrophe angekündigt hatte.
Doch als Raven an dem vermeidlichem Meer angelangt war, traute er seinen Augen nicht. Das Wasser war weg, alles was dort war, war eine dicke Schicht aus… Wie hatte es seine Mutter immer genannt? – Eis.
Ein Sturm zog langsam auf und als Raven nun endgültig an der ehemaligen Küste angekommen war fegte der Sturm der weißen Kristalle über die Welt. Was war hier nur passiert?
Und da erblickte Raven ihn. Umhüllt von den weißen, kleinen Bällen lag ein großer Löwe mit prächtiger Mähne. Doch sein Gesicht war bleich und sein Körper war abgemagert.
„Papa?“, brüllte Raven verzweifelt und wollte schon auf ihn zu rennen, doch die Kälte hatte seine Gliedmaßen erfrieren lassen. Zumindest fühlte es sich so an. Das Löwenjunges konnte sich keinen Milimeter rühren, alles, nicht nur er selbst, schein erstarrt zu sein.
„Raven?“, hörte er eine kratzende Stimme flüstern. Sein Herz begann höher zu schlagen.
„Papa!“, wollte er rufen, doch all die Luft war aus seiner Lunge entwichen, er konnte nicht reden. Seine Stimme gehorchte ihm nicht und bevor er irgendetwas hätte tun können sprach der große Löwe auch schon weiter.
„Mein Sohn… Ich weiß nicht wieso du hier bist, aber… Ich liebe dich.“
Plötzlich wurde alles um ihn herum grau, einzig und allein ein kleiner roter Fleck, an er Stelle wo eigentlich das Herz saß, hatte noch Farbe. Tränen schossen Raven in die Augen als er sah was passierte. Nachdem alles grau geworden war, hatte schließlich auch der rote Fleck seine Farbe verloren… Sein Vater war tot.
Eine dunkle Hand der Trauer umschlang Raven, doch er wehrte sich nicht, er begann nur bitter zu weinen. Sein Vater war gestorben, wäre er doch mitgekommen, dann wären sie beide nicht hier. Trotz allem machten sie Schuldgefühle in dem Löwenjungen breit. Er schluchzte und vergoss weitere Tränen.
Doch da. Eine sanfte Stimme ertönte: „Die Kälte ist hier mein Sohn… Ich hoffe du kannst meine letzten Worte hören.“
Diesen Satz verstand Raven nur halb, doch bevor er genauer lauschen konnte erhob sich die Stimme erneut: „Bitte geh nicht!“
Dann erlosch sie und das Grau kehrte zurück in Ravens Welt. Nun wusste er was passiert war. Seine ganze Familie war tot nur er nicht. Er lag hier in der Költe, bewegungsunfähig, zum baldigen Sterben verdammt.
Jedoch war das nicht alles! Seine Stimme kehrte zurück, neue Lebensenergie füllte seinen Körper.
In dieser grauen Welt lebte ein kleines, farbiges Löwenjunges und flüsterte: „Mama, Papa… Ich liebe euch.“
Mit diesem Satz erlosch auch das letzte Licht dieser Welt und die Erde versank in ein einziges Meer aus Schnee und Eis.
Am Fuß des Bergs, von dem aus Brix die Situation beobachtete, befand sich die Kreatur.
Ein derartig gewaltiges Wesen war dem jungen Trainer noch nie unter die Augen gekommen.
Trotz des Fernglases, welches er für die Observation benutzte, erschienen die Details verschwommen.
Dieses Monster da unten erzeugte tatsächlich durch seine bloße Existenz bereits ein starkes Hitzeflimmern.
Der blutrote Panzer strahlte in der Sonne wie ein Edelstein und war bestimmt auch ebenso undurchdringlich.
Momentan schien es sich etwas beruhigt zu haben.
Auch wenn die Hitze im Tal mit jeder Minute unerträglicher wurde, kaute es behäbig auf etwas herum, das für Brix erschreckende Ähnlichkeit mit einem menschlichen Körper zu haben schien.
Natürlich, angeblich hatten diese Verrückten Groudon dort unten wieder aufgeweckt. Und nach all den Jahren des beinahe als komatös zu bezeichnenden Schlafes musste es einen großen Hunger entwickelt haben.
Aber all das war nebensächlich.
Brix war hierhergekommen, um es zu beenden. Um Groudons gefährliche Existenz vom Angesicht dieses Planeten zu tilgen.
In seiner rechten Hand befand sich das kleine Gerät, welches gemeinhin als ''blaue Kugel'' bezeichnet wurde.
Damals, bevor die Macht der Bestie ins scheinbar Ungewisse angewachsen war, hatten die Menschen es durch diese Technologie kontrolliert.
Die Maschine war auf Groudons DNA programmiert und für denjenigen Menschen der die Kugel besaß frei benutzbar.
Nachdenklich starrte Brix ein weiteres Mal hinab ins Tal.
All die verwüsteten Straßen, der dampfende Asphalt. Dieses Ding hatte nicht nur eine Gruppe Ökoterroristen umgebracht, sondern innerhalb von einer kurzen Woche auch noch halb Hoenn in eine brütende Feuerhölle verwandelt.
Dieses Monster war unmöglich zu besiegen in seiner neu erlangten Allmacht.
Oder nicht?
Langsam begann Brix seinen Abstieg den Berg hinab.
Die Kugel konnte nur in einem Radius von Hundert Metern wirken, einem Bereich in dem mittlerweile wahrscheinlich kaum noch dauerhaftes Leben möglich war.
Groudon schien sich immer noch ruhig zu verhalten, es hatte auch keinen Grund anzunehmen, dass irgendwas nicht in Ordnung wäre.
Die Kletterpartie war äußerst mühselig und gefährlich.
Ein Mal stolperte der Jugendliche über einen Steinbrocken und wäre beinahe mit dem Kopf gegen einen spitzen Felsvorsprung geknallt.
Durch einem beherzten Griff nach einem anderen Felsen konnte er zwar sein Gleichgewicht halten, doch der unbehandschuhte Teil seiner linken Hand begann sofort höllisch zu schmerzen.
Sogar die Steine hier nahmen langsam vulkanische Temperaturen an.
Nun bildeten sich auch noch Brandblasen an seinen Fingern.
Fluchend griff Brix umständlich nach seinem Rucksack. Irgendwo musste er doch noch ein wenig kühlendes Wasser haben.
Aber Fehlanzeige. In seiner vor wenigen Stunden noch mehr als halb vollen Wasserflasche befand sich mittlerweile nichts mehr. Nur die Ränder waren noch leicht von Feuchtigkeit beschlagen, doch auch das würde bald vergehen.
Mittlerweile hatte der junge Mann die Hälfte des Berges erreicht.
Die Hitze wurde jetzt so richtig unerträglich.
Brix kam nur noch schwankend voran und drohte immer wieder das Bewusstsein zu verlieren.
Doch das wäre sein Tod, und so was kam momentan nicht infrage. Dieses Monster dort unten hatte vor drei Tagen seine Heimatstadt vernichtet.
Aber es war so unerträglich in dieser Umgebung. Wieso musste ausgerechnet Brix diese urgewaltige Bestie bezwingen?
Er war erst dreizehn! Es gab doch Erwachsene.
Nicht ohne einen gewissen Trotz setzte er sich auf die glühende Erde, musste aber sofort aufspringen, als sein Hintern verkohlte. Hier hatte man wirklich keine Ruhe.
„Es tut mir Leid, Sohn.“
Erschrocken drehte der Junge sich um.
Professor Birk, sein Vater, stand vor ihm.
Der Mann starrte ihm betreten ins Gesicht.
„Ich hätte dir diese Aufgabe nie zumuten sollen. Es ist meine Schuld.“
Brix gefiel es überhaupt nicht, seinen sonst so energiegeladenen Vater derartig deprimiert zu sehen.
„Ach, so schlimm ist es auch wieder nicht. Außerdem bist du ja jetzt hier um mir zu helfen, nicht wahr?“
„Es tut mir Leid, Sohn.“
Wieder kam nur dieser eine kurze Satz.
„Wieso denn? Ich habe einen tollen Plan. Mit der blauen Kugel werde ich Groudon besänftigen und die Hoenn-Region, oder zumindest was noch davon übrig ist, retten.“
„Nein.“
Erstaunt starrte der Junge seinen Vater an.
„Was meinst du mit 'Nein'? Alles wird gut, ich bin mir sicher.“
Professor Birk wandte seine Augen ab. Er hatte sich die Lippen blutig gebissen, als er endlich wieder zu sprechen begann: „Groudon lässt sich nicht kontrollieren. Es ist zu stark.“
„Wie habt ihr es dann beim ersten Mal zum Einschlafen gebracht?“
„Durch die blaue Kugel werden die Hirnströme Groudons und eines beliebigen Lebewesens einander angeglichen. Das letzte Mal als wir das gemacht haben, ist die Versuchsperson durchgedreht. Sie hat das halbe Labor verwüstet, bevor...“
Mittlerweile bekam Brix richtig Angst.
„Bevor was?“
„Es gibt nur eine Möglichkeit, Groudon ruhigzustellen. Sie ist in deiner Tasche. Du musst es schaffen.“
„Was ist in meiner Tasche?
Professor Birk begann zu verblassen.
„Was, Vater? Sag es mir! Das bist du mir schuldig!“
„Es tut mir Leid, mein Sohn.“
Mit diesen Worten war der einstige Wissenschaftler endgültig verschwunden und Brix wachte keuchend aus seiner Ohnmacht auf. Er hatte doch noch das Bewusstsein verloren. Natürlich, sein Vater war ja zusammen mit Wurzelheim gestorben.
Aber im Traum hatte er so real und lebendig gewirkt.
Tränen rannen dem Jungen über die Wangen und tropften zischend auf den Boden.
Brix Kleidung und die Haut auf seinem Rücken waren mittlerweile schon schwarz angelaufen, die Hitze überlebte er nicht mehr lange. Er musste es endlich beenden.
Schweigend erhob er sich und nahm die blaue Kugel in seine verbrannte linke Hand. Angenehm kühl begann das Gerät nun aufzuleuchten.
Sie hatte sich aktiviert, und auch die sonst schwarzen Adern, welche Groudons harten Panzer durchzogen, begannen matt zu strahlen.
Die Kreatur hatte ihn bemerkt als auch das Gegenstück zu Brix blauer Kugel, welches bei der Geburt in den Schädel Groudons implantiert worden war, sich aktiviert hatte.
Ein uralter Zorn begann das Ungeheuer zu durchströmen. Schon wieder versuchten diese Insekten eine Gottheit zu kontrollieren. So etwas würde der Behemoth nicht zulassen!
Mit einem markerschütternden Brüllen, das die ganze Umgebung erbeben ließ, setzte sich das Monster in Bewegung. Erst langsam, dann immer schneller erklomm das Ungetüm den Berg. Es würde jeden Sterblichen vernichten, der es auch nur in Betracht zog, den der Gottheit angeborenen freien Willen rauben zu wollen.
Brix sah das Ganze durch die Augen Groudons. Scheinbar war es farbenblind, denn die Umgebung bestand nur aus unterschiedlichen Grautönen. Auch ihn durchfuhr dieser Zorn mit der Gewalt einer explodierenden Handgranate, aber da war noch etwas. Etwas wichtiges. Sein Vater. Er durfte ihn nicht enttäuschen.
Mit der freien Hand versuchte er hastig den Rucksack zu öffnen. Dank des Adrenalins, welches seinen wie Groudons Körper durchströmte war das gar nicht so leicht.
Was war dort drin? Womit konnte man das unaufhaltsam näher kommende Monster denn nur aufhalten?
Seine Trinkflasche, eine Landkarte, das Fernglas – alles landete auf dem Boden.
Was war das, ganz unten im Rucksack?
Brix zog verständnislos einen Revolver aus seiner Tasche. Wieso hatte sein Vater ihm so etwas eingepackt? Groudons Panzer war zu hart für Pistolenschüsse!
Die Hitze erreichte nun mit der bevorstehenden Ankunft Groudons noch nie dagewesene Temperaturen.
Nur noch zehn oder zwanzig Meter befanden sich zwischen dem Jungen und der Bestie.
Brix konnte mittlerweile sogar riechen, wie seine Kopfhaut zu brennen anfing, als es ihm endlich klar wurde.
Groudon war unverwundbar. Aber er nicht.
Die Bestie war nun nur noch fünf Meter entfernt und rannte mit Höchstgeschwindigkeit auf Brix zu, der aber ganz ruhig blieb.
Er hob die Pistole an seine Schläfe - Groudon befand sich direkt über ihm und wollte seine gigantischen Vorderpranken auf ihn herabprallen lassen - und drückte ab.
"Sieh in den Himmel", hatte sie mir aus der Ferne zugerufen, nachdem sie sich ein letztes Mal von mir weggedreht hatte. Im Himmel würde ich die Antworten finden, ich würde erkennen wo sie sich befindet. Ich wollte weinen, schreien, ihr hinterherlaufen, doch nichts davon hatte ich geschafft. Allein gelassen stand ich dort, auf dieser einen großen Straße, in Mitten einer Stadt. Um mich herum liefen viele verschiedene Menschen, kaum einer von ihnen würdigte mich auch nur eines Blickes. Hoffnungslos versuchten alle Menschen ihre eigenen Probleme zu lösen - jeder für sich - nur das eine große Problem, darum kümmerte sich nicht einer von ihnen. "Das wird die Regierung schon schaffen", meinte die Mehrheit. Jedoch blieb dadurch die Frage im Raum stehen, wie die Regierung dies alles schaffen sollte, wenn sie sich alle - jeder einzelne Politiker - in sein eigenes kleines Schutzversteckt begab und sich somit niemand um den drohenden Sturm kümmerte. Es waren nur einige Sekunden vergangen, seit sie ihren eigenen Weg gegangen ist, seit sie ihren Schutz vor dem Sturm suchte, doch es kam mir vor, als wäre sie schon mehrere Jahre verschwunden.
Langsam drehte ich meinen Kopf, erblickte immer weniger Menschen auf den Straßen. Einige Personen der Minderheit auf den Straßen versammelte sich vor Fernsehgeräten, um zusammen die aktuellsten Bilder der Verwüstung anzusehen. Dabei waren es gar nicht die Bilder, welche sie interessierten. Sie wussten, dass dies noch immer die Bilder vergangener Tage waren, da kaum ein Reporter mehr auf der Suche nach Berichtmaterial war - Zu groß ist die Chance gewesen, dabei sein eigenes Leben zu verlieren. Viel mehr waren es allein lebende Menschen, die dem Sturm nicht einzelnd entgegentreten wollten. Ruhig blickte auch ich aus einiger Entfernung in eines dieser Fernsehgeräte.
Wieder erschien ein Mann, dessen Interview ich bereits sieben Mal gesehen hatte. Ich kannte seine Wortwahl bereits auswendig, musste ihn dazu nicht einmal sehen. Langsam schloss ich meine Augen und stellte mir das vor, was der Mann beschrieb. Zuerst würde sich ein Teil Afrikas etwa auf Höhe des Äquators spalten, was bereits geschehen war. Grund dafür war ein unerwarteter Kometeneinschlag, welcher den Rhythmus der Erdplatten veränderte. Der Norden Afrikas bewegte sich nun auf Europa zu, welches aus dem Westen jedoch immer weiter an Asien herangepresst wurde. Aus diesen Phänomenen entstanden riesige Flutwellen, auch Tsunamis genannt, welche sich auf Europa, sowie den Osten Asien zubewegten. Außerdem käme es zudem, laut dem Wissenschaftler im Fernsehen, zu einigen Vulkanausbrüchen auf der ganzen Welt.
Aber auch die Amerikaner hatten ihre Probleme, da es in diesem Teil der Welt gerade Hochsommer war, und somit zu Waldbränden und Orkanen kam. Alles in Allem fehlte nur noch, dass auch die Pole betroffen seien, was sich jedoch in einigen Tagen ändern sollte. Durch die vielen Reibungen der Erdplatten entstand eine enorme Wärme auf der Erde, was das Eis an den Polen zum Schmelzen bringe, wodurch die Probleme mit den Tsunamis nicht gerade abnahmen.
Hektisch öffnete ich meine Augen wieder, der Himmel verfärbte sich dunkel. Nur wenige, reichere Menschen wussten, wo man sicher war. Alle beisammen versteckten sich an diesem einen Ort, den das einfache Volk nicht kennen durfte. Sie war gegangen, wusste, wo dieser Ort war, doch ihr Vater verbot ihr, mich mitzunehmen. Noch nie hatte ihr Vater mich gemocht. Noch einmal erinnerte ich mich an ihre letzten Worte. "Sieh in den Himmel", doch was sollte das bedeuten? Ich streckte meinen Kopf in die Höhe, doch ich sah lediglich einen immer dunkler werdenden Himmel. Schon vorher hatte ich seltsame Sätze von ihr gehört. Erst vor ein paar Tagen betonte sie, wie toll es doch sein müsse, sich nicht auf die ständigen Farben um einen herum zu konzentrieren. Am heutigen Morgen schlug sie außerdem vor, ein letztes Mal über die Hügellandschaft vor unserem kleinen Ort zu laufen und einfach zu entspannen.
Plötzlich kam mir die erlösende Idee. Ein schwarzer Himmel, also ohne Farben in einer Hügellandschaft. In besonders hohen Regionen kann das Licht durch die Luft nicht so gut reflektiert werden, sodass der Himmel dort deutlich dunkler erscheinen müsste. Es blieb lediglich die Frage im Raum stehen, wie ich ein solches Gebirge erreichen sollte. Flugzeuge flogen nicht mehr, da es zu gefährlich sei und auch mit Schiffen war es das gleiche Problem. Zudem wusste ich noch nicht einmal, welchen Berg, welches Gebirge sie überhaupt meinte. Noch einmal sah ich mich in der Straße um - Kein Mensch war mehr zu sehen, die Fernsehbilder waren schwarz und eine tiefe Stille lag über mir. Ich hörte das Rascheln der Blätter im Wind, sowie die Wellen, welche das eigentlich recht weit entfernte Land trafen. Noch einmal spielte es sich in meinen Gedanken ab, wie sie gegangen, und in der Menschenmasse verschwunden war. Unsicher starrte ich in den Himmel.
Langsam ging die seltsame Gruppe weiter an der Küste entlang. Jeder einzelne schien tief in Gedanken versunken, um sich auf die bevorstehende Mission vorzubereiten. Alija starrte auf das weite, schwarze Meer. Wenn sie sich überlegte, wie gerne sie früher am Strand gespielt, wie der Wind durch ihre braunen Locken geweht und der Ozean sanfte Wellen geschlagen hatte, konnte sie sich gar nicht mehr vorstellen, dass dieses wilde Ungetüm derselbe Ort war.
Die dunkelgrauen Wolken über den Köpfen der Gruppe türmten sich warnend auf, bis sie schließlich ihren Inhalt in einem gigantischen Regenfall auf Alija und die anderen fallen ließen. Leican reagierte schnell und spannte seine riesigen, roten Flügel über ihnen aus wie einen Regenschirm. Anders als bei andere Drachen waren sie nicht seine Schwachstelle, sondern äußerst robust und hielten die harten Tropfen von seine Gefährten fern. Nur die beiden jungen Wölfe tollten im Regen. Sie wussten nicht, wie viel diese Mission bedeutete und Alija nahm es ihnen nicht übel. So lange sie konnten, sollten sie in einer glücklichen Welt leben.
Nach ein paar Minuten wurde das kontinuierliche Tropfen zu einer angenehmen Hintergrundmelodie. Während Alija mit den anderen beiden Menschen Keano und Jonas schweigend weiter am Meer in Richtung der unheilbringenden Festungen lief, versank sie erneut in ihren eigenen Gedanken. Wie hatte das Ganze überhaupt begonnen? Nur ganz schwach erinnerte sich die junge Frau an den Tag, der ihr Leben verändern sollte.
Fröhlich hatte die Sonne durch die Fenster ihres ersten eigenen Hauses geschienen. Nichts deutete darauf hin, dass dieser Tag anders sein sollte, als die vorherigen. Es sah sogar so aus, als würde es der schönste Sommertag des Jahres werden. Bis sich mit einem Mal das Wetter komplett änderte.
Auch damals hatten sich dunkle Wolken aufgetürmt, die seither den Himmel nicht mehr freigaben und jeden wärmenden Sonnenstrahl zu absorbieren schienen.
An dem Tag hatte es gehagelt. Die Hagelkörner waren so groß gewesen wie Eier und jeder war froh, sich irgendwo in Sicherheit fühlen zu können.
Auch Alija wollte ihr Haus nicht verlassen, bis Soldaten an ihrer Tür klingelten. An ihre Worte konnte sich die Frau nur allzu gut erinnern: „Frau Alija Vélinka, wir müssen sie bitten mitzukommen.“ Wie einer Verbrecherin hatte man ihr Handschellen angelegt und sie dem Kaiser vorgeführt. Erst dort hatte sie erfahren, dass sie eine der wenigen war, die dem Kaiserreich noch helfen konnten. Mit allen Mitteln wurde sie dazu gedrängt auf diese gefährliche Mission zu gehen, die sie mit großer Wahrscheinlichkeit das Leben kostete.
Eigentlich wollte sie sich gar nicht mehr daran erinnern.
Nun ging sie hier an der steilen Küste des tobenden Meeres entlang, zusammen mit den anderen, die sich - genau wie sie selbst - der Bürde der Mission bewusste waren. Nur die beiden Wolfsjungen gaben Alija immer wieder neue Hoffnungen. Wenn nicht für diese unschuldigen Wesen, für wen sollte sie dann ihr Leben riskieren?
Leican stöhnte leicht, als er die Flügel wieder senkte. Der Regen hatte aufgehört und auch die See schien sich etwas zu beruhigen, doch Alija wusste inzwischen, dass sie nur darauf wartete, wieder etwas gegen die spitzen Felsen zu schlagen.
Mit jedem Schritt, den die Frau tat, kam sie den Festungen näher. Niemand wusste, was sie hinter den hohen steinernen und eisernen Mauern erwartete, doch es war bewiesen, dass das Unheil dort begonnen hatte.
Für Alija sehr überraschend hielt Keano an, sodass sie beinahe in den Mann hineingelaufen wäre. Seine dunklen Augen sahen zielgerichtet auf die Festung, die inzwischen schon erschreckend nahe war. „Jonas“, sagte er im befehlshaberischen Ton. „Wie kommen wir da rein?“
„Müssen wir da wirklich rein?“, fragte Jonas verängstigt. Er war wahrscheinlich sogar noch etwas jünger als Alija selbst. Seine blonden Haare wurden vom Wind zerzaust, während er auf die grauen Mauern der Festung blickte. Als er Keanos festen Blick bemerkte seufzte er kurz. Sie wussten alle, warum sie hier waren. Und so begann Jonas den anderen zu erklären, wie man ins Innere der Festung gelangen könnte.
Er wurde für diese Mission ausgewählt, weil er die taktischsten Fähigkeiten besaß. Keano hingegen war ein geübter Offizier, der bereits mehrfach sein Können in Kriegen gegen die anderen König- und Kaiserreiche bewiesen hatte. Das der stärkste Drache sie auf diese Mission begleiten musste, war von vornherein klar gewesen und die Wolfsjungen hatten sich der Gruppe freiwillig angeschlossen, nur Alija wusste nicht recht, was ihre Aufgabe in dieser Mission sein sollte. Sie hatte schließlich keine besonderen Fähigkeiten. Wie sollte sie dann zum Gelingen der Mission beitragen?
Nach dem sie einen Plan ausgearbeitet hatten, ging alles sehr schnell. Schon wenige Minuten später fand sich Alija in der Festung wieder. Auch von innen war sie kahl und trostlos, aber um einiges dunkler. Alija konnte sich keinen Ort vorstellen, der mehr Schatten beinhaltete.
Eine Weile schien alles nach Plan zu laufen. Keiner traute sich auch nur ein Wort zu sprechen und alle waren hoch konzentriert, als urplötzlich ein Mann erschien. Es war, als sei er aus dem Nichts, aus der Schwärze aufgetaucht und stand nun vor der Gruppe. Die schwarzen Haare und vor allem diese dunkelblauen, funkelnden Augen erinnerten Alija an irgendetwas, doch sie wusste nicht an was.
Langsamen Schrittes ging der ganz in schwarz gekleidete Mann auf die Gruppe zu. Alija wagte es kaum zu atmen und auch die anderen bewegten sich nicht mehr. „Willkommen“, begrüßte sie der Mann betont freundlich. „Es freut mich sehr, euch in meiner Festung begrüßen zu dürfen.“ Er lächelte kühl und Leican schnaubte. Wenn er wollte, konnte er den Fremden bestimmt in Stücke reißen, aber er tat es noch nicht.
Die beiden kleinen Wölfe spürten die Anspannung und waren zum ersten Mal, seit sie zu der Truppe gestoßen waren, ruhig. Einer der beiden fiepte sogar leise.
Aus einem fast unerfindlichen Grund packte Alija die Wut, doch als der Mann weiterredete, schien ihr Körper zu versteinern. „Gefällt euch meine Welt des Schattens?“, fragte er verheißungsvoll und Alija erinnerte sich endlich, woher sie das Gesicht des Mannes kannte.
In ihrem Kopf erschien das Bild einer Sommerwiese, die an einem Waldrand lag. Ein Junge saß im Schatten der Bäume, er mochte die Sonnenstrahlen nicht. „Irgendwann werde ich eine Welt des Schattens erschaffen“, meinte er an Alija gerichtet.
Die lachte nur und schüttelte den Kopf. „Das schaffst du nie.“
Wie sehr sie sich damals doch geirrt hatte. Nun wusste sie auch, warum ausgerechnet sie für diese Mission ausgewählt worden war. Langsam ging sie einen Schritt auf den Mann zu, blieb dann aber stehen. Dies war ein Fremder. Zu was war er geworden? Alija musste zunächst versuchen ruhig zu atmen, damit sie ihre Stimme unter Kontrolle bekam. Sie sagte nur ein Wort. Es kam schwer über ihre Lippen und ihre Stimme war nicht lauter als ein Flüstern, doch er hörte sie, da war sie sich sicher. „Ed?“
Ein eiskalter Wind heulte durch den von Schnee verwehten Wald und ließ die Flocken in der Luft tanzen. Die Intensität glich einem jederzeit in der Stärke schwankenden Sturm, der die Sicht benebelte und es dadurch den beiden verirrten Wesen schwer machte, den richtigen Weg durch die Baumreihen zu finden.
„So kann das doch nicht weiter gehen, Iluan!“, rief die braunhaarige Gestalt krächzend der anderen zu. Diese ging unbeirrt weiter und deutete schließlich mit ihrem Finger zitternd nach vorne. Dort erhob sich eine steile Felswand, in der ein großes Loch eine Höhle andeutete. Voller Übermut mobilisierten sie ihre Kräfte und liefen diesem Eingang in der Hoffnung, dass sie eine Weile vor dem Unwetter geschützt waren, entgegen. Dort angekommen drangen sie in den hintersten Winkel vor und verschnauften erst, um ihre vor Kälte steif gewordenen Glieder aufzuwärmen.
Iluan war der Erste, der wieder zu seiner Stimme gefunden hatte.
„Ich weiß, was du meinst, aber wir können nicht mehr zurück.“ Voller Wehmut sah er dabei zu Boden, auf dem sich sein Bruder auf dem Rücken liegend ausruhte und dabei schwer atmete. „Yspan, du weißt, dass wir eine Aufgabe haben und …“, er zögerte erst etwas und fuhr mit bestimmter, aber leiser gewordener Stimme fort, „ … wir wurden schließlich zu dieser Reise auserwählt.“
„Nein, ich will davon nichts mehr hören!“, bellte der Junge unter Anstrengung und richtete sich mit seinem Oberkörper auf, damit er sich an der Felswand abstützen konnte. Iluan hingegen war zurückgewichen, da er solche Worte von seinem sonst ruhigen Bruder nicht gewöhnt war. „Warum wurden wir dazu auserkoren, die Laithaner zu schützen? Von allen Menschen musste es ausgerechnet uns treffen!“
„Nicht nur sie, sondern im Grunde gesehen alle Völker dieser Welt“, versuchte er ihn zu beruhigen, was auch gelang, indem Yspan seine zuvor erhobenen Arme wieder auf den Steinboden sinken ließ.
„Oder so, das ändert au-“
„Jetzt hör mir einmal zu. Als Naturvolk haben die Laithaner eine starke Verbindung zu den Göttern und sie erhören durch ihre alten Rituale den Willen ebendieser. Für sie wäre es eine große Ehre gewesen, beim Ritualtanz zu Vollmond auserwählt zu werden, nur ist ihnen das aufgrund ihrer Aufgabe nicht möglich. Nur die Angehörigen anderer Völker sind dazu in der Lage und das Schicksal wollte uns normale Bürger zu dieser Reise antreten sehen, damit wir die Kraft der Götter durch spezielle Kugeln wieder erneuern.“ Iluan seufzte kurz auf und griff sich mit seinen Fingern an die Stirn, während er seinen Kopf schüttelte. „Eigentlich seltsam, schließlich kommen wir aus derselben Stadt und haben nichts Besonderes an uns.“
„Genau.“ Sein Bruder unterbrach mit seiner schnellen Antwort die Anspannung im Raum und erzeugte damit eine kurzweilige Stille, die nur vom Heulen des Windes außerhalb der Höhle unterbrochen wurde. Schließlich fuhr er fort. „Aber weißt du, ich möchte das alles einfach nicht mehr.“
„Warum denn?“
„Anfangs hatte ich mich noch wirklich darüber gefreut, diese Ehre zu erhalten“, erzählte Yspan unter Anstrengung und senkte nun seinen Kopf, sodass er Iluan nicht in die blauen Augen sehen musste. „Nachdem wir die zweite Kugel an uns gebracht hatten, hat sich aber immer mehr dieses seltsame Gefühl in meinen Körper gebrannt, dass ich eigentlich zu Unrecht auf dieser Reise bin. Ich meine, warum das alles? Muss ich wirklich so viele Strapazen auf mich nehmen, obwohl ich nicht einmal weiß, ob diese Götter existieren? Müsste dazu nicht ein Wesen her, das auch eine Verbindung mit ihnen aufbauen kann?“
Für eine Weile war es ruhig zwischen den beiden. Nach längerer Überlegung ergriff Iluan mit beherrschter Stimme das Wort.
„Ich verstehe deine Bedenken, aber wir haben keine Wahl. Fünf sind schon in unserer Gewalt und die anderen vertrauen auf uns, damit wir auch die restlichen finden.“
„Aber was bringt mir das?“ Yspan erhob wieder seine Arme und blickte mit Bestimmtheit in den Augen zu seinem älteren Bruder. „Alle Völker sehen uns jetzt nur noch als Helden an und nicht als Menschen. Ich will das nicht; sie sollen mich so akzeptieren, wie ich bin!“
Was sich danach ereignete, konnte Iluan beinahe selbst nicht fassen. Nach den starken Worten des jüngeren wandte dieser seinen Kopf wieder zur Erde hin und grub seine Hände ins Gesicht. Mit einem Mal vernahm er ein Schluchzen aus Yspans Richtung und er wusste, dass dieser Fall nur unter sehr speziellen Umständen eintrat.
Er schritt zu ihm hin, setzte sich auf den Boden und legte einen Arm um ihn. Währenddessen suchte er nach den richtigen Worten, um ihn wieder auf andere Gedanken zu bringen. Das musste geschickt geschehen und mit keinem Hauch des Mitleids; ansonsten wäre seine Ehre auch noch gebrochen.
„Warum möchtest du von allen akzeptiert werden?“
Yspan sah auf und nun wurde er mit dem tränenüberströmten Gesicht des Jungen konfrontiert, jedoch zeigte er keine Regung. Er durfte es nicht, sonst würde sich sein Bruder nie erholen, der nun unter Anstrengung Worte aus seinem Mund presste.
„Es ist … immer m-mochten alle dich u-und ich stand die ganze Zeit nur in deinem Schatten. Egal, was ich gemacht habe, niemand hat mich für meine Errungenschaften gelobt, sondern immer nur dich gesehen und …“ Er stoppte und schluckte seine Trauer für einen Moment hinunter.
„Diese Geschichte hast du dir doch gerade ausgedacht, nicht wahr?“
„Wie kommst du darauf?“
Iluan schüttelte seinen Kopf. „Darum müsstest du dir doch keine Gedanken machen, oder? Wenn du diese Mission erfolgreich abschließt, wirst du auch von allen akzeptiert werden und das weißt du. Allerdings ist es nicht das, was du wirklich möchtest.“
Ein fragender Ausdruck erschien auf Yspans Gesicht, während er noch immer schniefte.
„Du bist schon längst auf solche Menschen gestoßen und respektierst sie noch nicht einmal. In genau diesem Moment werden sie sich Sorgen machen, so, wie sie es sonst auch tun; weil sie dich mögen. Oder möchtest du nicht einmal auf deine Freunde vertrauen?“
In diesem Moment überkam ihn offenbar ein sehr starkes Gefühl, da er seinen Kopf in Iluans Ärmel grub und seinen Tränen weiterhin freien Lauf ließ. Es war ein herzzerreißender Anblick, wie der Junge seine bisher starke Persönlichkeit auf die Seite legte und sich nur diesem einen Gefühl hingab.
„Iluan“, murmelte Yspan schließlich nach einiger Zeit und wagte es nicht, seinen Blick zu erheben. „Kannst du mir sagen, was ich tun kann?“
Ein Lächeln zierte dabei das Gesicht des älteren Bruders. „Das kann ich. Spring über den Schatten deiner Selbst, dann wirst du bestimmt glücklicher und zufriedener.“
Es vergingen noch einige Momente, bevor Yspan sich aufrichtete, mit seinem Oberkörper in eine senkrechte Position rückte und dabei das Gesicht mit seinem Ärmel reinigte. Eine Weile versuchte er, seine Situation und die gerade eben gehörten Worte zu realisieren. Schließlich sah er mit Aufrichtigkeit in den Augen Iluan an, der ihn seitdem interessiert gemustert und auf seine Reaktion gewartet hatte.
„Danke“, antwortete der Junge schließlich erleichtert und schien zwanghaft ein Lächeln aufzusetzen, um ihn nicht noch mehr sorgen. Sein Bruder wusste jedoch, dass er immer so handelte und aufrichtig dankbar für die Aufmunterung sein musste.
Iluan deutete zum Höhleneingang. „Hörst du das? Der Wind scheint nachzulassen.“
Für seine Bemerkung erntete er ein zustimmendes Nicken, weswegen er sich aufrichtete und seinem Gegenüber die Hand gab. Dieser nahm die Geste zögerlich an und ließ sich aber schnell von der Entschlossenheit in dem festen Griff mitreißen.
„Du weißt, was wir zu tun haben?“
„Ja. Wir werden weiter diese Reise bestreiten!“, rief Yspan mit einem Elan, den er wohl so schnell nicht wieder erlangen würde. Schließlich hatte er ihn von dem Menschen übernommen, der schon immer sein Vorbild war und dieses Gefühl der Vertrautheit wollte er nicht missen. Weder heute noch morgen.
Mit diesen Worten verließen sie den Höhleneingang und stürzten sich in die Welt hinaus. Der Sturm hatte, wie durch ein Wunder, nachgelassen und eröffnete den beiden den Blick auf ihr nächstes Ziel: Die Berge von Ishkara.
Gabriel, Andi, Tobi und Chris sind 4 Freunde und sie wollen gemeinsam das Geheimnis um den verschollen 4. Ortseingang von Schneeberg finden.
Als die Jungs jedoch durch den langen Abwasserkanal kriechen entdecken sie etwas ganz anders, der große Tierrettungshof Mondlicht, wohin sie der Durchgang führt rettet keine Tiere sondern lässt diese verhungern und verdursten, das Spendengeld landet also in der eigenen Tasche.
Jedoch als die Freunde zur Polizei gehen und diese zum Hof fährt ist nicht von den Anschuldigungen zu sehen und die Polizei ist wütend, zum Glück für die Freunde kann man noch nicht gegen sie ermitteln.
Die 4 beginnen auf eigner Faust zu suchen, allerdings merkt man auf dem Hof schnell dass etwas dort nicht stimmt und schon bald wird bei Gabriel eingebrochen und der Rauchmelder schlägt Alarm.
Die Hofbesitzer wollen mit allen Mitteln verhindern dass die Wahrheit ans Tageslicht kommt.