Fanfictionspecial: Offene Fanfiction - Farbenfroh (Reallife)

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  • Fanfiction Special
    Offene Fanfiction

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    Herzlich Willkommen im Startpost der Reallife Fanfiction.
    Hier findet ihr alle wichtigen Informationen zu den Charakteren, eine Schreiberliste, die Regeln und außerdem den Prolog. Bei einem fortgeschrittenem Stadium der offenen FF werdet ihr zudem eine kurze Inhaltsangabe hier im Startpost haben, sodass ihr euch einen kurzen und knappen Überblick verschaffen könnt. Der Startpost wird möglichst auf dem neusten Stand gehalten, damit ihr ebenfalls die Möglichkeit habt, genau über den aktuellen Stand Bescheid zu wissen.
    Wenn ihr bei dieser FF mitschreiben wollt, schickt ihr mir, Yuno, eine PN. Ich werde dann auslosen, wann ihr dran kommt, damit es nicht heißt: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst". Nähere Informationen hierzu findet ihr auch im entsprechenden Tab.


    Bei Fragen könnt ihr euch an mich oder ein anderes Komiteemitglied wenden. Wir wünschen euch viel Spaß!




    [tabmenu]
    [tab=Schreiber] [subtab=Liste]
    Cáithlyn - schreibt am 19.05.
    Onee-chan - schreibt am 20.05.
    Galahad - schreibt am 27.10.
    Cáithlyn - schreibt am 27.10.

    [subtab=Ablauf]
    Wie bereits oben erwähnt, meldet sich jeder, der Interesse daran hat, an dieser FF mitzuschreiben, bei mir per PN. In dieser PN solltet ihr nicht nur euer Interesse bekunden, sondern am besten auch angeben, in welchem Zeitraum ihr Zeit hättet zu schreiben. Ihr erhaltet dann eine Antwort, in der ich euch mitteile, an welchem Tag ihr mit dem Schreiben an der Reihe seid. Jeder hat für sein Kapitel 24 Stunden Zeit, von 0.00 bis 24.00 Uhr. Wenn die Zeit abgelaufen ist, bevor ihr euer Kapitel hier gepostet habt, verfällt eure "Anmeldung" und der nächste ist an der Reihe. Es steht euch natürlich immer frei, euch auch ein zweites, drittes, viertes... Mal zum Schreiben zu melden, genau wie ihr auch nur ein einziges Kapitel zu dieser FF beisteuern könnt. Nach jeder Anmeldung dürft ihr allerdings nur ein Kapitel schreiben.


    [tab=Regeln]
    Alles, was nicht in Chaos ausarten soll, braucht Regeln. Hier sind die wichtigsten aufgelistet, die ihr für das Schreiben eurer Kapitel benötigt:



    • Ihr dürft nur in dem euch von mir zugeteilten Zeitraum in diesem Topic eure Kapitel posten.

    • Eure Kapitel sollten mindestens 500 und nicht viel mehr als 2000 Wörter lang sein.

    • Geschrieben wird in der Vergangenheit (Präteritum) sowie in der 3. Person und aus der Sicht einer der im folgenen Tab angegebenen Charaktere.

    • Als Überschrift eures Posts nehmt ihr die Nummer eures Kapitels und den Namen der Person, aus deren Sicht ihr schreibt. (Bsp. Kapitel 8 Daniel)

    • Jeder darf in seinem Kapitel natürlich auch NPCs oder andere Charaktere handeln lassen. Aber achtet bitte darauf, dass es nicht ausartet und das Hauptaugenmerk durchweg auf dem von euch gewählten Charakter bleibt.

    • Szenen mit viel Blut, zu starker Gewalt oder Sexualität sind natürlich auch hier verboten. Wie auch sonst gelten die allgemeinen Foren-Regeln sowie die des FF-Bereichs.

    Bei Fragen wendet euch an ein Komiteemitglied oder stellt sie öffentlich im Informationtopic der offenen Fanfictions.

    [tab=Charaktere]
    [subtab=Alexej]
    Name: Alexej Odlovski
    Herkunft: Russland
    Aussehen: Alexej ist ein etwas gewichtigerer, aber nicht fetter Jugendlicher. Er misst 1,72 m und trägt meist weitere Kapuzenpullis in knalligen, aber auch dunklen Farben, ganz wie es ihm gerade beliebt. Seine dunkelbraunen Haare trägt er kurz rasiert und seine braunen Augen blicken meist spottend durch die Gegend. Die kantigen Gesichtszüge um seinen Mund zieren schon die ersten Bartstoppeln, die er fast zu stolz jedem unter die Nase reibt, der (noch) keine hat.
    Alter: 17
    Wesenszüge: Alexej ist ein ziemlicher Draufgänger. Was immer er tut, er tut es, ohne nachzudenken. Egal wie verrückt manche Dinge auch sind, der junge Russe ist bestimmt dafür zu begeistern. Zudem gehört er nicht unbedingt immer zu der netten Sorte. Wer in seinen Augen nicht cool ist, wird gemobbt. Diese Coolness baut nach Alexejs Verständnis auf der Trinkfestigkeit der jeweiligen Person auf. Mit seiner eigenen gibt er regelmäßig an, auch wenn er seine Grenzen bis jetzt noch nicht kennt. Trotzdem kann er auch ein netter Zeitgenosse sein, wenn man ihn mal zur richtigen Zeit erwischt. Dann ist er ein guter Zuhörer und guter Ratgeber. Zum Leidwesen aller in seinem Umfeld kommt diese Zeit allerdings nur ziemlich selten.
    Vergangenheit: Die ersten Jahre seines Lebens verbrachte Alexej in Deutschland bei seiner Mutter. Als diese neun Jahre nach seiner Geburt starb, zog er zu seinem Vater in die Nähe von Moskau. Bereits bei der Geburt seines Sohnes hatte der Vater die Familie verlassen, weil er mit der Verantwortung eines Kindes nicht zu recht kam. Deshalb schickte er Alexej schon nach kurzer Zeit in ein Internat in der Hauptstadt, wo der Halbrusse das Russische erlernte und zunächst gar nicht gut aufgenommen wurde. Erst als sein Russisch nahezu perfekt wurde, begann er, sich als einer der Klassenclowns zu behaupten. In seinem Selbstbewusstsein gestärkt fand er nun neue Freunde und verstand es als nun einer der beliebtesten Schüler, andere zu schikanieren. Trotzdem steckte immer ein netter Kerl in ihm und mit 14 hatte er seine erste Freundin. Insgesamt standen schon neun Mädchen an seiner Seite, die er alle wirklich mochte. Über seine letzte Trennung ist er immer noch nicht ganz hinweg.
    Als Alexej von dem Projekt erfuhr, war er sogleich begeistert, denn er wollte schon seit Jahren sein Geburtsland einmal wiedersehen und große Gruppen an Leuten hatte er schon immer gemocht. Nur das Alkoholverbot missfällt ihm und bis jetzt hat er nicht vor, sich daran zu halten.

    [subtab=Sophia]
    Name: Sophia Assimila
    Herkunft: Paraguay
    Aussehen: Mit ihren 1,65 m ist Sophia nicht die Größte, dafür aber von Natur aus schlank. Ihre langen schwarzen Haare fallen ihr glatt über die Schulter und erreichen fast schon ihre Hüfte. Mit den großen dunklen Augen, der kleinen Nase und den weichen Gesichtszügen wirkt sie noch etwas jung. Ihr Kleidungsstil ist schlicht, manchmal, wenn Sophia in die Bücherei geht, wirkt sie kindlich, mit den geblümten Röcken, oder aber altmodisch. Das schert sie aber nicht, denn Sophia trägt nur das, worin sie sich wohl fühlt.
    Alter: 15
    Wesenszüge: Sophia ist ein eher zurückhaltendes Mädchen, das sich gerne mal mit einem Buch in die hinterste Ecke verzieht. Generell ist sie nur selten ohne Buch anzutreffen, denn Lesen ist ihre größte Leidenschaft. Sophia ist sehr intelligent und liebt es, sich neues Wissen anzueignen. Wie man mit anderen kommuniziert, hat sie sich hauptsächlich aus ihren Lieblingen (den Büchern) abgeleitet, denn sie selbst fängt fast nie einfach so ein Gespräch an. Lieber spielt sie die stille Beobachterin oder bleibt gleich mit einem Buch zuhause.
    Vergangenheit: Geboren und aufgewachsen in Paraguay war Sophia schon immer sehr aufgeschlossen gegenüber all den Dingen, die man lernen konnte. Am meisten hatten es ihr die Sprachen angetan, weshalb sie neben Spanisch auch Englisch, Französisch und Deutsch beherrscht und gerade dabei ist, Italienisch zu lernen. Als sie das vierzehnte Lebensjahr erreichte, bekam sie mit einem viermonatigen Auslandsaufenthalt einen Traum erfüllt. Diese Zeit verbrachte sie in Deutschland, in Köln, um ihre Grammatik in dieser schwer zu erlernenden Sprache zu verbessern. Sie wurde sehr freundlich aufgenommen und unternahm mehr als in ihrer Heimat, auch wenn man sie immer noch sehr häufig mit der Nase in einem Buch anfand. Als sie nach Paraguay zurückkehrte, gelang ihr der Umgang mit den anderen deutlich besser als zuvor.
    Sophia erfuhr durch eine deutsche Freundin von dem Projekt, zu dem sie sich sogleich anmeldete. Vor allem das Leben der anderen interessierte sie sehr, da sie immer etwas fand, was sie noch lernen konnte. Außerdem hatte sie noch nie jemanden aus Russland getroffen, was diesen Sommer noch spannender für sie machte.

    [subtab=Liam]
    Name: Liam Andar
    Herkunft: Amerika (Maryland)
    Aussehen: Liam ist 1,85 m groß und wirkt auf die meisten schlaksig. Trotzdem sind vor allem seine Beine durch das viele Lauftraining sehr muskulös. Von seinen braunen Locken ist wegen der geringen Haarlänge von etwa drei Zentimeter kaum noch etwas zu erkennen. Seine Ohren stehen etwas weiter von seinem Kopf ab, als dass man es als normal bezeichnen könnte, aber Segelohren sind es auch nicht wirklich. Liam hat aufmerksame, grüne Augen und schmale, helle Lippen, die er, wenn ihm etwas nicht passt, so weit zusammenpresst, dass man seinen Mund nur noch erahnen kann. Der junge Läufer kleidet sich meist sportlich und bequem. Er selbst legt wenig wert auf Markenklamotten, doch sein Trainer besteht darauf, dass er immer nur die besten Sachen trägt, auch privat.
    Alter: 16
    Wesenszüge: Liam ist einer der Top Sportler seiner Schule, aber dadurch kein bisschen eingebildet. Er läuft nicht für andere, sondern nur, weil es ihm Spaß macht. Die Aufgeschlossenheit gegenüber allem und jedem ist eine seiner besten Eigenschaften, auch wenn es dem jungen Amerikaner oft schwer fällt, selbst ein Gespräch zu beginnen. Wird er jedoch angesprochen, beginnt er, sich der Person zu öffnen und ist gleichzeitig ein guter Zuhörer. Liam ist sehr aktiv und hält es oft kaum aus, lange irgendwo drinnen still herumzusitzen, weshalb er auch Angst vor dem langen Flug nach Deutschland hatte, allerdings war seine Neugierde für das Neue größer.
    Vergangenheit: Geboren wurde Liam als Frühchen in der Schweiz, wo seine Eltern gerade Urlaub machten. Seine zu frühe Geburt wirkte sich bloß durch seine Faszination für das europäische Land auf sein späteres Leben aus. Auch als er noch gar nicht laufen konnte, gelang es Liam selten, still zu sitzen, und so krabbelte er, sehr zum Missfallen seiner Eltern, immer wieder quer durch ihre Wohnung in Maryland. Aufgrund seiner Sportlichkeit und seines schnellen Wachstums schickte ihn sein Vater im Aler von neun Jahren in eine Basketballmannschaft der Stadt. Der Ballsport interessierte den Jungen allerdings herzlich wenig. Trotzdem hatte diese Phase ihr Gutes, denn Liam erkannte seine Leidenschaft fürs Laufen und trainierte bald schon täglich in privaten Einheiten, bis seine Eltern nachgaben, und ihn zu einem Trainer schickten, denn bedauerlicherweise hatte seine Schule bloß ein Baseball- und ein Footballteam. Neben seinem Training lernt der junge Läufer auch Trompete spielen (die er jedoch noch nicht wirklich gut beherrscht) und nimmt seit anderthalb Jahren auch an einem Deutschkurs teil.
    Über seinen Deutschlehrer erfuhr Liam von dem Projekt in der Bundesrepublik und war sofort begeistert. Es bedurfte zwar etwas Überredungskunst, aber nach einer Weile stimmten auch seine Eltern zu und Liam durfte zum ersten Mal seit sechzehn Jahren wieder nach Europa.

    [subtab=Alina]
    Name: Alina Fader
    Herkunft: Deutschland
    Aussehen: Eigentlich ist Alina nur 1,70 m groß, wirkt aber durch die hochhackigen Schuhe immer mindestens vier Zentimeter größer. Sie beherrscht es perfekt, ihre blonden Locken in die unterschiedlichsten Frisuren zu verwandeln, auch wenn das manchmal nur beinhaltet, sie offen zu tragen. Aus ihrem Gesicht strahlen einem seeblaue Augen entgegen und ihre Lippen sind immer von einer Schicht Lippenstift bedeckt. Alina kleidet sich stets sehr modebewusst und mag es generell deutlich lieber, Röcke oder Kleider zu tragen, als Hosen (vor allem findet sie alles besser als Jeans).
    Alter: 16
    Wesenszüge: Man kann Alina durchaus als arrogant bezeichnen. Sie ist stets mit den Mädchen ihrer Clique zusammen, die sich selbst als etwas Besseres sehen und anderen das Gefühl geben, schlechter als diese Mädchen zu sein. Zudem ist die Sechzehnjährige nicht gerne in der Natur und macht sich noch weniger gerne schmutzig. Dieses Verhaltensmuster zeigte sich schon früh und sie hat nicht vor, es einmal auszuprobieren. Für ihre Freundinnen ist Alina immer zur Stelle, jedoch beruhen diese Freundschaften selbst auf Oberflächlichkeiten; wer uncool ist, wird ausgeschlossen. Ihre Lieblingsbeschäftigung sind Partys, bei denen man viel tanzen, flirten und trinken kann. Das ist auch der Grund, warum sie wöchentlich ausgeht.
    Vergangenheit: Alina ist schon immer ein typisches Großstadtkind gewesen. Seit Jahren rettet sie sich mehr schlecht als recht in die jeweils höhere Klasse und will die Schule im kommenden Jahr mit dem Realschulabschluss beenden. Seit Alina auf die weiterführende Schule geht, faszinieren sie die Partys der coolen Schüler und es dauerte nicht lange, bis sie zu ihrer ersten eingeladen wurde. Seitdem verbringt sie den Hauptteil ihrer Freizeit mit ihrer Clique, wo sie oft neue Looks für die nächste Party ausprobieren. Die bleibende Restzeit ist Alina bei Facebook oder anderweitig im Internet anzufinden und tut nur selten etwas für die Schule oder für ihren Körper. Um schlank zu bleiben, hält sie sich an einen strikten Diätplan, ist aber noch immer weit von der Magersucht entfernt.
    Das Mädchen wollte nie seinen Sommer in einem Feriencamp irgendwo im Nirgendwo verbringen, doch seine Eltern meldeten es an und obwohl sich Alina mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatte, wurde sie letztendlich dennoch hierher geschickt, damit sie ihren kulturellen Horizont erweitern kann.

    [subtab=NPC: Campleiter]
    Name: Ian Klaus
    Aussehen: Ian ist ein großer (1,85), fast schlaksig anmutender Mann. In seinen recht kantigen Gesichtszügen finden sich grau-blaue Augen und ein Mund, der fast immer lächelt. Seine eigentlich dunkelbraunen Haare beginnen sich schon etwas grau bis weiß zu färben. Meist trägt Ian eine braune Hose und ein schlichtes Hemd.
    Alter: 52
    Wesenszüge: Ian ist einer der freundlichsten Menschen, die die Welt kennt. Er ist strikt dagegen, von irgendeinem Campbewohner (ob „Urlauber“ oder Angestellter) gesiezt zu werden, und lächelt fast durchgängig. In Normalfall versucht er jeden Konflikt zu umgehen, bevor er aufkommt. Wenn die Situation aber doch mal eskaliert, kann er erstaunlich hart durchgreifen. Diese Seite versucht Ian jedoch so selten es geht zu nutzen und ist in der Regel für jeden Spaß zu haben. Noch immer macht er bei fast allen Aktivitäten auch selber mit, was seine Sportlichkeit deutlich hervorhebt. Zudem ist Ian sehr aufgeschlossen und offen für Neues, weshalb er die neuen Camper stets mit Freuden erwartet.
    Vergangenheit: Ian ist in einer Mittelstandsfamilie geboren und aufgewachsen. Schon immer war er sehr agil und kam gut mit verschiedensten Menschen zurecht. Nach seinem Abitur machte Ian eine Ausbildung zum Erzieher und gründete drei Jahre später dieses Camp, für das er immer noch mit Freuden fast jede freie Minute opfert und in dem sein gesamtes Herzblut steckt.


    [tab=kurze Erklärung zum Genre Reallife]
    Das Genre Reallife zeichnet sich dadurch aus, dass die Geschichten mit diesem Genre im wirklichen Leben tatsächlich passieren könnten; man versucht die Wirklichkeit wieder zu geben. Das bedeutet, dass sich an physikalische Gegebenheiten wie beispielsweise die Schwerkraft gehalten wird und man daher auch nicht auf übernatürliche Phänomene oder Fantasiewesen trifft. Oftmals wird sich dadurch auf die Beziehungen der Charaktere untereinander konzentriert.
    [tab=Zusammenfassungen][subtab=x]Dieser Tab wird mit dem Handlungsverlauf der Geschichte gefüllt, damit neue, interessierte Schreiber einen Überblick über das Geschehen erhalten.[subtab=Kapitel 1-10]
    [/tabmenu]






    Prolog



    Die langen Strahlen der Morgensonne kletterten über die Kronen der Eichen und Fichten, der Kastanien und Lärchen, um den kleinen Fluss, der das Camp vom Mischwald trennte, wie flüssiges Gold erscheinen zu lassen. Eigentlich war es ja eher ein Wäldchen, das sich knapp zweihundert Meter weit hinter dem Fluss erstreckte. Viele Generationen hatte es schon in diesem Camp reden, lachen, spielen sehen und noch nicht einmal die Jüngsten konnten sich vor ihm fürchten, da man selbst von der Einfahrt des Camps aus die Häuser der nahen Wohnsiedlung hindurchblitzen sehen kann.
    Die zwölf Hütten standen zu dieser frühen Stunde noch verlassen da, aber im dem Haus, welches irgendwann einmal „Häuptlingszelt“ getauft worden war, herrschte jetzt schon reges Treiben. Gegen Mittag würden die neuen Bewohner des Sommerlagers eintreffen und bis dahin musste alles sauber und ordentlich sein.
    Eine interessantere und ungleichere Zusammensetzung der Campbewohner hatte man hier noch nie gesehen. Aus vier verschiedenen Ländern kamen sie, um sich besser kennenzulernen und ihren kulturellen Horizont zu erweitern. In der Küche, die direkt an den großen Speisesaal anschloss, hatte das schon lange vor dem Sommer für heftige Diskussionen und ratlose Gesichter gesorgt. Inzwischen hatte man sich darauf geeinigt, dass es jeden Tag ein typisches Gericht aus einem anderen Land gab; und wer es nicht mochte, hatte Pech gehabt.
    Russland, Paraguay, Amerika und natürlich Deutschland; aus allen Teilen der Welt kamen sie, und um sich besser zu verstehen und kennenlernen zu können, sollten sich immer genau vier aus den verschiedenen Ländern eine Hütte teilen. Solch ein Experiment war für alle Beteiligten neu und sie alle hofften, dass alles klappen würde, wie geplant.
    Gerade kam der Campleiter aus dem „Häuptlingszelt“, in dem sich die Rezeption, die Schlafräume für die Angestellten und ein Zugang zum Speisesaal befanden. Der große, ältere Mann ging einmal quer über den Platz mit der Kuhle für Lagerfeuer in der Mitte, um den die Hütten in einem Kreis angeordnet waren. Er hielt auf eine Tafel zu, die an der Einfahrt zum Camp, fast genau gegenüber vom Fluss stand, und brachte dort eine Liste an. „Aktivitäten“ stand darauf in dicken Buchstaben als Überschrift. Wie jeden Sommer gab es eine Palette an verschiedensten Sportarten, Gruppen- und Musikveranstaltungen, Wanderungen durch die auf dieser Seite des Flusses liegenden Felder und vieles mehr. Einiges davon war freiwillig zu besuchen, anderes Pflichtprogramm. Natürlich stand es den Bewohnern der Hütten jederzeit frei, sich mit einem Ball auf den Campeigenen Sportplatz auszutoben oder unter Aufsicht im Fluss zu schwimmen, und natürlich stand der Speisesaal außerhalb der Essenszeiten als Aufenthalts- und Gruppenraum zur Verfügung, aber es hatte sich immer als sehr empfehlenswert gezeigt, auch feste Aktivitäten anzubieten, was von den Campern meist mit Freude angenommen wurde.
    Freundlich, mit offenen Armen und einem warmen Mittagessen würde man die Anreisenden später begrüßen. Einige hatten einen ziemlich langen Flug hinter sich, weshalb es verständlich wäre, wenn sie an diesem Tag nichts mehr großartig machen wollten. Das war auch der Grund, warum die erste Aktivität auf der Liste erst für den morgigen Tag angesetzt war. Heute stand Ankommen und Kennenlernen auf dem Programm, und wer trotzdem zu viel Energie hatte, fand bestimmt eine Möglichkeit, diese abzubauen.
    Stolz sah sich der Campleiter um. Ausgerechnet sein Camp war für dieses internationale Treffen ausgewählt worden und es fehlten nur noch ein paar Handgriffe, bis alles fertig und bereit für die neuen Bewohner war. Ein neues Abenteuer stand dem Camp bevor und das Wäldchen würde neue Gesichter entdecken, neue Geschichten hören und viele neue Leute lachen, weinen, leben sehen.


  • „Das ist nicht euer Ernst, oder?“


    Mit weit aufgerissenen, seeblauen Augen starrte das Mädchen angewidert durch das Fenster des Familienautos, die Sonnenbrille mit den Fingern hochgehalten und die Lippen deutlich verzogen.
    Vor ihr sah sie… zehn, elf… zwölf Holzhütten minimalster Größe, einen Fluss mitten im Gelände, ein paar Bäume (hätte sie im Bio Unterricht aufgepasst wüsste sie die Namen der Gewächse, allerdings interessierte sie das herzlich wenig) und was das allerschlimmste war… Dreck. Überall auf dem Boden nur Dreck. Rechts Dreck, Links Dreck… Nicht einmal ein Hauch von gepflastertem Boden! Wie, zum Teufel noch mal, sollte sie denn hier laufen können?!
    „Nein!“, protestierte sie ein wenig schrill. „Nein, nein, nein!“
    „Alina…“, wandte sich ihr Vater resignierend an sie. Ihm war klar gewesen, dass es schwierig sein würde, Alina in diesem Camp abzusetzen. Deswegen war die Diskussion zwischen den Eltern, wer die nervenaufreibende Aufgabe übernehmen sollte, auch in einem Losverfahren geendet.
    Und natürlich hatte es mal wieder den einzigen Mann der Familie getroffen. Und der verfluchte gerade noch immer die Götter dafür, dass er so viel Pech hatte. „Keine Diskussion. Du bleibst hier, das steht fest.“ Und wenn ich dich wieder mitnehme, reißt mir deine Mutter den Kopf ab, ergänzte er in Gedanken. Alleine die Vorstellung war mehr als grausig…
    „Ich steig hier nicht aus!“, grummelte Alina bockig. Sie stemmte ihre Beine in den Fußraum des Autos, drückte ihren Körper in den Sitz und verschränkte die Arme dicht vor ihrem Körper. Dazu setzte sie noch die im Laufe ihres Lebens perfektionierte Schmolllippe auf und ließ ein paar gekünstelte Tränen in ihren Auenwinkel erscheinen, aus denen sie ihren Vater beobachtete.
    Dem Mann, dem aufgrund seiner Familie schon viel zu früh die Haare grau geworden waren, versuchte sie zu ignorieren. Er presste seine Augen zusammen, was sich bisher immer als gute Taktik herausgestellt hatte, und öffnete blind die Autotür.
    Alinas Faketränen verschwanden so schnell wie sie gekommen waren.
    Unglaublich! Einfach unglaublich! Wie sollte sie den Aufenthalt hier bitte überleben?! Zumindest ihr Handy hatte sie in ihrer Hosentasche mitschmuggeln können. Sie warf einen schnellen Blick über ihre Schulter, wo sich ihr Vater gerade am Ausladen der Koffer abmühte. Die Luft war also rein.
    Mit schnellen Fingern holte sie ihr neues Iphone aus der Seitentasche der Hotpants und deaktivierte den Sperrungscode.
    Und als sie das Display sah, entglitten Alina eindeutig ihre Züge.
    „Kein Empfang?!“, brüllte sie entsetzt.
    „Ah, ja, das habe ich vergessen dir zu sagen“, wandte sich ihre Vater durch das geöffnete Autofenster zu ihr.
    „Ihr… Ihr wusstet davon?!“, keuchte das Mädchen ihn an. Doch bevor er antworten konnte, brach sie schon in einen wütenden Redefluss aus:
    „Ist dir eigentlich klar, dass ich eine ungemeine Verantwortung trage? Ich habe Cassidy versprochen, dass ich ihr Tipps fürs Styling gebe! Ver-spro-chen! Und was ist mit Bella? Die hat gerade eine harte Trennung hinter sich, da muss ich für meine Chicas da sein! Oh, und July, die hat übermorgen ein Date und verlässt sich darauf, dass ich-“
    Doch weiter kam sie nicht, denn ihr Vater hatte sich schon längst von ihr abgewandt und ging auf einen hageren, alten Mann zu, mit dem er sich angeregt unterhielt.
    Pah! Das gab es doch gar nicht! Wie… Wie konnte er es wagen?!
    „Sklaventreiber!“, fauchte Alina ihnen hinterher. Sie würde einfach hier im Auto sitzen bleiben. Ja. Ganz genau, einfach hier sitzen bleiben. Sollte er schauen, wie er sie hier herausbekam! Nur über ihre Leiche, verdammt!
    Dachte sie sich, rechnete aber nicht mit dem Einfallsreichtum ihres Vaters.
    Der griff nämlich einmal schnell durch das Fenster und nahm ihr das IPhone weg, was sie mit einem spitzen Aufschrei kommentierte. Hektisch drückte sich Alina durch das Fenster, den Arm nach ihrem Vater ausgestreckt, der jedoch zu schnell für sie das Weite gesucht hatte und jetzt mit unsicherem Grinsen etwas entfernt stand.
    „Du bekommst es wieder, wenn du endlich aussteigst“, gab er ihr zu verstehen.
    Alina verengte die seeblauen Augen. Das hier war eindeutig eine Falle. Eine verdammte Falle, um sie hier stehen zu lassen… Nein! Sollte er es doch behalten, pah!
    Ihr Vater wanderte zu einer Pfütze in der Nähe und hielt Alinas größten Schatz (wenn man mal von ihren Klamotten, ihrem Schmuck und ihrer sündhaft teuren Sammlung Schuhe absah) zwischen zwei Fingerspitzen darüber.
    „Das wagst du nicht!“, hauchte das Mädchen mit weit aufgerissenen Augen.
    „Drei…“, begann ihr Vater.
    „Nein!“, schrie Alina ihn entsetzt an. Sie drückte sich zurück durchs Fenster und öffnete die Türe.
    „Zwei…“
    Mit einem spitzen Schrei stürzte das Mädchen ins Freie, lief so schnell, wie ihre Schuhe (wunderbares Modell von Agony, Kreuzriemchen Sandalen in braun, mit einem Absatz von etwa 6 cm) es erlaubten, auf ihre Vater zu und riss ihm ihr Handy aus der Hand. Sie wog es in ihrer Hand wie ein fragiles Ei, strich erleichtert seufzend über das Display und deaktivierte die Tastensperre um sich mit einem wunderbaren Duckface als Hintergrundbild zu sehen. Gott sei Dank!
    Zu spät hörte die das Starten des Motors etwas entfernt und viel zu spät war es bereits, als sie sich umdrehte und nur noch die Gase aus dem Auspuff sehen konnte. Dort, wo es zuvor gestanden hatte, lagerten jetzt vier teuer wirkende Koffer, die in Dreck standen, wie Alina schnell klar wurde. Fluchend verstaute sie das Handy wieder in der Hosentasche und stackste durch die feuchte Erde auf ihr Hab und Gut zu. Nur versank sie bei jedem Schritt etwas tiefer im Schlamm, was ihr die Tränen der Verzweiflung in die Augen trieb.
    „Die sind von Agony!“, kreischte sie hysterisch, aber noch halbwegs leise.
    Aber nicht nur das, auch ihre Designerkoffer wollten sich keinen Zentimeter weiter bewegen. Sie steckten zu tief fest oder aber Alina war einfach zu schwach. Beides war wahrscheinlich, denn das Mädchen mit den blonden Locken hatte bisher immer alles von jemand anderem erledigen lassen. Warum denn dann jetzt nicht auch?
    Mit bekümmertem Gesicht (auch eine Übung, die sie schon Jahre lang trainierte) setzte sie sich lautstark seufzend auf ihren Koffer und wartete. Irgendeinen würde sie schon finden, der ihr diese Last abnahm! Immerhin war sie Alina Fader!

  • Das Wetter hier ist wirklich anders als zuhause.
    Sophia blickte sich mit ihren dunklen Augen um, die wirkten wie flüssige Schokolade. Ein kühler Wind strich über ihre sonnengebräunten Arme und Beine, ließ sie frösteln, obwohl die Sonne schien. Bei meinem letzten Besuch in Deutschland war es wärmer, überlegte sie und schob sich eine ihrer schwarzen Locken, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, hinter ihr Ohr. Sie reckte ihre kleine Nase in die Luft und schnüffelte kurz – der Geruch von Ozon, Wald und kürzlich vergangenem Regen lag in der Luft. Und…Erdbeere? Sophia sah sich um, aber es war nirgendwo ein Erdbeerfeld zu sehen. Ihre schwungvollen Augenbrauen schnellten in die Höhe.
    Erneut schweifte ihr ruhiger Blick über den Platz, auf dem ein Dutzend kleine Hütten standen, die Sophia sogleich an ihre Heimat erinnerten. Ein vertäumtes, beinahe wehmütiges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht und ließ sie um einiges jünger wirken.
    Der Flug von Paraguay war kräftezerrend gewesen, doch Sophia hatte die meiste Zeit damit verbracht, ihr neues Buch zu lesen. Es war auf Deutsch geschrieben, perfekt, um die Sprache nochmals zu vertiefen, bevor sie im Lager eintreffen würde. Es handelte sich um keinen geringeren Autor als Goethe, von dem Sophia schon oft gehört hatte. Sein Werk 'Faust' hatte sie von der ersten Seite an gefesselt, sodass der Flug auch recht schnell verging. Und nun, nach weiteren müdigkeitserregenden Stunden Busfahrt, stand sie vor eben diesem Lager. Sie trug einen weißen Rock mit Blumenmuster, der sich stetig um ihre Beine bauschte, wenn der Wind abermals aufkam. Zudem trug sie ein schlichtes, baigefarbenes Top, das sich perfekt um ihre Kurven schmiegte, auch wenn diese, wie Sophia fand, kaum vorhanden waren. Ihre Füße wurden von normalen Sandalen umgeben, doch Sophia verspürte irgendwie den Drang, diese so bald wie möglich auszuziehen. Sie war noch nie ein Fan von Schuhen gewesen, so lief sie auch zuhause meist barfüßig herum.
    So beugte sie sich nun hinab, löste die Schnallen ihrer Sandalen und nahm ihre Schuhe in die Hand. In der anderen trug sie ihre Tasche. Sofort erschütterte Sophia die Kühle des Bodens, der ihre Haut nun umgab. Es war sandig, sodass sich die einzelnen Sandkörner sogleich zwischen ihre Zehen schlichen. Dennoch bekam Sophia eine Gänsehaut, da der Sand entgegen ihrer Erwartung so kalt war. Ganz anders als der warme, pudrige Sand zuhause, ging es ihr durch den Kopf, und eine kurze Welle von Heimweh rollte über sie hinweg. Doch sie versuchte dies gekonnt zu ignorieren, indem sie sich auf die Zunge biss, und nun voranschritt.
    Das erste, was Sophia registrierte, war ein blondgelocktes Mädchen, das mit hängenden Schultern auf einem teuer aussehenden Koffer saß. Sie hatte die Arme auf die Beine gelegt und starrte augenscheinlich auf ihr Handy. Sophia besaß so eines nichtmal. Plötzlich seufzte das Mädchen und stieß unmädchenhafte Flüche aus, bis sie Sophia bemerkte. Die seeblauen Augen des Mädchens ließen Sophia kurz innehalten, da sie sie musterten, als wäre sie ein ungewolltes Insekt. Doch sie wich ihrem Blick einfach aus und heftete ihre dunklen Augen einfach auf die goldblonden Haare des Mädchens. Dieses steckte ihr Mobiltelefon in die hintere Tasche ihrer etwas kurz geratenen Hose. Sophias Augenbraue schnellte in die Höhe.
    "Endlich, eine Hilfskraft!" Die Stimme des Mädchens war laut und schrill als sie aufsprang und mit wackeligen Schritten auf ihren hochhackigen Schuhen auf Sophia zutorkelte. Diese verstand nicht ganz.
    "Hey, ich bin Alina Fader. Das da - " sie zeigte mit einer ausladenden Handbewegung auf ihr Gepäckstück - "sind meine Sachen. Die können sie gleich in meine Hütte tragen."
    Alina musterte Sophia abschätzig von oben bis unten. Dann fand Sophia endlich ihre Sprache wieder. "Ehm, da musst du was falsch verstanden haben. Ich bin auch hier im Camp. Also, nicht als, wie du es einst nanntest, Hilfskraft." Sie riskierte einen erneuten Seitenblick auf die vielen Koffer, die im Dreck standen, und runzelte die Stirn. Sie selbst hatte nur eine Tasche bei sich, in der sich prima alles hatte verstauen lassen. Aber das lag wohl an den kulturellen Unterschieden, überlegte Sophia. Alina hatte naturblondes Haar, das in der Sonne schimmerte wie Gold, war jedoch auch ziemlich blass. Ihre roten Lippen stachen dadruch hervor, dass sie schwungvoll waren und pupurrot glänzten. Daher also der Erdbeergeruch, schoss es Sophia durch den Kopf. Auch ihre himmelblauen Augen, die von vollen Wimpern eingerahmt wurden, bekräftigten Sophias Verdacht, dass Alina Deutsche war.
    "Oh." Alinas Stimme klang zum einen enttäuscht, jedoch schien auch eine gewisse Abneigung darin mitzuschwingen. Erneut lagen ihre Augen auf Sophia, die plötzlich kalt und unerreichbar wirkten wie Eis. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wippte ungeduldig mit dem Fuß, als überlegte sie, was sie sagen sollte. Daher versuchte Sophia die Initiative zu ergreifen.
    "Gestatten, mein Name ist Sophia Assimila, und gebürtig komme ich aus Paraguay. Ich verbrachte bereits einen Auslandsaufenthalt in Deutschland, und -“
    "Sophia also.", unterbrach Alina Sophia und beäugte desinteressiert ihre perfekt gefeilten Fingernägel. Kurz schweifte ihr Blick zu den Nägeln von Sophia - sie waren bis zum Nagelbett abgekaut. Das war eben praktischer in Paraguay. Sophia lief rot an und drückte sich die Nägel immer weiter in die Haut, bis es wehtat. Doch sie gab nicht so schnell auf.
    "Und, woher kommst du?"
    "Deutschland. Sieht man das nicht? Anders als du hab' ich nämlich nicht so einen schrecklichen Akzent." Dann sah sie sich kurz auf der Lichtung um, jedoch verdüsterten sich ihre seeblauen Augen sogleich wieder. "Ach, kann nichtmal wer Vernünftiges kommen? Oder heiße Jungs? Und nichtmal Handyempfang hab' ich hier!" Alinas Augen glänzten verdächtig, doch das würde sie wohl niemals zugeben. Sophia begann, sie mit einer Art distanziertem Interesse anzusehen. Vielleicht kann man ja besser mit ihr reden, wenn sie erstmal ihre Sachen verstaut hat. Sogleich fasste sie den Entschluss, ihre Tasche abzulegen und sich wie Alina zuvor daraufzusetzen, um die letzten Seiten aus 'Faust' zu lesen. "Gut, vielleicht sieht man sich später ja noch." Alina murmelte noch etwas Unverständliches, doch Sophia meinte noch etwas in die Richtung "barfüßige Indianertussi" zu vernehmen. So stellte sie etwas abseits ihre Tasche ab, setzte sich darauf und begann, in Goethes 'Faust' zu blättern. Alina setzte sich währenddessen wieder zurück auf ihren teuren Koffer und begutachtete Sophia mit spöttischem Blick. Doch diese ignorierte es und versank für eine kleine Weile in der Welt von Faust und Gretchen.

  • Kapitel 3 - Liam


    Es erwies sich als äußerst nervenaufreibend, sich irgendwie wieder daran zu erinnern, warum er unbedingt in dieses Camp wollte. Liam presste seine Lippen aufeinander und begann, wild auf seinen Zähnen zu knirschen, während er sich erneut den kühlenden Lappen auf das Gesicht klatschte und ihn tief in seine schmerzende Augenhöhle drückte. Das andere Auge senkte er, jedoch immer gefasst, ob sich nicht doch jemand ungebetenes näherte.
    Er war als einer der ersten angekommen, obwohl er vermutlich den längsten und anstrengendsten Weg hinter sich bringen musste – ein Flug von Baltimore nach Berlin dauerte eine Ewigkeit und wenn Liams Beine nicht ihren nötigen Bewegungsraum bekamen, wirkte es für ihn gleich doppelt so lang.
    Der Empfang war weit mehr als nur herzlich gewesen. Ian, so war der Name des Leiters von alldem hier, war fast schon verstörend freundlich, versuchte überall gleichzeitig zu helfen, erklären, oder dolmetschen und dennoch schenkte er jedem von den Jugendlichen dieselbe ungeteilte Aufmerksamkeit. Er war Liam von der Statur her unglaublich ähnlich: hochgewachsen und spindeldürr, was ihn noch einmal zusätzlich sympathisch machte, und nicht allein durch seine Muttersprache fiel es Liam leicht, seinen Campleiter mit „Du“ anzusprechen, ganz wie dieser es von Anfang an von ihnen allen verlangte.
    Bis zu diesem Punkt verlief auch alles noch problemlos.


    Obwohl sein Kopf sich immer weiter aufzublähen schien, war es ziemlich leicht, sich daran zu erinnern, wie er in einem Anflug von Unachtsamkeit den falschen Koffer aus dem riesigen Haufen an weiteren Reisetaschen genommen und damit die Aufmerksamkeit des eigentlichen Besitzers, ein bulliger, augenscheinlich äußerst humorloser Rowdy aus Russland, auf sich gezogen hatte. Scheinbar bedeutete dem aggressiven Jugendlichen das Reden genauso wenig wie gute Manieren und so hatte Liam bald darauf seine schwere Faust in seinem Gesicht gelegen.
    Es hatte den Dauergrinser Ian gebraucht, der das Missverständnis mit unangebrachtem Humor und Frohsinn geklärt und beide Parteien möglichst unauffällig voneinander getrennt hatte, indem er Liam einen nassen Lappen in die dünnen Finger und ihn auf die Veranda zur Erholung geschickt hatte, wo er seit einer guten Viertelstunde darüber sinnierte, ob es nun bei den bisherigen Eindrücken die richtige Entscheidung war, sich für das Camp einzuschreiben.


    Liams bereits geschwollene linke Augenlid fing wieder an zu pochen, das Tuch war zwar noch nass, aber mittlerweile so warm, dass es nichts mehr brachte es sich weiter gegen das blaue Auge zu pressen. Erstaunt erkannte er, dass er es mittlerweile sogar öffnen konnte und noch genauso gut sah wie zuvor. Er legte den Lappen rechts von sich auf die Verandastufe und stützte sich auf seinen beiden Armen auf die graubraunen Bretter. Er verstand, woher das Haus hinter ihm den Namen „Häuptlingszelt“, dessen Bedeutung Ian ihm zuvor netterweise erklärt hatte, nannte. Nicht nur, dass es zentral über all den Hütten ringsherum ragte, es war auch der Ort, wo man am meisten vom übergroßen Gelände überblicken konnte: von den zwölf hölzernen Hütten und dem dazugehörigen Bolzplatz bis hin zu dem Fluss, der vor den Toren des Camps seine Bahn durch die Natur durchlief. Zwischen alldem wuselten die letzten Teilnehmer lautstark herum, suchten nach einem freien Platz in einer der Hütten oder gingen schon auf Erkundungsreise in Mutter Natur. Alle vier Sprachen konnte er mittlerweile unterscheiden und er verstand auch ohne das er Russisch oder Spanisch sprach ungefähr, was seine Campkameraden untereinander sprachen.


    Das Licht versiegte ruckartig, mit überrascht hochgezogenem Mundwinkel blickte Liam nach oben um zu sehen, was den Schatten auf ihn warf.
    Seine Lippen zogen sich schlagartig wieder zusammen und er riss sein unverletztes Auge weit auf, als er in der Silhouette vor ihm ebenjenen Teilnehmer erkannte, dem er eben sein blaues Auge zu verdanken hatte.
    Dieser blieb vollkommen gelassen, behielt den Blick, den er schon die ganze Zeit aufgesetzt hatte und sah etwas gelangweilt auf Liam herab, dessen Beine aufgeregt zitterten, sich um jeden Preis in Bewegung setzen wollten. Er hätte problemlos wegrennen können – träge wie sein Gegenüber sich gab hätte dieser nicht den Hauch einer Chance. Angst machte ihm eher seine Statur. Er wirkte alles andere als muskulös, aber die Tatsache, dass er sogar noch etwas kleiner als Liam selbst sein musste, ließ seine Breite noch einmal ansteigen und auch wenn er eher überernährt als durchtrainiert wirkte, zweifelte der Amerikaner nicht eine Sekunde daran, dass seine Schläge noch um einiges härter ausfallen können als er es bereits gezeigt hatte.
    „Ich wollte mich nur noch mal entschuldigen…“, murmelte er wie vom Blatt gelesen, doch er konnte scheinbar deutsch. Und das nicht zu schlecht. „…Wegen dem von vorhin und so.“
    Seine Stimme war rauer und tiefer als seine eigene und immer wieder kratzte er sich übertrieben betont an den wenigen Bartstoppeln, die an wenigen Stellen seines Kinns auszumachen waren.
    Liam ergriff nach und nach wieder der Mut. Etwas zögerlich öffnete er den Mund und wollte schon eine Antwort mit seinen Lippen formen – auf Deutsch.
    „Ja, ich…“
    „Weißt du…“, unterbrach ihn sein Mitteilnehmer, “In dem Koffer ist was drin, was dieser Strahlepazifist nicht unbedingt sehen sollte.“
    Oh Gott. Drogen? Waffen? Liam schluckte nervös und versuchte, so gut es ging, den Augenkontakt zu seinem „Gesprächspartner“ zu halten, traute sich allerdings nicht, seine Befürchtungen zu äußern, schon gar nicht weil sein Deutsch peinlicherweise noch Jahre entfernt war von dem Deutsch, was er gerade gehört hatte. In seiner Stimme lag nicht die Spur eines Akzents, der seine russische Herkunft verriet. Ehrlich gesagt war er sich gar nicht mehr sicher, woher der vermeintliche Russe jetzt wirklich stammt. Erst vorhin hatte er noch mit ein paar anderen auf Russisch gesprochen, scheinbar konnte er also beide Sprachen fließend. Es machte Liam schon wieder ein wenig nervös, dass er absolut nichts von seinem Schläger wusste.
    „Ich hab mir in der Nähe etwas Alk besorgt bevor ich hier angekommen bin.“, erklärte der und die Art, wie er seine buschigen Augenbrauen in die Höhe schnellen ließ, verhieß eindeutig alles andere als Gutes, doch das war noch lange nicht Grund genug für den jungen Läufer, seine Meinung dazu preiszugeben.
    „Heute Abend wollten so ein paar coole Jungs in Hütte Fünf ein bisschen zusammensitzen und ein paar Flaschen kippen, vielleicht hat ja der Schuppen hier auch noch einen geheimen Weinkeller oder so.“
    Grinsend deutete er auf das prächtige Häuptlingszelt, das hinter ihm in den nachmittäglichen Sonnenstrahlen hellrot leuchtete.
    Liam saß hier schon lange genug um die hinter ihm notierten Verhaltensregeln auswendig in seinem schmerzenden Kopf zu haben und Ian hatte berechtigterweise als vierte Grundregel aufgeschrieben, dass Alkohol, Zigaretten und alles was sonst noch irgendwie in diese Richtung gehört, komplett gebannt wird. Eigentlich hatte sich Liam überhaupt nichts dabei gedacht, als er diese Regel gelesen hatte. Er war Leistungssportler und für ihn war es noch nie irgendwie eine Option, zur Flasche oder nach dem Glimmstäbchen zu greifen. Kaum auszudenken was aus seiner Karriere als Sprinter werden würde, wenn seine Leber auch nur ein bisschen beschädigt, oder seine Lungen vom Rauch verklebt wären. In dieser Hinsicht war sein Körper wirklich der reinste Tempel, zumal Liam zuhause gesetzlich noch nicht einmal Alkohol trinken durfte.
    Irgendwie war ihm der Junge trotz seiner mittlerweile überwiegenden schlechten Eigenschaften sympathisch geworden. Allein die Nachfrage, ob Liam etwas mit ihm unternehmen wollte, gab ihm Mut und er war sich sicher, dass hinter der Einladung zum gemeinsamen Regelbrechen mehr als nur eine trockene Entschuldigung steckte. Als er in die dunklen Augen des Russen blickte, wusste er dass das eine frühe Chance war, wenn er hier für die nächsten Wochen Anschluss finden wollte.
    „Vielleicht.“, brachte der Amerikaner nur heraus. Mehr traute er sich nicht mit seinen einjährigen Deutschkenntnissen nicht zu und in der Befürchtung, dass allein dieses Wort irgendeinen Aussprachefehler enthielt, presste er die Lippen aufeinander, als wollte er sich auf diese Weise selbst daran hindern, noch mehr schlecht gesprochene Wörter in die Welt zu setzen.
    „Gut.“, kam die Antwort etwas enttäuscht. „Wird bestimmt hammergeil, glaub mir!“
    Liam wünschte sich plötzlich, dass sein „neuer Freund“ ganz schnell verschwinden würde. In seinem Schädel kämpfte sein Gewissen schon jetzt gegen seinen geweckten Drang nach Anerkennung. Er wusste, dass von ihm erwartet werden würde bei ihrer Sauferei mitzumischen, doch nicht nur sein sportlicher Ehrgeiz verbot es ihm, sondern auch ebenjener Zettel, den Ian hinter direkt hinter ihm an der dunklen Holztür angeheftet hatte damit das Sommercamp am Ende nicht irgendwie ausartete. Liam verfluchte sich für das was er getan hatte. Mit nur dieser kurzen Antwort hatte er sich in eine Zwickmühle gebracht.


    „Wie heißt du eigentlich?“, weckte ihn der stämmige Mitbewohner aus seiner Moralkrise und kratzte noch einmal an seinem dicken Kinn, während er sich bereits zum Gehen wand.
    „Liam.“ Immerhin konnte er bei der Aussprache seines eigenen Namens nichts falsch machen.
    „Alexej.“, brummte die neue Bekanntschaft selbstsicher seinen eigenen Namen und für einen Moment saß ein bedrohlicher Glanz in seinen düsteren Augen. „Aber Bitte: nenn’ mich einfach Alex.“


    Bereits jetzt war Liam klar dass, egal welche Entscheidung er treffen wird, diese ihm große Probleme bereiten wird.

  • Kapitel 4- Alina


    Stöhnend fiel sie auf ihr Bett. Ihr Gesicht verschwand in dem kleinen, viel zu dünnen Kissen, und nur gedämpft hörte man ihre Flüche.
    Diesmal hatten ihre Eltern es tatsächlich geschafft. Nicht nur, dass sie die Blondine mitten im Urwald ausgesetzt hatten, nein, hier gab es dazu auch kein Internet und selbst ihre Koffer musste sie selbst in die Hütte tragen! So eine Unverschämtheit! Was war denn so falsch daran, wie bisher einfach in die Karibik zu fliegen, in ein schönes, großes Hotel am Meer, mit einer netten Cocktail Bar und sehr netten Kellnern? Aber nein! Urplötzlich war ihr Benehmen ein Problem.
    Ein Problem, pah! Diese blöden Flöhe hatte ihnen diese blöde Therapeutin ins Ohr gesetzt. Alina hatte von Anfang an gewusst, dass sie der Brillenschlange nicht trauen durfte. Sie wollte ihr das Leben ruinieren, rein aus Böswilligkeit, und das hatte sie jetzt auch geschafft.
    "Shit!", fauchte das Blondchen in ihr Kissen und verprügelte nebenbei mit kleinen Fäusten ihre Matratze, die etwas quietschte.
    Ganz ruhig, sprach sie sich zu. Ganz ruhig. Es wird sich schon alles lösen. Sie würde dieses ganze Camp einfach boykottieren, fertig. Sie würde einen Sitzstreik veranstalten. Nein, noch besser, einen Hungerstreik! Wenig Essen war sie durch ihre Diät ja ohnehin schon gewöhnt und sie zweifelte nicht daran, dass das Essen hier ohnehin grässlich war. Wer in einem Wald lebte, der konnte einfach nicht gut kochen.
    Sie vermisste den Seelachs jetzt schon.
    Alina drehte sich im Bett auf den Rücken und pustete sich missmutig eine der blonden Locken aus dem Gesicht. Es würde schon irgendwie alles gut werden. Mit etwas Glück fand sie hier auch ein paar Gleichgesinnte, hoffentlich konnten sie deutsch, denn in Fremdsprachen war Alina noch nie begabt gewesen. Die paar Brocken Englisch und Französisch, die sie kannte, beschränkten sich auf Songtexte. Und sie bezweifelte, dass "Blow my whistle" und "Vous-le vous couche avec moi" sie sonderlich weiter bringen würden, wenn man mal von der offensichtlichen Destination "Bett" absah. Zumal es nicht einmal Franzosen in diesem gottverlassenen Camp gab. Nein, es gab nur Russen- von denen sie inständig hoffte, dass sie Vodka dabei hatten, denn ohne Alkohol würde sie das hier nicht überleben-, Amerikaner- mit etwas Glück ein paar dieser Muster-Footballspieler, yam- und Brasilien oder Chile oder war es Paraguay? Sie erinnerte sich nicht daran, aus welchem Teil Afrika- oder doch Asien? Nein, halt. Wo lag Paraguay noch gleich?
    Kopfschüttelnd schwang Alina ihre Beine über die Bettkante. Was auch immer. Wenn sie jemanden sah, der heiß genug war, würde sie ihn auch ohne Sprache herumkriegen, da war sie sich sicher. Nicht umsonst sprach Jason Derulo von International Oral Sex. Und gewisse Gesten verstanden wohl selbst die Asiaten... oder Südamerikaner. Was auch immer.


    Nach zehn Minuten wurde es in der Hütte langweilig. Alina entdeckte diese komische Sophia, die immer noch in ihr dickes Buch versunken in ihrem Bett oben rechts lag und ihr keinerlei Beachtung schenkte, und das, obwohl sie bereits drei Mal laut geseufzt hatte. Unglaublich. Zu Hause wären sie schon alle gesprungen um ihrer Königin die Tränchen abzuwischen! Und hier? Keine Manieren, dieses Mädchen. Sowieso sah man der doch an, dass sie zu nichts zu gebrauchen war. Lesen, pah! Wer liest denn heutzutage noch? Besonders wenn man ihre Buchauswahl bedachte. Faust, konnte Alina entziffern. Ganz, ganz tief in ihren Erinnerungen regte sich etwas.
    Genau. In Faust ging es doch um diese Gangs in Amerika. die schlagen sich doch immer mit den Fäusten gegeneinander, als Begrüßung.
    Und was las dieses Mädchen. Unglaublich.
    Missmutig und leise fluchend öffnete Alina also die Tür ihres neuen Zuhauses, nur um von einem zischenden Wind begrüßt zu werden, der ihr sämtliche Locken ins Gesicht wirbelte. Grummelnd versuchte sie das haarige Chaos zu richten und stolperte blindlings auf die kleine Veranda der Hütte heraus. Ihre Stilettos verhakten sich in den Zwischenräumen der verblichenen Holzdielen und sie fiel mit dem Bauch gegen das Geländer.
    Alina blieb für einen Moment die Luft weg, bis sie es mit bebender Unterlippe schaffte, sich wieder aufzurichten.
    So, das wars! Dieser Ort war gemeingefährlich! Gemeingefährlich! Sie würde sich sofort beschweren gehen, so viel stand fest! Keine Sekunde würde sie sich weiter dieser Todesfalle aussetzen!
    Brodelnd vor Wut stolzierte sie zur Treppe, die Hände zu Fäusten geballt, in den Augen einen Ausdruck, der jeden sofort wünschen lassen würde, dass er wieder zurück in den Mutterleib kriechen konnte. Viel zu heftig trat sie mit ihren Hacken auf die Treppenstufen auf, und es kam wie es kommen musste.
    Mit einem lauten Knacken brach der Absatz unter ihrem linken Fuß ab. Alina brach in einen gellenden Schrei aus und versuchte armewendelnd irgendwie ihre Balance wiederzufinden, aber je mehr sie ihren Hintern vorbeugte, desto schneller kippte sie nach vorne. Als sie dann auch noch den linken Fuß anhob, weil der Gedanke, dass der Absatz vielleicht doch noch nicht ganz weg war und sie ihn so reparieren lassen konnte, sie dazu verleitete, war der Kampf gegen die Gravitation schließlich ganz verloren. Für einen letzten Moment hing sie noch in der Luft, dann kam die Erde näher.
    Kreischend vor Panik schloss Alina die Augen.
    Doch der Aufprall kam nicht, nein. Stattdessen landete sie in irgendetwas weichem. Naja, ganz weich konnte man es nicht nennen. Aber zumindest warm war es. Sie verharrte für eine Weile reglos, weil sie dachte, dass sich dieses Etwas auflösen würde, wenn sie die Augen öffnete.
    "Hey, alles okay?", sprach sie letztlich eine Stimme an, mit deutlichem, amerikanischen Akzent. Er hörte sich an wie einer aus diesen amerikanischen Real TV Sendungen, die sie so gerne schaute.
    Sanft wurde sie hochgehoben, nur ein paar Zentimeter, und wieder aufgestellt, wie eine kleine Porzellanpuppe. Verdattert öffnete das Mädchen die Augen, um vor sich einen Jungen zu sehen, ihr Alter, aber gute zehn Zentimeter höher. Weil sie so nah beieinander standen musste Alina den Kopf heben, um ihm in die grünen Augen schauen zu können. Er hatte etwas größere Ohren, als normal war, was für Alina normalerweise ein Grund gewesen wäre, spöttisch zu Grinsen. Aber irgendwie ging das nicht. Denn dieser Kerl hier sah bei weitem besser aus als der Rest, den sie bis dato gesehen hatte. Und er hatte sie gefangen, wie ein Ritter in einer goldenen Rüstung.
    Und Himmel. Als sie so an ihm herunter schaute, da fiel ihr auf, dass er auch noch modisch gekleidet war.
    Nur eine Sache passte nicht ganz ins Bild. Ein kleines Veilchen bildete sich um eines der hübschen, grünen Augen. Es war geschwollen und leuchtete auch schon ein wenig bläulich.
    "Ja", antwortete Alina atemlos, als der Junge ihr einen fragenden Blick zuwarf. Er nickte und brachte etwas Distanz zwischen die beiden, was Alina mit einer Schmolllippe zur Kenntnis nahm. Schließlich fing sie sich allerdings wieder und flötete mit einer zuckersüßen Stimme: "Aber nur dank dir. Hat mein Retter denn auch einen Namen?"
    Der Junge begann zu lachen, während Alina mit einem Zuckerlächeln neben ihm stand und untätig darauf wartete, dass er sich wieder einbekam. Immer schön lächeln, sagte sie sich. Dieser Kerl war vermutlich die beste Partie, die sie hier kriegen würde, also würde sie einen Teufel tun, ihn zu verscheuchen. Also lächeln und lieb sein, wie ein kleines, unschuldiges Kätzchen, dem man nicht ansieht, dass es auch mal die Krallen ausfahren kann. Aber wenn, dann gehts hoch her. Darauf stehen Jungs. Oder zumindest du, die sie bisher hatte.
    "Liam", antwortete der Amerikaner irgendwann und setzte ein schiefes Grinsen auf.
    "Vielen Dank, Liam!", lächelte Alina engelsgleich und klimperte mit den Augen. "Ich schulde dir etwas!"
    "Ach, Unsinn! Das habe ich gerne gemacht."
    "Nein, ich bestehe darauf!" Alina machte einen Schritt auf ihn zu und berührte dabei scheinbar ganz zufällig seinen Arm. Sie legte ihre Finger an ihre Lippe und lächelte: "Wenn ich dir bei irgendetwas helfen kann, dann sag es nur!"