Diebesgut

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • [Blockierte Grafik: http://i1152.photobucket.com/albums/p493/xBastetx/BANDAID-HEART1_zpse57fce2a.jpg]


    Care


    Die erste Stunde im Warteraum war nervenzerfressend, die Zweite unerträglich und danach kroch nur noch jede Minute dahin. Während Fukano bloß einen Verband bekam, zumindest wurde es so gesagt, hier war ja doch etwas faul daran, und angeblich zur Beobachtung bei der Assistenzärztin bleiben sollte, lag Ibitak die gesamte Zeit in einen Raum, welcher auf große Pokemon ausgerichtet war. Erst heute hatte er den „Schwester“ Joys, ihr Titel war so irreführend, gegenüber aufrichtigen Respekt empfunden und erst wenn man sie mit Mundschutz und weißen Handschuhen sah, wurde einem bewusst, dass sie tatsächlich Medizin studierte hatte – Kazuya glaubte sich zu erinnern, dass Taiki diese Fachrichtung Veterinärmedizin genannt hatte. Da hatte er ein wenig ruhiger werden und ihr Atmacas Pokeball übergeben können.
    Doch nun saß er hier an der Seite seiner Freunde, versuchte trotz seiner Intuition es zu tun, nicht gebeugt auf dem Stuhl im Wartezimmer zu sitzen und sein Gesicht in seinen Händen zu vergraben, um seine Würde zu bewahren und niemanden Sorge zu bereiten. Wie genau es ihm weiterhelfen sollte, wenn ihn Híme fordernd mit ihrem Kopf anstieß, wusste er nicht genau und er stand kurz davor sie anzublaffen. Stattdessen tätschelte er sie lustlos, sodass die Löwin ihre Vorderpfoten auf seinen Schoß legte und aus voller Kehle schnurrte, unmöglich sie zu ignorieren. Tatsächlich konnte sie ihm ein Lächeln entlocken, nur für einen Moment, doch es war da gewesen.
    Taiki, links neben ihm, schrieb mit nervöser Hand und sichtlich lustlos SMS an diverse Freunde. Davon schien er etliche, dutzende, zu haben. Zumindest scrollte er sich durch eine scheinbar endlose Liste, während Kazuya nur Hitomi, Ruri und Taiki in seinem Telefonbuch eingespeichert und Shin aus Zorn gelöscht hatte. Hin und wieder erhellte sich Taikis Mimik und als Kazuya ihm auf den Display sah, wusste er auch weshalb: Da waren so viele, die wussten, dass er nach Dukatia wollte und ihn auf die Ereignisse ansprachen – vermutlich rauschten schon etliche Berichte durch die Medien –, einfache Fragen stellten: „Bist du okay?“ oder „Du bist ja grad in Dukatia, hast du schon gehört, dass…“ Neugierig sah er aus dem Winkel halb geschlossener Augen weiterhin auf den Bildschirm. Mum, Dad, erschien im virtuellen Telefonbuch. Ich ruf euch später an, schrieb Taiki.
    Kazuya erhielt ebenfalls eine SMS, jedoch von einer gereizten Hitomi, die ihm eine vorwurfsvolle Nachricht schrieb, wie er sich nur mit Shin hatte prügeln können, obwohl ihr Bruder versucht hatte, sich zu entschuldigen. Wegen seinem verletzten Atmaca war er zumindest im Moment unfähig Wut darüber zu verspüren, dass auch Hitomi ihm mit einem Messer in den Rücken fiel. Im Zweifelsfall würde sie wohl immer zu ihrem Bruder halten, obwohl er im Unrecht war. Für Kazuya war es klar, dass er selbst im Recht war. So ignorierte er sie und betrachtete für einen Moment seine beste Freundin.
    Ruri, rechts von ihm, saß mit überkreuzten Beinen und verschlungenen Armen da, als wolle sie die ganze Welt von sich fernhalten. „Hey.“ Nach vorne gebeugt suchte er eine Regung in ihrem Gesicht, dabei sah sie ihn noch nicht einmal an, verzog bloß ihren Mundwinkel und schluckte schwer. War es besser sie in Ruhe zu lassen oder anzusprechen? Manchmal verstand er das weibliche Geschlecht wirklich nicht.
    Andere Gäste des Pokemoncenters starrten die Jugendlichen mitleidig an, anscheinend hatten sie Wind von den Ereignissen bekommen – oder glaubten etwas zu wissen. Jeden dieser Blicke bedachte Kazuya seinerseits mit einem solchen, der töten wollte, wenn er gekonnt hätte. Auch für Ruri wollte er sie fernhalten, auch sie wollte diese Gaffer nicht, die sich an ihrem, zugegeben recht verloren wirkenden, Anblick ergötzten und dachten, es wäre gnädig ihnen Mitleid zu schenken. Glücklicherweise verstanden sie dies auch recht schnell, ließen sich abschrecken und gingen mit einem zwanghaft nach vorne gerichteten Blick an ihnen vorbei.


    Zwei Stunden und dreizehn Minuten dauerte es, bis Joy aus der großen Flügeltüre trat, über der vorhin noch die eindeutige Order geblinkt hatte, man dürfe sie nicht betreten. „Geht auf eure Zimmer und ruht euch aus, euren Pokemon geht es gut“, wies sie die Jugendlichen sanft an. Ihr gesamtes Gesicht zeigte Ermüdungserscheinungen.
    „Was hat da solang‘ gedauert?“, wollte er aufbrausen, behielt seinen Vorwurf aber aus Anstand bei sich.
    „Ibitak wird einige Zeit nicht fliegen können, aber das ist wohl das kleinste Problem; Fukano ist es ebenso strengstens untersagt zu kämpfen. Das sollte aber ohnehin klar sein.“
    „Ich will aber zu meinem Ibitak!“, erwiderte er scharf und spürte gleichzeitig, wie alle Sympathie von ihm abfiel und auf Taiki überging. Joy bemühte sich, ihm gegenüber freundlich zu sein – ja, sie musste sich anscheinend wirklich bemühen.
    „- und ich zu meinem Fukano!“, stieg Taiki ein. Seine Augen leuchteten hoffnungsvoll auf. Dies war auch für Kazuya tröstlich.
    Das Mädchen unter ihnen legte ihnen beiden eine Hand auf den Rücken und wollte sie sanft in Richtung Stiege lenken. Knurrend schüttelte Kazuya sie ab.
    „Jungs, lasst euren Pokemon Ruhe. Sie sind noch nicht einmal wach. Es geht ihnen gut. Ich verstehe eure Sorge doch. Morgen früh werde ich sie euch übergeben.“ Erst wandte sie sich an Kazuya. „Die Wunde ist nicht sehr groß, das Blut mag dir viel vorgekommen sein, aber im Prinzip wird alles gut verheilen und keine Komplikationen schaffen.“ Ihr misstrauischer Blick verfolgte ihn länger, als er auf ihn gelegen war. Sicher kam es ihr seltsam vor, dass ein Pokemon angeschossen wurde, obwohl Ruri ihr zuvor schon versichert hatte, sie würde ihr alles Beizeiten erklären können.
    Freudig legten ihm seine Freunde wegen der guten Nachricht eine Hand auf die Schulter, doch eine Frage stand noch offen im Raum. „Und Fukano?“
    „Steht unter Beobachtung.“
    Erst ließ er die Aussage sacken, dann gestikulierte er wild. „Warum steht man mit einem Rippenbruch unter Beobachtung?“
    Überlegend biss sich Joy auf die Lippen und setzte mild an: „Manchmal brechen Rippen …“
    „-nach Innen“, vollendete er bestürzt. Er reckte seinen Hals und versuchte in die Zwinger, in denen sich vorwiegend kleinere Pokemon ausruhten, hineinzulugen, musste jedoch feststellen, dass er am Ordinationsraum nicht vorbeisehen konnte. „Nach Innen, in die Lunge“, murmelte er in der Hoffnung, dass Joy ihm doch noch widersprach.
    „Mein Team ist kompetent, auch hier sind keine Komplikationen aufgetreten. Dein Fukano schläft in einer Aufwachbox und eine meiner Assistenten ist bei ihm.“ Sie wandte sich an Kazuya. „Wie auch bei Ibitak. Wir empfehlen auch bei schwereren Verletzungen eine Entwicklung, wenn sie möglich ist und da sie in diesem Fall ausführbar ist, würden wir sie befürworten, sobald die Wunde Großteils verheilt ist. Damit können wir Langzeitfolgen ausschließen. Sie bleiben auf der Intensivstation.“ Eigentlich endete sie an dieser Stelle bereits, fügte jedoch rasch hinzu: „Nur zur Sicherheit, ihr versteht.“ Zu gleichen Teilen professionell wie mitfühlend, schien sie zu wissen, wie sie sich die Trainer fühlten. Doch den Schock konnte sie nicht von ihnen nehmen. Intensivstation. Was für ein schreckliches Wort.
    „Aber-“, setzte Taiki nochmals an.
    „Jungs!“, unterbrach sie schroff. Sie zeigte auf ihren Schreibtisch. „Dort liegt ein Pokeball eines kleinen Mädchens auf meinem Tisch.“ Mit einer klaren Kopfbewegung deutete sie ein blondes, vielleicht achtjähriges Mädchen mit seinen Eltern auf der anderen Seite des Warteraumes an, welches krampfhaft versuchte seine Tränen zurückzuhalten. „Ihr Wiesor hat Verbrennungen eines höheren Grades erlitten. Und die drei weiteren Pokebälle liegen nicht zur Dekoration da. Das Wiesor wird in dieser Nachtschicht noch meiner Obsorge unterliegen, um weitere Fälle kümmert sich mein Kollege. Vorhin noch haben wir einen Jungen zur Beobachtung hereinbekommen, da das nächste Krankenhaus von unserem Standpunkt aus viel zu weit entfernt ist.“
    Da anscheinend nichts geschehen war, verbat sich Kazuya ein schlechtes Gewissen.
    „Dann hatten wir wieder Beschwerden von Trainern, dass ihre Pokemon nicht behandelt werden, die nicht verstehen, dass Menschenwohl vorgeht. Also bitte Jungs, macht mir nicht auch noch Probleme. Es geht euren Pokemon wirklich gut.“ Ermattet fasste sie sich an die Schläfe und schloss die Augen. Vermutlich stand sie in den Anfängen ihrer Dreißiger und wirkte doch so erschöpft, als sei sie bereits vierzig. „Und ich brauch auch einmal einen Kaffee…“
    „Ich bring Ihnen welchen“, erklärte sich Taiki bereit, ließ sich den Weg zum nächstbesten Automaten erklären und kam nach wenigen Minuten mit zwei Bechern in der Hand zurück.
    „Danke“, erwiderte Joy kraftlos und empfing den Becher mit ausgestreckten Händen. „Lieb von dir.“
    „Gern geschehen – außerdem wollt‘ ich mir selbst auch was Gutes tun.“
    „Ganz viel Zucker?“, nuschelte sie.
    „In meinem schon.“ Er rang sich zu einem Lächeln durch, als sie ihn ermahnend den Blick von ihrem dampfenden Kaffee hob. „In Ihrem auch. Ich würd niemanden einen Kaffee ohne 'nen Berg Zucker antun.“
    „Sehr brav. Und jetzt geht auf euer Zimmer, husch.“ Joy wedelte mit der Hand und trieb sie davon.
    Zu gern hätte Kazuya Atmaca mit sich genommen, einfach nur, damit er sein Pokemon in seiner Nähe wissen konnte, auch wenn er sich in seinem Pokeball befand, doch die Schwester – oder Ärztin – ließ nicht mehr mit sich sprechen.


    Unwillig ließen sie sich von ihr bevormunden und trotteten die Treppen hinauf. Eigentlich hätte sich jeder jugendliche Trainer über jenes lichtdurchflutete, geräumige Zimmer freuen sollen. Stattdessen warfen sie lieblos ihre Taschen auf ein Bett und Taiki schaltete als Erstes seinen Laptop an. „Ich muss jetzt wirklich meine Eltern anrufen.“
    In einigen Schlucken leerte er den Kaffee hinab – als würde das Getränk irgendetwas an der Lage verbessern – und warf den Becher in den Mülleimer.
    Ein paar Mausklicks, ein Programm mit einem blauen Symbol und einem weißen ‚S‘ – Kazuya kannte sich dabei nicht so recht aus, Hauptsache er konnte sein Handy, Suchmaschinen und YouTube halbwegs bedienen, oder? „Nimm einfach dein Handy, wenn du deine Eltern anrufen willst“, lag ihm bereits auf der Zunge. Bevor er sich jedoch blamierte, blieb er lieber stumm.
    Ein Fenster ging am Monitor auf und wurde schon bald von einem flimmerenden Bild gefüllt. Taiki hängte sich ein Headset um und richtete das Mikrophon aus.
    „Tai, mein Schatz!“ Die Stimme seiner Mutter überschlug sich. „Ich hab gerade einen Beitrag gesehen, dass es im Steineichenwald gebrannt hat. Und ich hab dich angerufen, du bist aber nicht rangegangen. Geht es dir gut, ist dir etwas geschehen? Du bist doch nicht etwa heute durch den Steineichenwald gegangen, oder? Du wolltest, aber du bist doch nicht …? Sag mir, dass du dich schon länger in Dukatia aufhältst, ja?“
    Auf dem Bildschirm erschien das erst verwackelte Bild einer blonden Frau mittleren Alters, welche ihr Haar zu einem losen Zopf gebunden hatte und sich der Kamera entgegenlehnte. Ihr Gesicht war bereits von einzelnen, kleinen Falten durchzogen, welche verrieten, dass sie ihr Leben bereits zur Hälfte gelebt hatte. Es war ein gutmütiges, schlichtes Gesicht mit warmen, blauen Augen. An ihrem Hals war eine Kette mit einem kleinen, einfachen Kreuz zu erkennen. Sicherlich nicht besonders wertvoll, obwohl sich diese Frau bestimmt prunkvolle Schmuckstücke hätte leisten können. Sie wollte ihren Mitmenschen anscheinend nur zeigen, dass sie gläubig war, es ihnen aber nicht aufdrängen. An ihren Schultern erkannte er die Träger ihres Kleides, welches am Stoff bereits erkennen ließ, dass es wesentlich edler und teurer als die Kette war. Man sah ihr nicht an, dass auch sie ihr Architekturstudium mit Bravur abgeschlossen hatte, doch von zu Hause aus zeichnete - Kazuya hatte sie sich anders vorgestellt.
    „Ihr müsst Sinan und Ruri sein.“ Ein wenig abwesend.
    „Frau Miyamoto“, erwiderten die Jugendlichen anständig und nickten.
    Viel eher waren ihre Gedanken bei ihrem Sohn und ihren Sorgen, so beachtete sie seine Begleiter kaum und widmete sich ausschließlich ihm. Niemand konnte es ihr verübeln.
    „Sag mir, dass du schon länger in Dukatia bist!“, befahl sie ihrem Sohn resolut.
    „Bin ich aber nicht!“, rief er wie jemand, der endlich ein lang gehütetes Geheimnis aussprechen durfte und sich sogleich erleichtert fühlte – und mit verworrenen Geheimniskrämerein kannte sich Kazuya nur zu gut aus. „Aber du brauchst dir keine Sorgen machen, ich …“
    Das Gesicht seiner Mutter – Yuna hieß sie, soweit Kazuya wusste – wurde leichenblass. „Was …?“
    „… ich sitz doch hier und skyp‘ gerade mit dir. Also geht’s mir auch gut“, versuchte er sie zu beruhigen. Vergebens.
    „Wenn deine Mutter dich sieben Mal anruft, gehst du gefälligst an dein Telefon! Und das beim ersten Mal, von mir aus auch beim zweiten Mal. Allerspätestens beim Zweiten“, erklang eine männliche, bodenständige Stimme – und sie zankte ihn an.
    Yunas Blick wandte sich für einen Moment ab und rückte zur Seite an den Bildrand, um ihrem Mann und Sohn Platz zu machen. Sie flüsterte ihm etwas zu.
    „Wie bitte?“, fragte sein Vater ungläubig. Sein dunkelbraunes Haar war konventionell, wie für sein Alter angemessen geschnitten. Architekt. Daran erinnerte sich Kazuya als Erstes, als er den Mann erblickte. Eigentlich hätte ihm die Brille und der akkurat kurzgeschnittene Bart ein strenges Erscheinungsbild verleihen müssen, wäre da nicht ein überaus besorgter Ausdruck in seinen Augen gelegen.
    Augenblicklich verstand Kazuya weshalb sich Taiki zu Hause so geborgen und tief verankert fühlte. Er musste diese Menschen bloß ansehen, um sich erinnert zu fühlen.
    „Erzähl“, sagte sein Bruder freundschaftlich. Er sah ihm unverschämt ähnlich und doch komplett anders aus. Kazuya wusste nicht, woran dies lag. Vielleicht an Kohakus Haar- und Augenfarbe, welche um einige Nuancen heller war, eventuell auch an den blassen, aber trotzdem deutlich sichtbaren, Sommersprossen, jedoch sicherlich nicht an dem funkelnden Augen und an seiner Stimme, welche man in der Eile, wenn man nur mit halben Ohr hinhörte, mit seinem Bruder verwechseln konnte.
    Taiki umfasste das Kabel, welches von seinem Headset-Mikrophon wegführte und rollte es verspielt zwischen den Fingern. „Also … bitte regt euch nicht auf, ja? Mir ist nichts passiert.“ Als könnte er es selbst noch nicht glauben, lehnte er sich mit dem Ellbogen auf den Tisch und stützte seine Stirn. „Aber Fukano. Er ist grad in Behandlung. Er hat sich Rippen gebrochen. Und Sinans Ibitak ist auch … verletzt. Ich weiß nicht, wie das entstehen konnte. Ich weiß, dass sich Brände exponentiell ausbreiten. Und dass auch einfache Lagerfeuer oder nur Streichhölzer Brände verursachen. Ich weiß. Aber glauben kann ich’s nicht.“
    Erklärte er immer alles so wissenschaftlich, wenn er etwas nicht begreifen konnte?
    Die Augen seiner Mutter wurden verständnisvoll tröstend, ein Trost, der ihnen drein galt. Dann schüttelte sie bedächtig den Kopf. „Hauptsache, dir ist nichts geschehen. Oder eben euch. Für uns ist das, das Wichtigste.“
    „Aber Fukano!“, protestierte Taiki.
    „Fukano ist verletzt?“, hakte Kohaku ungläubig nach.
    „Von vorne?“ Taikis Blick suchte den seiner Freunde – bestimmt sah er seine Begleiter schon als Solche an und Kazuya wollte erwidern, irgendetwas Ähnliches war er eben –, um zu erfragen, ob es eine gute Idee wäre zu erzählen.
    Während Ruri ratlos mit den Schultern zuckte, bejahte er selbst nickend, schließlich durfte man seinen Eltern nichts verheimlichen. Das tat man einfach nicht. Auch dann nicht, wenn man von Team Rocket und einem Überfall erzählen musste und auch dann nicht, wenn man schweigen wollte, um ihnen Sorgen zu ersparen.
    Also erzählte Taiki langsam und wählte jedes Wort mit Vorsicht und Bedacht. An der Stelle mit der Pistole angelangt – Kazuya hörte weg und fixierte das Gesicht der Mutter –, wie ruhig er seine Stimme auch zu halten versuchte, schlug Yuna die Hände vor ihrem Mund zusammen und gab einen erstickten Laut von sich. „Mein armer Tai.“ Ihre Brust hob und senkte sich unter rasselnden Atemzügen, dann griff sie sich auf die Stelle ihres Herzens. Sämtliche Bemitleidungen bedachten ihren Sohn und zu Kazuyas Überraschung auch ihn und Ruri. Eigentlich hätten ihn solche Bekundungen innerlich mit den Augen rollen lassen, stattdessen überlegte er, wie er Yuna trösten konnte. Wenn die Freunde ihres Sohns nicht anwesend gewesen wären, mit Sicherheit hätte sie geweint. Das wusste Kazuya.
    „Mum, mir ist nichts passiert“, sagte Taiki beruhigend.
    „Ich hab euch, nicht nur dir, auch Ayu und Kohaku, doch gesagt, dass so eine Reise gefährlich ist.“ Um ihn nicht direkt ihrer Empörung auszusetzen, sah sie zur Seite. Vielleicht war ihr auch nur bewusst geworden, in welche Widersprüche sie sich verstrickte. Eine einstige, wenn auch nicht sehr erfolgreiche, Trainerin tadelte, dass eine Reise Gefahren barg?
    „Ihr hattet verdammt großes Glück“, stellte Kohaku fest. „Wenigstens habt ihr denen gezeigt, was eine Harke ist!“
    Sein Vater legte Yuna eine Hand auf die Wange. „Was euch wiederfahren ist, ist nicht schön. Aber wart ihr denn schon bei der Polizei? Ihr braucht diese Gerechtigkeit und dürft nicht zulassen, dass Team Rocket jede ihrer Taten ungestraft ausüben darf.“
    „Sicher, dass du nicht auch ein guter Anwalt wärst?“, neckte Taiki.
    Ruri schüttelte den Kopf. „Wir wollten nur ins Center, weil …“
    „…weil mein Ibitak angeschossen ist und wegen Fukano.“ Kazuya biss die Zähne aufeinander und dachte angewidert an Atmacas Blut an seinen Händen zurück.
    „Morgen oder übermorgen, wenn der Schock überwunden ist, müsst ihr eine Zeugenaussage bei der Polizei abgeben. Versprecht mir das.“
    Zuerst zuckte Taiki unsicher mit den Schultern, doch da sein Vater drängte, rang er sich zu einem Versprechen hindurch. Die geschicktesten Lügennetze spann sich Kazuya bereits aus. Er würde auch seine Freunde dazu bringen, zu erzählen, dass Team Rocket das Feuer gelegt hätte. Team Rocket konnte man für alles die Schuld in die Schuhe schieben, daher fand er auch keine Lücke in seiner Ausflucht.
    „Wie schlimm ist es?“, wandte sich Yuna an ihren Sohn und Kazuya.
    „Fukano hat, glaub ich schon, Schmerzen. Ich hätt‘ ihn gerne bei mir. Morgen darf ich ihn wieder abholen und dann muss ich ihn bald entwickeln.“
    „Ibitak hat nicht zu viel Blut verloren, ich hab ihn gleich zurückgeholt und er wird in einem Monat oder zwei etwa wieder anfangen dürfen zu fliegen. Also … laut Ärztin.“
    Yuna umfasste den Anhänger ihrer Kette und schloss die Augen. Vielleicht betete sie gedanklich oder dankte den Göttern. „Die guten Nachrichten überwiegen zum Glück den Schlechten. Ich war noch nie so froh wie heute, dass du so starke Pokemon wie Kabutops und Armaldo an deiner Seite hast.“ Etwas an ihrer Art vertrieb einen Teil der drückenden Stimmung.
    „Erzählt mal Ayu nichts davon. Sie macht sich im Moment sicher keine Sorgen, weil sie nicht weiß, dass ich jetzt schon nach Dukatia wollte.“
    Kazuya stellte fest, wie sehr es ihm gefiel, dass Taiki an seine dreizehnjährige Schwester dachte.
    „Und sie kommt erst in ein paar Tagen.“
    „Woher weißt du das denn?“
    „Facebook!“, antworteten die Brüder beinahe synchron und tauschten schelmische Blicke aus, die sie wohl nur untereinander verstanden.
    „Ich werd mich dann wohl auf die Ohren hauen.“ Er nahm das Headset und war schon im Inbegriff es zur Seite zu legen.
    „Schlaft gut und macht euch nicht so große Gedanken, ja?“ Nach einigen, lieben Worten wurde der Bildschirm schwarz.


    Doch anstatt zu schlafen, saßen sie den gesamten Abend auf einem Bett gedrängt – da hätten Erinnerungen an den gemeinsamen Filmabend aufkommen können, wenn die Situation nicht so bedrückend gewesen wäre –, sprachen wenig miteinander, sondern starrten in die klare Nachtluft und umklammerten die Bettdecke.
    Híme saß wie eine Sphinx auf dem Teppich, spitzte die Ohren und fixierte die Türe. Hätte man sie nicht atmen sehen, hätte man sie tatsächlich mit einer Statue verwechseln können. Alles in ihr war darauf getrimmt, ihren Kazuya zu beschützen.
    Niemand dachte daran seine Augen zu schließen, als könne Team Rocket jeden Moment das Zimmer stürmen und ihnen die Kehle aufschlitzen, sie erschießen, ein gefährliches Pokemon an den Hals hetzen. Als könne durch die geöffneten Fenster aus dem Nichts eine Feuerwalze hereinbrechen und sie ersticken oder verbrennen. Ihr aller Verstand gab diese Ängste der Lächerlichkeit preis und doch existierte eine versteckte Ecke in ihrem Geist, die noch immer in Panik verfallen war. Was sie am Nachmittag verdrängt hatten, kam nun hoch. Ein Fluchtinstinkt, der den Beinen, egal wie erschöpft sie waren und wie sehr sie schmerzten, befehlen wollte weiterzulaufen. Ein unangenehmes Kribbeln lag in ihnen. Alles an ihnen war unnatürlich rastlos und quirlig. Da er sich zur Ruhe zwingen wollte, spannte jeder seiner widerspenstigen Muskeln.
    Taiki, seine Hände zitterten noch leicht, lehnte sich in seiner halb sitzenden, halb liegenden Position zu Kazuya hinab, welcher es seinem Snobilikat gleichtat und jeden seiner Sinne ungewollt alarmbereit hielt. Kazuyas Muskeln jedoch entspannten sich, er streckte sich und atmete die frische Nachtluft ein. Als würde auch der primitive Fluchtinstinkt, welcher sich den gesamten Tag über gemeldet hatte, nun wissen, was sein Verstand schon längst wusste. Im Moment waren sie in Sicherheit und gewiss würde es auch so bleiben. Atmaca war gut bei Schwester Joy aufgehoben, Fukano ebenfalls – und wer überfiel ein Pokemoncenter?
    Da drückte er aus einem Impuls heraus Ruris Hand – vermutlich um ihr jenes ‚Wissen‘, zu dem sein Unterbewusstsein gelangt war, auch mitzuteilen –, die ihn schwach anlächelte.
    „Ich muss nach Fukano sehen“, sagte Taiki schließlich mit einem seltsam belegten Ton in seiner Stimme und richtete sich ein wenig steif auf. „Sonst mach ich die ganze Nacht kein Auge zu.“
    „Es ist elf, Joy wird damit keine Freude haben“, erwiderte Ruri.
    „Das kann ich verstehen.“ Kurz sah sich Taiki in den Spiegel und schien sich zu fragen, ob man in einer Jogginghose, allerdings einer solchen, die in ihrer Qualität viel besser, einfach teurer, erschien als andere, unten auftauchen könnte. „Aber ich muss!“
    Kazuya konnte es ihm nachfühlen. Zu gerne wäre er bei Ibitak geblieben, doch es hieß, dass sein Pokemon wohl noch einige Tage auf der Intensivstation bleiben würde. Intensivstation. Der Gedanke, dieses einzelne, schreckliche Wort, geisterte schon eine Stunde durch seine Gedanken.
    „Gute Nacht, wenn ihr dann nicht mehr wach seid. Soll ich auch nach Atmaca schauen?“ Ob sie wollten oder nicht, wurden sie von Taiki kurz gedrückt. Kazuya ertappte sich, wie er für den Moment die Arme um seinen Körper genoss. „Wenn du kannst.“
    „In Ordnung, mach ich.“ Für einen Moment schloss Taiki betrübt die Augen, dann nahm er den Schlüssel zu ihrem Zimmer und trat auf den Gang.
    „Ich geh in mein Bett rüber.“ Seine Löwin sprang auf sein Bett und rollte sich neben ihm zusammen, sowie es Flamara ihr gleichtat.
    „Ich hab Tai noch nie so niedergeschlagen gesehen. Natürlich kenn‘ ich ihn noch nicht lang, aber trotzdem“, stellte Ruri gepresst fest. „Er ist immer so glücklich, so … lebensfroh?“
    „Wundert’s?“
    Ruri sah ihn an, als wolle sie eine Feststellung treffen. Schließlich seufzte sie nur, stand auf und nahm die Fernbedienung. „Wir sollten uns ein bisschen ablenken, was?“


    „Ein flächendeckender Brand breitete sich über den Steineichenwald aus. Menschen blieben verschont, bloß zwei harmlose Fälle von einer Rauchgasvergiftung sind bekannt, doch wie viele der hiesigen Pokemon in Mitleidenschaft gezogen, darüber wird noch spekuliert. Löschflugzeuge und auf den Ernstfall trainierte, sogenannte ‚Wasserspeier‘ befinden sich am Einsatzort.“
    Der Fernseher zeigte die noch immer züngelnden Flammen, welche sich an den Bäumen entlangschlängelten. Löschflugzeuge tauchten am grauen Himmel auf – der Fernseher schien zu flimmern, dabei zeigte er nur den Flammen herabprasselnden Regen –, gefolgt von einem Schwarm Swaroness und Pelipper.
    „Ja, gut gemacht. Tolle Ablenkung“, murrte Sinan und klatschte spöttisch.
    „Kann ich denn Hellsehen? Ich weiß ja nicht, was kommt.“
    Dann schwenkte die Kamera zu einem Mann mittleren Alters, dem ein Mikrophon untergehalten wurde. Hinter ihm richtete eine Gruppe Turtok ihre Kanonen auf den rebellischen, letzten Brandherd und deckten ihn mit Wasserstrählen ein. Neben ihnen befanden sich Feuerwehrmänner und befehligten ihre Pokemon.
    „Wie konnte es dazu kommen!?“ Die Journalisten im Hosenanzug und dem streng zurückgebundenen Haar war Ruri etwas zu professionell, beinahe kalt.
    „Wir gehen zurzeit von Brandstiftung, gegebenfalls einem Unfall …“
    Ruri schaltete den Fernseher aus und die neugewonnene Stille zwang sie, sich mit dem Bericht zu beschäftigen. Die Nachrichten schienen sie bis in den Schlaf hinein zu verfolgen, niemand von ihnen kam zur Ruhe. Nein, sie wühlten das, was an Erinnerungen eben einige Stunden alt war, immer wieder auf. Wie schlimm musste es erst für Taiki sein, der sicherlich vom Leben nicht so sehr abgehärtet wurde wie seine beiden Begleiter? Momentan befand er sich noch im Behandlungsraum bei Fukano. Verständlich, doch ansonsten schotteten sich die Jugendlichen lieber von der Außenwelt ab und hofften, dass die reißerischen Meldungen bald ihr Ende finden würden. Die Blicke im Warteraum hatten ja bereits genügt. Wenn sie Sinan betrachtete, fühlte sie sich an all das Erlebte erinnert – und das Letzte, das sie benötigten, war die analytische und gespielt mitleidige Stimme der Nachrichtensprecherin. Dabei hätte die steife Tussi an ihrem Nachrichtenpult sein sollen, dann wüsste sie die Wahrheit! Von Team Rocket mit der Pistole hätte sie bedroht werden und anschließend wie ein gehetztes Tier laufen sollen, immer weiter laufen … und Ruri hatte den Commandanten gekannt. Zwar hatte sie ihn nie näher kennengelernt, doch die damals aufgefassten Gesprächsfetzen genügten, um sie für diesen Umstand dankbar sein zu lassen.
    „So Reporter haben keine Ahnung“, wandte sie sich um. „Also wir wissen, wie’s abgelaufen ist.“
    Sinan verzog das Gesicht. „Ja, wir hatten ‘ne Live-Show.“
    „Manche Shows sind echt scheiße, die gehören abgesetzt.“
    Damit entlockte sie ihm sogar ein kurzes Lachen. „Leben zum Beispiel.“ Híme spitzte die Ohren, kräuselte die Nase und entließ ein wütendes Fauchen. Wahrscheinlich war es gut, wie es war, wenn die Löwin ihm so manches verbot.
    Ruri zuckte für einen Augenblick zusammen. Natürlich, dass es ein bitteres, fast hilfloses, Lachen war, hätte sie selbst ahnen können. Sie hatte ihn nur aufbauen und eine dementsprechende Reaktion sehen wollen. „Du denkst doch nicht etwa an…“ Ohne diesen Satz zu vollenden, lief ihr bereits ein kalter Schauer hinab.
    „Nein“, erwiderte er fest und sicher, sodass jede Sorge um ihn von ihr abfiel. Snobilikat hob den Kopf und schleckte ihn mit ihrer großen Löwenzunge zufrieden über den Handrücken.
    Sinan sah überlegend in die Ferne und hielt auf seinem Schoß Koko, welcher es ihm gleichtat.
    „Hör einfach nicht hin, diese Berichte kannst du doch alle vergessen.“ Sie setzte sich neben ihn. „Und denk nicht dran, die haben wirklich alle keine Ahnung.“
    „Eh nicht, die können mich doch alle mal“, erwiderte er, dann richtete er sich an sein Flamara, welcher die Ohren anlegte und ebenfalls leicht apathisch wirkte. „Du hörst auch nicht, Koko!“ Bei ihm klangen manchmal auch gut gemeinte Worte wie ein Kommando. Dieses Mal sollte es vermutlich eines darstellen. Sinan verbot seinem Pokemon von einem schlechten Gewissen geplagt zu werden – und wahrscheinlich auch sich selbst.
    „Ibitak geht es ja schon besser“, versuchte sie ein mehr schlecht als recht geführtes Gespräch.
    „Besser ist nicht gut.“
    „Bald wird es das aber wieder sein. Du hast Joy auch gehört.“
    „Hör auf mit der Scheiße! Es geht auch um andere Dinge.“
    Weshalb ließ er sich an ihr aus? Die Nachrichten über „Brandstiftung“, leichte Fälle von Rauchgasvergiftung, in Mitleid gezogene Pokemon und schließlich das Bild ihres Ariados, welches den Kommandanten biss … glaubte er, das genügte ihr nicht? Sie saßen im selben Boot. „Ich kann ja wohl nichts ’für!“
    Sinan sah sie fest an, dann senkte sich seine Stimme. „Weiß ich nicht.“
    Fassungslos riss sie die Augen auf. Sie hatte schon einmal einen Freund verloren, ebenfalls ihren damals besten Freund. Glen, er war ihr wie ein Bruder gewesen und als sie von zu Hause ausgerissen war, war er nicht mit ihr gekommen und nun wollte sie sich selbst beweisen, dass sie dazugelernt hatte, dass man um eine Freundschaft wie diese kämpfen musste. „Willst du sagen, ich hab dich verraten?“ Sie biss die Zähne aufeinander und hoffte auf die richtige Antwort. Darauf, dass er ihr vertraute.
    „Das ist vorbei“, sagte er ruhig. „Aber ich glaub, dass du was weißt. Irgendwas. Was du nicht sollst. Vielleicht hast du irgendwas gehört oder so…“
    Energisch und zugleich erleichtert, dass er sie nicht beschuldigte, schüttelte sie den Kopf. Vor allem, da sie seine Vermutung nicht wahrhaben wollte. „Sicher nicht.“
    Da sah sie sich wieder, frisch in die schwarze Uniform eingekleidet, welche sie in der Öffentlichkeit momentan meist nicht trugen. Innerhalb des Stützpunktes sollte sie die Zusammengehörigkeit steigern. Sie hatte den Stützpunkt betreten, normale Räume vorgefunden und die Jugendlichen, welche zu den Tischen saßen, starrten sich betreten an, waren wohl auch Rekruten. Obwohl etwas in Ruri schon zu dieser Zeit geschrien hatte, sich schnellstmöglichst aus dem Schlamassel herauszuholen, in das sie sich hineingeritten hatte, fand etwas in ihr Gefallen daran. Der Reiz des Verbotenen – außerdem bekam man hier immer warme Mahlzeiten, ein Dach über den Kopf und so konnte sie ihr eigenes Leben beginnen, ja, mit beinahe dreizehn Jahren schon. Wenn man sich als nützlich und fleißig erwies, so würde man irgendwann sein eigenes Pokemon erhalten, manche sogar schon nach einem halben Jahr. Team Rocket war ihr wie eine Organisation Kleinkrimineller erschienen, welche ein Herz für obdachlose Jugendliche übrig hatte. Die Berichte der Spießer da draußen waren entweder übertrieben oder gefaked! Mit noch-zwölf und fast-dreizehn Jahren hatte sie nicht erkannt, wie naiv sie dachte und handelte und sie hatte geglaubt, sie müsse bloß rasch dazulernen – Kampfsport beherrschte sie ja bereits –, ihre moralischen Bedenken überwinden, um zu stehlen und dem Commandanten gehorchen. In ihrer Vorstellung führte man so ein gutes Leben bei Team Rocket, ein solches, in dem man bald sein erstes Pokemon erhielt.
    „Aber du hast den einen Typen gekannt“, protestierte ihr Freund. „Ich sag ja nicht, dass du etwas absichtlich getan hast. Ich will dir nichts anhängen. Du checkst das nicht!“
    „Keine Seitenhiebe mehr und so“, versicherte sie sich, obwohl sie bereits ein Gefühl der inneren Ruhe überkam, das so grotesk zu den letzten Stunden stand. „Sicher? Ganz?“
    „Ganz.“
    Da waren sie also an einen Punkt angelangt, an dem sie ihn mit Bestimmtheit als ihren besten Freund betiteln konnte und sie glaubte, dies würde nie wieder vergehen.
    „Also? Hast du den Kerl gekannt?“, umging er geschickt.
    „Ja.“ Wie sollte sie bestimmte Ereignisse erzählen, ohne es in einer Hasstriade seinerseits über Team Rocket enden zu lassen? „Selbst wenn man ganz neu kommt … also, jedes Mitglied kennt die hohen Tieren, also wenigstens vom Sehen. Die Vorstände, manche auch den Boss und den Sohn. Aber der Commandant hat mich nicht erkannt.“
    „Du weißt das?“, fragte er nur trocken.
    „Schon.“ Sie war drei Tage in dieser Basis gewesen und hatte es als furchteinflößend empfunden, jemanden entgegenzutreten, der eine andere Uniform als sie trug. Und damit höhergestellt war. Deswegen würde sie dieses Gesicht wohl nicht so schnell vergessen – doch die Vorstände vergaßen die Gesichter der Jugendlichen. Eventuell. Mit Bestimmtheit konnte sie dies nicht behaupten, aber sie wollte Sinan in Sicherheit wiegen. Zumindest war ihr nicht bewusst, dass sie geheime Pläne zu Ohr bekommen hätte. Solche besprach man doch nicht in der Nähe von Rekruten und selbst wenn … warum hatten sie Ruri nicht schon früher aufgespürt, als sie noch alleine und ohne ihre Pokemon gewesen war?
    „Ich hatte da noch meine Naturhaarfarbe. So ein langweiliges Dunkelblond-Hellbraun.“
    „Hm.“ Mehr kam also nicht? Doch sie spürte, dass ihm so vieles auf der Zunge lag, das gesagt werden wollte.
    „Glaubst du, das kommt nochmal vor?“, fragte sie ihn, um seine Sicht der Dinge zu hören. Eigentlich wollte sie nie wieder mit Team Rocket etwas zu tun haben.
    „Ich weiß nicht.“
    „Ich auch nicht, ich hoffe nicht.“ Ruri faltete die Hände in ihrem Schoß und starrte diese an.
    „Geht mir nicht anders.“
    „Glaubst du…“ Abermals spürte sie die unbändige Furcht in sich hochkriechen und im Nachhinein wusste sie nicht, wie sie es geschafft hatte, die Pistole in die Hand zu nehmen und einen Menschen zu bedrohen. Obwohl es ihr egal – oder sie glücklich, er war ein schlechter Mensch gewesen! – sein sollte, dass Ariados den Vorstand gebissen hatte, wollte sie kein Menschenleben auf dem Gewissen haben. Also redete sie auf sich ein, dass er es geschafft hätte. Er war ja schließlich nicht wehrlos und auch Zufälle sollten geschehen. „…der Mann ist tot? Den Ariados gebissen hat.“ Vielleicht sollte sie sogar stolz sein? Sie hatte Sinan, Taiki und sich beschützt.
    Sinan sah sie nur ratlos an, dann antwortete er behutsam. „Wir haben uns gewehrt, Ruri. Außerdem, hey, er war ein TR-Commandant. Mir tut er nicht leid.“
    Abermals Schweigen. So einfach wie er sich das vorstellte, konnte sie den Gedanken nicht verdrängen. Eventuell war er auch nur zu sehr mit seinen eigenen Dämonen beschäftigt und trotzdem versuchte er, sich um sie zu kümmern. Sieh an! Der kleine Egoist zeigte Mitgefühl und wollte sie aufbauen. Die liebevolle Stichelei behielt sie heute bei sich. Ob er nun wollte oder nicht, beugte sie sich vor und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich hab dich lieb.“ Genauso wie ihre Geste freundschaftlich-schwesterlich gewesen war, legte er ihr brüderlich einen Arm um die Schulter. Er erwiderte nicht, würd es auch nie, weil es nicht seiner Art entsprach. Sie wollte ihn auch nicht anders.
    Etwas ungeschickt setzte er erneut an. „Wenn’s dir lieber wär‘ abzukratzen, hätte Ariados ihn auch nicht beißen brauchen.“
    „Ich versteh‘ ja schon“, murmelte sie. „Ich weiß was. Wir lenken uns ab. Gehen wir Basketball spielen oder zum Wuzzler. Oder zocken. Oder fernsehen. Irgendwas.“
    „Was?“ Ablehnend, vielleicht auch ein wenig überheblich, zog er die Augenbrauen hoch. „Wie kannst du jetzt an Basketballspielen oder zocken denken?“ Wütend, von der einen auf die andere Sekunde kippte seine Stimmung, hob er die Hände zu einer Geste, die ihr bedeutete, dass sie bloß nicht mehr auf ihren Vorschlag bestehen sollte.
    „Zum Ablenken!“, verteidigte sie sich. „Oder reden wir über etwas. Smalltalk. Machen wir es einfach.“
    Zweifelnd sah er sie an, dann murrte er etwas Unverständlich. „Dann fang an. Reden ist okay.“
    „Erzähl mir etwas über dich. Hattest du zum Beispiel mal eine Clique? Du weißt schon … so ein Zusammenschluss von paar Straßenkindern- und Jugendlichen, die alle Scheiße erlebt haben?“, platzte es aus ihr nach einiger Zeit heraus. Der Gedanke war ihr in den Sinn gekommen und alles war besser, als zu schlafen. Auch Sinan schien dies zu wissen. Sie würden ja doch nur von Alpträumen gebeutelt werden und der Schlaf stellte beinahe denselben Schrecken wie das Feuer dar.
    Zuerst hatte sie ihn über Taiki ausquetschen wollen, dann ließ sie es sein. Das schaffte sicher keine lockere Atmosphäre. Wie sollte sie Sinan klarwerden lassen, dass er bestimmt ein netter, sympathischer, junger Mann war, das, was möglicherweise zwischen ihnen entstand, jedoch niemals halten könnte. Ruri hatte die Erfahrung gemacht, dass es unmöglich war arm zu sein, wie in seinem Fall sogar ein Straßenjunge, und jemanden zum Freund zu haben, der mit den teuersten Markenklamotten und positiveren Lebenserfahrung durch die Welt schritt, die sich von seinen gänzlich unterschieden. Zumindest von dem, was er erzählt hatte. Liebe Eltern, Geschwister, einen Haufen Freunde, ein Haus, Garten, Pool, ein Schiff, studierte auf einer Privatuni und war oft anwesend bei Geschäftsessen und Kongressen seines Vaters. Nichts davon hatte wie eine saubere Fassade gewirkt, die verbergen sollte, wie kaputt und bröselig seine Familie dahinter war. Ruri hätte so etwas erkannt, da sie eine solche gerne aufgebaut hatte. Und deswegen schwieg sie sich aus, wollte auch nicht erwähnen, wie ihre einstigen Freunde und sie ihn zu ihrer Schulzeit bezeichnet hätten. „Gestopftes Bonzenkind“ hätte Sinan als Bezeichnung für Taiki nicht gefallen.
    Und sie dachte an alles Mögliche, nur um nicht an den gebissenen Mann und Ariados denken zu müssen?
    Ruri erwartete eine Antwort und bekam längere Zeit keine. Verstohlen wanderte Sinans Blick zur halbgeöffneten Türe, als befürchte er, dass jederzeit Taiki hereinkommen und ihr Gespräch mit anhören konnte. „Mach sie zu.“
    „Mach sie selber zu“, empörte sich Ruri, da zeigte er nur auf Flamara, welcher auf seinem Schoß saß. Als müsse sie Verständnis dafür haben, dass sie ihn wegen eines Katers auf seinem Schoß bedienen müsste. Männer! Unwirsch beugte sie sich hinab und griff nach einem von Sinans schwarzen, schönen Turnschuhen – nicht zu lässig, nicht elegant, einfach nur normal und siehe da: neu – und warf ihn Richtung Tür. Mit einem Knall fiel diese ins Schloss. „Zu!“, triumphierte sie.
    Jener schnaubte. „Willst du, dass wer reinkommt und sich aufregt? Joy oder so? Ich wollte …“
    „Du wolltest, dass ich die Türe zumach.“ Mit einem selbstgefälligen Blick lehnte sie sich an die Wand hinter ihr.
    „Damit keiner zuhört!“
    Ihre eigene Überraschung über ihre Zickigkeit ergriff sie. Jetzt verstand sie ihren Freund. Sie atmete tief ein und versuchte die Anspannung allmählich von ihr abfallen zu lassen. „Jetzt hört keiner zu. Wir wollten normal miteinander reden. Ich hab dich was gefragt.“
    „Wie kommst man überhaupt auf so’ne Frage?“
    „Sowas ist mir wichtig, dass ich weiß, was früher bei dir alles so war.“ Überlegend sah sie ihn an. „Versteht man das?“
    „Ja, irgendwie schon. Hatt‘ ich auch. Eine normale Clique eben. Oder zwei“, setzte er friedfertiger an, vermutlich hoffte er, dass er auf diese Art ein vernünftiges Gespräch weiterführen konnte und Ruri wollte diesem eine Chance geben. „Die Ersten haben mich auf voller Linie ausgenutzt, ich musste weg von denen. Später bin ich zur Zweiten. Da hab ich mich eigentlich freiwillig ausnutzen lassen. Eigentlich hab ich gedacht, wenn ich für sie da wär‘, wären sie auch für mich da, aber nichts!“
    Die Grenzen zwischen Egoismus und Selbstlosigkeit waren anscheinend sehr verschwommen. Zählte mehr, dass Sinan für die anderen da war oder dass er sich einen Vorteil erhoffte? „Und? Würdest du mir helfen, auch wenn du nichts dafür kriegst?“, neckte sie ihn.
    Wenigstens überlegte er nicht lange. „Ja.“
    „Und irgendeinen Typen, den du nicht kennst?“
    „Bist du wo angerannt?“ Er bedachte sie mit einem Blick, als wollte er ihr mitteilen, dass sie den Verstand verloren hatte und fing sich einen spaßenden Hieb in die Seite ein. „Wo angerannt? Sehr charmant!“
    „Warte, warte. Wenn er fesch ist?“
    Ruri verdrehte die Augen und enthielt sich jeder Antwort.
    Dafür lächelte er nur wissend. „Was ist jetzt? Weiter im Text oder nicht?“
    „Weiter im Text“, bestätigte sie.
    „Ich hab einen Pokeball bekommen und die wollten nicht, dass ich gehe. Der Eine, Takeru, hat mir noch nachgerufen, dass ich ein Verräter bin.“
    „Wo war das?“
    „Anemonia. Da war ich ein paar Jahre lang, gleich nachdem ich von meinen Verwandten abgehauen bin. Zuerst war ich auf der Straße und dann hat mich eine alte Frau aufgegabelt. Ich hab ein Jahr bei ihr gewohnt … und dann ist sie gestorben. Sie hieß Cho und hatte einen Blumenladen.“
    Mitgerissen von der Sanftmut in seiner Stimme, die nun wirklich nicht oft zu hören war, rückte sie an ihn, sodass sie Schulter an Schulter saßen. „Warum bist du weggelaufen?“
    „Und warum fragst du immer mich aus! Erzähl doch selbst was.“
    „Eine Information nur gegen eine Andere, wie?“ Ruri biss sich auf die Lippen, denn im Grunde genommen hatte er ja Recht. Genauso wie er nicht gerne über all den Mist sprach, tat sie dies auch nicht – und die schönen Erlebnisse, die man zu erzählen hatte, schmerzten sogar noch mehr. „Wo soll ich anfangen?“
    Sinans Hand vollführte eine wegwerfende Bewegung. „Von vorne. Da fängt man an.“
    „Gut …“

  • Guten Tag.
    Ich schreibe Dir einen so ausführlichen Kommentar, dass Du Gewissensbisse bekommst und grausame Qualen erleidest.


    Ich werde also derjenige sein, der Dir nach Deinem neuesten Kapitel als Erster das nötige Lob und Tadel auf den Weg gibt. Kommentare zu einzelnen Kapiteln zu schreiben, ist auf Dauer äußerst angenehm, befinde ich, da man so immer weiter ins Detail geht, um dem Autoren Rückmeldung zu geben, was erfahrungsgemäß zu den sinnvollsten Arten der Kritik gehört, vor allem bei Personen, die zweifellos bereits schreiben können und als solche an ihrem Schreibstil nichts Exziplites zu verändern haben. Habe Dir ja bereits geschrieben, wieso ich zu allgemeine "Verbesserungs"-Vorschläge in solchen Fällen meide: da man dabei nichts anderes tut, als Autoren seinen individuellen Geschmack aufzudrücken.


    Bei "Care" besinnst Du Dich auf alte Starken, nämlich die Hauptprotagonisten aus "Diebesgut" und kehrst somit nach einem Streuausflug Richtung Soulsilver erneut in Dein klassisches Repertoire zurück. Nach dem großen Showdown gegen Team Rocket schreibst Du eines Deiner "Gefühle >> Handlung"-Kapitel, was an dieser Stelle auch vollkommen vergönnt sein mag, haben wir Spannung pur doch vor Kurzem bereits erlebt. Dieses Kapitel macht Platz für weitere Handlungsstränge, ohne sie direkt anzudeuten: und hier würde ich Dich lediglich auf die Option hinweisen, doch anzudeuten, was ungefähr im nächsten Kapitel geschehen wird. Doch Du läßt sie äußerst professionell unter den Tisch fallen: Dein "Cliffhanger" macht Gefühle statt Spannung und stimmt somit auf eine Fortsetzung im Innenleben der Protagonisten ein, welches bei Dir eine der Stärken Deiner Fanfiction stellt.


    Der Inhalt wird komplett von Deinem simplen Talent, recht einfache Szenen faszinierend gefühlsselig und detailverliebt zu beschreiben, ohne, dass das Gefühl aufkommt, die Handlung ziehe sich unnötig in die Länge. Äußerst realitätsnah fallen von Beginn an die Gefühle aus: Du bringst den Krankenhausaufenthalt mit mitleidigen Blicken in Verbindung, mit denen sich Außenstehende ergötzen, was Sinan (y u no Kazuya, Sinan?) als stolze Persönlichkeit offensichtlich nicht gefallen kann und schaffst somit einen Konflikt in einer Szene, in der es auch keinen geben könnte. Ebenfalls gut kommen die Eltern Taikis herüber; Du scheinst bestimmtes Wissen zu besitzen, was elterliche Reaktionen bei (terroristischer) Gefahr betrifft. Generell hätte ich von Beginn an abgeraten, Schwester Joys in eine Fanfiction dieses Niveaus einzubringen, da die Existenz identischer rosafarbener Schwestern die Medizin studiert haben in jeder Stadt der Weltkarte vorzufinden sind, doch einem Stilbruch nahekommt parallel mit einer Welt, in der Personen realitätsnah wie nie in der Pokémon-Welt wirken: Du bleibst in diesem Aspekt ungeschlagen; aus den Schwester Joys holst Du dann doch das Beste heraus.


    Apropos realitätsnah, Du scheinst eindeutig immer liberaler mit Aspekten unserer Geliebten neuen Welt umzugehen, so Facebook. Ich kann hier einfach nichts einwenden, da Du den Schritt in diese Richtung - elegant, wohlgemerkt - bereits vorgenommen hast und das Vorkommen von genau benannten sozialen Netzwerken eine unzweideutige Ansage in Richtung Moderne sind, die die Charaktere dem deutschen Leser höchstwahrscheinlich noch näher bringen. (Hier in meiner Tundra haben wir kein Facebook, sondern einen russischsprachigen Analog.) Wo Du dies getan hast, brauchst Du Dich vor praktisch keinem Realitätsbezug eigentlich noch zu fürchten, daher bleibt mir nichts übrig, als ergeben zu gratulieren. Willkommen in der Realen Welt, Kazuya & Co.


    Gehen wir zum angenehmsten Part über, nämlich dem Inhalt an sich. Hierbei war der Höhepunkt für mich zweifellos die Szene, in der Kazuya und Ruri ein wunderbar romantisches gaywöhnliches Gayspräch zwischen einem Schwulen und seiner besten Freundin haben. Wenngleich wir unsere Helden bereits unzählige Kapitel kennen, so erfreuen solche Gespräche doch weiterhin mit Herzlichkeit und neuen Hintergründen - es ist verständlich, dass traumatisierende Erlebnisse immer und immer wieder besprochen werden müssen, um die Erinnerungen im Zaum zu halten und dabei hilft es auch ungemein, wenn man eine Person an seiner Seite hat, die ähnliches durchlebt hat. Ebenfalls gelungen finde ich hierbei den angedeuteten Widerspruch zwischen Kazuya und Taiki, sprich, ihren Hintergründen. Tatsächlich ist es ein Konflikt, der selbst aufmerksamen Lesern nicht sofort auffällt, doch aber realiter bei Freundschaften ein Faktor ist: ob diese Differenz denn nicht zum Zerbersten der Gaymeradschaft führen könnte... Die Herzhaftigkeit des Dialoges zwischen meiner nun Lieblingsheldin Ruri (die einzige aus Kazuyas Gruppe, die nicht schwul ist, wohlgemerkt) und Sinan ist zweifellos wohlgelungen, lediglich anzumerken hätte ich: lass' den Leser mehr selbst zu Ende denken. Statt zu betonen, dass sie sich "brüderlich", beziehungsweise "schwesterlich" umarmen, könntest Du dies dem Leser durch Andeutungen klarwerden - oder eben nicht klarwerden lassen. Umso mehr in solchen Szenen der Offenheit überlassen wird, desto interessanter wirkt die Beziehung auf den Leser dann im weiteren Verlauf, da er nicht aufgekaut serviert bekommt, wie er welche Geste zu verstehen hat.


    KazuxRuri 4eva!!!


    Zusammenfassend ein für Dich klassisches Gefühlskapitel der Extraklasse, bei dem Du Dich darauf besinnst, was Du scheinbar von Natur aus einfach nicht falsch machen kannst. Bin weiterhin gespannt darauf, inwieweit geschmeidig Du den Zusammenlauf der Handlungsstränge Kazuyas und Silvers gestaltest.


    Man liest sich,
    TheLibertine.

  • Hi, Bastet


    dein neustes Kapitel hat mal wieder eine deiner großen Stärken hervorgehoben. Nach einer unglaublich nervenaufreibenden uns spannungsgeladenen Phase sind Gefühls- und Emotionsbezogene Handlungen nur eine logische Folge. Aber ich gleube bei niemandem sonst freue mich mich so sehr darauf, wie bei dir. DIe Atmosphäre im Pokémoncenter ist von Beginn an absolut glaubwürdig, richtig fesselnd. Wie jeder einzelne der Charaktere sich krampfhaft mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt und eine durchweg gedrückte Stimmung entsteht, gefällt mir wunderbar. Wie TheLibertine schon erwähnt hat, besitzt du ein großes Talent für solche Szenen. Das GEspräch zwischen Taiki und seiner Familie stellt da keine Außnahme dar. Schließlich wissen wir alle, wie Familien - vor allem Mütter - bei derartigen Botschaften ihrer Kinder reagieren (würden). Dennoch liest sich die Szene sehr unterhaltsam und bringt meiner Empfindung nach auch eine geringe Menge an Humor mit sich. Eben weil die Dialoge so vorhersehbar erscheinen und dennoch unterhaltsam sind, bin ich davon so eingenommen. Auch deinen Touch zur realen Welt hast du mit skype wieder nett eingebaut ;)


    Der anschließende Part mit Kazuya und Ruri ist einer, den ich schon lange herbeigesehnt habe. Denn er steuert endlich auf die genaue Erläuterung von Ruris Vergangenheit zu, die mich schon längst mal interessiert hätte. Damit könnte auch in ihrer Beziehung (die ja für den Moment noch freundschaftlicher Natur ist) eine neue Ebene der Emotionalität und des Vertrauens erreichen. Schließlich hab ich manchmal noch den Eindruck, dass es einige Dinge gibt, über die sie in Gegenwart des anderen nicht unbedingt sprechen wollen. Doch wer weiß, was noch alles passiert, wenn sie nun offener miteinander umgehen. Allerdings gefallen mir auch die vorangehenden Dialoge sehr gut. Deine Vorliebe für den "Straßenslang" ist hier so dutlich spürbar, wie selten zuvor. Doch dass du eben dies beibehälst, ist ebenfalls lobenswert. Ist ja nicht so, dass sie in ihren freien Minuten heimlich lernen würden. Das Einzige, was mir ein klein wenig suspekt vorkommt, ist wie sehr die der Waldbrand... man könnte fast sagen traumatisiert hat. Natürlich ist sowas eine erschreckende Erfahrung und schließlich sind sie noch Kinder. Aber man könnte glatt den Eindruck bekommen, sie hätte in ihrem bisherigen Leben keine schlimmen Erfahrungen machen müssen. Lediglich Taiki wäre somit von dieser Anregung meinerseits ausgenommen. Ruri und Kazuya allerdings sollten Gefahren und sogar Tod mehr oder weniger gewohnt sein.


    Ein sehr schönes Kapi und ich freue mich auf das nächste. Bis dahin...
    LG, Pheno

  • Danke ihr beiden. ^^ Bevor ich offgehe, möchte ich hier auch noch antworten.
    Ich antworte euch mal gemeinsam, da ihr ziemlich ähnliche Dinge geschrieben habt. ^^


    Mich hat besonders das Lob gefreut, dass ich Gefühle gut beschreiben kann und das eigentlich eine meiner großen Stärken ist. Wenn ich das so sagen kann, das hab' ich auch so in etwa geahnt. Gefühlsbeschreibungen und Dialoge gehen mir sehr locker von der Hand. Auch Kämpfe, aber besonders eben gut Gefühle. Hm und Taikis Eltern, vor allem seine Mutter - also wer kennt sie nicht, die besorgten Mütter? X)


    Und irgendwie dachte ich, es würde sich für euch ziehen, wenn in diesem Kapitel eigentlich ... ja nichts passiert. Aber ich wollte es eben unbedingt schreiben, eben um sie zu Ruhe kommen zu lassen und eben, weil es mich in den Fingern gejuckt hat. Was für eine Begründung, was? XD


    Eigentlich hab ich der Welt nicht absichtlich diese moderne Atmosphäre verliehen. Sie hat es einfach gebraucht und dann hab ich es hineingeschrieben, eben, als wäre es selbstverständlich. ^^


    Zitat von TheLibertine

    Generell hätte ich von Beginn an abgeraten, Schwester Joys in eine Fanfiction dieses Niveaus einzubringen, da die Existenz identischer rosafarbener Schwestern die Medizin studiert haben in jeder Stadt der Weltkarte vorzufinden sind, doch einem Stilbruch nahekommt parallel mit einer Welt, in der Personen realitätsnah wie nie in der Pokémon-Welt wirken: Du bleibst in diesem Aspekt ungeschlagen; aus den Schwester Joys holst Du dann doch das Beste heraus.


    Sie sind nicht identisch. Die Schwester in Azalea hat auch erwähnt, dass sie sich die Haare rosa färben, das ist ein Gag der Center. ^^ ... oder ein Versuch von mir, irgendwie die Pokemonwelt zu erklären ^^".


    Zitat von TheLibertine

    Gehen wir zum angenehmsten Part über, nämlich dem Inhalt an sich. Hierbei war der Höhepunkt für mich zweifellos die Szene, in der Kazuya und Ruri ein wunderbar romantisches gaywöhnliches Gayspräch zwischen einem Schwulen und seiner besten Freundin haben.


    Haha, hier musste ich echt lachen. ^^
    Und ja, streich Kazu x Ruri ruhig durch! Wir wissen alle, dass Kazu schwul ist und Ruri eingesehen hat, dass sie sich keine Hoffnungen zu machen braucht =P


    Zitat

    lass' den Leser mehr selbst zu Ende denken. Statt zu betonen, dass sie sich "brüderlich", beziehungsweise "schwesterlich" umarmen, könntest Du dies dem Leser durch Andeutungen klarwerden - oder eben nicht klarwerden lassen. Umso mehr in solchen Szenen der Offenheit überlassen wird, desto interessanter wirkt die Beziehung auf den Leser dann im weiteren Verlauf, da er nicht aufgekaut serviert bekommt, wie er welche Geste zu verstehen hat.


    Das stimmt allerdings, darauf werd ich in Zukunft versuchen zu achten. aber dann sieht man ja, dass du trotz der "Vorsicht, keine Romance"-Hinweise shippst =P


    Zitat von Phenomenon

    Der anschließende Part mit Kazuya und Ruri ist einer, den ich schon lange herbeigesehnt habe. Denn er steuert endlich auf die genaue Erläuterung von Ruris Vergangenheit zu, die mich schon längst mal interessiert hätte.


    Stimmt, das hätte früher kommen können irgendwie ...


    Zitat von Phenomenon

    Deine Vorliebe für den "Straßenslang" ist hier so dutlich spürbar, wie selten zuvor.


    Naja, Vorliebe... Sie sprechen wie zwei Vierzehnjährige sprechen. ^^


    Zitat von Phenomenon

    Das Einzige, was mir ein klein wenig suspekt vorkommt, ist wie sehr die der Waldbrand... man könnte fast sagen traumatisiert hat. Natürlich ist sowas eine erschreckende Erfahrung und schließlich sind sie noch Kinder. Aber man könnte glatt den Eindruck bekommen, sie hätte in ihrem bisherigen Leben keine schlimmen Erfahrungen machen müssen. Lediglich Taiki wäre somit von dieser Anregung meinerseits ausgenommen. Ruri und Kazuya allerdings sollten Gefahren und sogar Tod mehr oder weniger gewohnt sein.


    Eigentlich weniger der Waldbrand ... wenn sie einfach so hineingeraten wären, also in einen Brand, hätten sie es nach einem Schock wohl nicht mehr so tragisch genommen.
    Kazu geht es um die Pistole, dass er wieder ein "Flashback" hatte und zurückgeworfen wurde und sein verletztes Ibitak, vielleicht auch ein wenig um Schuld.
    Ruri ist zwar sicher auch schon einigermaßen abgehärtet, aber Schuld möchte sie nicht daran sein, dass jemand wegen ihr vielleicht gestorben ist, obwohl sie das ja nicht einmal richtig weiß und obwohl er bei Team Rocket war, sie möchte es trotzdem nicht.


  • Ruri Special: Don't wanna be like Cinderella - Part 1


    [Blockierte Grafik: http://i1152.photobucket.com/albums/p493/xBastetx/mandy-reinmuth-kungfu-girls-9682_zps8802d73b.jpg]


    Ruri lag in ihrem Bett und zog die Decke über ihren Kopf. Das Kissen hatte sie schon an ihre Ohren gedrückt und trotzdem drangen die Schreie zu ihr durch. Wie zwei wilde Bestien gingen ihre Eltern schon wieder aufeinander los. Irgendwer, vermutlich ihr Vater, schlug gegen die Holztür und schrie, als ob er am liebsten ihre Mutter geschlagen hätte und nicht das Holz. „Hast du undankbares Ding vergessen, was ich alles für euch getan habe?“
    „Was denn? Du bist nie da, verdammt!“, schrie ihre Mutter hysterisch. Ihre ohnehin sehr helle Stimme wurde schrill.
    „Weil ich arbeite. Ich arbeite!“
    Ruri sah ihn vor ihrem inneren Auge. Sie hatte ja schon oft genug miterlebt, wie sie stritten. Dann trat an seiner Schläfe eine hässliche Ader heraus, sein Kopf wurde rot und ließ ihn gefährlich aussehen. So kannte sie ihn sonst nicht.
    Ihre Mutter formte ihre schlanken, schön gepflegten Finger zu Krallen, als wolle sie ihm die Augen auskratzen. Und es hätte sie nicht gewundert, wenn es bald dazu gekommen wäre.
    Schlafen konnte Ruri nicht, also wartete sie regungslos, Decke und Kissen über dem Kopf, eine andere Decke fest umschlungen, bis es endlich vorbeigehen würde. Das konnte noch dauern, das wusste sie. Am Anfang hatte sie nächtelang geweint und ihre Eltern immerzu gebeten, dass sie sich vertragen mögen. Dann hatte sie geglaubt, dass sie daran Schuld sei – schließlich ging es schlussendlich immer um sie. Mittlerweile wartete sie einfach ab.
    „Von sieben in der Früh bis halbzehn am Abend, ja?“, höhnte ihre Mutter. „Ich arbeite auch und kümmere mich um meine Tochter.“
    „Arbeiten?“, wertete ihr Vater wiederrum herab. „Kochen, putzen und im Büro ein paar Zetteln schlichten und telefonieren. Das ist doch lächerlich.“
    Ihre Mutter ließ einen Wutschrei los.
    Ruri reichte es, das hatte es schon oft und schon oft war sie eingeschritten, wie eine Kindergärtnerin, die den Streit zwischen zwei Kindern beendete. Wie armselig und lächerlich, wenn man bedachte, dass sie die Zwölfjährige war und ihre Eltern erwachsen, eben ihre Eltern, die sich durchsetzen mussten, ihr sagen sollten, was richtig war und was falsch, die sie lieben und bemuttern, die mit ihr streiten und Grenzen austesten mussten. Dazu waren sie unfähig und Ruri fragte sich, womit sie sich ihre Eltern verdient hatte. Sie liebte sie, aber noch öfter hasste sie beide.
    Entschlossen ging sie aus dem Zimmer, knallte die Türe, damit ihre Eltern aus der Fassung gerieten und stellte sich selbstbewusst ins Wohnzimmer. Schön eingerichtet, wie das gesamte Haus, stets sehr modern und wie aus einem Katalog entnommen. Für die Freunde, Bekannten und Nachbarn, vor deren Augen man die perfekte Familie mimen musste. Außen hui und Innen pfui.
    „Es ist Viertel vor Zwölf! Geh ins Bett!“, wies ihre Mutter an. Ihr hellblondes Haar war unfrisiert, ihr sonst ausdrucksstarkes Gesicht fahl und müde.
    „Ich würd ja echt gern‘ schlafen. Haltet euren Mund, dann würd‘ ich auch schlafen. Wie wär’s damit!?“
    „So redest du nicht mit deinen Eltern!“ Noch im Anzug stand ihr Vater vor ihr und eigentlich war er eine schmächtige Erscheinung, die nur wusste, wie man sich aufbauen und größer machen konnte. Ruri und ihre Mutter wussten beide, dass er nicht bis spät am Abend auf der Arbeit sein konnte. Das konnte kein Mensch aushalten, Tag für Tag.
    „Papa, ich will einfach schlafen. Morgen hab ich Schule.“
    Ihr Vater lächelte einseitig. „Ja, wenn du hingehst, dann schon.“
    Ruri schnürte es die Kehle zu. Wie konnte er wissen, dass …
    „Miss, das wird noch Konsequenzen nach sich ziehen. Und jetzt geh!“
    Widerwillig folgte sie ihrer Mutter und schlurfte in ihr Zimmer zurück, in ihr verdammtes Zimmer, eigentlich wäre sie ohnehin lieber anderswo gewesen. Egal wo. Dafür war es nun wenigstens still.


    Natürlich zog ihr Schwänzen keine Konsequenzen nach sich. Konsequenzen hatte es keine mehr gegeben, nachdem der Rosenkrieg eröffnet worden war. Sie waren ja, wie immer, zu sehr damit beschäftigt zu streiten, sich Vorwürfe an den Kopf zu werfen.
    Trotzdem packte sie in der Früh artig ihre Sachen und verschwand aus der Wohnung, auch nur ein Wort gesagt und gehört zu haben, denn ihr Vater war auf der Arbeit – oder sonst wo – und ihre Mutter schlief tief und fest. Schließlich hatte sie es besser als Ruri, musste erst um zehn Uhr im Büro erscheinen, ließ sich dort von Papierkram, Bürostaub und dem üblichen Weibergetratsche während der Arbeit eindecken und kam um fünf Uhr bereits wieder nach Hause. Seitdem die Streitigkeiten begonnen hatten, taten sie alle nur mehr das Nötigste, wenn das Nötigste überhaupt erledigt wurde.
    Ein letzter Blick im Spiegel ließ sie zweifeln, ob ihr überhaupt gefiel, was sie sah. Das langweilige, durchschnitts-blonde oder brünette – Ruri hasste ihre unbestimmbare Farbe – Haar war lang, so wie es ihre Mutter gewollt hatte, ihre Kleidung hatte sie sich selbst ausgesucht, an dem Tag, als sie mit Freunden die Schule geschwänzt und ihre Ersparnisse geopfert hatte. Dann hatte sie die „Klein-Mädchen-Kleider“, die ihre Mutter so bezaubernd fand, zum Altkleidungscontainer gebracht – so konnte sie sie nicht zwingen ihre neuen Klamotten wieder zurückzubringen – und lief seitdem mit zerrissenen, angesagten Jeans durch die Gegend. Nur ihre Haare wollte sie vorerst so belassen. Sonst flippte ihre Mutter noch komplett aus. Im Nachhinein konnte Ruri sie sogar verstehen. Und eigentlich hätte sie diese Kleidung auch in die Schule anziehen wollen. Stattdessen bestand strengste Uniformpflicht, in der sie erst recht wieder in das „Süße-Mädchen-Schema“ gepresst wurde. Der Rock war knielang, mit Rüschen gespickt und die große Schlaufe des Oberteils ließ sie doch lachhaft erscheinen. Beides war in einem unauffälligen Dunkelgrün gehalten, dazu weiße Strümpfe. Jeden Morgen, nachdem sie sich im Spiegel gesehen hatte, wollte sie sich die Schuluniform vom Leib und in Fetzen reißen.
    Ruri überprüfte noch, ob ihre Straßenklamotten gut aussahen, bevor sie diese zu der Jogginghose in die Sporttasche stopfte und dann zur Schuluniform wechselte. Sie hatte sich schon vieles erlaubt, aber in zerrissenen Jeans an der Schule anzutanzen, das traute selbst sie sich nicht. Bevor sie ins Kino gingen, würde sie sich alle in der Umkleide noch umziehen. Das taten sie immer. Ihre Freunde und sie legten keinen großen Wert darauf ihre Schule zu repräsentieren – und vermutlich wollte ihre Schule auch gar nicht von ihr repräsentiert werden. Von Ruri Kimura doch nicht. Wohl viel eher von einem dieser langweiligen Strebertypen, bei denen sich wunderte, dass sie nicht allesamt schon verstaubt waren, so viel Zeit, wie sie hinter den alten Büchern zubrachten. Ganz im Gegensatz zu den Anderen, die „Coolen“ aus der Klasse. Die Arroganten, immer Perfekten. Ihre heile Ponitahofwelt rieben sie sich immer gegenseitig unter die Nase, waren so „mainstream“, so gleich.
    Lustlos machte sie sich auf den nicht allzu langen Weg. Gleich in der ersten Stunde würde sie ihrem verdammten Lateinlehrer begegnen, gefolgt von ebenso von der gesamten Klasse verhassten Fächern und Lehrern. Nur in der letzten Stunde, da würden sie ihre Lieblingslehrerin begrüßen, eine herzliche und gute Frau, welche die Zwölfjährigen langsam an die Biologie heranführte, ein spannendes Thema, das sie einst als Medizinerin brauchen würde. Schule war beschissen, schoss es durch ihre Gedanken und wäre nicht der Traum vorhanden gewesen Medizin zu studieren, wäre sie von zu Hause weg, hätte wohl ein Abenteuer erlebt und sich auch an der Schule nicht mehr blicken lassen. Als kleines Mädchen hatte sie jede freie Minute Battle-TV geschaut, war regelrecht an der Mattscheibe geklebt. Wie naiv! Außerdem waren ihre Eltern Spießer, die keine großen Stücke auf Pokemon setzten und schon gar nicht auf Trainer. Landstreicher wären sie, Nichtsnutze, genauso wie Künstler, sollten etwas Ordentlich aus ihrem Leben machen und aus diesem Grund kamen ihnen keine Pokemon ins Haus, damit Ruri ja nie auf die Idee käme ein Nichtsnutz und ein Landstreicher zu werden. Ruri hatte es mit Argumenten versucht, doch ihre Eltern waren so dickköpfig wie sie selbst. Sie hatte erzählt, dass viele mit vierzehn ihre Reise starteten und ihren Abschluss in einem Fernkurs belegten – mit Auszeichnung. Dann schrieben sie sich an der Uni ein und bestanden diese ebenso in Fernkursen. Wenn sie mit zwanzig genug vom Kämpfen und Trainieren hatten, suchten sie nach einer anderen Aufgabe. All das hatte ihre Eltern nicht interessiert, diese Spießer. Ruri wollte nie so sein, wie sie es waren. Scheiß Bürojob, miese Ehe, eine langweilige Jugend, nie etwas Bedeutungsvolles erlebt.


    Neben ihr äffte ihr Sitznachbar in der Pause die ohrenbetäubende Stimme der Lehrerin nach und brachte sie zum Lachen.
    „Gehst du heute mit?“, fragte sie. „Ins Kino.“
    „Jep. Sitzen wir unsere Zeit noch ab.“ Sehnsüchtig drehte Glen seinen Pokeball in der Hand. Sie durften nur die Bälle mitbringen, sie aber nicht öffnen. Das war strengstens untersagt. „In zwei Jahren bin ich dann auf Reise“, schwärmte er, der als Kind aus Engerna, einer der Sevii-Inseln, hierhergekommen war, fast jeden Tag in seinem seltsam rollenden Akzent. Wenigstens lernte sie von ihm Englisch, er von ihr Japanisch. Er hatte die erste Klasse in Johto wiederholen müssen, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern und so waren sie in derselben Klasse gelandet. „Meine Eltern sparen schon. Gestern war mein Dad auf der Bank und er sagt, dass es genug ist, um meine Reise und den Kurs zu finanzieren.“
    „Freut mich.“ Eigentlich sollte es so klingen, als wäre sie tatsächlich erfreut.
    „Tut es nicht.“
    Wütend sah sie den Jungen an, neben dem sie schon ihre gesamte Grundschulzeit saß und fast jede freie Minute verbrachte. Er war wie der Bruder, der ihr nie geschenkt worden war – und manchmal genauso nervtötend. Sogar denselben Karatekurs besuchten sie, seitdem sie beide sieben Jahre alt gewesen waren.
    „Was denn? Sei doch nicht genervt, nur weil ich es weiß, dass es dich nicht freut. Sei lieber froh, dass ich dich so gut kenn‘.“
    Ruri schwieg.
    „Ihr Mädels sagt über uns Jungs, dass wir nicht … wie? Genau, dass wir nicht einfühlsam genug sind. Und wenn ich weiß, was du denkst, passt’s auch nicht.“
    „Von unseren Freunden. Unseren festen Freunden“, verbesserte Ruri ihn.
    „Versuch doch deine Eltern zu überreden, dass…“
    „Versuch’s du doch mal!“, giftete sie ihn an.
    „Ist ja gut. Wär nur schön, wenn wir zusammen gehen könnten. Naja, du packst das sicher irgendwie.“
    „Hm.“ Nur ein Murren, denn sie beide wussten, dass Glen sie bloß aufmuntern wollte.


    Wie sich in den nächsten Wochen herausstellte, hätte sie genauso gut auf Reise gehen können, ihre Eltern hätten es vermutlich in den ersten Tagen nichtmal bemerkt. Ihnen war es schließlich auch egal, wenn eine Zwölfjährige um zehn Uhr abends heimkam. Nein, wenn sie die Tür aufschloss, war es seltsam still. Ihre Mutter saß nach der Arbeit in sich zusammengesunken auf der Couch und zappte sich sinnlos durch das Abendprogramm. Auch die Wohnung sah nicht mehr so tadellos wie früher aus. Zuerst fing es mit Kleinigkeiten an. Ihre überordentliche Mutter schmiss die Kissen in das Eck der Couch, ohne wie früher darauf zu achten, dass es dekorativ und schön aussah. „Ich hab heute meinen violetten Gürtel be...!“, fing sie an und empfing seelenlose Blicke ihrer Mutter.
    „Sehr schön“, erwiderte diese beinahe mechanisch. „Du machst das gut.“ Natürlich dachte sie das nicht. Schon einige Male hatte ihre Mutter Worte gewusst, mit denen sie Ruri einen Seitenhieb versetzen konnte, die ihr zu verstehen geben sollten, dass ein Mädchen keinen Kampfsport ausüben und keinen Fußball spielen sollten. Und Ruri mochte beides, nicht nur zum Trotz. Ihr halbes Leben bestand daraus.
    „Wo ist Papa?“ Ruri ließ ihre Schul- und Sporttasche geräuschvoll fallen und legte ein tiefes Knurren in ihre Stimme.
    „Ruri, weißt du … Ehen halten nicht immer ein Leben lang. Sie können, aber sie müssen nicht.“
    „Ich hab dich was gefragt!“ Mit beiden Beinen fest am Boden und zornesfunkelnden Augen erwartete sie eine Antwort.
    „Wir haben uns gestritten, er schläft heute bei einem Arbeitskollegen. Aber das wird …“
    „Aber das wird nie wieder!“, schrie Ruri aus Leibeskräften. Ihre Stimme war etwas dunkel, gegensätzlich zu ihrer Mutter, doch wenn sie lauter wurde, war auch ihre besonders hell. „Ihr braucht mich nicht für das dumme, zwölfjährige Mädchen zu halten! Ich weiß, dass ihr die Scheidung vor drei Monaten eingereicht habt. Nur weil ich erst zwölf bin, bin ich nicht auf den Kopf gefallen!“
    Das Antlitz ihrer Mutter wurde zu einer schreckensverzerrten Grimasse. So als habe sie eben einen Toten gesehen.
    Wie es in dieser Familie so üblich war, ging Ruri, wenn es ihr genügte und verschwand in ihrem Zimmer. Sofort kam ihre Mutter hinterher, klopfte an und wurde ignoriert. Da hatte Ruri schon längst den Schlüssel im Schloss umgedreht. Sie wollte keine tröstenden Worte hören und hatte von alledem genug. Wie verrückt, eine Tochter, die sich die Scheidung ihrer Eltern herbeisehnte. Darüber hatte sie erst kürzlich mit Glen gestritten, der ihr mit Unverständnis begegnete, obwohl sie ihm erklärt hatte, dass der Schrecken dann sein Ende nehmen würde.
    „Ich kenne das“, hatte Glen nach dem Streit niedergeschlagen erwähnt und Ruri glaubte seine Hände zittern zu sehen. „Danach werden sie noch schlimmer. Vor der Scheidung schenken sie dir tolle Sachen, dann geben sie beim Richter damit an. Und wenn der Scheiß vorbei ist, musst du noch ein paar Mal vor Gericht wegen dem Sorgerecht oder so. Und wenn sie‘s beide schaffen, hast du zwei Wohnungen, zwei Zimmer. Und du weißt nie, ob du dein Mathebuch bei Mama oder Papa gelassen hast. Wenn’s dann einem alles über’n Kopf wächst, wandert er mit dir einfach aus.“
    „Das weißte noch?“, hatte sie gefragt. „Du warst sechs, oder?“ Jemand anderes hätte ihm dies nicht zugetraut. Schließlich war er der Junge mit den großen Augen, dem braunen Wuschelhaar und den coolen Klamotten, der immer am lautesten lachte und mit seinem Panflam und Freunden zusammen den meisten Unsinn anstellte. Sie schon, sie hatte ihm diese Gedanken zugetraut. Erwachsene hielten Zwölfjährige für dumm, als wären sie nicht zurechnungsfähig. So kam es ihr zumindest vor.
    Gedankenvoll hatte er genickt. „Ja. Da war ich schon sechs.“
    Ruri ließ sich die Worte durch den Kopf gehen, bis sie ihr beinahe Panik bereiteten und sie nach ihrem MP3-Player greifen ließen. Trotzdem überschattete Glens Stimme die Musik, so laut und rockig sie auch sein mochte.
    Bevor sie einschlief, sah sie sich die Gürtel an ihrer Wand an. Als sie den gelben Gürtel, nach ihrer ersten Prüfung, erhalten hatte, waren sie in ein schickes Restaurant essen gegangen – obwohl ihrer Mutter der Sport nie recht gewesen war, aber zu ihrer Freude hatte man es getan. Bei ihrem orangefarbenen Gürtel waren sie in einem Vergnügungspark gewesen. Ruri spürte noch den Wind in ihren Haaren, als die Achterbahn hinuntergeschnellt war. Danach hatte sich nur mehr Glen für sie gefreut.


    Glen konnte Hellsehen, das musste sie zwei Monate später schmerzlich feststellen. Natürlich konnte er es nicht, aber anscheinend kannte er die Menschen besser, als sie es tat.
    Plötzlich wurden ihre Eltern zu Glucken, fragten tausende Fragen über die Schule, ihre Freunde und den Karateverein, obwohl sie davor alles eher aus Pflicht, als aus Interesse, getan hatten. Nachdem ihnen bewusst geworden war, dass die Sorgerechtsfrage bald vor der Tür stehen und Ruri vor Gericht befragt werden würde – so hatte es Glen erzählt –, bekam sie Geschenke und das nicht zu knapp. Als wollten sie einander übertrumpfen. Jetzt unternahmen sie Ausflüge. Konnte ihnen nicht vorher bewusst werden, dass sie die Tochter nicht verlieren sollten? „Es tut uns leid, wie wir uns jahrelang verhalten haben“, hatten sie ihr verkündet – und Ruri glaubte ihnen ja, aber das entschuldigte keine schlaflosen Nächte mit Tränen und Zukunftsängsten. Und dies hielt sie ihren Eltern vor.
    „Glaubst du, wir wollten, dass alles so kommt? Glaubst du, als wir geheiratet haben, wollten wir, dass unsere Ehe ein solches Ende nimmt?“, schlug ihr Vater ernste Töne ein, bei denen sie erstmal still war.
    Nur für einen Moment. „Andere Eltern lassen sich auch scheiden.“ Ihre Stimme war anklagend, zu Recht. Das wollte sie nicht verbergen. „Und die gehen nicht wie wilde Bestien aufeinander los! Zuerst einmal in der Woche, dann öfter und öf …“ Da brach ihre Stimme und ließ sie weinen.
    „Schatz.“ Fürsorglich nahm ihr Vater sie in den Arm, doch schon bald brach sie aus der Umarmung aus und schlug ihm wütend gegen die Brust. Nicht so fest, wie sie bei Karateturnieren zuschlug, doch es genügte.
    Ihr Vater sagte nichts und sah sie schuldbewusst an.
    Da sie die tröstenden – und so falsch erscheinenden – Worte ihrer Eltern nicht mehr hören konnte, flüchtete sie sich an diesem Abend zu Glen. Sie folgten ihr nicht, schließlich wusste sie, wohin es sie zog. Cohan, sein Vater, überschüttete sie mit Verständnis und Mitleid, welches sie abwehrte. Er brauchte keine fremden Scheidungskinder zu bemitleiden, wenn er seinem Sohn das Selbe angetan hatte. Also verkroch sie sich in Glens Zimmer. Aus dem Abend wurde ein Wochenende, welches sie mit Videospielen und Sport verbrachten. Freitagabend Videospiele, an den freien Tagen darauf Karatetraining, Fußball, Basketball, sein Vater und er nahmen sie gar zum Bowling mit, nur um sie für zweieinhalb Tage abzulenken.


    Länger hielt es nicht an. Wie auch? Wochen später begann der Prozess und damit die Hölle. Ruri war stark, wie immer, und ließ sich weder vor dem Richter, noch vor beiden Anwälten ihrer Eltern, noch vor ihnen selbst etwas anmerken. Vor der Verhandlung hatte sie noch lang und ausgiebig mit Glen gesprochen. „Sei froh, wenn du überhaupt beide noch sehen darfst“, hatte er gesagt.
    Wirklich, sie sollte zwei Wohnungen bekommen und zwei Zimmer und anfangs wusste sie tatsächlich nicht, bei wem sie ihr Mathebuch gelassen hatte.
    Ruri nahm die Situation widerwillig hin. Wenigstens war zu Hause, wo auch immer das nun sein mochte, Ruhe, wenn sie schlafen wollte und ihre Eltern sprachen nur miteinander, wenn es nötig war. Trotzdem war etwas zerrissen worden. Das Familienglück, das andere empfanden, die gemeinsamen Ferien oder auch nur Tagesausflüge, gemeinsam lachen und vor dem Fernseher sitzen.
    Dafür überschütteten sie beide Ruri mit Aufmerksamkeit, wollten sich wohl gegenseitig beweisen, dass sie besser als der jeweils andere waren. Beinahe distanziert betrachtete sie das unreife Treiben ihrer Eltern, bis am Ende herauskam, dass sie zu Weihnachten bei ihrem Vater sein durfte, zu ihrem Geburtstag bei ihrer Mutter – und trotzdem waren sie beide nicht zufrieden. Wie zwei kleine Kinder, die sich um einen Teddy stritten. Andauernd, immer und immer wieder. „Ihr seid lächerlich, ihr beide!“ Damit brachte sie stets ihre Eltern zum Schweigen, innezuhalten und über sich selbst nachzudenken.
    Eigentlich wäre das Leben, so wie es im Moment war, zu ertragen gewesen – natürlich nicht perfekt, nicht einmal annähernd gut, aber zu ertragen –, wenn ihr Vater nicht die neue Frau kennengelernt hatte. Frau? Ruri wusste nicht, ob sie diese Bezeichnung verdient hatte. Eher lagen ihr verschiedene Schimpfworte, die in diesem Fall eigentlich nur die Wahrheit preisgaben, auf der Zunge, Bezeichnungen, von denen ihre Mutter nicht wissen sollte, dass sie diese überhaupt kannte.


    Donnerstags nach der Schule, wie abgemacht worden war, ging sie zu ihrem Vater. In diese kleine Wohnung mit dem winzigen Zimmer, mit der alten Coach und der fast schon schäbigen Einrichtung. So waren ihre Großeltern eingerichtet gewesen. Zumindest war es nicht das, was sie von ihrer Mutter kannte – oder gekannt hatte, bevor sie sich nach der Arbeit einfach auf’s Sofa bequemte und dort oft nicht mehr so schnell wieder aufkam. Nach der Arbeit, da trank sie immer zwei Bier, alles fiel ihr schwer in letzter Zeit, sagte sie, schließlich habe ihr Exmann seinen Job verloren, wäre heruntergekommen, einmal hatte er die Alimente nicht gezahlt und schwor, dass dies noch geschehen würde.
    Obwohl sie lieber bei Glen untergekommen wäre, klingelte sie im heruntergekommenen Stiegenhaus vor der alten Wohnungstüre. Wenn sie es betrat, rümpfte sie die Nase. Das Holz roch morsch und die Stufen knarrten unangenehm, so als könnten sie jeden Moment unter den Füßen wegbrechen und sie etliche Etagen in die Tiefe stürzen lassen. An den Wänden hatten sich Jugendliche verewigten, die meisten auf eine sehr vulgäre und anzügliche Weise. Andere hatten mit Herzen und ihrem Anfangsbuchstaben Liebesschwüre hinterlassen. Durch die kleinen Fenster – wer putzte die eigentlich? Anscheinend niemand – fiel kaum Licht und zeichnete seltsame Muster zwischen den Geländern.
    Warum war ihr Vater schon wieder umgezogen? Weil er seinen Job verloren hatte? Bekamen Angestellte nicht eine Abfindung? Deswegen zog man doch nicht in eine solch räudige Gegend um, in die billigste der billigen Wohnungen – und wie sich an der Tür herausstellte, war die Neue an seiner Seite auch die Billigste der Billigen. Aufgedonnert und geschminkt wie ein Flittchen, schlecht gefärbt und wer wusste schon, ob der Vorbau echt war? Wer öffnete schon einem zwölfjährigen Mädchen mit knappen Oberteil und Minirock die Türe? Ruri mochte vielleicht ihr eigenes dunkelblond-hellbraun nicht, doch das war Wenigstens echt!
    „Ah, Yuuto, deine Kleine, Süße ist von der Schule da.“ Ihre Stimme war rauchig, vermutlich von den Zigaretten, die sie wie ein Schlot rauchte. Ein stickiger, qualmiger Dunst stieg ihr bereits bei der Tür entgegen, sodass sie sich rasch an ihr vorbeischlängelte, mit festem Schritt zum Flügelfenster aus gebrechlichem Holz ging und es trotzig aufriss.
    „Ruri!“, empfing sie ihr Vater mit einem freundlichen Lächeln und offenen Armen. Gleich wie er leben mochte und welche Frau sich in seiner Wohnung rumtrieb, sie warf sich für einen Moment in die Umarmung. Aber dann erinnerte sie sich an ihren Unmut. „Wer ist die?“, wisperte sie beißend, aber für die Fremde unhörbar, in sein Ohr.
    „Wir haben uns bei einem Freund kennengelernt, weißt du …“
    „Jep, kann ich mir vorstellen, was das für ein Freund sein muss.“
    Ihr Vater wollte keinen Keil zwischen ihnen treiben, ließ ihre zynische Bemerkung unbeantwortet und wies sie darauf hin, dass er kurz einkaufen ginge.
    Als sie einige Schritte zur Seite ging, bemerkte sie das Yorkleff auf dem Sofa. „Gehört das Yorkleff Ihnen?“, fragte Ruri.
    Ohne eine Antwort abzuwarten ging sie in die Hocke und streichelte den kleinen Hund mit dem braunen Fell und dem lustigen, wuscheligen Gesicht, welches ein wenig wie eine Maske aussah. Der Hund hechelte erfreut und schleckte mit seiner kalten Zunge über ihre Hand.
    „Ja, sie gehört mir“, kam irgendwann die Erwiderung. „Kleine, ich leg mich nieder. Du kannst ja daweil fernsehen, Hausaufgaben machen oder spielen – wir haben da irgend so eine …“
    „Konsole“, half sie der Frau – dem Flittchen! – auf die Sprünge.
    „Jaja, sowas.“
    „Gut.“ Ruri nickte und wartete ab. Nein, sie wollte weder ihre Hausaufgaben erledigen, noch fernsehen oder spielen. Bereits auf dem Weg hierher hatte sie sich etwas vorgenommen, endlich Gewissheit zu erlangen. Ungeduldig wartete sie ab, bis ihr Vater mit einer Einkaufstüte in der Hand die Wohnung verließ und die Türe hinter sich schloss. Dann schlich sie auf leisem Fuß zur Kommode. Einmal hatte sie gesehen, wie er beiläufig eine Handyrechnung in die oberste Lade gelegt hatte. Erst war sie nur neugierig gewesen, danach war ein bitterer Nachgeschmack auf der Zunge gelesen. Ob jemand Geldprobleme hatte, war nichts, das man aus Neugierde wissen wollte, sondern weil es wichtig war … weil Ruri glaubte ein Anrecht darauf zu besitzen.
    Demonstrativ drehte sie den Fernseher etwas lauter, nicht zu laut, um die Neue zu stören, nicht zu leise, um Verdacht zu erwecken, und zappte sich bis zu einem Anime durch. Naruto, perfekt! Ihr Vater wusste um die Lieblingsserie seiner Tochter Bescheid, hätte keinen Verdacht geschöpft, wenn er frühzeitig nach Hause kam, und wenn nicht die eine Frage an Ruri genagt hätte, hätte sie auch zugesehen.
    Behutsam nahm sie die Lade und schob sie auf. Zum Glück knarrte sie nicht. Handyrechnungen, Miete, Strom, Wasser, Handyrechnungen. Eilig suchte Ruri die Papiere durch, welche die Lade füllten.
    Strom vom vorigen Monat, unbezahlte Internetrechnungen … und was war das? Eine Abmahnung? Von einem Internetversand. Ein Kredit? Ein Schauer rann über ihren Rücken und gleichzeitig bestärkte sich ihr Willen kein Stein mehr auf den anderen zu lassen. Vielleicht war sie erst zwölf, aber nicht auf den Kopf gefallen, erklärte sie sich selbst und war in einer obskuren Art und Weise stolz auf sich – stolz Recht gehabt zu haben.
    „Hat Papa vielleicht Schulden? Mama? Kann das sein?“, hatte sie ihre Mutter vor kurzem ängstlich – in Furcht vor der Wahrheit – gefragt, eher eine Vermutung geäußert, welche rasch als Gehirngespinst abgetan wurde. Bevor jene Worte ihre Lippen verlassen konnten, war sie oft und lange wachgelegen, um nachzudenken – und stets nur zu diesem Entschluss gekommen. Dauernd zog er um und die Wohnung wurden von mal zu mal kleiner, schäbiger … billiger. Doch die Augen ihrer Mutter waren entsetzt und aufgerissen gewesen. Nur für einen Moment, aber jener hatte genügt, um sie wissen zu lassen, dass sie eventuell doch Recht behalten sollte.
    Ruri wusste, dass sie tiefer graben musste, um die älteren Bescheide zu sehen. Damals, ja vor eineinhalb Jahren etwa, hatte bereits etwas nicht gestimmt, war grundlegend verkehrt gelaufen. Ihr Vater war immer später von der Arbeit gekommen. „Die Wirtschaftskrise, furchtbar, ihr versteht das nicht, ich muss Überstunden machen.“ Zuerst war ihre Mutter stutzig geworden, dann sie selbst, als Kind, welches zwischen zehn und elf Jahren gestanden war. Und ihre Mutter hatte sicherlich gedacht, er betrüge sie. Aus ihren verletzten Augen, den abwehrenden Gestiken, der bitteren Mimik, aus allem hatte man es ablesen können.
    Ruri glaubte ein Blitzschlag hätte sie getroffen. Spielschulden … zumindest sah es danach aus. Dies war doch die Rechnung, eine Abmahnung, eines hiesigen Casinos? Zittrig nahm sie den Brief und starrte das rote Logo an. Doch, ja… das war es, das Casino. Ihr Entsetzen schlug sich in unbändige Wut um. Grün und blau hätte sie ihn schlagen können, wer er nun zur Türe hereingekommen – und sie hätte es geschafft, war kein schwächliches Mädchen, sondern eine der Besten in ihrem Karateverein. Bei Karate ging es nicht darum, wer die größten Muskelberge besaß und mit der richtigen Technik konnte man jeden besiegen. Es kam ihr wie einige Minuten vor, dass sie auf die geschlossene Türe starrte und für ihn hoffte, er möge nicht frühzeitig vom Einkaufen – wenn er denn einkaufen war – zurückkehren.
    Ihre Finger fuhren nochmals jede Zeile des Briefes nach, die Summe war unwirklich, mehr als ein Monatsverdienst – und sicher nicht der einzige Bescheid. Und das Datum ebenfalls. Vor einem halben Jahr …
    Mit tiefen Atemzügen versuchte sie sich zu beruhigen, schloss die Augen und wollte ihren Kopf von allem freibekommen, stattdessen drehte sich alles. Als das Schloss in die Türe fiel, steckte sie den Abmahnungsbrief als Beweis fast mechanisch in ihre Tasche ein, schloss die Lade und setzte sich auf das Sofa. Sie sah nur verschwommen wie Animefiguren durch die Gegend liefen, sie schienen jemanden zu suchen. Sie streichelte das Yorkleff, doch all das half ihr nicht.
    „Wir haben heute ein Spezialtraining. Sonntag ist ein Turnier“, log sie rasch, um von dieser schrecklichen Dunsthöhle zu verschwinden. Sie konnte sein Gesicht nicht ertragen, wie er lächelnd den Einkauf auf die Abstellfläche in der Küche stellte und ihr mitteilte, dass er für sie kochen würde.
    „Schade … Woher weißt du das? Gestern hast du davon nichts gesagt.“
    „Glen hat mir eine SMS geschrieben. Bis morgen.“
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen – sie glaubte, dass sie sich dann übergeben würde –, knallte sie die Türe hinter sich zu und befürchtete schon fast, dass sie aus den Angeln fliegen könnte.
    Zornentbrannt und beinahe ekstatisch nahm sie aus ihrem Federpenal einen dicken Filzstift und schmierte in ihrer scheußlichsten Schrift an die Außenwand dieses erbärmlichen Hauses „Tür 9, Penner!“ Und nun verstand sie die anderen Teenager, die aus Frust, Zorn und Enttäuschung heraus sprayten und dumme Sprüche an Hauswände und in Toilettenkabinen schmierten.
    Auswendig wählte sie eine nur allzu bekannte Nummer. „Glen? Ich hab ’ne coole Idee. Wir machen uns heute noch auf Pokemonreise auf.“ Jetzt reichte es ihr. Sie sah alles schon vor sich. Glen und sie würden tolle Trainer werden, unabhängig vor allem. Nun hatte sie es endgültig satt, sich andauernd wie ein Pingpongball von allen nur herumwerfen zu lassen.

  • Guten Tag, favorisierter und befreundeter Schreiberling.
    Bin ebenso zuverlässig und kurzatmig zur Stelle, wie Du es bei mir warst, denn die ersten Minuten nach Kapitelveröffentlichung möchte man's immer am meisten wissen, gell?


    Die gewählte Thematik, Ruri, sagte mir sofort zu. Somit begrüße ich Deine Sidestory mit der Randanmerkung, dass Du Silver und Soul ja noch viel ungenutztes Potenzial Früchte tragen soll. Der Titel des Kapitels ist charakteristisch für Ruri gewählt; das Bildchen... Ja, auf den zweiten Blick erkenne ich durchaus Sinn dahinter!


    Im Kapitel selbst greifst Du Scheidung als Hauptanhaltspunkt auf. Und hier sei erwähnt, dass man merkt, man merkt, man merkt, dass Du Berichte gelesen hast. Man merkt es durchaus positiv an, zeitgleich bricht es leicht die besondere Atmosphäre einer Pokémon-FF; aber seit Facebook (Taiki Miyamoto hat übrigens meine Freundschaftsanfrage abgelehnt, mich getrollt und meine Seite vollgespammt :<.) fürchtest Du Dich ja vor überhaupt nichts mehr. Ein Pokémon-Charakter schaut Naruto... Welcome to Bastet's FFs. Dafür liebe ich sie.


    Zur Handlung selbst möchte ich wieder einmal Realismus, Lebensnähe und gesunden Verzicht auf überzogene, kitschige Melodramatik und übertriebene Charaktertiefe erwähnen. Keine tiefgreifenden psychologischen Dramen, keine Parallelen mit Legenden von Welten, episch schepperndes Geschirr, welches eine heile Küchenwelt untergehen und ein irre lächelndes Mädchen zurücklässt, welches sich schwört, nie wieder elterliche Zuneigung zu akzeptieren.
    (Erkennst Du da jemandes Stil, huh?)
    Nein; das lebensnahe Scheidungsszenario in einer Familie mit überarbeitetem Vater, pädagogisch wertloser Mutter, dem lebenserprobten Banknachbarn, einer Tussi, Spielschulden und letztlich einer rebellischen Tochter, die sich irgendwann nicht mehr alles gefallen läßt, aufhört zu schauspielern und ihren Eltern die Macht zurückschlagender Welten demonstriert. Beleuchtet glaubwürdig, bodenbeständig und in gewissem Sinne edukativ den Hintergrund einer Punkdame.


    Edukativ, weil das Verhalten der Eltern in Scheidungsfällen, das Du beschriebst, im Nachhinein doch logisch erscheint; zeitgleich aber nicht offensichtlich. Wie erwähnt, hier erahnt man durchforschtes Erfahrungsmaterial zu geschilderter Begebenheit.
    Die Kapitellänge ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits angenehm konzentriert zu lesen, doch andererseits ebenso schnell auch wieder vorbei. Ich würde dann doch vorziehen, bliebest Du bei der Kapitellänge von "Care". Dass wir differenzierte Vorstellungen angesichts der optimalen Kapitellänge besitzen, ist offensichtlich - bei mir sind es die 60.000-70.000, die auch WoelfinAkira Aki zu schreiben pflegt.
    Ansonsten war Dein Schreibstil mal wieder butterweich zu lesen und selbst Zeilen wie "in der Umkleide umkleiden" gingen in einem Atemhauch herunter. Da wären wir auch schon. Obwohl, Nein, zwei Dinge.


    Punkt Eins, Musik. Ich beschäftige mich ebenfalls in Verbindung in FFs seit geraumer Zeit und suche nach einem Weg, sie optimal einzufügen; was Du ja auch anzusprechen versprochen hast. Also revanchiere ich mich im Vorraus. Ruris Themesong war ein ziemlich unbekanntes, aber treffend gewähltes Lied. Meinen MusikgeschmackTheKillersTheKillersTheKillersTheKillersArcticMonkeysTheKillersTheKillersTheKillersRedHotChiliPeppersTheKillersTheKillersTheKillers trifft's ja nicht; Lyrics sind aber liebevoll gewählt. Da zweifle ich an meiner eigenen Darstellungsfähigkeit als Autor, da fast all meine weiblichen Charaktere (L. Berlitz / L. Charlotte / Michelle Libertine) keine solchen Eigenschaften verkörpern, wie Ruri.


    Das macht sie für mich noch sympathischer und deshalb kommen wir direkt zu Punkt Zwei:
    KazuxRuri 4eva!!!


    Ach ja: womit habe ich verdient, sogar in FFs niedergemacht zu werden? :<

    Zitat von Bastet

    Ihre heile Ponitahofwelt rieben sie sich immer gegenseitig unter die Nase, waren so „mainstream“, so gleich...


    Und noch etwas: mit wem Ruri auch zusammenkommt, er muss würdig sein!

  • Zitat

    Die gewählte Thematik, Ruri, sagte mir sofort zu. Somit begrüße ich Deine Sidestory mit der Randanmerkung, dass Du Silver und Soul ja noch viel ungenutztes Potenzial Früchte tragen soll. Der Titel des Kapitels ist charakteristisch für Ruri gewählt; das Bildchen... Ja, auf den zweiten Blick erkenne ich durchaus Sinn dahinter!


    Ruri hat auch lange auf ihr Character Centric gewartet, nicht? ^^
    Ich vergess sie schon nicht, keine Sorge. ^^


    Zitat

    Im Kapitel selbst greifst Du Scheidung als Hauptanhaltspunkt auf. Und hier sei erwähnt, dass man merkt, man merkt, man merkt, dass Du Berichte gelesen hast. Man merkt es durchaus positiv an, zeitgleich bricht es leicht die besondere Atmosphäre einer Pokémon-FF; aber seit Facebook (Taiki Miyamoto hat übrigens meine Freundschaftsanfrage abgelehnt, mich getrollt und meine Seite vollgespammt :<.) fürchtest Du Dich ja vor überhaupt nichts mehr. Ein Pokémon-Charakter schaut Naruto... Welcome to Bastet's FFs. Dafür liebe ich sie.


    Ja, hab ich teilweise, aber irgendwie hatte ich doch das Gefühl, dass ich sie nicht wirklich gebrauchen kann. Hat sich anscheinend als falsch erwiesen ^^"


    Ich bin furchtlos, glaub mir. Obwohl... nein, eigentlich doch nicht, aber zumindest so furchtlos, dass ich Ruri Naruto schauen lasse. ^^


    PS: Ich glaube, das hast du falsch verstanden. Vielleicht wollte er ja nur mit dir flirten? :sarcastic:


    Zitat

    Zur Handlung selbst möchte ich wieder einmal Realismus, Lebensnähe und gesunden Verzicht auf überzogene, kitschige Melodramatik und übertriebene Charaktertiefe erwähnen. Keine tiefgreifenden psychologischen Dramen, keine Parallelen mit Legenden von Welten, episch schepperndes Geschirr, welches eine heile Küchenwelt untergehen und ein irre lächelndes Mädchen zurücklässt, welches sich schwört, nie wieder elterliche Zuneigung zu akzeptieren.
    (Erkennst Du da jemandes Stil, huh?)
    Nein; das lebensnahe Scheidungsszenario in einer Familie mit überarbeitetem Vater, pädagogisch wertloser Mutter, dem lebenserprobten Banknachbarn, einer Tussi, Spielschulden und letztlich einer rebellischen Tochter, die sich irgendwann nicht mehr alles gefallen läßt, aufhört zu schauspielern und ihren Eltern die Macht zurückschlagender Welten demonstriert. Beleuchtet glaubwürdig, bodenbeständig und in gewissem Sinne edukativ den Hintergrund einer Punkdame.


    Ich würde mir selbst doof vorkommen, wenn ich Ruri als irre lächelndes Mädchen zurückgelassen hätte. XD
    Aber ich freue mich, dass du das als realitätsnah und bodenständig betrachtest. Sagt, dass ich mein Werk gutgemacht habe. ^^


    Zitat

    Die Kapitellänge ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits angenehm konzentriert zu lesen, doch andererseits ebenso schnell auch wieder vorbei. Ich würde dann doch vorziehen, bliebest Du bei der Kapitellänge von "Care". Dass wir differenzierte Vorstellungen angesichts der optimalen Kapitellänge besitzen, ist offensichtlich - bei mir sind es die 60.000-70.000, die auch WoelfinAkira Aki zu schreiben pflegt.


    Hm, dachte nicht, dass 4,5 k so schnell wieder für dich vorbeigehen ^^"


    Zitat

    Punkt Eins, Musik. Ich beschäftige mich ebenfalls in Verbindung in FFs seit geraumer Zeit und suche nach einem Weg, sie optimal einzufügen; was Du ja auch anzusprechen versprochen hast. Also revanchiere ich mich im Vorraus. Ruris Themesong war ein ziemlich unbekanntes, aber treffend gewähltes Lied. Meinen MusikgeschmackTheKillersTheKillersTheKillersTheKillersArcticMonkeysTheKillersTheKillersTheKillersRedHotChiliPeppersTheKillersTheKillersTheKillers trifft's ja nicht; Lyrics sind aber liebevoll gewählt. Da zweifle ich an meiner eigenen Darstellungsfähigkeit als Autor, da fast all meine weiblichen Charaktere (L. Berlitz / L. Charlotte / Michelle Libertine) keine solchen Eigenschaften verkörpern, wie Ruri.


    Danke dir. ^^
    Also bis auf Schlager und Hardmetal höre ich eigentlich so gut wie alles, ich bin flexibel - und mehr mainstream als du! XD
    Hm ja, da hast du irgendwo Recht. Deine Damen sind eher... hm, edel, femininer? Aber mir macht's jetzt nix aus.


    Zitat

    Das macht sie für mich noch sympathischer und deshalb kommen wir direkt zu Punkt Zwei:
    KazuxRuri 4eva!!!


    Kein Problem. Platonische und freundschaftliche Liebe ist auch Liebe. =X


    Zitat

    Ach ja: womit habe ich verdient, sogar in FFs niedergemacht zu werden? :<


    Und noch etwas: mit wem Ruri auch zusammenkommt, er muss würdig sein!


    Nimm's nicht persönlich. Das hab ich geschrieben, bevor du dich umbenannt hast. =O

  • [tabmenu][tab='x']Nach längerer Demotivation, was Kommentare betrifft, stoße ich wieder dazu, yeah~. Allerdings beschränke ich mich nur auf letzte Kapitel und das Special. Zu den anderen Kapiteln etwas zu sagen, habe ich weder die Lust oder Motivation noch die Zeit dazu.


    [tab='Chapter XXX']Irgendwie scheinen englische Kapitelüberschriften bei deutschen FFs modern zu werden. Na ja, was ich davon halte, weißt du ja. Die Bedeutung des Begriffes klingt zwar schön, aber irgendwie auch so... gezwungen wirkt, weils halt englisch ist, auch wenn - wie gesagt - die Bedeutung mit dem Kapitel sehr stimmig und passend ist. Ich hätte eher das Wort Fürsorge benutzt, denn meines Erachtens erfüllt es die Bedeutung ebenso wie care.
    Bei Titeln, die auf Liedern basieren, hab ich nichts gegen~.


    Dieses Kapitel ist - wie immer - sehr gefühls- und emotionsbezogen. Die Atmosphäre war schön, glaubwürdig gestaltet und den Umständen nur angemessen, dass die Nerven blank liegen. Es gefällt mir gut wie jeder Charakter mit seinen Gedanken selbst beschäftigt ist und an dieser Sache zu knabbern hat, dementsprechend unnahbar ist, weil man sein Ensetzen nicht unbedingt preisgeben mag.
    Vor allem finde ich das Gespräch zwischen Taiki und seinen Eltern gut nachvollziehbar. Einerseits ernst und seitens der Mutter sehr besorgt, andererseits ist die Szene auch wieder recht unterhaltsam, wobei ich gut finde, dass du den Bezug zur realen Welt hergestellt hast (Skype, Facebook).


    Sehr erfrischend ist die Konversation zwischen Ruri und Kazu, ungezwungen, locker und sehr ehrlich zueinander. Dass zwischen den beiden nur freundschaftliche Gefühle herrschen und daraus nichts entwickelt, vor allem da Kazu andere Neigungen hat, ist eigentlich schon vornerein klar. Vielmehr sind Ruri und Kazu Bruder und Schwester zueinander, wodurch die Freundschaft sehr herzlich wird. Tai fällt da irgendwie etwas raus, vor allem was die Verbundenheit betrifft. Klar, bis jetzt kennen sich Ruri und Kazu nur wirklich lange, schließlich ist Tai erst dazugestoßen. Irgendwie hat das was von hinterm Rücken reden. Keine Ahnung wie ich das ausdrücken soll.


    Zusammenfassend ist das Kapitel mehr als gelungen. Nach Spannung folgt die Ruhephase, und man merkt deutlich, dass die Charaktere mit ihren Gedanken zu kämpfen haben. Würde mir wünschen, wenn man aber noch mehr aus Taikis Sicht erfahren würde~.



    [tab='Special |']Lied und Bild ist im Bezug auf Ruri sehr passend, gefällt mir persönlich sehr gut.


    Dass du in Ruris Kapitel das Thema Scheidung aufgegriffen hast, gefällt mir wirklich gut. So kriegt der Leser einen guten Einblick in das Mädchen und lernt es noch besser kennen als zuvor.
    Zur Handlung selbst finde ich, dass das Szenario - überarbeiteter Vater, vernachlässigte Frau, einer tussihaften Freundin des Vaters und der rebellischen Tochter - gut beschrieben ist, find aber, dass es nicht besonders gut von den anderen Geschichten der Scheidungskinder abhebt. Es ist... zu gewöhnlich.
    Was mich aber ein bisschen von dieser Meinung abgebracht hat, waren die Spielschulden. Eine gute Idee, um dem Gewöhnlichen etwas "Neues" zu geben, was es bisher in dieser Form in FFs nicht unbedingt gibt, aber in der Realität durchaus vorkommt.


    Sonst muss ich leider am Ende noch meckern, bleibt dir also nicht erspart. Zu dem neuen Konzept kann ich nur sagen: Find ich - auf gut deutsch - scheiße. Es hat mich wirklich total gestört, dass mitten im Kapitel - einfach so - ein Cut war, ohne einen ersichtlichen Grund, warum diese Handlung zerstört wird.
    Du hast zwar die Intention, die Kapitel angenehmer zu gestalten, aber meines Erachtens finde ich es deutlich unangenehmer, wenn mitten in einem Filler-Kapitel (wie das Special) es zur Hälfte geteilt wird. Schließlich muss man sich die Frage stellen, welche Handlung da entzwei gerissen wird. Bei Arennakämpfen in Arc 1 kann ich es zwar nachvollziehen, die Teilung Spannung erzeugt - diese Teilung nicht. Bei Büchern kann man sich auch nicht aussuchen, ob man lange oder kurze Kapitel liest. lol Daher finde ich es sehr unprofessionell.
    Zumal du deine Leserschaft noch nicht mal darüber interviewt hast, ob sie kurze und zerrissene Handlungen oder lange und ganze Handlung lesen wollen. Persönlich lese ich lieber eine Einheit, als mich nach ein, zwei Wochen - oder länger - wieder zuerst in den ersten Teil zurecht zu finden (wenn es denn ein unwichtiges Kapitel ist). Und durch die Teilung gewinnst du jetzt auch keine neuen Leser mehr dazu.
    Ich kann nachvollziehen, dass du deine Kapitel bei Colorful kürzen bzw. teilen willst, um neue Leser zu gewinnen, (anders als beim Prolog: ganz oder gar nicht *hust*) aber bitte: Auf Diebesgut bezogen, finde ich das Konzept wirklich scheiße. Jetzt im zweiten Arc auf die Idee zu kommen, ist etwas spät und bringt auch nichts mehr - zumal sich die Leser bereits dran gewöhnt haben und sich neue Leser sowieso erst Arc 1 durchlesen müssen.


    Noch dazu kann das Ausbleiben von Kommentaren auch die Reaktion auf zu schnell aneinander folgenden Kapitel sein. Ist zwar löblich, dass du schnell deine Kapitel online schreiben willst, find ich eher kontraproduktiv. Setz dir eher das Ziel, ein bis zwei Kapitel pro Monat online zu setzen - mehr nicht. [/tabmenu]
    [Blockierte Grafik: http://i51.tinypic.com/2ljq235.png]

  • So, zwischen Französisch- und Englischschularbeit und paar Tests wollt ich auchmal Zeit finden, um dir zu antworten. ^^ Naja, nur weiteres Geschreibsel wird wahrscheinlich ein wenig auf sich warten lassen.


    Zitat

    Irgendwie scheinen englische Kapitelüberschriften bei deutschen FFs modern zu werden. Na ja, was ich davon halte, weißt du ja. Die Bedeutung des Begriffes klingt zwar schön, aber irgendwie auch so... gezwungen wirkt, weils halt englisch ist, auch wenn - wie gesagt - die Bedeutung mit dem Kapitel sehr stimmig und passend ist. Ich hätte eher das Wort Fürsorge benutzt, denn meines Erachtens erfüllt es die Bedeutung ebenso wie care.
    Bei Titeln, die auf Liedern basieren, hab ich nichts gegen~.


    Nur der Klang von care ist schöner, finde ich mal. ^^ Außerdem hat care ja mehr Bedeutungen, als nur Fürsorge.


    Zitat

    Dieses Kapitel ist - wie immer - sehr gefühls- und emotionsbezogen. Die Atmosphäre war schön, glaubwürdig gestaltet und den Umständen nur angemessen, dass die Nerven blank liegen. Es gefällt mir gut wie jeder Charakter mit seinen Gedanken selbst beschäftigt ist und an dieser Sache zu knabbern hat, dementsprechend unnahbar ist, weil man sein Ensetzen nicht unbedingt preisgeben mag.
    Vor allem finde ich das Gespräch zwischen Taiki und seinen Eltern gut nachvollziehbar. Einerseits ernst und seitens der Mutter sehr besorgt, andererseits ist die Szene auch wieder recht unterhaltsam, wobei ich gut finde, dass du den Bezug zur realen Welt hergestellt hast (Skype, Facebook).


    Danke, so sollte es auch wirken. ^^
    Und ansonsten: Warum sollten man in einer Welt, in der man technologisch soweit ist, dass man Wesen in Kapseln sperren kann, nicht auch Facebook und Skype kennen? ^^ Das war eigentlich mein Grundgedanke.


    Zitat

    Sehr erfrischend ist die Konversation zwischen Ruri und Kazu, ungezwungen, locker und sehr ehrlich zueinander. Dass zwischen den beiden nur freundschaftliche Gefühle herrschen und daraus nichts entwickelt, vor allem da Kazu andere Neigungen hat, ist eigentlich schon vornerein klar. Vielmehr sind Ruri und Kazu Bruder und Schwester zueinander, wodurch die Freundschaft sehr herzlich wird.


    Freut zu hören. ^^


    Zitat

    Tai fällt da irgendwie etwas raus, vor allem was die Verbundenheit betrifft. Klar, bis jetzt kennen sich Ruri und Kazu nur wirklich lange, schließlich ist Tai erst dazugestoßen. Irgendwie hat das was von hinterm Rücken reden. Keine Ahnung wie ich das ausdrücken soll.


    Das soll es ja auch irgendwo sein. Manche Dinge bereden sie nur, wenn er nicht dabei ist, schließlich will Kazuya sein Lügengerüst (daweil noch auf jeden Fall) aufrecht erhalten und über diese Angelegenheiten können sie nur sprechen, wenn Taiki nicht mithört. ^^


    Zitat

    Zusammenfassend ist das Kapitel mehr als gelungen. Nach Spannung folgt die Ruhephase, und man merkt deutlich, dass die Charaktere mit ihren Gedanken zu kämpfen haben. Würde mir wünschen, wenn man aber noch mehr aus Taikis Sicht erfahren würde~.


    wird gemacht, will ja nicht meinen Tai vernachlässigen. ^^


    Zitat


    Kicker(tisch) - es heißt Kicker und nicht Tischfußballtisch. xD


    Na eigentlich ist das ein Wuzzler. :D ... okay, okay, es ist ein Kicker. ^^"


    Zitat

    Lied und Bild ist im Bezug auf Ruri sehr passend, gefällt mir persönlich sehr gut.


    thx. ^^


    Zitat

    Dass du in Ruris Kapitel das Thema Scheidung aufgegriffen hast, gefällt mir wirklich gut. So kriegt der Leser einen guten Einblick in das Mädchen und lernt es noch besser kennen als zuvor.
    Zur Handlung selbst finde ich, dass das Szenario - überarbeiteter Vater, vernachlässigte Frau, einer tussihaften Freundin des Vaters und der rebellischen Tochter - gut beschrieben ist, find aber, dass es nicht besonders gut von den anderen Geschichten der Scheidungskinder abhebt. Es ist... zu gewöhnlich.


    Es gibt kein zu gewöhnlich, nur zu dramatisch. :pflaster:


    Zitat

    Was mich aber ein bisschen von dieser Meinung abgebracht hat, waren die Spielschulden. Eine gute Idee, um dem Gewöhnlichen etwas "Neues" zu geben, was es bisher in dieser Form in FFs nicht unbedingt gibt, aber in der Realität durchaus vorkommt.


    Ja eben, da kommen noch Dinge hinzu, die nicht ganz so gewöhnlich sind. Sonst würd es lächerlich wirken, dass sie davonläuft. ^^


    Okay, gut, ich denke, deine Meinung zu der Kapitellänge ist klar. ^^" In Zukunft wird das nur mehr bei Colorful so gemacht~

  • Huhu, Bastet. Jetzt wird´s aber Zeit.


    So lange hab ich auf ein Kapitel gewartet, in dem etwas Licht in den dunklen Raum von Ruris Vergangenheit gebracht wird. Da du dieses Kapitel nun mit "Part1" übertitelt hast, gehe ich davon aus, dass dies auch noch nicht das Ende ihrer Vorgeschichte ist. Wäre angesichts des Inhalts auch verwunderlich gewesen.


    Teilweise bedienst du dich hier ziemlich klischeehaften Elementen. Die rebellische Tochter von sich ständig streitenden Eltern, die nie so vornehm und ordentlich sein will, wie es von ihr verlangt wird. Die aufmüpfige Klassenkameradin, die zu ärgern sich niemand traut und anzusprechen niemand einen guten Grund findet, da ihr Verhalten und ihr Auftreten doch eher wie die eines Jungen erscheinen - ausgenommen davon ist natürlich Glen. Die Beziehung zu ihm passt ebenfalls sehr gut in das Gesamtbild. Er kommt mir ein bisschen wie eine männliche Version von Ruri vor (sorry, falls dieser Vergleich jetzt komisch klingt). Aber immerhin teilen sie viele Interessen und Ansichten und ihr Umgang miteinander lässt einen dies auch spüren.
    Den Großteil dieses Kapis opferst du der Scheidung von Ruris Eltern. Erlaube mir bitte die Frage: Bist du selbst ein Scheidungskind gewesen, wie ich? Oder hast du entfernt mal damit zu tun gehabt? Ich frage deshalb, weil ich mir nur schwer vorstellen kann, dass jemand ohne Erfahrung diesbezüglich diesen Ablauf nahezu mustergültig niederschreiben und aus Ruris Sicht, gemischt mit ihren eigenen Gedanken darüber, so authentisch widergeben kann. Bei meinen Eltern ist es zwar nicht so extrem gelaufen, aber ich erkenne einige Ähnlichkeiten und dann wiederrum einige Elemente, die sonst nur in der klassichen "Hollywood-Scheidung" vorkommen. Ich meine, die Art und Weise der Trennung, die Verschuldung des Vaters, die strohdumme und großzügig implantierte Raucherin, die nun bei ihm absteigt... Fast möchte ich glauben, sowas gibt´s nur im Fernsehen und soll ein möglichst bemitleidenswertes Bild des Kindes erschaffen, sodass man ihre rebellische Art schließlich nicht nur versteht, sondern sogar befürwortet. In den letzten Zeilen stieg mir ein breites Grinsen ins Gesicht und fast wollte ich meinen Bildschirm bejubeln.
    Eigentlich möchte ich ja mehr schreiben, aber ich denke, ich hab schon alles nennenswerte gesagt. Denn, wie könnte es anders sein, wird dieses Kapitel von Gefühlen beherrscht und den sich immer wieder wiederholenden Fragen, warum sich Mama und Pappa eigentlich so dumm benehmen. Stellt sich einem schon die Frage, wer hier das Kind ist.
    So viel also zu ihrer Familie. Aber mehr noch interessiert mich eigentlich ihre kriminelle Zeit. Ich wage mal die Prognose, dass dies als nächstes oder zumindest bald folgen wird. Das hier jedenfalls eine ganz tolle Arbeit. Ich freue mich auf die Fortsetzung.


    LG, Pheno

  • Zitat

    Huhu, Bastet. Jetzt wird´s aber Zeit.


    Es wird auch Zeit, dass ich bald Teil 2 onstelle, aber irgendwie... ._.


    Zitat

    So lange hab ich auf ein Kapitel gewartet, in dem etwas Licht in den dunklen Raum von Ruris Vergangenheit gebracht wird.


    Das hätte ich zwar schon etwas früher machen sollen, aber besser später als nie, was? ^^"


    Zitat

    Teilweise bedienst du dich hier ziemlich klischeehaften Elementen. Die rebellische Tochter von sich ständig streitenden Eltern, die nie so vornehm und ordentlich sein will, wie es von ihr verlangt wird. Die aufmüpfige Klassenkameradin, die zu ärgern sich niemand traut und anzusprechen niemand einen guten Grund findet, da ihr Verhalten und ihr Auftreten doch eher wie die eines Jungen erscheinen - ausgenommen davon ist natürlich Glen. Die Beziehung zu ihm passt ebenfalls sehr gut in das Gesamtbild. Er kommt mir ein bisschen wie eine männliche Version von Ruri vor (sorry, falls dieser Vergleich jetzt komisch klingt). Aber immerhin teilen sie viele Interessen und Ansichten und ihr Umgang miteinander lässt einen dies auch spüren.


    Naja, der Vergleich ist auch nicht unbedingt falsch. So ein wenig hab ich's mir ja auch gedacht. ^^


    Zitat

    Erlaube mir bitte die Frage: Bist du selbst ein Scheidungskind gewesen, wie ich? Oder hast du entfernt mal damit zu tun gehabt? Ich frage deshalb, weil ich mir nur schwer vorstellen kann, dass jemand ohne Erfahrung diesbezüglich diesen Ablauf nahezu mustergültig niederschreiben und aus Ruris Sicht, gemischt mit ihren eigenen Gedanken darüber, so authentisch widergeben kann. Bei meinen Eltern ist es zwar nicht so extrem gelaufen


    Ich selbst? Uhm ja, aber erinnern kann ich mich dran nicht oo Sonst, naja gehört das hier nicht rein. ^^"


    Zitat

    ... aber ich erkenne einige Ähnlichkeiten und dann wiederrum einige Elemente, die sonst nur in der klassichen "Hollywood-Scheidung" vorkommen. Ich meine, die Art und Weise der Trennung, die Verschuldung des Vaters, die strohdumme und großzügig implantierte Raucherin, die nun bei ihm absteigt... Fast möchte ich glauben, sowas gibt´s nur im Fernsehen und soll ein möglichst bemitleidenswertes Bild des Kindes erschaffen, sodass man ihre rebellische Art schließlich nicht nur versteht, sondern sogar befürwortet. In den letzten Zeilen stieg mir ein breites Grinsen ins Gesicht und fast wollte ich meinen Bildschirm bejubeln.


    Nun eine Scheidung alleine reicht nicht aus, damit ein Kind wegläuft, zumindest wenn man es realistisch halten will, denke ich einmal ^^"


    Zitat

    So viel also zu ihrer Familie. Aber mehr noch interessiert mich eigentlich ihre kriminelle Zeit. Ich wage mal die Prognose, dass dies als nächstes oder zumindest bald folgen wird. Das hier jedenfalls eine ganz tolle Arbeit. Ich freue mich auf die Fortsetzung.


    Genau ^-^

  • Information an meine Leser:
    Aufgrund von persönlichen Differenzen werde ich die Zusammenarbeit mit WoelfinAkira/Rajani beenden. Die gemeinsame Welt bleibt erhalten, die Charaktere jedoch gehören alleine dem "Urheber", somit verwenden wir keine gemeinsamen Charaktere mehr. Ich werde Silver und Soul (Kotone) nun eigen weitergestalten. Elena und Hayato bei mir sowie Shin und Kazuya bei WoeflinAkira/Rajani hatten einen Gastauftritt, bzw. möchte ich es nicht, dass meine Charaktere auf irgendeine Art und Weise weiterhin verwendet werden.
    Ich bitte auch hier die Änderungen zu beachten. Es tut mir leid, falls ich euch damit "Komplikationen" mache. (Namen von Soul umgewöhnen zB.).


    Zu mir selbst kann ich sagen, dass ich meinen Lesern "verspreche", dass die Qualität von Diebesgut auf keinen Fall darunter leiden wird. Ich habe genaue Vorstellungen, wie es weitergehen soll. ^^


    Der zweite Teil des Kapitels bzw. von Ruris Special wird in den Feiertagen nach Weihnachten ongestellt. Das Schreiben und Überarbeiten hat jetzt einige Zeit bei mir gestockt, vor allem wegen schulischen Gründen.
    EDIT: Oder Anfang Januar ^^"

  • Ich fürchte, über Ruris Special wird bald noch ein dritter Teil folgen. =O
    Ich schreib so viel über sie, anscheinend hab' ich grad so in das Kapitel hineingesteigert, dass ich schon wieder ~ 7.000 Worte für den "Mittelteil" habe. Ja, eigentlich wollte ich keine Kapitel mehr teilen und drei Parts sind eig. schon recht viel (was heißt hier recht viel? ^^"), aber ich dachte mir, dass ca. 7.000 auf einen Schlag nun auch genug sind. Zuerst war der Mittelteil kürzer und ich hatte schon das "ganze" Kapitel, was mir aber nicht sonderlich gefallen hat, da zu kurz. Dann hab ich ihn etwas ausgeschmückt.
    Außerdem hab ich schon längst was versprochen und dann war ich in Dublin .__.
    Aaaber ihr werdet dann auch bald wieder etwas von Silver und Kotone (Soul) hören. ^^




    Ruri Special: Don't wanna be like Cinderella - Part 2


    Glen hatte sie abgelehnt, am Telefon noch. Alle Träume, die sie zusammen geträumt hatten, waren eine Seifenblase gewesen, in die jemand mit einer Nadel hineingestochen hatte.
    „Wir können nachher darüber noch reden“, sagte er ernüchternd.
    Doch Ruri schaltete ihn weg und schmiss ihr Handy zu Boden, nur um es gleich darauf aufzusammeln und zu kontrollieren, ob es noch funktionierte. Dieser Verräter! Sie hatten so oft gesprochen gemeinsam auf Pokemonreise zu gehen und nun kam er mit pseudo-vernünftigen Argumenten, die alles zunichtemachten. „Komm zu mir, dann können wir besser darüber sprechen“, hatte er gesagt, bevor sie aufgelegt hatte. Idiot! Doch Ruri wollte ihm diese Bitte nicht ausschlagen. Sie musste nur schnell nach Hause fahren und ihre Sachen packen, zu Glen fahren und ihn davon überzeugen, dass sie schnellstmöglich von hier weg mussten.
    Erst jetzt blinzelte sie verwirrt der Dämmerung entgegen. Es war schon dunkel? Das hatte sie vorhin gar nicht bemerkt. Nicht, dass sie Angst hatte, um zu dieser Uhrzeit noch alleine nach Hause zu fahren, doch ein guter Vater hätte darauf bestanden sie nach Hause zu begleiten, zumindest wenn sie sich nicht in Begleitung eines Pokemon oder eines Jungen befand. Er hätte darauf bestanden, obwohl es Ruri zuwider gewesen wäre, obwohl sie und er wussten, dass Ruri wohl eher ihren Vater verteidigen müsste, dieses Schisshaspiror, wenn es hart auf hart käme. Wie in Trance rannte sie die Stiegen hinunter zum Bahnhof und nahm den nicht einmal zur Hälfte gefüllten Zug nach Hause. Das Murmeln, das in der Rush Hour zu hören war, war verstummt. Jeder starrte auf sein eigenes Handy und blickte ab und an auf die Stationstafeln. Im Gegensatz zur Außenwelt, war es laut in Ruris Gedanken. Alles schwirrte ihr durch den Kopf. Ihr Vater, dessen Spielschulden, Glen, die Enttäuschung über ihn, wie sie ihre Mutter dazu brachte, sie gehen zu lassen. Vielleicht schlich sie sich auch am besten mit ihrer gepackten Sporttasche nachts aus dem Haus und wollte daraufhin nie wieder gesehen werden.
    In einer ruhigen Minute dachte sie daran, dass sie übertreiben könnte. Gab es denn nichts Schlimmeres als eine Scheidung und Eltern mit Spielschulden? Glen hatte bisher auch alles ausgehalten, sogar einen Umzug.
    Sie sah sich im Fenster des Zuges an und erblickte dahinter ein Bild, in dem sie sich auf einem Siegertreppchen sah. Dort, wo sie noch nie war. Das blonde Haar hatte sie kurz geschnitten und violett gefärbt. Neben ihr stand ein prächtiges und ebenso stolzes Ariados. Dann alterte sie in diesen Wunschbildern nochmals um zehn Jahre und wurde zu einer Ärztin mit einem weißen Kittel, der alle sofort dazu brachte ihr respektvoll zu begegnen und sie half all den Menschen, die ihre Hilfe benötigten.


    „Station Machida“, erklang die künstliche Stimme. Ruri sprang aus dem Zug und lief eilig nach Hause. Sie wollte keine Sekunde mehr verlieren.
    Wenigstens hauste sie bei ihrer Mutter nicht in einem Drecksloch. Das war zumindest dem äußerlichen Anschein nach gewöhnlich, ein Wohnkomplex, der in einem unauffälligen Gelb gestrichen war und sieben Wohnungen beherbergte.
    Sie sperrte leise die Wohnungstüre auf und schloss sie. Im ersten Moment dachte sie, dass ihre Mutter nicht zu Hause sei. Im Zweiten hörte sie ein schweres Seufzen aus dem Wohnzimmer. Mit schnellem Schritt war sie in jenem angelangt und fand ihre Mutter auf der Couch vor. Wie eine heruntergekommene Obdachlose, mit einer Bierflasche in der Hand, erledigt aussehend auf dem Sofa. Auf dem Tisch standen schon drei geleerte Flaschen achtlos herum. Eine war hinuntergefallen und kugelte am Boden. Und sie sah Ruri nicht einmal. Aufgebracht ging sie zur Türe zurück und knallte diese, dass sie fast aus den Angeln zu fliegen schien. Im Vorzimmer beobachte sie wie ihre Mutter wie sie zusammenzuckte, hochschreckte und ihren Namen lallte. „Ich versteh‘ jetzt, warum du ihn geheiratet hast. Ihr passt zusammen“, spie Ruri verachtend aus.
    „Stell mich nicht so her, Mädchen“, ermahnte ihre Mutter sogar noch in einer ziemlich beherrschten Stimmlage. Sie richtete sich schnell ihr unordentliches, blondes Haar und band es zu einem Pferdeschwanz. „Ich gönn‘ mir nichts, wenn du hier bist. Immer nur, wenn du bei deinem Vater bist. So wie du es heute sein solltest, nicht?“
    „Gönnen!?“, schrie sie. „Fünf Bier sind ‚gönnen‘?“
    „Über den gesamten Abend verteilt. Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.“
    Wutentbrannt nahm sie ihr die wieder beinahe geleerte Flasche aus der Hand und ließ sie an der Wand zerschmettern. Eltern sollten Vorbilder sein, ihr ein sicheres zu Hause geben. Es war falsch, wenn sich Ruri um sie kümmern musste. Sie waren Loser, es doch gar nicht wert, dass sie Ruri andauernd von Einem zum Anderen reichten oder schmissen wie eine heiße Kartoffel. Zufrieden sah Ruri zu, wie sich ein hässlicher, gelber Fleck im Teppich ausbreitete.
    „Du!“, drohte ihre Mutter mit ausgestrecktem Zeigefinger und sprang auf.
    Ein kalter Schauer lief über Ruris Rücken. Was geschah hier? Alles ging zu Bruch. Nun war ihr Entschluss wenigstens festgelegt. Fester denn je und daran gab es nichts mehr zu rütteln. „Ich geh zu Glen!“, entschied sie, um Streit zu vermeiden.
    „Wie lang? Du kannst nicht…“
    „Ich kann und ich geh solang‘ ich will.“ Mit einem Übelkeitsgefühl in Bauch und Hals suchte sie ihre Lieblingskleidung raus, Hygieneprodukte, Kosmetik, ihr Handy und das Ladegerät und stopfte alles in die Tasche. Als sie damit fertig war, stapfte sie in die Küche und nahm sich zwei Wasserflaschen, eine verschlossene Packung Kekse, ihr Ladekabel und suchte all ihr Bargeld – nur für den Fall der Fälle. Dann stand ihrem vermeintlichen Besuch bei Glen nichts mehr im Weg.
    „Dann geh halt.“ Ihre Mutter vollführte eine wegwerfende Geste und bemühte sich gar nicht mehr das Lallen zu verbergen.
    „Mach ich!“ Länger als nach einem Streit, bei dem sie sich für einige Tage zu Glen flüchtete, gewohnt blieb Ruri in der Türschwelle stehen und betrachte die Wohnung. Sie war nicht mehr so gewollt perfekt wie früher. Sie betrachtete das Sofa und den Couchtisch, den kleinen Frühstückstisch in der Küche und die Abwasch und den großen Schrank, der durch ihre offene Zimmertüre noch zu sehen war. Als Letztes fiel der Blick auf ihre Mutter, die sich wieder ins Sofa sinken ließ und die Hand auf den sicherlich schmerzenden Kopf legte. Nichts von alledem würde sie vermissen.
    „Ich dacht‘, du wolltest zu Glen?“, fragte sie spöttisch. „Dann geh doch, wenn’s dir bei dem besser gefällt.“
    „Mach ich auch!“, erwiderte Ruri resolut. Ihre Mutter konnte nicht wissen, dass sie ihre Tochter entweder erst nach vielen Jahren oder nie wieder sehen würde. Sie würde nach ihr suchen lassen und Ruri würde sich nicht finden lassen – und wenn doch, würde sie immer und immer wieder verschwinden, bis es alle aufgaben nach ihr sinnlos zu suchen. Heimweh hatte sie ohnehin noch nie geplagt also wieso sollte sie ausgerechnet jetzt damit anfangen?
    „Ich hasse dich.“ Ernst, nicht die dummen Worte eines kleinen Kindes, das sein neuestes Spielzeug nicht bekam. Jedes Wort spie sie aus, aus tiefster Seele. Das kam einer Erleichterung gleich. „Dich und meinen Vater.“
    „Ich hab dich auch lieb“, kam es spöttisch. Nüchtern wäre sie zumindest entsetzt gewesen, aber nicht einmal diesen Gefallen konnte sie ihr tun.
    Auf dem Vorzimmerkästchen sah sie achthundert Yen liegen. Bestimmt gehörten sie ihrer Mutter, aber Ruri fühlte sich im Recht, als sie danach griff und sie mitgehen ließ. „Ihr seid Loser, nichts als Loser.“ Dieses Mal schrie sie so laut, dass ihr selbst die Ohren schmerzten. „Du säufst hier und mein lieber Vater verspielt sein ganzes Geld, wie ein Suchti.“
    Ihre Mutter sprang vom Sofa und sprintete mit einem hassverzerrten Gesicht auf sie zu, um sie zu fassen. So kannte Ruri sie eigentlich nicht, das war ihr nun auch egal. Sie wollte sowieso weg von hier und ihr wurde ein zusätzlicher Grund gegeben. Immer und immer wieder hatte sie seit der Scheidung ihrer Eltern eine große Reise geplant. Nichts stand ihr mehr im Weg. Also knallte sie das letzte Mal mit der Türe.


    Noch als sie auf die halbstündig eintreffenden Züge wartete, rief sie Glen an, doch er lehnte sie immer und immer wieder ab. Er traute es sich noch nicht zu, schon auf Reise zu gehen. Sagte er. Aber er hatte doch immer davon gesprochen! „Wo bist du?“, fragte er mit der vernünftigen Stimme, die sie schon oft gehört hatte, in letzter Zeit immer häufiger auftauchte, aber sie wollte noch immer nicht recht zu ihm passen.
    „Machida, noch immer. Ich wart‘ auf den Zug.“
    „Geh nach Hause?“, riet er ihr.
    „Da war ich grad, Idiot!“ Langsam aber stetig stieg in ihr Zorn hoch, der auf alles und jeden ausgerichtet war. „Mein Vater hat Spielschulden und meine Mutter säuft. Das sind beides solche Penner, soll ich dableiben?“
    „Sie tut was?“ Da war wieder die Stimme, die sie an ihm kannte. Ein normaler Zwölfjähriger, freundschaftlich, eben die „Glen-Stimme“, welche daraufhin gleich wieder verschwand. „Ich weiß, dass du gesagt hast, dass sie manchmal ein Bier aus dem Eiskasten nimmt und sich vor die Couch setzt und fernsieht, aber das ist doch nicht gleich saufen.“
    Verstand er denn nicht mehr, was sie sagen wollte? „Fünf sind nicht eins, oder?“
    „Nein, sind sie nicht.“ Auch wenn sie ihn nicht sah, wusste sie, dass er seine voreiligen Worte bereute. „Und was jetzt?“
    „Allen zeigen, dass ich über mich selbst bestimm‘.“ Mechanisch stieg sie der Bahn zu, setzte sich auf den ersten Platz, legte die Tasche auf ihren Schoß. Ungeniert sah sie darüber hinweg, ob jemand ihr Gespräch mitverfolgen könnte. „Ich hab genug, dass mich alle hin- und her schubsen.“
    „Ich mach das nicht“, beeilte sich Glen zu sagen.
    „Nein, aber meine Eltern und das reicht mir und die Schule. Ich will nicht dauernd das Püppchen spielen. Oh, wie süß, geben wir ihnen eine Rüschchenbluse und ein Röckchen.“
    „Das müsst ihr Mädels dort alle.“


    Taiki öffnete erst einen Spalt, merkte dass die Situation ungelegen war und kam erst herein, als Ruri nickte. Wie froh sie war, dass er wusste, was sich gehörte.
    „Ich störe“, stellte er urteilsfrei fest – keine Enttäuschung, dass man ihn nicht eingeweiht hatte und keine Unsicherheit, was er nun tun sollte –, als er sah, wie der Arm ihres besten Freundes locker um sie geschlungen war.
    Vorhin hatte sie kurz an Glen denken müssen, doch der würde sie heute wohl sowieso nicht mehr verstehen. Wahrscheinlich würde er Sinan verabscheuen. Er wäre nicht gut für sie, das würde Glen sagen, weil er sie immer vor Menschen gewarnt hatte, die ihr hätten schädlich werden können. Sie würde gerne mit dem Feuer spielen, er würde es nicht zulassen. Das war Glens Ansicht gewesen, hatte ihr ins Gesicht gesagt, sie würde von all diesen ‚Arschlöchern‘ angezogen werden wie die Omot vom Licht. Ruri hatte niemals nur die schlechten Seiten eines Menschen gesehen und bei allen, die sie gemocht hatte und mochte – lieb hatte –, war sie immer fähig gewesen das Liebenswerte und Gute zu sehen. Glen nicht und es war gut, dass er nicht hier war. Es hätte ihr einen Dolch ins Herz gejagt, wenn die beiden wichtigsten Jungs in ihrem Leben sich gegenseitig an die Gurgel gegangen wären.
    „Ja, denk schon“, beeilte sich Sinan zu sagen.
    „Nein, du störst nicht“, widersprach sie. Wenn Taiki wollte, konnte auch er ihre Geschichte hören. Wenn Sinan ihm soweit vertrauen konnte, dass er mit ihm reiste – auch wenn er sicher wieder einmal nur schwärmte und verknallt war, aber zu stolz, misstrauisch und auf seine Ehre bedacht, sein Herz leichtfertig zu verschenken –, wollte Ruri auf sein Urteil bauen. Auch wenn sie nicht verstehen konnte, wie jemand wie er in jemanden wie Taiki verknallt sein konnte. Sie glaubte ihm sofort, dass er ein guter Mensch war, nur leider kein Interessanter. Sicherlich oberflächlich und einfach gestrickt. So wie es die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen waren. Einer dieser Leute, deren größtes Problem darin bestand auf welche Party man als Nächstes gehen sollte, welche Klamotten angesagt waren, was in den Charts und in den Kinos lief, welches Handy man besaß, zu welcher Clique man gehörte, wen man heiß fand, mit wem man etwas hatte, vielleicht noch welche Noten man bekam – von seinem verletzten Fukano mal abgesehen. Bis auf Glen hatte sie noch keinen extrovertierten Menschen kennengelernt, der nicht oberflächlich gewesen wäre. Aber Sinan vertraute ihm nun einmal mehr oder weniger.
    Sie tauschte Blicke mit ihm aus, der zuckte nur mit den Schultern und ließ ihr die Entscheidung über.
    „Also was jetzt?“ Er sah ihr ins Gesicht und glaubte ihr offenbar nicht. „Du musst nicht aus Höflichkeit sagen, dass ich bleiben soll.“
    Aus Höflichkeit? Das entlockte ihr ein Lachen. „Aus Höflichkeit also, hm? Da kennst du mich aber schlecht.“
    „Ja, stimmt und auch noch nicht lang. Dann setz ich mich zu euch.“
    „Wie geht’s Fukano?“, fragte Sinan nach, wohl aus ehrlichem Interesse.
    „Ich glaub, er hat Schmerzen, auch wenn der Arzt das Gegenteil sagt. Mann, war der Arzt vielleicht wütend, als ich nochmal runtergekommen bin. Der hatte gerade Dienstschluss.“ Bevor er sich setzte, klopfte er die roten Haare seines Hundes aus der Jogginghose.
    Híme verzog angewidert die Nase – igitt, Hundehaare!
    „Und was hat er sonst so gesagt?“
    „Wer? Fukano?“, zog er ihn auf. „Wrrufff. Ein Fröhliches, dass ich da bin.“
    Sinan versetzte ihm einen Knuff in den Oberarm. „Der Arzt.“
    „Ja, wie Joy auch halt. Aber ich wollt eben nach Fukano sehen, nur zu deinem Ibitak durft‘ ich dann nicht mehr. Morgen in der Früh krieg ich ihn wieder. Der sagt noch: „…wenn du willst.“ Natürlich will ich mein Fukano wieder!“


    „Gut.“ Ruri hatte irgendetwas sagen wollen, wusste nicht, an welcher Stelle sie ansetzen sollte. Im Gegensatz zu Sinan wollte sie kein Schauspiel aufführen und keine Schauspielerin werden. „Was hast du gehört? Vorhin?“, fragte sie ernst.
    „Ich hab' die Tür geöffnet und gehört, dass du etwas von deinen Eltern gesagt hast. Ich hab noch verstanden, dass dein Vater Spielschulden hat und deine Mutter getrunken hat, du hast es in einem Satz erwähnt, daher konnt ich nicht mehr wirklich weghören - und naja, es ist fair, wenn du weißt, was ich noch gehört hab‘, weil du’s eigentlich nur Kazu erzählen wolltest.“
    „Ist schon okay“, winkte sie mit dem Gedanken ab, dass zumindest sie es schaffte niemanden etwas vorzumachen. Nein, es war nicht okay. Sie kannte Taiki nicht. Aber nun hatte er auch schon mehr gehört, als sie es gewollt hatte. So wie sie gekleidet war, hielt er sie auch sicherlich nicht für ein Mädchen aus einem gutbürgerlichen Haus.
    „Also dann bin ich zu Glen gegangen…“ Unverblümt erzählte sie, wie sie sich mit ihm gestritten hatte, auf’s Übelste. Wahrscheinlich konnte sie das nicht wieder gutmachen, wenn sie ihn wiedertreffen würde. Und dann? Ja, dann ist sie einfach in die Nacht hinaus. Hinaus gelaufen mit ein bisschen Kleidung, etwas Geld, zwei Wasserflaschen und einer Packung Kekse. Sie würde auch ohne Glen zurechtkommen! Zumindest konnte sie gut auf sich einreden und sich einbilden, sie bräuchte ihn für eine Reise nicht. Wenn er anscheinend zu feige war mitzukommen und etwas anderes auszuprobieren, dann sollte er doch weiterhin jeden Tag in seinem Trott bleiben und zwischen Mutter und Vater und zwischen zwei Ländern hin- und hergereicht werden.


    Gleich morgen früh, wenn die Geschäfte aufschlossen, so sagte sich Ruri es, würde sie sich einen Pokeball besorgen. Das sollte all die Probleme, die nun plötzlich auftraten, lösen, also erschien ihr ein Pokeball als beste Investition. Da ihre Eltern ihr Geld verwalteten – der Penner hatte sicher auch das verspielt! –, hatte sie nur ihr Bargeld von ihrem ehemaligen zu Hause mitgehen lassen. Achthundert Yen zählte sie. Das waren ein, zwei Pokebälle und ein Mittagessen bei McDonalds. Damit kam man nicht weit.
    Alles war dunkel, nur Laternen erfüllten die Straßen mit Licht und zeichneten vage Konturen. Irgendwo in der Ferne ertönte ein betrunkenes Lachen und plötzlich erfüllte sie Furcht. Sie konnte sich wehren, sagte sie sich. Natürlich konnte sie das, aber diese Panik konnte sich nicht mehr abstellen. Als wäre sie aus einer Trance aufgewacht und ihr Verstand schimpfte sie aus, was sie denn da tat. Ruri, ein zwölf Jahre altes Mädchen mit langem blondem Haar, saß alleine auf einem Straßeneck, einem zwar ruhigen Bezirk, in dem allerdings auch immer wieder schreckliche Vorfälle Druckerschwärze für die Schlagzeilen verbrauchten. Auf einmal waren Raub, Vergewaltigung, Mord und Totschlag nicht mehr Dinge, die nur den anderen passieren konnten. Am klügsten wäre es sich in einen Bus zu setzen und sich bis zum Morgengrauen chauffieren zu lassen. Für einen kurzen Moment dachte sie daran nach Hause zu gehen, aber ihre Dickköpfigkeit verwehrte es ihr einfach nachzugeben. Innerlich würde ihre Mutter über sie lachen, wie willensschwach sie wäre und sie nie wieder ernstnehmen. Noch weniger als früher. Ihr Vater war auch nicht besser und ihr Medizinstudium konnte sie gleich vergessen. Was machte das alles noch aus? Sie wusste nur, dass sie nicht bleiben wollte und im Gegensatz zu vielen anderen den Mut besaß einfach zu gehen. Vielleicht würden es viele als Dummheit bezeichnen und eventuell behielten sie ja auch Recht? Zumindest gehörte etwas Mumm dazu, um einfach von zu Hause zu verschwinden, mit achthundert Yen, zwei Wasserflaschen und einer Packung Kekse. Da sich niemand selbst gerne als dumm bezeichnete – dumm und unvernünftig –, entschied sie sich, dass mutig und stark bezeichnender für das waren, was sie eben getan hatte.
    Ob Glen noch nach ihr suchte? Wahrscheinlich hatte er es aufgegeben, nachdem er sie aus den Augen verloren hatte. Um ihn brauchte sie sich keine Sorgen zu machen. Egal wie enttäuscht sie von ihm war, er blieb ja doch ihr Freund – mehr oder weniger und zustoßen sollte ihm schließlich nichts.


    Ihr Verstand trieb sie zur nächsten Bushaltestelle hin, genauso wie er sie zwang eine durch und durch selbstbewusste Haltung anzunehmen, damit es nicht schon am ersten Tag ihrer Reise – oder auf was auch immer ihre Aktion hinauslaufen sollte – Ärger mit Betrunkenen, Verbrechern und Irren gab. Sitzbank und Stationsschild waren in der Dunkelheit alleine gelassen worden. Tagsüber tummelten sich hier tausende Menschen, doch nun hielt eine gespenstige Stille Einzug über der Station. Ruri schluckte, straffte ihren Körper und lehnte sich gespielt lässig an den nächsten Pfosten, während sie sinnlos auf das Display ihres Handys starrte und ab und an auf die verlassene Straße sah. Endlich – irgendwann, als sie schon glaubte, ihr Herz blieb vor Schock stehen, wobei sie den Grund für den Schrecken gar nicht benennen konnte – hörte sie ein tiefes Motorengeräusch, welches nur von einem Bus stammen konnte, kam fast einen Schritt zu weit an den Straßenrand, damit der Fahrer sie bloß nicht übersah und stieg erleichtert zu. Sie beeilte sich schon fast, so, als wäre sie heute Nacht nur in diesem Bus sicher und setzte sich auf dem ersten Sitzplatz. Der Fahrer, ein alter, müder Mann, musterte sie teils mitleidig, teils fassungslos, dass ein so junges Mädchen noch so spät auf den Straßen war, dann stieg er wieder aufs Gaspedal.
    All die Stationen, Gassen, Häuser, Autos, die sie vom Tag her kannte, sahen bei Nacht verändert aus. Düsterer, gespenstig, verlassen. Seltsame Gestalten liefen auf den Straßen umher, nur selten erblickte sie einen normal anmutenden Menschen. Frauen mit hohen High Heels, grobmaschigen Netzstrumpfhosen und so kurzen Röcken, die beinahe überhaupt nichts bedeckten, stolzierten an den berüchtigten Stadteilen hin und her. Als Ruri aus dem Fenster des Busses sah, wie sich eine der Frauen lasziv zu einem anhaltenden Auto vorbeugte, glaubte sie, dass sie an diesem Ort, zu dieser Zeit vollkommen fehl am Platz war. Da waren ihr die wenigen Partygäste viel lieber, welche entweder erst in die Disko oder schon nach Hause fuhren, so recht konnte man sie nicht unterscheiden und unter den Werkstagen ging kaum jemand abends tanzen.
    Sie musste nur diese eine Nacht durchhalten. Morgen früh würde sie sich ein Frühstück gönnen, das übrig gebliebene Geld für Pokebälle verwenden und ohne Zeit zu verlieren auf Jagd gehen. Schon morgen Abend würde sie sich in den weichen Laken eines Bettes der zahlreichen Center wiederfinden. Sie hatte gehört, die sollen bequem sein. Nach der Schule, wenn ihre Mutter schon längst im Bett gelegen war und annahm, dass auch Ruri schlief, hatte sie immer Informationen zu ihren Traumpokemon gesucht. Sie wusste alles über die örtlichen Käfer, bis ins kleinste Detail. Mit dieser Sicherheit, dass sie es wohl weit bringen könnte, ließ sie sich vom Schaukeln des Busses einschläfern.


    „Hey Kleine, hast du kein zu Hause?“, weckte sie eine bissige Männerstimme. Sofort schreckte Ruri auf und war von einem Moment auf den Anderen im Besitz all ihrer Sinne. „Doch, doch“, winkte sie ab. Die Stimme hatte dem Busfahrer gehört, der sich über seitlich über sein Lenkrad lehnte und ihr mit einer harschen Kopfbewegung den Ausgang zuwies. Vielleicht war nun Feierabend für ihn und die mitleidig-verwunderten Blicke von gestern waren auch Vergangenheit.
    Ruri packte ihre Tasche und beeilte sich aus dem Verkehrsmittel hinauszukommen. Ihr Nacken war steif, vermutlich war sie in einer ungünstigen Position eingeknickt und ihr gesamter Rücken spannte, als wäre sie nicht zwölf, sondern weit über vierzig Jahre alt. Sie streckte sich, bis ein Wirbel leise knackte und das Spannungsgefühl ein wenig nachließ. Und jetzt? Was sollte sie nun tun? Die Sonne kroch gemütlich hinter den Hochhäusern hervor und ihr Handydisplay verriet, dass es sechs Uhr war.
    Ein entgangener Anruf? Wer konnte das schon sein, außer Glen. Vielleicht hatte sie der Verräter an ihre Eltern verpetzt und die würden nach ihr suchen. Wahrscheinlich glaubte er auch noch, dass er vernünftig handelte. Ruri zeigte der Vernunft endgültig den Mittelfinger. Sie wollte sehen, wohin sie das Leben brachte und nicht weiter zwischen dem einen und dem anderen Elend dahinvegetieren. Ihre Eltern hatten früher ebenfalls auf die Vernunft gehört, bis der Bogen zum Zerreißen gespannt war und schließlich mit einem großen Schnalzen abriss. Das, was hinter der Fassade, zum Vorschein kam, war unschön für alle gewesen.
    Das Handy läutete nochmals. Dieses Mal erschien ihre Mutter an der Anzeige. Als Erstes sollte sie also ihr Handy loswerden, schleunigst. Sonst spürte sie man sie noch dadurch auf und ihr Traum platzte wie eine Seifenblase, bevor sie beginnen konnte ihn auszuleben. Wutentbrannt warf sie das Handy bis auf die andere Straßenseite, an der es zerschellte. Das Frühstück würde auch ausfallen. Sie würde sich ein Zugticket nach Dukatia kaufen, ein ganz Billiges, das es nur für Schüler gab. Dort kannte sie niemanden und dort herrschte das Leben, nicht in einer vor allem für Reisende unbekannten Stadt, die zwar eine Million Einwohner zählte, doch nichts zu bieten hatte, das Leben angelockt hätte. Dukatia und Umgebung zählte, das wusste sie noch von der Wikipedia, dreizehn Millionen Menschen, eine Weltmetropole mit vielen Sehenswürdigkeiten und einer Arena und somit eindeutig attraktiver als Ōsai. Selbst Azalea, irgendein verschlafenes Dorf, bekam mehr Anerkennung.
    Zielgerichtet nahm sie den nicht allzu langen Fußmarsch auf sich, betrachtete alles und jeden, an dem sie vorbeikam. Dort hinten, zwei Straßen weiter und dann links, hatte sie mit ihren Kumpels und mit Glen so oft Fußball gespielt. Drei Stationen weiter stand ein unscheinbares Haus, das sie mindestens drei Tage die Woche betreten hatte, ihr Karateverein. Immer wenn die Unsicherheit sie nach Hause drängen wollte, rief sie sich das Bild ihrer Mutter mit einer Bierflasche in der Hand, vollkommen erledigt und seufzend am Sofa liegend, in Gedanken, genauso wie die hohen Spielschulden, die ihr Vater zu Stande gebracht hatte. Das waren beide Penner! Ihrer Tochter hatten sie stets davor gewarnt Trainerin zu werden, da sie etwas ‚Ordentliches‘ lernen sollte und was wurde aus ihnen selbst? Wenn sie darüber nachdachte, dann hatte sie lange die Anzeichen gesehen. Ihre Mutter hatte sich immer seltsamer benommen, nervös, als würde ihr etwas fehlen. Das ging schon bestimmt ein halbes Jahr lang so. Das stärkte ihren Entschluss, als sie den Zug fast nicht mehr erwarten konnte. Das Ticket war nicht billig gewesen, da konnte sie das Restgeld gerade noch für einen normalen, billigen Pokeball zusammenkratzen. Und wenn etwas schief lief? Was dann? Würde es schon nicht! Es durfte einfach nicht.


    Willkommen schönes, neues Leben, versprach das Kreischen der Gleise, als der Zug einfuhr. Kaum eingestiegen und einen Platz gefunden, nickte sie die zwei Stunden Fahrt ein und wachte erst wieder auf, als die steif wirkende Frauenstimme der Lautsprecherdurchsage die vorletzte Station ankündigte. „Dukatia Hauptbahnhof. Change here to City Airport Train“ und der Zug rollte endlich in die Station ein. Das Gleis war unendlich lang, die Haltestelle mit acht a - d beschriftet. Andauernd ertönten von benachbarten Gleisen Durchsagen. Sie kannte Dukatia von Schulausflügen, doch da war sie zu beschäftigt gewesen mit Glen zu blödeln und zu tratschen, war einfach der Klasse nachgeschlurft und hatte die Museumsbesuche hinter sich gebracht.
    Sie stellte einen genauen Plan in ihren Gedanken auf, damit bloß keine erneute Unsicherheit oder Angst aufkam, und folgte stracks dem beschilderten Weg zum Ausgang. Im Hintergrund murmelten hunderte Leute und fuhren Züge ein und davon. Große Supermärkte, Buchhandlungen und Bekleidungsgeschäfte drängten sich in der Eingangshalle aneinander. Zwischen all diesen Läden prangte ein schillerndes, rundes Schild. Sie nannten die neuen „Pokemonsupermärkte“ seit kurzem „BattleStore“ und zierten den Pokeball auf ihrer Fassade mit grellen roten Lichtern und einem Chibismettbo, wohl ihr neues Markenzeichen.
    Endlich, nach einigen Jahren des Wünschens, hielt sie ihren ersten, eigenen Pokeball in der Hand. Die Behälter waren voll davon. In jedem Gang fanden sich bunte Bälle wieder. Einer teurer als der Andere. Mehr als zweihundert Yen besaß sie nicht mehr und konnte nur zu den Einfachen, Gewöhnlichen, den Roten, greifen. Die Schlange von hinten drängte, sodass sie den Moment gar nicht recht genießen konnte. „Ein einziger Ball? Damit kommst du aber nicht weit“, witzelte die Verkäuferin, während sie die Kapsel über die Kassa zog und Ruris letztes Geld abverlangte.
    „Weit genug!“ Ruri sah sie fest an und nahm den Pokeball schließlich an sich. Dem riesigen Store würde vermutlich nicht einmal auffallen, wenn sie sich noch heimlich fünf weitere heimlich einsteckte, aber sie waren gesichert, als würden sie Schmuck aus Gold verkaufen. Wer sich keinen Pokeball leisten konnte, konnte auch seine Partner nicht versorgen und wer seine Pokemon nicht versorgen konnte, war es anscheinend nicht wert eines zu besitzen. Deshalb verkauften sie die Kapseln nur an solche, die auch einen gutbürgerlichen Eindruck hinterließen. Da konnte Ruri von Glück sprechen, dass sie ihre Haare noch nicht zu der Punkfrisur, von der sie so sehr schwärmte, gestylt hatte. Wenn sie nicht aufgepasst hätten wie kläffende Wachhunduster und Ruri später keine Gewissensbisse geplagt hätten, weil man so etwas einfach nicht tat, hätte sie mehr als genug Pokebälle mitgehen lassen können.
    Doch weil es anders kam, hielt sie auch nur einen Einzigen in der Hand. Was würde sie damit tun? Euphorie erfasste sie. Ein Bluzuk? Ein Weberak? Vielleicht auch nur ein einfaches, süßes Rattfratz?
    Ruri blieb in der Nähe des Hauptbahnhofes – von Außen ein modernes, gepflegtes Gebäude aus Glas und Stahl. Außerhalb lag ein feinmaschiges Schienennetz, das ihn umgab. Ein seltsamer Anblick. Kaum den Hauptausgang verlassen, fand man sich auf einem ganz anderen Bahnhof wieder. Busse und Straßenbahnen tummelten sich so wie im Inneren die ankommenden und abfahrenden Züge. Mit all den Stationsbeschriftungen gab sie sich nicht ab, da sie ohnehin nicht wusste, wohin sie wollte oder wohin es sie ziehen würde. Bestimmt würde sie später noch all diese Verkehrsmittel benötigen, aber vorerst ging sie an ihnen vorbei.



    Der Pokeball war aufgesprungen, dieses verdammte Bluzuk hatte sich noch geschüttelt, als es aus der Kapsel gesprungen war, hatte ihr wutentbrannt einen klebrigen Faden ins Gesicht gespien und war davongelaufen, auf ins nächste Gebüsch. Ruri war das Herz stehengeblieben. Wie hatte das geschehen können? Das Bluzuk war noch klein und schwach gewesen, es hätte nicht die Kraft besitzen sich dürfen, sich aus dem Ball zu befreien. Ihre Finger hatten nach der klebrigen Masse gegriffen, um sie hinunterzuziehen. Erst da hatte sie begriffen, dass es vorerst aus mit dem Traum war. In ihren Gedanken geisterten hunderte Schreckensszenarien, was mit ihr nun passieren würde, herum. Eines schlimmer als das Andere. So war das nicht geplant gewesen.
    Nun besaß sie nichts außer dieser verdammten Tasche, ihren Klamotten und sich selbst. Als sie sich sicher war, dass sie niemand beobachtete, fiel sie auf einer Holzbank in sich zusammen. Egal wie sehr sie blinzelte, ihre Augen wurden ja doch nur feucht. Ruri wollte nach Hause, in ihr Bett anstatt auf dieser unbequemen Holzbank zu sitzen, zu Glen, in ihren Karateverein, sogar in die Schule, vielleicht gar zu ihren Eltern. Aber sie konnte nicht. Sie fürchtete die Wut aller. Würden sie wirklich wütend sein? Viel eher wären sie erleichtert, dass die Tochter und die beste Freundin wieder zurück zu ihnen kam. Doch Ruri war zu stur, obwohl sie wenigstens einen Teil dieser Dickköpfigkeit in Zaum halten wollte. Etwas in ihr verbot es. Sie musste Dinge, die sie angefangen hatte, zu Ende bringen, selbst wenn sie auf halbem Weg selbst einsah, dass sie sich nichts Gutes tat. Jetzt hatte sie sich bereits tief in die Scheiße geritten, anders konnte sie es nicht mehr benennen, jetzt musste sie auch selbst von dort hinauskommen, ohne unverrichteter Dinge und mit gesenktem Kopf zurückzukriechen. Wenn sie sich vorgenommen hatte, auf dieses verdammte Siegertreppchen zu steigen, dann konnte sie nicht einfach umdrehen und nach Hause gehen. So handelten nur die schwächlichen Weiblein, die sie verabscheute und Ruri wollte nicht bei den ersten Problemen das Handtuch werfen. Alles halb so schlimm, redete sie gut auf sich ein.


    „Wer sitzt denn da und heult sich die Augen aus?“, spöttelte eine Mädchenstimme, vielleicht nur ein, zwei Jahre älter als sie.
    Mit einem Schlag waren Ruris Augen wieder trocken, sie saß kerzengerade da und ließ der Anderen giftige Blicke zukommen. „Du hast Halluzinationen.“
    „Wie du meinst.“ Die Fremde warf gleichgültig die Hände in die Luft und kam ihr näher. Sollte sie nach Streit suchen, war sie bei Ruri eindeutig an der falschen Adresse. Der Direktor musste bereits zweimal ihre Eltern vorladen, da sie einen Jungen verprügelt hatte, der ihr einfach keine Ruhe hatte geben wollen. Dabei hatte sie ihn fünf Mal vorgewarnt.
    „Was willst du?“
    „Bist du alleine?“ Als sie sich ungefragt neben sie setzte, bemerkte Ruri, dass das Mädchen vollkommen in Schwarz gekleidet war. Keine für Teenager üblichen Spruch- oder Bilddrucke oder Verzierungen. Einfache schwarze Jeans und ein schwarzer Pullover. Seltsam.
    „Ja, bin ich.“ Bis sie wusste, was die Andere von ihr wollte, wollte sie ihr reserviert begegnen.
    „Aber so spät?“
    „Du bist auch nicht älter als ich“, stellte Ruri fest.
    „Kommt drauf an, ich bin vierzehn.“ Bevor sie erwidern konnte, wurde ihr eine Hand entgegengehalten. „Anne.“
    Ruri wusste nicht, woher das Misstrauen entsprang. Sicherlich auch, weil es nicht unbedingt gewöhnlich war, dass sich ihr eine Fremde relativ spät abends vorstellte. Doch da war noch etwas. Etwas Ungutes. Ein Gefühl, dass diese Bekanntschaft nicht gemacht werden sollte. Aber das war doch Blödsinn, oder? „Ruri.“ Da hatte sie schon eingeschlagen. Diese Anne war doch nur eine Jugendliche wie sie auch.
    „Und du, bist du alleine?“
    „Schaut danach aus.“
    Sie spähte in der Gegend umher. Vielleicht wickelte Anne sie einen Trick ein und hinter den Gassen lauerten schon ihren Kumpels? Jugendbanden, die andere ausraubten waren keine Seltenheit. In Dukatia gab es verrufene Bezirke, deren schlechtes Image über die Grenzen der Stadt hinausreichte. Hoffentlich war sie nicht in einen solchen hineingeraten.
    „Ich frag ja nur. Könnte auch sein, dass du auf jemanden wartest, oder?“
    „Du solltest hier nicht zu lang allein sein. Kann ungesund sein.“
    Also doch? War Anne am Ende nur ein freundliches Mädchen, das einer Fremden einen Gefallen tun wollte?
    „Ist übel hier. Ich nehm' mal an, du bist nicht von hier? Ich hab' dich noch nie hier gesehen.“ Das Mädchen sah in die Ferne einen Punkt an, auf dem Ruri ein Schild ausmachen konnte.
    „Wenn’s so übel hier ist, warum kennst du dich dann so gut hier aus, hm?“, hänselte sie die Fremde.
    „Weil ich hier wohn‘.“ Eine einfache, trockene Aussage. „Und wir könnten noch wen brauchen.“
    Ruris Alarmglocken läuteten. Für was sollte man sie gebrauchen können? „Für was brauchen?“
    „Du siehst eh verloren aus. Weißt du, wo du hin willst?“
    Da sie nicht wusste, was sie von Anne halten sollte, zuckte sie mit den Schultern.
    „Na also“, gab sich diese zufrieden. „Und wenn du nicht weißt, was du tun sollst, kannst du mit zu mir.“
    „Warum sollt' ich?“, giftete Ruri sie an.
    „Weil wir alle mal Teenies waren, die auf so einer Bank wie der hier gesessen sind oder irgendwo in der Gosse und uns die Augen ausgeheult haben.“
    Am klügsten wäre es gewesen, wenn sie aufgestanden und gegangen wäre. Stattdessen packte sie eine groteske Neugier. „Wer alle?“
    „Na wir halt. Wir sind so ein kleines Grüppchen, wir halten immer zusammen und schlagen uns durch. Immer loyal zueinander sein. Das ist wichtig. Dann hast du dein Zimmer, das teilst du dir mit jemanden, ein weiches Bett, dreimal am Tag zu essen.“ Anne strich sich eine der brünetten Haarsträhnen aus den Augen und lächelte großzügig.
    „Und was macht ihr?“, fragte sie reserviert.
    „Überleben. Nein warte, wir führen ein so gutes Leben wie möglich. Ein Mädel in unserem Alter hockt normalerweise nicht nachts so alleine draußen rum, oder? Ich weiß nicht, was bei dir war, aber ich hatte irgendwann keinen Bock mehr für jede Scheiß-Note Prügel zu kassieren. Oder wenn er einen schlechten Tag hatte.“
    Das tat ihr zwar leid für Anne, aber weshalb erzählte sie grundlos einem Mädchen, das sie erst vor wenigen Minuten kennengelernt hatte, ihre Geschichte? Aus Solidarität? Weil sie dachte, dass Ruri sie verstehen und dann ihrer Gang, oder was auch immer das sein mochte, beitrat?
    „Willst du mir also erzählen, ihr seid die Wohlfahrt?“, witzelte sie, um mehr zu erfahren.
    „Nein. Du musst schon etwas tun. Hier und da was klauen. Nichts Weltbewegendes. Du verstehst schon? Bisschen mehr halt manchmal.“
    Ruri schluckte. Stehlen – und ein bisschen mehr? Ja, sie verstand sogar sehr genau, was Anne ihr durch die Blume und mit ihrem lockeren Tonfall erklären wollte. Ihr Angebot war so erschreckend verlockend. „Ich geh' lieber“, beeilte sie sich zu sagen, bevor sie es sich anders überlegen konnte.
    „Ich streif‘ hier jeden Tag rum“, rief ihr Anne nach, als wüsste sie bereits, dass Ruri sie nicht ewig ablehnen konnte. Als sie sich kurz umsah, sah sie einen Pokeball in ihrer linken Hand. „Ein Geschenk von ihnen.“
    Da Ruri wusste, dass es falsch war Annes Worten nachzugeben, wanderte sie durch die Nacht. Jeden, der sich auf derselben Straßenseite wie sie befunden oder plötzlich um eine Ecke gekommen wäre, hätte sie wohl aus Schreck auf’s Kreuz gelegt. Alles war dunkel, die einzigen Geräusche stellten quietschende Autorenreifen und das Kreischen eines Kramurxschwarms dar. Mit jedem Schritt stieg der Wunsch so schnell wie möglich zum Bahnhof zurückzulaufen und nach Hause zu fahren. Dann würde sie die Bettdecke über ihren Kopf ziehen und so tun, als wäre das alles hier nur ein Alptraum gewesen. Doch selbst wenn sie es nicht nur gewollt, sondern auch durchziehen hätte können, sie wusste nicht einmal mehr, wo sich der Bahnhof genau befinden sollte. Jede Straße und Gasse sah gleich aus. Vermutlich hatte sie sich auch schon zu weit entfernt.



    Sie war eine Woche in eine geistige Schockstarre verfallen, tat alles wie eine Maschine, nur weil sie musste. Geschlummert wurde in warmen Hallen auf Bahnhöfen, das war noch relativ bequem und niemand interessierte sich für sie. Aber schlafen konnte sie nicht. Alle ‚was wäre wenn…‘-Ideen geisterten ihr doch den Kopf.
    Am Bahnhof wurden auch die Haare gewaschen. Meistens standen die Bahnhof-WCs auch nachts offen. Dann musste man sich nur vor den Junkies in Acht nehmen. Manche konnten unangenehm werden und Ruri hatte schon nach einigen Tagen verstanden, zu welchen Zeiten sie die Toilette aufsuchen konnte. Sie ging ohnehin Menschen aus dem Weg und glaubte verrückt zu werden. Die Haare wurden nur mehr mit Wasser gewaschen. Wenn sie Glück hatte, fand sich in den Seifenspendern noch ein letzter Rest, den sie als Shampoo gebrauchte. Mit dem Wasser aus der Leitung füllte sie immer und immer wieder ihre leere Flasche auf.
    Den beißenden Geruch, der aus den ebenfalls nicht sehr ansehnlichen Toiletten muffelte, konnte sie nicht ignorieren. Als sie sich in den Spiegel sah, waren ihre Augen verquollen, ihre Wangen rot, sie schniefte und schnäuzte sich in eines der Tücher aus den Spendern.
    Sieben Tage waren vergangen, in denen sie gelernt hatte, dass es zu Hause womöglich doch nicht so schlecht gewesen sein mochte. Zumindest besser als hier. Wenn dieser verdammte Ball nicht aufgesprungen wäre, würde sie jetzt bereits im warmen Bett eines Pokemoncenters liegen und selig schlafen. Vielleicht konnte sie ihrer Mutter helfen den Alkohol bei Seite zu legen, auch wenn sie nicht daran glaubte. Aber was sollte sie nur sagen? „Mama, da bin ich wieder?“ oder einfach wortlos hereinkommen und tatsächlich so tun, als sei nie etwas gewesen? Vielleicht sentimental werden? Egal, Hauptsache ein Bett und warmes Essen. Wie auch immer sie zu einem gelangen würde und wo das auch sein mochte.
    In den letzten Tagen hatte Ruri sich sogar dazu durchringen können, eine mit Schinken, Käse und Salat gefüllte Semmel zu stehlen. Aber genießen hatte sie es nicht können, obwohl es sicher nicht schlecht geschmeckt hätte. Das tat man nicht. Diese Vorstellung war viel zu tief in ihr Denken eingebrannt. Trotzdem hatte sie sich noch drei Mal dazu durchgerungen und war sogar stolz auf sich gewesen, dass sie niemand erwischt hatte.
    Nein, bevor sie nach Hause zu diesem Spieler und der Säuferin gehen wollte, wollte sie noch etwas ausprobieren. Warum sollte sie Essen stehlen können und Pokebälle nicht? Dieses Mal würde es funktionieren.


    An diesem Abend hatte sie sogar ihre Kleidung im Waschbecken gewaschen. Mit Handseife, aber sie roch gar nicht einmal schlecht. Sie sah im Großen und Ganzen sauber aus und fiel dennoch auf. Irgendetwas war an ihr anders als früher. Abermals trat sie in einen der „BattleShops“ und näherte sich dem Korb, in dem dutzende Pokebälle lagen. Einfach nehmen und gehen, einfach nehmen und gehen … Damit sie sich nicht anders entscheiden konnte, entschied sie sich so schnell wie möglich zu handeln. Ihre Finger waren geschickt und trennten die Sicherung vom Ball. Es hatte nur ein leises Klicken gegeben und niemand hatte sie angesehen. Und dann geschah es. Ein ohrenbetäubendes Geräusch ertönte. Wie eine Sirene. Ruri hielt den Atem an, als alle Blicke auf sie gerichtet waren. Die Menschen sahen sie so verachtend an, als würden sie einer Mörderin gegenüberstehen. Der Verkäufer sprang von seinem Platz hinter der piepsenden Kassa auf und hastete bereits auf sie zu. Alles drehte sich um sie. Entsetzt ließ sie den Ball fallen und lief. Lief einfach nur Richtung Türe. Einige Personen versuchten sie zu erhaschen. Zum Glück war sie wendig genug, um sich ihnen zu entziehen. Irgendwem hatte sie einen Kinnhacken verpasst. Selbst schuld, oder?
    Sie bog in ein verwinkeltes System aus Gassen ein, dachte nur daran, dass es besser für sie war, je mehr Haken sie schlug, bis sie bemerkte, dass hinter ihr noch immer ein einziges Paar Schritte herlief. Sie waren flinker als sie und Ruris Lungen fingen zu brennen an. Dieser Jemand packte ihre Unterarme und drückte fest zu. „Game Over, oder?“
    „Lass mich!“ Ruri versuchte sich aus dem Griff des Jungen zu befreien. Oh scheiße! Was hatte sie nur getan, sie dummes Ding? „Das geht dich nichts an!“ Knurrend drehte sich zu ihm um und versuchte seine Hand zu beißen.
    Da ließ er sie freiwillig gehen. „Nur die Ruhe, Kleine.“ Ein spöttisches Lachen. Idiot! „Ich bin nur ein Kumpel von Anne.“
    Die gleichen schwarzen Klamotten. Das war ja wohl kaum ein Zufall. Langsam beruhigte sich ihr Körper wieder und ließ sie zur Ruhe kommen.
    „Stalkt ihr mich?“ Was waren das für Verrückte? Verstohlen sah sich Ruri um, ob ihr nicht doch der Verkäufer bis hierher gefolgt war.
    „Ist das nicht ein bisschen zu krass ausgedrückt?“
    „Find' ich nicht“, wehrte sie ab.
    „Ich dacht‘ nur, ich frag‘ dich mal, ob du’s dir nicht doch noch überlegt hast. Wie schaut’s aus?“ Zumindest sah er vertrauenswürdig aus, wie ein normaler Junge von vierzehn, fünfzehn Jahren nunmal aussah: Gewöhnlich. Das musste aber nicht unbedingt etwas über ihn aussagen.
    „Ich pack‘ das schon, dass ich mir nächstes Mal einen Ball mitnehm‘. Ich schaff‘ das alleine.“ Warum war sie auch so dumm gewesen und hatte die Kapsel fallen lassen?
    Der Junge lachte spöttisch. „Ach? Wusstest du, dass sich automatisch die Türen und Fenster schließen, wenn so ein nicht entriegelter Ball mal einfach eingesteckt wird? Du hast keine Chance, Mädchen. Was glaubst du, wie viele schon Pokebälle geklaut hätten, wenn das so einfach wär'?“
    „Ich hab die Sicherung schon ab gehabt“, triumphierte sie.
    „Und die Innen?“
    Innen? Das wusste sie nicht … waren sie denn wirklich so happig darauf? Deswegen gab es also keine Automaten, an denen man Pokebälle kaufen konnte?
    „Stell‘ dich nicht so an. Wir fressen dich schon nicht. Was ist?“
    Alles in ihr sagte, sie sollte einfach nach Hause gehen, aber wenn ihr doch eine Alternative angeboten wurde…? „Ich will mit Anne reden, nicht mit dir“, erwiderte sie zögerlich. Ein paar kleinkriminelle Teenies waren ja wohl besser als eine saufende Mutter, nicht? Bei denen gab’s ebenfalls ein warmes Bett und Essen.

  • [font='Georgia, Times New Roman, Times, serif'][align=justify]Guten Abend, da in Moskau bereits einer herrschte, als ich von Lehre und Sport ausgelaugt nach Hause kam. Wie gerne würde ich jetzt...

    Zitat von Bastet

    Eiskunstlaufen, zwei Stunden pennen, shoppen, Party, chillen, noch mehr Shopping...


    ...aber Nein, ich weiß ja, dass Autoren gerne unverzüglich für die angenehmen Leseminuten entlont werden :whistling:.


    Der Kapitelbeginn schließt an Deinen Signaturstil, dessen Realitätsnähe ich ja meist als die größte Stärke erwähnte, an: Glen kommt mit vernünftigen Argumenten, denn er ist weniger extremal, als die impulsive Ruri.
    Die darauffolgende Elternszene läßt mir weiteren Diskussionsstoff für Gespräche - ob Du es wohl so gedacht hattest? - einfallen. Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben, doch hat er auch auf jeden Fall das Recht, Kinder in die Welt zu setzen? Umso aussagekräftiger, dass Ruri mit solchen Erbanlagen dennoch zur tatkräftigen Rebellin herangewachsen ist: sie wirkt energischer, als sie es gar in einigen Episoden nach dem Zeitsprung tut, vermutlich aus Impulsivität. Ich lobe mir wieder einmal Deine leserfreundlichen, bodenbeständigen Formulierungen und auch das Schisshaspiror.
    Die bisher dürftig ausgefallene Beziehung zwischen Ruri und Taiki wurde hier gut beleuchtet, sowie die mit ihr mitschwingenden Widersprüche: Du wolltest wohl auch verdeutlichen, dass es Kazuya ist, der die beiden zusammenhält. Doch ist es nicht, was einen tatsächlich glücklichen Menschen ausmacht, sich nur für Charts, Kino und Freunde interessieren zu können, wünscht sich das Ruri nicht vielleicht insgeheim?
    Sehr gelungen fande ich Beschreibungen der Großstadt, wobei man hier aus dem Hinterkopf verlieren kann, eine Pokémon-Fanfiktion vor sich zu haben. Was Du ernüchternd, ohne muffige Toiletten zu verschweigen, zeichnest, ist Wien oder Berlin, doch keine Pokémon-Metropole. Was ich hier stark finden würde, wäre, auf Deinem charakteristischen Realisimusniveau Andeutungen auf in den Spielen bestehende Architekturelemente einzubringen: ist es Prismania City? Ich bevorzuge bei Personen- wie Umgebungsbeschreibungen ja bekanntlich romantischere, fiktionalere Noten, gebühre aber Tribut an Deine Einstellung.
    Ruris Verhalten erscheint logisch und die entstandene Anknüpfung, Verbindung mit Team Rocket jedenfalls gelungen.



    Mit 36.000 Zeichen kein Diätgericht, doch der ein- oder andere Leckerbissen mit bitterem Beigeschmack.

  • Jetzt ist ja die Schuld beglichen x3


    Zitat

    Der Kapitelbeginn schließt an Deinen Signaturstil, dessen Realitätsnähe ich ja meist als die größte Stärke erwähnte, an: Glen kommt mit vernünftigen Argumenten, denn er ist weniger extremal, als die impulsive Ruri.


    Das freut mich. x3
    Nur lässt sie sich in diesem Zeitpunkt nichts sagen =(


    Zitat

    Die darauffolgende Elternszene läßt mir weiteren Diskussionsstoff für Gespräche - ob Du es wohl so gedacht hattest? - einfallen. Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben, doch hat er auch auf jeden Fall das Recht, Kinder in die Welt zu setzen? Umso aussagekräftiger, dass Ruri mit solchen Erbanlagen dennoch zur tatkräftigen Rebellin herangewachsen ist: sie wirkt energischer, als sie es gar in einigen Episoden nach dem Zeitsprung tut, vermutlich aus Impulsivität.


    Naja, ich persönlich hab' jetzt nicht unbedingt daran gedacht - oder wollte die Frage aufwerfen. Zumindest nicht absichtlich. Ich schreibe immer nur die Geschichten von Menschen auf, im Großen und Ganzen. =O


    Zitat

    Ich lobe mir wieder einmal Deine leserfreundlichen, bodenbeständigen Formulierungen und auch das Schisshaspiror.


    Thanks. x3 Ich bin froh, dass mein Stil sich in diese Richtung bewegt hat. Ich hab mal "versucht" Fantasy zu schreiben und meine Ausdrucksweise war furchtbar gezwungen-gehoben. Mittlerweile kann ich diese Story selbst nicht mehr sehen. (von den Charas ausgenommen) x_x


    Zitat

    Die bisher dürftig ausgefallene Beziehung zwischen Ruri und Taiki wurde hier gut beleuchtet, sowie die mit ihr mitschwingenden Widersprüche: Du wolltest wohl auch verdeutlichen, dass es Kazuya ist, der die beiden zusammenhält. Doch ist es nicht, was einen tatsächlich glücklichen Menschen ausmacht, sich nur für Charts, Kino und Freunde interessieren zu können, wünscht sich das Ruri nicht vielleicht insgeheim?


    Taiki kriegt auch einmal ein Special, nur um einiges später. Was aber nicht heißt, dass es nicht schon zu einem großen Teil geschrieben wäre. =) Gut, großes Drama darfst du bei ihm schonmal sicher nicht erwarten, aber wer weiß ... vielleicht tut Ruri ihm trotzdem Unrecht und eventuell hast du ja Ruri durchschaut. :D


    Zitat

    Sehr gelungen fande ich Beschreibungen der Großstadt, wobei man hier aus dem Hinterkopf verlieren kann, eine Pokémon-Fanfiktion vor sich zu haben. Was Du ernüchternd, ohne muffige Toiletten zu verschweigen, zeichnest, ist Wien oder Berlin, doch keine Pokémon-Metropole. Was ich hier stark finden würde, wäre, auf Deinem charakteristischen Realisimusniveau Andeutungen auf in den Spielen bestehende Architekturelemente einzubringen: ist es Prismania City? Ich bevorzuge bei Personen- wie Umgebungsbeschreibungen ja bekanntlich romantischere, fiktionalere Noten, gebühre aber Tribut an Deine Einstellung.


    Dukatia. ^^ Die Stadt Osai, in der sie wohnt, hab ich mal aus dem Ärmel geschüttelt, weil ja ... gäb sonst ein bisschen wenige Orte in Johto, wenn man sich nach der Spielvorgabe halten würde. ^^"
    Denn sonst...

    Also hab ich die Maße auf echte Metropolen umgewandelt und so sind Dukatia + Umgebung 13.000.000 geworden. Das sind weniger als in etwa NY, Tokio und Umgebung und co. Und ich komm grad drauf, dass Wien und Umgebung mit seinen etwa 3 Millionen eine Ministadt ist ._."

    Hm, finde ich schade, dass das nicht so gut ankam. Ich bin nur die Friede-Freude-Eierkuchen-Atmosphäre der sonstigen Pokemonweltdarstellungen, die man so manchmal bekommt - und auch offiziell - satt. Aber vielleicht sollt ich ein wenig auf Realismus dann doch verzichten? Keine Ahnung. ^^"


    Zitat

    Ruris Verhalten erscheint logisch und die entstandene Anknüpfung, Verbindung mit Team Rocket jedenfalls gelungen.


    Danke. ^^
    Ja, da hat sie erst kennengelernt. ^^

  • Hi, Bastet


    Dass du dich dazu entschlossen hast, aus dem Ruri-Special 3 Kapitel zu machen scheint mir angesichts der Textmasse durchaus angemessen. Nicht zu fassen, wie du es geschafft hast, diese meiner Meinung nach eher geringe Menge an Handlung zu lang zu strecken, ist schon beeindruckend, wenn man bedenkt, wie unterhaltsam es gleiczeitig ist.
    Gleich zu Beginn war ich schon wieder voll drinnen in der Handlung und fand sie wirklich toll. Dass Glen schließlich vor dem Aufbruch einen Rückzieher macht und Ruri somit im stich lässt, gefällt mir vom Verlauf her sehr gut. So ist es eigentlich kaum der Beginn einer Reise, sondern eine Flucht vor dem Elternhaus. Mich spricht es durchaus auch an, wie du Ruris Hass ihren Eltern gegenüber vermittelst, sie aber nach außen hin stellenweise kaum eotional handeln lässt. Als bewahrte sie den ganzen Zorn bis zum großen Knall am Schluss auf. Die Überleitung zu ihrem Aufbruch hast du also echt toll hinbekommen. Ich muss dazu noch sagen: Warum muss ich eigentlich immer so sehr schmunzeln, wenn du etwas aus der realen Welt hier einbaust? Diesmal waren´s McDonalds und Wikipedia, dann erinnere ich mich noch an Red Bull, Star Wars, Smartphone und YouTube. Hätte mir dzu meinen Anfangszeiten auf dem BB jemand erzählt, dass man so etwas einbringen kann, ohne es lächerlich zu machen, hätte ich ihn wohl auf Ignorieren gesetzt. Aber irgendwie kriegst du das doch hin.
    Wieder zur eigentlichen Handlung. Der Versuch, sich ein erstes Pokémon zu fangen, ist leider nicht ganz so toll rüber gekommen und erzählt worden. Allein schon die Planlosigkeit, sich ein schwaches Exemplar zu suchen und einfach den einzigen Ball zu werfen, den man besitzt, hätte ich Ruri nicht zugetraut. Nach dem Fehlschlag außerdem war mir die Enttäuschung nicht gut genug herauszulesen. Schließlich hing absolut alles von diesem Pokéball ab und und dann sieht mit einem Mal Ruris Welt völlig hoffnungslos aus. Sorry, das war mir einfach zu wenig.
    Danach allerdings, als der Part mit Ruris Straßenleben und ihrer Begegnung mit den TR-Mitgliedern kam, lief es wieder besser. Die Dialoge wirken sehr authentisch und der Ersteindruck der charakteristiken ist sehr passend. Zudem sind sowohl Ruris Gedanken als auch Handlungen den Fremden gegenüber gut nachvollziehbar. Auch die Beschreibungen von Ruris alltäglichem Kampf ums Überleben waren toll. Nicht so extrem, wie bei Kazuya, aber der musste sich auch erheblich länger alleine durchbeißen (manchmal auch durch Wurzeln und das nur für die Mundhygiene). Außerdem hätte er nicht einmal die Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren und eben diese steht Ruri zumindest theoretisch noch offen. Dass sie das aber wirklich in Erwägung zieht - wenn auch nur in manchen, äußerst schweren Momenten - hatte ich aber nicht erwartet. Ich hatte sie irgendwie anders eingeschätzt. Dennoch, allein, dass du ihr diese Verlockung zur Verfügung stellst, war sehr clever, denn nun erkennt, sie, dass längst nicht alles an ihrem Leben schlecht gewesen war. So kommen ihre aussichtslose Situation und ihre Verzweiflung noch besser rüber. Und ganz nebenbei kann sich jeder Leser diese Lektion auch gleich mal für´s Leben vormerken, dass man jene(s), die/das man hat, zu schätzen wissen sollte.


    Als Fazit würde ich sagen, dass du abgesehen von einer kurzen Schwächephase wieder ein sehr fesselndes Kapitel geschrieben hast. Es hat wieder viel von dem eingefangen, was mich überhaupt zu Diebesgut gebracht hat, nämlich die durchaus armselige Situation eines Einzelgängers, der sich irgendwie durchschlagen muss und nichts mehr hat. Nun freue ich mich auf den wohl letzten Teil des Specials. Auch im Bezug auf Gruppen hast du mit Kazuya schon gut vorgelegt. Jetzt bin ich gespannt, wie due Ruri in solch einem Umfeld darstellst.


    Bis zum nächsten Mal also
    Pheno

  • Zitat

    Dass du dich dazu entschlossen hast, aus dem Ruri-Special 3 Kapitel zu machen scheint mir angesichts der Textmasse durchaus angemessen.


    Ich hab schon befürchtet, das wäre es nicht. x3


    Zitat

    Nicht zu fassen, wie du es geschafft hast, diese meiner Meinung nach eher geringe Menge an Handlung zu lang zu strecken, ist schon beeindruckend, wenn man bedenkt, wie unterhaltsam es gleiczeitig ist.


    Beim ersten Teil des Satzes dacht ich: uh, es ist langweilig? ._.
    Aber dann hab ich das "unterhaltsam" gelesen und bin grad froh. =)


    Zitat

    Gleich zu Beginn war ich schon wieder voll drinnen in der Handlung und fand sie wirklich toll. Dass Glen schließlich vor dem Aufbruch einen Rückzieher macht und Ruri somit im stich lässt, gefällt mir vom Verlauf her sehr gut. So ist es eigentlich kaum der Beginn einer Reise, sondern eine Flucht vor dem Elternhaus. Mich spricht es durchaus auch an, wie du Ruris Hass ihren Eltern gegenüber vermittelst, sie aber nach außen hin stellenweise kaum eotional handeln lässt. Als bewahrte sie den ganzen Zorn bis zum großen Knall am Schluss auf. Die Überleitung zu ihrem Aufbruch hast du also echt toll hinbekommen.


    Sie hätte gerne eine Reise, aber weiß selbst, dass es nur eine Flucht ist, ist enttäuscht von Glen und allen.


    Zitat

    Diesmal waren´s McDonalds und Wikipedia, dann erinnere ich mich noch an Red Bull, Star Wars, Smartphone und YouTube.


    Vergiss Darwin nicht. :D Und genau, die Pyramiden, die ich einfach mal in Orre hingeklatscht habe. Und vergiss Skype nicht! =O
    Ich hab schon einige Szenen, aber keine vollständigen Kapitel vorgeschrieben, da trägt Tai eine Jack Wolfskin Jogginghose und ein paar bekannte Namen von Künstlern erwähn ich auch.


    Zitat

    Hätte mir dzu meinen Anfangszeiten auf dem BB jemand erzählt, dass man so etwas einbringen kann, ohne es lächerlich zu machen, hätte ich ihn wohl auf Ignorieren gesetzt. Aber irgendwie kriegst du das doch hin.


    Ignorieren gleich? *g*
    Ja, warum auch nicht. Sind normale Jugendliche, mit normalen Freuden, die mit der selben Technologie und dem Wissen leben wie wir. =)
    Aber danke. ^^


    Zitat

    Wieder zur eigentlichen Handlung. Der Versuch, sich ein erstes Pokémon zu fangen, ist leider nicht ganz so toll rüber gekommen und erzählt worden. Allein schon die Planlosigkeit, sich ein schwaches Exemplar zu suchen und einfach den einzigen Ball zu werfen, den man besitzt, hätte ich Ruri nicht zugetraut. Nach dem Fehlschlag außerdem war mir die Enttäuschung nicht gut genug herauszulesen. Schließlich hing absolut alles von diesem Pokéball ab und und dann sieht mit einem Mal Ruris Welt völlig hoffnungslos aus. Sorry, das war mir einfach zu wenig.


    Hm okay, nehm ich zur Kenntnis. ^^"


    Zitat

    Danach allerdings, als der Part mit Ruris Straßenleben und ihrer Begegnung mit den TR-Mitgliedern kam, lief es wieder besser. Die Dialoge wirken sehr authentisch und der Ersteindruck der charakteristiken ist sehr passend. Zudem sind sowohl Ruris Gedanken als auch Handlungen den Fremden gegenüber gut nachvollziehbar. Auch die Beschreibungen von Ruris alltäglichem Kampf ums Überleben waren toll. Nicht so extrem, wie bei Kazuya, aber der musste sich auch erheblich länger alleine durchbeißen (manchmal auch durch Wurzeln und das nur für die Mundhygiene).


    Danke. ^^


    Mehr oder weniger alleine. Zumindest war er nicht immer alleine, aber die Clique hat ihm nicht wirklich geholfen, außer dass er mit Menschen kommunizieren konnte und dadurch nicht verlert hat mit Anderen umzugehen.
    Zur Klammer: Dass du dir solche Kleinigkeiten merkst. *_*


    Zitat

    Außerdem hätte er nicht einmal die Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren und eben diese steht Ruri zumindest theoretisch noch offen. Dass sie das aber wirklich in Erwägung zieht - wenn auch nur in manchen, äußerst schweren Momenten - hatte ich aber nicht erwartet. Ich hatte sie irgendwie anders eingeschätzt. Dennoch, allein, dass du ihr diese Verlockung zur Verfügung stellst, war sehr clever, denn nun erkennt, sie, dass längst nicht alles an ihrem Leben schlecht gewesen war. So kommen ihre aussichtslose Situation und ihre Verzweiflung noch besser rüber. Und ganz nebenbei kann sich jeder Leser diese Lektion auch gleich mal für´s Leben vormerken, dass man jene(s), die/das man hat, zu schätzen wissen sollte.


    Naja, zuerst wollt ich es wieder rausnehmen, aber dann dacht ich: Ja, das Mädchen ist 12.


    Lektionen will ich gar keine erteilen ^^"


    Zitat

    Als Fazit würde ich sagen, dass du abgesehen von einer kurzen Schwächephase wieder ein sehr fesselndes Kapitel geschrieben hast. Es hat wieder viel von dem eingefangen, was mich überhaupt zu Diebesgut gebracht hat, nämlich die durchaus armselige Situation eines Einzelgängers, der sich irgendwie durchschlagen muss und nichts mehr hat. Nun freue ich mich auf den wohl letzten Teil des Specials. Auch im Bezug auf Gruppen hast du mit Kazuya schon gut vorgelegt. Jetzt bin ich gespannt, wie due Ruri in solch einem Umfeld darstellst.


    Danke. =)


  • PS: Um Verwirrungen vorzubeugen. In Flashback-Kapiteln dachte ich mir, dass es sinnvoll sei, die Gespräche kursiv zu gestalten und das Flashback an sich in normaler Schrift, da der Teil ja ziemlich groß ist. ;)



    [align=justify]Ruri Special: Don't wanna be like Cinderella - Part 3



    Warum und wie war es dazu gekommen? Ruri glaubte sich am Abgrund ihres jämmerlichen Daseins. Die harmlose Jugendclique hatte sich noch am selben Tag als Team Rocket entpuppt. Am liebsten wäre sie davongerannt, doch Anne und der ihr noch immer namenslose Junge ergriffen ihren Oberarm und klammerten sie zwischen sich ein. Wahrscheinlich kannten sie diese Reaktionen nur zu gut. Davonrennen wollten wohl alle, denen die Hiobsbotschaft überbracht wurde. Zuvor hatte sie sich bloß gefragt, weshalb sie in die düstersten Gassen einbogen, warum es einen Code benötigte. Ihr vielleicht noch etwas kindlicher Geist hatte so etwas wie das Abenteuer ihres Lebens in der Situation sehen können oder zumindest sehen wollen. Vorerst, bis die Wahrheit ans Licht gekommen war.
    Der Junge erstickte jeden ihrer Widersprüche im Keim, doch Ruri wollte sich unter keinen Umständen den Mund verbieten lassen. Irgendwie musste sie von ihnen fortkommen, solange sie noch nicht im Herzstück der Basis, wie auch immer das aussehen sollte, angelangt waren. Sie wand sich in seinem Griff und er ließ sie gewähren, da er ohnehin wusste, dass sie ihnen freiwillig folgen würde, sobald sie ausreichend erschöpft war.
    Team Rocket … letztens hatten sie, laut Nachrichten, ein Attentat begannen. Das musste man sich erst einmal vorstellen, nichtsahnend in eine U-Bahn einzusteigen, zum falschen Ort, zur falschen Zeit und im nächsten Augenblick zerriss es eine Bombe und mit ihr den Wagon, die Menschen. Neun Tote, das nahm Team Rocket auf sich. Ihr Ziel war es gewesen jemand Ihresgleichen aus dem Todestrakt zu retten. Dann sah sie in das Gesicht der vierzehnjährigen Anne und fühlte sich wie erschlagen. Das passte nicht zusammen. Jugendliche und Anschläge in U-Bahnen. Da gab es wohl so vieles, das sie nicht wusste und nicht wissen wollte.
    Das Leben hier würde nicht einfach werden. Sie wollte so gerne den Gang, den sie eben beschritten hatten, zurücklaufen, hier hinaus, doch da waren dutzende Leute, die sie halten konnten, die alles mit ihr anstellen konnten, was ihnen gerade in den Sinn, in ihre abscheulichen-sadistischen Gedanken, die sie bestimmt alle miteinander hegten, kam.
    „Dein Zimmer, Kleine.“ Anne winkte sie an sich heran und Ruri folgte ihr unfreiwillig, dackelte ihr wie ein Fukano, das eben angeschrien, erniedrigt und geschlagen worden war, hinterher. Noch irgendein Korridor. Die Basis mutete ihr wie ein gigantischer Bunker an. Wie konnte man so etwas erbauen, ohne dass jemand davon wusste? Schon alleine diese Frage ließ sie schaudern.
    Sie wagte nicht Team Rocket Widerspruch zu geben, auch keinem vierzehnjährigen Mädchen. „Versuch nicht zu türmen, ich warn‘ dich vor.“


    Als wäre sie erstarrt, hielt sie inne. Im Raum links neben ihr, sie hätte schwören können, dass eine Silhouette kraftlos in sich zusammengebrochen war. Einfach so, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggerissen. Eiseskälte ergriff sie. Wahrscheinlich waren die paar wenigen Tage auf der Straße, die sie sich wohl selbst zuzuschreiben hatte, nur ein kleiner Vorgeschmack auf das gewesen, was noch folgen sollte. Nun glaubte sie dem Tod näher zu sein denn je, obwohl ihr niemand Leid zugefügt hatte. Noch bevor sie sich Mut zusprechen und abwägen sollte, ob es klug war sich zu vergewissern, schloss ein Mann die Türe hinter sich und trat ihr entgegen. Jung, vielleicht fünfundzwanzig Jahre, beinahe gekleidet wie die restlichen Mitglieder, stach von ihnen nur durch sein türkises, seltsam geformtes Haar ab. Anne neigte den Kopf. „Lance“, flüsterte sie in einer Mischung aus Demut und Angst. Rasch tat Ruri es ihr gleich. Ihre Hände zitterten und sie befahl ihnen still zu sein.
    „Angst?“, fragte er und ließ nur Gleichgültigkeit aus seiner Stimme sprechen. Was … hatte er gerade eben in diesem Raum getan? Das, was sie dachte, durfte nicht sein. Deswegen konnte es auch nicht sein.
    „Nur … aufgeregt.“
    Lance trat näher an sie heran und hielt drei Finger unter ihr Kinn, welches sie hob, ohne dass er es zu berühren brauchte. Ruri schauderte, konnte es nicht verbergen. Da Anne noch immer ehrfurchtsvoll den Kopf gesenkt hatte, würde sie gut daran tun ihn, welche Stellung er auch innehaben mochte, mit demselben Respekt zu behandeln. Noch keinen Tag anwesend und schon war sie gewillt sich einem Hierarchiesystem innerhalb … was auch immer sie darstellten zu fügen. Was taten sie mit ihr? „Das würde ich dir auch raten, Kleine.“
    Warum?, wollte sie fragen, blieb jedoch stumm.
    Ruri sah zögerlich auf. Sein Blick, dieser Ausdruck in seinen Augen, irgendetwas stimmte mit ihm nicht. In diesen Momenten spürte sie es stärker denn je, dass sie doch erst zwölf Jahre alt war. Verdammt, warum konnte sie nicht betiteln, was es war, das sie glauben ließ in den Abgrund einer menschlichen Seele zu blicken? Im Moment kam es ihr vielleicht sogar erstrebenswerter vor zu sterben, als in ihre Zukunft zu sehen. Ja eigentlich war Ruri immer bestrebt danach sich nie brechen zu lassen, doch nun … ?
    Eine einzige Handbewegung von ihm genügte, damit sich die Mädchen von ihm abwanden und gingen. Sie glaubte noch immer einen unangenehmen Blick im Nacken zu spüren, versuchte jedoch dieses Gefühl so gut wie es ihr möglich war zu verbergen.
    „Wir beißen und kratzen nicht, hab‘ ich dir doch versprochen.“ War Anne verrückt? Das Szenario von eben …
    Warum klang ihre Stimme so stumpf und trocken? „Wenn du alle Regeln befolgst, beißt keiner hier.“ Anne krempelte, als wäre das, was sie zu sehen bekam nebensächlich, ihren Ärmel bis zum Ellbogen hinauf und präsentierte eine alte Narbe. Sie war tief und hatte sich anscheinend einmal entzunden, bevor sie das hässliche Wundmal hinterlassen hatte, das ihren Unterarm so gut wie vollkommen entstellte „Wenn nicht, dann beißt Athenas Hundemon.“ Anne unterzog sie kritischen Blicken. „Schau nicht so geschockt. Es war meine Schuld. Ich hab nicht getan, was Athena mir aufgetragen hat.“ In ihren Augen konnte sich keine Regung wiederfinden, die verraten hätte, dass sie diese Worte sagen musste, dass sie dazu gezwungen wäre. Sie glaubte wohl tatsächlich daran.


    „Weißt du, was du da gesehen hast?“ Taikis Stimme klang genauso ungläubig wie mitfühlend.
    Irgendwie war es falsch einfach beiläufig mit den Schultern zu zucken, als sei nichts passiert. Warum sie nicht bereits früher versucht hatte zu fliehen? Angst? Ja, das auf jeden Fall. Nun, sie dachte ebenfalls, sie sei in ihren Zimmerkollegen verliebt. Dumme dreizehn Jahre alt. Dem war die wasserstoffblonde Tussi lieber, die eigentlich gar nicht so übel gewesen wäre. Sie hatte im Prinzip nur das Pech gehabt zwischen den Fronten zu stehen, während Ruri darauf gewartet hatte, dass er es mit ihr zusammen wagen würde. Feige war er nicht, er hatte bloß um jeden Preis bleiben wollen.
    „Das Schlimmste ist … Ich weiß nicht, wie lang das war, ich war vielleicht eineinhalb Jahre dort. Und ich habe nichts mitbekommen. Nichts. Ich weiß noch immer nicht mal, was das für Scheiß-Dokumente waren, die Athena wollte. Und die Dinge, die wir gestohlen haben. Und die Dinge, für die ich Wache gestanden bin. Ich habe alles gemacht und weiß nicht warum.“
    „Wache?“, bohrte Kazuya nach.
    „Ja, etliche Male. Wir sind einfach nur dagestanden, stundenlang, und sollten den oberen Tieren Bescheid geben, wenn sich was tut.“


    „Was tun wir hier?“
    Selten bekam sie auf solche Fragen Antworten. Wahrscheinlich weil niemand eine wusste. Ruri hatte rasch gelernt sich einzugliedern und die Aufgaben zu erfüllen, die ihr zugeteilt wurde. Somit hatte sie selten Probleme.
    Sie hielt sich mit zwei jungen Männern und dem Mädchen, das sie gar nicht mochte, dieser gefärbten Blondine, die ihr ein Dorn im Auge war, hinter einer Hausmauer verborgen. Wenigstens brauchte sie sich nachts nicht mehr zu fürchten, schließlich war sie nicht mehr alleine. Wenn man mit jungen, dreizehn Jahren nicht mehr viel vom Leben erwartete, war das Gold wert. Auch wenn sie den drei wesentlich älteren Mitgliedern gegenüber nichts empfand, schweißte die Finsternis sie doch zusammen.
    „Weißt du, was ich gehört habe?“ Selbst ihre Stimme empfand Ruri furchtbar, genaugenommen passte ihr gar nichts an diesem Mädchen.
    Eigentlich war sie neugierig geworden, doch sie wollte sie nicht auffordern weiterzusprechen, war vermutlich zu stolz dazu. Sie war es gewesen, die ihn ihr weggenommen hatte. Verliebt zu sein, einen Schwarm zu haben, da hatte sich Ruri fast wieder wie ein menschliches Wesen, wie eine normale Dreizehnjährige gefühlt. Dann war sie gekommen.
    „Was denn?“, fragte glücklicherweise einer der beiden Männer.
    Der Andere ließ seinen Blick in der Gegend umherschweifen. Fehler und Unachtsamkeit verzieh der Commander nicht. Zwar wurde darüber gesprochen, dass Lance die Schergen bestrafte, doch kein Einziger, der für seine Fehler geradestehen musste, berichtete im Nachhinein, was mit ihm geschehen war. Das bereitete mehr Sorgen als alles andere.
    „Lance wollte so einen … Meisterball?“
    „Was soll das sein?“, fragte Ruri abfällig, doch angestichelt von ihrer eigenen Neugierde. „Eine Art Pokeball? Warum sollte man so etwas wollen?“ Ihr kamen viele Gerüchte zu Ohren. Niemand von ihnen wusste etwas, aber man wollte sich dennoch unterhalten oder darüber spekulieren, was man tat.
    „Was weiß denn ich?“ Auch wenn sie nur im Flüsterton miteinander sprachen, prägte Nachdruck ihre Stimme. „Vielleicht ist es ein besonderer Ball oder so?“
    „Und was soll man damit machen?“
    Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich von ihren Teammitgliedern ab.
    „Ich hab gehört, dass der Boss Götter fangen wollte.“
    „Götter?“ Ruri wurde das zu viel. Anstatt, dass ihr jemand Tatsachen und Wahrheiten auf den Tisch legte, sprach man über Größenwahn und Götter. „Ihr spinnt doch!“
    „Leiser“, rügte sie einer der beiden Männer. „Da kommt jemand.“ Sein Iksbat preschte vor und empfing den Fremden mit Gekreische. Ruri wollte das Geschehen nicht mitverfolgen und gab ihrem Commander bloß Bescheid, dass sie anscheinend aufgeflogen waren. Vielleicht hätte sie das nicht tun sollen, vielleicht war es falsch. Sie deckte Kriminelle und stand auf ihrer Seite. Wer wusste schon, was eine so kleine Tat für tiefe Spuren und Konsequenzen hinterlassen konnte. Doch alles, was ihr in diesem Moment in den Sinn kam war, ebenfalls ein Pokemon zu erhalten.


    „Ich war unter Lances Fittichen und ich habe mich oft gefragt, warum er. Warum nicht jemand anders mein Commander war.“ Ruris Hände zitterten. Zaghaft deutete sie an ihre Brust. „Ich stand neben diesem Mann. Der war vielleicht zwanzig. Und Lance hat herausgefunden, dass er ein Maulwurf ist. Ich weiß nicht, warum und auch nicht, zu wem er gehört hat.“ Sie umklammerte ihre Knie. „Aber … dann schießt er. Einfach so ...“ Ihre Stimme senkte sich. „Und sagt, dass ein solcher Tod noch gnädig sei. Und ich stand einfach da und hab dem zugeschaut, wie er erschossen wurde. Und auf einmal habe ich mich so geekelt, mir wurde ganz schlecht, weil … das Blut auf meiner Kleidung.“ Sie hielt sich eine Hand vor den Mund, als käme die Übelkeit von damals zurück. Der Körper war neben ihr zusammengesunken, das Leben so schnell ausgehaucht, innerhalb weniger Sekunden. Das konnte doch nicht sein. Ein Leben, so schnell vorüber.
    Lance hatte die Hände auf den Tisch geschlagen. "Wer Team Rocket verrät, der stößt ihm mitten einen Pfahl durch's Herz." Fast so, als hätte man den Commander persönlich verletzt, ihn selbst getroffen. Ruri hatte schon immer Angst vor diesem Mann gehabt. Vor ihm und seinem irren Feuer in den Augen. Ihm und seiner unberechbaren Art.
    „Gerade du hast die Knarre aufgehoben. Im Wald.“
    Taiki stimmte ihm bloß zu, lobte Ruris Mut. Eigentlich hätte sie gedacht, dass dieses … ja dieses Bonzenkind, das wie die männliche Puppe aus der H&M-Auslage gekleidet war, sie verachten würde. Weit gefehlt. Es tat gut, dass die beiden Jungs bei ihr saßen. Einfach nur da waren, nicht nur zuhörten, sondern versuchten noch einmal mit ihr gemeinsam zurück in die Vergangenheit zu blicken.
    „Ja.“ Ihr war übel geworden, als sie die Pistole in der Hand gehalten hatte. Doch irgendjemand musste die Jungs und sie jedoch beschützen. Wer denn, wenn nicht Ruri? Warum nicht Sinan? Ziemlich sicher quälte ihn diese Frage. Schließlich kannte sie seine Geschichte und wusste, dass er den Schuss nur gehört und nicht gesehen hatte. Aber es waren seine Eltern gewesen. Und … ja, vielleicht war er sensibler als sie?
    „Also wolltest du nicht, dass ich zu Team Rocket komme, sondern bist da schon weggelaufen?“
    Ruri nickte. „Ich wollte nicht alleine sein.“ Eigentlich war es verrückt gewesen. Sie hatte einfach einen fremden Jungen gefragt, ob er nicht bei ihr bleiben wollte. Nur Arceus wusste, was ihr zustoßen hätte können, wenn sie an den Falschen geraten wäre. Vermutlich war es ihr egal gewesen. Sie hatte an diesem Punkt ihres Lebens nur noch gewinnen und nichts mehr verlieren können.


    „Wie konntest du da türmen?“
    „Die Eingangstür hatte einen Sicherheitscode, eigentlich waren wir eingesperrt. Ich stand verzweifelt davor. Und dann habe ich gehört, wie jemand kommt. Ich dachte echt: ‚Jetzt ist es vorbei‘. Das war für mich schlimmer, als wäre es Athena gewesen, aber ich hab‘ sie nicht gekannt.“
    „Entschuldige“, unterbrach Taiki sie. „Aber wer ist sie?“
    „Giovannis Frau.“
    Stille, Verwunderung. Man hörte den Namen in Verbindung mit Team Rocket schließlich oft genug. Was der Wahrheit entsprach, wusste vermutlich nur er selbst. „Ich habe gewusst, dass er sein Sohn ist.“
    “Giovannis Sohn?“, fragte Kazuya ernst, konnte wohl nachvollziehen welche Ängste sie durchlebt hatte.
    Sie nickte gedankenvoll. „Er hat einfach so ausgesehen, wie Anne Athena beschrieben hat. Und ich war einfach nur ... versteinert. Er geht an mir vorbei, ich sage: ‚Ich hab‘ mich verlaufen‘, er rollt mit den Augen und macht mir wortlos die Tür auf. Aber ich war fest davon überzeugt, dass er mir eine Falle stellt. Ich habe es dann trotzdem einfach versuchen müssen.“
    Über den wahren Grund, weshalb er ihr geholfen hatte, hatte sie sich nie den Kopf zerbrochen. Die Angelegenheiten waren zu verstrickt und zu verworren, um einen Durchblick als jemand zu bewahren, der noch nie eingeweiht gewesen war. Gutherzigkeit? Konnte sie kaum glauben. Vielleicht wollte er bloß etwas für sich bezwecken.


    An seiner Seite war ein Sniebel. Wie ein gewöhnliches Pokemon kam es an sie heran und wollte an ihrer Hand schnuppern, so wie es ein jedes, nicht von den Menschen verstörtes, Tier getan hätte.
    Da spürte sie, wie sich die Einstellung zu ihm änderte, obwohl das Misstrauen geblieben war. Seine Ausstrahlung, diese Mischung aus Kälte, Autorität und anerzogener Eleganz, die Art und Weise wie er sie musterte, seine grauen Augen und schließlich der Ruf, der ihm vorauseilte. Schließlich war er Giovannis Sohn, das konnte sie nicht einfach vergessen und versuchen ihm auf neutraler Ebene zu begegnen. Noch mehr als vor Lance und Athena, hatte man Angst vor ihm. Da sich die Dinge, die man sich über Lance erzählte, als scheinbar wahr erwiesen hatte, wollte sie alles glauben, was die Gerüchte über Silver sagten. Sie hatte gehört, dass er ein Monster war. Aus verschiedenen Mündern. Nicht alle kannten ihn, doch sie war dankbar, dass Anne ihn ihr beschrieben hatte. Mit Sicherheit wusste sie auch nichts zu sagen, doch sie kannte verschiedene Geschichten. Athena stammte angeblich von den Sevii Islands, aus Roma und entsprang, man konnte es wahrscheinlich fast so nennen, eine Mafia-Dynastie. „Du bringst dich nicht in Schwierigkeiten?“, sagte sie, um die Stille zu durchbrechen, um zu überspielen, dass sie ihn fürchtete. Jeder andere, der Team Rocket gegenüber loyal war, hätte ihr womöglich ein Arbok an den Hals gehetzt oder anderwertig kurzen Prozess mit ihr gemacht. Was wurde hier also gespielt?
    „Lass‘ das mal meine Sorge sein.“ Er sprach mit einer solchen Überzeugung, die keine Zweifel zuließ. Seine Stimme klang viel zu gewöhnlich, viel zu normal. Was sie jedoch erwartet hatte, wusste sie selbst nicht so recht. Wie sollte sie sich nun verhalten? Zwar bedankte sie sich, doch es klang in ihren eigenen Ohren abweisend und kalt.
    Dieser Gedanke war ihm wohl auch gekommen. „Wow, so klingt Freude.“
    Keine Antwort. Vorsichtig streichelte sie das Wiesel. Es schmiegte sich an sie an. Eigentlich rechnete sie eher damit, dass es jeden Moment nach ihr schnappen würde. Wie konnte sie glauben, dass ein Pokemon bei jemanden wie Giovannis Sohn normal blieb?
    „Was tust du jetzt?“
    „Keinen blassen Schimmer“, gab Ruri wahrheitsgemäß zu. Weshalb wollte er das wissen?
    „Wie wär's, wenn du dich irgendwann erkenntlich zeigst?“
    Also doch eine Falle? Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte. „Wenn ich kann.“ Im selben Moment versetzte es ihr einen Stich. Wie konnte sie Giovannis und Athenas Sohn etwas versprechen? War sie denn wahnsinnig? Andererseits entließ er sie in die Freiheit, nach der sie sich gesehnt hatte. „Was soll ich denn machen? Ich bin ein dreizehnjähriges Mädchen, hab nichtmal ein Pokemon und Einfluss auf irgendetwas schon gar nicht.“
    „Also nein?“ Irgendetwas, etwas Autoritäres, lag in seiner Stimme, das sie in sich innerlich zusammensinken ließ.
    In ihren Gedanken geisterte das Bild des zusammengesunkenen Körpers, des regungsloses Mannes. Und wenn sie daran dachte, dass Giovannis und Athenas Sohn ebenfalls dazu in der Lage sein könnte, wollte sie ihm nicht widersprechen. „Das hab ich nicht gesagt“, widersprach sie rasch. Eigentlich wollte sie bloß schnell weg von hier, von ihm. Um was es sich auch immer handelte, in so etwas wollte sie sich nicht verstricken.
    Warum sollte jemand wie er, jemanden wie sie um Hilfe bitten? Hilfe oder auch nur einen Gefallen, den sie eventuell irgendwann erbringen konnte. Wenn sie dazu im Stande wäre. Das war doch obskur ...
    Sie beeilte sich nochmals zu bedanken, wechselte noch einige Worte mit ihm, die sie von sich drängte, bevor er ging. Unsicher wie zuvor, doch nicht so ablehnend. Er sah sich nicht nach ihr um, jedoch hob er lässig die Hand und drehte sie leicht. Wem die Geste galt, ob er ihr zeigen wollte, dass er verstanden hatte oder bloß Sniebel zu sich rufen wollte, wusste sie nicht. Das Wiesel, dieses freundliche, unbekümmerte, kleine Ding, stieß sie zum Abstieß mit seinem Köpfchen an und lief ihm sodann nach, zupfte an seinem Hosenbein und durfte an ihm hochspringen. Jedenfalls schien das Pokemon nicht zu denken, dass sein Trainer ein Monster wäre. Doch andererseits, was wusste so ein kleines Tier schon von den Menschen?
    Nun stand sie da, frei und wusste nicht, was sie mit der Situation anfangen sollte.

  • Hallihallo Bastet,


    Deiner Schreibpause musst du dich wirklich nicht schämen. Der gesamte Fanfiction-Bereich war schon mal lebhafter. Es ist halt endlich Sommer :pika:
    Das Ruri-Special ist also zum Abschluss gekommen. Zunächst hat es mich etwas überrascht, dass das Kapitel verhältnismäßig kurz gehalten wurde. Ruris Vorgeschichte zu ihrem Aufbruch und schließlich ihr erster Kontakt zu Team Rocket sind da erheblich länger ausgefallen. Und war eben ihre Zeit bei TR nicht das, was ursprünglich genauer beleuchtet werden sollte? Ich war bei dem Cut am Ende ein wenig vor den Kopf gestoßen. Ich kann zwar verstehen, wenn du das Special zum Abschluss bringen möchtest, aber wenn du ohnehin einen dritten Part anfängst, hättest du ruhig etwas mehr schreiben können.


    Aber mal zum Inhalt. Die Art und Weise, wie Ruri schließlich in der Gruppe landet und ihre Gedankengänge dabei sind wirklich durchgehend sehr logisch und authentisch. Die Charaktere, die hier für diesen kurzen Part die Bühne betreten, sind sehr stimmungsvoll in Szene gesetzt und zu beschreibst das Verhältnis zwischen den "Laufburschen" und den hohen Tieren gut nachvollziehbar. Somit ist unter die Atmosphäre ein Haken zu setzten. Einzig und allein die Tatsache, dass alles so schnell voran geht, so viele Zeitsprünge gemacht werden und letztlich von Ruris Aktivitäten bei den Missionen nicht viel bleibt, schlägt negativ bei mir auf. Ich hatte auf ein oder sogar zwei Erzählungen gehofft, bei denen sie wie Kazuya zu Beginn dieser FF bei Einbrüchen, Raubzügen o.Ä. mitwirkt. Gerade sie, die als einzige noch so manches in der Organisation zu hinterfragen scheint, dabei zu erleben, hätte mich wirklich gefreut. Ich kann mir gut vorstellen, wie so etwas abgelaufen wäre.
    Nächster Stichpunkt - Hinterfragung. Es war eine schöne Idee, Aufgaben zu schildern, bei denen den ausführenden Personen im Grunde gar nichts über ihren Job bekannt ist. Zum Beispiel Wachdienst vor einer Tür, bei der man nicht weiß, was sich dahinter verbirgt. Gerade im Zusammenspiel mit den Ratschlägen von Ruris - man kann sie eigentlich nicht so nennen, aber sei´s drum - einzigen halbwegs vertrauten Person Anne, hat mir das sehr gut gefallen. Für sie ist es bereits logisch, Befehle auszuführen, ohne sie zu hinterfragen und gehorsam zu leisten, ohne Zweifel zu hegen. Das vermittelt die Vorstellung einer komplett umgekrempelten Einstellung zu allem was man tut und quasi das Abschalten des Denkvermögens. Man bekommt also den Eindruck, die meisten Mitglieder haben keinen eigenen Willen mehr, sondern haben auch in ihren eigenen Augen zu funktionieren, wie Maschinen und in denen ihres Bosses sowieso.
    Das was du geschildert hast, ist also echt gelungen, doch wie gesagt wirkt es auf mich unfertig. Wie die Hintergründe und Vorgeschichte zu einer Story, die letztlich nicht erzählt wird. Und auch ihr Austritt aus der Gruppe ist in meinen Augen ein wenig blass. Es kommt so plötzlich, so unerklärlich und die Vorstellung, dass sie einfach so wieder abhauen kann, erscheint mir auch unrealistisch. Würde so eine Organisation seine Mitglieder wirklich einfach so wieder losziehen lassen? Wäre es nicht passender, wenn sie hätte fliehen müssen, da man sie niemals in die Freiheit entlassen hätte? Gerade hier wäre ein toller Spannungsbogen, aber auch ein besonderer Vergleich von Ruris Seite sehr toll gewesen - das Gefängnis namens Team Rocket und das Gefängnis namens zu Hause. Hier hätte man ein so schöne Parallele erschaffen können.


    Fazit also, das Kapitel ist sehr schön geschrieben, schöpft sein Potenzial aber gerade wegen seiner Knappheit nicht gänzlich aus. Mich hätte, wie bereits erwähnt, ein dritter, langer(!) Teil nicht gestört. Im Gegenteil. Mir kam es so vor, als wollte Ruri so viel wie möglich in dieser Zeitspanne unerwähnt lassen. Im Nachhinein erscheint das eigentlich ganz verständlich, doch wollte sie nicht endlich reinen Tisch machen? Sollt nicht Schluss sein mit dem Schweigen? Sie wollte doch erzählen was sie getan hat, oder nicht? Naja, mein Statement dazu kennst du ja jetzt. Bin nun gespannt, was die Zukunft für das Trio bereit hält und wie sie ich fortan durchschlagen werden.
    Schön, dass du wieder da bist, Bastet :love:


    Gruß, Pheno

  • Zitat

    Deiner Schreibpause musst du dich wirklich nicht schämen. Der gesamte Fanfiction-Bereich war schon mal lebhafter. Es ist halt endlich Sommer :pika:


    Ja, endlich Sommer.^^ 18. Juni - 23. Juni, Sommer 2013, wir waren dabei! :D


    Ich danke mal für deine Kritik.^^
    Ja, zu kurz ist's mir auch vorgekommen, aber iwie wollt ich mal versuchen mich wirklich auf Wesentliches zu beschränken, was anscheinend teilweise voll nach hinten losging ^^"
    Jedoch freue ich mich, dass du meinen Gedankengang mit der Hinterfragung folgen kannst bzw. teilst. ^^
    Allerdings kann ich deinen Gedanken bezüglich ihrer Befreiung nicht folgen. Jedes andere Mitglied, das TR gegenüber loyal ist, und vor allem jeder Vorstand hätte ihr wahrscheinlich ein Arbok an den Hals gehetzt, aber warum sollte Silver das tun? Er hasst TR und... er hat was vor, aber ich kann nicht sagen was, sonst ist der Wendepunkt zunichte gemacht =/
    Ich kann aber eine Erklärung direkt in den Text einbringen, dass jeder andere sie dafür gerichtet hätte. ^^