Informationen und Regeln der Wettbewerbssaison 2013

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • [tabmenu][tab=Allgemeines]
    Die Wettbewerbe werden im 2-Wochen-Takt immer sonntags starten. Den Informationstopics können allgemeine Angaben für die jeweiligen Wettbewerbe entnommen werden; anmelden muss man sich dort nicht. Eine Wettbewerbsabgabe an den Leiter (im Normalfall der Starter des Topics) zählt als vollständige Anmeldung. Wichtig zu nennen ist hier noch die Tatsache, dass alle Wettbewerbsabgaben die Forenregeln einhalten müssen. Das bedeutet, dass keine brutalen, pornografischen, oder ähnliche Extrema beschrieben werden dürfen. Versucht nicht durch "Skandale", sondern durch Können zu punkten. Des Weiteren dürft ihr eure Werke nicht vor Ablauf des Votes veröffentlichen, oder durch ähnliches Verhalten Votes manipulieren.
    Aus Urheberrechtsgründen sollt ihr ab dem 9.Wettbewerb der Saison 2013 in der PN an den Leiter zu eurer Abgabe das oder die Fandom(s) angeben, aus dem/denen ihr Charaktere, Orte oder Ähnliches bezieht. Solltet ihr kein Fandom in eure Abgabe einfließen lassen, ist eine Angabe jedoch nicht notwendig.
    Nach der zweiwöchigen Abgabefrist wird ein Votetopic gestartet in dem ihr euren favorisierten Texten eure Stimmen geben könnt. Sollte es dazu kommen, dass es keinen klaren Sieger gibt, werden die ersten beiden die Punktanzahl für den ersten Platz erhalten, der Nächstplatzierte erhält dann die Punkte, des "eigentlichen Platzes". Gibt es zum Beispiel zwei erste Plätze, so ist der User mit der nächst höchsten Punktzahl auf dem dritten Platz.

    Etwaige Betrugsversuche (Ideen-/Textklau) oder Manipulationen der Ergebnisse werden
    im äußersten Fall mit einer Wettbewerbs-Sperre geahndet!


    Die Wettbewerbe werden von den FF-Moderatoren und FF-Komiteemitgliedern geleitet, die Sache bleibt also intern. Solltet ihr Ideen für neue Wettbewerbsthemen haben, könnt ihr diese per PN an einen FF-Moderator schicken.


    Aus allen Wettbewerben werden die Teilnehmer für das Saisonfinale 2013 ermittelt. Der Gewinner ist dann der Gesamtsieger. Um sich für das Finale zu qualifizieren muss ein Platz unter den Top 10 auf der Punkteliste erreicht werden. Man erhält dann eine Saisonfinal-Einladung zu der Saison, die man annehmen muss; andererseits rückt der nächstplatzierte User nach.
    [tab=Votes][subtab=Eure Votes]
    Ihr habt im Gegensatz zu anderen Bereichen die Möglichkeit individuell Punkte für die einzelnen Texte zu vergeben. Am Kopf des Votetopics erhält man die Information wie viele Punkte maximal vergeben werden dürfen. Findet man einen Text besonders herausragend, so kann man diesem Text nicht mehr nur einen Vote/Punkt geben, sondern mehrere Punkte verleihen - genau so viele, wie man es für angemessen empfindet und solange es im Rahmen der Punktegrenze liegt.
    Ein Beispiel:
    Am Kopf des Votepostes steht, dass man maximal 9 Punkte vergeben kann. Nachdem alle Abgaben durchgelesen wurden, hat man zwei Favoriten ausgewählt, sowie einen Text, den man auf Grund einer guten Idee auch honorieren möchte. Den einen jedoch findet man viel besser als alle anderen. Also gibt man dem einen Text 5, dem zweiten nur 3 Punkte und dem anderen 1 Punkt. Man hält also die Grenze von 9 Punkten ein, kann aber frei wählen wie viele Punkte man an wie viele Texte vergibt - die Verteilung hätte auch 5;2;2 ausfallen können, 1;1;1;1;1;1;3 oder eben auch 3;3;3.


    Für die Saison von 2013 haben wir beschlossen, das System für die Votepunkte etwas zu verändern. Da nicht alle Teilnehmer auch bei dem Wettbewerb voten, an dem sie teilgenommen haben, verfälscht sich das Ergebnis. Dies soll durch die sogenannten „Aktivitätspunkte“ verhindert werden. Anstatt zwei Punkte in dem Wettbewerb selbst für seinen Text zu bekommen, erhält jeder, der abgestimmt hat, einen Punkt in der Saisontabelle. Einen Vote zu verfassen, bedeutet viel Arbeit, die der Anfertigung einer Abgabe nahe kommt. Deshalb kann sich durch einen Vote nun jeder einen Punkt hinzuverdienen. In der Saisontabelle werden die Aktivitätspunkte extra gekennzeichnet, indem sie in Klammern hinter der durch die Platzierung in Wettbewerben erhaltenen Punkte stehen. Zudem werden die besten Votes der Wettbewerbe ausgezeichnet und ebenfalls in der Punkteliste aufgelistet. Ab diesem Jahr bekommt der Erstplatzierte 3 und der Zweite 2 Punkte in der Saisontabelle. Ihr könnt mit Hilfe von kompetenten Votes somit auch euren Platz in der Jahrestabelle verbessern. Die Feststellung der Gewinner wird hierbei vom FF-Komitee übernommen. Somit könnte man, sollte man bei jedem Wettbewerb voten und jedes Mal den besten Vote abgeben, bis zu sechzig Punkte zusätzlich erhalten. Aber auch die „normalen“ zwanzig möglichen Aktivitätspunkte sollten ein guter Anreiz sein, sodass die Zahl der Votes in der kommenden Saison steigt.


    Zudem werden nach dem Beenden der Wettbewerbe die Votetopics offen gelassen, sodass die Autoren einen Kommentar zu ihrem Text und den eingegangenen Votes abgeben können.



    Zusätzlich wird das neue System mit den „Besten Votes“ verknüpft. Wer nun in den Augen des FF-Komitees die ausführlichsten Kommentare verfasst hat, bekommt für diesen Aufwand sogar noch einen zweiten Punkt gutgeschrieben.


    [subtab=Punkteverteilung]


    Die Anzahl der Punkte für die Tabelle wird von den Abgaben abhängig gemacht. Je mehr Abgaben, desto mehr Konkurrenz. Folglich ist es auch eine größere Leistung den ersten Platz zu erreichen.
    Außerdem gibt es auch dieses Jahr den so genannten "Mitmachpunkt". Jeder User, der bei einem Wettbewerb mitmacht, seinen Text oder Gedicht also für den Vote abgibt, erhält unabhängig von der Stimmzahl einen Punkt in der Tabelle, auch wenn der Text kein Treppchenplatz erreichen konnte.


    So hat sich folgende Aufteilung ergeben:


    Bei 1 bis 20 Abgaben:
    1. Platz -> 9 Punkte
    2. Platz -> 7 Punkte
    3. Platz -> 6 Punkte

    4. Platz -> 5 Punkte
    5. Platz -> 4 Punkte
    Abgegeben -> 2 Punkte


    Bei über 21 Abgaben:
    1. Platz -> 16 Punkte
    2. Platz -> 13 Punkte
    3. Platz -> 11 Punkte

    4. Platz -> 10 Punkte
    5. Platz -> 9 Punkte
    6. Platz -> 8 Punkte
    7. Platz -> 7 Punkte
    8. Platz -> 6 Punkte
    9. Platz -> 5 Punkte
    10. Platz -> 4 Punkte
    Abgegeben -> 2 Punkte



    Beste Votes:
    1. Platz -> 3 Punkte
    2. Platz -> 2 Punkte



    Sowie einen Tabellenpunkt für einen, von der Platzierung unabhängigen, Vote.
    [tab=Wettbewerbsübersicht]
    Hier findet ihr eine Liste aller in diesem Jahr gelaufenen, oder laufenden Wettbewerbe.
    fett und grün = aktuell


    Wettbewerb 01: Pokemon-Drabbles - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 02: Liebesszene - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 03: Pokemonlegende (Gen 6) - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 04: Reizwortgeschichte - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 05: Pokémon unter sich - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 06: Gedichte über die Pflanzenwelt - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 07: Crossover - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 08: Poképasta - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 09: Traumszene - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 10: Pokédex-Eintrag - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 11: Prolog - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 12: Epilog - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 13: Drabble [Allgemein] - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 14: Haiku - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 15: Pokémonfestival - Informationl | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 16: Pokémon, Pokémon everywhere! - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 17: Kampfszene - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 18: Klanggeschichte - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 19: Freie Kurzgeschichte - Information | Vote | Gewinner
    Wettbewerb 20: Freies Gedicht - Information | Vote| Gewinner
    [/tabmenu]


    Falls ihr noch Fragen haben solltet, könnt ihr euch per PN an mich, oder ein anderes Mitglied des Fanfictionkomitees wenden!

  • [tabmenu][tab=Tabelle]
    [subtab=Gesamttabelle]
    Platz - Punkte + Aktivitätspunkt (siehe Startpost Tab 2) - Username
    grün = Qualifikation für das Saisonfinale



    01. [ 113 + 6 ] Cáithlyn
    02. [ 60 + 28 ] Onee-chan
    03. [ 75 + 1 ] Alyson
    04.[ 54 + 7 ] Galahad
    05. [ 48 + 12 ] Paya
    05. [55 + 5 ] Sterling
    07. [ 36 + 20 ] Sakul
    08. [ 40 + 14 ] Chessi
    09. [ 38 + 7 ] Buxi
    10. [ 24 + 18 ] Cassandra

    11. [ 34 + 3 ] Pika!
    12. [ 29 + 1 ] Panfern28
    13. [ 16 + 7 ] Aprikose
    13. [ 22 + 1 ] Mikan
    15. [ 21 + 0 ] Narime
    16. [ 15 + 5 ] Lauriel
    17. [ 18 + 0 ] Lau
    17.[ 17 + 1 ] Lehran
    19. [ 15 + 2 ] Carus Lux
    19. [ 17 + 0 ] Lupin
    21. [ 16 + 0 ] Cassia
    22. [ 4 + 13 ] Shiralya
    23. [ 11 + 4 ] Rambo
    23. [ 15 + 0 ] sable noir
    25. [ 14 + 0 ] bluetime
    25. [ 14 + 0 ] Hatschi
    27. [ 5 + 8 ] Aquana
    27. [ 11 + 2 ] Raichu-chan
    27. [ 12 + 1 ] Vanille-Eguana
    30. [ 12 + 0 ] Flow MacAwesomeville
    31. [ 11 + 0 ] Feureka
    31. [ 10 + 1 ] flug627
    31. [ 9 + 2 ] Project Mew
    34. [ 9 + 1 ] Magnus Tricius Bane
    34. [ 10 + 0 ] Türkises Blaulicht
    34. [ 8 + 2 ] Saki
    37. [ 9 + 0 ] Basil Hawkins
    37. [ 9 + 0 ] Loreena
    37. [ 8 + 1 ] Nortia
    37. [ 6 + 3 ] Starnight
    41. [ 8 + 0 ] ~Aki~
    41. [ 6 + 2 ] Darkminded Letters
    41. [ 8 + 0 ] Dreamdust
    41. [ 0 + 8 ] Kleio
    41. [ 6 + 2 ] Noel
    41. [ 6 + 2 ] Sirius
    41. [ 2 + 5 ] Akatsuki
    41. [ 7 + 0 ] Blackdraco
    41. [ 6 + 1 ] CharlieP
    41. [ 7 + 0 ] Cinda the Windnight
    41. [ 7 + 0 ] KyoN
    41. [ 6 + 1 ] platin09
    41. [ 7 + 0 ] Reshira
    41. [7 + 0] Dia
    41. [7+0] Flameheart
    41. [ 6 + 1 ] Vulpix1997
    41. [ 0 + 7 ] Majiata
    58. [ 6 + 0 ] Apollonia
    58. [ 6 + 0 ] Kanakamuni
    58. [ 6 + 0 ] Leviator
    58. [ 6 + 0 ] Namine
    58. [ 6 + 0 ] Nocri
    58. [ 6 + 0 ] ritrick
    58. [ 2 + 4 ] Yakumo~
    58. [ 6 + 0 ] NeverStar
    58. [ 6 + 0 ] Gigagolgantes
    67. [ 2 + 3 ] Amaroq
    67. [ 4 + 1 ] Bummelz
    67. [ 5 + 0 ] Crasen
    67. [ 5 + 0 ] Draticario
    67. [ 5 + 0 ] Mila
    71. [ 4 + 0 ] ~Kairi~
    71. [ 4 + 0 ] Annoy and Enjoy
    71. [ 4 + 0 ] Gehtdichgarnichtsan
    71. [ 4 + 0 ] GlumaLucas
    71. [ 2 + 2 ] Gucky
    71. [ 4 + 0 ] Hachibee
    71. [ 4 + 0 ] Holmes
    71. [ 4 + 0 ] Little Bamelin
    71. [ 4 + 0 ] Toryama
    79. [ 0 + 3 ] Amatsu
    79. [ 2 + 1 ] Charinfern
    79. [ 0 + 3 ] Cyndaquil
    79. [ 0 + 3 ] Rexy
    79. [ 2 + 1 ] Throwaway
    79. [ 2 + 1 ] Zozo the Curry
    79. [ 0 + 3 ] Rajani
    79. [ 0 + 3 ] Paperbell
    87. [ 2 + 0 ] >>chasu<<
    87. [ 2 + 0 ] Alaiya
    87. [ 2 + 0 ] Alice-Alexandra
    87. [ 2 + 0 ] Bakaki
    87. [ 2 + 0 ] bunny2013
    87. [ 2 + 0 ] Feuerdrache
    87. [ 2 + 0 ] Foxhound`71
    87. [ 2 + 0 ] Graf Razoff
    87. [ 2 + 0 ] Happily
    87. [ 2 + 0 ] hyaku
    87. [ 2 + 0 ] Korro
    87. [ 2 + 0 ] Marcel
    87. [ 2 + 0 ] Mikatchu
    87. [ 2 + 0 ] Minipilz
    87. [ 2 + 0 ] Mister Stolloss
    87. [ 2 + 0 ] MrKostan
    87. [ 2 + 0 ] NachtarasDreams
    87. [ 2 + 0 ] Nessie
    87. [ 2 + 0 ] N-Friend
    87. [ 2 + 0 ] nuggnugg
    87. [ 2 + 0 ] Phil de Mon
    87. [ 2 + 0 ] Phillip B.
    87. [ 2 + 0 ] PokeeXMuffin
    87. [ 2 + 0 ] Raylin
    87. [ 2 + 0 ] Royal
    87. [ 2 + 0 ] Ruby
    87. [ 2 + 0 ] sazuke_93
    87. [ 2 + 0 ] Sarkhan
    87. [ 2 + 0 ] Schatten Dialga
    87. [ 2 + 0 ] Shiro. «
    87. [ 2 + 0 ] Sral
    87. [ 2 + 0 ] Stylaa <3
    87. [ 2 + 0 ] weinschnecke
    87. [ 2 + 0 ] Ventus~
    87. [2 + 0] Matombo
    87. [2 + 0] anyway
    87. [2 + 0] Bonni
    87. [2+0] Sika
    87. [2+0] Frosto43
    87. [2+0] DialgaBlack46
    127. [ 0 + 1 ] /*Miro/*
    127. [ 0 + 1 ] Caroit
    127. [ 0 + 1 ] Drummer
    127. [ 0 + 1 ] Finnea
    127. [ 0 + 1 ] Hikari17
    127. [ 0 + 1 ] Miloticia
    127. [ 0 + 1 ] Moses
    127. [ 0 + 1 ] Skydreamer
    127. [ 0 + 1 ] Zwockel
    127. [0 + 1] Taryn


    [subtab=Einberechnete Wettbewerbe]




    [tab='Beste Votes']

    • Wettbewerb 01: Pokemon-Drabble; Platz 1: Amaroq, Vidar; Platz 3: Sirius, Pika!
    • Wettbewerb 02: Liebesszene; Platz 1: Cyndaquil; Platz 2: Cyndaquil, Shirayla, Amatsu
    • Wettbewerb 03: Pokemonlegende (Gen 6); Platz 1: Paya; Platz 2: Sterling
    • Wettbewerb 04: Reizwortgeschichte; Platz 1: Aquana, Paya; Platz 3: Aprikose
    • Wettbewerb 05: Pokémon unter sich; Platz 1: Paya; Platz 2: Onee-chan, Vidar
    • Wettbewerb 06: Gedichte über die Pflanzenwelt; Platz 1: Cassandra; Platz 2: Vidar
    • Wettbewerb 07: Crossover; Platz 1: Onee-chan; Platz 2: Cassandra, Yakumo~
    • Wettbewerb 08: Poképasta; Platz 1: Aprikose, Onee-chan, Cassandra
    • Wettbewerb 09: Traumszene; Platz 1: Onee-chan; Platz 2: Galahad, Pika!
    • Wettbewerb 10: Pokédex-Eintrag; Platz 1: Kleio; Platz 2: Onee-chan
    • Wettbewerb 11: Prolog; Platz 1: Onee-chan, Cassandra
    • Wettbewerb 12: Epilog; Platz 1: Chessi, Rexy
    • Wettbewerb 13: Drabble (Allgemein); Platz 1: Cassandra; Platz 2: Onee-chan, Chessi
    • Wettbewerb 14: Haiku (Die vier Elemente); Platz 1: Chessi; Platz 2: Kleio, Onee-chan
    • Wettbewerb 15: Pokémonfestival; Platz 1: Cáithlyn; Platz 2: Buxi
    • Wettbewerb 16: Pokémon, Pokémon everywhere; Platz 1: Sakul; Platz 2: Shiralya
    • Wettbewerb 17: Kampfszene; Platz 1: Cáithlyn; Platz 2: Sakul, Rajani
    • Wettbewerb 18: Klanggeschichte; Platz 1: Lauriel, Buxi
    • Wettbewerb 19: Freie Kurzgeschichte; Platz 1: Cassandra, Onee-chan




    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]
    Gewinner des 1. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Pokemon-Drabble
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Kardia]
    Feuerfee


    Dein dichtes Fell glitzert golden in der abendlichen Sonne; wie alles verzehrende Feuer strahlen Deine hellen Augen, erblicken sie, was nur allein für Dich Wertigkeit besitzt. Deine Schweife, neun an der Zahl, gleiten sanft über das unebene Erdreich, während Dein Blick suchend umherschweift.
    Du bist eine Kitsune, ein feuriges Sagenwesen alter Legenden, ins Leben gerufen durch Glut und Asche; und so wie das Feuer Dich schuf, so brennt es auch in Deinem Inneren, lodert, glüht. Dort, wo der Nebel Deiner wilden Schönheit schmeichelt, ist Dein Heim – und dorthin kehrst Du zurück, auf ewig gebunden an Flammen und silberne Tränen.
    [tab=2. Platz][subtab=Rio]
    Loreley


    Die Wellen des golden glänzenden Meeres schlagen gegen den massiven Felsen, auf dem es den Sonnenuntergang beobachtet. Vorsichtig streift das Wesen mit der linken Hand durch sein hellgrünes, langes Haar, eine seichte Brise lässt es schweben.
    Das Pokémon kreuzt seine schneeweißen Beine und faltet die Hände. Langsam öffnet es seinen zarten, runden Mund, dessen Töne jedes Wesen innerlich berührt. Eine bezaubernde Melodie hallt augenblicklich in der Bucht von Ondula, die Wingull fliegen in ihre Nester, die Krabby kuscheln sich in den warmen Sand und die Menschen betreten ihre Häuser.
    Die Sonne verlässt die Bühne, Meloetta singt zur Nacht.
    [tab=3. Platz][subtab=Lauriel]
    Eiszeit


    Klirrende Kälte, eisige Temperaturen, ein unbarmherziger Sturm aus weißen Flocken. Ich schloß panisch die müden Augen, wissend, dass wir uns nicht wieder sehen würden. Was hatte Team Plasma nur aus unserer sicheren Poké-Welt gemacht? "Psiana!", rief ich, deinen Pokéball umklammernd. Mein Atem erzeugte kleine, bläuliche Wölkchen in der Luft. Wieso konnte ich nur deine schemenhaften Umrisse sehen? So nah und doch so fern? Ich ahnte, dass wir die feindliche Attacke nicht gemeinsam überstehen würden. Ein letztes Mal prägte ich mir deinen Klageruf ein. Der Schneesturm war so dicht, dass ich dich endgütlig aus den Augen verlor. Diesmal für immer?
    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]
    Gewinner des 2. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Liebesszene
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Cassia]
    Was ist Liebe für dich?


    ~


    Es ist eine dieser Nächte.
    Draußen regnet es und der Wind pfeift um das Fenster. Ich will aufstehen, um die Gardine zu zu ziehen. Aber stattdessen bleibe ich dort, wo ich bin. Mit dem Gesicht zu dir liegend, die Arme unter meinem Kopf. An deiner Seite.
    Du sitzt aufrecht neben mir, dein leiser Atem wirkt so beruhigend. Manchmal frage ich mich, wann du schläfst oder überhaupt jemals ein Auge zu tun wirst. Immer, wenn ich mich schlafen lege, folgst du mir, als gäbe es keinen anderen Grund für dich im Leben, als an meiner Seite Wache zu stehen.
    Ich habe es dir nie gesagt, aber wenn du bei mir bist, geht es mir stets besser. Die Dunkelheit verliert ihre Schrecken und in der Schwärze deine Umrisse ausmachen zu können, ist Balsam.


    ~


    Es ist eine dieser Nächte.
    Du schläfst, während ich neben dir sitze und versuche, in all der Finsternis nicht gleich den Verstand zu verlieren. Es macht mir Angst, trotz all der Jahre, die ich nun schon in Sicherheit bin. Aber trotzdem verfolgten mich die Bilder längst vergessener Tage, trotz all den Versuchen, sie aus meinem Kopf zu verbannen. Das ist einer der Gründe, warum ich nicht schlafe.
    Ich schaue zur Seite und bemerke, dass du noch wach bist. Du lächelst, als du meinem Blick begegnest.
    Ich habe es dir nie gesagt, aber wenn du bei mir bist, kann ich einfach ich sein.
    Ungekünstelt, unmaskiert.
    Ohne Angst.


    ~
    Es ist eine dieser Nächte.
    „Rue?“ Dein Name rollt mir von der Zunge. Wie oft ich ihn schon ausgesprochen habe, kann ich nicht sagen. Aber es sind unzählige Male, in den unterschiedlichsten Gefühlslagen und Situationen.
    Ich erhalte keine Antwort, aber dass ist auch nicht nötig. Auch so weiß ich, dass du mir zuhörst. Das hast du immer getan.
    „Was ist für dich Liebe?“


    ~


    Was ist für dich Liebe?
    Ich zögere. Fragend und still dasitzend sehe ich dich an, zweifelnd, ob ich die Frage überhaupt richtig verstanden habe. Etwas Vergleichbares hast du mich noch nie gefragt.
    Für einen Moment sortiere ich meine Gedanken und schaue dabei aus dem Fenster. Selbst in all der Dunkelheit kann ich die Regentropfen an der Scheibe erkennen.
    „Rue?“ Ich spüre, wie du dich bewegst.


    ~


    Was ist für dich Liebe?
    Ich kann nicht sagen, warum ich mich ausgerechnet jetzt traue, diese Frage auszusprechen. Wie lange kennen wir uns jetzt schon – zehn Jahre, zwanzig Jahre? Mein ganzes Leben.
    Und ich habe Angst. Angst vor deiner Antwort.
    Denn obwohl ich dich schon so lange kenne, weiß ich nicht, wie deine Antwort ausfallen wird. Ob sie mir gefallen wird oder auch nicht.


    ~


    Was ist für dich Liebe?
    Ich habe nur eine ehrliche Antwort für dich, ma petite. Und ich befürchte, du willst sie nicht hören, deswegen schweige ich. Denn wenn ich etwas im Leben niemals tun will, dann ist es, dich zu verletzen.
    Aber ich möchte auch nicht selbst verletzt werden. Es tut weh, von den Menschen, die man liebt, verletzt zu werden. Ich habe es so oft erfahren müssen, dass mein Herz es nicht länger ertragen konnte.
    Deswegen bin ich gefühlskalt und sachlich, denn Gefühle verletzen.
    „Zwar verbinde ich Liebe auch mit Freude, mit Schutz, mit Glück.
    Aber Liebe ist für mich vor allem Schmerz.
    Schmerz, weil Liebe bricht.
    Schmerz, weil Liebe nicht ewig währt.
    Schmerz, weil Liebe irgendwann zu Ende geht.“


    ~


    Liebe ist Schmerz.
    Ich kann den traurigen Tonfall kaum ertragen, in dem du sprichst. Du merkst es vielleicht nicht, aber alles, was du gerade denkst, sprichst du laut aus. Ich höre die Worte, mag sie aber nicht glauben.
    Langsam weicht die Dunkelheit und in dem herannahenden Tageslicht sehe ich dein Gesicht. Es ist voller Angst und unerfüllbarer Sehnsucht. Und ich bereue es, dir diese Frage gestellt zu haben.


    ~


    Liebe ist Schmerz.
    „Liebe ist Vertrauen. Und wem soll ich vertrauen, wenn ich nicht einmal mir selbst vertrauen kann? Ich betrüge mich doch jeden Tag selbst. Sage mir, dass ich keine Gefühle habe, sie schlichtweg nicht existieren. Aber dass ist gelogen.
    Ich sage mir, dass du mir nichts bedeutest.
    Sage mir, dass du mir nie etwas bedeuten wirst.
    Aber dass ist gelogen.
    Liebe ist Glück, aber ich habe keines. Jeden Tag muss ich befürchten, zu sterben, und wo ist da bitte vom Glück die Rede?“


    ~


    Liebe ist Unglück.
    Am liebsten würde ich dich unterbrechen, damit ich all die Zweifel nicht länger ertragen muss. Du merkst es vielleicht nicht, aber mit jedem Wort triffst du mich. Schneidest mich damit wie mit einem Messer, immer tiefer, immer grausamer.
    Doch ich schweige und lausche weiterhin stumm deinen Worten. Und bete, dass die Zukunft noch nicht gegangen ist.
    Um mich in all diesen Scherben allein zurück zu lassen.


    ~


    Liebe ist Unglück.
    „Liebe ist Schutz und von wem soll ich bitte beschützt werden?
    Liebe ist, sich bei jemandem vollkommen fallen lassen zu können. Aber wo soll ich mich fallen lassen, ohne die Angst zu verspüren, mich wieder zu verletzen? Wer würde mich auffangen? Ich würde auf dem Boden aufkommen, noch bevor irgendjemand merken würde, dass ich überhaupt am Fallen bin.“
    Ich atme schwer. Die Worte sind aus mir heraus gesprudelt, unaufhaltsam wie ein reißender Gebirgsbach. Aber es tut unglaublich gut, es alles einfach heraus lassen zu können.
    Ich sehe dich an. Du bist so blass, deine Unterlippe zittert.
    „Liebe bist du.“


    ~


    Liebe bist du.
    Hast du es wirklich, wahrhaftig gerade gesagt? Ich will aufspringen, aufschreien vor lauter Glück, will die Welt umarmen. Und vor allem dich.
    Aber dein Gesichtsausdruck lässt mich innehalten. Denn du bist noch nicht fertig, begreife ich. Und obwohl ich vor lauter Glück zerspringen will, warte ich.
    Denn ich habe schon so viele Jahre lang gewartet. Diese Sekunden werde ich ebenfalls überstehen.


    ~


    Liebe bist du.
    „Aber ich kann dich niemals haben, Sayumi. Denn Liebe ist nicht für mich gemacht worden. Liebe ist nicht für mich da.
    Und daher ist Liebe für mich Schmerz. Denn es frisst mich auf, dass ich nicht geliebt werde und die Person, die ich liebe, mich niemals zurück lieben kann. Liebe ist etwas Zerbrechliches, denn ich zerbreche daran.
    Und Liebe ist Trauer, denn innerlich weine ich.
    Liebe... Liebe ist der Anfang vom Ende.“


    ~


    Liebe ist der Anfang vom Ende.
    Du stehst auf und gehst zum Fenster, wo sich einige Lichtstrahlen in deinen Augen spiegeln. Und plötzlich weiß ich es.
    Du weinst.
    Du weinst vor lauter Sehnsucht, vor lauter Angst und dem Drang, mich zu beschützen. Dabei musste ich niemals beschützt werden. Aber dass haben wir beide nie verstanden. Ich sehe aus wie Glas, doch obwohl ich schon so oft auf dem Boden aufgekommen bin, bin ich doch nie zerbrochen.
    Du hingegen musstest dich jedes Mal erneut zusammen flicken und jedes Mal war es schwerer. Und du wusstest nicht, wie oft du es noch schaffen würdest.
    Ich trete hinter dich, so dicht, dass mein Atem auf deinen Nacken trifft. Und noch bevor du mich zurückhalten kannst, lege ich behutsam meine Arme um dein Kristall-Ich. Und lasse nicht mehr los.
    „Ich werde dich beschützen.“


    ~


    Ich werde dich beschützen.
    Ich kann kaum glauben, was ich da höre. Aber deine Wärme und deine Nähe trösten mich. Obwohl alles in mir schreit, es sofort zu unterbinden, drehe ich mich um und umschlinge deine zarte Gestalt. Ich vergrabe mein Gesicht mit den Tränenspuren an deiner Schulter. Und als ich nach einer Weile den Kopf hebe, blicke ich direkt in deine Augen. Blau wie das Meer, blau wie der Himmel.
    Du lächelst und ich lächele zurück, wenn auch etwas zittrig. Und in diesem Moment weiß ich ganz genau, was ich will.
    Ich will dich.


    ~


    Ich will dich.
    Rue. Deine Augen, vorher voller Schmerz, blicken jetzt liebevoll in die meinen. Dein Lächeln ist sanft, aber ich erkenne auch weiterhin Angst. Wovor hast du Angst? Dass ich dich abweise?
    Mach dir keine Sorgen. Ich war immer da für dich und nichts wird mich zukünftig daran hindern können, nicht einmal deine Unsicherheit.
    Und um dir auch die letzte Unsicherheit zu nehmen, lege ich meine Lippen sanft auf deine. Ich spüre, dass du erschrocken bist und gebe dir einen Augenblick, um zu verstehen. Danach verstärke ich vorsichtig den Druck. Ich muss leise in mich hinein lachen, als ich spüre, wie du den Kuss erwiderst.
    Und dann bin ich diejenige, die erschrickt. Deine Zunge leckt über meine Unterlippe und bereitwillig öffne ich meinen Mund. Ich schmecke Zucker. Süß und rein.
    Niemals werde ich dies hier aufgeben.


    ~


    Was ist Liebe für dich?
    Für uns beide ist es ein Gefühl von Echtheit. Es wird niemals gehen, obgleich man oftmals denkt, es ließe einen im Stich. Es ist die Zukunft, die die Vergangenheit auf ewig ausradiert.
    Manchmal schmerzt dieses überwältigende Gefühl, aber dennoch wollen wir es niemals missen. Denn es gehört zu uns.
    Liebe ist das Ende vom Anfang. Und der Anfang von Morgen.
    [subtab=Cáithlyn]
    Wenn ich springen würde


    „Hey, Gem?“
    „Was?“
    Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Meine Augen auf den flammenden Feuerball vor mir gerichtet suche ich nach den richtigen Worten. Gem hört auf zu tippen, sieht aber nicht vom Handydisplay hoch. Ich weiß, dass ich ihre Aufmerksamkeit habe, und auch, dass sie langsam ungeduldig wird.
    „Was wäre wenn…“ Ich halte inne, fahre mir mit den Fingern durch die Haare. Diese Bank ist so fürchterlich unbequem. Ich rutsche darauf herum.
    „Was wäre wenn ich jetzt aufstehen würde…“
    „Ja und?“, antwortet sie gleichgültig. Ihr Handy vibriert, die Glasscheibe leuchtet auf und taucht ihr Gesicht in gespenstisches hellgrün.
    „Wenn ich zum Hang gehen würde…“
    Sie unterbricht das hektische Drücken von Tasten, starrt das kleine Gerät einfach nur an.
    „Wenn ich zum Hang gehen würde und…“ Meine Hände sinken auf meine Beine, den Kopf lege ich in den Nacken. Ich wage es nicht, sie anzusehen, während ich meinen Satz zu Ende führe.
    „Springe.“
    Gem antwortet nicht. Ihre Ohren zucken, diese merkwürdige Angewohnheit wenn sie nachdenkt. Die dunkelbraunen Augen huschen wieder übers Display, und mit dem rechten Bein wippt sie auf und ab. Eine Strähne rotes Haar fällt ihr über die Schulter ins Gesicht und ich muss dem Drang wiederstehen, sie ihr zurückzustreichen.
    „Hm“, ist alles, was sie mir antwortet.
    Das ist es also. Hm. Das wäre also ihre Reaktion, wenn ich von der Klippe, dem höchsten Punkt der Stadt ins Meer springen würde. Hm. Mehr nicht.
    Ich schlucke den Frust herunter.


    Vielleicht hätte ich nie etwas sagen sollen. Vielleicht hätte ich es bei mir behalten sollen. So viele Jahre ist es doch gut gewesen. Einfach nur Freunde sein. In der Schule nebeneinander sitzen, hin und wieder mal beim andere Abschreiben. Lachen, wenn sie einen Witz erzählt, für sie da sein, wenn es ihr schlecht geht. Ihr dann ein Eis kaufen, sie in die Arme schließen und das gehauchte Danke mit einem einfachen „Ist doch klar. Wir sind schließlich Freunde“ quittieren.
    Es tut jedes Mal weh, wenn ich sie mit jemand anderem sehe. Wenn sie mir erzählt, wie viel Spaß sie mit dem Typen von nebenan doch hat. Ich zwinge mich zu einem Lächeln, verspreche ihr, dass es diesmal gut geht. Aber es geht nie gut. Immer wieder trennt er sich von ihr, oder auch andersherum. Dann bin ich die Schulter, an die sie sich stützen kann, oder derjenige, der sich mit ihr darüber ärgert, was für ein Idiot er ist. Ich ertrage es, aber jedes Mal wird es schwerer. Wenn sie mich anstrahlt, da bricht mein Herz in tausend Teile.
    „Weißt du, Jungs sind Idioten!“, fauchte sie einmal, als sie einen ihrer Freunde beim Fremdgehen erwischt hatte. Ich sah sie stirnrunzelnd an.
    „Du nicht!“, korrigierte sie sich dann.
    „Na, das will ich auch hoffen“, grummelte ich gespielt beleidigt. Sie reagierte nicht darauf.
    „Immer wieder brechen sie einem das Herz. Was soll das denn? Irgendwann geht mir noch die Pflaster zum Zusammenflicken aus!“
    Ihr gehen sie nie aus. Ich aber muss immer wieder suchen um noch ein verbliebenes zu finden.
    Ich schaue zu ihr herüber. Sie sitzt nach vorne gebeugt, die Arme auf den Knien abgestützt. In ihren Händen liegt das Handy, aber jetzt schaut sie nur noch zur Klippe, keine zehn Meter vor uns. Ob sie es sich vorstellt? Was wäre, wenn ich jetzt aufstehe und springe?
    Ihr Handy vibriert, sie reagiert nicht.
    Gem wirkt so weit weg. In ihren Augen spiegelt sich der Sonnenuntergang. Es wird schon spät. Eigentlich sollen wir schon längst zu Hause sein. Wir sollten aufstehen, uns verabschieden und dann den Berg hinunterwandern, jeder in seine eigene Richtung.
    So wie jeden Tag. Als ob ich diesen Blödsinn nie gesagt hätte.
    Aber ich habe es gesagt.
    Hätte ich besser nicht.
    Zu wissen, dass sie sich nicht darum kümmern würde, wenn ich plötzlich weggehe… Es tut mehr weh, als sie mit den anderen zu sehen. Bin ich ihr denn wirklich so egal? War ich all die Jahre denn wirklich nur ein Abfalleimer für ihre Sorgen?
    Hatte Juliet am Ende doch Recht gehabt?


    „Gib es doch zu!“, hatte sie mir mit Tränen in den Augen entgegen geschrien. „Es kümmert dich einen Scheißdreck wie es mir dabei geht! Alles was für dich wichtig ist, ist Gem!“
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Vielleicht hatte sie ja Recht.
    Nicht vielleicht. Ja, sie hatte Recht.
    „Und du Blödmann siehst nicht einmal, wie egal du ihr bist“, hauchte sie mir entgegen und machte sich an dem Ring an ihrem Finger zu schaffen. Den hatte ich ihr gekauft, als wir auf ein Doppeldate mit Gem und ihrem Freund gegangen waren. Weil ich wollte, dass Gem sieht, dass ich jemanden gefunden habe, den ich liebe. Weil ich das dumme Theaterstück vom besten Freund aufrechterhalten wollte.
    Juliet trennte sich an diesem Tag von mir. Es war mir egal. Ich kümmerte mich nicht weiter darum. Ging still nach Hause, aß nichts und schloss mich in meinem Zimmer ein.
    Seitdem nagte dieser Gedanke an mir. War ich wirklich nur ein Abfalleimer für Gem? War unsere Freundschaft am Ende gar nichts wert? Ich wollte sie so oft fragen, fand aber nie eine Möglichkeit. Ich wusste nicht, wie ich nachharken sollte. Direkt hätte ich mich nie getraut. Also blieb ich Nacht über Nacht wach, stellte mir ihre Reaktionen vor. Manchmal schlief ich dann mit einem Lächeln ein, und dem festen Vorsatz, es endlich zu wagen.
    Manchmal presste ich mein Gesicht ins Kissen, biss die Zähne zusammen und wartete, bis der Wecker klingelte.


    Und jetzt habe ich endlich Gewissheit. Ich bin ihr nicht wichtig.
    Es tut weh. Wie ein Sturm aus Nadeln, der sich in mein Fleisch bohrt. Aber ich weiß, dass das vorüber geht. Weiß, dass ich darüber hinweg kommen werde und muss. Es hat keinen Sinn, etwas hinterher zu weinen, das so nie existierte.
    Ich stehe auf, stecke die geballten Fäuste in meine Jackentasche und werfe einen letzten Blick zum Sonnenuntergang. Es schmerzt, aber ich drehe mich um und gehe den ersten Schritt, hoffe, dass etwas passiert. Es passiert nichts.
    Zweiter Schritt. Sie reagiert nicht.
    Dritter Schritt. Schaut weiter aufs Meer hinaus.
    Vierter Schritt. Steckt ihr Handy weg.
    Fünfter Schritt. Sechster Schritt. Siebter Schritt.
    „Ich würde springen.“
    Ich stehe schon an der Straße, als ich Stimme leise an mein Ohr dringt, bleibe stehen, drehe mich zu ihr um. Gem schaut mir nicht in die Augen, mustert das Gras, das von Windböen bewegt wird.
    „Ich würde dir hinterherspringen“, widerholt sie, diesmal mit festerer Stimme. Ich schaue unschlüssig von ihren Händen zu ihrem Gesicht, das sie jetzt vorsichtig erhebt. Gem versucht mir in die Augen zu sehen, aber jedes Mal, wenn ich ihren Blick erwidere, gleitet ihrer davon.
    „Warum?“, frage ich seltsam dumpf.
    Warum würde sie springen? So etwas durfte sie nicht tun! Nie im Leben dürfte sie springen, nur wegen mir! Mein Herz klopft mir bis zum Hals als sie sich umdreht und auf die Klippe zuwandert. Erst bleibe ich stehen, gelähmt von den Gedanken, die mir durch den Kopf schwirren.
    Nimmt sie… Nimmt sie das denn nun wirklich ernst? Das… Das kann doch nicht…
    Gem bleibt nicht stehen. Sie geht einfach weiter, direkt auf den nur hüfthohen Zaun zu. Steigt mit einem Bein darüber, dann mit dem anderen. Balanciert am kleinen Rand des Abgrunds. Unter ihr tost das Meer.
    „Und wenn ich jetzt springen würde?“, fragt sie mit einem Schulterblick. „Wenn ich springen und sterben würde?“
    Mein Kopf pocht schmerzhaft. Hat sie denn wirklich vor…
    „Gem, hör auf damit!“, krächze ich schon leicht hysterisch. „Komm zurück, das ist nicht lustig!“
    „Was würdest du tun, Dave?“ Sie lehnt sich gegen den Zaun, starrte an den Horizont. „Was würdest du tun?“ Ihr Fuß schwebt schon in der Leere.
    Ich begreife, dass sie es tatsächlich ernst meint… Da bewegt sich mein Körper schon von alleine.
    Die Distanz zwischen uns bringe ich schnell hinter mir, und bevor sie sich auch nur einen Zentimeter bewegen kann, greife ich um ihre Hüfte, hebe sie über den Zaun. Presse sie an mich, unterdrücke ein Keuchen. Wir sinken auf den Boden.
    „Was würdest du tun?“, widerholt sie.
    Ich schweige, überlege. Was würde ich tun? Mich ebenfalls hinunterstürzen, so wie sie es tun würde? Wenn sie es denn ernst meint.
    „Ich würde es nie so weit kommen lassen“, antworte ich zitternd. Gem legt die Arme um meinen Hals, ihre Wange gegen meine Schulter, sodass sie mich ansehen kann.
    „Juliet hatte also doch Recht“, haucht sie und schließt die Augen.
    Ich vergrabe mein Gesicht in ihren Haaren.
    „Sie hat es dir gesagt?“
    „Ich habe gedacht, sie lügt. Hab gedacht, dass sie nur einen Grund suchen würde.“
    Wir schweigen eine Weile.
    „Es tut mir Leid.“ Ihre dunkelbraunen Augen öffnen sich wieder. „Ich wusste es nicht.“
    „Ich dachte, es würde alles kaputt machen“, entgegne ich.
    „Tut es das denn?“
    „Das musst du entscheiden.“
    Der letzte Strahl Sonnenlicht bricht sich in ihren Augen. Ich sehe, dass sie feucht sind, sehe, wie ihre Lippen zittern.
    „Nein“, haucht sie. „Es macht alles wieder ganz.“
    [tab=3. Platz][subtab=Kardia]
    Aquatically


    Wir rennen zeitgleich in das Wasser, dessen spiegelnde Oberfläche die untergehende Sonne reflektiert; ihr goldenes Licht bricht sich in der schäumenden Gischt, dessen silberne Wellen uns sanft umspielen.. Die Bäume des nahen Waldes rauschen bedächtig im sanften Wind, der über meinen Kopf hinwegfegt und mit meinen Haaren spielt. Langsam wird es kühler, aber davon merke ich nichts – ich renne immer weiter.
    Plötzlich ist er da, direkt hinter mir; ich spüre seinen warmen Körper ganz dicht an meinem und höre seinen leisen Atem. Ein Gefühl seltsamen Glückes schleicht sich meine Wirbelsäule hinauf und meiner Kehle entrinnt sich ein plätscherndes Kichern. Schnell bewege ich mich weiter vorwärts, muss schwimmen in dem nun brusthohen Wasser. Der Geruch nach Salz und Tang dringt in meine Nase und ich atme tief diesen Duft der Freiheit ein. Doch dann mit einem Mal ein gewaltiger Druck, direkt auf mir – und über mir schließt sich das Meer.
    Instinktiv greife ich nach etwas, irgendetwas, doch meine wild suchenden Hände bekommen nichts zu fassen. Ich sinke hinab auf den tiefen Grund, meine Lunge scheint zu explodieren, ich kann nicht mehr atmen, werde panisch. Gedanken und Wortfetzen ziehen vor meinem inneren Auge vorüber, werden undeutlicher, verwaschener; weichen einer Schwärze, die mich zu übermannen droht.
    Ein Ruck, dann noch einer und noch einer – und plötzlich sehe ich wieder den in die sonnigen Strahlen der warm scheinenden Sonne getauchten Himmel, atme die frische Meeresluft, spüre, wie das Leben in meinen Körper zurückkehrt. Mein Herz schlägt langsamer, mein Brustkorb entkrampft sich, die Panik weicht. Und an ihre Stelle tritt weißglühende Wut.
    Ich drehe mich in einer einzigen fließenden Bewegung herum und haue ihm eine runter. Schmerz durchzuckt meine rechte, zur Faust geballte Hand, doch ich ignoriere ihn, kneife meine Augen zusammen und verspüre den Wunsch, noch einmal zuzuschlagen. Aber dazu kommt es nicht mehr – denn ehe ich mich versehe, bin ich in einer festen Umarmung gefangen, spüre weiche, samtige Lippen auf meinen – und vergesse alles, an was ich eben noch gedacht habe.
    Mein Herz setzt einen ganzen Schlag lang aus, ich kann beinahe fühlen, wie die Momente verrinnen, bis es laut und dröhnend und doppelt so schnell weiterschlägt. Auf meinen geröteten Wangen breitet sich eine schier unglaubliche Hitze aus, und alles in mir drängt mit einem Mal zur Flucht. Flucht vor ihm, dem Meer, dem Wasser, dem Himmel, der Sonne. Flucht vor diesem Gefühl, das ich nie zuvor gespürt, empfunden, gelebt habe. Flucht vor mir selbst. Und noch ehe ich etwas gegen diesen Instinkt unternehmen kann, entfliehe ich der Umarmung, renne und schwimme und taumle zurück gen Strand, greife nach meinem Handtuch und meiner Tasche und rette mich in die schützende Dunkelheit des an das Meer angrenzenden Waldes.


    Es wird bereits dunkel, als ich aus dem Dickicht der grünen, lieblich duftenden Bäume trete und meinen Heimweg entlang des Strandes antrete. Mein Blick fällt unweigerlich auf das wogende Wasser, das, beschienen von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne, purpurfarben leuchtet. Sofort steigen die Erinnerungen der letzten Stunden wieder in mir empor, versengen meine Brust mit eisig kalter Panik, lassen mein Herz in verglühendem Feuer erstarren. Die Angst vor meinen eigenen Gefühlen für diesen Jungen ist stärker als alles, was ich bislang zu fühlen glaubte.
    Ein letztes, goldenes Aufblitzen am fernen Horizont, dann versinkt die rote Sonne für diesen Tag in den schier endlosen Fluten des weiten Ozeans und lässt mich in der Dunkelheit zurück. Gemeinsam mit meinen Erinnerungen, meinen Gefühlen. Meiner Angst. Und doch ist da noch etwas anderes, tief verborgen, irgendwo unter einer Anhäufung von Satzfetzen, von Gesichtsausdrücken. Irgendetwas von ihm. Ihm, wie er bislang immer zu mir war. Ihm, wie er mir immer und immer und immer wieder begegnete: mit Hohn. Spott. Und kaum zu bezwingendem Hass. Zumindest war es das, was ich immer angenommen habe. Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher.
    Über mir, am mittlerweile nachtblauen Himmel, ertönt der Ruf eines vorbeiziehenden Vogels, laut in der unwirklichen Stille. Automatisch, ohne darüber nachzudenken, lege ich den Kopf in den Nacken und blicke hinauf, suche die Finsternis nach etwas ab, das längst entschwunden ist. Und doch vermag ich einen schmalen Streifen silbernen Lichtes auszumachen, als ich die Augen zu schmalen Schlitzen verenge und in Richtung der fernen Berge schaue. Kaum wahrnehmbar und doch vorhanden, wie feiner Sternenstaub, liegt ein helles, von innen heraus strahlendes Leuchten in der Luft, nur einen Moment lang, bis es genauso schnell verschwindet, wie es gekommen ist.
    Ich laufe weiter den in der Dunkelheit seltsam weißlich wirkenden Strand entlang; meine nackten Füße versinken in dem weichen, noch von der Sonne aufgewärmten Sand. Allmählich aber kommt die Kälte über das dunkel daliegende Meer gekrochen; der Wind, noch immer nach salzigem Wasser und herrlich frischen Meerespflanzen duftend, frischt auf. Eine feine Gänsehaut zieht sich über meine bloßen Unterarme und ich schlinge das Handtuch enger um meinen zitternden Körper. Irgendwo vor mir und doch in weiter Ferne kann ich die kleine Stadt erkennen, in der sich das kleine Häuschen befindet, das ich für diesen Sommer gemietet habe. Was würde ich nicht dafür geben, jetzt schon dort zu sein, mich in mein warmes, weiches, kuscheliges Bett zu verkriechen und einfach nur zu vergessen. Den heutigen Tag. Die letzten Stunden. Ihn. Aber so leicht ist das Leben nicht.
    Ein plötzlicher Windstoß fährt mir in den Rücken, bläht mein flauschiges, buntes Handtuch auf und entreißt es meinen zu langsamen Händen; wie ein Drache aus alten Legenden fliegt es hinfort, bauscht sich mal hier, mal dort auf, bis es schließlich von der Dunkelheit verschluckt wird.
    Leises Schluchzen ertönt, gefolgt von rasselndem, schniefendem Luftholen, und es dauert einen Moment, bis ich bemerke, dass mir warme, salzige Tränen über das Gesicht rinnen. Das Zittern meines Körpers, eben noch vor Kälte, wandelt sich um in ein von Schmerzen gezeichnetes Beben, und langsam lasse ich mich zu Boden sinken, versinke fast gänzlich im kühlen Sand, dessen wohlige Wärme längst verflogen ist. Genau wie mein Handtuch, getragen von einer Laune des Windes. Genau wie die Sonne, gezwungen von einer höheren Macht, im Ozean zu ertrinken. Genau wie er.
    Ein heiseres Geräusch entringt sich meiner Kehle, bricht heraus in die stille, dunkle Nacht, nur unterbrochen vom monotonen Rauschen der Wellen und dem fernen Leuchten der Stadt. Und in diesem Moment, allein mit mir und der Welt, umgeben von der Natur, deren Wärme, deren Helligkeit, deren Liebe mich verlassen hat, beginne ich zu verstehen. Beginne zu verstehen, was wirklich in meinem Herzen, in meiner Seele, in mir ist, beginne zu verstehen, was ich wahrhaftig fühle. Beginne zu verstehen, was ich immer schon gefühlt habe.
    »Kotone?« Ein Ruck geht durch meinen Körper, als ich die vertraute und mir doch so fremde Stimme vernehme, die Erinnerungen an vergangene Treffen und gefochtene Kämpfe hervorruft. An Streit. An Hass. Und an Liebe.
    Ich balle meine Hände zu Fäusten, schließe den weißen, kalten Sand im Gefängnis meiner Finger ein und lasse meinen Tränen freien Lauf. Es ist mir gleichgültig, ob er sieht, wie ich weine, ob er versteht, weswegen ich Trauer empfinde. Ob er mich auslacht oder alleine lässt.
    Eine warme Hand legt sich auf meine zitternde Schulter, eine Berührung voller Wärme, die meinen Körper unter neuerlichem Schluchzen erbeben lässt, und ich lasse mich weiter gen Boden sinken, bis mein tränennasses Gesicht den Sand berührt, bis nichts mehr zwischen mir und der Kälte von Mutter Natur ist. Und obwohl ich mich innerlich schelte für meine Gefühle, obwohl mein Verstand mich verurteilt für meine Ehrlichkeit, die so anders ist als die Maske, die ich stets zu tragen pflege, kann ich nicht anders, als seinen Namen zu flüstern, wie ein Mantra, das mich aus der Dunkelheit errettet.
    »Silver«, murmle ich, so leise, dass selbst die Stille lauter ist als meine vom schweren Atmen und Schluchzen gepeinigte Stimme. Meine Worte gehen im Rauschen der Wellen unter, ertrinken in den Geräuschen dieser Welt. Und doch ist er innerhalb des Bruchteils einer Sekunde da, vor mir, und nimmt mein von Tränen gezeichnetes Gesicht in seine warmen, trockenen Hände. Seine Augen, sonst hart und unerbittlich blickend, als würde man Stahl betrachten, sehen mich fragend an, und in ihnen liegt ein Funkeln, das ich noch niemals zuvor gesehen habe.
    »Silver«, schluchze ich ein weiteres Mal, und obwohl die vergangenen Jahre, in denen wir uns wieder und wieder mit Hass begegnet sind, nicht ungeschehen gemacht werden können, obwohl ich noch immer den Wunsch verspüre, ihn endlich – endlich – einmal in einem Kampf, sei es nun mit Worten oder mit unseren Pokémon, zu schlagen, ist die Vergangenheit und was wir damals getan und gedacht und gefühlt haben, in diesem Augenblick bedeutungslos.
    Erneut droht sich ein Schluchzen meiner Kehle zu entringen, doch noch bevor ich auch nur den Versuch starten kann, es aufzuhalten, liegen plötzlichen seine kühlen, weichen Lippen auf den meinen und lassen meine Tränen ebenso schnell versiegen, wie sie gekommen sind. Und auch wenn ich weiß, dass die Sonne, die jeden Tag von Neuem einzigartig ihren Lauf über den Himmel antritt, für den heutigen Tag verloren, auch wenn das silberne, geheimnisvolle Leuchten unwiderruflich entschwunden ist, fürchte ich mich nicht mehr.
    Alles wird gut.
    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]Gewinner des 3. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Pokemonlegende (Gen 6)
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Paya]Die Pflanzen des Himmels


    Es begab sich einst, dass das Universum ein junges Geschwisterpaar gebar und rücksichtslos in die Welt spie. Schwester und Bruder, Xerneas und Yveltal, wurden, wenngleich mit erstaunlichen Kräften gesegnet, schon bald von den anderen Bewohnern der noch rauen und unfertigen Erde verspottet. Denn kein Schöpfungsgedanke wollte sich in ihren jungen Köpfen formen, keine Kreation die sie ihr Eigen hätten nennen können war Zeuge ihrer Macht, die mit jeder vergehenden Stunde zweifelhafter erschien. Es schien fast so, als könnten die Geschwister als einzige seiner Kinder die Aufgabe, die Arceus für sie vorgesehen haben mochte, nicht erfüllen.
    Verzweifelt entschieden sich Xerneas und Yveltal Hilfe bei den anderen, beinahe allmächtigen Erdenbewohnern zu erfragen, um nun doch endlich ihren Teil zu der endgültigen Fertigung der Welt beitragen zu können. Jedoch waren die beiden Geschwister im Herzen zu verschieden, um sich auf ein und denselben Herrscher einigen zu können, den sie als ihren Mentor auserkoren wollten. Stattdessen entbrannte zwischen den beiden ein heftiger Streit, der in einem von Wut und Verzweiflung angefachten Kampf mündete.
    Nach zwei Tagen des pausenlosen Schlagabtausch gelang es Xerneas ihren Bruder Yveltal in die Tiefen des Meeres zu stoßen. Von ihrer Kraft und Ausdauer beeindruckt und somit wieder von der in ihr schlummernden Macht überzeugt, erschien Xerneas Groudon, der Herr der Landmaßen selbst, und gratulierte ihr zu ihrem Sieg. Ihrerseits imponiert von der riesenhaften Gestalt und seiner Schöpfung, verneigte sich Xerneas vor dem Mächtigen und bat ihn um eine Unterweisung, um ihre Kräfte voll entfalten und nutzen zu können. Groudon, das Potential in ihr erblickend und gleichwohl auch geschmeichelt durch ihre unterwürfige Haltung, stellte Xerneas die von ihm geschaffene Erde zur Verfügung, auf das sie der Nährboden der Jüngeren und Unerfahrenen sein mochte.
    Durch solch großzügige Hilfe unterstützt gelang es der Schwester bald, die in ihr schlummernde Macht zu entfalten und zu manifestieren. Und so brachte Xerneas am dritten Tag ihrer Existenz das Grün in die Welt. Sie ließ Pflanzen und Blumen erblühen, schickte Bäume an, den Himmel zu erreichen und erbaute ganze Wälle aus Büschen. All die Lebensfähigkeit ihrer Schöpfung band sie für immer an die Erde und somit an die Güte Groudons, der an ihrem Werk jedoch keinen Fehler finden konnte und, von Stolz erfüllt, bei den anderen Schöpfern mit seinem Schützling prahlte, die ein so wundervoll anzusehendes Werk vollbracht hatte.
    Die Nachricht drang bald auch an Kyogres Ohren. Der Herrscher über das Meer wurde sehr erzürnt, als er erkennen musste, dass die Schöpfung seines größter Rivale nicht nur Teil eines weiteren Werkes geworden war, sondern sich diese auch in seinen eigenen Gefilden fand. Algen und Wasserpflanzen sprossen plötzlich aus dem Meeresboden, den Groudon einst gegen Kyogres Willen erschaffen hatte. Auf Rache sinnend begab sich der Herr über das Wasser in die tiefsten Tiefen seines Reiches, um dort den vergessenen Yveltal zu finden. Er plante nun die Macht des Bruders auf so grauenhafte Art und Weise zu erwecken, dass er nicht nur wie auch sein Rivale mit einem Schützling prahlen können, sondern außerdem das Werk Xerneas’ schwächen würde. Doch wenngleich Yveltal von tiefgehendem Hass auf seine Schwester beinahe verzehrt wurde, hatte er seine Niederlage längst akzeptiert und sein Stolz verbot es ihm, gegen ihre Schöpfung vorzugehen.
    Wütend schleuderte Kyogre ihn daraufhin aus seinem nassen Reich und als Yveltal an die Oberfläche drang und das Werk seiner Schwester zum ersten Mal mit eigenen Augen und in seiner ganzen Pracht erblickte, da füllte sich sein Herz mit Stolz, doch nicht minder mit Trauer. Er empfand sich selbst als unwürdig, auch nur eine einzige der Pflanzen zu berühren und erhob sich so ohne langes Zögern in die Weiten des leer wirkenden Himmels.
    Von dort aus beobachtete er, wie die Schöpfung seiner Schwester immer schöner und eindrucksvoller erblühte und bald schon den ersten niederen Lebewesen, die nach und nach geschaffen wurden und immer größere Teile der Erde bewohnten, als Lebensgrundlage und einigen gar als Heim diente. Wütend über seine eigene Unfähigkeit versuchte Yveltal immer wieder das Werk Xerneas’ in den Himmel zu kopieren. Doch da er die noch immer tief in ihm schlummernden Kräfte nicht gänzlich zu erwecken vermochte, war seine Schöpfung farb-, und formlos. So sehr einige gute Seelen, die Mitleid mit dem ewig trauernden Yveltal hatten, auch versuchten ihn davon zu überzeugen, dass die von ihm geformten Wolken den blauen und leeren Himmel dennoch verschönerten, sie konnten ihn nie von seinem eigenen Werk überzeugen, das er selbst als nutzlos empfand.
    Mit jedem weiteren vergehenden Tag wurde Xerneas hingegen stolzer auf ihre Schöpfung. Sie erfreute sich des blühenden Lebens und der Dankbarkeit aller lebenden Geschöpfe, die in ihren Wäldern ein Zuhause fanden. Manches Mal blickte sie auch sanft lächelnd in den Himmel hinauf, der stets ein etwas anderes Gesicht zeigte, seid ihr Bruder ihn wie eine Leinwand zu benutzen schien. Doch als Xerneas eines Tages erwachte, da spürte sie wie ihre Macht schwand. Die Pflanzen konnten nicht mehr genügend Kraft aus dem Boden Groudons ziehen und verdorrten zusehends. Grüne Fläche verwandelten sich in braune Einöden und die verzweifelt um Gnade flehenden Lebewesen, die glaubten Xerneas erzürnt zu haben, starben ohne Nahrung und Heim. Hilflos wandte sie sich an ihren Mentor und fragte nach dem Fehler in ihrer Schöpfung, die sie so vergänglich werden ließ. Da musste Groudon sich eingestehen, dass seine Macht allein niemals ausreichen würde, um das Leben lange erhalten zu können. Wohlwissend das auch Kyogres Kräfte von Nöten wären, verriet er seinen Schützling jedoch, erklärte ihre Fähigkeiten für unausgereift und lachte über ihre angebliche Schwäche, bevor er sich von ihr abwandte und Xerneas hilf-, und ratlos zurückließ.
    Yveltal jedoch konnte von seinem hohen Aussichtspunkt fast die ganze Welt überblicken und litt beinahe so sehr wie seine Schwester, als die Schönheit unter ihm zusehends schwand. Bald konnte er nur noch in den Tiefen des Meeres das so geliebte Grün ausmachen und so entschloss er sich, Kyogre um Hilfe für die Welt und all ihre Lebewesen zu bitten. Ein weiteres Mal tauchte er in die Dunkelheit des Wassers hinab, doch als er den Herrscher dieser Gefilde antraf, lachte dieser über Yveltals Bitte, ein wenig Nässe über das Land zu bringen. Unter keinen Umständen wollte er jene Schöpfung unterstützen, die sich auf die Landmaßen Groudons stützte. Nur überschwemmen, so seine Worte, würde er sie sehr gern, doch dies ließe sein Rivale niemals zu. Schnell erkannte Yveltal, dass er Kyogre nicht würde überreden können und so griff er zu einer List. Er erklärte dem Herrscher der Tiefe, dass er ihm helfen könne, die Welt zu überschwemmen, denn auch er selbst sei sehr wütend auf Groudon, habe der doch seiner Schwester geholfen und ihn selbst verschmäht. Nach einigem Überlegen war Kyogres Gier nach dem Sieg über seinen Rivalen größer als sein Verstand und er bot Yveltal an, er könne als das Wasser nutzen, dass durch die Hitze der Sonne so oder so nicht mehr gänzlich seinen Vorstellungen entsprach. Das sei keine geringe Menge und sollte ausreichend sein, um Nässe über die Welt zu bringen. Sich tief verneigend dankte Yveltal dem Herrscher über das Wasser für seine Großzügigkeit und begann sobald das zu heiß gewordene Wasser in den von ihn geschaffenen Wolken zu sammeln. Um diesen Vorgang noch zu beschleunigen gebot der ungeduldige Kyogre seiner Schöpfung, in winzigen Tropfen in den Himmel aufzusteigen auf das der, den er für seinen Komplizen hielt, sie leichter erreichen könnte.
    So füllten sich die Wolken mehr und mehr mit Wasser, doch bevor es in einem gigantischen Schwall aus ihnen ausbrechen konnte, stärkte Yveltal sie mit der Macht, die er in seinem Innersten gefunden zu haben glaubte. Nur einigen Tropfen erlaubte er, hinab zu fallen. So ergoss sich bald der erste Regen dieser Welt aus den grau verfärbten Kindern des fürsorglichen Bruders, der freudig beobachtete wie die Kraft der Schöpfung seiner Schwester stetig mehr zurückkehrte. Bald schon konnte er sich wieder an der alten Schönheit erfreuen. Da gebot er den Wolken sich zu verschließen, um der Erde nicht zu viel Wasser zu schenken. Dem wütenden Kyogre jedoch berichtete er unterwürfig, dass seine Kräfte noch zu schwach seien, um die Macht der Schöpfung des Älteren gänzlich zu nutzen, doch im Laufe der Zeit würde es ihm gelingen, ein zweites Meer auf Groudons Landmaßen zu erschaffen. Da der Herrscher seinen ewigen Kampf gegen die Erde nicht aufgeben wollte, erlaubte er Yveltal so weiterhin, auf einen Teil seines Wassers zuzugreifen.
    Bald darauf begegneten sich Xerneas und Yveltal an einem Ort, an dem sich Himmel und Erde treffen und begutachteten ihr gemeinsames Werk, das überall zu sehen war und vor dem sich kein Auge verbergen konnte. Von Stolz und unsagbarer Freude erfüllt erkannte das Geschwisterpaar, dass Hass und Liebe beidermaßen an dem Erfolg ihrer Schöpfung beteiligt gewesen waren und so verurteilten sie im Laufe ihrer langen Leben weder das Gute, noch das Böse jemals.


    [tab=2. Platz][subtab=Reshira]Gleichheit und Friede


    Man erzählt sich von dem großen, majestätischen Wesen, das mit seinem schillernden Geweih alle Krankheiten dieser Welt hätte heilen können. Einst, als der Einfluss der Legendären auf die Welt noch viel stärker war, betete man es an, als Gottheit der Heilung.
    Sicherlich fragst du jetzt, warum es immer noch so viel Leid auf der Welt gibt, warum täglich Menschen und Pokémon an eben diesen Krankheiten zugrunde gehen, die das Wesen heilen kann? Nun, dazu solltest du wissen, dass das Wesen nicht alleine war. Sein Pendant, der geflügelte, rote Teufel, wie man ihn zu diesem Zeitpunkt nannte, streute Leid über die Welt, so viel Leid, dass nicht einmal das Geweih des Wesens alles hätte verschwinden lassen können, da der Teufel aufgrund seiner riesigen Flügel sich schneller fortbewegte. Die Gottheit der Heilung besaß vier Hufe, die zwar schnell laufen konnten, allerdings nicht die Möglichkeit besaßen, Abgründe und Meere zu überwinden.
    Doch auch der Teufel war nicht allmächtig, denn er konnte nicht landen. Sein ganzes, ewiges Leben musste er im Himmel verbringen, die Schwingen müde, der Geist bewölkt wie der Himmel durch sein Unwissen über alles, was unten sein Leben verbrachte. Dadurch war ihm auch die Existenz der Gottheit der Heilung und ihrem Geweih nicht bewusst, die Gottheit jedoch wusste ihrerseits über den Teufel Bescheid. Dies brachte ihr einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Vogel ein, und da sie von den Waldvögeln als Herrscher akzeptiert wurde, machte sie es sich zur Aufgabe, die Welt endlich von allem Leid zu befreien ...
    Die Vögel versammelten sich und hoben mit vereinter Flugkraft das Wesen in die Lüfte, wo es gegen den Teufel kämpfen wollte, ihn vernichten wollte, auf dass mit ihm das Qualen sterben würden. So sollte es sein – dachte man.
    Als die Gottheit auf den Teufel traf, war dieser selbstverständlich geschockt, hatte er ja noch nie ein Wesen ohne Flügel angetroffen. Er war nicht streitfreudig, nur überrascht, wie man heute weiß, allerdings war sich die Gottheit darüber im Unklaren. Der stahlblaue Blick des Vogels bohrte sich in den ihren, und sie zitterte, absorbierte das Sonnenlicht, bereit, den Leidbringer zu vernichten.
    Der strahlend hellgrüne Lichtstrahl des Angriffs, den man heute als Solarstrahl kennt, traf den roten Teufel mit voller Wucht und unerwartet in den von mit Krallen versehenen Beinen gesäumten Bauch. Durch die überraschend Attacke war er unvorbereitet gewesen und der Schmerz breitete sich aus, über den schlanken, roten Körper, die schwarzen äußeren Adern entlang bis zu seinen Flügeln, die all ihre Kraft auf einen Schlag verloren und schlaff an seinen Seiten hingen, während die Schwerkraft ihren Tribut forderte und der Vogel auf die Erde stürzte.
    Langsam peilten die kleineren Vögel, die die Gottheit trugen, den Boden an und ließen es majestätisch am leblosen Körper des Teufels, der auf eine Waldlichtung gestürzt war, das Gras erreichen, wo es mit erhabenem Blick aufrecht und mit hoch erhobenem Kopf dastand und seinen Feind betrachtete. Schließlich stieß es einen hohen, ohrenbetäubenden Triumphschrei aus, den blauen Kopf weit nach hinten geworfen.


    Es sollte nicht lang dauern, dass die Welt durch die Gottheit geheilt wurde. Niemand würde mehr leiden müssen, auch der Hunger wurde besiegt, denn in der fernen Region Sinnoh traf die Gottheit einen kleinen, grün-weißen Igel, der alles gedeihen ließ und so Wüsten in wunderschöne, fruchtbare Wiesen verwandelte.
    Die Gottheit war zufrieden mit ihrem Werk und als sie wieder zurück in ihrem heimatlichen Wald war, wurde sie von jubelnden Menschen und Pokémon empfangen, die es zu ihrem Schutzpatron erklärten.
    Doch tief im Wald begannen zwei Menschen, sich zu streiten, wer das schönere Stück Land besäße. Es war ihnen zwar nicht bewusst, aber dies brachte einen Stein ins Rollen, der alles vorher Dagewesene ins Gegenteil verkehrte.


    Eine kurze Zeit nach der endgültigen Heilung war es geschehen; jeder wollte nur noch besser sein als alle anderen, die schöneren Behausungen haben, den effizienteren Körperbau. Dank dem Igel und der Gottheit waren nun alle Menschen und Pokémon gleich, und dies führte zu Unheil. Bald entbrannte Streit, gar Kriege wurden angezettelt aus purer Habgier, immer mehr, immer besser sein, immer anders.
    Bestürzt blickte die Gottheit herab auf die Welt. Was war nur geschehen? Sie hatte doch alles richtig gemacht, jedem das gegeben, was jeder gewollt hatte, und nun sollte dies ewigen Hass bedeuten! Ihr Denken hatte sich mit dem der Sterblichen widersprochen. War es ihr egal, was sie in ihrem ewigen Leben erreichte, hatten die mit der begrenzten Zeitspanne nicht die Möglichkeit, sich für alles unendlich viel Zeit zu lassen. Sie wollten alles, doch ihre Zeit ließ nicht alles zu.
    Aber was hatte das nur mit dem Leid zu tun gehabt?
    Irgendwann erschien der Gottheit eine Fee mit schillernd blauen Augen, wie sie der Teufel gehabt hatte. Doch jene Fee war nicht groß oder einschüchternd, sondern besaß cremefarbenes Fell auf einem kleinen, zierlichen Körperbau. Schleifen umrahmten ihre Gestalt, flatterten im Wind. Sie wirkte wie ein Lichtstrahl in einer finsteren, vom Blut regierten Welt.
    Die Fee deutete mit einem der Schleifenbänder auf die Pokémon und Menschen in ihrem Blickfeld und machte kehrt, in Richtung einer Höhle, die vor ihnen lag. Sie bedeutete der Gottheit, ihr zu folgen, und als sie beide die Höhle betraten, sahen sie, durch tausend Diamantensplitter erleuchtet, ein kleines, pulsierend rotes Vögelchen, das friedlich auf dem Steinboden schlief.
    Es dauerte ein wenig, bis die Gottheit verstand, was dies war – der Teufel war zurückgekehrt, als ein kleines Kind, das noch nichts wusste von seiner grausigen Bestimmung.
    Die Fee trat hervor und berührte den kleinen Teufel mit der Nase, dann deutete es damit auf die Gottheit. Schließlich sprach es die Worte, die noch heute in der Hymne der Region Teneluce zu finden sind.
    ‚Der König sprach zu mir. Er verkündete mir: Diese Welt kann nicht sein. Friede herrscht niemals durch Gleichheit allein. Ihr Sterblichen, von schwächlicher Natur, seid euch nicht im Klaren – euer Wissen ist nur: Eine Welt in der Gleichheit regiert ist eine Welt in der Liebe erfriert. Ihr wollt immer hoch hinaus, malt euch die schönsten Träume aus. Und seid ihr so wie alle anderen, seid ihr nicht zufrieden, wollt immer mehr, immer mehr, bis das alles endet in Finsternis und Blut.‘
    Die Gottheit neigte den Kopf, als stände der weiße, edle König der Welt direkt vor ihr, und nun verstand sie. Natürlich würde niemals Frieden herrschen durch Ungleichheit. Doch wirklich wahrer Frieden existierte nicht, nicht in der Welt der Sterblichen. Er war nicht möglich. Lieber wollte die Gottheit eine Welt, in der Leid durch Hunger und Krankheiten existierte, als eine, in der jeder jeden hasste, den psychische Qual senkte sich wie ein dichter, undurchdringlicher Nebel auf die Welt. Doch sie schwor sich auch, dass sie jener Leben ein friedliches Ende setzen würde, deren Leid unerträglich war.
    Von diesem Moment an kannte man die Gottheit als Xerneas – Friede. Und der Teufel bekam seinen Namen vom Worte Gleichgewicht; Yveltal.
    Als die Fee sah, wie Xerneas das Geweih herabsenkte und Yveltal endgültig unsterblich machte, durch eine Verbindung zu sich, lächelte sie und verschwand in der Nacht, als letztes schimmerten noch ihre Augen ...
    [tab=3. Platz][subtab=Dreamdust]Die Glut der Farben


    Man erzählt sich, vor hunderten von Jahren soll ein Wesen gelebt haben, so stolz wie ein Hirsch, aber stärker als zehn dieser. Einige behaupteten sogar, es könne die Kräfte des Regenbogens in seinem Geweih aufnehmen und der Welt damit die Farben geben, die sie so bewundernswert machen.
    Viele bezweifelten dies, doch es gab eine Zeit, in der das Wesen, welches von allen nur „Herr der Farben“ genannt wurde, seine Kräfte einsetzte, um der Welt wieder zu helfen ...
    Es soll an einem lauen Wintertag gewesen sein, dass ein Tier aufkreuzte, welches keiner jemals gesehen hatte. Seine großen Schuppen schimmerten Rot in der strahlenden Morgensonne, und die kühlen Winde sollen es so hoch in die Luft getragen haben, dass man es nur noch als Schemenhafte Gestalt erkennen konnte und zunächst für einen Vogel hielt, welcher den Frühling herbeirief.
    Das Tier schwebte Erhobenen Hauptes über der weißen Landschaft, auf denen Etliche Wesen lebten, die die Menschen zu dieser Zeit „Pokémon“ nannten, wie sie auch heute gerne noch genannt werden. Der große Drache betrachtete eine Zeit lang die schneebedeckten Weiden, was den Menschen schon den Glauben schenkte, es würde über die Gegend wachen, so dass nichts passierte, doch sie irrten sich gewaltig.
    Sie beachteten das Wesen schon fast nicht mehr, da es schon eine lange Zeit am Himmel stand, reglos wie ein Stern, in der Luft gehalten von einer Brise, die doch eher warm war als kalt. Man soll sich erzählt haben, es solle den Himmel selbst gewärmt haben, mit den Mächten des Feuers, die es in sich träge.
    Die Menschen gingen weiter ihrem Alltag nach, im Glauben, dass alles normal war, bis auf den Wärmeträger an ihrem Himmel, auf dem sich langsam rote Streifen ausbreiteten, wie Glut, die sich in zartes Holz brennt. Doch mit der einbrechenden Nacht begann nicht nur der Horizont zu glühen, sondern auch das Wesen, das in seiner Mitte stand. Von ihm soll eine große Hitze ausgegangen sein, welche sich bald auch auf die Landschaft zu übertragen schien. Die Menschen löschten erst die Glut in ihren Kaminen, dem Drachen für die wärme dankend – bis sie bemerkten, dass die Absichten dessen gerade das Gegenteil von gut waren. Die roten Schuppen erhitzen die Luft, der heiße Feueratem des Drachen brachte langsam die wenigen Pflanzen, die sich schon aus dem Schnee gewagt hatten, zum eingehen, vertrieb sie von der Oberfläche, bis die Hitze auch für die Menschen schädlich wurde, die endlich merkten, dass etwas an diesem Wesen nicht stimmte.
    Sie versuchten, das Tier mit Leuchtfeuern vom Himmel zu verscheuchen, doch es blieb da, die Nacht um seinen Körper herum erhellt, als wäre es ein leuchtender Stern. Man erzählt sich auch, der Drache solle tatsächlich von einem gekommen sein, aber ein Sternenstück, von seiner Heimat verbannt, da es dort nicht mehr Willkommen war. Es soll sich einen anderen Platz gesucht haben, an dem es Unruhe stiften konnte.
    Dies war der Moment, an dem die Menschen anfingen, zu verzweifeln, sie wussten nicht, was sie tun sollten und hatten Angst, dass dies nun ihr Ende sein würde, dass sie mitsamt ihrer Heimat Verbrennen würden, denn die Temperatur war noch immer nicht gesunken, nein, im Gegenteil, sie stieg noch immer weiter an.
    Als es drohend nah am Ende war, erstrahlte der Himmel plötzlich in anderen Farben als dem stetigen Rot, welches sowohl im Himmel als auch im Erdreich loderte. Das rot wurde zu einem sanften Violett, nicht mehr agressiv, sondern sanft, es brachte die Menschen dazu, wieder Hoffnung zu schöpfen, beruhigte den glühenden Grund, bis das Licht sich in tausende Farben brach, in denen der feuerrote Drache unterging.
    Doch das leuchtende Spektakel verging schnell wieder, das Prisma wurde von einem rot zurückgedrängt, noch gleißender als die strahlendste Dämmerung, brennender als die heißeste Glut. Die heiße Erde begann wieder zu kochen, doch nicht so stark wie zuvor, wenn auch bemerkenswert.
    Keiner hat den Rest genau festgehalten, denn niemand konnte sich an die Einzelheiten des Kampfes erinnern. Man weiß nur, dass keiner zuvor je so etwas gesehen hatte, dass es vermutlich auch nie wieder so etwas geben wir - und dass seit dieser Nacht an keiner mehr etwas vom glühenden Feuerdrachen und dem Hernn der Farben gehört hatte ...
    [subtab=Cáithlyn]Der Tanz der Waldnymphen


    Tief im Herzen des Landes, versteckt zwischen den hohen Stämmen der Bäume und den dichten Blättern erhob sich auf einer kleinen Lichtung ein Turm aus Marmor. Aus dem fein herausgearbeiteten Verzierungen ragte ein dunkler Stamm heraus, der nur einen Meter weit in die Luft wuchs und dort in drei Äste überging, an denen weiße Blüten hingen, die diese beinahe verschluckten. Wind rauschte durch den kleinen Baum, trug den süßen Duft der lieblichen Blumen mit sich.
    Klee und Moos überzog den Stein, die Zeit nagte daran und riss Schlitze hinein, kleine, schwarze Schlangen, die sich um die vier Stützen des Monumentes schlangen. Diese standen in einem Meer aus Blumen in allerlei Pastellfarben. Sie strahlten ein unnatürliches, leichtes Licht aus. Jetzt, wo man die Sonne nur noch wegen des roten Himmels über dieser Lichtung erahnen konnte, wäre es bald so weit.
    Eine kleine Sammlung an Menschen schritt andächtig durch einen vorgefertigten Pfad. Sie bildeten eine lange Schlange, vorneweg ging ein alter Mann in einem dunkelblauen Kimono, in der rechten Hand hielt er eine Laterne, die ihm in der Dunkelheit den Weg leuchtete. Ein Stück weit dahinter folgte der Rest der Prozession, säuberlich in vier Gruppen unterteilt. Die erste von ihnen bestand aus jungen Mädchen, gekleidet in zarte Kleider in den Farben der Blüten des Schreines. Tüll und Spitzen verzierten ihre Körper, ein weißer Schleier verdeckte die hübschen Gesichter. Die erste, die dem alten Mann in gebührendem Abstand folgen durfte, trug überdies hinaus noch eine Tiara aus purem Silber, das schon fast weiß wirkte. Amethyst, Rubin, Saphir, Topas, Edelsteine, so kostbar, dass sie mehrere Leben finanzieren könnten, waren in die feine Tiara eingearbeitete, die aussah wie ein Geweih. Das Mädchen war dicht gefolgt von zwei ähnlich anderen Mädchen, die in ihren Händen eine kleine Schale mit Samen hielten.
    Die zweite Gruppe bestand aus Instrumentalisten, manche spielten leichte Klänge auf der Flöte, andere zupften auf der Leier. Flankiert wurden diese von der dritten Gruppe, stummen Menschen in festlicher Kleidung die Laternen an langen Stöcken trugen und der Musik lauschten.
    Hinter der Musik wanderte der Rest des Dorfes dem Pfad zum Schrein entlang. Gebannt starrten sie auf die Geschehnisse vor sich, bemüht, die Ruhe nicht zu stören. Nicht einmal die Kinder wagten es, einen Ton auszusprechen. Alles wirkte… Mystisch und majestätisch, aber so fragil, als könnte der kleinste Zwischenfall das Fest zerstören.


    Die langsame Prozession kam zum Halt als der Alte mit der Laterne seinen Fuß auf die Blumen setzte. Er drehte sich um und nickte dem Mädchen mit der Tiara zu, die leicht den Kopf senkte und die Arme hob. Auf dieses Kommando hin schwärmten die anderen Mädchen aus und versammelten sich kreisförmig um das Monument aus Marmor. Auch die Musiker verteilten sich um den Turm herum, ein Stück weit von den Mädchen entfernt. Die Zuschauer setzten sich auf den Fingerzeig des Alten auf das weiche Gras, gerade so, dass jeder sehen konnte.
    Der Mann im Kimono sah noch einmal in den Himmel, in welchem schon die ersten Sterne blass erstrahlten. Die roten Wellen des Himmelsmeeres waren noch nicht ganz verschwunden. Sie würden noch ein wenig warten müssen. Das Mädchen mit der Tiara schritt zum Großmeister, der sich auf die Knie sinken ließ und still verharrte.


    Sie schluckte. Als Mitglied der Dorfgemeinschaft hatte sie dieses ehrwürdige Fest schon einige Mal miterlebt, ganze 16 Mal, um genau zu sein, trotzdem verschlug es ihr jedes Mal wieder die Sprache. Die angespannte Atmosphäre, die gespannten Blicke der anderen auf die Nornira gerichtet und die leise Musik im Hintergrund, unauffällig und beruhigend. Sie konzentrierte sich auf die Klänge der Leier und Flöten, atmete einmal tief ein und dann wieder aus.
    „Beruhig dich, mein Kind“, raunte der Alte ihr zu. Sie öffnete schon den Mund um zu antworten, schloss ihn dann aber schnell wieder. Nur dem alten Großmeister und Priester war es erlaubt, während dieser heiligen Feier zu sprechen. Sie nickte also, wenn auch etwas steif, und richtete die Tiara. Sie musste tadellos aussehen, musste die Zeremonie perfekt vollführen. Wenn nicht… Dann würde dem Dorf für das kommende Jahr der Segen der Waldkönigin fehlen.
    Die Nornira schritt nervös von einem Fuß auf den anderen. Die leichten Blätter der Blumen unter ihr kitzelten die nackten Sohlen ein wenig. Keiner der hier Anwesenden trug Schuhe, eine alte Tradition, die man nicht wagte, zu brechen.
    „Ah!“, stieß der Priester irgendwann aus. Ruckartig hob sie den Kopf zum Himmel. Das feurige rot war gänzlich dem schwarzen Samt der Nacht gewichen, tausende Sterne funkelten und strahlten. Es war so weit. Jetzt würde die Zeremonie beginnen.


    „Vor Urzeiten, als wir Menschen noch ein ferner Traum in der Zukunft waren“, begann der alte Mann andächtig, während er sich mühevoll hochhievte. Stumm blieb sie an ihrer Stelle neben dem Priester, der nun die Laterne in der Hand hielt und in ihr Feuer hineinsah. Die Musik verklang leise im Hintergrund.
    „In dieser Zeit kämpften die Götter gegen das größte Übel der damaligen Welt. Es hatte Wälder und Berge zerstört, Seen ausgetrocknet und aus flachen Ebenen ein Trümmerfeld geschaffen. Damals kämpften die Götter gegen diese Gefahr, die wir heute die Urgiganten nennen. Ihre Kraft entsprach der von tausenden von Männern, doch waren sie nicht sonderlich schlau. Die Götter lenkten sie in einen Hinterhalt und nahmen die Urgiganten gefangen. Noch heute ruhen sie tief unter den Wurzeln der Erde, wo der Schlaf sie gefangen hält.“
    Der Alte hielt kurz inne um sich zu räuspern. Sie wusste es besser. Er wollte nur Spannung erzeugen und das gelang ihm. Die Menschen hingen, wie jedes Jahr, an seinen Lippen.
    „Einer der Götter, die die Welt vor dem Untergang bewahrten, hat sich nach dem Kampf hier zur Ruhe gelegt und beschützt seit diesem Zeitpunkt uns Menschen vor jeglicher Gefahr. Um ihr dafür zu danken und sie auch im nächsten Jahr um Schutz und Sorge zu bitten, haben wir uns hier versammelt, um sie mit dem Tanz der Waldnymphen gnädig zu stimmen.“
    Schwungvoll drehte sich der Priester zum Waldmonument um, hob die Hände und den Kopf in die Höhe und verkündete: „Oh, große Xerneas! Nimm die Danksagen an, die wir dir bereiten!“


    Das war das Stichwort. Die Nornira atmete ein letztes Mal tief ein und schritt mit leichtfüßigen Schritten auf den Tempel zu. Kaum stand sie vor dem Monument aus Marmor, eilten die Mädchen mit den Schalen rechts und links neben sie. Sie schob sich den Schleier aus dem Gesicht, nahm die Schale des rechten Mädchens und erhob sie in die Höhe.
    „Akzeptiere Urds Opfer und wache über all jene, deren Leben du zu dir nahmst, als dessen Blüte uns zum letzten Mal erfreute!“, verkündete der Alte.
    Die Nornira sammelte die bunten Saatkörner mit der rechten Hand auf, drehte sich herum und warf sie hoch in der Luft. Wie feiner Nieselregen schwebten sie auf die Erde herunter und verschwanden zwischen den Blüten. Sie drehte sich zurück, gab dem Mädchen die Schale und nahm nun die linken. Auch diese hob sie hoch in die Luft, woraufhin der Mann wieder sprach:
    „Nimm auch Skulds Opfergabe an, sieh auf all jene, deren Blüten erst noch wachsen müssen, auf dass ihnen die Zukunft gehört.“
    Wieder drehte sich das Mädchen um, warf die gesammelten Saatkörner mit der linken Hand in die Luft. Bunter Schnee rieselte herunter und verschwand zwischen den Knospen.
    „Oh, Xerneas, Kämpferin gegen die Urgiganten, Göttin des Waldes und Wächterin über Vergangenes, Kommendes und Jetziges, steh uns auch heute bei, damit auch unsere Blumen hell erstrahlen mögen!“, verkündete der Alte.
    Für einen schrecklichen Moment geschah nichts. Das Mädchen war versucht, sich umzudrehen und nach dem Monument zu schauen. Irgendetwas ging hier schief! Nichts geschah, aber es musste doch etwas passieren! Hatte sie etwas falsch gemacht? Nein, ganz sicher nicht. Nein, definitiv nicht! Oder etwa doch?
    Da ging ein Raunen durch die Menge. Als die Nornira die Augen wieder öffnete, die sich vor Angst zusammengepresst hatte, leuchteten die Blumen rund um den Tempel. Kleine, leuchtende Kugeln drangen aus ihnen hervor, schwebten leicht wie Glühwürmchen in der Luft in Richtung des Himmels. Der Tanz der Lichter war das Zeichen, worauf sie gewartet hatten. Das Mädchen atmete erleichtert aus.
    „Xerneas, wir danken dir! Lasst uns zum Zeichen unserer Freude bis in die Nacht tanzen, so wie es schon unsere Urväter taten! Ehrwürdige Verdandi, Nymphe und Dienerin der Königin, zeig uns mit deinem Gefolge die Schönheit und den Willen unsere Wächterin!“, ließ der Alte verlauten.
    Die Musiker drehten sich zu einander um, einer hob den Arm und signalisierte das Zeichen, auf das sie wieder zu Spielen begannen. Das Mädchen senkte als Zeichen an den Alten kurz ihren Kopf und schritt dann zu ihrer Stelle im Kreis. Als sie den Arm hob und die erste Drehung vollführte, folgten ihr die anderen Mädchen. Leichtfüßig und elegant tanzten sie rund um den Schrein, dessen Blüten nun ebenfalls majestätisch leuchteten.
    Sie tanzten und tanzten uns tanzten, immer im Kreis rund um den Turm herum, bis die Lichter in den Himmel aufgestiegen waren und der schwarze Samt von hellem Sonnenlicht beleuchtet wurde.
    Xerneas gewährte ihnen auch in diesem Jahr wieder ihren Schutz. [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]Gewinner des 4. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Reizwortgeschichte
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz]
    [subtab=Kardia]
    Lena


    »Hannah?«
    Ich öffne die Augen und mein Blick fällt auf den strahlend blauen Himmel über mir; kleine Fetzen verwaschener Wolken treiben auf dem klaren Blau dahin, und die Strahlen der Sonne sind von solch einer Intensität, dass ich automatisch den Arm heben, um das gleißende Licht davon abzuhalten, mir vollends die Sicht zu nehmen.
    »Hannah?«
    Ich drehe leicht den Kopf, den Arm noch immer über meinem Gesicht erhoben, und werfe einen Blick auf Lena. Sofort verspüre ich die mir so vertrauten Gefühle von Ruhe und Stille, Wärme und Melancholie, die mich immer bei ihrem Anblick überkommen. Ihre dunklen Haare leuchten sanft im strahlenden Licht der Sonne, und die elfenbeinfarbene Farbe ihrer Haut verleiht ihr etwas überirdisch Ätherisches, das mich seltsam berührt.
    »Hannah?«
    Ich blinzele mehrmals, so geblendet bin ich von ihrer Gestalt und von dem Licht, das von ihr auszugehen scheint. Ihre Augen, unergründlich braun und von goldenen Sprenkeln durchzogen, blicken mich aus ihren Tiefen schelmisch und wissend zugleich an. Es ist ein Blick voller Trauer und Einsamkeit. Ein Blick, der mir sagt, dass sie mehr weiß von dieser Welt, als es zu wissen geben sollte.
    »Hannah?«
    Ich schließe für einen Moment die Augen, versinke in Dunkelheit, und als ich sie wieder öffne, ist Lena verschwunden, und nur noch der frische Duft von Mango und Vanille, frischen Kräutern und morgendlichem Tau liegt in der Luft.


    »Hannah?«
    »Ja, Lena?«
    »Was würdest du machen, wenn ich eines Tages nicht mehr da bin?«


    »Wir unterbrechen die Nachrichten für eine Kurzmeldung. Wie soeben bekannt wurde, hat der gestrige Vulkanausbruch im Süden Italiens weniger Schaden angerichtet, als zunächst angenommen wurde. Die naheliegenden Dörfer weisen eine unerwartet geringe Zerstörung auf, allerdings konnte bislang keiner der Vermissten, unter denen sich auch eine Deutsche befindet, gefunden werden.«


    »Hast du schon die Legende von der siebten Welle gehört?«
    Ich liege neben Lena im warmen, duftenden Gras und blicke in den von Wolken durchzogenen und doch herrlich blauen Sommerhimmel. Eine leichte Brise trägt den Geruch reifer Früchte zu uns heran, und wie ich so in die Endlosigkeit über mir schaue, erkenne ich wieder einmal, wie klein ich doch bin im Vergleich mit dem Rest der Welt, wie klein im Gegensatz zum gesamten Universum.
    »Natürlich. Du vergisst, dass wir beide das Buch gelesen haben.«
    Ich wage es nicht, einen Blick in Lenas Richtung zu werfen, aus Angst, wieder das verheißungsvolle, mitreißende Funkeln in ihren Augen zu sehen, das immer dann erstrahlt, wenn sie eine ihre Geschichten erzählt. Ich will mich nicht schon wieder den Hirngespinsten hingeben, jenen wolkenverhangenen, düsterwarmen Fantasien, die mir das Herz schwer werden lassen vor Melancholie.
    »Aber kennst du auch schon die Legende von der siebten Wolke?«
    Ohne es verhindern zu können, zuckt mein linker Mundwinkel verräterisch nach oben, und ob ich es will oder nicht, lasse ich mich doch wieder mitreißen. Meine Gedanken beginnen automatisch zu kreisen, sich in die Höhe zu schrauben und nach Antworten auf unbekannte Fragen zu suchen, in dem Wissen, sie niemals finden zu können.


    »Auf sechs Wolken folgt immer eine siebte, auf Regen immer Sonnenschein. Sieben Wellen, sieben Wolken. So groß kann der Unterschied nicht sein; und wenn man nur ganz genau schaut und aufmerksam beobachtet, wird sie einem auffallen, die siebte Wolke. Sie ist anders in Farbe und Form, anders im Geruch, sie vermag zu heilen oder zu zerstören; aber nur, wenn man auf der Suche nach ihr ist, wird man die siebte Wolke auch finden können.«


    »Hannah?«
    Du musst mir etwas versprechen.
    Wenn die Zeit gekommen ist, musst du loslassen.«


    Liebe Hannah,
    wenn du jemals diese Worte lesen solltest, so kann das zwei Gründe haben: Entweder sitze ich gerade neben dir oder dir gegenüber, die Wangen gerötet vor unterdrückter, aber nicht gänzlich zu bezwingender Scham, die Hände gefaltet, die Lippen aufeinander gepresst, im sicheren Wissen, es dieses eine Mal tatsächlich übertrieben zu haben, nur dieses eine Mal, und im Wissen, dass du dieses eine Mal nicht lachen, nicht weinen, einfach gar nichts machen wirst außer lesen und lesen und lesen und lesen und mich am Ende vielleicht hassen oder nicht, das läge dann ganz bei dir.
    Die andere Möglichkeit ist diese: Dass ich nicht mehr da bin. Und dann wird dieser Brief irgendwie zu dir gelangen, aber da ich bezweifle, dass dieser Schritt durch mich geschehen wird, muss ich mich, während ich diese Worte schreibe und weiß, dass du sie eines Tages lesen wirst, bei dir entschuldigen, um Verzeihung bitten und zugleich hoffen, dass du mich nicht gänzlich hassen wirst, egal was geschehen ist oder noch geschehen wird. Und doch wirst du mich verachten, das weiß ich, irgendwo in den Tiefen meines Herzens, denn du wirst nicht verstehen und du kannst nicht verstehen, was der Grund dafür ist, dass du diesen Brief erhalten hast; aber gleichzeitig wirst du verstehen müssen, dass du es niemals erfahren wirst und niemals erfahren kannst, dass die Wahrheit dir auf ewig verschlossen bleiben wird und dass es nichts gibt, was die Dunkelheit in deinem Herzen lichten und vertreiben kann.
    Ich kann dir nicht sagen, warum ich nicht mehr da bin, auch wenn ich es wollte; ich weiß es genauso wenig wie du. Ich kann dir nur sagen, dass ich die Zeit mit dir so sehr genossen habe wie sonst nichts auf dieser Welt. Du warst mein Engel, der mich in den Himmel hob und doch auf der Erde hielt, sodass die siebte Wolke mich lange Zeit nicht finden konnte.
    Ich kann dir nicht verbieten, Trauer zu empfinden, auch wenn es ein natürliches Gefühl ist, das ich allerdings nie ganz verstanden habe und wahrscheinlich auch niemals verstehen würde, und selbst wenn man mir den Sinn und die Biologie und die Psychologie dahinter erklären würde, täte ich mich vermutlich schwer daran, es vollends begreifen zu können, weil es für mich einfach nicht greifbar ist und es niemals sein kann. Ich verspüre keine Trauer, habe nie auch nur eine Träne geweint oder Reue für jemanden empfunden, ich kann mir nur vorstellen, wie es sich anfühlt, und dieser Schmerz, dieses Abbild der realen Pein, die du empfinden musst, wenn ich nicht mehr bin, ist so schrecklich, dass ich dir diesen Brief schreiben muss, aus Angst, du könntest an den Qualen zugrunde gehen und eines schrecklichen Todes daran sterben.
    Liebe Hannah, ich bereue nichts, nicht einen einzigen Tag, denn dieser Sommer mit dir, diese Monate des Glücks und des Friedens, waren die schönsten meines Lebens und haben mich so erfüllt, wie ich es mir niemals hätte träumen lassen. Aber so wie ein schöner Traum irgendwann einmal zu Ende geht, so endet auch dieser Sommer, und auch wenn ich gerne bei dir bleiben würde, muss ich doch gehen, muss weiterziehen im endlosen Kreislauf der Zeit und Vergänglichkeit. Aber ich werde niemals vergessen; und sollten wir uns eines Tages wiedersehen, so werde ich mich an diese Momente zurückerinnern, an das warme, schützende Band der Freundschaft zwischen uns, das wir in so kurzer Zeit gesponnen haben, und ich werde dich anlächeln und dich fragen: Glaubst du an Wunder?
    Ich glaube an Wunder, so wie ich an die siebte Wolke zu glauben begonnen habe. Und ich hoffe, dass ich auf ewig irgendwo in deinem Herzen verwahrt bin, und dass du mich nicht vergessen wirst. Denn ich möchte nicht vergessen werden.
    In Liebe,
    Lena


    »Hannah?«
    Ich lege den federleichten Brief aus der Hand und mein Blick sucht die Wolken ab, sucht nach der einen, besonderen, nach meiner Wolke Sieben. Jener, die heilen oder zerstören kann. Aber ich finde sie nicht.
    »Hannah?«
    Seit Lenas Beerdigung ist inzwischen fast ein Jahr vergangen, und obwohl ich versprochen habe, loszulassen, gelingt es mir nicht, keine Trauer zu empfinden, wenn ich an sie denke. Noch immer wache ich nachts auf, schreiend und weinend, und suche Trost in den Tiefen meiner Kissen, aus Angst, meine Eltern könnten mich hören und sich um mich sorgen.
    »Hannah?«
    Ganz egal, wo ich hingehe, ich höre und ich sehe und ich rieche Lena noch immer. In den Wintermonaten war ihre Anwesenheit zwar weniger präsent, konnte ich ihren Geruch nach frischen Kräutern und morgendlichem Tau nur selten wahrnehmen, wurde er vom beißenden Gestank nach Zimt und Mandarinen überlagert. Aber seit die kalten, dunklen Monate vergangen sind, ist mir, als wäre sie wieder überall, in den Wäldern, auf den Wiesen, im taufeuchten Gras und in den Kehlen der singenden Vögel. Ich höre ihre Stimme, rieche den Sommer, spüre ihre perlendes Lachen und fühle jene tiefe Melancholie, die nur sie mir geben konnte.
    »Hannah?«
    Mein Blick ist noch immer auf die schneeweißen Wolken über mir gerichtet, und in meiner Nase vermischen sich die Gerüche von frisch gemähtem Gras, reifen Früchten, Mango und Vanille, jenen Düften, die für mich auf ewig zum Sommer geworden sind. Meine Augen suchen noch immer den Himmel nach ihr ab, nach jener siebten Wolke; und da sehe ich sie. Und während sich die Erinnerungen an Lena tiefer in mein Herz hinein graben und ihre Spuren hinterlassen, während meine Kehle schmerzt und mir salzige Tränen über die Wangen laufen, weiß ich es:
    Ich werde sie wiedersehen.


    »Hannah?
    Ich werde immer bei dir sein.«
    [tab=2. Platz]
    [subtab=Pika!]
    Des Frühlings letzter Tag


    Tomoko unterbrach ihre Bemühungen, Pflaumenblätter und Fichtennadeln zusammenzukehren, und stützte sich auf den Besenstiel. Wie alle Priesterdienerinnen war sie mit der Aufgabe betreut, den mitten im Wald gelegenen Zeremonienplatz für das in wenigen Stunden stattfindende Abendritual vorzubereiten. Kein noch so winziger Zweig durfte die dafür benötigte Perfektion zunichtemachen. Der Wind rauschte sanft durch die Baumwipfel, die gesprenkelt waren vom mangofarbenen Licht des anbrechenden Sonnenuntergangs, und brachte das Gezeter liebestoller Zikaden mit, vermischt mit dem melancholischen Gesang einer Nachtigall.
    Beiläufig deutete Tomoko zum rot lackierten Torbogen, durch den die Abendsonne hereinschien. „Das ist das Torii“, erklärte sie Eleanor, die gelangweilt bei ihr stand und bei der Arbeit zusah. „Durch dieses betritt man den Platz, über den man zum Omiya gelangt.“ Jetzt zeigte sie zu dem kleinen Holzhäuschen. „Das bedeutet Schrein.“
    „Das übersetzt man doch mit Tempel“, warf Eleanor bestimmt ein.
    Auch wenn es sie ärgerte, dass die Amerikanerin diesen wichtigen Unterschied nicht kannte, aber trotzdem so von ihrem unzureichenden Wissen überzeugt war, winkte Tomoko höflich ab und berichtigte: „Tempel sind immer einem Buddha geweiht. Schreine hingegen gehören zum Shinto.“
    Darauf zuckte Eleanor nur desinteressiert die Schultern.
    Tomoko nahm ihre Aufgabe wieder auf und fuhr mit dem Besen über den Boden. „Unser Oberpriester wird Shinshoku genannt; ich bin eine Miko, eine Schreinjungfrau.“
    Hier horchte die Amerikanerin plötzlich auf. „Ihr müsst wirklich alle Jungfrauen sein?“, wollte sie genauer wissen. Als ihr Gegenüber bejahte, fuhr sie fort: „Wie alt bist du? Neunzehn? Ich könnte mir kaum vorstellen, mit neunzehn noch Jungfrau zu sein – und ich bin siebzehn!“ Sie lachte fröhlich, streifte ihre Langeweile ab und vollführte ein heiteres Tänzchen. Tomokos sorgfältig zusammengekehrtes Häufchen Pflanzenreste wirbelte auf. Das Aroma von Vanille kitzelte ihre Nase –ein Geruch, den die Amerikaner mitgebracht hatten.
    Mit ihrer Keuschheit hatte Tomoko kein Problem. Sie lebte von und für ihren Dienst am Schrein. Das hätten auch die anderen kehrenden Miko so gedacht, wenn sie Eleanor verstanden hätten. Außerdem erreichte Tomoko bald ihren zweiten Zehner und war dann für eine Schreinjungfrau zu alt.
    „Da bin ich mit meinem Robert viel besser dran“, schwärmte Eleanor verliebt wie eine Zikade. In letzter Zeit sprach sie nur noch von ihm. Irgendwie schienen bei den Amerikanern die Eltern nicht zu entscheiden, wen ihre Kinder heirateten; doch als Tochter des amerikanischen Kolonialbotschafters passte der Offizier Robert wie bestellt zu Eleanor.
    Tomoko, die dienstälteste Miko des örtlichen Schreins, hatte vor Jahren Englisch erlernen müssen und war jetzt damit gebeutelt, der sturen jungen Frau ihre Kultur zu lehren. Es war keine gewollte Freundschaft zwischen ihnen, sondern eine rein pflichtorientierte. Wie alle Ausländer mochte Tomoko Eleanor nicht, sondern akzeptierte ihre Anwesenheit. Nachdem sie sie lange Zeit mit dem Familiennamen angesprochen, hatte sie ihr das vertraute Eri-chan angeboten. Doch Eleanor hatte sie dreist mit Ellie korrigiert. Jetzt rief Tomoko sie bei keinem Namen, wenn sie den Kosenamen nicht zu schätzen wusste. Der unsensiblen Amerikanerin war das bis heute nicht aufgefallen.
    „Robert macht mich wirklich glücklich!“, flötete Eleanor. „Ich fühle mich wie auf Wolke Sieben!“
    Bei dieser Aussage stutzte Tomoko und fragte nun ihrerseits: „Was denn für eine Wolke?“ Sie schaute hinauf zum Himmel – da schwebte keine einzige.
    Ob der Ratlosigkeit ihrer Privatlehrerin lachte Eleanor, dass es im Wald widerhallte. Seine Sänger und Musikanten verstummten augenblicklich. Nur die Zikaden nahmen zögerlich ihr schmetterndes Lied wieder auf, die Nachtigall hingegen hinterließ eine drückende, hörbare Stille. „Das sagt man doch nur so! Das bedeutet, ich fühle mich, als könnte ich fliegen.“
    Auch damit konnte die Miko nichts anfangen. Doch anstatt nachzuhaken, ging sie weiter ihrer aufklärerischen Pflicht nach: „Zu jeder Jahreszeit, also alle drei Monate – nach dem Mondkalender – bringen wir dem Fuji Opfergaben dar.“ Jetzt zeigte sie auf den wichtigsten Berg ihres Heimatlandes, dessen schneebedeckter Gipfel hinter den Bäumen aufragte, im Abendlicht wie aus Gold gegossen leuchtend. „Eine für jeden kommenden Tag. Damit er nicht ausbricht und uns das Glück gewogen bleibt.“
    Eleanor nickte abwesend und rauschte an Tomoko vorbei zu den drei hohen, halbkreisförmigen Steinstufen hinter dem Omiya, auf denen die Opfergaben aufgereiht lagen. Wieder umströmte die Miko Vanillegeruch, der den würzig-rußigen Duft der Räucherstäbchen vor dem Schrein überdeckte.
    Ihr ging durch den Kopf, wie die Amerikaner genauso ihre Kultur zu verdrängen versuchten: Sie brachten neue Gedanken und Elektrizität, Schusswaffen, Eisenbahnen – Geräte und Maschinen, die mit ihrem Krach die friedliche Ruhe des Landes der Aufgehenden Sonne störten. Auch ihre Sprache war laut. Tomoko sprach so leise Englisch, wie sie zu sprechen gewohnt war. Vielleicht jedoch musste Englisch laut gesprochen werden, und sie damit etwas an ihrem Ausdruck verändern.
    „Für den diesjährigen Sommer werden einundneunzig Mangos geopfert“, fuhr sie fort. „Heute Morgen hat der Shinshoku in jede eines der kommenden Daten eingeritzt. Heute Abend werden sie zeremoniell verbrannt.“
    Sie hatte Eleanor beim Putzen den Rücken zugewandt und hörte sie daher nur fragen: „Diese siebte von rechts ganz unten ... Hier in Japan habt ihr doch für jeden Tag ein Fest. Für welches steht diese Mango?“
    „Es heißt Nihon“, flüsterte Tomoko zutiefst beleidigt. Japan war die Übersetzung einer chinesischen Verballhornung des Namens ihres schönen Landes. Kein Wunder, dass die Amerikaner sie benutzten. Amerikaner sprachen aus, was sie dachten, ohne darüber nachzudenken. Darüber hinaus fand sie es unerhört, dass Eleanor nicht einmal die einfachsten Kanji lesen konnte, in einem Land, in dem ihr Vater Botschafter war – während Leute wie Tomoko dazu genötigt wurden, in ihrer Heimat die Sprache von Ausländern zu erlernen.
    „Das ist der siebte Tag des siebten Monats“, erklärte sie widerwillig, „Tanabata, das Fest der Liebenden.“
    „Wahnsinn!“, kommentierte Eleanor begeistert. „Drei Siebener, zusammen mit meiner Wolke Sieben und dem Fest der Liebenden. Da kann ja nichts schiefgehen!“
    Tomoko überlegte, ob die junge Frau vorhatte, an Tanabata mit Robert auszugehen, obwohl es ihr seltsam anmutete, dass sie sich etwas aus diesen Omen bildete. Wieder pausierte ihr Besen, und sie drehte sich zu Eleanor um. Diese hockte auf der unteren Steintreppe und kaute genüsslich auf beiden Backen. In der Hand hielt sie die Mango des Siebten Sommertages, ein großes Stück aus dem sonnenuntergangsfarbenen Fruchtfleisch gebissen.
    Tomoko erschrak derart, dass sie den Besen fallen ließ, der hölzern klappernd auf dem Fliesenboden aufkam. Das Geräusch machte die anderen kehrenden Miko auf die beiden aufmerksam. Als sie die Fremdländerin bei ihrem frevlerischen Mahl erblickten, schlugen sie wie eine Person die Hand vor den Mund.
    Eleanor biss ein zweites – vielleicht drittes – Mal von der geopferten Frucht ab und bemerkte erst dann die stumme Empörung der Mädchen. „Was ist?“, fragte sie sorglos.
    „Das ... das ...“, stammelte Tomoko ungläubig und hob hilflos die Hand in ihre Richtung. „Das ist eine geheiligte Opfergabe. Du kannst sie doch nicht einfach essen!“
    Verwundert hob die Amerikanerin die Augenbrauen. „Ist das denn so schlimm? Da sind doch noch neunzig andere. Gerade genug. Die sollen doch sowieso alle verbrannt werden.“
    Diese absolute Ignoranz ließ Tomoko sprachlos zurück. Hinter ihr fingen die jüngeren Miko in zischendem Nihongo zu flüstern an:
    „Wenn der Fuji diese Mango nicht bekommt, wird er in sieben Tagen ausbrechen. Das bedeutet unser aller Tod!“
    „Einen Ersatz können wir nicht bringen. Es sei denn, sie wird geopfert.“
    „Niemals! Der Shinshoku erlaubt keine Menschenopfer. Aber um dem Fuji zu beweisen, dass wir auf seiner Seite sind …“
    Eleanor lenkte Tomoko von ihnen ab: „Was tuscheln die da?“
    Tomoko, die noch nie so erleichtert gewesen war, dass die anderen Miko und die Amerikanerin über keine gemeinsame Sprache verfügten, schwieg verbissen. So etwas durfte man über die Tochter des Botschafters nicht sagen. Eines der Mädchen löste sich von der Gruppe und lief durch das Torii den Hügel hinab zur Stadt. „Sie sagt dem Shinshoku, was geschehen ist“, redete sie sich heraus. „Wahrscheinlich müssen die Bewohner evakuiert werden.“
    „Was, wegen dieser einen Mango?“, blaffte Eleanor, sprang auf und warf den Rest der Frucht unbedarft von sich. Durch die Priesterdienerinnern lief ein geschocktes Raunen.
    „Diese Opfergaben sind für uns von unschätzbarer Bedeutung“, konterte Tomoko verzweifelt. Diese Frau wollte einfach nichts begreifen! „Ohne sie wird der Fuji ausbrechen und uns alle verbrennen.“
    Eleanor stieß ein abfälliges Lachen aus und fuchtelte zum Fuji hinüber. „Dieser Berg schläft! Seit Jahrtausenden hat es keinen Vulkanausbruch mehr gegeben, und das liegt bestimmt nicht an euren heidnischen Ritualen!“
    Tomoko zitterte vor mühsam zurückgehaltener Wut. Sie durfte ihrem Zorn nicht schreiend Luft machen – das war allein Art der Amerikaner. „Geh“, sagte sie dunkel. Noch nie hatte sie jemanden weggeschickt, die Gastfreundlichkeit verbot es ihr. Selbst Ausländern war es erlaubt, den Schrein zu besuchen. Aber diese Beleidigung war zu viel.
    Die hellblauen Augen der Amerikanerin blitzten wie Eis. „Elendes, abergläubisches Pack!“, spuckte sie, und auch wenn die Miko kein Englisch verstanden, so reichte Eleanors verächtlicher Tonfall über alle Sprachbarrieren hinweg. Sie wirbelte herum, stolzierte davon, eine Spur ätzender Vanille zurücklassend.
    Tomoko sah ihr auf ihrem Weg zur Stadt runter nach, während die Mädchen die angebissene Mango vorsichtig aufhoben und zu diskutieren begannen, was sie damit tun sollten. Die Nachricht von Eleanors Frevel würde sich schneller in der Stadt ausbreiten als ein Gebäudebrand. Gewiss kamen auch noch andere auf die Idee, die Sünderin anstelle der Mango zu opfern.
    Ihre verhasste Freundin hatte nicht mehr lange zu leben ...
    [tab=3. Platz]
    [subtab=Paya]
    Engel der Einsamkeit


    Jeden Augenblick seines unsterblichen Lebens war Cassiel getaucht in ein Meer aus schreiender Einsamkeit und alles verzehrender Trauer. Er erwachte aus tranceartigen Zuständen, all das neue Leid der vergangenen Minuten auf seinen Schultern aufgebürdet und spürte für einen sehr kurzen Moment, wie es auf ihn überging und ihm einen Eindruck menschlicher Emotionen verlieh. Plötzlich fühlte er sich allein. Nur für eine nicht beendete Sekunde lag dieser Schleier der Einsamkeit vor seinen Augen und spielte Cassiel vor, er besäße vielleicht doch so etwas wie eine Seele. Doch das größte Geschenk göttlicher Güte war keinem Engel, keinem Cherubim oder Seraphim vergönnt. Selbst dann nicht, wenn man sich wie er sowohl Erzengel als auch Prinzregent des siebten Himmels nennen konnte. Welch seltsam menschliche Regungen und Gedankengänge waren das, die immer mehr Besitz von ihm zu ergreifen schienen! Er hatte diese ungewollte Veränderung wohl selbst heraufbeschworen, als er sich auf dieses Mädchen eingelassen hatte.


    Ihre Bitte war eines Tages urplötzlich in seinem Geist erklungen, kreischend aufdringlich wie das Geräusch einer über eine Tafel kratzende Kreide. Nie war ihm ein solcher Tonfall untergekommen und er hatte gar nicht anders gekonnt, als seine ganze Aufmerksamkeit diesem einen, ungehörigen Gebet zuzuwenden. So hatte Cassiel gar seinen Geist an jenen Ort gesandt, von dem aus die Stimme in den Kosmos drang, um zu sehen was für ein Mensch es sein mochte, der eine so anmaßende Bitte hervorbrachte. Es hatte ihn kaum überrascht, als er ein Kind entdeckt hatte. Das Mädchen stand auf dem Hügel einer Insel, schleckte wie wild an einem Eis mit dem feinen Geschmack von Vanille und blickte in die unendlichen Weiten des Himmels hinauf.
    „Da steht’s!“, rief sie mit forderndem Tonfall und deutete mit der freien Hand auf ein aufgeschlagenes Buch, das zu ihren Füßen im saftigen, grünen Gras lag, „“Cassiel, Engel der Einsamen und Traurigen.“ Das heißt, du bist für mich zuständig! Ich habe keine Lust mehr einsam zu sein!“
    In kindlicher Manier abgelenkt schwieg sie daraufhin einen ganzen Moment, während sie mit offenem Mund auf das offene Buch starrte und die Zeichnung des mächtigen Engels betrachtete, die Cassiel selbst darstellen sollte. Erst als ein Windstoß die langen, braunen Haare des Mädchens erfasste und in ihr Gesicht wehte, während er gleichsam die aufgeschlagene Seite umblätterte, entsann sie sich wieder ihres Gebetes. Wenn man es denn so nennen konnte.
    „Wenn du also so toll und lieb bist, dann komm hier runter und sei mein Freund! Du sollst mein Freund sein und mit mir spielen. Jetzt!“
    Sie stampfte auf, plötzlich tatsächlich wütend. Cassiel war erstaunt von ihrer respektlosen Forderung. Was für eine seltsame Art, zu beten. Fast schon empfand er es als tragisch, dass sie die Worte des Buches missverstand. Er war der Engel der Einsamen und Traurigen, denn er brachte den Menschen ebendiese Gefühle. Es gab keine Heilung davon, außer Glück und Gemeinschaft. Die Menschen erfuhren nur wirklich was Freude bedeutete, wenn sie schon einmal Trauer gespürt hatten. Nur wer allein gewesen und darunter gelitten hatte, konnte die Anwesenheit anderer wirklich wertschätzen. Einsamkeit und Trauer waren Cassiels Aufgabe und gleichsam sein Geschenk an die von ihm geliebten und vergötterten Geschöpfe. Er heilte sie nicht davon. So würde er auch dieses Mädchen nicht heilen.
    Ihre Tapferkeit war dahingeschmolzen wie das süße Eis in ihrer Hand. Tränen rannen aus ihren Augen und wild schreiend schlug sie auf das Buch ein, als keine Reaktion auf ihre Bitte erfolgte. Das Schicksal meinte es tatsächlich nicht gut mit ihr. Sie hatte ihre geliebte Mutter vor einigen Monaten an eine Krankheit verloren, ihren Vater nie gekannt und selbst ohne gottgegebene Kräfte hätte Cassiel anhand des zerfetzten Lumpens den sie trug ausmachen können, dass sie seitdem auf der Straße lebte. Das Eis war gestohlen, einem anderen Kind aus der Hand gerissen. Sie weinte und jammerte herzzerreißend. Doch Cassiel konnte ihr nicht helfen.


    So hatte er sie zurückgelassen, von da an verfolgt von ihren tagtäglichen Gebeten und Anschuldigungen, von ihrem Zorn und ihrer Trauer. Schnell war ihm klar geworden, dass es unüberlegt gewesen war, sich ihr Antlitz vor Augen zu führen. Nun stand er ihr zu nah. So beging Cassiel wenig später, nicht in der Lage sich gegen diese für ihn vollkommen untypische Handlung zu wehren, einen noch viel größeren Fehler: Er erfüllte des Mädchens Wunsch.
    In der Gestalt eines Jungendlichen hatte er sich auf die kleine Insel begeben. Als er sie dort traf, hatte sie gerade eine Mango aus dem kleinen Angebot eines Händlers auf dem Markt stibitzt und sich auf den Hügel zurück gezogen, auf dem sie weiterhin zu beten pflegte. Zu seinem Erstaunen war sie nicht vorsichtig gewesen, als er sich ihr genähert hatte, sondern hatte offen mit dem ihr fremden Jungen, der nach eigenen Aussagen nur für einen Urlaub auf der Insel untergekommen war, geredet. Zwischendurch gab sie ihm gar ein wenig der gestohlenen Mango, die sie gierig verspeiste. Er aß nichts. Engel essen nichts. Doch sie schien es ihm nicht übel zu nehmen und zeigte ihm noch am ersten Tag eines der von ihr lautstark angepriesenen Verstecke, das sich als eine einfache, längst vergessene und vermoderte Hütte herausstellte.
    Sie erzählte ihm seitdem viel von Engeln, Cherubinen und Seraphinen, von dem Thron der Herrlichkeit der, wie sie heraus gefunden habe, auf Wolke Sieben residiere. Sie erklärte ihm lachend, dass es eigentlich siebter Himmel hieße, aber dass dies wohl der falsche Ausdruck uninspirierter Erwachsener sei. Schließlich meine man doch wenn man sage, man fühle sich wie auf Wolke Sieben eigentlich, dass man sich fühle als spaziere man durch den siebten Himmel.
    Sie sprach von Luzifer, Gabriel und Michael. Cassiel erwähnte sie mit keinem Wort.
    Sie lachte viel, tanzte viel, redete viel. Cassiel öffnete kaum seinen Mund, beobachtete nur dann und wann lächelnd ihre wachsende Freude. Immer wieder kehrte er auf die Erde zurück und pflegte die Freundschaft zu dem jungen Mädchen, verbrachte Stunden mit ihr und ihren kindlichen Ideen und mahnte sie, nichts mehr zu stehlen. Sie nahm es sich nicht zu Herzen.
    Doch mit jedem vergehenden Tag wurde Cassiel klarer, dass er dies nicht aufrecht erhalten durfte. Eine Freundschaft zwischen Engel und Mensch konnte nicht für die Ewigkeit sein und mit seinem Eingreifen erschwerte er dem Mädchen, wirkliche Freunde zu finden. Zu sehr klammerte sie an ihm, zu strahlend war ihr Lächeln, wenn sie ihn sah. Doch noch bevor er sich endlich dazu entschließen konnte, dem Urlaub seines anderen Ichs auf der Erde ein Ende zu setzen, forderte die Natur ihren Tribut.
    Die Menschen der kleinen Insel mussten ihre Häuser verlassen, nachdem der auf ihr befindliche Vulkan bedenklich zu grollen begonnen hatte. Fast verspürte Cassiel so etwas wie Erleichterung. In einem anderen Land würde man dem armen Weisenmädchen Asyl bieten und ihr möglicherweise ein besseres Leben ermöglichen. Zugleich musste er sich nicht von ihr verabschieden, denn die Flucht von der Insel war hektisch und chaotisch. Niemand wusste genau, wann es zu dem Vulkanausbruch kommen würde, so suchte man so schnell es irgend möglich war das Weite.
    An diesem Tag kehrte Cassiel das erste Mal seid Wochen nicht auf die Insel zurück. Ohne zu wissen warum, zog es den Engel jedoch wenige Nächte später ein letztes Mal hinauf auf den Hügel, auf dem er sich so oft mit dem Mädchen getroffen hatte. Mit seiner menschlichen, kleinen Freundin.
    Das Lächeln auf seinem Gesicht verschwand so schnell, wie es gekommen war, als er sein Ziel erreichte und sie dort sitzen sah, die Beine angewinkelt, ein Vanilleeis in der rechten Hand, eine Mango neben dem Buch zu ihren Füßen liegend. Sie blickte zu dem nicht allzu weit entfernten Vulkan hinüber und leckte gedankenverloren an dem Eis.
    Cassiel vergaß plötzlich seine angeborene Ruhe und hetzte zu ihr hinüber, noch im Rennen brüllend: „Was tust du noch hier? Du solltest längst fort sein!“
    „Ich mag gar keine Vanille“, sagte sie ruhig während sie mit der linken Hand nach der Mango griff und sie empor hob, ohne ihn anzusehen „und die mag ich auch nicht. Ich war nur so hungrig. Aber jetzt mag ich sie. Vanille und Mango schmecken nach dir.“
    Der Engel schüttelte den Kopf. Was redete dieser törichte Mensch denn nur da?
    „Warum bist du noch hier?“, fragte er ein weiteres Mal und fasste sie dabei an den Schultern.
    „Du dachtest, ich wäre dumm. Aber das bin ich nicht. Ich wusste sofort, wer du bist und dass das Buch recht hatte. Deshalb weiß ich jetzt auch, dass es stimmt, dass du entscheidest, wer auf Wolke Sieben kommt. Weil das doch auch in dem Buch steht“, erklärte sie mit solch kindlicher Überzeugung in der Stimme, dass ihn fröstelte.
    Ungläubig schüttelte Cassiel den Kopf. Stets war er der stille Beobachter gewesen. Warum nur hatte er seine Prinzipien gerade für dieses unschuldige Mädchen über den Haufen geworfen? In diesem Augenblick erschien sie ihm mehr wie ein naives, gutgläubiges Kind, als jemals zuvor.
    Nicht bereit, die Konsequenz die sie gezogen hatte zu akzeptieren und in der närrischen Hoffnung, sie vielleicht doch falsch verstanden zu haben flüsterte er ein letztes Mal: „Warum bist du noch hier?“
    Sie lächelte.
    „Weil ich mit dir komme.“
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  • [tabmenu][tab=Information]
    Gewinner des 5. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Pokémon unter sich
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab='1. Platz']
    [subtab='Cáithlyn']Einer dieser Tage



    Ich schwebte, tief versunken in endloser Dunkelheit. Meine spitz zulaufenden Ohren zuckten bei dem kleinsten Geräusch. Obwohl ich nichts sehen konnte, spürte ich, dass Herzen um mich herum pochten, wie sie sich aufeinander und wieder zusammenzogen. Eine leichte Melodie des Lebens, die so sanft an meine Ohren drang.
    Es war einer dieser Tage, der wunderbar begann… und schrecklich endete. Das wusste ich längst.


    Meine Krallen zuckten, als ich dieses Klacken hörte. Schritte in weiter Dunkelheit, das Rascheln von Stoff und leises Atmen, dann hörte ich ein nahes Husten. Es war also wieder so weit.
    Still verharrte ich in meiner eigenen, kleinen Welt aus Schwarz und nichts als Schwarz. Ich fühlte keinen Boden unter meinen Pfoten und nichts, dass mich bedrängte.
    Und trotzdem war ich gefangen. Auch wenn es keine Fesseln gab.


    Immer mehr Pokemonrufe drangen auf meine Ohren ein, die ich schnell wegdrehte. Es war so laut, so fürchterlich laut, als würde ich einen Wasserfall herunter gespült werden. Der Lärm schlug auf meinen Kopf ein, der pochte und alle anderen Gedanken verscheuchte.
    Ruhe!, schrie mein Innerstes. Ruhe! Seid endlich ruhig! Aber sie hörten nicht auf, nein. Mit jeder Sekunde, mit jedem weiteren Klicken gesellten sich Stimmen dazu, die alle durcheinander redeten. Mein Kopf drohte zu explodieren, als blendend weißes Licht grelle Funken vor meine Augen zauberten. Meine Sicht verschwamm und für einen Moment konnte ich gar nichts mehr spüren, die Stimmen verschwanden und machten dieser wundervollen Stille Platz, die mich in ihre sanfte Umarmung zog.
    Aber ich wusste, dass das nicht lange andauern würde. Und das tat es auch nicht.


    Mit einem lauten Krachen prasselten dutzende Empfindungen auf mich ein, die mich zu überwältigen drohten. Ich sah grelles, künstliches Licht, grüne Pflanzen und azurblaues Wasser in einem Becken, sah dutzende sich bewegende Körper in Groß und Klein. Ich spürte das schmerzhafte Pochen in meinem Kopf, den Wind auf meiner ledrigen, violetten Haut. Ich roch die Süße von gekochten Beeren, schmeckte Pollen und Staub in der Luft.
    Und ich hörte… Ich hörte, aber verstand nichts. Meine Ohren begannen augenblicklich zu schmerzen, als das Stimmgewirr auf mich einschlug.
    Ruhe!, schrie mein Innerstes gegen den Lärm an. Ich konnte nicht schreien. Mein ganzer Körper zitterte in wilder Panik. Weg hier! Weg von diesem Lärm! Weg, nur weg! Meine Muskeln spannten sich so stark an, dass es schmerzte, aber alles in mir schrie jetzt nur noch nach Flucht. Alles war taub und doch spürte ich den Schmerz in jeder Pore als ich vorpreschte und blindlings durch die Menge jagte, die Ohren eng an meinen Kopf gepresst um die Geräusche ein wenig fernzuhalten. In meinem Kopf rauschte es, die Sicht war getrübt von grellen Lichtblitzen.
    Während meiner Flucht krachte ich immer wieder in andere Pokemon hinein, die mir wütend hinterherriefen, aber ich konnte nur noch laufen. Das hier war ihre Schuld, nicht meine! Wenn sie nur still wären, dann wäre alles in Ordnung! Mehr wollte ich doch nicht!


    Ich hielt erst an als das helle Pfeifen in meinen Ohren das einzige Geräusch war, das ich noch hörte. Meine Beine hatten mich an den gleichen Ort geführt wie immer. Quadratische Kästchen in Schwarz und Weiß erstreckten sich vor mir, ich sah Pflanzen in großen runden Schalen. In einem Monstrum aus rotem Stoff in der Ecke des Raumes saß eine junge Frau mit Haaren, die die gleiche Farbe hatten wie das Fell eines Vulpix, tief versunken in ihrem „Buch“. So nannte sie es zumindest immer.
    Als ich genauer lauschte konnte ich auch ihr Herz hören. Es pochte langsam und gleichmäßig, immer im selben Takt. Meine verkrampften Muskeln verloren die Anspannung und meine Ohren richteten sich wieder auf. Nur noch dieses kleine Pfeifen und ihr Herzschlag. Ansonsten war da nur Stille. Herrlich.
    Als ich mich vorwärts schlich, meine Krallen auf den Fliesen kratzten, da fiel mein Blick auf das rechteckige Ding an der Wand, dass die Menschen mit „Kalenda“ betitelten. Das rote Kästchen rahmte eine Zahl ein, ein Strich und darauf folgend eine, die aussah wie zwei aufeinander gestapelte Sinelbeeren, die man in der Mitte geteilt und ausgehöhlt hatte, sodass nur noch die rechte Hälfte der Schale übrig war.
    Es war also tatsächlich einer dieser Tage. Ich hatte mich nicht geirrt. Meine Krallen kratzten nervös über den Boden.
    „Nidoran!“, stieß eine weibliche Stimme plötzlich aus. Die Frau stand hinter mir, die Pfoten in diese Rundung gestemmt, die bei ihr weiter herausragten als bei dem Professor. Ich zuckte ein wenig zusammen und wandte meine Ohren von ihr ab, als sie sich zu mir herunterbeugte und ihre Pfote über meinen Kopf strich. Sie murmelte dabei einige Worte, aber alles, was ich verstand, war „Trainer“.
    Ja, heute war wieder einer dieser Tage. Diese Zahl stand immer auf dem Kalenda, wenn der Professor uns früher aus unserem Gefängnis holte als sonst. Dann würden heute wohl mehr Menschen kommen, die wieder einen von uns aussuchen würden und dann mit ihm gehen würden.


    Damals, als ich noch jung gewesen war, hatte ich mich angestrengt, mich in den Vordergrund gedrängt und versucht, die Aufmerksamkeit der Menschen auf mich zu ziehen. Ich wollte eines der Pokemon sein, die mitgenommen wurden in diese weite, ferne Welt, von der vorbeiziehende Pokemon uns so oft erzählten.
    „Es ist unglaublich! Dort, wo ich herkomme, da ist alles voll mit Schnee!“, erzählte uns mal ein Schwalboss, dass stolz mit den Flügeln schlug.
    „Die Wälder sind groß und bunt!“, behauptete ein Menki.
    „Das da ist kein Meer!“, lachte ein Octillery und deutete auf den „Teich“, wie es das Wasser nannte.
    Je mehr ich von der Welt hörte, desto neugieriger wurde ich. Wie wundervoll musste es sein, frei umherstreifen zu können, diese Schönheit mit eigenen Augen zu sehen.
    Wie gerne wollte ich einmal in meinem Leben nur das Laub von großen Bäumen, das grüne Gras unter meinen Füßen spüren. Ich hätte damals alles dafür gegeben.


    Heute war das anders. Heute wollte ich nur meine Ruhe.
    Ich war niemals auch nur in die engere Auswahl gekommen. Ich war nichts Besonderes, ein einfaches Nidoran, dessen Horn nicht einmal so groß war wie das eines Artgenossen. Ich war nicht kräftig, konnte keine außergewöhnlichen Attacken. Die Menschlinge ließen ihren Blick über uns streifen, die wir um ihre Aufmerksamkeit bettelten. Immer wurde ein anderes mir vorgezogen. Eines, das niedlicher aussah oder stärker war.
    Und irgendwann gab ich schließlich auf. Trainer wollten mich nicht und ich wollte sie nicht. Ich brauchte niemanden an meiner Seite. Nur Ruhe, mehr nicht.
    Heute würde also wieder einer dieser Tage werden, an denen der Professor mich hochhob und auf diese glatte Oberfläche setzte. Wieder würde mich ein Mensch betrachten und wieder würde er diesen Gesichtsausdruck tragen, der bedeutete, dass ich nicht interessant genug war.
    Das war gut.
    Das war okay.
    Ich wollte nur meine Ruhe.


    Mein Körper ruhte in den Pfoten der Frau, diese drückte mich an ihre Brust, wo das Herz laut schlug. Ihre Schritte hallten auf dem glänzenden Boden wieder, sie redete mir zu, aber ich verstand nichts außer meinem Namen. Trotzdem entspannte ich mich. Was sollte denn auch groß passieren? Ich würde wieder ignoriert werden. Mein Herz pochte einmal laut und schmerzhaft, dann setzte sich wieder dieses Gefühl darüber. Wie ein schwarzer Schleier verhüllte es alles.
    Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken. Es war sinnlos.


    Neben mir auf dem Tisch hockte ein Myrapla, das die ganze Zeit vor sich hinplapperte, daneben schnarchte ein Mampfaxo. Beide kannte ich nur ein wenig, weil ich mich immer wieder versteckte. Sie waren mir alle samt viel zu laut. Auch jetzt pochte Myraplas Stimme in meinen Ohren, die ich schnell von ihr abwandte.
    Das große Rechteck gegenüber von uns öffnete sich, der Professor, ein Menschling mit grauem Haar, trat herein. Ihm folgte ein Junge. Meine Ohren zuckten kurz, dann drückte ich meinen ganzen Körper eng an mich. Der neue Trainer sah schon zu uns herüber als er auf uns zukam. Wie erwartet glitt sein Blick wieder sofort zu den anderen. Mein Herz pochte wieder kurz laut, als der Schleier sich kurz verzog. Wieder nicht.
    Ich schloss die Augen und legte die Ohren an. Was hatte ich erwartet? Es blieb doch immer bei selben. Keine Chance. Niemals. Ich war wertlos.
    Ich war schon tief in Gedanken versunken, als mich plötzlich etwas vom glatten, silbern glänzenden Boden hochhob. Erschrocken riss ich die Augen auf und strampelte wild um mich, bis ich realisierte, dass ich in der Pfote des Jungen lag. Verwirrt starrte ich ihn an. Er verzog den Mund und zeigte seine Zähne, was bei Menschen scheinbar eine andere Wirkung hatte als bei uns Pokemon. Mit diesem Gesichtsausdruck wandte er sich an den Professor und sprach einige Worte. Aber alles, was ich verstand, war mein Name.
    Ich verstand erst, als der Professor ihm eine rot weiße Kapsel überreichte und mir über den Kopf strich. Auch er lächelte mich an, dann wurde ich direkt vor das Gesicht des Jungen gehoben. Er sprach mit mir und streichelte mich.
    War das denn wirklich möglich? Wählte er tatsächlich mich?


    Ja. Heute war wieder einer dieser Tage. Aber dieser hier endete anders. Endlich.


    [tab='2. Platz']
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    Einsamkeit. Verzweiflung. Hoffnung. Freude. Angst. Furcht. Enttäuschung. Wut. Rage. Trauer. Einsamkeit.


    Die einzigen Emotionen, an die ich mich erinnere. Jeder Tag dasselbe für mich. Ich weiß nicht, was meine Bestimmung ist, mein Sinn in dieser Welt. Meine Gefühle, meine Emotionswelt, verkamen zu einer Mischung aus Leere und Nekrophilie der Vergangenheit.


    Ein typischer Tag. Nichts besonderes. Ich habe aufgehört zu zählen, erinnere mich nicht an den Anfang. An meine Eltern, Geschwister oder ob ich welche habe. Freunde? Hatte ich oft. Jeden Tag ein neuer Freund. Manchmal zwei, drei. Auch Weibchen. Nähe. Kuss. Sex. Vielleicht sogar sowas wie Liebe. Es ist so oft passiert, und jedes Mal endete es in der Trennung. Ihrem Tod. Ihrem Verschwinden. Bedeutungslosigkeit...


    Das Gras ist grün, die Stufen sind hoch. Dasselbe Wetter, dieselbe Aussicht auf dieselben zwei Städte. Ein Monster verschenkt Maschinen. Murmelt ständig einen Monolog darüber, er käme von "Markt". Ich sehe ihn jeden Tag hier, stundenlang mit demselben Gemurmel. Mir wurde erzählt, an diesem Ort bekommen die Monster ihre Maschinen. Die, die ihre Sklaven zu Zombies machen. Die, die ihre Sklaven wild werden lassen. Und die, die mich innerlich zerrissen haben.


    Heute wieder, einige von den Fliegenden. Sie sind anders als wir. Tritte zerreißen ihr Fleisch nicht, aber Blitze, Steine und Kälte zerstören alles, was bei ihnen an ein Lebewesen erinnerte. Ich denke, es liegt an ihrem merkwürdigen Fell. Es ist anders als unseres, besteht aus mehreren kleinen "Fellen" mit Knochen dran. Oft fallen Teile von diesem Fell ab. Vor langer Zeit habe ich einem meiner Freunde aus ihnen einen Kranz gebastelt. Sie war eine der Schnellsten von uns. Meine Erinnerung an ihr Lächeln bringt mich am nächsten zu dem, was wohl ein Gefühl war. Zwei Tage später wurde sie mir entrissen.


    Niemand weiß, was mit ihnen passiert. Manche sagen, die besonders Schnellen, Starken, Widerstandsfähigen werden oft zur Paarung gezwungen. Zuhälterei durch die Monster. Kranke Kreaturen. Andere sagen, sie werden ebenfalls zu Sklaven. Wieder andere sagen, sie sehen nie wieder das Licht der Sonne, für die Ewigkeit, aber existieren weiter und finden nicht die Freiheit des Todes.


    Ich trainiere jeden Tag, wie viele andere. Viele Augen der anderen sind leer. Andere glänzen noch. Ihre Emotionen sind noch nicht abgestorben. Ist es Hass? Angst? Für mich ist es nur noch Routine.


    Plötzlich ein Aufschrei. Sie rennen alle weg. Ein Schatten ist sichtbar, unter mir. Er wächst. Wächst. Ein Schrei, wie ich ihn schon oft gehört habe. Ich verstehe ihre Sprache nicht, aber kenne die Bedeutung. Es ist eines der Monster, getragen von einem fliegenden Sklaven.


    Meine Freunde sind weg, nur noch ich bin da. Ich will nicht gefangen werden oder dem Massenmörder zum Opfer fallen. Aber ich fühle nichts, keine Ambition mich zu bewegen. Meine Beine sind steif, mein Blick starr nach oben gerichtet. Man sieht oft Sklaven wie diesen. Große grün-blaue Flügel, rote Haut, flammender Schweif. Noch öfter sieht man die kleinen Kreaturen, die Jüngsten in ihrem Stamm, die aus der Südstadt kommen. Der Sklave landet vor mir, das Monster verlässt seinen Rücken. Sein seelenloses Starren trifft meins. Er fühlt nichts mehr außer Loyalität. Eine ebenso bedeutungslose Existenz. Verdammt dazu, sich zu paaren oder zu kämpfen.


    Keiner von uns hat je gewonnen. Ein aussichtsloser Kampf. Die Frage ist, ob mich das Monster oder der Sklave angreift. Ob mich ewiger Schmerz oder Freiheit erwartet...



    [subtab=Blackdraco]Flucht



    Kalte Wassertropfen klatschten mir wie Regentropfen ins Gesicht und durchnässten gemeinsam mit meinen Tränen mein schwarz, blaues Fell. Weitere Wasserperlen tropften hingegen auf den nassen Grund hinab und begleiteten mit ihren hallenden und unheimlichen Klang, das schnelle Tapsen meiner Schritte und den Rhythmus meines Atems. Als ob mich eine Meute von wilden Rasaff verfolgen würde, stürmte ich über den feuchten Boden der Höhle, immer weiter in die Finsternis hinein. Doch selbst wenn tatsächlich eine wütende Menge hinter mir her gewesen wäre, im Moment hätte mich das nicht weiter gekümmert, meiner Sorgen waren weit aus dringlicher, als die meines eigenen Wohlergehens.
    „Sheinux!“, brüllte ich in die Finsternis und blickte mich hektisch in alle Richtungen, ohne aufzuhören weiter durch das verwinkelten Gängesystem zu rennen, „Wo bist du?!“
    Doch weder meine glühenden Augen, mit denen ich sogar in der dunkelsten Nacht noch sehen konnte, noch meine aufmerksamen runden Ohren waren mir im Moment eine große Hilfe. In diesem unterirdischen Gewölbe schien kein Leben zu existieren. Hechelnd sprang ich über einen großen Felsen, während ich weiter verzweifelt umher suchte.


    Wieso hab ich das zugelassen, wieso hab ich nicht besser aufpassen können? Dabei war mir klar gewesen, dass gerade düstere Zeiten in unsere Welt herrschten ... ich wusste auch nur zu gut, dass viele Pokémon dem Wahnsinn verfallen waren, nachdem das Land von einer Naturkatastrophen nach der anderen erschüttert worden war. Und trotzdem hatte ich nicht verhindern können, dass mein Junges sich in diese Höhle hineingewagt hatte. Nur weil ich mich für einen kurzen Moment schlafen gelegt hatte, um mich von der langen Reise zu erholen. Das würde ich mir niemals verzeihen ... Was für eine unfähige Mutter war ich, die ihr Kind nicht beschützen konnte?


    „SHEINUX!“, schrie ich nochmal aus vollem Hals, als ich mit einem Schlag in einem riesigen und gewölbeartigen Hohlraum stand. Meine eigene Stimme hallte von den Wänden zurück und echote einige Male in meinen eigenen Ohren, bevor abermals um mich herum nur das Tropfen von Wasser und meine eigenen Schritte zu hören waren. Nach Luft schnappend hielt ich in mitten der Höhle inne und suchte diese vergeblich ab. Meine Kräfte ... sie schwinden schon wieder. Verflucht, hätte ich wenigstens genug Zeit gehabt, mich völlig zu erholen. Ach hätte ich einfach einen anderen Ort zum Rasten gesucht und nicht diese verdammte Höhle, dann wäre nichts davon passiert ... Doch wie hätte ich ahnen können, dass dies nur der Eingang zu einem riesigen Dungeon war? Verflucht ... Wo konnte er bloß sein, ich musste ihn so schnell wie möglich finden. Oh bei Arceus, ihn darf nichts zugestoßen sein, bitte!


    „Mama ...“
    Alarmiert zuckten meine großen Lauscher nach oben, als ich in der finsteren Ferne eine leise Stimme hörte.
    „Mama ... Mama!“
    Wieder hörte ich dieses fast unhörbare Rufen und Schluchzen; kein Zweifel, dass konnte nur einer sein ...
    „Sheinux!“, schrie ich zitternd und nahm all meine Kräfte zusammen, um sofort in die Richtung zu stürmen, aus welcher ich seine Stimme wahrgenommen hatte. Das war mein Junges, er war noch am Leben! Ohne Rücksicht auf mich selbst sprintete ich über den nassen Boden, durch tiefe Wasserlaken hindurch und vorbei an gewaltigen Steinpfeilern, die von der Decke hinab auf den Boden zeigten. Keine wirkliche Hindernisse, wenn es nötig gewesen wäre, hätte ich mich sogar durch eine Wand gegraben, wenn dies die einzige Möglichkeit gewesen wäre, meinen Sohn zu finden. Wie hypnotisiert folgte ich der mir so vertrauten Stimme, hinaus aus dem großen Hohlraum, zurück in einen etwas schmäleren Gang der Höhle. Dort wurde das herzzerreisende Schluchzen und Winseln immer deutlicher, ich war ganz sicher auf dem richtigen Weg.
    „Halt durch Sheinux, ich bin gleich da!“, schrie ich in die Finsternis, als sich meine Augen wieder mit Tränen füllten. Dieses Mal waren es sowohl Tränen der Freund, als auch der Verzweiflung, denn ein Teil von mir konnte noch immer nicht fassen, dass ich tatsächlich mein Junges in diesem finsteren Labyrinth wieder gefunden hatte. Ich schwöre, wenn ich zusammen mit meinem Kind aus diesem Dungeon heraus bin, werde ich nie wieder zulassen, dass so etwas passiert, nie wieder muss mein Sheinux so etwas durchmachen...
    Wie ein Blitz schoss ich um die nächste Ecke und ... da war er. Meine Miene hellte sich für einen Moment auf, überglücklich darüber, endlich meinen Kleinen wieder zu sehen. Doch keine Sekunde später weiteten sich meine Augen vor Entsetzen, als ich erkannte, in welcher Lage mein Junges steckte: Er hockte winselnd, dich an der Höhlenwand gekauert, umzingelt von ein paar Gesteinpokémon, Zubats und anderen Untergrundbewohnern, doch sie sahen ganz und gar nicht danach aus, als wollten sie meinem Kind etwas Gutes, ganz im Gegenteil. Das waren Pokémon, die dem Wahnsinn verfallen waren, sie wollten mein Junges töten!


    „FAST MEIN KIND NICHT AN!“, kreischte ich entgeistert, während in mir ein tobendes Feuer entfacht wurde, gefolgt von dem Donner eines Sommergewitters. Brüllend sprang ich auf die Feinde zu und jagte eine ganze Salve von Blitzen auf die Angreifer los, welche meine Umgebung für einen Augenblick so sehr erhellte, als wäre die Sonne selbst in den Untergrund hinabgestiegen. Noch bevor die ersten Zubats schreiend auf den grauen Boden stürzen konnten, schoss ich gleich die nächsten Blitze und Elektroschocks hinterher. Diese Monster, egal ob sie nun wahnsinnige waren oder nicht ... keiner fasste mein Junges einfach an, niemand!
    Die anderen Gestein- und Bodenpokémon ließen meine Blitze jedoch kalt, alle von ihnen wandten sich von meinem Jungen ab und begannen mich nun als ihr Ziel anzuvisieren. Zähnefletschend ließ ich meinen Blick von einem Pokémon zum anderen huschen. Sollten sie mich doch alle angreifen, ich würde jedenfalls nicht zulassen, dass sie meinem Sohn noch etwas antaten!
    Dieses Mal ohne Blitze oder Funken stürmte auf eines der Georok zu und rammte mein scharfes Gebiss in seinen Körper. Kleine Felsstücke splitterten ab und flogen mir um die Ohren, als ich mich ein Stück in den Stein bohrte; meinem Feind schien dies jedoch nicht viel auszumachen. Noch ein weiteres Mal wollte ich das Pokémon attackieren, als ein heftiger Schmerz explosionsartig durch meinen Rücken fuhr. Entsetzt ließ ich einen qualvollen Schrei von mir und ließ von dem Gesteinpokémon ab, bevor ich taumelnd gegen die Höhlenwand krachte. Irgendeines ... dieser Biester hatte mich mit einem Fels attackiert ...
    „Ich ... lass das nicht ... zu“, stöhnte ich mit schmerzverzerrter Miene und schleuderte nochmals eine Blitze auf meine Gegner los, doch wieder blieben viele von ihnen unbeeindruckt. Stattdessen packten einige von ihnen weitere Felsen und schleuderten sie auf mich. Ächzend warf ich mich noch zur Seite, die Felsen verfehlten und donnerten stattdessen mit lautem Knall gegen die Höhlenwand.
    Doch bevor ich mich auf einen weiteren Angriff vorbereiten konnte, hörte ich hinter mir die Stimme meines Jungen, das verzweifelt nach mir schrie: „Mama! Mama!“
    Panisch wirbelte ich umher und bemerkte, dass abermals einige Pokémon ihm zugewandt hatte und versuchten, mein wehrloses Kind zu attackieren. Eines der Georok stürmte gerade mit voller Geschwindigkeit auf Sheinux zu und würde ihn gnadenlos niederwalzen, wenn nicht gleich etwas geschah.
    „NEEEIIIIN!“, brüllte ich und stürmte trotz meiner Erschöpfung und Verletzungen auf mein Junges zu, „SHEINUX!“


    Wieder spürte ich einen Schmerz in meinem Rücken, dieses Mal noch intensiver als der zuvor. Ich wollte aufschreien, doch meine Stimme versagte und brachte nur ein leises Krächzen hervor, bevor ich mit einem dumpfen Knall zu Boden stürzte, direkt vor mein Kind. Ich hatte mein ... Junges schützen können ... Aber der Preis war groß: Dieser letzte Angriff dieses Georok hatte mir den Rest gegeben, ich konnte nicht mehr weiter kämpfen ...
    „Nein ... Mama!“, hörte ich vor mir Sheniux schluchzen und kurz darauf fühlte ich wie sich etwas Weiches gegen mein Fell presste, „Mama!“
    Ich wollte mich am liebsten an meinen Kleinen schmiegen und ihn trösten, doch im Moment konnte ich meinen Körper kaum noch bewegen. Nur meine Augenlieder konnte ich noch für einen Augenblick öffnen, um noch einmal mein Junges zu erblicken, dass dicht an mich gekuschelt am Boden lag und schluchzte.
    „... lauf ...“, murmelte ich leise und versuchte mich noch nach dem uns feindlich gesinnten Pokémon zu blicken. Es waren noch immer einige hier, doch wenn er sich beeilte ...
    „Nein, will nicht“, winselte Sheinux und kuschelte sich noch dichter an mich.
    „Sheinux ... renn weg“, wiederholte ich nochmals und drückte ihn mit schweren Herzen von mir weg, „Ich komme ... später nach, versprochen“
    Einmal blickte ich nochmals in seine verweinten Augen und versuchte ihn müde anzulächeln. Dann nahm ich alle meine verbliebenen Kräfte und meinen letzten Überlebenswillen zusammen und richtete mich auf. So, als würde gerade der Boden erschüttert werden, zitterte ich am ganzen Leib und mein Atmen hörte sich gefährlich schwer an, doch ich stand. Es war ein kleines Wunder ... hoffentlich war diese Wunder genug, damit entkommen konnte.
    „Lauf!“, rief ich mit meinem letzen Atmen und machte mich bereit, die ganzen Höhlenbewohner einmal noch zu attackieren, ein letztes Mal ... damit mein Kleiner eine Chance hatte zu flüchten. Ich bereute nichts ... das einzige was mich schmerzte war, dass ich mein Versprechen, später nachzukommen, nicht halten werden konnte ...[/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information]
    [subtab=Algemein]
    Gewinner des 6. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Gedichte über die Pflanzenwelt
    Informationstopic
    Votetopic


    [tab=1. Platz]
    [subtab=Buxi]
    Trauerweiden weinen nicht



    Still stehe ich am Fluss.
    Er zieht an mir vorüber.
    Leise murmelt er
    Unverständliches.


    Mein Ast hängt ins Wasser.
    Ein Blatt treibt darin.
    Wie die Träne eines Menschen,
    auf seiner Wange.


    Ich sehe ihm zu.
    Er sitzt auf meinen Wurzeln.
    Er weint, er seufzt.
    Der Fluss murmelt weiter.


    Ich fühle Trauer.
    Ich fühle Schmerz.
    Ich fühle Leere.
    Doch ich weine nicht.
    [subtab=Paya]Belladonna, küss die Tollkirsche


    Deine Wurzel ist des Verliebten Freude;
    dein flüssig Blut der Hexen grausig' Schwingen.
    Da ich deine Macht weniger vergeude,
    sollst du nur mir die schönsten Beeren bringen.


    Du bist allein zur Schönheit nicht geboren,
    schüchtern schauen deine winzigen Blüten.
    Und bist du auch selbst nicht dazu erkoren:
    Sollst' doch die zarte Zier nicht länger hüten.


    Ach, gib mir doch von deinen süßen Kindern.
    Will mich nicht hüten von ihnen zu naschen.
    Nichts soll meine Liebe zu ihnen mindern;
    durch mich man einen Blick auf dich erhaschen.


    So strahlend Schwarz wie die hübscheste Beere
    erblüht durch deinen magischen Zaubersaft,
    das Paar meiner Augen mit mystischer Kraft.
    Brems' durch den Anblick allein ganze Heere.


    Doch, ach, wie vergänglich ist dieses Geschenk,
    dass mich die Sehnsucht danach immer verzehrt
    und ich meine Schritte wieder zu dir lenk',
    weil dich mein eitel' Herz allzu sehr begehrt.


    Du bist ein Gewächs der nächtlichen Schatten.
    Nicht Schlange, doch Teufel im Pflanzengewand.
    Allmählich lässt du mein Leben ermatten,
    treibst mich an des flammenden Höllenschlund' Rand.


    Nur einmal noch schenke mir die reine Zier.
    Nur noch einmal mehr, ein allerletztes Mal.
    Unmöglich zu zügeln flammt in mir die Gier;
    ertrage nicht länger der Hässlichkeit Qual.


    So seiest du nun zum letzten Mal meines.
    Schon spüre ich die Hitze der Dämonen Heim.
    Das Leben rennt schnell in meiner Brust allein
    und verblüht alsbald so flüchtig wie deines.


    [tab=3. Platz]
    [subtab=Kardia]Die Verwandlung aus Apollon und der Lorbeerbaum


    Schon werden meine Schritte schwer,
    Schon werden meine Beine starr.
    Mir stockt das Herz, mein Geist wird leer,
    Vergessen ist, was einstmals war.


    Vergessen jene alten Zeiten,
    Vergessen jedes einz'lne Jahr,
    Vergessen jene fernen Weiten,
    Vergessen ist, –.


    Schon fühl ich jenen heißen Schmerz,
    Der meinen Atem langsam füllt.
    Schon spüre ich, wie mir das Herz
    Vor Angst und Sorgen überquillt.


    Schon höre ich den hungrig Wind,
    Der mir mein Haupte sanft umweht.
    Schon fühle ich, allzu geschwind,
    Wie meine Seele von mir geht.


    Verlieren will ich nicht den Krieg,
    Geführt durch Schicksals weise List.
    Verronnen ist dennoch mein Sieg,
    Doch meine Liebe ewig ist.


    Schon ist's geschehen, der Gotte eilt
    Herbei, doch dann sein Lauf verweilt.
    Sein Schritt verebbt, sein Wille fällt,
    Vor ihm zerbricht die ganze Welt.


    Ein Meer aus Kälte tut sich auf,
    Gebannt der Füße schneller Lauf,
    Denn vor ihm, in des Baum's Gewand,
    Ist die, die er erst eben fand:


    Die Beine schlank, in Gras getränkt,
    Den Kopf erhoben, still behängt
    Von Blättern, grünlich, silbern, fein,
    Umwölkt vom sanften Sonnenschein.


    Apollon wankt, der Lorbeer wiegt
    Und abermals das Schicksal siegt.
    Der Wind, voll sommerlichem Klang,
    Trägt leise seinen Klagesang.
    [subtab=Cáithlyn]Gras
    Morgentau glitzert wieder
    auf sanftem Grün in weitem Tal,
    mit leisem Rauschen beugt es sich
    dem Willen der Zephyre.


    Das Meer aus Grün in weitem Tal
    warf große Wellen dir entgegen,
    in den hellen, leisen Fluten
    versankest du in tiefem Schlaf.


    Der leichte Hauch der Pflanzenfinger
    liebkosten lange Hand und Haar,
    und leuchtendes Grün in weitem Tal
    schenkte endlich Ruhe dir.
    [subtab=ritrick]Lavandula officinalis, angustifolia



    Lavandula ist der Name, wie der Fachmann mich kennt.
    Lavendel oder Schwindelkraut, mich liebevoll die Kräuterhexe nennt.


    Mich umgibt ein Duft von Klarheit und Frische,
    ich stehe in jeder Hexenküche auf dem Tische.


    Wenn im Mittelalter herrschte die tödliche Pest,
    gab man ihr, mit meinen reinigenden Energien, den Rest.


    Mein Duft nach Sauberkeit, kann selbst den Teufel vertreiben,
    man muss nur auf dem Lavendelstock sitzen bleiben.


    Hängst du in deinen Schrank ein Sträußchen von mir hinein,
    werden in deinen Kleidern nie mehr Motten sein.


    Wenn du einmal im Süden von Frankreich bist,
    du meinen aromatischen Duft nie mehr vergisst.


    Blau blühende Lavendelfelder gibt es hier,
    sogar eine Straßenkreuzung wurde benannt nach mir.


    Mit meinem Duft kann man auch sanft die Ameisen vertreiben,
    Seife machen oder sich als Oel einverleiben.


    Meine Blüten sind eine essbare Dekoration,
    in England kennt man Zucker mit Lavendel schon.


    In alten Klöstern schätzt man meine Heilkraft sehr,
    bei Rheuma, Blähungen, Herz und Nerven muss Lavendel her.


    Mit Lavendelwein konnte auch Hildegard von Bingen,
    die Heilung vom Schmerz der Leber gelingen.


    Die Jungfrau mich auch gern als Muttergottespflanze bezeichnet,
    weil durch mich, sie unkeusche Gelüste beseitigt.


    Bei Liebeskummer bin ich ein guter Tee,
    gegen böse Geister in der Räucherschale ich steh.


    Du kannst mich als betörenden Duft in die Badewanne gießen
    und mich zu zweit als Liebesbad genießen.


    Den Namen Schwindelkraut, wer hätte das gedacht,
    hat mir die Ohnmacht der feinen Damen eingebracht.


    Ganze Bücher gibt es, wie man mich verwende,
    doch halt, das Gedicht ist jetzt zu Ende.


    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information]
    [subtab=Allgemein]
    Gewinner des 7. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Crossover
    Informationstopic
    Votetopic


    [tab=1. Platz]
    [subtab=Raichu-chan]Blumenwalzer (Pokémon x Harry Potter)


    Es war schon dunkel, als ich die großen Mauern des Schlosses hinter mir ließ und in Richtung des Verbotenen Waldes ging. Eigentlich hatte ich nur noch eine halbe Stunde, die ich in der abgekühlten Abendluft verbringen konnte, doch die war es mir wert. Beim Unterricht hatte ich meinen Kessel umgestoßen und eine ätzende Flüssigkeit hatte sich über den Jahrtausende alten Steinboden ergossen. Der Professor war mehr als sauer gewesen und so dem Haus Geradaks wertvolle Punkte wegen meiner Tollpatschigkeit abgezogen. Jetzt lagen wir sogar hinter dem Haus Entei und die meisten aus Geradaks starrten mich an, als wäre ich allein daran schuld, dass wir nun ganz hinten in der Rangliste im Kampf um den Hauspokal waren. Als wäre dies das einzig Wichtige auf dieser Welt. Auch mein bester Freund, Toby, ein hitziges Fukano, hatte es nicht geschafft, mich aufzuheitern. Zwar hatte er mir den Rücken gestärkt und jeden böse angeknurrt, der mich meine Schmach hatte spüren lassen, doch mir hatte das nicht wirklich geholfen. Das Gefühl blieb, die Enttäuschung über mich selbst, die mir keiner nehmen konnte. Kein Pokémon kam mir entgegen, als ich mich auf meinen einsamen Streifzug begab. Es war mir gerade recht so, ich wollte auch niemandem begegnen.
    Der Wind blies über die weite Grasebene und ich zog das Fell an meinem Bauch bis zum Kinn. Es war praktisch, denn so musste ich nicht durch die halbe Schule laufen und eine Jacke holen, wenn es in den Abendstunden kühler wurde. Ich blickte noch einmal zum Schloss und sah andere Schüler, die noch auf Bänken saßen. Sie redeten und mir war, als würde der Wind das Tuscheln bis in meine langen Hasenohren tragen. Versager, Tollpatsch und uncooler Looser waren nur ein paar der Namen, die sie mir in den Gängen hinterherrufen, heute mehr als sonst. Ein paar blickten in meine Richtung und schnell hoppelte ich weg. Ich wollte ihnen nicht noch mehr Angriffsfläche bieten. Es war schon schlimm genug, dass die Beleidigungen noch lange in meinen Ohren nachklangen.
    Ich brauchte Abstand zu ihnen, sowohl räumlich als auch metaphorisch. Ich wusste, dass es uns Schülern verboten war, in den Wald zu laufen, doch ich war schon im fünften Jahr und der Zauberstab, den ich mit meiner rechten Pfote umklammert hatte, gab mir Sicherheit. Zwar hatte ich mit ihm noch nie ein Pokémon angegriffen, doch die Verteidigungssprüche gegen die magischen Geschöpfe hatte ich in meinem Kopf. Zwar war ich auch schon im Nahkampf geübt und mein Vater hatte mir erst letztes Jahr die Aquawelle beigebracht, doch auf Hogwarts gab es die Regel, dass nur Zauberstabmagie benutzt werden durfte. Wenn man dagegen verstieß und erwischt wurde, konnte man mit einem Schulverweis rechnen. Hier sollten wir ausschließlich unsere magischen Fähigkeiten trainieren. Für alle galten die gleichen Voraussetzungen, unabhängig der Typen und der erlernten Attacken. Alle sollten als gleich angesehen werden, doch in Moment zweifelte ich daran. Oben gab es die coolen Jungs und die hübschen weiblichen Pokémon, welche tuschelnd in der Ecke standen und von allen bewundert wurden. Am Ende gab es die wegen ihres Geruchs ausgegrenzten Giftpokémon ganz weit unten in der Hierarchie. Seit heute gehörte wohl auch ich zu diesem Rand.
    Ich wünschte mittlerweile, dass ich nicht auf diese Schule gegangen wäre, doch dann sah ich die glücklichen Gesichter meiner Eltern vor mir, als sie mir mit Freudentränen hinterher winkten, als die Kutschen mit den Galoppa sich auf den Weg machten, um uns sicher zu der neuen Schule zu bringen. Ich gehörte hierher, seit ich meine Gabe bemerkt hatte und eigentlich wusste ich das auch. Ich schüttelte den Kopf und nahm mir vor, mich in Zukunft durchzubeißen, als ich vor mir am Rande des Waldes, kurz hinter der ersten Reihe von Bäumen, ein Glitzern bemerkte. Neugierig hoppelte ich näher. Ich wusste, dass es auch Lichtel sein konnten, die darauf warteten, meine Seele auszusaugen, wenn ich nicht genug aufpasste. Den Zauberspruch gegen sie, der eine silberne Gestalt meiner selbst erzeugte, lernte ich gerade in Verteidigung gegen die dunklen Pokémon, weshalb ich ihn noch nicht sicher anwenden konnte. Doch fürs Ablenken und Weglaufen reichte es sicherlich.
    Vorsichtig trat ich näher und spähte durch die Sträucher, die in etwa so groß waren wie ich selbst. Vor mir, in das silberne Licht des aufsteigenden Mondes getaucht und trotzdem noch von der dunklen und mysteriösen Umgebung umgeben, sah ich den Bach vor mir. Am klaren Wasser hatte ich schon oft mit Toby gesessen und während er vor sich hin redete, hatte ich in die Wellen geschaut und meinen Gedanken nachgehangen. Ich kannte diesen Platz und liebte ihn. Eigentlich verschlug es nur sehr wenige Pokémon hierher und so war ich überrascht, als ich dieses wunderschöne Wesen erblickte, das sich anmutig zwischen den Volbeat und Ilumise bewegte, die es mit leuchtenden Schwänzen umgaben. Sie tanzte zwischen ihnen, als ungeschlagener Star zwischen Statisten, die ich kaum noch beachtete. Das Pokémon in der Mitte hatte ich schon öfter gesehen, sie kam aus dem Haus Washakwil, die immer für ihre Klugheit bewundert und von denen Bestnoten erwartet wurden. Sie schien schüchtern zu sein, denn sie sprach nur, wenn die Lehrer sie drannahmen, doch dann wusste sie meistens die richtige Antwort. Soweit ich wusste, war sie auch in meinem Zaubertrankkurs, doch ich hatte ihr nie wirklich Beachtung geschenkt. Ob sie heute auch über mich gelacht hatte? Bestimmt, alle hatten das.
    Ich wollte mich verletzt abwenden, bevor ich wieder an die Schande erinnert wurde, doch der Anblick hielt mich gefangen. Ich wusste, dass die Pokémon dieser Art hervorragende Tänzer waren, doch die Eleganz, mit der sie leicht durch die Luft sprang und kein einziges Mal ins Wanken geriet, ließ mich fasziniert zuschauen. Ihre Füße konnten sogar auf dem unebenen Waldboden Halt finden und sie wirkte, als würde sie über dem Boden schweben.
    Mit meinem Zauberstab brachte ich ungesehen aus der Ferne die Blumen auf der Wiese zum Erblühen. Die bunte Wiese als Kulisse wirkte wie eine echte Bühne, auf der das Kirlia als Star seine Vorführung vortrug. Ich war wie gefesselt von dem Anblick und der Schönheit des Tanzes. Ich hatte früher nie viel übrig gehabt für die Art, Mädchenkram, wie meine Freunde ihn nannten. Doch diese Vorführung hatte seine Magie, derer ich mich nicht entziehen konnte. Sie fesselte mich ohne Schnüre an dieses wundervolle Wesen.
    Gerade setzte sie zu einer langen Pirouette an, dem krönenden Abschluss, als sie abrupt stehen blieb. Ihr Gesicht war nun mir zugewandt und ihre Augen blickten in meine. Sie war überrascht, dass sie einen Zuschauer hatte und ich wollte mich sofort dafür entschuldigen, dass ich ihren wunderschönen Tanz beobachtet hatte. Doch bevor ich das tun konnte, wandte sie schüchtern ihr Gesicht ab und machte Anstalten zu fliehen.
    „Warte!“, schrie ich und sie blieb tatsächlich stehen. Es folgte der Moment, in dem ich nicht wusste, was ich jetzt tun sollte. Der Schrei war ein Impuls gewesen und jetzt war mein Kopf leer. Ich wollte nicht, dass sie ging. Sie durfte nicht! Aber was konnte ich tun, um das zu verhindern.
    „Wie heißt du?“ Es waren nicht meine Worte, sondern ihre zarte Stimme, die die Stille durchbrach.
    „J-Jamie“, stammelte ich überrascht, dass sie plötzlich die Initiative ergriffen hatte.
    Ein Kichern verließ ihren Mund. „Meine Freundin heißt so.“ Das Fell an meinem Körper war bestimmt dunkelrot angelaufen, als sie das gesagt hatte, doch das schöne, kindliche Kichern entschädigte dafür. Ich hatte sie zum Lachen gebracht! Das erste Mal, dass jemand außer Tobi herzlich über mich gelacht hatte anstatt beschämend. Mein Herz klopfte bei dieser Ehre. „Ich heiße Claire.“
    Ich ließ mir ihren Namen auf der Zunge zergehen. Ein Kirlia mit diesem anmutigen Namen, genau passend für den Tanz im Mondlicht. Die Strahlende hatte mit ihrem Schein auch mein Herz erreicht.
    „Hast du Lust…?“ Meine Stimme verlor sich in der Dunkelheit.
    „Hm?“, machte sie und sah mich erwartungsvoll mit ihren rubinroten Augen an. Jetzt oder nie, dachte ich. Wenn du sie als Freundin gewinnen möchtest, musst du mutig sein, schrie meine innere Stimme. Ich schloss die Augen und sammelte mich kurz.
    „Willst du beim Abendessen neben mir sitzen?“
    Eigentlich war es nicht üblich, dass Schüler aus verschiedenen Häusern nebeneinander saßen.
    „Natürlich“, erwiderte sie und ging glücklich an meiner Seite den Weg zum Schloss zurück. Ich wollte sie nicht gleich mit meinen Gefühlen überrumpeln, wir hatten doch alle Zeit der Welt. Erst einmal genoss ich die Zeit mit ihr und freute mich über die hinzugewonnene Freundin, die von da an mit Toby und mir durch die Gänge streifte.



    Harry schloss das Browserfenster wieder. Luna hatte ihm einen Auszug aus ihrem neuen Fantasyroman geschickt, den sie bald veröffentlichen wollte. Als guter Freund war ihm die Ehre zuteil geworden, schon Auszüge lesen zu dürfen.
    Aber es war doch ein ziemlich ungewöhnlicher Gedanke, dass Pokémon in einer Parallelwelt auf die gleiche Schule gingen wie hier. Der Zauberer neigte nachdenklich den Kopf und klappte den Laptop zu.
    „Komm Bisofank, wir gehen trainieren.“[tab=2. Platz][subtab=Sterling]Blaublut (Pokémon x Astro Boy)


    Sie schillert wie ein Edelstein, ein lupenreiner Kristall, leuchtet von innen heraus, bricht das Licht an verwinkelten Kanten und schenkt es, tausendfach gebrochen, dem Betrachter, der es unbarmherzig verschmäht. Niemand bewundert die Positive Energie, die auf ihre Weise farbenfroh ist, indem sie in allen nur erdenklichen Blautönen glüht. Erinnerungen würden wach an die vereiste Oberfläche eines Waldteichs, das im Sonnenlicht glitzernde Meer, den intensiven, wolkenfreien Himmel, die glimmenden Augen einer schönen Frau, längst vergangene Ereignisse. Doch die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt, kommt ihr nicht zugute, denn sie darbt in einem Gefängnis aus Stahl. Oder ist es ein Königreich?


    "Wie ist dein Name?", fragt sie, während sie sich gehetzt umsieht. Sie ist es nicht gewöhnt, so viel zu sprechen, denkt sie nervös. Die Worte fühlen sich fremd in ihrem Mund an. Es ist ungewöhnlich genug, dass dieser Junge ihre Sprache versteht.
    Deprimiert hat sie in den verwilderten Überresten dieses wundersamen Ortes, den die Menschen einst Siegesstraße nannten, nach Essbarem gesucht. Theta hat ihr früher die fantastischsten Geschichten darüber erzählt, von Menschen und Pokémon, deren gemeinsames Abenteuer nach vielen überwundenen Hindernissen hier endete, von legendären Kämpfen, aus denen manch einer als Meister hervorging. Mittlerweile lassen sich diese ruhmreichen Zeiten nicht einmal mehr erahnen.
    Gefallen hat es ihr nicht, doch wenn sie nicht durch Zufall den Weg ihrer Familie kreuzen möchte, muss sie hierher ausweichen. Sie kann den Schmerz in den Augen ihrer Mutter so wenig wie die gespielte Munterkeit ihres Vaters ertragen, möchte sich nicht verantwortlich fühlen für das, was geschehen ist, sondern mit ihren Erinnerungen allein sein.
    Bald wurde sie in ihrer Futtersuche gestört. Er war es, er mit den runden, leuchtenden Augen, dem sorgenvoll verzogenen Mund und der spitzen Frisur, der auf seinen feuerspuckenden Stiefeln auf dem Pfad vor ihr zu Boden glitt. Sofort fühlte sich Iota von dieser abgrundtiefen Ungerechtigkeit in ihrer Würde verletzt. Nicht einmal ein Pokémon ist er! Wie kann er es wagen, flügellos, wie er ist, seine paradoxe Flugfähigkeit zu demonstrieren? Zudem ist er geradewegs von Metro City herabgestiegen, der metallenen Menschenstadt, die riesig und bedrohlich hunderte von Metern über dem Boden schwebt. Furios hat sie beschlossen, diesen Verräter umgehend zur Rede zu stellen, doch mit jedem Schritt ist ihr Mut gesunken.


    "Mein Name?", wiederholt er erstaunt. Schließt kurz die Augen und kratzt sich mit dem Zeigefinger an der Stirn. Die Bewegung sieht nicht natürlich und willkürlich aus, sondern einstudiert, als müsste er menschliche Angewohnheiten simulieren.
    Mechanisch. Falsch. Iotas Verdacht wächst an.
    "Vielleicht Tobio? Nein, das ist es nicht, nicht mehr... Ich habe wohl keinen Namen." Mit einem wehmütigen Lächeln dreht er ihr den Kopf zu, um ihn nur einen Augenblick später wieder abzuwenden, verlegen, so scheint es, sich mit dem Blick irgendwo im Himmel verlierend. Iota folgt ihm, betrachtet die Wolke am blasspurpurnen Horizont, von der sie vermutet, dass seine Augen darauf ruhen, und zwingt sich, ruhiger zu atmen.
    "Es ist nicht nur der Name. Alles, was ich zu wissen geglaubt habe, hat sich als falsch herausgestellt – Meine Identitat, meine Menschlichkeit... Meine Familie."
    "Was meinst du damit, 'Menschlichkeit'?", trillert sie panisch, nicht mehr willens genug, ihre wachsende Furcht zu verbergen. "Willst du etwa sagen, dass du gar kein Mensch bist? Was bist du denn dann, ein Pokémon?"
    "Nein", seufzt er, während sich Tränen in seinen Augenwinkeln sammeln. Ob sie es will oder nicht, in diesem Moment ist ihr winziges, rasch schlagendes Herz erfüllt von Mitgefühl und Neugierde. Sie trippelt einige Schritte näher zu ihm heran und neigt das Köpfchen. Da vernimmt sie ein merkwürdiges Summen und Ticken, das aus seinem Inneren zu kommen scheint.
    Der namenlose Junge bewegt sich und das Geräusch von Metall, das über Stein scheuert, erklingt.
    "Ich bin ein Roboter."


    Während er ihr erzählt, dass sein Erschaffer, sein Vater, die mühselige Konstruktion des künstlichen Knaben einzig als Ersatz für seinen bei einem Unfall umgekommenen Sohn vorsah, da der alte, närrische Mann einen solchen Verlust nicht überlebt hätte, schlägt sein von Menschenhand geschaffenes Herz nicht. Es wabert bloß träge vor sich hin, als er erklärt, dass Dr. Tenma ihn über seine Herkunft im Unklaren ließ und schließlich verstieß, weil er sich gepeinigt hat eingestehen müssen, dass eine solch groteske Maschine seinen Tobio niemals wird ersetzen können. Gemächlich, dennoch kraftvoll und unaufhaltsam. Und es scheint, als hätte es nur darauf gewartet, seine ganze Schönheit präsentieren zu können, als er wortwörtlich für Iota sein Herz öffnet, um mit ihr gemeinsam zu entdecken, woraus er gemacht ist.
    Stumm staunt sie.
    Auch wenn der Junge nicht weiß, was seine Existenzberechtigung ist, so wird das Herz immer in seinem sicheren Titaniumgehäuse bleiben, und es wird ihn mit der Kraft versorgen, die er braucht. Eine unerschöpfliche Energiequelle, eine Batterie mit ewiger Stromkapazität, eine kleine Revolution auf ihrem Gebiet. Die Maschine, die die Ehre hat, sie zu tragen, wird mit der Feuerkraft von tausend Sonnen beschenkt.
    Es unterscheidet sich so sehr von einem menschlichen Organ, und doch deckt es sämtliche Funktionen eines solchen ab. Leben. Denken. Sogar fühlen.
    Doch der Junge aus dem Labor ist nicht an irdische Fesseln gebunden.


    Das Schwalbini denkt nicht mehr an Flucht. Stattdessen sucht es sich eine bequemere Sitzposition. Räuspert sich unbehaglich.
    „Also hast du das wichtigste Mitglied deiner Familie verloren, genau wie ich.“
    Der Junge schweigt.
    „Er wurde von einem Menschen getötet, wie du von einem erschaffen wurdest.“ Tränen lassen Iotas Sicht verschwimmen und ehe sie weiß, wie ihr geschieht, haben sie sich davongestohlen und rollen, warm und klebrig, über ihre Wangen.
    „Theta hat mir davon erzählt, dass die Pokémon früher die engsten Freunde an der Seite der Menschen waren. Stimmt das?“
    „Ich weiß es nicht“, sagt er bedrückt. Frühere Probleme sind längst vergessen. „Wer ist Theta?“, hakt er vorsichtig nach.
    „Mein älterer Bruder. Erst vor Kurzem hat er sich zu einem Schwalboss weiterentwickelt. Es war schön, ihn so stolz zu sehen.“ Ein Lächeln schleicht sich in ihr Gesicht. „Er hat erzählt, einst seien die Bäume grün, das Land fruchtbar und der Himmel rein gewesen. Ist das tatsächlich wahr?“
    „Ich weiß es nicht“, wiederholt er mit Nachdruck und Verdruss in der Stimme. „Ich... Tobio war damals noch nicht auf der Welt.“
    „Und die Menschen haben die Pokémon wertgeschätzt und Seite an Seite mit ihnen gelebt“, zählt Iota gedankenverloren auf. „Doch als die Leute angefangen haben, die Erde respektlos zu behandeln und sie schließlich nur noch ausnutzten und zerstörten... Da haben wir ihnen den Rücken gekehrt. Aber es hat alles nur noch schlimmer gemacht.“
    Die kindliche Unschuld verschwindet allmählich aus dem Gesicht des Jungen, bis er sich, fahl und von trostloser, vollkommener Erkenntnis gepackt, nicht mehr rühren kann.
    „Nicht einmal, als sich ihre besten Freunde von ihnen abgewendet hatten, merkten sie, was sie getan hatten. Die Erdoberfläche war bald vollkommen von Abfall bedeckt. Daraufhin bauten die Menschen Metro City, während wir auf der Erde blieben; Sie zogen es vor, fortan so zu tun, als existierten ihre ehemals engsten Kameraden nicht mehr, und bauten als Ersatz die Roboter.“ In ihrem letzten Satz schwingt ein unausgesprochener Vorwurf mit. „Manchmal macht sich einer von ihnen den Spaß, hier herabzusteigen und uns zu jagen. Dabei ist mein Bruder vor einigen Tagen umgekommen.“
    Die Wunde in ihrem Gewissen, die verheilt zu sein schien, reißt wieder auf und ist quälender und tiefer als je zuvor.
    Plötzlich spürt sie ein tröstliches, angenehmes Gewicht auf ihrem Kopf, den sie wendet, um ihn anzusehen. Er hat seine Hand daraufgelegt, sanft und bedacht, als hätte er Angst, sie mit einer falschen Bewegung zu zerbrechen. In seinem Blick liegt so viel Anteilnahme, wie sie sie noch nie bei einem Kind gesehen hat.
    Er sieht entschlossen und mutig aus, als er spricht.
    „Hab keine Angst. Ich werde nicht zulassen, dass jemals wieder einer von euch getötet wird. Ich passe auf euch auf. Auf dich.“ Er ballt die Fäuste, als er sich fließend erhebt. „Sie warten schon auf mich“, sagt er und deutet auf die starken Scheinwerfer in der Ferne. Sie vernimmt schwaches, aber durchdringendes Sirenengeheul. Gefasst lächelt er ihr zu.
    „Vermutlich bin ich gefährlicher als gedacht.“
    Nach einem kurzen Gruß sind sie wieder da, diese gleichmäßigen, funkensprühenden Flammen, die aus seinen Füßen quellen. Es sind Raketen, Antriebskräfte und Waffen zugleich.
    Iota fühlt sich sicher, als sich der Junge von ihr entfernt. Sie bewundert ihn, diesen idealen Wirt für den meerblaufunkelndsten Symbionten der Welt. Gerade hat sich sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt und schon denkt er nur noch an das Wohl der Unterdrückten. Wie wenig Platz für Gier, Selbstsucht, Melancholie muss in ihm sein? Menschen mögen diesen Diamanten geborgen haben, doch geschliffen hat er sich selbst.
    Ja, denkt sie und lächelt. Er, der sich seinen Problemen stellt, anstatt vor ihnen davonzulaufen, ist derjenige, der alles wieder in Ordnung bringen kann. Eine schwierige Zeit liegt vor allen, eine Zeit des Wandels, der Wiedervereinigung, und sie möchte die Erste sein, die sich an ihm ein Beispiel nimmt. Auch Iota ist stark und kann es mit Gefahren aufnehmen.
    Als sie die Siegesstraße leichten Herzens verlässt, um zum Nest ihrer Eltern zurückzukehren, erscheint ihr das warnende Geheul der Sirenen wie eine himmlische Lobeshymne von stählerner Hoffnung.[subtab=Cáithlyn]The Mushroom of Justice (Super Mario x Phoenix Wright)


    „Also geben zu ZU-HU-“, hallte die nervig quäkende Stimme durch die weiten Hallen des Schlosses, als das Ding mit seiner Kralle auf den roten Hut des Mannes mit Schnurrbart zeigte. „- dass sie wissentlich und ab-so-lut mit Absicht diesen armen Wesen ein Leid getan haben?!“
    Die Mütze bewegte sich etwas, aber der Rest des Gesichts wurde von dem aus Blöcken mit Ausrufezeichne darauf zusammengebauten Zeugenstand vollkommen verdeckt. Die nicht weniger quäkende Stimme des Mannes murmelte Dinge, die nach italienisch klangen, aber trotzdem niemand verstand. Er wurde jedoch jäh von dem Wesen unterbrochen, das ihm noch immer die geschuppte Hand mit den Krallen daran entgegenhielt und jetzt theatralisch aufseufzte.
    „Un-glaub-lich!“, keuchte sie, zugegebenerweise sogar gar nicht so schlecht gekünstelt. Die Massen auf den Tribünen im improvisierten Gerichtssaal begannen lauthals zu diskutieren. Fliegende Schildkröten mit riesigen Augen und grünen Panzern, kleine Männchen in roten Kutten und mit weißen Masken vorm Gesicht, die ihm sonst nur aus schlechten Horrorfilmen bekannt waren, und noch kleinere Männer mit übergroßen Kopf in Pilzform warfen dem Klempner wütende Blicke zu.
    „Phoenix!“, wandte sich nun der Kerl neben ihm an ihn. Er trug exakt die gleiche Kleidung wie der Klempner im Zeugenstand, nur eben in grün. Außerdem war er ein Stück größer als sein roter Doppelgänger und auf der Mütze prangte ein weißes L.
    „Du musst Mario helfen!“, schrie er ihm durch die lauten Gespräche, von denen einige jetzt saftige Beleidigungen enthielten, im gleichen italienischen Akzent entgegen. „Du hast es versprochen!“
    Der Angesprochene fuhr sich nervös mit seinen Fingern durch die Haare, Flüsse an Schweiß rannen ihm das Gesicht herunter als er mit verbissener Miene dorthin schaute, wo sonst der alte Mann in Kutte saß und fröhlich mit dem Hammer schwang. Er fing den besorgten Blick der jungen Frau mit blondem Haar auf, die unruhig durch den Saal schaute.
    Der Grüne rüttelte an seinem Arm. „Phoenix!“
    „Ich weiß Luigi!“, gab Phoenix gereizt zurück. „Ich weiß, aber…“
    „Aber du bist doch der beste Anwalt, den wir finden konnten!“, protestierte Luigi panisch, weil die Massen jetzt begannen dem Angeklagten lauter Bananenschalen mit Gesichtern darauf entgegen zu werfen.
    Phoenix tauschte einen kurzen Blick mit seinem Mandanten, der den Fruchtabfällen so gut es ging auswich. Mario hüpfte auf und ab, aber als eine Bananenschale ihn im Gesicht traf fror sein Bild mit einem Mal ein, sein Körper zuckte zwischen dem Abbild und einer kleinere Version hin und her, dann ertönte ein merkwürdiges Geräusch mit welchem er sich plötzlich wieder bewegte. Mario war um gut die Hälfte seiner Größer geschrumpft, jetzt reichte gerade mal der Rest der roten Kappe über den Zeugenstand hinaus.
    Das Klopfen des Hammers schallte durch den Raum, zusammen mit der lieblichen Stimme der Prinzessin.
    „Ruhe!“, verlangte sie piepsig und viel zu leise, sodass ihr erst einmal keiner Beachtung schenkte. Sie blickte sich nervös um, holte dann einmal tief Luft und schrie aus voller Kehle, dass Phoenix geschockt seine Ohren mit den Händen bedeckte: „RUHE!“
    Alle weiteren Bananenschalen blieben in den Händen- oder wahlweise auch Klauen- der Kreaturen in den Besucherrängen. Sie starrten Peach mit unverhohlener Angst an, als diese sich räusperte und piepsig und lieblich wie eh und je verkündete:
    „Man gebe dem Angeklagten ein Power-Up. Des Weiteren wird ab sofort das Werfen mit Bananenschalen unterbunden, oder die Besucherränge werden geräumt werden müssen.“
    Einer der Pilzmenschen eilte mit einer lächelnden Blume in den Händen auf Marion zu und hielt sie ihm hin.
    Mario fror in dem gleichen Muster wie auch zuvor ein und begann sich mit einem Male mit weiß-roter Kleidung wieder zu bewegen. Er bedankte sich mit undeutlichen Wortfetzen die sich für Phoenix eher so anhörten, als würde er wahllos Vokale aneinander reihen.
    „Ms. O. Koopa, bitte fahren sie mit der Befragung fort“, wandte sich Peach an das Schildkröten ähnliche Ding ihm gegenüber. Ms. O. Koopa war offensichtlich weiblich, ihr Panzer hatte, anders als die der anderen Schildkröten, eine rosane Färbung und besaß überdies auch noch eine gefährlich spitz aussehende Reihe von Stacheln. Die improvisierte Staatsanwältin warf den Kopf mit der rosa gepunkteten Schleife darauf zurück, hauchte süffisant: „Ich denke wir waren gerade dabei zu klären, welch un-er-hör-te Schandtaten der Angeklagte an uns, dem einfachen Volk, ausführte!“ Sie blickte Phoenix mit einem breiten Grinsen an, das ihre spitzen Zähne nur so strahlten. Und gegen die wirkte selbst Franzis Peitsche relativ harmlos. „Nicht wahr, Wright?“
    Dem angesprochenen Verteidiger rann noch immer der Schweiß in Sturzbächen das Gesicht herunter, weswegen ihm Luigi schnell ein Taschentuch reichte, das innerhalb von Sekunden sein maximales Aufsaugvermögen überschritten hatte.
    „Phoenix?“, wandte sich der Grüne besorgt an ihn, aber er war längst in tiefen Gedanken versunken.


    Warum war er eigentlich hier? Wie war er in diesen Schlamassel geraten?
    Als er mitten in der Nacht vom Flackern des Fernseher aufgewacht war, wollte er doch nur weiterschlafen… In diese kranke, viel zu bunte Welt gezogen zu werden und Verteidiger für einen… dicklichen Klempner zu spielen war definitiv nichts, das er außerhalb eines Traumes erleben wollte. Und er träumte definitiv nicht, denn als ein Wolke über ihm auf einmal mit Hämmern nach ihm warf, da spürte er den, der ihn am Kopf traf, mit schmerzhafter Sicherheit.
    Maya! Wenn er nicht langsam hier weg käme, dann würde sie morgen früh in seinem Bett aufwachen und er wäre nicht da…
    Moment, das klang falsch! Sie hatten sich kein Bett geteilt, okay? Maya hatte seine Wohnung besetzt und den ganzen Tag Videospiele gespielt, während er Akten durcharbeitete. Dass Maya dabei immer wieder aufschrie, wenn sie verlor, oder jubelte, wenn sie gewann, störte sein Denkvermögen empfindlich, sodass sich die Arbeit bis tief in die Nacht verlängerte. Als er endlich so müde war, dass die Wörter vor seinen Augen verschwammen, schleppte er sich durch die Wohnung. In seinem Wohnzimmer fand er dann den flackernden Bildschirm eines 8-Bit Videospieles und Maya, die auf der Couch noch mit dem Controller in der Hand schlief. Phoenix stieß einen genervten Seufzer aus, legte die Arme um ihre Schultern und trug sie in sein unbequemes Klappbett, wo er sie so sanft wie möglich hinlegte und mit einem resignierenden Grinsen zudeckte. Maya wälzte sich etwas hin und her, dann murmelte sie etwas davon, dass sie Bowser in den Hintern treten würde.
    „Ja, darauf wette ich“, hatte Phoenix lächelnd gemurmelt, schlich aus dem Zimmer und schloss die Tür so leise wie möglich. Er würde also wieder auf der Couch schlafen müssen.
    Im Wohnzimmer flackerten ihm noch immer die bunten Pixel entgegen. Er starrte kurz auf den Bildschirm, wo auf der rechten, oberen Ecke ein Countdown ablief. Kleine, bräunliche Dinger marschierten immer wieder die Strecke zwischen zwei grünen Röhren entlang, und auf der Bildschirmmitte stand, so wie eigentlich immer-
    Nein, stopp. Da stand gar niemand. Kein italienischer Klempner mit roter Mütze. Die Stelle, wo er eigentlich stehen müsste, war vollkommen leer. Phoenix rieb sich die Augen, aber er blieb verschwunden. Vielleicht war das ja einer dieser Bugs, von denen Maya ihm erzählt hatte. Oder wahlweise auch ein Glitch… Oder Cheat, oder Mod, oder- Ach, was auch immer. Phoenix blickte da sowieso nicht mehr durch.
    Gähnend schaltete er die Konsole aus, legte sich auf die Couch und streckte sich genüsslich.


    Allerdings schlief er nicht lange, auch wenn er es nötig hatte.
    Verwirrt blickte Phoenix auf den flackernden Fernseher. Hatte er den denn nicht ausgeschaltet? Stirnrunzelnd stand er auf, beugte er sich vor dem Gerät herunter und tastete mit den Fingern nach dem Ausschalter, allerdings kam er nicht weit, denn bevor er sich versah, packte ihn eine behandschuhte Hand am Hemdkragen. Phoenix kam nicht mal mehr dazu, einen erschrockenen Schrei auszustoßen, da zog man ihn schon in das Gerät herein.


    In der bunten Welt, in der er erwachte, wurde er mit einem Haufen Informationen betraut. Er, Phoenix Wright, war von seiner königlichen Hoheit Prinzessin Peach auserwählt worden, Mario zu verteidigen. Nach unzähligen Angriffen, die allesamt vom Klempner verhindert wurden, hatte sich Bowser zu einer anderen Methode entschieden. Tja, und weil Miss Wendy O. Koopa die einzige im gesamten Mario Universum war, die ein erfolgreiches Jurastudium vorweisen konnte, wurde die Verbündete Bowsers natürlich sofort zur Staatsanwältin auserkoren. Nur an einem Verteidiger mangelte es, weswegen sie auf… unorthodoxere Methoden zurückgreifen mussten, wie Peach es formulierte. Das bedeutete für Phoenix im Grunde, dass man ihn gekidnappt hatte und nun dafür benutzte, Marios Unschuld zu bezeugen.
    Das war übrigens überhaupt nicht leicht, denn die Beweise in der Gerichtsakte- die im Übrigen mit ein paar bunten Stickern verziert war, die ihn anzustarren schienen- waren ziemlich eindeutig. Er hatte all diese Wesen verletzte, in dem er auf ihre Köpfe gesprungen war. Und auch wenn sie wieder auftauchten, als wäre nichts gewesen, sie spürten trotzdem den Schmerz.
    „Bowser ist doch auch nichts weiter als ein Opfer!“, verkündete Wendy O. Koopa laut. Die Massen stimmten ihr lauthals zu.
    Bowser? Bowser! Der war doch überhaupt erst der Grund dafür, dass-
    Phoenix begann zu grinsen. Er schlug mit der Faust auf die dunkel gefärbten Blöcke, was Wendy kurz zusammenzucken ließ. Sie starrte ihn entsetzt an, als Phoenix laut verkündete:
    „OBJECTION!“
    Das hier war noch lange nicht vorbei![/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]Gewinner des 8. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Poképasta
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz]
    [subtab=Cassandra]
    Lebensfreude
    Es gab eine Zeit, in der ich nicht existierte. Dann entstand ich und meinesgleichen. Warum? Ich weiß nicht welcher seltsame Zufall es so wollte. Doch nun bin ich hier. Ich liebe diese Welt. Ich mag Wolken, die mich an Heiterkeit erinnern. Ich mag den Regen, der Traurigkeit weckt. Ich möchte hier bleiben. Ich will nicht weg. Und dafür brauche ich dich ...


    Hast du sie mal gehört? Die Geschichte vom Rattenfänger? Großmutter erzählt mir dieses Märchen oft abends, wenn es draußen schon zu dunkel ist, um im Garten zu tollen. Von diesem außergewöhnlichen Musiker, deren Flötenspiel angeblich so bezaubernd ist, dass Kinder, wie ich, nachts aus dem Bette steigen und ihm folgen. Ich finde diese Vorstellung unheimlich. Die armen Kinder, die nicht wissen wie es um sie geschieht. Und dann verschwinden sie auf Nimmerwiedersehen ... schrecklich.
    Ausnahmsweise darf ich aber heute auch in der Dämmerung noch etwas draußen spielen. Es hatte den ganzen Tag geregnet und auch jetzt noch weht ein unangenehm kühler Wind um das Haus. Ich schaue hinauf zum Himmel, doch über mir hängt noch immer die schwere, graue Wolkendecke, wie schon den ganzen Tag. Morgen wird es wohl auch nicht besser. Doch wer weiß? Mit etwas Glück kommt ein starker Windstoß auf und pustet die Wolken davon! Hier zwischen dem Gebüsch im Garten, buddle ich ein wenig in der nassen Erde.
    Etwas raschelt. Ich schaue zur Seite und hinter mich. Es ist still hier draußen, abgesehen vom Heulen des Windes, kann ich nichts hören. Das Licht im Haus scheint weit entfernt. Es raschelt wieder und diesmal tänzeln einige Blätter auf mich herab. Ich blicke diesmal nach oben, in die dichte Baumkrone unseres Ahornbaumes. Erst entdecke ich nichts, doch da! Ein seltsam geformtes, gelbes Blatt. Wie ein kleines Herz. Ich lächle und strecke mich nach oben zur Baumkrone auf. Mit meinen Fingerspitzen berühre ich das Blatt. Es bewegt sich. Ich schrecke zurück.
    Plötzlich - es schwebt herab. Meine Augen weiten sich vor Schreck und unmerklich weiche ich zurück. Versuche mich klein zu machen. Noch kleiner als ich mit meinen sieben Jahren eh schon bin. Doch Erleichterung durchströmt mich, als ich erkenne, was sich raschelnd und zappelnd aus der Baumkrone kämpft. Ein Driftlon! Ich lache auf und gehe wieder einen Schritt auf das runde Pokémon zu. Vorsichtig strecke ich meine Hand aus, ich will es schließlich nicht erschrecken. Es betrachtet mich mit seinen schwarzen, ausdruckslosen Augen. Ein wenig muss ich schaudern, doch das liegt wohl an der kühlen Brise. Driftlon wackelt lustig im Wind. Wie ein richtiger Luftballon. Es stupst mich an mit seinen zerbrechlich wirkenden Schnurärmchen und den herzförmigen Enden daran. Ich lächele es an, jetzt traut es sich näher. Es ist noch immer so still hier draußen. Ich betrachte es genauer. Seine pechschwarzen Augen wirken anziehend. Ich habe das Bedürfnis näher zu kommen und raus zu finden, was sich in diesen dunklen Abgründen befindet. Ich trete näher.
    Doch da - meine Mutter ruft mich ins Haus! Etwas verwirrt schaue ich mich um. Fast hätte ich vergessen, wo ich mich befinde. Und es ist mir gar nicht aufgefallen, dass sich bereits finstere Nacht über den Garten und das Haus gelegt hatte. Wie lange bin ich denn hier gestanden? Ich werfe verunsichert einen Blick auf das Driftlon und plötzlich habe ich das tiefe Verlangen im Haus bei meiner Familie zu sein. Ich flüstere ein kurzes "Bye" an das lila Pokémon, drehe ihm den Rücken zu und mache mich eilig auf dem Weg zum Haus. Nach drei Schritten bleibe ich stehen. Warum? Ich sehe noch immer das Licht im Fenster schwach leuchten und wieder ruft meine Mutter. Ich will weitergehen, doch etwas hält mich ab. Ich kann es einfach nicht. Meine Hand streckt sich Richtung des Lichtes und da sehe ich es! Eine Schnur schlängelt sich um mein Handgelenk. Grauen erfasst mich und mir wird klar, was mich davon abhält weiter zu gehen. Langsam drehe ich meinen Kopf leicht nach hinten. Als das Driftlon meinen Blick bemerkt, fängt es wieder an mit seinem Körper zu wackeln. Als würde es sich freuen ...
    Es wendet sich im Wind und fliegt dann zum Gartenzaun. Entsetzen packt mich als mein Körper ruhig dem Pokémon folgt. Ich kann nicht umkehren. Ich kann nicht stehen bleiben. Mit ausgestreckter Hand folge ich stumm. Als ob wir spazieren gehen würden ... Meine Stimme ist verschwunden, stattdessen schnürt eine lähmende Angst meinen Hals zu. Ich folge ihm. Ich will nicht. Wir haben das Gartentor durchquert. Wieso kommt meine Mutter nicht raus in den Garten? Wieso sieht keiner nach mir?
    Driftlon wackelt im Wind, dreht sich manchmal um sich selber und wirft mir immer wieder Blicke zu. Es beobachtet mich. Sieht die Furcht in meinen Augen und weiß, dass ich nichts tun kann. Es freut sich. Wohin zieht es mich? Was will es? Ich kann das Haus nicht mehr sehen. Ich kann niemanden sehen ... Sie werden mich niemals wieder sehen.
    Meine Beine gehorchen mir einfach nicht, obwohl alles in mir schreit, schreit, schreit nach Freiheit. Ich kann nichts tun. Die Angst droht im Inneren zu explodieren, meine Panik steigt, mein Herz rast. Doch nichts von all dem merkt man mir an. Ich gehe mit Driftlon spazieren ...
    Nur meine Augen ... wieso blickt keiner der Menschen, denen ich begegne, in meine Augen? Weit aufgerissen, erstarrt in der eisig umklammernden Vorahnung, was mit mir geschehen könnte. Nur das Driftlon sieht es, stupst mich mit seinem Körper an. Freut sich. Übelkeit erfasst mich bei der Berührung.


    Hier ist es dunkel. Hier ist niemand. Hier bleibt Driftlon stehen. Der starke Wind, der an mir zerrt, scheint es nicht zu stören. Wie festgenagelt schwebt es vor mir in der Luft und blickt mich an. Seine Schnüre schlängeln sich an meinen Armen hoch. Diesmal nicht so unmerklich wie im Garten. Sie schneiden mir in die Haut und aus schmalen Schnittstellen heben sich langsam glänzende Blutstropfen hervor. Sie schlängeln weiter, umklammern meinen Körper. Mein Blick wird leer. Die Schmerzen mischen sich mit der Angst. Ich kann nicht mehr unterscheiden was mir weh tut. Ich wünsche mir gerade nur, dass ich schlafen würde. Wie die Kinder beim Rattenfänger.


    Man sagt, meinesgleichen entstand aus den Gefühlen. Man sagt auch, deinesgleichen hat viele Gefühle. Ich liebe dieses Leben. Ich mag die Heiterkeit, die ein Kind empfindet, wenn es mit einem Luftballon spielt. Ich mag die Traurigkeit, wenn es merkt, dass das Spiel zu Ende ist. Ich will nicht weg. Also komm, spiel mit mir!
    [tab=2. Platz]
    [subtab=Chess]
    Man sieht sich immer zwei Mal
    Mit dem Kreischen eines kleinen Mädchens hatte es damals begonnen. Eines Mädchens, oder aber eines Pokémon. Vielleicht war es auch einfach nur ein Schrei, undefinierbar, von wo, geschweige denn von was, er ausging. Sogar sein Ton glich eigentlich gar nicht dem eines Schreis. Vielleicht war es viel mehr ein Wimmern, ein Keuchen, ein Stöhnen… Was auch immer es war, es hatte diese schreckliche Geschichte eingeläutet. Und jeden, der nach ihrer Hand greift, nimmt sie mit.


    Es war einmal ein Pokémon, welches die Seelen aller Lebewesen fraß, welche es wagten, seinen Weg zu kreuzen. Die Flamme auf seinem Kopf erleuchtete immer besonders hell, wenn seine verrückt, gar psychopathisch, leuchtenden, hellblauen Augen, vor Aufregung aufblitzen, wenn ein weiteres potenzielles Opfer an ihm vorbei kam. In der Dunkelheit der Nacht war es keinem Sterblichen möglich, das Lichtel zu sehen, und so hatte es leichtes Spiel dabei, seine auserwählte Beute um seine Seele, und letzten Endes auch um das Leben zu bringen. Es wandelte den ganzen Tag durch den Schutz der Schatten und trat sodann bei Nacht hinaus um Schrecken zu verbreiten. Einen Sinn sah es daran nicht; es war lediglich nahezu süchtig danach dem Leben anderer Pokémon, aber auch Menschen, ein Ende zu setzen.
    Dabei spürte Lichtel immer nur tiefen Schmerz, wenn es mordete. Es war gar nicht das Verlangen nach mehr Tod, nach mehr Angst, sondern eher die Suche nach Erfüllung. Was blieb dem Lichtel denn noch, wenn es aufhörte zu Morden? Seine Eltern wurden ihm genommen und so war es noch nur es selbst. Allein. Woraus resultierte, dass es einzig und allein daran festhalten konnte. Das Ganze hatte im Grunde etwas Masochistisches an sich, aber es ließ sich nicht ändern. Ohne das Morden würde Lichtel verkümmern… Doch ging es ihm damit besser? Es würde es nie herausfinden, denn es würde nie aufhören, Lebewesen umzubringen; bis es selbst nicht mehr unter den Lebenden weilen wird.


    „Hallo mein Freund.“
    Es war ein Tag wie jeder andere. Ein Tag, der sich mit jeder Sekunde näher dem Abend, und der Nacht, näherte. Bald würde die Sonne untergehen und dann würde es vollkommen finster sein. Noch versteckte es sich in den sicheren Schatten der Bäume und beobachtete das Serpifeu nur, doch schon bald…
    „Willst du nicht wissen, was auf der anderen Seite des Schwertes Scheide ist? Bald… Bald wirst du es erfahren. Mein Freund. Bald.“
    Die Sonne hatte es bereits nah‘ an den Horizont geschafft; schon bald würde sie untergehen. Mit der einkehrenden Dunkelheit hatte sich das Serpifeu inmitten des Waldes einen Schlafplatz gesucht. Noch einen Tagesmarsch und es wird das Ende des Waldes erreichen. Mit der Hoffnung in der neuen Stadt, mit neuen Pokémon ein neues Leben anzufangen.
    „Mein Freund… Sag, wie heißt du?“
    Ein Schatten legte sich über das Serpifeu. Und so merkte es gar nicht was geschah, während es seelenruhig schlief. Es hatte die Augen geschlossen und weilte im Land der Träume; dort, von wo es nie wieder zurückkehren würde.
    „Wunderschön… Tanze mit mir; mein Freund, tanze mit mir!“
    Das Leuchten war wieder da. Neben seinen kristallblauen, blutunterlaufenden Augen, glänzte (sogar aus weiter Entfernung erkennbar) die Flamme an seinem Rücken. Die Flamme, welche mit jedem Schluck kräftiger wurde. Serpifeu zuckte zusammen, doch so richtig bewegen konnte es sich schon nicht mehr. Und mit jeder Sekunde wurde es mehr von dieser Hand ergriffen. Diese Hand, welche es tonlos in die Hölle begleitete.
    „Und nun, mein Freund, soll auch deine nun so sinnlos existierende Hülle der einst lebenden Seele verbrennen. Wir werden tanzen, mein Freund, tanzen!“
    Lichtel begann zu lachen. Es war kein normales Lachen; es klang verrückt und böse. Ja, seine ganze Wut, aber auch seine Trauer, spiegelte sich in ihr wieder. Immer stärker wurde das Feuer und nun ummantelte es auch langsam den bereits leblosen Körper des Pflanzenpokémon. Um Arceus‘ Willen konnte es froh sein, dass es diesen Schmerz nicht mehr zu spüren bekam.
    „Zerfalle in endlose Asche. Mein Freund, lass‘ uns diesen Tanz vollenden!“
    Verzerrt schrie Lichtel auf, als das Feuer mit einem Ruck an Serpifeus Körper zuckte und ihn innerhalb eines Wimpernschlags vollkommen vernichtete. Nur noch undeutlich erkennbar lagen die Überreste des Pflanzenpokémon zu Füßen des Mörders und verbrannten langsam dahin.


    Eine Träne floss aus den Augen des Lichtels, als es diesen Anblick sah. Es wusste genau, dass es nie aufhören könne, dies zu tun und doch fühlte es jedes Mal erneut diesen tiefen, unheilbaren Schmerz.
    In seinem ganzen Leben hatte es noch viele Pokémon, und sogar einige Menschen, die seinen Weg in der Nacht kreuzten, das Leben genommen, bis es eines Tages die Beherrschung verloren hatte.


    Es war eine Nacht wie jede andere, als das Lichtel gerade ein kleines Sesokitz um seine Seele und sein Leben erleichtert hatte. Das Pokémon fühlte sich in diesem Moment an seinen ersten Mord erinnert. Damals, nachdem sein Vater in einem Kampf umgekommen war und seine Mutter einige Tage später von einem Trainer gefangen wurde war es ganz alleine auf dieser Welt und in einer regnerischen, unheilvollen Nacht, hatte es eben diese Kräfte entdeckt. Es hatte sich sein erstes Opfer gesucht und es kaltblütig, vollkommen ohne auch nur ein kleinstes bisschen Skrupel zu empfinden, getötet.
    „Weißt du noch wer ich bin?“, zischte es durch die Nacht. Ein Schauder lief dem Lichtel über den Rücken. Es lauschte noch einmal ganz genau in die Dunkelheit herein, bis es davon überzeugt war, sich dies nur eingebildet zu haben. Es entfernte sich langsam vom Tatort und zog sich zurück, als diese traurig, aber fordernd, klingende Stimme erneut ertönte.
    „Hast du mich etwa schon vergessen, Lichtel? Mich?“
    „Wer bist du!?“, schrie Lichtel in die Nacht herein – es hatte bisher noch gar nicht realisiert, dass es angefangen hatte zu regnen – und wandte sich panisch in alle Richtungen um. Es war zu dunkel, um etwas erkennen zu können.
    Nachdem keine Antwort ertönt war, schüttelte es nur den Kopf und drehte sich wieder nach vorne, als sein Herz mit einem Mal – genauer gesagt, aufgrund des Anblicks direkt vor ihm – stehen zu bleiben schien. Was dort stand, konnte nicht wahr sein; es musste Einbildung sein.
    „Erinnerst du dich jetzt?“, fragte das Pokémon, welches ihm Gegenüber stand.
    Der Büschel aus Blüten auf dem Kopf der Gestalt war zerfetzt, verklebt und blutverschmiert. Seine Ohren hatten nahezu Löcher und waren übersät mit Kratzern und Brandspuren; ebenso wie der ganze Körper des Pokémon. Es hatte den Mund leicht geöffnet und schwach funkelnd konnte Lichtel ein paar aschfahle Zähne erkennen, welche in unregelmäßigen Abständen in alle Richtungen hervorstanden. Der schlimmste Anblick bot sich jedoch an den Augen. Diese waren nicht vorhanden! Aus den Augen des Vierbeiners tropfte lediglich etwas Blut, in unregelmäßigen Abständen; die Augenhöhlen wären leer.
    „Das… das kann nicht sein!“, brüllte Lichtel und spuckte einen Feuerball auf seinen Gegenüber, doch dieser Angriff ging einfach durch das Pokémon durch und schadete ihm nicht. Und so begann Lichtel zu lachen. Es war nicht so, dass er sich freute, oder etwas lustig fand. Es war ein verrücktes Lachen, welches dem beim Akt des Mordens nahe kam; doch beinhaltete es auch eine Spur Angst. Angst, und Verzweiflung. Es rannte weg vor der Wahrheit, doch immer wenn es stehen blieb und sich aufrichtete, um nachzusehen, ob dieses gespenstische Wesen noch da war, stand es wieder einige Meter vor ihm und schien es einfach nur anzusehen.
    „Du kannst nicht vor mir weglaufen, Lichtel. Erinnerst du dich an mich?“


    In dieser Nacht rannte Lichtel weiter, und weiter, doch letzten Endes gab es auf. Einige im Wald lebende Pokémon, die bisher verschont wurden, fanden es am nächsten Tag tot unter einem Baum. Auch seine Augen waren weg. Anstelle der sonst so geheimnisvollen, stark leuchtenden hellblauen Augen waren dort nur ein paar Tropfen Blut.
    Lichtel wurde nicht von einem Lebewesen umgebracht. Es war der Körper seines ersten Opfers gewesen, welchem er in dieser unheilvollen Nacht begegnet war. Es war die Seele des Sesokitz, welches er vor vielen Jahren in einer regnerischen Nacht umgebracht hatte. Der bloße Gedanke daran, dass es nun für immer von diesem heimgesucht werden sollte, hatte es so sehr in Besitz genommen, dass es schließlich ganz von selbst gestorben war.


    In dem Baumstamm, an den die Leiche des Mörders angelehnt vorgefunden wurde, war in Icognito-Buchstaben etwas eingeritzt. Die Worte glühten förmlich und fühlten sich fast lebendig an, als wäre Lichtels Feuer in sie übergegangen… Und jedes Pokémon, welches diese Worte las war fest davon überzeugt einen Schrei zu hören. Den Schrei eines kleinen Mädchens… Oder den eines Pokémon.
    „Mama, Papa. Nun sehe ich euch wieder.“
    [tab=3. Platz]
    [subtab=Onee-chan]
    Puppentheater
    Die Nacht kam leise, fast unerkannt. Es schienen keine Sterne, sie waren hinter dicken Wolken versteckt, die sich nicht von der Stelle zu bewegen schienen. Einzig der Halbmond stach hell vom Himmel hervor und warf ein geisterhaftes Licht auf ein kleines Haus.
    In dem Haus herrschte reges Treiben. Die Luft war erfüllt von Plätzchengeruch und warmes Licht durchflutete die Räume. Im Wohnzimmer, eine Mutter; auf ihren Lippen ein sanftmütiges Lächeln. Sie las ein Buch und wippte in ihrem Schaukelstuhl hin und her, als wäre die Zeit unbedeutend. Vor ihr, auf dem Boden, ein Kind. Es war kaum älter als Sechs, es war ein kleines, zauberhaftes Mädchen, dass sich seine Haare zu zwei Zöpfen zusammengebunden hatte. Sie spielte mit einer Puppe, die es vor wenigen Tagen bekommen hatte, eine kleine Puppe, die nichts Besonderes darstellte, doch das Mädchen hatte sich in sie verliebt. Die Puppe bestand nur aus Stoff und einer Füllung, die das Mädchen so ungemein zu faszinieren schien, dass es ihrer Mutter beinahe Sorge bereitete. Manchmal, so sagte das Mädchen zu ihrer Mutter, wurde die Puppe lebendig und sprach mit ihr. Erzählte ihr Geschichten. Doch ihre Mutter glaubte ihr nicht. Glaubte keinem sechsjährigen Kind.
    Die Zeit verstrich, die Mutter legte ihr Buch zur Seite und trug ihr Kind ins Bett. Das Mädchen presste die Puppe an ihren kleinen, zierlichen Körper, machte keine Anstalten, sie je wieder loszulassen.
    Behutsam legte die Mutter ihr Kind ins Bett, bedeckte sie sanft mit der Daunendecke, die sie einst für sie häkelte. Doch ein komisches Gefühl beschlich die Mutter, als würde die Puppe eine merkwürdige Atmosphäre ausstrahlen, die Kopfschmerzen bereitete. Plötzlich wurde es still im Zimmer. Die Mutter hielt den Atem an. Sie musste etwas tun, zumindest diese Nacht, in der der Halbmond ein so sonderbares Licht auf die Erde hinabsandte. Sie streckte ihre Hand aus, die blass und zittrig wirkte, und wollte ihrem Kind die Puppe wegnehmen. Als ihre Fingerkuppen das syntetisierte Material berührten, schien ein elektrisierender Schauer durch ihren Körper zu jagen. Doch sie versuchte es zu ignorieren. Dann zog sie. Sie zog und zog, mit ihrer gesamten Kraft, doch das Mädchen ließ nicht los. Merkwürdig aufgrund der Tatsache, dass sie seelenruhig zu schafen schien. Doch sie hielt eisern fest, beinahe so, als würde sie mit jedem Zug der Mutter noch eine Spur fester zugreifen. Auf einmal sickerte rotes Blut in Rinnsalen die dünnen, kleinen Ärmchen des Kindes hinab, wieso wachte es denn nicht auf? Sie schien bewusstlos, hypnotisiert, aber nicht, als wäre sie eingeschlafen. Die Mutter schrie. Doch sie ließ die Puppe nicht los. Das Blut tränkte die Häkeldecke rot, als wäre es Farbe. Und das Kind wachte nicht auf.
    Gehetzt sah sich die Mutter um, es musste doch etwas geben, mit dem sie ihrem Kind die Puppe entreißen konnte. Doch das Zimmer bot nichts Derartiges. Schweißperlen sammelten sich auf der Stirn der Mutter, Tränen in ihren Augen, und sie zog und zog. Der Arm des Kindes, an dem bereits getrocknetes Blut klebte, bewegte sich wie der einer Marionette. Diese Puppe musste verflucht sein. Die Mutter beschloss zu fliehen, Hilfe zu rufen, irgendwas zutun. Doch auf einmal kam sie nicht mehr los. Ihre Finger, die sich um die Puppe geschlossen hatten, wollten nicht mehr aufgehen, sie versuchte alles. Nichts half. Tränen der Angst liefen der Mutter die Wangen hinab. Plötzlich sah sie in die Knopfaugen der Puppe - sie schimmerten in einem geisterhaften Violett, das durchaus lebendig wirkte. Die Mutter schrie erneut, doch ihre Tochter wachte nicht auf.
    Hab keine Angst. Eine Stimme, die klang wie das Grauen selbst, schwirrte im Kopf der Mutter herum. Sie hielt inne. Wer sprach da zu ihr? Ich bin alles, was deine Tochter hat. Und sie ist alles, was ich habe. Nehm mich ihr nicht weg. Die Mutter blickte auf die Puppe, doch sie war nicht im Stande, etwas zu sagen. Als wäre ihr Mund zugenäht. Mit Panik lauschte sie weiter der unheilvollen Stimme. Ich bin eigentlich ein Pokemon. Du wirst mich vielleicht unter dem Namen Banette kennen. Ich war immer allein. Dann habe ich diese Puppe entdeckt und dein Kind ebenfalls. Ich liebe deine Tochter. Ich liebe es, wie sie mit mir spielt. Und sie liebt mich auch. Die Mutter wollte schreien, die Stimme in ihrem Kopf unterbrechen. Aber es gelang ihr nicht. Sie ist mein liebster Spielkamerad. Wenn du mich ihr wegnimmst, wird sie böse werden. Erneut versuchte die Mutter, an der Puppe zu ziehen. Da schlug ihre Tochter die Augen auf. Die anfängliche Erleichterung löste sich jedoch recht schnell in Panik auf: Ihrer Tochter blauen Augen hatten sich verändert, sie schimmerten nun rot - rot wie das Blut, das bereits vergossen wurde. Angst ließ die Adern der Mutter gefrieren. Die Augen ihrer Tochter ruhten ruhig, aber voller Zorn auf der Mutter. Die kleine, sonst zaghafte Stimme klang wütend und rasselnd, als würde nicht ihre Tochter, sondern ein Monster zu ihr sprechen. "Lass meine Puppe los." Mit diesen Worten löste sich die Mutter von der Puppe, jedoch auch von allem anderen. Sie flog ungewollt quer durch den Raum, eine Lampe zerbrach, sodass nur noch fahles Licht des Halbmondes das Zimmer erhellte. Die Mutter schmeckte, roch und spürte Blut - sie hatte sich den Kopf an einem Nagel geschlagen, der grotesk aus der Wand ragte. Ein pochender Schmerz schoss durch ihre Gliedmaßen, und es begann, schwarz um sie zu werden. Siehst du, sie wird böse werden, wenn du mich ihr wegnimmst.
    Die Tochter hatte ihre unheilvollen Augen bereits wieder geschlossen. Morgen früh würde sie sich an nichts von alldem erinnern. Sie würde seelig schlafen, nur ein Alptraum würde durch ihren Schlaf jagen: Ihre Mutter, die vor Angst gestorben war. Sie würde ihre Puppe festhalten, wenn sie um ihre Mutter weinen würde. Und die Puppe, die eigentlich ein Banette war, würde ihr immer gehören. Und immer würde sie denken: Sie ist mein liebster Spielkamerad. Wer mich ihr wegnehmen will, auf den wird sie sehr böse werden.
    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]Gewinner des 9. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Traumszene
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Cáithlyn]Danse Macabre


    Zarte Violinenklänge drangen an ihr Ohr. Leicht und hell wie die Stimme einer Opernsängerin riefen sie sie zurück ins Leben. Als sie die leeren Augen öffnete tanzten helle Lichter vor ihrem dünnen Körper. Sie hörte ein weit entferntes Kichern als das Glühwürmchen von ihr hinfort wich und die anderen Genossen ihm tänzelnd in die Dunkelheit folgten.
    Das Mädchen rieb sich müde die Augen. Um sie herum wuchsen dicke Bäume in die Höhe, tief in den dunklen Nachhimmel hinein, der mit seinen bunten Sternen aussah wie ein Blumenmeer. Leichter Nebel waberte um ihre nackten Füße herum.
    Was war dies für ein Ort? Wie kam sie denn hierher?


    Sie hörte weit entfernt die Violine, die sie aus der süßen Bewusstlosigkeit hinein in diese fremde Welt gerufen hatte. Eine leichte, gehauchte Melodie die ihr Herz zum Pochen brachte.
    Wie wunderschön. So unglaublich schön!


    Als sie sich vorbeugte und ihre Füße auf den Boden aufsetzten schwankte das Mädchen gefährlich. Mit jeder Note die sie hörte flossen die Gedanken weiter fort. Hinweg zur kleinen Melodie, die sie mit süßen Klängen lockte.
    Mit rauschenden, blonden Locken folgte das zierliche Mädchen im weißen Kleid. Und mit jedem Schritt wich der lebendige Glanz in ihren Augen der Schwärze ihrer Pupille.


    Sie folgte dem Pfad gemacht aus Bäumen, die Augen starr ins Dunkle gerichtet, wo die Leuchtenden verschwunden waren. Nicht einmal das Knacken bemerkte sie mehr, nicht die roten Augen, die in den verdorrten Ästen wohnten und auch nicht die zischenden Rufe die sie zur Vorsicht ermahnten. Irgendwann verstummten ihre Warnungen. Nur noch leises Klagen konnte man vernehmen. Doch das Mädchen hörte nichts als die sanften Violinenklänge, die sie gefangen nahmen. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen torkelte sie weiter.


    Zur Violine gesellte sich das Zupfen einer Harfe. Dann Celli. Mehr Violinen, alle hielten sich im Hintergrund. Leise unterstützen sie das lockende Lied der Verführerin. Tänzelnd folgte sie der Melodie auf eine Lichtung umrahmt von zarten Bäumen, allesamt mit bunten Blättern versehen die im Lichte der Leuchtenden aufglühten und den Ort in etwas magisches verwandelten. Und jäh, gerade als sie in der Mitte der kreisrunden Wiese ankam, da tauchte vor ihr eine Person auf, hochgewachsen und schlank, mit einem bunten geflickten Mantel und einem riesigen Zylinder, der Schatten auf sein Gesicht warf. Der Arm des merkwürdigen Mannes glitt mit dem Bogen in der Hand auf den Saiten seiner Violine vor und zurück, ruhig und vorsichtig. Die fragile Melodie nun ganz nah an ihrem Ohr wanderte das Mädchen mit leeren Augen und leichtem Lächeln dem Mann entgegen, der sie aus dem Schatten seiner Hutkrempe aus beobachtete und tänzelnd rückwärts ging. Das Mädchen formte den Mund zu einem stummen Ausruf des Entsetzens.
    Warum blieb er denn nicht hier? Sie wollte doch nur lauschen. Lauschen und bei ihm bleiben.
    Ja. Bei ihm bleiben. Für immer.
    Das ist richtig so.
    Die kleinen Lichter schwebten um ihren Kopf herum, ließen die blonden Locken wirken wie einen Heiligenschein. Flüsternde Kinderstimmen schlichen sich in ihren Kopf.
    Bleib bei uns.
    Hier ist es gut. Nur der Musik lauschen. Für immer und ewig.


    Der Mann war endlich stehen geblieben. Er spielte die fragile Melodie immer weiter, ein zarter Ruf der Verführung. Die Lichter lösten sich von ihrem Platz um das Mädchen herum, formten einen hellen Kreis um sie. Auf und ab schwebten die Leuchtenden, im Takte der leichten Melodie. Das Mädchen drehte sich lächelnd im Kreis, die Arme weit von sich gestreckt. Ihre Beine zitterten unsicher, doch eine seltsame Macht ließ sie sich weiter drehen.


    Bleib bei uns.
    Bleib hier.

    Die Lichter wurden unendlich grell, doch die trüben Augen standen weiter offen. Ihr seliges Lächeln stand weiterhin in ihrem blassen Gesicht.


    Unter dem Schatten des Zylinders breitete sich ein groteskes Grinsen aus. Zähne so scharf wie Messerklingen knirschten aufeinander. Die Melodie spielte weiter, aufgeregter. Die anderen Instrumente folgten eilend.


    Ein Paukenschlag riss das Mädchen aus ihrer Trance. Sie blieb torkelnd stehen, presste sich die Hände über die Augen. Das Licht schmerzte so fürchterlich! Und die Stimmen! All diese Stimmen in ihrem Kopf!
    Bleib bei uns!, forderten sie immer wieder, und mit jeder Wiederholung klangen ihre Echos drängend und wütend, ja sogar aggressiv!
    Aufhören!, schrie das Mädchen innerlich dagegen. Sie drückte sich ihre Hände nun auf die Ohren, doch das leichte Lied der Violine klang unaufhörlich in ihren Gedanken.
    Der süße, süße Klang. So wundervoll. So lockend.
    Nein!
    Das Mädchen riss die Augen auf. Die trockenen Äste um sie herum knackten als sie sich ihr entgegenstreckten, die einst so bunten Blätter lagen vertrocknet auf dem Boden.
    Und die Lichter waren fahlen Gestalten gewichen. Sie hielten sich an den Händen, aus den schwarzen Augenhöhlen spürte sie ihre Blicke auf sich. Die Haut klebte ihnen dicht auf den Knochen, tiefe Kratzer zeichneten sich auf ihren Körpern ab und getrocknetes Blut bedeckte die Fetzen, die sie als Kleidung trugen.
    Dem Mädchen entwich ein lautloser Schrei. Panisch drehte sie sich immer wieder um ihre eigene Achse auf der Suche nach einem Ausgang. Doch wohin sie auch sah standen die vertrockneten Körper von Kindern, dreckige Haare waberten um ihre Köpfe.
    Bleib bei uns!, formten sie mit den zerfetzten Lippen.
    Sie blieb zitternd stehen und starrte das Unheil vor ihr an. Sie musste weg! Irgendwie! Sofort, oder-
    Dünne Arme schlangen sich um ihre Taille. Die krallenartigen Finger bohrten sich in ihr Fleisch und das zerfurchte Gesicht mit den leeren Augenhöhlen presste sich unheimlich lächelnd gegen ihren Rücken.
    Kreischend kämpfte sie gegen den Griff an, wand sich so stark, dass dem Ding mit einem schrecklichen Geräusch wie trockenes Laub die Arme aus dem Leib gerissen wurden. Mit starrem Blick sah sie auf die bleichen Gliedmaßen, die von ihr herunterfielen. Doch in dem Moment, in dem die nächsten Klauen nach ihr griffen, rannte sie in die dichte Schwärze vor ihr.


    Ihr Atem ging schwer und heftig, doch sie konnte die trockenen, drängenden Stimmen hinter ihr noch immer hören. Panisch folgte sie dem Pfad aus Dunkelheit.
    Bleib bei uns!
    Nein!, kreischte sie in Gedanken dagegen an. Aus ihrem Mund drang nichts als heißer Atem.
    Und plötzlich war der Weg vorbei. Vor ihr baute sich eine große Wand aus Schwärze auf. Das Mädchen hielt davor an und stemmte sich keuchend dagegen. Die Stimmen kamen immer näher, aber diese Wand bewegte sich nicht. Verzweifelt untersuchte das Mädchen jeden Quadratzentimeter, doch da war nichts! Keine Unebenheit, gar nichts!
    Bleib bei uns!
    Dicken Tränen der Panik und Angst glitten die roséfarbenen Wangen herunter. Nein! Nein, bitte nicht! Sie wollte nicht auch so enden! Nicht so!
    Als sie auf den Boden sank und ihre Fäuste kraftlos gegen das Hindernis prallten, da spürte sie den kalten Atem ihrer Verfolger. Sie spürte das Zerren an ihrem weißen Kleid, das nun dreckig und zerfetzt an ihrem Körper herabhing. Sie versteifte sich, die Augen panisch aufgerissen, die Zähne zitternd aufeinandergepresst. Ein leichtes Wimmern entfuhr ihrer Kehle, als der sanfte Klang der Violine wieder an ihre Ohren drang.
    Als die Musik aufhörte, da legte sich eine behandschuhte Hand mit unendlich langen Fingern fest um ihre Schultern. Zitternd drehte sie sich zu der kalten Präsenz herum.
    Der Mann mit dem Zylinder hockte hinter ihr. Und als er den Kopf erhob, sodass die Schatten des Hutes von seinem Gesicht abließen, da sah sie es zum ersten Mal.
    Verblichene Hautstücke, unordentlich zusammengenäht mit bunten Fäden, die die Fetzen unnatürlich spannten. Über das groteske Grinsen mit den Messerzähnen fuhr eine gespaltene Zunge und die goldenen Augen mit scharfer Pupille leuchteten wahnsinnig. Und als er den Mund öffnete und ihn bewegte drangen tausend Stimmen in ihren Kopf, laut und kreischend.
    Du bist mein!, schrien sie dem Mädchen entgegen.


    Und plötzlich gab die dunkle Wand nach. Mit einem Ruck kippte sie vorneüber, das wütende Kreischen der Stimmen und den entsetzten Gesichtausdruck des Violinenspielers vor Augen versank sie in tiefer Finsternis. Die starren Gesichter der Kinder verschwammen immer weiter und auch die Krallen, die sie ihr entgegenstreckten verschwanden.
    Das Mädchen fühlte nichts mehr, wusste nur das sie fiel. Immer und immer tiefer fiel.


    Mit einem lauten Schrei richtete sich das Mädchen mit den blonden Locken in ihrem Bett auf. Ihr Atem ging stoßweise und ihr Herz pochte fürchterlich. Von draußen kroch fahles Licht in ihr Zimmer, Geräusche von Karren und wütenden Rufen drangen herein. Als die Tür sich öffnete stand eine junge Frau in Schürze darin.
    „Mylady? Ist alles in Ordnung?“ Das Mädchen, mit roten Augen und bleicher Haut, nickte noch etwas verwirrt.
    „Ihr habt wohl schlecht geschlafen!“, lachte die Maid und ging durch das Zimmer, wo sie die Vorhänge öffnete. „Schaut heraus, Mylady. Es ist ein wirklich schöner Tag, nicht wahr?“
    Mit zitternden Schritten näherte sich das Mädchen dem Fenster. Auf der Straße vor dem Haus bauten die Händler gerade ihre Stände auf.


    Und inmitten dem bunten Treiben stand ein Mann mit einem Zylinder und einem geflickten Mantel. Der Bogen in seiner Hand glitt vorsichtig über die Violine, der Wind trug die fragile Melodie an ihr Ohr. Und als er geendet hatte, da hob er den Kopf und blickte sie an während seine Messerzähne ein groteskes Lächeln formten.
    [tab=2. Platz] [subtab=Hatschi]
    Die blaue Stadt


    Wasser. Überall um mich herum nur Wasser. Ich trieb mitten im Meer, die Wellen umspülten mich und die Sonne schien ungewöhnlich hell vom wolkenlosen Himmel herab. Was tat ich hier? Wie kam ich mitten ins Meer? Ich wusste es nicht, fühlte mich vollkommen verloren. Langsam schloss ich die Augen, tauchte einmal kurz unter und bewegte meinen Kopf wieder zur Wasseroberfläche. Es war weder kalt noch warm, ich fühlte keinerlei Temperatur. Mein Oberkörper war nackt. Ich spürte das Wasser an meinen Lippen und leckte vorsichtig mit meiner Zunge darüber. Süß. Wie zum Teufel konnte Meerwasser denn süß schmecken? Irgendetwas war doch nicht richtig!
    Ich begann zu schwimmen, meine Arme machten die typischen Verdrängungsbewegungen, doch ich fühlte das Wasser nicht, so als ob es keinen Widerstand bot. Bewegte ich mich eigentlich überhaupt vorwärts?
    Am Horizont zeichnete sich langsam ein Schatten ab. Er war verschwommen und da ich ihn besser sehen wollte, schwamm ich schneller, spürte die Bewegung noch immer nicht, doch der größer werdende schwarze Fleck dort vermittelte mir zumindest, dass ich ihm näher kam. Die Umrisse vor mir wurden immer deutlicher. Was war das, ein Schloss? Ich begann, kraulende Schwimmbewegungen zu machen, fühlte mich unglaublich angezogen von dieser Silhouette, die plötzlich immer größer und breiter wurde. Ich spürte keine Strömung des Wassers um mich und meine Arme machten einfach weiter, Müdigkeit fühlte ich nicht annähernd. Wie eine Motte, die auf das Licht zufliegt, schwamm ich immer näher heran an dieses Gebilde in der Ferne. Die Konturen festigten sich, ich konnte plötzlich genau erkennen, was es war. Es war kein Schloss, es war eine ganze Stadt, und zwar komplett in blau. Meine Kinnlade klappte herunter. Eine Fata Morgana? Nein, niemals! Dafür war es mir zu real. Vor mir erstrahlte eine Stadt, mitten im Meer, die im Inneren mit einem riesigen Turm ausgestattet war, an dessen Spitze eine goldene Glocke hing.
    Der Anblick zog mich komplett in seinen Bann. Ich war fasziniert, wollte sie erforschen, wollte alles sehen und glitt fließend in meine Schwimmbewegung zurück. Das Wasser, welches ich vorher überhaupt nicht wahrgenommen hatte beim Schwimmen, war nun unglaublich widerspenstig und ich hatte riesige Mühe, meine Arme zu bewegen. Es war, als hätte sich alles urplötzlich in Gelee verwandelt. Meine Arme wurden langsam träge, doch ich kam der Stadt näher und näher und meine Neugierde wurde größer und größer.
    Je näher ich ihr kam, desto leichter fühlte ich mich und gelangte nach einer gefühlten Ewigkeit an einen kleinen Sandstrand, der sich über weite Strecken nach links und rechts von mir ausdehnte. War das vielleicht eine Insel? Unmöglich, oder? Der Wind blies mir zart am gesamten Körper vorbei und nahm einige Sandkörner mit, die mich an den Füßen kitzelten. Alles wirkte absolut real, und dennoch fremd. Es war wie in einem Märchenbuch.
    Ich schaute zurück. Ein riesiges Meer erstreckte sich vor meinen Augen, ewiges Blau und sonst nichts. Das Wasser wirkte wie im Stillstand, nichts bewegte sich. Seltsam. Warum war das Schwimmen dann so schwer gewesen und davor so leicht? Noch immer spürte ich weder Kälte noch Wärme, obwohl die Sonne mich hätte aufheizen müssen.
    Ich widmete mich wieder der Stadt, sie war ja auch viel interessanter. Es sah einfach bezaubernd aus, und glänzte mit einer mir unbekannten Schönheit. Ich stieg über eine kleine Steinmauer und befand mich auf einer Straße, vollkommen gehüllt in ein helles Blau. Alle Häuser um mich herum waren auch blau, einfach alles war blau und in allen Stufen, die es so im Farbspektrum gab. Sogar die Hose, die ich anhatte, unterschied sich farblich nicht. Unheimlich. Hatte ich eigentlich schon die ganze Zeit eine Hose getragen? Mein Blick wanderte immer wieder auf den Turm mit der Glocke. Dort wollte ich hin, wusste aber auch nicht, warum der Wunsch in mir so heiß brannte. Es ging eine Anziehungskraft von diesem Gebäude aus, die ich nicht erklären konnte, doch meine Füße trugen mich wie von selbst, als würde ich über den Boden schweben und meine Beinbewegungen nur zum Schein machen. Ich bog in eine Straße ein. Niemand hier. Die Stadt war wie ausgestorben, ich hörte nur den Wind zwischen den blauen Häusern pfeifen. Die ganze Angelegenheit wurde ein wenig gruselig. Wo war ich eigentlich? Was hatte diese Stadt im Meer zu suchen und wer hatte sie gebaut, wenn doch niemand da war? Unbegreiflich.
    Ich zog durch die Gassen und bestaunte die Umgebung, während ich mich langsam dem Turm näherte und bemerkte, dass ich mitten auf dem Marktplatz stand, von dem Straßen in alle Richtungen ausgingen. Auch hier: alles blau, niemand da! Der riesige Turm ragte vor mir in den Himmel, fast wie ein Wolkenkratzer, der gierig nach den Sternen griff. Die riesige Uhr zeigte 11:59 Uhr, der Sekundenzeiger hatte gerade die 6 hinter sich gelassen. Eine Uhr!? Die war doch vorher nicht dort gewesen! Vollkommen gebannt starrte ich nach oben, alles andere war plötzlich verschwunden. Jede noch so kleine Bewegung des Zeigers versetzte mich in totale Aufregung. Noch 10 Sekunden. Ich wartete gespannt darauf, was passieren würde. Noch 5 Sekunden. Mein Herz schlug höher, mein Körper wurde heiß wie ein Teekessel vor lauter Aufregung und ich drohte, überzukochen. Plötzlich spürte ich die Temperaturen unglaublich deutlich. Heiß und kalt wechselten sich in Sekundenschnelle ab. Der Zeiger erreichte die 12 und der große Minutenzeiger tat es ihm gleich.
    Die riesige, goldene Glocke begann zu läuten. Der Klang erfüllte den gesamten Himmel, Risse taten sich in den Wolken auf, aus denen, unerklärlicherweise, das Wasser in Strömen quillte. Es lief aus den Spalten und fiel einfach zu Boden. Dort, wo die Flüssigkeit die Wände und Dächer berührte, wechselte das Blau in alle möglichen Farben. Die Stadt erstrahlte in Gelb, Rot, Grün, Lila und noch vielen weiteren Farbtönen, die ich noch nicht einmal wirklich zuordnen konnte. Ich traute meinen Augen nicht.
    Während ich mich freute, etwas Derartiges zu erleben, wurde mir schlagartig anders zumute, denn die Erde begann zu beben. Was war hier los verdammt!? Angst kam in mir hoch, ich blickte um mich. Aus allen Fenstern und Türen drang Wasser und füllte die Straßen. Ich stand schon bis zu den Knöcheln im, mittlerweile, kühlen Nass. Erstaunt stellte ich fest, dass auch meine Beine, gleich der Stadt, in den unterschiedlichsten Farbtönen leuchteten. Ich schaute in Richtung des Turmes und erblickte das Grauen: eine riesige Welle und sie kam genau auf mich zu. Realität und Fantasie, ich vermochte sie nicht zu unterscheiden, verschwammen noch stärker und betäubten meinen gesunden Verstand. Hatte ich vielleicht Halluzinationen!?
    Ich drehte mich um und begann, mit geschlossenen Augen zu rennen. Bloß weg von hier! Ich fühlte keinen Luftwiderstand. Was war los!? Verflucht! Meine Füße schwebten tatsächlich leicht über dem Boden, ich bewegte mich nicht vorwärts, sondern rannte auf der Stelle. Die Welle kam immer näher und ich begriff, dass es vorbei war.
    Mich meinem Schicksal trotzdem noch nicht gestellt rannte ich immer weiter, das Wasser stieg höher und das Verderben brauchte nur noch 5 Meter, bis es mich verschlingen würde. Die Glocke läutete unaufhörlich weiter. Ich schrie, sah kurz nach hinten und fühlte, wie mich das kalte Nass mit dem nächsten Glockenton ergriff…


    Ich riss erschrocken meine Augen auf. Wo war ich!? Verdutzt schaute ich mich um. Was war passiert, wo war die Welle!? Aus der Ferne läutete die Kirchenglocke meiner Heimatstadt, links sah ich auf das weite Meer. Mein Shirt war vollkommen durchgeschwitzt. Mein Blick wanderte langsam zu meinen Beinen. Sie waren grün! Ich schüttelte schnell meinen Kopf und blickte erneut hin. Es war nur eine Einbildung gewesen, sie waren normal. Puh, Erleichterung machte sich breit.
    Ich lag am Fuße eines Baumes, auf meinem Schoß hatte ich einen Notizblock. Ich schaute ihn mir an. Eine Kurzgeschichte. „Die blaue Stadt“. Alles war wieder real. Fast schon schade; ich hätte sie gerne näher erkundet, diese Stadt.
    Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen als ich die Augen schloss und den Meeresgeruch einatmete.
    Träume sind die Brücken zu den fantastischsten Abenteuern, sagt man.“, flüsterte ich leise und wartete schon gespannt auf das nächste.
    [tab=3. Platz][subtab=Chess]
    Lieb‘ mich, wenn ich meine Augen schließe


    Nur leise, förmlich kaum hörbar, war das entfernte Rauschen des Flusses zu vernehmen. Umso leiser jedoch war der Wind, heute in Maske und wenig bis gar nicht zu spüren. Auch die Sonne hatte bereits die Bühne verlassen und war bereits hinter selbige gegangen. Es war der Mond, welcher die Nacht erhellte, obgleich auch nur ein wenig. Es war nicht einmal genug, um einige Meter weit zu sehen, doch spendete er dennoch genügend Licht, welches durch die riesigen Fenster des Raumes fiel, in dem er wartete.
    Raum als Bezeichnung war jedoch um einiges zu wenig. Gar Festhalle ließ sich sagen. Dort, wo ich mich zweifellos gerade befand, hätte ein Ball oder eben eine Feier riesigen Ausmaßes stattfinden können, wie nur der König sie zu veranstalten pflegte. Auch hier war es dunkel, doch erkannte ich doch einige wenige Schritte vor mir die Umrisse des Flügels, welchen ich spielen würde. Ich würde spielen und spielen … Und nie aufhören.
    Vielleicht war es ein Fluch, vielleicht aber auch bloße Einbildung. Fakt war jedoch, dass ich diesen Raum nicht eher verlassen würde, bis sie erscheinen würde. Und so stand ich dort. Minuten … Stunden … Ich achtete nicht mehr auf die Zeit, meine Augen waren starr auf die großen Flügel am anderen Ende der Halle fixiert, wobei ich doch nicht mal ihre Umrisse wirklich erkennen konnte. So waren es also nicht meine Augen, welche ich verwendete, sondern die Ohren. Ich hoffte lediglich darauf, das schwere Knarren der Türe zu hören, wenn diese aufflog. Ich hoffte, die leisen, anmutigen Schritte ihrerseits zu vernehmen. Und erst dann wollte ich mich auf meine Augen verlassen können … Wenn sie an diesem Flügel stehen sollte.
    Weiß war ihr Kleid, weiß ihr Schleier. Und ebenso weiß ihre Haut. Leicht schimmerten ihre tiefblauen Augen unter zweiterem hervor, während sie näher kam. Sie hatte die Nähe des Flügels bereits verlassen und stand nun nur einen oder zwei Schritte von mir entfernt. Vorsichtig schloss und öffnete ich meine Augen, bis ich realisierte, dass all dies gar keine Einbildung gewesen war – sie war wirklich gekommen!
    »Harmona «, brachte ich knapp hervor. Aus meiner Stimme ließ sich nicht auch nur im Entferntesten eine Gefühlslage heraushören, wobei sie mich argwöhnisch zu mustern schien.
    Ohne weitere Anzeichen auf ein Gespräch, oder zumindest etwas ähnliches, zu machen, setzte ich mich auf den Hocker zu meinen Füßen und legte meine Hände sachte auf die weiß schimmernden Tasten, welche von ihren schwarzen Artgenossen vervollständigt wurden. Es waren nicht mein Bewusstsein, dass mich dazu brachte, nun zu spielen. Es passierte einfach. Meine Hände glitten praktisch von allein über die Tasten des Flügels und ehe ich mich versah, fand ich mich inmitten dieses Stückes wieder, welches ich schon so lange für sie geprobt hatte – doch nie hatte ich es geschafft, es vollends zu spielen.
    Sie hingegen würdigte mich keines Blickes, sah mich nicht einmal aus dem Augenwinkel an. Und so spielte ich weiter, und weiter. Wieder verstrichen Minuten oder sogar Stunden und so war es letzten Endes ihre Hand, welche sich sanft auf die meine legte. Sie hatte sich vorgebeugt und mich somit abrupt vom Spielen abgehalten. Kurz vor der Stelle der Sonate, welche ich bisher noch nie sauber gemeistert hatte.
    »Es ist mir nicht von Bedeutung, wie du spielst. «
    Sie ergriff auch meine zweite Hand und harkte ihre Finger in die meinen. Daraufhin richtete sie sich langsam wieder auf, sodass ich gezwungen war, selbiges zu tun. Sie ließ meine Hände nun los und legte ihre Arme quälend langsam um meinen Hals, sodass sich ihre Finger hinter diesem wieder trafen. Unbewusst – aus reiner Intuition mochte man auch sagen – legte ich meine Hände an ihre Hüften und schon begann sie mit mir zu tanzen. Ich selbst war es nicht der tanzte, ich folgte lediglich ihren Bewegungen. Sie jedoch schien gar leidenschaftlich eine Abfolge von Schritten immer wieder zu wiederholen, bis auch ich verstanden hatte, was sie tanzte. Sie tanzte, was ich spielte. Ich hatte gespielt, was sie nun tanzte. Und so fügten sich beide Teile zusammen.
    Sie kam mir mit ihrem Kopf näher und näher. Ich nahm meine linke Hand von ihrer Hüfte und legte vorsichtig ihren Schleier beiseite. Ich hatte meine Hand noch nicht einmal wieder an ihre Hüfte gelegt, da hatten ihre Lippen die meinen bereits in Besitz genommen. Ich fühlte es, wie ihre ganze Liebe in mich überging, und so erwiderte ich ihre Geste. Für einen Moment lang wollte ich nicht loslassen. Das erfüllte Gefühl, das wohlige Kribbeln im Bauch … ich wollte all das für immer behalten. Doch sie war es die losließ. Oder?
    Nein, sie ließ nicht los. Es war etwas anderes, was mich in diesem Moment fallen ließ. Alles verschwamm vor meinen Augen und das letzte was ich sah, bevor ich endgültig schwarz sah, waren ihre tiefblauen Augen. Sie wirkte traurig, als wollte sie nicht, dass ich gehe. Und ich wollte nicht gehen. Ich liebte sie doch …


    Doch ich konnte es nicht ändern. Es war immer so. Jedes Mal …


    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]
    Gewinner des 10. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Pokédex-Eintrag
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Sterling]Eine Reise in das Herz der Apathie
    Das folgende Pokémon ist jedermann genauestens bekannt, da es sich allzeit und überall auffinden lässt, in Berg und Tal, bei Tag und Nacht; überall, wo es Wasser gibt, sind auch Vertreter dieser Familie zu entdecken. Einige betrachten es als Plage, andere bekennen sich als seine überzeugten Liebhaber. Viele, einander meist beißende Meinungen wurden darüber gebildet, jedoch ist eine neutrale Analyse vonnöten, um auf den Grund dieses scheinbar nicht sehr tiefen Tümpels zu gelangen.


    Sein schmaler, aquadynamischer Körper ist von einer Unzahl orangefarbener Schuppen bedeckt, die, je nach Erbgut des Pokémon, in extrem wenigen Fällen stattdessen kupfergolden verfärbt sein können. Es besitzt zwei Seiten- und eine Schwanzflosse von milchiger Farbe sowie gelbliche, gezackte Brust- und Rückenpaddel. Sein Maul, das zartrosafarbene Lippen trägt, ist oval geformt und meist weit geöffnet, um die willkürliche Aufnahme von Nahrung zu ermöglichen, die da aus Algen, Plankton und einer anspruchslosen Auswahl von beinahe allem anderen Essbaren, das im Wasser treibt, besteht. Die dünnen, umhertänzelnden Barteln, die beiderseits des Mundes hängen, dienen zur Vertretung des Tastsinns und sind bei Weibchen weiß, bei Männchen goldfarben. Das Gewicht beträgt durchschnittlich zehn Kilogramm und die Größe variiert zwischen 0,7 und 1,1 Metern.


    Der Bewegungsablauf des Mono-Wassertyps, der in sowohl gehendem als auch stehendem Gewässer heimisch ist, erfolgt durch das abwechselnde, schnelle Zusammenziehen der Seitenmuskeln mit angelegten Flossen, wodurch eine effektive, schlängelnde Fortbewegung ausgeführt wird. Währenddessen verwendet er die aufgefächerten Seitenflossen als Balance- und Steuerungsorgan. Im empörend ungerechten Gegensatz zu dieser funktionalen, wenn auch bei starker Strömung schnell versagenden, Dynamik steht die Tatsache, dass der Fisch oftmals aus einer beliebigen Laune heraus und ohne jeden Nutzen mehrere Meter in die Luft aufsteigt und sich wieder ins Wasser zurückplumpsen lässt. In hohem Alter soll sich diese Sprungkraft angeblich so ausweiten, dass es mit nur einem Sprung einen Berg überqueren kann, in Tat und Wahrheit hingegen beträgt die Distanz des bisher höchsten gemessenen Hüpfers bloß sieben Fuß. Dies stellt zwar den Ursprung der wirkungslosen und daher nicht gern gesehenen Attacke Platscher dar, wird jedoch auch von natürlichen Fressfeinden wie Tauboss oder Washakwil als perfekte Vorlage genutzt, um das jeweilige Opfer einfach aus der Luft zu picken und zu verspeisen.


    Die Attackenzahl, die es im Laufe seines Lebens erlernen kann, wenn man seine spätere Entwicklungsform ausklammert, ist dann auch mit den beiden zusätzlichen Angriffen Tackle und Dreschflegel relativ überschaubar. Neuesten Studien zufolge lässt sich einem sehr lernfähigen und erfahrenen Exemplar sogar die Attacke Sprungfeder beibringen, auch wenn es anschließend schwer sein wird, es zu deren Ausführung zu bewegen. Was sich daraus schließen und im praktischen Kampf, wofür es nun wirklich nicht geeignet ist, schnell beweisen lässt, sind seine mangelnde Scharfsinnigkeit und Stärke. Selbst im hitzigsten Gefecht wird es nur sorglos herumplatschen und demzufolge in wenigen Augenblicken besiegt werden. Deshalb müssen Vertreter dieser Art von anderen Lebewesen im Laufe ihres Lebens viel Spott und Häme ertragen, was zu der auffallend traurigen und gedrückten Stimmung führt, in der sich die oben genannten intelligenteren Fische durchgehend befinden. Doch die meisten von ihnen zeichnen sich durch einen ausgeprägt sorglosen, beschränkten und apathischen Charakter aus, der durch den eher klein geratenen Umfang ihres Gehirnes zu erklären ist.


    Subjektiv gesehen ist es schwach, erbärmlich und unzuverlässig – seine Vorfahren, die vor tausenden von Jahren die Erde bevölkerten, waren weitaus talentierter und besaßen in der Tat die Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen, doch davon ist heute nichts mehr zu erkennen. Viele Menschen bezeichnen es als das schlechteste Pokémon der Welt, obgleich es auch das Meistverbreitete ist.
    Sein Vermehrungsverhalten ist rabiat, findet man es doch mittlerweile in fast allen Gewässern jeglichen Teiles der Welt; dazu kann es durch sein enorm ausgeprägtes Immunsystem in jedem noch so toxisch verschmutzten See überleben. Seine Vorherrschaft ist unaufhaltsam.


    Das beobachtete Fortpflanzungsverhalten ist folglich simpel, aber wirksam gestaltet. Dabei begegnen sich zwei Pokémon beiderlei Geschlechts, betrachten einander während weniger Sekunden, ohne äußerliche Gefühlsregungen zu zeigen, und entscheiden sich daraufhin in fünfundneunzig Prozent aller Fälle zur Paarung. Auf ihrem weiteren Weg legt nun die Dame des zeitweiligen Gespanns stündlich ein Ei ab, welches nach nur wenigen Minuten schlüpft und ein voll ausgebildetes Pokémon entlässt. Die bemerkenswert kurze Dauer, die eine Larve zur Entwicklung benötigt, ist wichtig, um das Bestehen der schnelllebigen Art zu sichern.


    Ihr Fleisch ist ungenießbar, da es aus kaum etwas anderem als Knochen und Schuppen besteht. Einige wilde Vogelpokémon hegen dennoch, wie oben bereits erwähnt, eine irrationale, gleichsam plausible Vorliebe dafür, da sie mit ihren Schnäbeln als einzige Spezies dazu befähigt sind, die die verfestigte Haut der Wasserbewohner durchtrennen zu können. Die allgemeine Annahme aller Wissenschaftler lautet daher, dass ihr einziger Existenzzweck darin besteht, solchen Vögeln als Naturalien zu dienen. Doch dieser Schluss ist nicht nur deprimierend, sondern auch unzureichend und irregeführt.


    Denn trotz all dieser scheinbar überzeugenden Umstände ist es keinesfalls empfehlenswert, sich mit ihnen anzulegen. Es existieren Berichte von ahnungslosen Anglern, die in den weitläufigen, vielfältigen Jagdgründen, in denen sie hausen, ihr Leben ließen; Erzählungen über unschuldige Menschen, die vollkommen unerwartet und demnach chancenlos eines grausamen Todes starben. Denn das Folgende ist wohl das wertvollste, bestbekannte und meistgefürchtete Attribut des magischen Vertebraten, dessen Entfesslung, genau wie die sämtlicher anderer seiner Angewohnheiten, einzig der Zufall diktiert.


    Bei der Entwicklung verändern sich sein Aussehen, seine Form und sein Durchschlagevermögen. Sein Körper nimmt am Rücken einen aquamarinblauen, am Bauch einen ockerfarbenen Ton an und zieht sich derart in die Länge, dass er einer Schlange mehr als einem Fisch gleicht. Die typischen eckigen Flossen vermehren sich und werden ausschließlich weiß, wohingegen sich die Seitenpaddel vollends zurückbilden. Auf seiner Stirn bildet sich ein dreizackiger Kamm, der seine dazugewonnene einschüchternde Wirkung nur verstärkt. Seine Größe nimmt um das 6,5-fache zu und er gewinnt das 23-fache seines Gewichts, ebenso erlebt seine physische Kraft eine Steigung, die so rapide bisher bei keinem anderen Pokémon festgestellt wurde.
    Diese Ungeheuer, die übrigens den Zweittyp Flug erhalten, haben die Angewohnheit, alles dem Erdboden gleichzumachen, was sich in ihrem unmittelbaren Umkreis befindet. Der Grund dafür ist die strukturelle Mutation, die das Gehirn des Pokémon während des jähen Wachstums durchläuft und die darin große Aggression und Kopflosigkeit verursachende Hormone freisetzt.


    Daher wird dringend davon abgeraten, eine dieser Kreaturen einzufangen und sie womöglich sogar in die favorisierte Teamzusammenstellung einzusetzen, da sie den Menschen, der über zu niedrige Qualifikationen verfügt, nach dem Evolutionsprozess umgehend vernichtet und / oder vertilgt. Wenn eine von ihnen diesen Schritt, auch wenn ihn nur wenige erreichen, erst einmal getan hat, mausert sie sich schnell zum unumstrittenen Oberhaupt der jeweiligen Fauna.


    Dieser erstaunliche Verlauf der Metamorphose dient einer wohlbekannten Legende, die ratlose Eltern gern ihren einsamen Sprösslingen erzählen, um sie aufzumuntern, als Vorbild. Es ist die Geschichte des Kois, der es schaffte, alle anderen Fische zu überflügeln, gegen den Strom eines reißenden Flusses zu schwimmen und sich, während er erfolgreich den finalen Wasserfall bezwang, in einen Drachen zu verwandeln. Dieser Mythos steht symbolisch für den Mut und die Geduld, mit deren Hilfe man große, wenn nicht unbesiegbare Stärke erlangen kann. Der Verfasser ist unbekannt, doch die Überlegung liegt nahe, dass es sich dabei um einen antiken Angler gehandelt haben muss.


    Gerade wegen dieser Bedrohung, dieser unterschwelligen, hoffnungsspendenden Macht, die in den kleinen, unauffälligen Pokémon lauert, war ihre Beliebtheit, zumindest bei einem Teil der Bevölkerung, stets unumstritten. Kleine Kinder spielen mit ihnen an Flussufern, besonders hartgesottene Trainer bilden, entgegen aller gut gemeinten Ratschläge, ihr komplettes Team aus ihnen und Fischersleute tragen Wettbewerbe aus, welcher Mann das größte Exemplar an den Haken bekommt. Im Schifffahrtsmuseum von Seegrasulb City befindet sich sogar ein Unterseeboot unbekannten Ursprungs in der Länge von rund neun Metern, das ihrem Abbild nach wahrheitsgetreu kreiert wurde und unüberraschenderweise eine der Hauptattraktionen darstellt. Jeder noch so abgeneigte Sauertopf ist dazu in der Lage, etwas an ihnen zu finden, was auch er süß und knuddelig findet – die Auswahlmöglichkeiten sind schließlich unbegrenzt.


    Es ist die anbetungswürdige Geistesstumpfheit, verbunden mit dem unfassbaren Ausmaß an Potenzial, das in ihm steckt, welche die Menschen dazu zwingt, niemals vollends den Respekt vor dem orange geschuppten Mysterium zu verlieren und es allerorts in ihren Herzen zu tragen.
    [tab=2. Platz][subtab=Narime]Pokédex-Eintrag Nr. 04

    Pokédexeintrag


    „Dieses seltene Pokémon ist von einer spürbar magischen Aura umgeben. Trotz oder gerade wegen der fehlenden Beine bewegt es sich anmutig, während vor allem im Wasser (und Gerüchten zufolge auch in der Luft) seine Eleganz erst vollkommen zur Geltung kommt. Legenden, welche um es gesponnen werden, berichten von göttlichen Kräften und der Fahigkeit, das Wetter um sich herum zu beeinflussen.“


    Um mehr Infos zu erhalten, wählen Sie nun die Funktion "Details zur Art" oder direkt das entsprechende Themengebiet.


    Details zu Art



    Allgemeines: Das Pokémon ist ein Mysterium für sich. Sein natürlicher Lebensraum sind die Seen und Meere dieser Welt. Sein langer, aalglatter Körper windet sich durch diese Gewässer als wäre kein Widerstand vorhanden - tatsächlich wird dieser durch die dynamische Körperform und die azurblauen Hornschuppen so minimiert, dass er in empirischen Versuchen nicht mehr messbar ist. Ebenfalls aus stabilem Horn besteht die unter den Stirnschuppen verborgene Kopfplatte, der ein dolchartiges Horn entspringt, mit welchem es sich vorwiegend in physischen Auseinandersetzungen wehren kann. Woraus die dunkelblau schimmernden und gelegentlich aufleuchtenden Kugeln bestehen, die es am Körper trägt, ist bis dato ungeklärt. Die Zellen lassen sich keinem weltlichen Stoff zuordnen und werden deshalb als pokémoneigene Zellen in die Artenbeschreibung genommen. Auch über die flügelähnlichen Fortsätze am Hinterkopf weiß man nicht genau Bescheid - Legenden besagen jedoch, dass es damit durch die Lüfte wie durch die Wasser gleiten kann.“


    Verwandtschaft und Vorkommen: Das Wesen ist die erste Entwicklung eines Basis-Pokémons. Bestätigt sind laut eingehenden Forschungen zwei Entwicklungsstufen; die Basisstufe selbst war seit Jahrtausenden verschollen. Erst in den vergangenen Jahrzehnten konnte man eine relativ kleine, aber sich dennoch konstant fortpflanzende Population entdeckt werden. Die Gesamtpopulation des Habitats bestünde laut Forschungsstatistiken zu über sechzig Prozent aus Karpador; die verschollenen Arten der Basisstufe und der ersten Entwicklungsstufe bestehen in einem Verhältnis von 3:1 zu gesamten vierzig Prozent. Artenschützer fassen diese Prozentzahlen als alarmierend auf, berufen sich immer wieder auf die steigende Anzahl kurzlebiger Karpadors und sinkenden Anteil an den bedrohten Arten. Deren Lebensraum sei in den vergangenen Jahrhunderten seit der Besiedelung Johtos generell stark eingegrenzt worden - obwohl die scheuen Pokémon als verschollen galten, hatte man noch Überreste einer wenige Jahrhunderte alten Population am Silberberg gefunden und noch jüngere Funde am See des Zorns gemacht. Die Art soll sich laut Expertenaussagen aus dem ursprünglichen, bekannten Habitat zurückziehen, sobald sie zur zweiten Entwicklung schreitet.“


    Soziales Verhalten: Man sagt, dass an diesem Ort auch am ehesten eines dieser Pokémon gesichtet werden kann, wenn aus unerfindlichen Gründen (am wahrscheinlichsten zur Paarung oder um Beziehungen zu pflegen) an den Ort seiner Geburt zurückkehrt. Es ist auch wissenschaftlich bestätigt worden, dass dort die meisten Sichtungen gemeldet werden, sowohl bestätigt als auch unbestätigt. Als man über Jahre eine Expedition zur Erforschung der Verhaltensweisen im Habitat stationierte, wurden tatsächlich die meisten Sichtungen des Jahrhunderts verzeichnet und zudem die Erkenntnis gewonnen, dass diese Art eine sehr soziale Gattung ist. Sowohl Mutter als auch Vater kümmern sich um ihre Eier und Nachkommen (egal welche Entwicklungsstufe). Die Brutgebiete der zweiten Entwicklungsstufe mussten hingegen außerhalb der Höhle liegen, da die brütenden Pokémon überwiegend der Basisstufe angehörten; jene der erste Entwicklungsstufe brachten jedoch relativ zur Zahl mehr Nachkommen zur Welt und weitaus überlebensfähigere.“


    Besonderheiten: Ihre Seltenheit machen ganz besonders die Entwicklungen zu Legenden. Während mittlerweile jedes Kind einmal das Pokémon der Basisstufe gesehen hatte, blieben die Sichtungen der ersten Entwicklungsstufe im zweistelligen Bereich pro gezähltem Kalenderjahr. Man vermutet, dass von der zweiten Entwicklungsstufe beinahe gar keine wild lebenden Exemplare existieren - in den letzten fünf Jahren wurden keine zehn Sichtungen pro Jahr dokumentiert, während Gerüchte von hunderten erzählen. Das stützt unter anderem auch auf dem Legendencharakter dieser seltenen, aber doch existenten Pokémon. Der ersten Entwicklungsstufe werden konkret göttliche Kräfte zugeschrieben, sobald es mit seinen Kugeln zu leuchten beginnt; zu den Phänomenen, die es damit auslösen kann, gehören plötzliche Stürme, Niesel- bis Platzregen, ungeheure Hitze und Kälte. Viele halten es deshalb für einen Wettergott, der als Vertretung der richtigen Götter auf Erden lebt und für jede Region das gerade herrschende Wetter bestimmt - diese Vermutung kann aber getrost als Legende abgetan werden, da, wie schon erwähnt, die Art nur noch in wenigen Habitaten weltweit vorkommt und nicht weit verbreitet.“


    Gesellschaftlicher Status: Unter Trainern, Sammlern und besonders Koordinatoren ist diese Pokémon als elegantes, aber gleichzeitig immens starkes und seltenes Pokémon begehrt. Für Eier der Art werden teilweise bis zu hunderttausende Pokédollars gezahlt, je nachdem, aus welcher Züchtung es stammt. Meistens stammen die guten Züchtungen von diesem Pokémon der ersten Entwicklungsstufe ab, während Züchtungen der zweiten Entwicklungsstufe so gut wie gar nicht zu haben sind. Vor wenigen Jahren versteigerte Siegfried der Champ eines der Eier aus seiner Züchtung. Der Preis belief sich dabei auf 3.200.000 Pokédollar, obwohl die Abstammung „nur“ mit zwei Elternteilen der ersten Entwicklungsstufe datiert war. Andere Eier verschenkt der Champ nur an ausgewählte Personen, man vermutet, dass diese alle einen achtstelligen Wert besitzen. Die am meisten bei Trainern gesichtete Form ist die erste Entwicklungsstufe, während die Basisstufe oft in reicheren Haushalten als Hauspokémon gehalten wird, um die Kinder zu erfreuen und um dem Haus Glück zu bringen. Die zweite Entwicklungsstufe hingegen erreichen nur sehr wenige Exemplare, da in Trainerobhut dafür mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte Training erforderlich sind.“
    [tab=3. PLatz][subtab=Galahad]Pokédex-Eintrag Nr. 01
    Die Silph Company bedankt sich bei ihnen für die Nutzung eines Pokédex 6.0-Systems und hofft, dass der folgende Eintrag mit dem von ihnen gesuchten Subjekt übereinstimmt:


    Beim genauen Betrachten von Einalls Höhlen fällt einem auf, dass diese zum Teil von Menschen, aber auch von Rotomurf und diesem Vertreter der Käferpokémon ausgehoben wurden und noch heute vielseitig genutzt werden. Dieses Pokémon zeichnet sich durch eine strenge Disziplin aus, die es in strikter Schwarmintelligenz ausführt und seiner festgelegten Rolle den persönlich zugeteilten Pflichten protestlos nachkommt. So werden einige Exemplare zum Graben und zum weiteren Ausbau von Tunneln genutzt, während andere sich um Brut und Aufzucht der Jungtiere kümmern, die größte Gruppe aber mit der Abwehr von Feinden beschäftigt ist. Meistens tritt dieser Feind in Form eines Furnifraß auf, dessen gesamte Körpervorrichtungen seit jeher an den Verzehr dieser Spezies angepasst ist:
    Durch seine lange, glühende Zunge gelingt es ihm, die eiserne Epidermis, die die käfertypische Caticula bildet, zu schmelzen um schließlich an seine natürliche Nahrung zu gelangen: das weiche Insektenfleisch.
    Da es sich nur in wenigen Fällen gegen ein hungriges Furnifraß behaupten kann, werden Angriffe allein in der Gruppe durchgeführt, um eine Überlegenheit gegenüber ihrem natürlichsten Feind zu gewährleisten. Die Kommunikation in der Gruppe erfolgt weniger durch den eindringlichen metallischen Schrei, der meist als Kampfansage verwendet wird, sondern meist durch die Verwendung bestimmter Bewegungen, teilweiße sogar der Attacke „Zwango“, um die Gruppe vor Gefahr zu warnen, oder über Geschehnisse zu informieren. Weitere Techniken, die es jedoch zur Verteidigung einsetzt, erfolgen meist durch Einsatz der wichtigsten Waffen, die ihm zu Verfügung stehen: den Klauen und den eisernen Fangzähnen, die seitlich den Mund abgrenzen.
    Wegen einer geradezu lächerlichen Größe und dem Glauben, dieses Pokémon sei auf seine Gruppe angewiesen, wagen es nur wenige Trainer, dieses Pokémon einzufangen und hoffnungsvoll zu trainieren, doch es lohnt sich: auch ohne seinen Höhlenstaat ist das Stahlpokémon fähig, sich in Kämpfen durchzusetzen, wobei es besonders durch seine verblüffende, dem Eisenpanzer trotzende Geschwindigkeit und seine ebenfalls ungewöhnliche Kraft heraussticht und nicht zuletzt auch der von der Beschaffenheit seiner Haut profitiert, da sie eine feste Verteidigung bildet, die es zu einem gefährlichen Widersacher. Auch sein Erscheinungsbild mit den riesigen Fangzähnen, die ständig in Bewegung sind, und roten Augen, deren Kontrast zu der grau-silbernen Rüstung nicht selten den beabsichtigten Abschreckungs-Effekt bei Trainern erzielt.
    Doch es gibt noch deutliche Schwächen, die es dem Insekt schwer machen: So zeigt Feuer jeglicher Art eine verheerende Wirkung auf es, da es den Panzer schmilzt und das zarte Fleisch verbrennt. In Kombination mit der fatal schlechten Abwehr von Fernangriffen ist es für die meisten Feuerpokémon ein leichtes Unterfangen, den Höhlenbewohner auszuschalten. Noch dazu wurde ihm nur ein geringes Durchhaltevermögen geschenkt, und es ist – sofern richtig angegriffen – nach nur wenigen speziellen Treffern kampfunfähig. Um diese Probleme etwas auszugleichen, beherrschen die meisten dieser Art die Attacke „Schaufler“, mit der sie schnell vor nahenden Angriffen, derer sie sich sonst nicht entwehren können, fliehen und ihre Achillesferse, die Unterlegenheit gegenüber Feuer, leichter überbrücken können. Ein weiteres Problem ist die häufig vertretene Charakteristik, die verursacht, dass das Käfer-Stahlpokémon in einer skurrilen Übrtreibung seiner Bemühungen die Effizienz vernachlässigt, und so mehr Angriffe seinerseits aus mangelnder Konzentration daneben gehen. Die andere Fähigkeit, die es in freier Natur besitzt, stärkt die eigenen Angriffe des Käfer-Typs sobald das Pokémon kurz vor der Ohnmacht steht.
    Trotz dem bedrohlichen Aussehen sowie den geradezu höllischen Kampfwerkzeugen ernährt es sich nur von Blättern, die es sorgfältig in Kugeln wickelt um sie auf kurze Dauer im Nest zu lagern.[/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]
    Gewinner des 11. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Prolog
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Cáithlyn]Crossing the Battlefield
    Das tosende, schwarze Himmelsmeer erstreckte sich so weit das Auge reichte. Rote Schlangen aus reiner Energie zuckten daraus hervor und schnappten nach den wogenden, grünen Dornenranken, die überall aus dem Boden sprossen und ihrerseits in den Himmel wuchsen, bereit sich der Übermacht zu stellen.
    Die zwei Kavallerie trafen sich in der Mitte, die Schlacht versank in ohrenbetäubenden Explosionen und dunklem Qualm. Der Geruch von verbrannten Pflanzen und Staub wurde von den heftigen Böen in alle Richtungen getrieben.


    „Yve!“, rief er gegen den Lärm an. Hektisch drehte sich der Braunhaarige um. Für jetzt würden sie hinter dieser kleinen Ruine Zuflucht finden. Aber sie konnten nicht stehen bleiben. Sie mussten weiter, tiefer in den Kampf hinein.
    Ihre vor Schreck geweiteten Augen, die von den Tränen schon rot leuchteten, hafteten sich auf die verbrannten Ranken hinter der halb zerstörten Mauer, bei der sie Zuflucht gesucht haben. Nur ein paar Schritte weiter und sie-
    „Yve!“ Seine Stimme schreckte Yvonne wieder aus ihren Gedanken zurück in die Realität. Panisch vor Angst wich sie zurück vor ihrem Freund, der sie sofort an der Hand packte und wieder in Deckung zog. Wenige Meter neben ihnen schlug der nächste, scharlachrote Blitz in den Boden ein und erfüllte die Luft mit einem ohrenbetäubenden Lärm. Yvonne schrie auf und versteckte ihren Kopf in dem verdreckten Schoß. Xavier wusste, dass sie das nicht länger aushalten würde. Er hatte ihr seine Jacke gegeben, um ihren Oberkörper zumindest ein bisschen vor den umherfliegenden Steinen zu schützen, aber sie hing bereits in Fetzen von ihr herunter. Ihre schwarzen Stümpfe waren voller Löcher und aus kleinen Schnitten quoll dunkles Blut heraus, das sich mit dem Stoff in einer dreckige, braune Farbe vermischte. Der Wind peitschte das Gras gegen ihre geschundenen Beine und verletzte sie immer noch mehr.
    Es waren allerdings nicht die physischen Schmerzen, die ihr zusetzten. Je näher sie kamen, desto näher gerieten die beiden in den Bann der Gottheiten.
    Xerneas bloße Anwesenheit wirkt sich in unglaublichem Tempo auf Yvonne aus. Schon seit sie die scheinbar endlose Wiese betreten hatten, auf denen nur noch Gebäuderuinen an ein Leben aus ferner Vergangenheit erinnerten, wirkte sie merkwürdig angespannt. Jetzt wurde ihm auch klar, warum. Der göttliche Hirsch verwirrte ihr Herz. Er übertrug alle Empfindungen, die er zu jeder Zeit spüren konnte, in das Mädchen neben ihm.
    Yvonne konnte mit all den Emotionen nicht umgehen. Sie spürte Schmerz und Wut, Freude und Entsetzen, das alles zur gleichen Zeit. Doch gerade jetzt überwog die schiere Angst. Weil der Himmel sich verdüstert und der Sturm losgebrochen war, den die Alten einst prophezeiten, versank ganz Kalos im Chaos.
    Und sie waren die Einzigen, die den Krieg aufhalten konnten.


    „Xavier!“, schluchzte sie und hob endlich ihren Kopf. Dicke Tränen quollen aus ihren Augen. „Ich will nicht mehr!“
    „Yve, wir müssen weiter“, raunte er ihr mit einem hektischen Blick hinter ihre Deckung zu. Die Blitze kamen immer näher. Wenn sie sich nicht bald weiterbewegten, dann würde die reine Energie sie in nicht mehr als ein Häufchen Asche verwandeln. Xavier verzog das Gesicht in Schmerzen, ergriff aber Yvonnes zitternde Hand, die laut weinend protestierte.
    Er konnte es ihr nicht verübeln, denn auch er hatte mit der Macht der Legendären zu kämpfen. Yveltal übertrug alle Gedanken, die er von den Lebewesen empfing, nun in ihn. In Xaviers Kopf vermischten sich schrille und laute Stimmen zu einer großen Masse, von der er nichts mehr verstehen konnte. Seine eigenen Gedanken gingen vollkommen unter, stechende Kopfschmerzen stellten sich ein und als seine Sicht beim Gehen verschwamm, musste er sich an Yvonne lehnen, die für einen kurzen Moment mehr von ihrer Sorge um ihn überwältigt war als von den tausenden Emotionen, die ihr Herz in Stücke riss.
    „Du blutest!“, rief sie gegen den Sturm an.
    Xavier griff sich an die feuchte Stelle an seiner Stirn. Blut quoll aus der Platzwunde heraus, die entstanden war, als er Yvonne vor einem größeren Stein beschützt hatte. Sie blickte ihn aus großen, geröteten Augen an, aber er biss sich nur auf die Lippe und zwang sich zu einem gequälten Grinsen. Sie waren beide stark in Mitleidenschaft gezogen, aber das war nichts, was sie jetzt noch ändern konnten. Sie mussten damit klar kommen.


    „Komm!“, forderte er sie auf, nachdem ein besonders schriller Schrei ihm kurz das Bewusstsein geraubt hatte. Es würde nur noch schlimmer werden, je länger sie warteten.
    „Sie verlassen sich auf uns!“
    Yvonne starrte ihn kurz an, dann legte sie seinen Arm um ihre Schulter.
    „Ich weiß, wie sehr es weh tut. Ich helfe dir“, bot sie ihm milde lächelnd an. Gerade jetzt überwogen die Gefühle der Sorge um die Liebsten überall im Chaos. Das gab ihr die Stärke, durchzuhalten. Xavier stützte ein wenig seiner Gewichts auf sie ab, hielt ihr zitternde Hand fest in seiner. Gemeinsam bewegten sie sich fort, dorthin, wo das Tosen des Sturms, die Explosionen und der Gestank von verbranntem Gras immer intensiver wurden. Dort würden sie die Gottheiten finden, und dort würde die letzte Schlacht über das Schicksal von Kalos entscheiden.


    Und sie würden nicht eher aufgeben, bis der Staub des Schlachtfeldes ich legte.
    [tab=1². Platz][subtab=Panfern28]Yggdrasil
    Der Baum des Lebens streift seine Blätter ab. Die Rinde zerfällt, die Blüten welken. Darnieder liegt die Saat. Das Alte wird dem Neuen weichen.
    Der Baum, welcher jedes Jahr aufs Neue erblüht. Blüten sprießt und Früchte trägt.
    Xerneas und Yvetal. Erneuerung und Vergänglichkeit. Der Hirsch steht auf schwarzen Stelzen. Pflanzen sprießen ringsum empor. Sein buntes Geweih ist voll von Wissen. Die Krone des Baumes. Krone des Wissens.
    Der blinde Adler sitzt im Nest. Hoch erhoben in der Krone, welche zum Himmel sich erstreckt. Damit Neues entstehen kann, muss das Alte vergehen.
    Yggdrasil, der Weltenbaum. Symbol des Lebens. Symbol der Unvergänglichkeit. Doch kann etwas ewig unvergänglich sein?
    In der Ferne sieht man Rauch. Ein Dröhnen ist zu hören. Flammen huschen durch den Wald. Die Bäume brennen lichterloh. Das Feuer lechzt dem Himmel entgegen. Infernos schießen durchs Gebüsch.
    Der blinde Adler schlägt die Augen auf. Nach vielen Jahren ist er aufgewacht. Yvetal streckt seine Flügel. Schnell schießt er zum Himmel empor.
    Xerneas streckt ihren Kopf. Hoch erhebt sie ihr Geweih. Sie, die geheimes Wissen kennt. Sie, die den Vergessenen Namen nennt. Auf, das sie ewig in unserer Erinnerung bestehen bleiben mögen. Bis sie zurückkehren, in neuer Gestalt.
    Fünf schwarze Punkte sind am Himmel zu sehen. Sie schießen Feuer und sie kommen näher. Der Wald verbrennt unter ihnen. Das Dröhnen übertönt die Schreie der wilden Pokemon. Die Flugzeuge aus blankem Stahl werden von Menschenhand geflogen. Ihre Gier nach Wissen, Macht und Unsterblichkeit lässt sie grausame Dinge tun.
    Xerneas rennt durch das Flammenmeer. Die Flieger haben sie erreicht. Das Feuer schießt bereits vor ihr her. Die Flammen wollen nach ihr greifen. Doch sie erreichen nicht ihr Antlitz.
    Yvetal fliegt Richtung Horizont. Der Rauch ist dicht. Doch die Orientierung kann er ihm nicht nehmen. Yvetal hat nie gesehen. Kräftige Flügelschläge verwischen den Rauch. Die Flammen reichen nicht zu ihm empor. Alle Wesen hören ihn. Alles was lebt, folgt nun ihm.
    Im Cockpit des vordersten Fliegers sitzt ein schlanker Mann. Mit schwarzen Haaren und frisch rasiert. Er giert nach Wissen und Macht. Ein Grinsen huscht über sein Gesicht.
    Vor ihm fliegt Yvetal. Er schießt einen Feuerball auf den Adler ab. Yvetal weicht zur Seite aus. Doch der Feuerball ist schon zu nah. Er gerät in Panik, spürt die Hitze, ein schriller Schrei entfährt seiner Kehle.
    „Dich habe ich nun“, sagt der Mann.
    Xerneas springt über einen verbrannten Baum. Schnell rennt sie durch das Flammenmeer. Vorbei an der Asche der Vergänglichkeit. Ein Feuerball schlägt in der Nähe ein. Die Hitze brennt ihr im Gesicht. Xerneas stoppt abrupt. Feuer schlägt vor ihr her. Um sie herum eine Flammenwand.
    Doch Xerneas kennt das Wissen über eine dritte Macht, die tief unter den Wurzeln wacht. Schützen wird sie ihr Wissen, mit all ihrer Macht.
    Sie streckt den Kopf zum Himmel empor. Flammen kriechen an ihr hinauf.
    Xerneas schließt die Augen und versucht zu ignorieren den brennenden Schmerz. Laut erklingen ihre Schreie. Auf dass das dritte Wesen ihr Klagen erhört.
    [tab=3.Platz][subtab=Buxi]Unser Leben gleicht der Reise eines Wanderers in der Nacht
    Der Wind wehte schwach über die Ebene vor dem Lager. Die Gräser waren vertrocknet und braun, unerträglich heiss brannte die Junisonne auf das Land nieder und tauchte es in ein rostrotes Licht. Einige Senkungen und Hügel unterbrachen die Ebene, ein paar Steinhaufen zeugten von der Zivilisation, die in längst vergangenen Tagen hier herrschte. Der nahe Fluss rauschte leise, das dreckige Wasser trennte die Soldaten von der anderen, sicheren Seite. Wie sehr wünschten sie sich, das Gewässer hinter sich zu lassen, in ihre Heimat zurückzukehren. Doch Spaniens Sommer war unerbittlich und gnadenlos.


    Drei Männer sassen um ein Lagerfeuer, die blaue Uniform der imperialen Hundertschweizer vom Staub grau gefärbt. Das Feuer liess zur Abendstunde unheimliche Schatten tanzen. Der eine Mann, von grosser und kräftiger Statur, reinigte den Lauf seiner Muskete. Schwermütig schweifte sein Blick über das Grasland. Noch konnte er nichts erkennen, was auf den Feind hingedeutet hätte. Doch tief im Inneren wusste er, dass er da war. Hinter der nächsten Hügelkuppe hielt er sich versteckt. Beklommen blickte der Mann zu seinem Nachbarn. Den dreieckigen Hut gegen das Knie gelehnt, erfüllte er die stickige Luft mit dem melancholischen, blechernen Klang seiner verbeulten Mundharmonika. „Die ist schon acht Jahre alt“, sagte er. „23 Gefechte und Scharmützel hat sie überlebt, vier grosse Schlachten hat sie durchgehalten. Die englischen Rotröcke konnten ihr nichts anhaben, ha! Meine Mutter hat sie mir zum Dienstbeginn geschenkt.“ Der dritte Mann blickte auf. Er hatte vorher die ganze Zeit ins Feuer gestarrt. „Tatsächlich?“, bemerkte er. „Ja“, bestätigte der andere. „Acht Jahre diene ich nun unter dem Leutnant Chétiftige. Acht lange Jahre voller Terror und Schrecken und Tod. Es war grausam, besonders als wir zu…“
    Der Grosse schlug ihm mit seiner Muskete auf den Fuss. „Ruhe, ich will’s gar nicht wissen!“ Der Musiker lachte trocken: „Hehe, unser Richard macht schon schlapp. Will heim zu Mami, heulen gehen. Als wir noch zu Prenstjak standen, das hättest du erleben sollen! Und du willst noch den ganzen Sommer bei den Spaniern überleben? Die englischen Königskriecher sind uns dicht auf den Fersen!“ Richard blickte ihn wütend an: „Du sprichst doch die ganze Zeit von deiner Mami, du Muttersöhnchen!“ Der Dritte fasste sich an den Kopf. Finster blickten seine braunen Augen ins Feuer, sein Finger spielte mit seinen blonden Haaren. „Nichts für ungut, Jungs, aber ich glaube nicht, das ihr beide je eure Mami wiederseht. Die Roten, die uns verfolgen, sind taff und brutal. Ich bin ihnen schon einmal davongekommen… Als einziger meiner Kompanie.“
    Richard schluckte. Etwas geistesabwesend hörte er den Musiker weiter über die Unzulänglichkeiten und die Feigheit der Engländer wettern. Er legte seine Muskete beiseite und nahm einen Maisfladen. Er hätte nie damit gerechnet, dass es zu einer wirklichen Schlacht kommt. „Willst du ‘was, Fredy?“ Die eine Hälfte des Fladens baumelte vor dem Gesicht des Blonden. „Danke nein, die sind trocken wie drei Jahre alte Kuhkacke. Da ess‘ ich lieber noch die Suppe von Smandt.“ Richard steckte sich ein grosses Stück in den Mund. Kauend bemerkte er, wie langsam der Feuerball Sonne hinter den Grashalmen verschwand und die Ebene der Nacht überliess. Noch war es nicht ganz dunkel. Einige Zikaden zirpten ihr letztes Lied. „Heute greifen sie wohl nicht mehr an“, sagte der Musiker. Seine Mundharmonika hatte er in seine Brusttasche gesteckt. „Bei Nacht getrauen die sich nicht, sind halt Feiglinge!“
    Diese Bemerkung war Richard zu viel. Laut rief er: „Aber Primus, unterschätze die Engländer nicht! Die sind gut ausgebildete Berufssoldaten, und wir nur ein paar Reisläufer aus dem Uri!“
    „Na und?“, sagte Primus, „das kratzt mich doch nicht. Ich mach‘ die Hunde fertig, bis sie im Staub vor mir kriechen und meine Stiefel sauberlecken! Sag mal, Richard, wieso bist du überhaupt zu den imperialen Hundertschweizern, wenn du schon beim kleinsten Anzeichen auf eine Schlacht deinen Schwanz einziehst?“
    „Meine Familie braucht das Geld. Wenn ich einen Sommer lang bei den Hundertschweizern diene, dann können meine Eltern, meine zwölf Geschwister, die Geschwister meiner Eltern und meine Grosseltern ein Jahr lang davon leben“, antwortete Richard angespannt.
    „Hehe, und du willst noch den ganzen Sommer hier aushalten? Hehe, das wird aber ein Abenteuer, eine richtige Probe! Ich habe das Gefühl, du bist hier falsch, Richard, geh‘ heim, Schuhe putzen, würd‘ besser zu ihm passen, nicht, Fredy?“
    Fredy atmete tief durch und schüttelte genervt den Kopf. Er blieb aber stumm. Unruhig blickte er umher. Seine Intuition hatte ihm schon einige Male das Leben gerettet. Schleichend kam in ihm das Gefühl auf, das er seine Muskete packen und einfach durch den Fluss schwimmen sollte. Nie mehr würde er kämpfen, Vorgesetzte und Kameraden fallen sehen und pulverrauchgeschwängerte Luft einatmen. Nie mehr würde er das Wiehern der Artilleriepferde hören, wenn sie von einer Kartätsche in Stücke gerissen wurden. Er wollte nach Hause. Nach sechzehn Jahren wollte er nach Hause.


    Im letzten Licht der untergegangenen Sonne konnte man eine Silhouette auf einem weit entfernten Hügel erkennen. Eine Flagge. Bald war es nicht nur eine Silhouette, sondern tausende. Tausende britische Rotröcke. Ein Schrei erscholl über die Ebene, die erste Salve krachte. Nach sechzehn Jahren war Fredy am Ende angelangt. Noch mit der Muskete in der Hand fiel er.



    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information]
    [subtab=Allgemein]
    Gewinner des 12. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Epilog
    Informationstopic
    Votetopic


    [tab=1. Platz]
    [subtab=Cáithlyn]
    Der Flussgeist


    Es war Sommer.
    Der Wald vibrierte vor lauter Leben, Zikaden und Vögel sangen die Melodie des Lebens, begleitet vom sanften Plätschern eines Baches. Wind rauschte durch das Gras und die Blätter der Bäume, zog spielerisch an ihnen und brachte sie zum Tänzeln. Durchs Unterholz schlichen sich kleine Tiere, die neugierig den Duft der bunten Jahreszeit einatmeten.
    Unter dem dichten Blätterdach war man vor der sengenden Hitze geschützt, die die Luft über dem Asphalt verschwimmen ließ. Durch die leichte Brise war es angenehm und der Duft von wilden Blumen zauberte ihr ein Lächeln aufs Gesicht.
    Sie war noch etwas von ihrem Treffpunkt entfernt, aber schon jetzt konnte sie das Rauschen des Flusses hören.
    Das Mädchen mit den braunen Haaren musste etwas lachen. Ganz leise nur, um die Tiere nicht zu verscheuchen, die sie aus dem Gebüsch heraus beobachteten. Ihr Herz klopfte bei der Vorstellung ihn endlich wieder zu sehen. Sie schloss die Augen und rief sich sein Bild noch einmal in den Kopf.
    Schwarze Haare, die sein helles Gesicht umranden. Augen wie leuchtende Jadeperlen in einem Gesicht das so sanft erschien. Und das Lächeln, das er ihr geschenkt hatte…
    Ein Schauer fuhr ihr über den Rücken. Ob sie es heute wieder sehen würde?


    Das Mädchen bemerkte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg, als sie sich noch einmal vorstellte, wie seine Lippen ihren Namen formten. Den Namen, den sie nur wegen ihm noch wusste. Ohne diesen merkwürdigen Jungen, der ihr im Zauberland zu Hilfe geeilt war…


    Erneut fuhr ihr ein Schauer über den Rücken, diesmal aber, weil die Vorstellung einfach grausig war. Dank ihm war es nie dazu gekommen.
    Sicherlich war ihre Zeit im Zauberland nie wirklich einfach gewesen, jedoch… Sie vermisste es dennoch. Sie vermisste Lin und Kamaji, Bou und selbst die mürrische Yubaba. Sie wollte Zeniba und das Ohngesicht besuchen, wollte wieder im Badehaus arbeiten…
    Und sie wollte ihn wieder sehen. Von Angesicht zu Angesicht.


    Das Mädchen blieb am Rand eines Hanges stehen. Einzelne Bäume klammerten sich mit ihren Wurzeln in die schräge Erde. Leichtfüßig glitt sie von einem der Stämme zum anderen, ganz vorsichtig, damit sie nicht fiel. Das Rauschen des Flusses kam immer näher und mit ihm stieg auch ihr Puls in drastische Höhen an.
    Gleich.
    Sie würde ihn wiedersehen. Endlich.


    Und da rutschte die Erde unter ihren Füßen weg und sie verlor das Gleichgewicht. Wild mit den Armen wedelnd kippte die Braunhaarige vorneüber und purzelte die Böschung herunter. Dreck und Blätter blieben in ihren Haaren hängen und färbten ihr Shirt braun und grün. Sie blieb erst auf einem kleinen Stück gerader Erde vor dem Fluss liegen, als der Schwung endlich nachließ. Kopfüberlag sie für eine Weile im Wald und rührte sich nicht.
    Im Kopf des Mädchens drehte sich alles und die Kratzer auf ihrer Haut brannten jetzt schon. Etwas murrend kämpfte sie sich zurück in eine einigermaßen aufrechte Sitzposition und richtete ihre Kleidung. Wundervoll. Sie sah aus, als hätte man sie vor drei Tagen im Wald ausgesetzt. So konnte sie sich ihm unmöglich zeigen! Er würde sich wieder Sorgen machen und ihr einen Vortrag halten, dass sie vorsichtiger sein solle.


    Das Mädchen pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und stellte sich vorsichtig hin, als der Schwindel endlich etwas nachließ. Es war sicherlich noch etwas Zeit, um sich zumindest den gröbsten Schmutz herauszuwaschen. Er war immer überpünktlich, das gehörte wohl zum Beruf, aber diesmal war die Braunhaarige etwas früher losgegangen, für den Fall der Fälle. Und natürlich, wie sie ihr Glück ja kannte, war dieser auch eingetroffen.
    Sie setzte sich an den Rand des etwa zwei Meter breiten Flusses. Er war nicht wirklich tief, sodass man den steinigen Boden durch das klare Wasser sehen konnte. Kleine Fische schwammen schnell außerhalb der Reichweite des Schattens, den ihr Körper warf.
    Ihr Gesicht war nahezu unbeschadet geblieben. Sie brauchte sich nur den Pony ein wenig zu richten, die Flecken würden ihm nicht auffallen. Als sie ein trockenes Kratzen in ihrer Kehle bemerkte, tauchte sie ihre Hände ins Wasser und schöpfte etwas davon ab. Sie wollte es gerade an ihren Mund heben, da sah sie in der Reflektion des Flusses einen Jungen.
    Sein schwarzes Haar umrandete ein feines, helles Gesicht und die jadefarbenen Augen glitzerten. Er lächelte sie über die Reflektion an.
    Überrascht hob das Mädchen den Kopf, doch da stand niemand hinter ihr. Alles was sie sah war die saftige Wiese, Bäume und grünes Buschwerk. Und die Böschung des Todes, von der ihre Welt sich noch immer ein wenig drehte.


    Natürlich sah sie dort nichts. Weil er ja nicht richtig da war.
    Sie schluckte den bitteren Kloß in ihrem Hals herunter und wandte sich wieder dem Fluss zu. Sein Gesicht war immer noch da und lächelte sie an. Ein sanftes, freundliches Lächeln.
    „Hallo Haku“, hauchte sie etwas überwältigt. Sie trafen sich hier jetzt schon seit vier Jahren und trotzdem… Es war immer wieder wundervoll, ihn diese eine Woche im Sommer sehen zu können. Und dennoch war da dieses Ziehen in ihrer Brust. Ein schreckliches Gefühl, das ihr das Atmen schwer machte.
    „Hallo Chihiro.“
    Seine sanfte Stimme hallte in ihrem Kopf nach. Er konnte mit ihr sprechen, weil sie Kontakt zu einem Gewässer hatte, das direkt mit seinem Fluss in Verbindung stand. Es bereitete ihm Mühe, hatte der Flussgeist ihr einmal gesagt, weil es nicht direkt sein Wasser war. Aber es war machbar.


    Sie schwiegen sich eine Weile an und musterten einander stumm. Er hatte sich kein bisschen verändert. Haku sah noch immer genauso aus wie vor vier Jahren.
    „Du bist gewachsen“, stellte er irgendwann fest. Chihiro lächelte etwas hilflos.
    „Du nicht.“
    „Nun, das ist der Nachteil daran, ein Flussgeist zu sein“, gab er lachend zu. Und da war das Eis dann endlich gebrochen.


    „Wie geht es denn Lin?“
    Chihiro hatte sich die Schuhe ausgezogen und ging nun im kühlen Wasser des Flusses auf und ab, den Blick auf die Reflektion gerichtet, in der Haku neben ihr herging.
    „Sie arbeitet hart“, antwortete er etwas ausweichend.
    „Sie beleidigt also noch immer Kunden hinter ihrem Rücken?“, grinste das Mädchen und trat Wasser in die Höhe. Er antwortete nicht, aber sie wusste, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. So war Lin eben. Und ganz verübeln konnte Chihiro es ihr nicht. Die Geister konnten ganz schön anstrengende Kunden sein.
    „Und was ist mit Zeniba? Und dem Ohngesicht?“
    Haku schaute etwas überrascht zu ihr hinauf, lächelte aber dann.
    „Es geht ihnen gut. Das Ohngesicht ist ihr eine gute Hilfe, soweit ich weiß.“
    „Bekommen sie und Yubaba sich immer noch so häufig in die Haare?“, harkte Chihiro weiter.
    „Nun…“, gab er von sich und schaute zur Seite.
    „Das nehme ich als ja!“
    „Sie versuchen, einander aus dem Weg zu gehen, aber manchmal funktioniert es einfach nicht. Zumal Bou seine Tante oft besuchen möchte.“
    Alleine der Gedanke an die Zwillingsschwestern, die sich wild keifend bekriegten, war einfach zu amüsant. Sie hielt sich den Bauch vor Lachen. Wie gerne wäre sie dabei. Wie gerne…
    „Du weißt, dass das nicht geht.“
    Haku sah sie ernst aus der Reflektion an. In seinen Augen konnte Chihiro sehen, dass es ihm ernst war. Und obwohl sie diese Diskussion nun schon dutzende Mal geführt hatten…


    „Warum nicht?“
    Die Worte rutschten ihr einfach heraus und in ihnen lag eine gewisse Wut. Haku zuckte etwas unter ihrem ärgerlichen Blick zurück. Sie hätte sich am liebsten dafür geschlagen. Sie wusste ja ganz genau, wie das enden würde. Nämlich in gar nichts. Irgendwann würde sich die Debatte nur noch im Kreis drehen.
    Verdammt noch mal! Warum verstand er denn nicht, dass sie ihn einfach… dass sie ihn einfach wieder in die Arme schließen wollte. War das denn zu viel verlangt?
    Vielleicht wäre es besser, nicht mehr hierher zu kommen.
    Es tat zu sehr weh.


    „Bitte nicht, Chihiro“, flüsterte er kaum hörbar direkt in ihren Kopf hinein. Sie blickte müde in seine Augen.
    „Ich möchte nicht, dass wir uns nicht mehr sehen.“
    „Ich kann nicht mehr, Haku!“, fuhr sie ihn etwas gereizt an. „Das ist nicht so einfach, weißt du? Ich hab mich hier niemals wieder gut gefühlt. Diese Welt hier ist nicht mehr mein zu Hause. Ich will bei euch sein! Ich will…“ Sie wollte bei ihm sein.


    Sie hatten so viel Zeit miteinander verbracht. Waren einander so nah gewesen.
    Wie konnte er da nur so… So kalt sein? So gefühlslos? Als würde sie gar nichts miteinander verbinden. War es doch so dumm von ihr gewesen? Zuzulassen, dass sie ihr Herz an jemanden verlor, den sie niemals haben könnte?
    Sie biss sich auf die Lippe und dicke Tränen quollen ihre Wange herunter.


    Da wurde sein Blick wieder etwas weicher. Fast schon flehentlich sprach er ihren Namen.
    „Schau mich an“, bat er sie eindringlich.
    Sie wollte ihm nicht gehorchen. Aber sie konnte einfach nicht anders.
    Seine Jadeaugen musterten sie sanft, als er die Worte mit seinen Lippen formte, die für immer in ihrem Kopf nachklangen.


    „Ich liebe dich auch, Chihiro.“


    Es war Sommer. Vier Jahre, nachdem sie aus dem Zauberland zurückgekehrt war. Und endlich war sie wieder einmal glücklich.
    [tab=2. Platz]
    [subtab=Cassandra]
    Das hättest du nicht sagen dürfen


    Der schwarze Nachthimmel zog sich hinaus bis zum Horizont und bedeckte die gesamte Steppe mit einem dunklen, grauen Farbton. Selbst in dieser Dunkelheit konnte man Leben ausmachen. Tiere huschten durch das hohe Gras oder den schlammbedeckten Boden, suchten Nahrung oder Unterschlupf. Nach diesem großen Sturm musste das Leben wie gewohnt seinen Lauf nehmen. Die Wolken hatten sich ausgeweint und einen klaren Himmel hinterlassen, sodass die Jahrhunderte alten Seelen als Sterne den schwarzen Schleier besprenkeln konnten und der Dunkelheit der Nacht ihre Bedrohlichkeit nehmen. Auch die Schlucht lag mittlerweile ruhig eingebettet zwischen hohen, kantigen Felswänden. Nur noch kleine Bäche, die wie ein unordentliches Netz den Boden der Schlucht bedeckten und vor sich hin flossen, erinnerten noch daran, dass hier vor Stunden ein unbändiger Fluss alles mit sich gerissen hat.
    "Wenn du nicht kämpfen willst, dann wirst auch du sterben."
    So wie es der Fluss getan hatte, so brausten auch diese Worte durch Vitanis Erinnerungen und zogen alles mit sich. Die Löwin befand sich seit geraumer Zeit in der aufgenässten Schlucht, erstart und gebannt von ihren Gedanken. Nach der Zeremonie am Königsfelsen hatte sie den Schutz der Nacht abgewartet und sich zurückgezogen. Das Glück, die Zufriedenheit und Freude über das Ende des Krieges, der so lange getrennt hat, was zusammen gehört, das alles war ihr im Moment zuwider. Sie fühlte sich isoliert, war nicht in der Lage sich zu freuen. Sie konnte das Schattenland in ihrem Herzen noch nicht verlassen. Es nagte an ihr.
    "[...] dann wirst auch du sterben."
    Sie löste sich aus der Starre und schlug wütend ihre Tatzen in den Boden. Schlamm spritzte auf und bedeckte ihr goldbraunes, ungepflegtes Fell. Die Worte hallten in ihrem Kopf und blind ließ sie ihre Wut an der aufgeweichten Felsenwand aus. Hinterließ tiefe Furchen mit ihren Krallen und zersplitterte herausragende Steinspitzen. So lange bis sie völlig erschöpft und zitternd auf allen vier Pfoten stand und nach Luft schnappte. Vitani erhob ihren Kopf und betrachtete die Sterne am Himmel. Das dunkle Fell um ihre Augen rum, dass sich deutlich vom Rest abhob, ließ ihren Blick verzweifelt wirken. Sie suchte. Suchte den Himmel ab nach einem neuen Stern. Etwas greifbarem, dem sie ihre Frage stellen konnte. Ihre blauen Augen huschten den Himmel entlang, immer schneller und schneller. Doch vergebens. Heute Nacht hatte sich kein neuer Stern dazugesellt.


    "Warum?" erklang Vitanis Stimme, heiser und bebend. "Du warst meine Mutter." Enttäuscht kniff sie die Augen zusammen. Als die Erinnerung wieder mit grausamer Wucht auf sie einprallte, senkte sie den Kopf nieder auf den Boden und schlug ihre Vorderpfoten darüber zusammen. Sie wollte sie loslassen. Die Erinnerung, die Drohung ... und die Mutter, die gegangen war, ohne ihr zu erklären, wie sie ihrer eigenen Tochter ohne Zögern solche Worte ins Gesicht schleudern konnte. Eine zeit lang blieb sie so liegen, der Kopf tief im Schlamm, unfähig sich zu rühren. Doch mit jedem Augenblick verlor auch die Erinnerung an Kraft. Es konnte nicht noch mehr weh tun. Erschöpft richtete sie sich auf, als sie das Flimmern der Sonne am Horizont bemerkte. Der Tag nahte. Ihr Blick senkte sich etwas und für einen kurzen Moment hatte sie das Verlangen sich wieder in den Schlamm nieder zu legen, in der Hoffnung darin zu versinken. Doch Überraschung erfasste sie und aufmerksam spitzte sie ihre Ohren und horchte ... Nicht nach einem Geräusch, sondern in sich hinein. Sie freute sich .. sie freute sich auf den beginnenden Tag. Vitani schnaubte etwas ungläubig und machte sich auf den Weg nach oben. Dort angekommen blickte die Löwin noch einmal in die Schlucht, bevor sie sich auf dem Weg zum Königsfelsen machte. Die Sonne lugte bereits hervor und begann den Schleier der Nacht von der Landschaft zu ziehen.
    "Dein Groll wird nicht mehr von meiner Seite weichen ... Aber ich werde nicht wie du deswegen sterben." Sie atmete tief ein. "Das hättest du nicht sagen dürfen, Mutter. Lebe wohl." Vitani schüttelte sich das Schlamm aus dem Fell und kehrte der Schlucht den Rücken zu.
    [tab=3. Platz]
    [subtab=Onee-chan]
    If you believe


    Das wunderbare Gefühl der Leichtigkeit erfasste Wendy, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Als wäre es dies schon immer gewesen. Sie konnte sich ja beinahe kaum daran erinnern, wie es zuvor gewesen war. Vor...wie lange war sie eigentlich weg gewesen? Stunden? Tage? Zumindest kam es ihr lange genug vor, um eben nun ihr bisheriges Leben in Frage zu stellen. Zu Hinterfragen, wie sie es bisher ohne das wunderbare Gefühl ausgehalten hatte, welches sie beim Fliegen überkam.
    "Was ist los, Wendy? Du wirkst so komisch." Sie wandte ihren Kopf, behutsam, damit ihr ihre kupferroten Haare nicht ins Gesicht peitschten. Bestürzt stellte sie fest, dass sich Tränen in ihren Augen gesammelt hatten. Doch kaum hatte sie eben dies vollständig realisiert, ergriff der Wind Besitz von ihnen, trug sie fort, lautlos. Fast wie Regentropfen.
    Wendy sah ihn nun direkt neben sich, was zwar durchaus selbstverständlich zu sein schien - schließlich hielt er seit Beginn ihres Aufbruchs ihre Hand sanft umschlungen - sie aber dennoch für einen kurzen Moment erschreckte. Er war ihr ganz nah, sie konnte die verschiedenen Abstufungen seiner flammroten Haare ausmachen - weitesgehend eben dieses flammende Rot, glich es jedoch zu den Schläfen hin immer mehr der Farbe von Karotten. Ein totaler Gegensatz zu seinen moosgrünen Klamotten. Seine haselnussbraunen Augen beobachteten sie aufmerksam, mit einer Art kindlichem Interesse. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht, ließ ihn nochmal um einiges jünger wirken. Im Mondschein wirkte seine Haut cremeweiß. In gewisser Weise war er der unglaublichste Mensch, dem Wendy je begegnet war. Dass er mit einer Leichtigkeit, die ihr fremd war, durch die Luft flog, verstärkte diesen Eindruck nur. Neben ihm tanzte ein kleines, bezauberndes Licht stetig auf und ab, zog in kräftigen Wellen glitzernde Partikel hinter sich her - Feenstaub, den die Menschen als Sterne wahrnahmen. Kurz war Wendy von dem Anblick gefesselt, ehe sie antwortete.
    "Ach Peter, es ist nur alles so unglaublich. Und Nimmerland...ich mag mir gar nicht ausmalen, wieder nachhause zu kommen." Ein Kloß machte sich in Wendys Kehle breit. Hatte sie doch vor geraumer Zeit noch Heimweh nach London gehabt, so verspürte sie nun eben diesen Schmerz nach Nimmerland.
    Sie spürte, wie sich der Druck um ihre Hand kurz verstärkte, ehe er ganz verschwand. Sie strauchelte, ein kurzer Schrei der Überraschung entfuhr ihrer Kehle. Sie war so an die Sicherheit seiner Hand gewöhnt gewesen, dass sie schon beinahe vergessen hatte, wie man alleine flog. Sie wedelte mit den Armen, sehr zur Erheiterung des Jungen. Er lachte, ebenso wie die kleine Fee zu seiner Rechten. Naseweis hatte sie noch nie gemocht. Auch ihre Brüder stimmten in das allgegenwärtige Lachen ein - wo Wendy doch zum Weinen zumute war.
    Mit einem Ausdruck tiefster Boshaftigkeit funkelte Wendy Peter an. Dann geriet sie in einen Windhauch, der es ihr ermöglichte, für kurze Zeit die anderen zu überholen. Jedoch kroch mit eben diesem Windhauch auch die nächtliche Kälte unter die blasse Haut des Mädchens und ließ sie frösteln. Es war nicht das erste Mal, dass es ihr ungelegen kam, dass sie nur ihr himmelblaues Nachthemd trug.
    "Ach Wendy." Ohne es bemerkt zu haben war Peter auch schon wieder an ihrer Seite. Während es ihr größte Mühe bereitete, so schnell zu fliegen, schien er keinerlei Anstrengung zu verspüren. Wendy biss sich auf die Zunge. Jedoch konnte sie nicht verhindern, ihn erneut anzusehen. Seine Haare unter der jadegrünen Mütze wehten im kühlen Wind, und er lächelte wieder. Aber diesmal schien dieses Lächeln nicht seine Augen zu erreichen. Seine Stimme übertönte den tosenden Wind gerade so, dass sie im Stande war, ihn zu verstehen.
    "Du brauchst doch keine Angst vor'm Fliegen zu haben. Du brauchst nur Mut, Vertrauen und etwas Feenglanz." Daraufhin schlug er einen extravaganten Salto in der Luft. Manchmal hasste Wendy ihn für seine Überheblichkeit.
    "Ich weiß, Peter." Sie seufzte. Aus dem Augenwinkel konnte sie bereits den Big Ben ausmachen - die Erinnerung daran, wie sie das erste Mal mit ihren Brüdern und Peter auf den Zeigern innegehalten hatte, übermannte sie völlig unerwartet. Erneut stiegen Tränen in ihre Augen, was sie gekonnt zu ignorieren versuchte. Ebenso wie die Tatsache, dass ihre Hände zu Fäusten geballt waren, und sich ihre Fingernägel schmerzhaft in ihre Haut bohrten.
    "Was hast du dann?" Inzwischen waren sie an der gigantischen Turmspitze vorbei, die beinahe unheimlich in den nächtlichen Himmel ragte. Wendy blickte hinab auf die Straßen. Sogleich erblickte sie ihr eigenes Haus, erblickte den unverkennbaren Vorsprung ihres Fensters, von dem aus ihre Reise begonnen hatte.
    Die Flüssigkeit in ihren Augen drohte überzulaufen. Sie ließ ihre blauen Augen im einfallendem Licht des Mondes noch mehr strahlen. Sie traten schon den Senkflug an. Hinter sich hörte sie die Stimmen ihrer Brüder. "Wir sind zuhause." "Gleich sind wir wieder bei Mama." Wendy dachte stetig nur eins: Weit entfernt von Nimmerland.
    Dann landeten sie auch schon. Das leichte Gefühl, das sie während des Fluges überwältigt hatte, war in dem Moment verschwunden, als sie mit den Zehenspitzen den Vorsprung ihres Fensters berührte. Ihre Brüder waren schon im Zimmer, sie waren wohl irgendwie unbemerkt an ihr vorbeigekommen. Sie war wohl mit den Gedanken zu weit weg. In Nimmerland...
    Nun setzte sie die Fußballen vollends auf dem Untergrund ab und wollte sich drehen, um sich zu verabschieden. Doch sofort wurde ihr schwindelig, sie hatte zum wiederholten Mal vergessen, dass sie nach dem Fliegen an einem deutlichen Gleichgewichtsverlust litt. So drehte sich kurze Zeit vor ihr alles, es tanzten schwarze Punkte vor ihren Augen, nur hin und wieder abgewechselt von roten und grünen Farbtupfern. Sie merkte, wie sie in die kalte, nach Teer riechende Luft Londons zu fallen drohte.
    "Wendy, vorsicht!"
    Sie spürte, wie warme, raue Hände ihre Ellenbogen umfasst hielten, als befürchte wer, sie könnte zerbrechen. Langsam öffnete Wendy ihre seeblauen Augen, und direkt vor ihr schwebte Peter, der sie mit besorgter Miene musterte. Wendy überkam wieder ein Gefühl der Trauer.
    Inzwischen stand sie wieder relativ sicher, was ausschließlich an Peter liegen musste. Sie schluckte. Sie ging langsam einen kleinen Schritt zurück, doch das schien den Jungen vor ihr nicht zu kümmern. Er hielt sie noch immer. Langsam sammelte sie ihre Stimme. Sie wollte nicht vor Peter heulen.
    "Danke, Peter. Für alles. Ich werde dich nie vergessen."
    Und damit sollte es gut sein. Sie wollte sich umdrehen, sich in ihr Bett kuscheln und von Nimmerland träumen. Doch Peter ließ sie nicht los. Auch sein Blick war traurig.
    "Wendy, solange du mich nie vergisst, brauchst du doch nicht traurig sein." Er lächelte, sanft und zögerlich, aber es brachte Wendy ebenfalls zum Lächeln. Eine kleine Träne schlich sich auf ihre Wange. Peters Gesicht nahm einen verwunderten Ausdruck an. "Was ist das?" Er entfernte seine Hand von ihrem Ellenbogen und betastete vorsichtig ihre Wange, fing mit seiner Fingerkuppe sanft die Träne auf, die Wendy vergossen hatte. "Wasser? Aus deinen Augen?"
    Ein kleines Lachen entfuhr Wendy, und sie entgegnete: "Aber Peter, kennst du keine Tränen? Sie sind ein Ausdruck der Trauer." Peter fuhr hoch, die Träne, die er zuvor eingehend betrachtet hatte, tropfte auf Wendys Nachthemd und hinterließ einen dunkelblauen Fleck.
    "Trauer? Wieso bist du denn traurig?"
    Wendy stockte. "Ich...bin traurig, dass du mich verlassen musst und wir uns nicht mehr wiedersehen."
    Peter grinste, entgegen ihrer Erwartung. Dann hob er die Hand und legte sie abermals behutsam auf ihre Wange. Das Mädchen spürte, wie sie rot anlief und ihr Gesicht zu kribbeln begann. Dann sprach er mit gesenkter Stimme, sodass nur sie ihn verstehen konnte:
    "Aber Wendy. Natürlich sehen wir uns wieder. Jedes Mal, wenn du Geschichten von mir erzählst, werde ich am Fenster zuhören." Er schwebte einige Meter zurück, sodass er sie nicht mehr berührte. Dennoch hinterließ seine Berührung ein wohliges Kribbeln auf Wendys Wange. Dann flog er noch weitere Meter zurück, bis Wendy sich aus dem Fenster lehnen musste, um ihn am Nachthimmel noch ausmachen zu können.
    "Auf Wiedersehen, Peter.", hauchte sie in den aufkommenden Wind hinein.
    "Auf Wiedersehen, Wendy. Solange du an mich glaubst, wirst du immer zurückkehren können nach Nimmerland." Damit war er verschwunden. Zum zweiten Stern rechts und dann immer der Nase nach. Wendy lächelte sanft. Ich werde immer an dich glauben, Peter Pan.
    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information]
    [subtab=Allgemein]
    Gewinner des 13. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Drabble [Allgemein]
    Informationstopic
    Votetopic


    [tab=1. Platz]
    [subtab=Sterling]
    Verspiegelteich


    "Und in ihr eigenes Abbild sie starrte;
    auf die, mit der sie es teilte, sie harrte."
    Anmutig tauchte das Mädchen in den mondförmigen See. Während sie den Zauber sprach, pulsierte die dunkelschillernde, blumenbedeckte Grotte um sie herum, drehte sich lichtgeschwind einmal im Kreis, haschte frohlockend nach ihrer Reflexion.
    "Der Furcht zu entsagen versprach sie sogar,
    was schließlich ihr Abbild lebendig gebar."
    Beim Heraustreten erspürte sie Präsenz. Ihr Blick fiel auf zwei indigofarbene Augen, kirschrotes Haar und ein warmes Lächeln, das sie auswendig kannte.
    "Ein dupliziertes Leben", flüsterte sie mit geröteten Wangen und ergriff die nassen Hände ihres neugeborenen Zwillings.
    [tab=2. Platz]
    [subtab=Mikan]
    Kirschbaumblütenzählerin


    Tränen. Nasse, kalte Tränen kullerten langsam an der geröteten Wange des Mädchens herunter, das sich hinter einen großen Kirschbaum hinter dem Schulhof verkrochen hatte und nun versuchte, sich auf die langsam fallenden Blüten zu konzentrieren, die fast so wirkten wie Konfetti. Gegen den Strom der Tränen jedoch konnte sie nicht ankämpfen, also klappte sie zum abermillionsten Mal das kleine quadratische Blatt in ihrer Hand auf, um sich zu vergewissern, dass die drei Wörter wirklich darauf geschrieben waren, um nachzusehen, ob nicht alles nur ein Traum war, aus dem sie langsam aufwachte. Denn diese Tränen waren Tränen des reinen Glücks.
    [tab=3. Platz]
    [subtab=Flocon]
    Phantasie


    Schließe deine Augen.
    Vor dir befindet sich ein großer Wald. Grüne Massen an Pflanzen erstrecken sich vor deinem Körper. Langsam ziehst du einen Fuß vor, den anderen hinterher. Die Schritte werden schneller. Dein Blick fokussiert sich nur noch auf den direkten Weg. Die Seiten verschwimmen zunehmend. Entspannt rennst du einfach den sandigen Weg entlang. Weit entfernte Ziele rücken näher und näher, verschwinden hinter dir.
    Hektisch bleibst du stehen, genießt die warmen, vom hell strahlenden Himmel fallenden Regentropfen.
    Hurtig nimmst du deinen Lauf wieder auf. Der Wind trocknet dich, bis du das Ende des Waldes erreicht hast.
    Öffne deine Augen.
    [subtab=Feureka]
    Gallertwesen


    Schwebt fort, meine Freunde, genießt eure scheinbar grenzenlose Freiheit! Durchquert jeden Ozean dieser Erde, fremde Welten, tanzend mit eurer ständigen Begleiterin, der Strömung. Sie veranlasst euch, ein bezauberndes Unterwasser-Ballett aufzuführen, welches von selten gesehener Schönheit zeugt. Sanft wiegt ihr euch hin und her, um anschließend rasch emporzusteigen, wie an unsichtbare Fäden gebunden, gezogen von dem Fluss des Wassers, das euch umgibt.
    Doch wehe, ein Sturm zieht auf. Viele von euch werden an Strände gespült. Einmal verlassen von eurer führenden Kraft, seid ihr verloren.
    In meiner Welt bleibt von ein jeder nur eine unförmige Masse, hoffnungslos vertrocknend im sandigen Grab.
    [/tabmenu]

  • [tabmenu]
    [tab=Information]
    [subtab=Allgemein]
    Gewinner des 14. Wettbewerbes. - Saison 2013
    Haiku (Die vier Elemente)
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1.Platz]
    [subtab=Cáithlyn]
    Meeresschaum und Himmelsbrise


    Milde und wilde,
    die stürmenden Zephyre,
    wehend und singend.


    Tosend und rauschend,
    die sanften Quellennymphen,
    glitzernd und tanzend.
    [tab=2.Platz]
    [subtab=Galahad]
    Leben und sterben lassen


    Wo du auch sein magst,
    Neue Wurzeln, Lebenssaat.
    Du trocken Wunder.


    Was du verzehrest;
    Alte Welt in lodernd Zorn,
    Stumme Asche, tot.
    [tab=3.Platz]
    [subtab=Nocri]
    Von der Entstehung der Erde


    Ein Verzweiflungsschrei
    riss die Welt in zwei Teile:
    Himmel und Erde


    Aus bitt'ren Tränen
    und brennendem Schmerz entstand
    Feuer und Wasser
    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein]Gewinner des 15. Wettbewerbes. - Saison 3013
    Pokémonfestival
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Galahad]Neuschnee


    Das kleine Wesen blinzelte verschlafen in die wenigen Sonnenstrahlen, die sich durch die schlohweiße Wolkendeckel am Himmel bohrten. Es konnte Wärme nicht ausstehen, angeekelt kroch es aus dem Bett heraus, wo sein Besitzer ihn nachts schlafen lies, den Trainer selbst weckte das Eispokémon aber nicht. Es sog einmal kräftig den Schleim, der stets aus seiner Nase hing, in seine Nüstern ein, dann hüpfte es von der Bettkante auf den Parkettboden. Noch ein letztes Mal drehte es sich zu dem Mensch um, neben dem es die ganze Zeit gelegen hatte. Als es sah, dass dieser mit einem stummen Lächeln weiterschlief, machte sich das Petznief auf den Weg, wobei es so leise wie möglich die flauschigen Pfötchen auf das Holz am Boden setzte und jeden Schritt nur mit ausreichend Bedacht unternahm, damit er nicht doch noch seinen Trainer aus dem Schlaf riss. Das Haus war nicht sehr groß, nur eine Hütte, wenn man so will, und äußerst spartanisch eingerichtet. Ein Bett, eine Küche und ein Bad, alles was ein für gewöhnlich reisender Trainer eben braucht, nicht mehr und nicht weniger. Die grauen Wände waren leer, nur ein paar dünne Raketen waren daran angelehnt und warteten auf ihren großen Moment.
    Jetzt kam wohl der schwierige Teil der Sache. Etwas verloren blickten Petzniefs dunkle Augen zu der Türklinke, die über ihm aus der hölzernen Haustür ragte, für ein Wesen seiner Größe unerreichbar, doch es gab keine andere Möglichkeit, die Wohnung zu verlassen. Er musste diese Türklinke nach unten drücken, wenn er pünktlich sein wollte.
    Das Bärchen ging langsam in die Hocke und spannte seine Beine an, dann stieß es sich vom Holzboden ab und sprang nach oben. Es fuchtelte wild mit seinen Vorderläufen und tatsächlich erreichte es mit seinen Pfoten das kühle Metall der Klinke und konnte sich daran festhalten. Sofort sank der Griff nach unten und die Tür schwang einen Spalt weit auf. Der Eisbär lies sich zurück auf den Boden plumpsen und verlies eilig das Gebäude.
    Petznief genoss das Gefühl von entspannender Kühle auf seiner Haut, zufrieden zog es ein weiteres Mal die angestaute Flüssigkeit geräuschvoll zurück in die Nase und hüpfte vor Freude durch die Schneeschicht, die sich in den letzten Tagen auf Nevaio City’s Boden angesammelt hatte. Die Dächer glitzerten strahlend weiß und auch die Bäume wurden von einem makellosen Schneekleid umarmt. Eifrig wurde die kühle Luft des Wintermorgens von dem kleinen Bewunderer aufgesogen.
    Doch jetzt war nicht die Zeit für Entspannung und Ruhe. Das Eispokémon machte einen Satz nach vorne, landete auf allen Vieren und rannte durch die noch menschenleeren Straßen der schlafenden Stadt. Nicht ein Geräusch war zu hören, und so erklang nur das leise Tapsen kleiner Pfoten, wenn das Petznief auf dem Schnee aufkam. Nicht ein Blick war nötig, um den Weg zu finden, jede Kreuzung wurde ohne langes Umschweifen hinter sich gebracht, dieser Weg war ihm nicht neu. Als es schon keuchend einige Dampfwölkchen ausstieß, merkte es dass es nicht allein war: andere Pokémon nahmen denselben Weg, vor sich sah es eine Gruppe Schnuthelm, die verzweifelt versuchten, sich hüpfend fortzubewegen, hinter ihm ertönten leise Summgeräusche, wie es Mebrana von sich zu geben pflegten. Von den Dachrinnen schwebten tänzelnd mehrere Gelatini mit noch verschlafenen Augen herunter, ihr aus Eis beschaffener Körper brach die Sonne und ein schillerndes Lichtspiel färbte den Schnee für kurze Zeit in allen erdenklichen Farben. Kein Grund sich Ablenken zu lassen – im Gegenteil: wenn all die Pokémon vor ihm da sein würden, wäre er derjenige, der nichts sehen würde und sich damit begnügen müsste, in der hintersten Reihe zu stehen. Petznief spornte sich an, einen Sprint hinzulegen. Doch das lohnte sich.
    Der Schwarm von Seeschnecken wägte sich schon am Ziel, als unter ihnen plötzlich lautes Gekreische ausbrach und sie nur einen Moment später erschrocken auseinanderstoben. Ein kleines, weißes Pokémon mit zartbläulichem Kopf sprang eilig durch ihre Mitte und überholte sie, bis das Petznief nur noch die aufgeregten Flüche hinter ihm ihn an die Schnuthelm erinnerten. Ein schelmisches Grinsen eroberte seine Mundwinkel, als es ungeachtet dessen weiter rannte. Petznief fuhr seine Krallen aus und bremste seinen Lauf somit ruckartig. Sprachlos starrte er auf das, was vor ihm geschah.
    Es war keineswegs das erste anwesende Pokémon, schon mehrere Kronjuwild mit ihren mittlerweile blattlosen Geweihgabelungen reckten wichtigtuerisch ihre Hälse gen Himmel, wo einige Frigometri sich freudig schwebend im Kreis drehten. Freche Lin-Fu errangen sich noch einen Platz in den vordersten Reihen, die sich gebildet hatten, und unter der Menge waren noch einige andere Pokémon. Das neu hinzugekommene Petznief war klein, daher fiel es niemandem auf, als sich das Bärchen durch ihre Beine zwängte, um so weiter nach vorne zu gelangen. Gerade rechtzeitig, denn in diesem Moment erschallte schon der Ruf, auf den sie alle gewartet hatten, er war hell und glockenklar, mehrere Echos klangen aus dem Wendelberg, als ein schlankes Wesen die Felswand hinunter glitt. Es war dabei so schnell, dass es erst zu erkennen war, als auch es mit seinen Pfoten im weichen Schnee landete, direkt vor dem still staunenden Publikum. Die schlanken Pfoten waren stahlblau, das Fell um den Körper war glatt wie Eis und in einem zarten Hellblau. Der blaue Schweif baumelte zufrieden über ihrem ebenso blauen Rücken. Auf ihrer Stirn thronten drei stolze Eiskristalle, von denen zwei elegante Auswüchse ausgingen, die im Sonnenlicht wie ihre strahlenden, wasserblauen Augen funkelten. Glaziola betrachtete wohlwollend die angesammelte Menge, dann lächelte es und entschied sich, die unruhig wartenden Pokémon nicht noch länger auf die Folter zu spannen. Ein weiteres Mal stieß sie singenden ihren Ruf aus, und für einen Moment schien es so, als würde ein kaltes Leuchten von ihrem grazilen Körper ausgehen. Die wunderschöne Stimme jagte selbst Petznief einen Schauer über den Rücken.


    Und mit einem Mal fuhr ein Grölen durch die Menge. Einige Shardrago hüpften vor Freude, als vom Himmel die ersten Hagelkörner auf den Boden prasselten, die Frigometri zogen noch wildere Kreise über den Köpfen der anderen und die Schnuthelm versuchten, gemeinsam eine La-Ola-Welle entstehen zu lassen. Das unscheinbare Bärchen blickte auf die dichten Hagelwolken über ihm: tausende Eiskörner rieselten vom Himmel herab, doch jede von ihnen war feiner und schöner als gewöhnlicher Hagel. Jedes einzelne Körnchen schien so intensiv zu funkeln, wie Glaziolas Augen es taten. Junge Pokémon wetteiferten, wer wohl die meisten von diesem magischen Eis fangen könnte, die Eltern sahen mit freudigem Blick zu, wie schon die Jüngsten dieses Fest genossen oder betrachteten selbst das Naturwunder, dass auf Nevaio wie jedes Jahr herabregnete. Einige Mebrana bildeten spontan einen Chor und sangen fröhliche Lieder zu diesem Fest, sofort stimmte Glaziola ein, und mit ihr fingen alle an zu singen.


    Petznief hob lächelnd ein paar von den heruntergefallenen Hagelkörnern auf und betrachtete sie eingehend, es warf sie wieder zurück in den Schnee und machte sich auf den Weg zurück, diesen Tag wollte er selbstverständlich mit seinem Trainer verbringen.
    So kann das neue Jahr beginnen.
    [tab=2. Platz][subtab=Alyson]Zauber und Asche


    Das Fest begann mit dem Einbruch der Nacht.
    Für einen Augenblick, gerade als die letzten Strahlen der Sonne den Himmel mit ihrem goldenen Licht überschütteten, war es still auf dem großen Festplatz in Enju. Die Geräusche der Abenddämmerung – das leise Zirpen einiger Käferpokémon, durchbrochen nur von dem rauschenden Plätschern des Wasserlaufes in der Ferne –, verstummten, und zurück blieb nur die berückende, einnehmende Ruhe der Unwirklichkeit.
    Wohlige Gänsehaut war es, die Kotones nackte Arme bedeckte, als die Stille um sie herum sich zur Ewigkeit auszudienen schien. Einen einzigen, winzig kleinen Moment lang waren alle Sorgen und Bedenken, und für einige Sekunden war alles, was blieb, das erfüllende Gefühl von Frieden.
    Mit einem letzten goldenen Aufflackern verschwand die Sonne jenseits des Horizontes, und Dunkelheit bedeckte die weiten Ebenen Joutos. Am Himmel hüllten sich die ersten Sterne aus dem Mantel der schnell heraufziehenden Finsternis, und gerade als die Geräusche der Nacht sich aus der Stille herauszukristallisieren begannen, erklangen die zinnernen Glocken des Suzu no Tou und läuteten dem Beginn der Festlichkeiten.


    Die nächtliche Luft war erfüllt von Gerüchen und Geräuschen: Allüberall standen kleine, liebevoll mit festlichem Dekor behangene Holzwägelchen, deren Inhaber, Männer und Frauen von jung und alt, die verschiedensten Leckereien feilboten, und wo man auch stand oder ging summte es von den freudigen Stimmen der Festbesucher.
    Kotone konnte sich kaum sattsehen an dem Treiben, das um sie herum stattfand, und gemeinsam mit so vielen anderen von der Schönheit dieses Ortes verzauberten Besuchern wandelte sie über den großangelegten Festplatz von Enju und ließ die Atmosphäre auf sich wirken. Ganz gleich, wohin sie auch die Augen schweifen ließ, erblickte sie vor Freude und Aufregung strahlende Gesichter, und egal, welchen Weg sie einschlug, kam sie stets in eine neue Gasse, die erleuchtet wurde von den flackernden und aromatisch duftenden Kerzen der Händler.
    «Seid Ihr Kotone Choushi?» Die leise, salbungsvolle Stimme erklang direkt hinter Kotone, als diese gerade eine neue Gasse betreten hatte, und sogleich hielt die junge Trainerin inne. Kühler und dezent nach heilenden Kräutern duftender Atem glitt über ihre Schulter und streifte die nackte Haut über dem oberen Saume ihres festlichen Kleides, das auszuwählen Kotone nicht leicht gefallen war. Endlos lange Zeit, so zumindest war es ihr am Vortage erschienen, hatte sie in dem Tanzstudio zugebracht, um sich dann schlussendlich für dieses Ensemble aus tiefdunkelgrauem Samt und schwarzer Spitze zu entscheiden.
    Die dunklen Farben des sanft geschnittenen Kleides changierten zart im tanzenden Licht der sie umgebenden Kerzen, als Kotone sich umwandte, um sich sogleich einem in einfach gehaltener Kleidung gehüllten jungen Mann gegenüber wiederzufinden, dessen Blick abwartend auf ihrer Erscheinung ruhte. Seine Augen, von einem irritierendem Gletscherblau, bildeten einen ebenmäßigen Kontrast zu seiner schneeweißen Haut und den in sanften Erdtönen gehaltenen Kleidern, und Kotone kam nicht umhin, so etwas wie Verwunderung ob seines Anblickes zu empfinden; was hatte ein Mensch von solch einem Naturell, das bereits dann zu erkennen war, wenn er in einer sanften Geste das lange, zu einem lockeren Zopf gebundene Haar berührte, welches – über die Schulter geworfen – auf seiner Brust ruhte, auf diesem Fest der ungezügelten Freuden zu schaffen?
    Der Anflug eines Lächelns kräuselte die so geruhsam erscheinenden Lippen des Fremden, und Kotone benötigte einen Moment, um ihren Blick von der irritierenden Persönlichkeit vor ihr abzuwenden und einen Weg zurück in die Wirklichkeit um sie herum zu finden. Sogleich stürzten die Gerüche von warmen, mit fruchtigen Waldbeeren dargereichten Crêpes und mit Puderzucker bestäubten Schmalzgebäck auf sie ein und benebelten ihrer Sinne; das Aroma von süßlicher Zuckerwatte lag schwer auf ihrer Zunge, und die Stimmen von zu vielen Menschen und Pokémon um sie herum ließen sie taumeln.
    Kotone lächelte verlegen, als der junge Mann vor ihr in der Andeutung eines Stirnrunzelns ihre überforderte Miene begutachtete, dann jedoch, gerade als er erneut ansetzte, um zu ihr zu sprechen, besann sie sich der Frage, die er anfänglich gestellt hatte; und wenngleich es ein beunruhigendes Gefühl war, welches mit dieser Entscheidung einherging, konnte sie doch nicht anders als zu nicken.


    Der Suzu no Tou lag trotz seiner im weißen Mondlicht strahlenden Herrlichkeit unberührt da, und Kotone überkam das Gefühl wehmütiger Melancholie, als ihr Blick auf das Laub fiel, welches die Wege zu dieser Stätte der Heiligkeit schon seit langer Zeit bedecken musste. Lange konnte diese verwirrende Trauer in dem aufwirbelnden Meer ihrer Gefühle jedoch nicht bestehen, wurde sie doch sogleich von Neugierde abgelöst, als der junge Mann, der seit ihrem Aufbruch vom Festplatze bislang kein weiteres Mal zu ihr gesprochen hatte, nun auf das Portal des großen Turmes zuschritt und ohne zu zögern durch den großen, schmucklosen Bogen trat und verschwand.
    Kotone erstarrte obgleich solch eines Frevels und gedachte einen Augenblick lang der Möglichkeit, zu den Festlichkeiten zurückzukehren; doch gerade als sie sich umwenden und ihren Gedanken in die Tat umzusetzen plante, sah sie aus dem Augenwinkel eine schlanke, hochgewachsene Frau, die sich auf dem Weg zu ihr befand
    «Was …» Das Wort war nur ein Flüstern im von den Festlichkeiten herüber wehenden Lachen, dennoch wandte die Gestalt, welche ähnlich ätherische Züge aufwies wie der Mann, welcher sie aufgesucht hatte, sich ihr zu und bedachte sie für einige Sekunden mit sonderbar dunkelfeuerroten Augen. Ihr langes, goldenes Haar wehte sanft in der leichten Brise der Nacht, und Kotone konnte nicht umhin, ihren Blick abzuwenden. Fast schien es ihr, als wäre diese Gestalt zu schön, um sie länger als einen Herzschlag anblicken zu können, und wenngleich sie nicht wusste, weswegen gerade sie hierher geführt worden waren, ahnte sie doch, dass es etwas wichtiges sein musste.
    «Ihr seid Kotone Chouji.» Die junge Frau nickte ihr, ein nicht zu bestimmendes Lächeln auf den Lippen, zu, dann blickte sie zu dem hoch in den Himmel aufragenden, mysteriös daliegenden Turm. Ein Gefühl der Trauer schien für eine Sekunde ihre Miene zu verdüstern, und kurz meinte Kotone die Gestalt einer noch fremderen, noch geheimnisvolleren Erscheinung auszumachen, die sich sanft um das Wesen vor ihren Augen legte und es behütend und stärkend zugleich umhüllte; dann jedoch war der Moment vorüber, und die Frau deutete in einer einzigen, fließenden Bewegung auf den vor ihnen liegenden Turm.
    «Zauber und Asche.» Sanft trug der warme Nachtwind die Worte zu Kotone herüber, die noch immer unverändert jene Erscheinung vor ihr anblickte, welches nicht von dieser Welt zu sein schien, und erneut wurden ihre nackten Arme von einer wohligen Gänsehaut überzogen. Hinter ihr, weit entfernt von dem Ort, an dem sie sich nun befand, konnte sie anhand der lauten, übermütigen Geräusche die Festlichkeiten ausmachen, und ohne sich umzuwenden wusste die junge Trainerin, dass der Anblick des Festplatzes von hier aus ganz besonders schön anzusehen war. Golden und silbern würden die flackernden, nach wunderbaren Aromen duftenden Kerzen scheinen und mit dem hellen Mond über ihren Köpfen um die Wette leuchten; und später, wenn um Mitternacht das große Feuerwerk entzündet würde, dann wäre der nachtschwarze Himmel getaucht in bittersüße Euphorie, Schatten und Licht zugleich.
    «Zauber und Asche.» Erneut sprach die junge Frau jene Worte aus, die in Kotone das seltsame Bedürfnis erweckten, nach den Sternen zu greifen und die Erde gen Himmel zu heben, und gegen das silberne Licht des Mondes wirkte das Wesen vor ihren Augen noch unwirklicher als der Mann, welcher sie hierher begleitet hatte. Wie flüssiges Gold umrahmten Strähnen ihres langen Haares ihr dunkles Gesicht, und in ihren feurigen Augen schwammen glitzernde, irisierende Tränen, als sie sich zu der jungen Trainerin umwandte.
    «Ein schwieriger Pfad ist es, den Ihr beschreiten müsst», flüsterte sie leise, und die Trauer in ihrer Miene wandelte sich zu Hoffnung und Stolz, «doch wählt weise.» Ihre Lippen verzogen sich zu einem ermutigenden Lächeln, und Kotone spürte, wie sie diese Geste erwiderte; wer auch immer diese Frau und jener Mann waren, sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie unrechtens hier waren. Vielmehr spürte sie, dass es gut war, sie an diesem geheiligten Orte zu sehen.
    «Wir warten auf Euch.» Ein weiteres Mal ließ die Frau ihren Blick über Kotone wandern, bevor sie gen Himmel blickte und den zinnernen Turm vor ihnen betrachtete; dann, nur einen Wimpernschlag später, war sie auch schon verschwunden, und während Kotone sich noch suchend umblickte, zeichneten sich auf dem Dache des Suzu no Tou, direkt zwischen Himmel und Erde gelegen, drei dunkle Silhouetten gegen den silbrig weißen Vollmond ab, die – hoffnungsvoll und abwartend zugleich – auf die junge Trainerin unter ihnen blickten.
    «Werden wir dieses Jahr mit Glück gesegnet sein?» Die Stimme klang tief, ruhig und salbungsvoll, ebenso wie es der kalte Hauch des Winters zu tun pflegt, wenn er durch das tote Geäst sich zum Himmel reckender Bäume streift.
    «Ich weiß es nicht», antwortete die Gestalt neben ihm, und für einen kleinen Moment lang wurde das Dach um sie herum von tanzenden, sich windenden Funken erhellt.
    «Ich bete darum, dass sie die Richtige ist.» Diese letzte Stimme war heller als die der anderen und klang nach wärmendem Tee und heimeligem Kaminfeuer; und während die drei Wesen auf dem Dache des Suzu no Tou hinabblickten auf die hell erleuchtete Welt zu ihren Füßen, wusste ein jeder von ihnen, dass das Warten nun ein Ende hatte.
    [tab=3. Platz][subtab=Onee-chan] When a princess comes true.


    Es war an einem warmen Sommertag an der See. Die Wellen brachen sich an diversen Felsen, der weiße Schaum verlor sich stetig im erhitzten Sand, auf dem folglich nur eine feuchte Spur vom immer wiederkehrenden Kreislauf der Wellen zeugte.
    Als sich die Sonnenstrahlen zum wiederholten Male auf der Wasseroberfläche brachen und sich diese alsbald kräuselte, erschien mit Mal ein geheimnisvolles Licht im Meer. Und da wussten es die Menschen, wussten es Vögel, wussten es alle Lebewesen - ein neues Wasserpokémon ward geboren.


    Unter der Wasseroberfläche, tief verborgen im Herzen der tiefblauen See, herrschte reges Treiben. Viele Wasserpokémon schwammen aufgeregt auf und ab, konnten gar nicht schnell genug zu dem Palast gelangen, der aus den farbprächtigsten Korallen im Meer bestand. Pfirsichrot, aprikosengelb und viele andere Farben schimmerten im einfallenden Sonnenlicht grazil und dienten jedem Krabby, jedem Milotic als Wegweiser. Verzauberten sowohl Saganabyss als auch Seeper.
    Als nun die Zeit gekommen war und sich die meisten Meeresbewohner bei dem Palast, bestehend aus den schönsten Unterwasserblumen, eingefunden hatten, erklang der herrlich sinnliche Ruf von Lumineon, welches eine Melodie zustande brachte, die das gesamte Meervolk verzauberte. Es legte sich eine beinahe unheimlich ruhige Atmosphäre über die Wasserpokémon, die mit geschlossenen Augen der Melodie lauschten, die ein einziges Pokémon erzeugte. Der Gesang wurde mit den zärtlichen Wellen hinfortgetragen, sodass schließlich jeder wusste, dass ein Meerkind geboren war. Und alle sahen gespannt umher, wollten unbedingt einen Blick auf eben jenes Neugeborene erhaschen.
    Der sanfte Klang verhallte schließlich vollends in dem Moment, als ein kleines blaues Pokémon erschien und sich somit von der unendlichen blauen Farbe des Ozeans abhob. Sogleich wurde es ehrfürchtig still unter den restlichen Pokémon, sodass allgegenwärtig nur noch das sanfte Rauschen des Meeres zu vernehmen war.
    Das Wesen betrachtete seine Untertanen ruhig, nicht mit Distanz, sondern vielmehr mit Hingabe und Rührung in den tiefblauen Augen, welche mit einer grazilen, gelben Farbmusterung umgeben waren. Mit diesen tiefgründigen Augen regierte Manaphy geduldig und froh, sodass jedes Pokémon unter dem Wasserspiegel es liebte und als Herrscherin des Meeres nicht nur anerkannte, sondern sogar feierte.
    Und dieses Manaphy, von der Statur zwar klein, im Herzen aber ganz groß, trug zärtlich das Neugeborene in seinen Armen. Ein gespanntes Raunen, gefolgt von erneuter Stille, ging durch die Besucher, als sie das kleine, ebenfalls blaue Pokémon in den Armen von Manaphy erhaschten - Phione. Das kleine Wesen, welches die Augen geschlossen hatte und anscheinend von Träumen gejagd wurde, da die Lider des Kindes ab und an flatterten, schlief tief in den Armen seiner Mutter, die es sanft begutachtete.
    Das kleine Pokémon schwamm immer weiter, wenn man es als jene Tätigkeit bezeichnen konnte, so schwebte es doch vielmehr durch das Wasser, immer weiter auf den farbenfrohen Palast zu. Als es schließlich vor einer gelben Anemone, die sich sanft in der aufgekommenen Strömung wiegte, angekommen war, sodass der bläulichen Färbung seines zierlichen Körpers eine enorme Ausdrucksstärke zugute kam, wurde es abermals ehrfürchtig still im Meer. Alle achteten nur auf das Manaphy und das kleine, schlafende Phione in seinen Armen. Und nun ertönte eine leise, klangvolle Stimme in den Köpfen der Meeresbewohner, die Stimme Manaphys, die frohlockend verkündete:
    Danke für eure Einkunft an meinem Palast, ich rechne euch dies sehr hoch an. Die Prinzessin der See wurde gesund geboren, schon bald wird Phione durch die Ozeane schweben wie ein jeder unter euch. Ich bedanke mich nochmals herzlich, doch nun -
    In dem Augenblick ging ein Raunen durch die vor Spannung geladenen Besucher, denn die Lider der kleinen Meeresprinzessin zitterten, und so öffneten sie sich langsam, obgleich das Wesen noch verschlafen hinauf zu seiner Mutter blinzelte. Diese schenkte ihrem Kind ein seeliges Lächeln, richtete ihren Blick sogleich wieder auf das Meervolk und beendete ihre Rede: - lasst uns die Geburt der Prinzessin Phione gebührend feiern!
    Und dann jubelten sie. Die jubelnden, euphorischen Rufe von jedem einzelnen Pokémon vermischten sich zu einem Geräuschpegel, der solch bedrohlich kleine Wellen in Bewegung setzte, dass das Meer begann zu zittern.
    Dort vermischten sich der kehlige Ruf von Relicanth, der sinnliche von Mamolida und der unscheinbare von Karpador, ein jedes Pokémon war gewollt, ein Teil von diesem Gruppengefühl zu sein. Nachdem Manaphy ungeachtet der Gäste ihr Kind tief in die Sicherheit des Palastes zum Ruhen gelegt hatte, sodass es vor dem erhöhten Geräuschpegel verschont blieb, schloss auch dieses Pokémon sich den Feierlichkeiten an.
    Während allmählich die seichten Rufe der Pokémon in der Ferne des Ozeans verklangen, wurde das herrlichste Festessen im Meer aufgetischt, sodass sich jedes Pokémon, ob klein oder groß daran laben konnte. Von den delikatesten Meeresfrüchten bis hin zu den ausgefeiltesten und nahrhaftesten Pflanzengerichten - es war für jedes Wesen, welches sich zu den Gästen des Palastes zählen durfte, mit Garantie etwas dabei. Die Nahrung schmeckte ein jedem so ungemein gut, dass sich die Bäuche rasch füllten und selbst das grießgrämigste Garados alsbald frohgestimmt durch die Palastbesucher schwamm. Unbemerkt hatte sich eine musikalische Attraktion unter die Besucher gemischt, sodass nun exotische und melodische Klänge abermals durch die Gehörgänge der Pokémon geschickt wurden und die Stimmung allgemein noch etwas hoben. Da war erneut das Lumineon, welches bereits den Auftakt der Feier angekündigt hatte, in der Stellung eines Sopran, und die Stimme verlor auch mit wachsender Länge des Auftritts nicht an Faszination. Die Band wurde von verschiedenen anderen Wasserpokémon geprägt. Da war ein Starmie, welches sich diverse Glocken und schellende Muschelschalen an die spitzen Armenden gehängt hatte, sodass diese mit jeder Bewegung des Pokémon ein lautes Schellen in das umliegende Wasser abgaben. Zudem hatte es sich ein Lapras bequem gemacht und lag sanft da, sodass es nichtmal dann die Augen öffnete, als ein Kingler mit seinen gigantischen Scheren auf dem Panzer des anmutigen Wesens ein Trommelsolo zum Besten gab. So war auch ein Tentoxa erschienen, welches mit seinen zahlreichen Tentakeln einer aus Korallen bestehenden Flöte diverse hohe Töne entlockte. Somit war die Gruppe, die für einen wundervollen Klang in der See sorgte, komplett, und als Manaphy dies mit einem Lächeln auf den Lippen registrierte, tauchte mit Mal ein Schwarm Liebeskus auf, ein allgemein bekanntes Symbol für Glück und Liebe, und hinterließ, passend zum Anlass, diverse, regenbogenfarbige Herzschuppen, die erst minutenlang im seichten Wasser schwebten, ehe sie dem Boden immer näher kamen. Alle Besucher hielten gespannt den Atem an, als sie dem Schauspiel ihre Aufmerksamkeit schenkten. So war in dem Moment doch ein jedem klar, dass dies ein Zeichen sein musste, vom großen Meeresgott, wo auch immer sich dieser zu dem Zeitpunkt aufhalten mochte. Und auch Manaphy war sich dem bewusst - so schlich sich doch tatsächlich eine kleine, perlenartige Träne in die Augenwinkel des Wesens, welche sich sogleich mit dem salzigen Meerwasser vermischte. Eine Träne des Glücks. Mutterglücks.
    Und von dem Moment an genoss das kleine Pokémon die Party, welche zugunsten der neuen Prinzessin gehalten wurde, genoss die Stimmung, das Lachen, die Musik , das Essen. Nur ein weiteres mal wurde ihr somit kenntlich gemacht, welch ein starkes, frohes, unabhängiges Volk sie das Ihre nennen durfte, dass es so fröhlich und ehrlich die Geburt eines Phione feierte. So war Manaphy klar: Es war kein typisches Fest, dort an einem Sommertag im Meer. Es war etwas besonderes, nicht alltäglich - ebenso wie die Geburt einer Meeresprinzessin.



    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein] Gewinner der 16. Wettbewerbs. - Saison 2013
    Pokémon, Pokémon everywhere!
    Informationstopic
    Votetopic[tab=1. Platz][subtab=Buxi]Höllenstein


    Ich schritt langsam die Stufen zur Tempelanlage hoch. Graubraune Felsen schlossen mich in ihrer Mitte ein, meine Schuhe klackerten auf dem gepflasterten Weg wie die Hufe eines Gallopas. Die Pflastersteine waren alt, das stand ausser Frage. Sie waren verwittert und von Ranken, ähnlich denen von Knofensa, überwachsen. Hie und da war ein Riss zu sehen. Ich fühlte mich unwohl, als ob ich fehl am Platz wäre. Ich gehörte nicht hierhin, und alles schien mir das klarzumachen. Die leicht überhängenden Felswände könnten jederzeit einen Steinhagel auf mich niederprasseln lassen, es könnte sich urplötzlich eine Geofissur im Boden auftun und mich verschlingen. Ein klammes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit, als ich weiterging, den Blick verängstigt auf die rihorniorgrossen, grauen Wolken am Himmel gerichtet. Die Natur wollte mich nicht hierhaben, ich war ein Parasit, die Unbekannte in der Gleichung, das unüberwindbare Problem im Masterplan. Und trotzdem schritt ich weiter. Nur noch ungefähr zweihundert Meter trennten mich vom Tempel, als erste Felsen dem Felswurf gleich von den Wänden bröckelten. Noch waren sie klein und ungefährlich, doch je näher ich der Anlage kam, desto grösser wurden sie. Es war gefährlich, gefährlich wie eine wildgewordene Herde Tauros. Aber ich musste es schaffen. Ich musste. Ich musste es, weil ich es ihr versprochen hatte. Der Stein.
    Als hätte meine Umgebung meine Gedanken gelesen, knallte ein grosser Brocken neben mir auf dem Boden. Ich erschrak. Meine Trommelfelder schwangen in einem wilden Tanz, der Aufprall war laut gewesen wie ein Überschallknall. Ich atmete tief durch. Erste Schweissperlen liefen mir über die Stirn. Energisch wischte ich sie beiseite. Ich durfte keine Angst haben. Nicht jetzt. Nicht jetzt, wo mich so wenig vom Ziel trennt. Hundert Meter, und alles Glück der Welt würde mein sein. Selbst von einem Jirachi hätte ich mir nicht mehr Glück wünschen können. Doch dem im Weg stand die Naturkraft. Der Stein war Teil von ihr, sie würde ihn nicht leichtfertig hergeben. Er besass unglaubliche Macht, die Macht, zu kontrollieren, was ein Mensch nicht kontrollieren dürfte. Und deshalb wollte sie ihn.
    Ich ging weiter, versuchte, die links und rechts herabregnenden Felsen auszublenden. Schritt für Schritt, ein Fuss vor den anderen setzen. Ich hatte die Treppe erreicht, gefertigt aus hellem Marmor. Nicht so hässliche Georockgestein wie die Pflastersteine vorhin. Einige Stufen waren unter der Last der Jahre gesprungen, karge Pflänzlein sprossen dazwischen hervor. Ich setzte einen Schuh auf die unterste Stufe. Sogleich durchfuhr mich eine Vibration, wie bei einem Erdbeben, nur von geringerer Intensität. Ich blickte hoch zur Tempelanlage. Sie lag etwa fünf Meter erhöht auf einem Felsplateau. Die beiden Felswände, die den Weg bis dahin gesäumt hatten, hörten so urplötzlich auf, als wären sie mit Teleport verschwunden. Verfallene Säulen standen entlang der Mosaike auf dem Boden, Mauerreste trotzen den Böen. Da und dort lag ein Steinhaufen, ein Felsgrab für unter ihm begrabenes Leben. In der Mitte dieser Ruine stand ein Altar. Er war nicht aus dem gleichen, weissen Marmor gefertigt wie der Rest, sondern er war schwarz. Kein Riss, kein Kratzer deutete auf sein immenses Alter hin. Nur die Wurzeln, die von überallher wie Verwurzler auf ihn zugewachsen waren, konnten ein Indiz dafür sein. Ich tat noch einige Schritte, bis ich schliesslich oben angekommen war. Ein unvergleichliches Panorama tat sich mir auf. Alle Wolken waren von einem Windstoss weggefegt worden. Ich sah mehrere Kilometer über die hunderte von Meter tieferliegende Ebene hinweg, welche bewachsen war von Wald. Ein See glitzerte wie die Schuppen von Lumineon im Sonnenlicht. Sanfte Hügel erhoben sich im Hintergrund, überzogen von saftigem Gras. Doch das alles interessierte mich nicht. Alles was mich interessierte, stand auf dem Altar. Der Stein.
    Ich ging näher an ihn heran und sah in leuchten. Nein, eher pulsieren. Die Wurzeln, die den Altar fest umschlungen hielten, führten alle zum Stein hin, nährten ihn mit Energie. Ich fühlte eine Anziehungskraft, so stark wie ein Sturmsog. Ich tat einen Schritt, und langsam konnte ich den Puls spüren. Auf der Haut, in den Haaren. Weisses Licht wurde abgestrahlt und beleuchtete die Umgebung in einer eigenartigen, befremdlichen Weise. Doch ich hatte keine Angst mehr. Ich war fasziniert, ich starrte den Stein an. Ich wollte ihn anfassen, seine Macht fühlen, mich durchströmen lassen von seiner schieren Kraft. Ich tat einen Schritt. Ein hohes Summen erfüllte die Luft, kaum hörbar, leise wie der Flügelschlag eines Papinellas. Es erfüllte mich mit Wonne, mit einem Gefühl von Unbesiegbarkeit. Die Leute wären nur noch Spielzeug, das Wetter eine lästige Pflicht. Ich könnte alles tun, wenn ich erst den Stein besässe. Alles!


    Halt.


    Es ist immer noch ein Auftrag. Sie wollte den Stein. Nicht ich. Sie wollte die Macht. Nicht ich. Sie bezahlte.


    Wieder mit klareren Gedanken, kontrolliert von der Vernunft, liess ich die letzten paar Meter zwischen dem Altar und mir zurück. Ich stand nun unmittelbar davor. Vor dem Objekt, wofür viele Menschen ihr Leben gegeben haben, wofür sie nun zusammen mit Shuppets und Zwirrlichts in einer Welt existierten, wo sie weder tot noch lebendig waren. In einem Zustand unendlichen Leidens. Ich betrachtete den Altar um den Stein herum genauer. Mit meiner Hand wischte ich etwas Staub beiseite. Eine Inschrift trat hervor:


    Dies ist das Erbe von Arceus. Es wird die Welt nähren und beschützen, sobald die Zeit dazu gekommen ist. Vorher wird es zerstören!


    Ich glaubte nicht recht, dass schon der Zeitpunkt gekommen war. Die Welt, wie ich sie kannte, musste nicht genährt werden wie ein Kalb von Miltank. Aber sie würde es wissen. Schliesslich zahlte sie. Sie zahlte gut. Und zwar jetzt, nicht erst in tausend Jahren. Ich würde ausgesorgt haben für den Rest meines Lebens, zusammen mit allen Annehmlichkeiten, die sich Unsereiner nur wünschen kann. Berauscht von der Vorstellung des unendlichen Glückes setzte ich mich über die Warnung hinweg, und fasste den Stein an. Sofort bereute ich meinen Entscheid. Der Stein war glurakheiss, obwohl er vorher keinerlei Hitze abgestrahlt hatte. Schmerz zuckte durch meinen Arm und liess meine Brust zusammenziehen. Ich bückte mich vornüber, musste mich übergeben. Unfähig, meine Hand vom Stein zu nehmen, kamen neue und neue Wellen von Schmerz. Ich konnte nicht mehr klar denken, mir wurde langsam schwarz vor Augen. In einem letzten, verzweifelten Versuch, meine Hand zu lösen, legte ich auch noch die andere auf den Stein, um ihn wegzudrücken. Sogleich fiel mir ein, wie dumm das war. Die Hitze durchfuhr mich erneut, diesmal meine rechte Seite. Alle Alarmglocken in meinem Gehirn schellten, und ich fühlte mich, als wäre ich in einem Feuersturm. Umwogt von einem Flammenrad von Schmerz taumelte ich zurück, doch meine Hände klebten weiterhin am Stein. Ich schrie auf, lauter als jemals zuvor. Einen klaren Gedanken fassen hatte Priorität, doch mein Denkapparat war wie von Weissnebel umhüllt.
    Plötzlich liess der Schmerz nach, und mir wurde schwarz vor Augen. Ich knallte kopfvoran auf den Altar. ‚Endlich ist es vorbei‘, dachte ich, als ich sah, wie ein Shuppet und ein Zwirrlicht an mir vorbeihuschten. Und die Hölle trat ein.[tab=2. Platz][subtab=Cáithlyn]Die Kunst der Poesie


    Heute ist der Abend. Heute werden meine Träume wahr werden. Heute werden mich die Menschen hochleben lassen. Sie werden gar nicht anders können, bei meinem CHARM…ian.


    Ein breites Grinsen liegt auf meinem Gesicht, als ich durch die Gassen von Dukatia hindurchschlendere. Die Sonne am Abendhimmel verschwindet schon fast zwischen den hohen Säulen der Gebäude, die sich wie einsame Giganten in den-
    Halt! So darf ich jetzt nicht denken. Ich muss mich schon einmal in Stimmung bringen, bevor ich die Bühne betrete. Keine anspruchsvolle Poesie mehr, heute Abend ist nur eines erwünscht:
    Witz.
    Und darin bin ich Experte.
    „Was tut ein Mauspokemon in seinem Käfig?, fragt der kleine Fratz seinen Vater. Na, es läuft im RATT- Fratz!“
    Oh ja, heute bin ich wieder gut drauf. Den muss ich mir merken, der wird sie umhauen wie ein guter Power-Punch, da bin ich mir sicher!


    Nicht, dass diese Banausen irgendwie anspruchsvoll wären. Schon als ich das erste Mal diese kleine Bar in einem der zwielichtigen Vierteln von Dukatia betreten habe, war mir klar, dass sich dort nur besoffene Idioten herumhangen. So dunkel wie es da drin war bräuchten die mindestens zwölf Pikachu, um die Bude mit Blitz zu erhellen. Und Weberak schienen sich in diesem Drecksloch auch ziemlich wohl zu fühlen- die besaßen in den Ecken wahre Luxusapartments. Wenn ich noch einen weiteren FADEN sehe, gebe ich mir einen SCHUSS!
    Herrlich! Ja, heute kann gar nichts schief gehen!


    Als ich an dem massigen Türsteher- ein Tauros wäre neidisch auf den massiven Stiernacken, und jedes Relaxo könnte sich hinter seinem breiten Rücken verstecken, und wenn der einen im QUETSCHGRIFF hat, dann hat man ganz schnell Piepi in der Hose, wenn ihr versteht, was ich meine- vorbeischlendere, grunzt er mir irgendetwas zu, was genauso gut ein Paarungsruf eines Bissbark sein könnte. Ich gehe schnell vorbei, in einem Tempo bei dem selbst Vögel mit Aero-Ass ihre Probleme hätten, mitzukommen, und schlüpfe durch die Tür hinein in die Drecksbar.


    Der Barkeeper, ein waschechter Hybrid aus Ursaring und Vollidiot, spricht mich missgelaunt an, dass ich ja auch endlich mal da bin. Ich grinse ihm siegessicher zu und marschiere an ihm vorbei, ohne ihm weiter Beachtung zu schenken. Soll dieser merkwürdige, alte Kauz- der hat vermutlich mehr Jahre auf dem Buckel als eine Branawarz Warzen hat- doch denken, was er will. Sobald das SPOTLIGHT auf mich gerichtet ist und es nach dem Auftritt für mich ZAHLTAG heißt, dann verschwinde ich ohnehin von hier. Vermutlich wird mich sowieso ein Talentfinder in die GRIFFEL bekommen. Und dann werd ich reich und berühmt.


    Oh Mist. Ich kann das nicht. Ich kann das nicht!
    Viele Leute sind nicht gekommen, aber jetzt wo ich auf der Bühne stehe, und mir ihre Augen Löcher in den Magen bohren, da bleibt mir die Spucke weg und ich stottere wie blöd vor mich hin.
    Verdammtes Lampenfieber! Mein Kopf ist wahrscheinlich so rot wie ein Flampion.
    „Was isn jetzt?!“, schreit einer der Besucher zu mir herüber. Ich schlucke den Kiesling großen Klotz im Hals eilig herunter und versuche doch noch irgendwie, ein Wort herauszubekommen.
    „Äh.. Wisst ihr, ich habe da diesen F-Freund!“, beginne ich mit einem unsicheren Lächeln, das wahrscheinlich aussah, als würde ich die Zähne fletschen und Bedroher einsetzen.
    „Und letztens, da hab ich ihn gesehen. Und da war eben dieses Mädchen an seiner Seite und-“
    „Runter von der Bühne, du Menki!“, brüllt ein Kerl und zaubert irgendwo aus seiner Tasche einen Pokeball hervor, um ihn mir an den Kopf zu werden, aber flink wie ich bin, weiche ich ihm aus.
    „Hey!“, schreie ich zu ihm herüber, weil die Buh-Rufe nun immer lauter werden. „Hast wohl deinen ZIELSCHUSS nicht eingesetzt! Oder hat dir vorhin einer mit SANDWIRBEL die Sicht vernebelt, hä?“
    Leider hatte das nicht die Wirkung, die ich erhofft hatte. Der Kerl stand auf, schnappte sich sein Bierglas und dieses Mal schien er wirklich zu zielen. Nur haarscharf, nicht einmal ein Wattzapf hätte noch zwischen dem wohlbekannten Flugobjekt und meine Wange gepasst, zischte es an mir vorbei.
    „Was soll das, Louis?“, brüllte ein anderer den bärtigen Barkeeper an, der breit grinste. Blöder Mistkerl, er wusste genau, dass das passieren würde! Und er genoss es. Dieser Kerl war ja niederträchtiger als ein Zwirrklop!
    „Wir kommen hier doch her, um etwas Interessantes zu sehen! Dieser Clown soll von der Bühne verschwinden!“
    „Was kann ich dafür?“, brummte Louis zurück. „Er hat behauptet, er würde Poesie vortragen. Dass er ein Clown ist, davon war nie die Rede!“


    „Moment mal?“, krächze ich zwischen die Protestrufe der Besucher. „Ihr wollte Poesie?“
    „Was meinst du, wofür die Montag sonst da ist?“, grunzt ein blonder Gast, der sich am Kopf kratzt. „Montags ist PP dran.“
    „PP?“ Ich verziehe verwirrt das Gesicht. Power-Punch? Oh Gott, wollen die mich jetzt etwa verprügeln? Aber was hat das Ganze dann mit Poesie zu tun? Musikalische Poesie? Die Geräusche von Schreien und brechenden Knochen könnten mit etwas Fantasie durchaus einen schönen Klang haben… denke ich. Ist deswegen ein Letarking das Zeichen dieser Bar? Oh Gott, steh mir bei!


    „Pokemon Poesie, du Schwachkopf!“, grinst Louis mich an, vermutlich weil er mir ansieht, dass ich mittlerweile so blass bin wie das Fell eines Jugong. Ich fühle mich mittlerweile auch wie von einem Eisstrahl getroffen.
    „Wenn du davon keine Ahnung hast, dann verschwinde von hier!“, forderte er mich auf. Ich schaue durch das Publikum. Lauter alter, behaarter Männer, die so leere Augen haben wie ein Zwirrfinst. Und die sollen auf Poesie stehen? Das kann doch nie im Leben sein! Junge, dynamische Menschen, so wie ich, wir sind diejenigen, die wahre Kunst schätzen! Nicht diese alten Kerle, die aussehen, als hätten sie mit zehn schon zu tief ins Glas geschaut!
    Na gut, dann wollen wir sie eben mal testen.


    „Einst hatte ich ein Knuddelluff,
    Ich mocht‘s sehr gerne und- PUFF!
    Da wars plötzlich ein Pummeluff!“


    Die Besucher schauen auf. Ein bärtiges Gesicht nach dem anderen mustert mich mit kaum verhohlener Neugierde, teilweise auch etwas argwöhnisch. Ich weiß genau, was sie denken.
    Warum kann dieser dumme, kleine Knirps etwas mit Poesie anfangen? Poesie ist für uns erfahrene da!
    Und ich lege sogar noch einen drauf! Denn jetzt komme ich erst recht in Fahrt.


    „Flegmon ruht und gähnt und schnarcht,
    in tiefen Höhlen wo kein Laut es stört,
    doch etwas stört es ganz gewaltig!
    der Biss an seiner Rute juckt ganz unangenehm.“


    Der Mann in der ersten Reihe nickt bedächtig und auch die anderen Gäste scheinen endlich wieder zur Ruhe zu kommen.
    „Hast du noch mehr auf Lager?“, spricht Louis mich an.
    Ich grinse ihm breit zu.
    „Klar doch, ich bin immer bereit. Ich bin schließlich kein IMITATOR, und HYPNOSE beherrsche ich auch nicht, ihr werdet laut nach ZUGABE brüllen!“
    „Bleib bei Poesie, Junge“, grummelt der Barkeeper in sich hinein und wendet sich wieder seinen Gläsern zu.


    Oh ja, heute bin ich gut drauf. Heute erfolgt mein DURCHBRUCH!
    Heute steht Samuel Eich im SPOTLIGHT![tab=3. Platz][subtab=Chessi]Ein rotomantisches Rendezvous


    Weißt du, was du bestellen möchtest?“, fragte er mich, als die Kellnerin sich an unseren Tisch stellte, und uns fragte, ob wir bereit sein. Ich warf noch einen letzten Blick auf die Karte, antwortete meinem Freund dann aber mit einem „Ja“.
    „Perlufekt! Dann fang mal an“, forderte er mich höflich auf, zuerst zu ordern.
    „Gerne“, antwortete ich ihm. „Könnte ich bitte Seeperzunge haben?“, wandte ich mich nun an die Kellnerin, welche schon einen wartenden, gar fordernden, aber dennoch freundlichem Gesichtsausdruck.
    „Natürlich. Möchten sie Karpatoffeln oder lieber Regireis dazu?“, bot sie daraufhin die beiden Beilagen an.
    „Ersteres bitte“, sagte ich knapp. „Und du, Schatz?“, wandte ich mich wieder meiner Begleitung zu.
    „Ich hätte gerne das Filet Minun, ebenfalls mit Karpatoffeln bitte“, meinte er freundlich und gab der Kellnerin dann sein Karte, was ich daraufhin ebenfalls tat. Die Frau bedankte sich und verschwand in die Küche, wo sie unsere Bestellungen an die Köche weitergeben würde.


    „Die Seeperzunge? Wusste gar nicht, dass du Fisch so ursarglaublich magst“, sagte mein Freund, als die Kellerin nicht mehr da war, leise und lachte mich an. Ein gewisser Sarkasmus lag in seiner Stimme, aber so war er nun mal. Er schmunzelte mir zu.
    „Und seit wann ziehst du Karpatoffeln deinem geliebiskusten Regireis vor?“, antwortete ich gespielt schnippisch und zog meine Augenbrauen hoch. Eine Serpikunde sahen wir uns in die Augen, aber schon mit dem nächsten Wimpernschlag mussten wir herzhaft lachen. Nach einigen Momenten hatten wir uns wieder beruhigt.
    Ich sah ihm tief in die Augen und zwinkerte ihm noch ein letztes Mal zu.
    „Was macht die Arbeit?“, fragte ich meinen Freund daraufhin, dieses Mal allerdings ernst, ohne lachen zu müssen.
    „Ich habe zwar nach jedem Arbeitstag Koknopfschmerzen, aber die Asperin-Tannzabletten sorgen dafür, dass es einigermaßen auszuhalten ist. Der ho-ohe Geräuschpegel ist eben das Problem, diese Maschinen sind einfach viel zu laut …“, beklagte er sich, wobei man in seiner Stimme schon hörte, dass er es gar nicht so schlimm fand, sondern aus einem Yanmega wohl gerne ein Donphan machte. So war er nun mal …
    „Verstehe. Aber irgendjemand muss eben für den Strom der Stadt sorgen, stimmt’s?“ Auch ich hatte keinesfalls weniger Sarzeniakasmus als er. Eine der Eigenschaften, welche uns beide zu einem wundervollen Paar machte.
    „Bedauerlicher Welsar, ja …“, stöhnte er, „Und wie sieht es bei dir aus?“
    „Klikklenten, Heulsusen, und so weiter … Es ist eben nicht einfach in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten und als Selfeetärin, hat man auch einfach viel zu tun. Telefon, Empfang … du weißt ja. Aber ich kann mich auch nicht beschweren, mein Job ist eben mein Job“, antworteteich recht monoton, denn all das wusste er eh schon, bei mir änderte sich meistens nicht viel.
    Gerade wollte ich in ein neues Themtoxa einsteigen, als die Kellnerin wieder kam, in ihren Händen jeweils ein großer Teller, voll mit gut duflorenden Essen.
    „Das Filet Minun ist für sie, Sir“, wiederholte sie die Bestellung und stellte den Teller dann vor meinem Freund ab, „und die Seeperzunge für sie, richtig?“ Ich nickte und sie stellte auch vor mir den Teller ab.
    „Möchten sie noch trinken?“, fragte sie dann noch höflich, aber wir lehnten ab, unsere Gläser waren noch gar nicht leedian.


    „Schmeckt es dir?“, fragte mich mein Freund, nachdem wir beide schon zwei, drei Gabeln genommen hatten.
    „Danke, der Fisch ist vorzüglich. Und wie ist dein Filet Minun?“, antwortete ich und sah ihm in die Augen.
    „Köstlich!“, meinte er knapp und begann sofort damit weiter zu essen, offenbar hatte er echt Hunger. Ich schmunzelte kurz, aß dann aber ebenfalls weiter.
    Als wir mit dem Essen fertig waren und einen Moment einfach mal nichts taten, bestellten wir gemeinsam noch einen Gelatwino-Becher, den wir uns dann teilten. Wir aßen gemeinsam und kamen uns dadurch noch etwas näher, aber dann war dieser fasasnotastische Abend leider vorbei. Er bestellte die Rechnung und zahlte.
    „Es war wonneiraschön, dich wiederzusehen. Ich wünschte, es könnte immer so sein … Hätte ich doch nur ein Jirachi …“ Er blickte mir tief in die Augen, ich erwiderte seinen Blick, aber weiter reden brauchten wir nicht. Obwohl wir noch am Tisch saßen gab er mir einen Kussila. Seine Liliepen trafen auf meine, und für einen Moment blieb die Zeit einfach stehen. Ich wollte in dieser Sekunde einfach nicht loslassen, er jedoch, ließ von mir ab. Er neigte sich nach vorne, streckte seinen Kopf neben meinen und holte Luft.
    „Ich liebyda dich“, flüsterte er mir in mein Ohr.[/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information][subtab=Allgemein] Gewinner der 17. Wettbewerbs. - Saison 2013
    Kampfszene
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Galahad]"Unsere Zeit, unsere Welt"


    Stein und Erde erzitterten unter der Last, die unaufhörlich über den Boden stapfte und die letzten Tiere verkrochen sich in den Bäumen, doch auch dort waren sie nicht sicher. Eine Schneise der Zerstörung wand sich durch den Mischwald und schien sich endlos weiter hinzuziehen, bis der Hunger der abscheulichen Kreatur gestillt und all die tapferen Helden in diesen dunklen Stunden kaltblütig ins Jenseits befördert wurden.
    „Wir haben alles versucht!“
    „Ja, was sollen wir nur tun?“
    Im Rennen ließ es sich nicht gut denken, doch das wäre leider bitter nötig. Hinter ihnen war das bösartigste Wesen des ganzen Kosmos her und die strahlenden Ritter, die letzte Hoffnung, sollten in einem Moment wie diesem ihr Leben aufs Spiel setzen? Andererseits war ihnen nicht wohl bei dem Gedanken, vor dem Feind zu fliehen. Ein wahrer Krieger kämpft, und wenn die Situation noch so ausweglos erscheint! Doch anstelle einer Entscheidung fiel einer der drei Auserwählten, und zwar auf den Boden.
    Dichtes Wurzelwerk trat an dieser Stelle des Waldes an die Oberfläche und schon viel zu lange konnten die kleinen Füße den finsteren Fangarmen der Bäume ausweichen, schon viel zu lange schlüpften ihre Beine zwischen den todbringenden Schlingen hindurch. Immer deutlicher zeichneten sich furchteinflößende Fratzen auf der faltigen Rinde ab, jeder Baum geprägt von einem hinterhältigen Grinsen.
    Die anderen beiden Kämpfer hielten keuchend an.
    „Ich hab dir doch gesagt, dass man einen Sechsjährigen nicht mitnehmen kann, das ist nur etwas für die Großen!“, meinte ein Junge wichtigtuerisch.
    „Du weißt doch ganz genau, wie meine Mum reagiert, wenn ich Jarod nicht mitnehme!“, antwortete das Mädchen aufbrausend, was reichte um den Jungen in ein beleidigtes Schweigen zu versetzen. Dafür dass sie in einem luftigen Sommerkleid steckte, war sie überraschend schnell gelaufen und hatte keine Probleme, mit dem allgemeinen Tempo mitzuhalten. Ihr Bruder lief auf sie zu und man merkte ihm an, dass er nur schwer die Tränen, die sich in den Augenhöhlen sammelten, zurückhalten konnte. Aber er wollte nun mal auch einmal ein „Großer" sein, nicht immer nur der Kleine, der ihnen den Spaß wegnahm.


    Da! Und wieder ertönte ein Knurren, dicht gefolgt von dem knirschenden Klang vom Zertrampeln alter Bäume. Der Ältere rückte seine Baseballkappe zurecht und überlegte fieberhaft, was zu tun war. Als er sich umsah, merkte er dass sie mittlerweile schon ziemlich nah am Waldrand angekommen waren und er durch das dicht bewachsene Geäst auch schon die ersten bunten Häuser ausmachen konnte, dorthin würde das Monster ihnen bestimmt nicht folgen. Dort waren sie sicher.
    „Los, lauft!“, kreischte er den Geschwistern ins Gesicht, besonders Jarod, der sich erst wieder sammeln musste, reagierte verunsichert, scheinbar verstanden sie nicht recht was sich ihnen wieder auffällig näherte.
    „Das Monster! Es kommt näher!“, mit wilder Gestik verdeutlichte er den Ernst der Lage.
    Auf ihren Gesichtern zeichnete sich nach Sekundenbruchteilen Schreck ab, jetzt konnten sie es also auch sehen und setzten sich in Bewegung. Nur nicht in die gleiche Richtung, während Masha ihrem warnenden Kumpel folgen wollte, hetzte ihr kleiner Bruder unverzüglich in die andere Richtung, wo sich langsam Umrisse zwischen den Bäumen bildeten und einem riesigen Wesen zuzugehören schienen.
    „Jarod!“, drang die schrille Mädchenstimme durch das Unterholz.
    Doch dieser dachte nicht daran, sich verunsichern zu lassen. Er pflückte im Rennen einen morschen Stock vom Boden und hielt ihn fest umklammert von seinen kleinen Handflächen in die Höhe.
    Stock? Nein.
    Es brauchte seine Zeit, doch bald glänzte der lange Gegenstand in seinen Fingern in den abendlichen Sonnenstrahlen, die sich noch durch das Blattwerk über der Szene verliefen. Es glich nun eher einem Schwert, einem stattlichen Schwert, wie es Könige bei sich tragen, mit dem Welten befreit werden. Gold und Silber umschlungen sich in einer eleganten Mischung und mit jedem Schritt, den Jarod damit in Händen unternahm, wirkte seine Form dynamischer und kraftvoller. Die anderen beiden sahen staunend zu.
    „Das ist dein Ende, Blumenkohlmonster!“, quiekte er und fuchtelte wild mit seiner neuen Waffe herum.
    Im ersten Moment dachten die beiden Älteren, das Nesthäkchen würde wieder ihr Spiel nicht ernst nehmen, doch tatsächlich formten sich die schemenhafte Umrisse in seltsame Trichter, die bis zu den Baumkronen aus einem dicken Körper herausragten. Holz brach und es schritt im hellen Licht einwandfrei erkennbar weiter auf das Trio zu.
    Ein blasser, cremefarbener Körper, so breit wie alle drei zusammen, der zwei weit aufgerissene, dunkle Augen und einen riesigen Mund mit kleinen, aber unglaublich zahlreichen spitzen Zähnen beinhaltete, brach aus den Baumstämmen, darüber verliefen einige Verzweigungen, wie es bei Blumenkohl nun mal üblich war und thronten über dem Rest.
    Die heilige Waffe traf mit einem dumpfen Laut auf den zähen Körper, das Monster schrie erschrocken auf und stapfte wild mit den Füßen. Den Freunden wurde auf einmal viel schneller klar, dass sie den Kleinen nicht allein damit fertig werden lassen konnten. Die Tannzapfen auf dem Boden veränderten vor ihren Augen urplötzlich das Aussehen und wirkten plötzlich eher wie dornenbespickte Wurfwaffen, die darauf warteten, gegen den Feind eingesetzt zu werden. Masha zögerte keine Sekunde, griff sich einige davon und warf mehrere auf einmal in Richtung der ersten beiden Kämpfenden. Die Stachelkugeln prallten zwar an der Hülle des Wesens ab, aber dennoch schien es dieser weitere Angriff stark getroffen zu haben, das Kampfgebrüll aus seinem Schlund wich immer mehr einem traurigen Wehklagen, doch noch immer dachte der riesige Blumenkohl nicht daran, aufzugeben, im Gegenteil: seine langen Arme wüteten nur noch unkontrollierter und Jarod musste von seiner Entfernung aus höllisch aufpassen, wäre er nicht kleiner als sie gewesen, wäre einer der Arme schon gegen ihn geschmettert, wie er es mit dem Schwert auf das Monster tat.
    „Kannst du mal mithelfen?“, fuhr das Mädchen ihren Kumpel empört an und verzog das Gesicht.
    Doch dieser fummelte nur weiter an seiner Baseballkappe herum, ohne so recht zu wissen, was er noch unternehmen könnte, sein Auge erblickte auf dem dunklen Waldboden keine weiteren Waffen mehr.
    Streng dich an, denk dir was aus!
    Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von seinen Augen, die Erde, die den Boden bedeckte und hier und da zwischen dem raschelnden Laub an die Oberfläche trat, schien für einige nur gewöhnlicher Dreck, doch es war eine Zauberwaffe, da war er sich ganz sicher. Der Junge griff sich eine Faust voll und rannte zu seinen Freunden, die ihre ganze Aufmerksamkeit dem gigantischen Gartengewächs widmeten. Er bremste ab und warf das magische Pulver auf das Ungeheuer, welches erschrocken die Arme nach oben riss.
    „Nimm das!“, quäkte der stolz.
    Als der Humus die bleiche Haut des Feindes berührte, zerfiel diese sofort in einzelne Fäden, die sich quer über den riesigen Torso ausbreiteten. Das Wesen kreischte wild und hüpfte verloren auf und ab, doch sein Körper löste sich immer weiter auf, bald war auch der beinahe menschliche Mund einem einzigen klaffenden Loch gewichen, der Rest des Gesichts folgte und hinterließ nichts als weiße Fäden, die wie Gespenster zu Boden schwebten.
    Die Kinder jubelten, ließen ihre jeweiligen Kriegsinstrumente glücklich fallen und sprangen im Kreis, für einen Moment war vollkommen vergessen, wie viel jünger Jarod eigentlich war, der ihrem Freudentanz am lautstärksten beiwohnte. Selbst die anbrechende Dunkelheit konnte ihre Laune nicht trüben, aber der düstere Himmel befahl ihnen ganz auf seine Art, nach hause zu gehen, wie es ihre Eltern verlangten, während sie freudig aus dem Wald tänzelten, veränderte sich der Wald. Die stacheligen Wurfgeschosse wurden wieder zu spröden Tannenzapfen, der Glanz des prächtigen Schwertes schwand, als sich Klinge und Griff zurück in Holz wandelten, die weißen Fäden verblassten vor ihren Augen komplett und der Wald ruhte wie jeder andere Wald im Schlaf der Dämmerung, während seine Tiere ihn ununterbrochen mit Leben füllten, wie sie es wohl die ganze Zeit getan hatten.
    Als die Drei aus dem Dickicht auf eine Dorfstraße heraustraten, hatte jeder kindliche Zauber den Wald verlassen und für das Trio hieß es jetzt Abschied nehmen.
    „Also, man sieht sich!“, lächelte Masha ihren Kumpel an und schlug ihm sanft auf das Schild seiner Baseballkappe.
    „Ja, klar!“, stimmte dieser zwinkernd rückte seine Kopfbedeckung wieder zurecht.
    „Bis dann.“, klang die Mädchenstimme, als sie sich umwand und ihren Weg nach hause ging. Jarod winkte noch grinsend, bevor er die andere Richtung nahm.
    Der Letzte siegreiche Ritter drehte sich in die andere Richtung und tat es ihnen nach. Schon jetzt wusste er, dass das Blumenkohlmonster morgen wieder besiegt werden muss. Bestimmt.
    [tab=2. Platz][subtab=Silence]"Elysium"


    Schneeflocken rieselten unnachgiebig vom hellgrauen Himmel herab.
    Feingliedrige Eiskristalle bedeckten Steine und Pflanzen. Der Frost schien den sonst doch so lehmigen Pfad in reinen Diamant verwandelt zu haben - Kalt und funkelnd breitete sich der schmale Weg zwischen den hohen Tannen aus, welche jeden Reisenden auf dieser Passage mit ihrem gewaltigen Ausmaß unter sich zu begraben drohten.
    Stille herrschte in dem weiten Wald, längst waren die Tiere in ihre Verstecke gekrochen oder vor dem bedrohlichen Eis geflüchtet. Nur eine junge Frau schritt unbeirrt ihres Weges, ein kleines Kästchen nahe an ihr Herz gepresst. Die lähmende Kälte war längst durch ihre dicken Stiefel und ihren wallenden Mantel gekrochen. Einen solchen Winter hatte man hier seit Jahrhunderten nicht mehr durchlebt und es war offensichtlich, dass dies kein Streich der Natur war.
    Ein Ast knackte tief zwischen den Kiefern und Saira fuhr herum. Blitzartig schnellte ihre rechte Hand zu dem Dolch, den sie tief unter ihrem Gewand bereithielt. Sie wusste, dass das silberne Messer ihr kaum einen Schutz bot, dennoch war es die effektivste Waffe, die sie abseits ihres Bogens noch bei sich trug und wohl sicherlich die vielseitigste.
    Einen Moment lang blickte sie in die Weite des Waldes, doch wo sie hinsah hoben sich nur die graubraunen Äste von der trügerisch weißen Reinheit des Schnees ab. Aufmerksam spitzte sie ihre Ohren, aber die einzigen Geräusche, die die Stille durchbrachen, waren das Klopfen ihres Herzens und ihr gepresster Atem.
    Sie raffte entschlossen ihren Umhang und ging weiter. Man hatte ihr ausdrücklich verboten sich auf den Pfaden der Händler zu bewegen, aber sie war schwach und wusste nicht, wie lange sie es aushalten würde weiterhin über umgefallene Bäume und Felsen klettern zu müssen ohne sich zu verletzen oder entdeckt zu werden.
    Saira senkte den Kopf und biss die Zähne zusammen. Ihre blauen Lippen schmerzten, aber sie versuchte es weiterhin zu ignorieren. Sie fragte sich, wie stark wohl nun der Kontrast ihrer flammenden Haare zu der bläulich-weißen Haut war und wünschte sich mehr denn je an einen wärmenden Karmin.
    Ein Schatten schien an ihr vorbei zu huschen, doch als sie nach rechts sah, blickte sie in die Einöde der schneebedeckten Baumgruppen. Sie blinzelte kurz und presste das kleine hölzerne Kästchen dicht an ihr Herz, wie um den Inhalt vor der unwirklichen Welt zu schützen.
    Nach einigen Minuten sah Saira auf. Der Weg vor ihr gabelte sich um einen morschen Wegweiser, dessen verwitterte Lettern man bloß noch erahnen konnte, wenn man sie nicht schon ewig kannte. Sie atmete tief durch und sah sich nach allen Seiten um. Ihr Kopf pochte und ihr Puls stieg immer weiter nach oben. Sie fühlte sich beobachtet, konnte jedoch nicht sagen, wieso.
    Ein Frösteln kroch über ihren Rücken. Dieses Mal nicht vor Kälte.
    "Beruhige dich. Du musst es schaffen", wisperte sie leise.
    Dann bog sie auf den linken Pfad ab, der sie zu dem See führen würde, der in jedem Winter von Nebel umfangen war. Jedoch war dies schon beinahe der Ausgang des Gefängnisses aus Tannen, die bedrohlich auf sie hinabsahen. Hatte sie den See überquert würde sie bald an einen Hang gelangen, der sie in das Tale einer Schlucht führte. Von dort aus war es noch ein Tagesmarsch bis zu ihrem Ziel. Dem endgültigen Ziel. Der geheime Tempel der Zoraten.
    Beinahe wäre sie froh gewesen, dass die Temperaturen ihre Glieder gefühlstaub machten, als sie wie mechanisch den gewundenen Weg hinabstolperte. Mehrmals hatte sie das Verlangen stehen zu bleiben, hielt sich aber an weiterzugehen.
    Bald hatte sie ihre Etappe erreicht. Wirklich sehen konnte sie den See nicht, so dicht war der Nebel über dem gefrorenen Gewässer. Die meisten Einheimischen aus den umliegenden Gemeinden mieden ihn deshalb im Winter, während er die Leute im Sommer mit frischem Fisch versorgte und an warmen Tagen als Badestelle diente.
    Die junge Frau seufzte innerlich bei diesem Gedanken. Wie gerne hätte sie ihren Mantel unter der brütenden Hitze des letzten Sommers nun abgelegt und sich in dem kühlen Wasser erfrischt. Stattdessen lag der See jedoch spiegelgleich hinter der weißen Wolke verborgen.
    Mit einem Male lief ihr ein Schauer über den Rücken. Sie zweifelte nun keine Sekunde mehr daran, dass sie nicht alleine war. Jemand oder gar etwas anderes lauerte zwischen den Bäumen und hatte seinen Blick fest auf sie geheftet. Vorsichtig drehte sie sich um. Hinter ihr lag der verborgene See während sich vor ihr nun das Spalier der gewaltigen Baumstämme erstreckte. Dieses Mal glitt ihre linke Hand wie unter Zeitlupe an ihrem Gewand hinab und ließ das wertvolle Kästchen in eine der Manteltaschen gleiten. Stattdessen griff sie nach ihrem Bogen und holte einen Pfeil aus dem Köcher. Gekonnt legte sie ihn an und sah wachsam in den Wald hinein. Das schimmernde Paar gelber Augen fiel ihr in just dem Moment auf, als das Wesen bereits auf sie zupreschte. Schnee stob zu allen Seiten davon und das Geräusch, wenn Teile der gewaltigen Kreatur auf dem Eis aufkamen glich einem Pistolenschuss in der Stille.
    Doch die Rothaarige reagierte schnell. Zitternd formten ihre Lippen die kraftraubenden Worte und im Nu war die blitzende Pfeilspitze von einem silbrigen Licht umgeben. Ohne auch nur eine weitere Sekunde zu zögern ließ sie los. Melodisch surrend sauste das Geschoss durch die Luft, bevor es sein Ziel erreichte. Der Schuss hatte getroffen, jedoch war er lediglich in einer Flanke des gewaltigen Wolfs gelandet, der schmerzhaft aufjaulte, sich aber schnell wieder fing und lauernd innehielt. Seine menschlichen Augen symbolisierten nichts als Hass und die junge Priesterin wusste sofort, dass es sich um eine jener verlorenen Seelen handelte, die der grausame König in den Lagern seiner Armee aussortiert hatte. Des Körpers beraubt verdammt dazu die tierische Gestalt der jeweiligen Person anzunehmen. Bis an das wahre Lebensende.
    Das Knurren drang durch Mark und Bein und die Angst breitete sich weiter in Saira aus. Wie der Nebel, der sie bereits sanft umschloss waberte auch das gefährliche Gift durch ihren Körper und drohte sie zu lähmen. Aufzugeben. Ihre Mission an diesem Punkt zu beenden. Aber sie durfte nicht.
    Sie wog ab, ob es ratsam war, auf dieser kurzen Distanz ihren Bogen beizubehalten, ließ ihn jedoch nach wenigen Momenten in den Schnee fallen.
    Der Seelenwolf bäumte sich auf und Saira war klar, dass es nur noch Augenblicke dauern würde, bis er erneut angreifen würde. Unnachgiebig hielt sie seine Augen fixiert, versucht, den letzten menschlichen Rest darin zu erreichen, doch es war vergebens. Ihre Hand glitt blitzartig zu dem gesegneten Messer als das dunkle Wesen bereits auf sie zu stürzen drohte. Mit aller Kraft sprang sie zur Seite und rollte sich im unangenehm beißenden Schnee ab. Ein Heulen ging von dem riesigen Hund aus und Saira wusste, dass er Verstärkung anforderte. So schnell sie noch fähig war, suchte sie ihren Rücken nach dem Bogen ab, bereit ihren Gegner nun zu töten.
    Doch ihre wertvolle Waffe lag meterweit von ihr entfernt im Schnee und der Nebel war nun bereits so dicht, dass er ihr die Orientierung nahm, wo genau sie ihn abgelegt hatte. Die Zeit schien wie Sand durch ihre ledernen Handschuhe zu rinnen und verzweifelt blickte sie sich um. Noch immer hatte ihr Kontrahent den gewaltigen Kopf in den Nacken gelegt und rief lautstark nach Kumpanen.
    Ihr Herz schien zu zerspringen, als sie sich bäuchlings auf das glatte Eis legte und sich quälend langsam vorwärtsschob. Nun von hinten anzugreifen war ihre letzte Chance sicher zu entkommen. Geheimnisvoll schimmerte die Klinge des Dolches, dessen scharfe Spitze sich bis aus dem wahrnehmbaren Bereich des Betrachters erstreckte. Eine gefährlichere Nahwaffe gab es wohl mit Ausnahme des heiligen Schwertes im gesamten Land nicht. Doch war jenes nicht einmal halb so wendig wie das silberne Messer.
    Saira wünschte, sie wäre mehr auf Nahkampf spezialisiert als auf den Umgang mit Pfeil und Bogen.
    Zentimeter für Zentimeter. Die Zeit schien stillzustehen.
    Dann jedoch raste ihre Welt an ihr vorbei und lediglich der begleitende Laut hallte in ihren Ohren wider; Das Heulen weiterer Wölfe.
    Nun war es vergebens.
    Der Seelenwolf mit den gelben Augen sprang herum. Er wusste genau wo sie war. Es dauerte einen Moment und ihre Hand wanderte an ihrem Gewand hinab bis zu der harten Ausbeulung an ihrer Kleidung. Ein letztes Mal strich sie über das alte Holz und die goldenen Scharniere, dann formten ihre Lippen zum zweiten Male innerhalb weniger Minuten eine Beschwörung. Doch diese nahm ihr ihre letzte Kraft. Sie riss den Dolch in die Höhe, dessen plötzliches feuriges Glühen sich über den ganzen See hinweg ausbreitete. Ihr Kontrahent jaulte auf und wich zurück, doch er würde nicht mehr fliehen können.
    Mit einem ohrenbetäubenden Krachen kam der Dolch auf der dicken Eisdecke auf und zerbarst die trügerische Fläche in Sekundenschnelle zu kleinen Schollen, die alles, was sie auf sich ruhten nun in die Tiefe rissen. Saira warf einen letzten Blick nach oben in den grauen Himmel und den stürzenden Wolf, dann nahmen die eisigen Fluten sie in ihre Arme und trugen sie und ihren wertvollen Besitz immer weiter auf den Grund des dunklen Gewässers, entschwindend der Welt der Lebenden.
    [subtab=Buxi]"Mögest du fallen im Wind"


    Ich blickte mich um. Es war dunkel und ich konnte nicht recht sehen. Schemenhaft erkannte ich eine Allee aus Kirschbäumen; sie standen in letzter Blüte. Bald würden sie fallen, und der Ernst des Alltags würde ganz Japan wieder einholen. Doch für mich war Hanami, das Kirschblütenfest, anders. Es war kein Grund zur Freude mehr, wie noch, als ich klein war. Ich war in die Strassen gerannt und versuchte, herabfallende Blüten aufzufangen. Ich war herumgetollt und hatte Spass gehabt. Nun, zehn Jahre später, stand ich hier. Um meine Familienehre zu retten. Und mein blankes Leben.


    Der Mond stand fahl am Himmel, umgeben von dunstigen Wolken. Ich stand inmitten eines Platzes, vom Himmelskörper in schwaches, weisses Licht getaucht, Schatten spielten unter den Bäumen. Beklommen betrachtete ich sie, mich fürchtend vor den bevorstehenden Momenten. Den Helm hatte ich mittlerweile abgenommen, es war zu heiss darin. Auch im Rest meiner Rüstung schwitzte ich. Die Frühsommernacht war warm, fast zu warm. Nochmals überprüfte ich, ob meine beiden Schwerter sassen. Ich rüttelte leicht an den Griffen und sie hielten. Wie lange würde es noch dauern? Meine Angst wuchs, während der Mond mich hämisch auszulachen schien.
    Plötzlich hörte ich, wie hinter mir vertrocknete Blütenblätter unter metallbeschlagenen Stiefeln knirschten. Hastig setzte ich meinen Helm auf und drehte mich um. Die scharfe Kante der Gesichtsmaske hatte einen Schnitt in meine Wange gezogen und das Blut lief in einem kleinen Rinnsal zu meinen Lippen hinab. Es schmeckte metallisch. Und es schmeckte nach Tod.
    „Schön, dass du gekommen bist, Yashiro Seisaki. Hanami dieses Jahr wird ganz speziell“, begann die Gestalt. Als sie mir nähergekommen war, konnte ich sie im Mondlicht besser erkennen. Sie war in eine schwarze Samurairüstung gehüllt. Ein teures Modell, wie meinem geschulten Blick nicht entgehen konnte. Sicherlich massgefertigt. Auch seine beiden Schwerter schienen von vorzüglicher Machart zu sein, die Scheiden waren aufwändig verziert mit den schönsten Ornamenten.
    „Watabi Otobe“, antwortete ich und verbeugte mich leicht. Wie ich ihn hasste! Alles hatte er mir kaputtgemacht. Erst hatte seine Familie meinen Grossvater getötet, dann meinen Vater enthauptet, und nun musste ich mich meinem Schicksal stellen. Es war so ungerecht. Wieso mussten wir, die Seisakis nur Vasallen von Otobe sein? Alle zehn Jahre zwangen sie unser Familienoberhaupt an Hanami zu einem nächtlichen Duell auf Leben und Tod. So schauten sie, dass wir nicht zu mächtig würden, und uns irgendwann befreien könnten.
    Watabi zog seine Katana. „Mögest du fallen im Wind.“


    Sofort ging er in die Offensive. Den ersten Hieb gegen meine linke Schulter konnte ich gerade noch mit meiner Klinge ablenken, doch der zweite sass und traf meinen rechten Unterarmschutz. Zu meinem grossen Glück verbog es ihn nicht und ich kam mit einem blauen Flecken davon. Vorerst. Er zögerte kurz, und ich nutzte es aus. Ich fuhr mit meinem Schwert durch die warme Luft, doch mein Gegner wich dem Hieb geschmeidig wie eine Katze aus. Mein Gesichtsschutz schränkte meinen Blickwinkel erheblich ein, sodass ich ihn nicht mehr erblicken konnte. Ich drehte mich rasch um, gerade noch rechtzeitig riss ich meine Katana in die Höhe. Metall krachte auf Metall. Wieder kam ein Hieb auf mich zu, und ich sprang zur Seite. Watabis Klinge zerteilte die Luft nur zwei Finger von meiner Schulter entfernt. Sofort stach ich nach seinem Unterkörper, doch die Spitze glitt wirkungslos an der hochwertigen Legierung ab. Ich hieb nochmals nach ihm. Es schien ihm aber ein Leichtes, meinem Schlag auszuweichen. Er tauchte unter meiner Klinge durch und parierte meinen nächsten Stich, indem er mein Schwert zur Seite hieb. Kurz war meine Brust ohne Deckung. Mein Gegner reagierte blitzschnell. Im letzten Moment sprang ich nach hinten. Die Spitze seiner Katana kreischte auf meinem Brustpanzer, Funken stoben. Ein tiefer Kratzer zierte nun meine Rüstung. Während der kurzen Verschnaufpause merkte ich, wie sehr ich schwitzte. Meine Hände waren nass und meine Haare fühlten sich an, als käme ich direkt aus dem Bad. Die Armmuskeln brannten. Seine wenigen Hiebe, die ich pariert hatte, waren mit solch einer Wucht geführt, dass er meine Deckung bald brechen konnte, wenn er weiterhin mit dieser enormen Kraft hauen würde. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Er war mir komplett überlegen.
    Ich wich einige Schritte zurück, und mein Gegner setzte mir in sprunghaften Bewegungen nach. ‚Denk nach, Yashiro, denk nach!‘ Klinge prallte auf Klinge, als ich einen Schlag nach meiner rechten Schulter parierte. Sofort folgte ein weiterer, der meine ungeschützte Achselhöhle zum Ziel hatte. Ich wich aus. Keuchend schlug ich mit meinem Schwert nach meinem Gegner, doch es war ein unüberlegter Hieb, den mein Gegner mühelos abwehren konnte.
    „Mehr kommt da wohl nicht mehr, Yashiro. Gibst du etwa auf?“ Watabi lachte.
    „Nein, ich gebe nicht auf. Das ist unter meiner Ehre!“, presste ich hervor. Ich musste dies durchstehen. Lieber den ruhmvollen Tod im Kampf als Aufgabe und Seppuku, um wenigstens den letzten Zipfel meiner Ehre zu retten.
    Ich ergriff die Initiative und schlug mit nunmehr gezielteren Schlägen nach ungeschützten Stellen wie Händen oder Kehle. Watabi bekundete jedoch keine Mühe, heil aus meinem Angriff herauszukommen. Er schien nicht einmal ausser Atem, während ich schwer keuchte. Nochmals hieb ich nach seiner Schulter und landete einen Treffer. Meine Klinge bohrte sich tief ins hervorstehende Holz der Schulterplatte hinein. Watabi taumelte ob der Kraft meines Hiebs. Ich wollte die Klinge zurückziehen, doch sie klemmte im Holz fest. Ich zog energischer. Es nützte nichts. Watabi schien sich vom Treffer erholt zu haben und ich liess meine Waffe los, um seinem Stich nach meinem Oberkörper auszuweichen. Ich zog mein Wakizashi. Nun steckte ich in der Klemme. Mit meinem erheblich kürzeren Schwert war ich seiner Katana komplett unterlegen. Ich fühlte, wie die Furcht in mir aufstieg, aber auch der Hass und die Wut. Meine Magengegend brodelte. Ich schmeckte wieder Blut. Mein Blut. Seinen Vorteil witternd löste Watabi seine Schulterplatte, in der immer noch meine Katana steckte, und griff erneut an. Mit schmerzenden Muskeln parierte ich den heftigen Hieb nach meiner Kehle und ich wich dem nächsten mit Müh und Not aus. Er deckte mich mit einem Hagel von Schlägen ein. Angestrengt parierte ich einen nach dem anderen. Ich durchschaute seine Absicht. Er wollte mich ermüden, damit er ein leichtes Spiel hätte, meine letzte Deckung zu durchbrechen. Es war ein guter Plan. Ich war machtlos. Kurz blickte ich auf den Boden, der von Kirschblüten übersät war. Sie waren braun und verdorrt, knirschten unter jedem unserer Schritte. Wieder kreischte seine Klinge, als sie auf meine traf. Er wirbelte herum und traf mit einem Schlag meine rechte Seite. Ich jaulte auf. Schmerz schoss durch meinen Bauch bis hinauf zur Brust. Hinter seiner Gesichtsmaske konnte ich die Mimik von Watabi nicht erkennen. Doch ich war mir sicher, dass er lachte. Er landete nochmals einen Treffer, diesmal gegen meinen Oberschenkel, die Rüstung war komplett verbogen. Unfähig, mein linkes Bein richtig zu bewegen, hob ich mein Wakizashi und hieb gegen die Klinge meines Gegners. Wirkungslos. Er griff wieder an. Ich biss auf die Zähne, ich musste meinen Schmerz wegstecken, ich musste weiterkämpfen. Den nächsten Schlag parierte ich, den übernächsten auch, doch wieder wurde mein Oberschenkel getroffen. Ich knickte zur Seite ein, und Watabi gab mir mit seiner Faust den Rest. Mit einem Aufschrei fiel ich zu Boden. Mein Oberschenkel war gebrochen, und einige Rippen. Ich hatte versagt. Ich hatte verloren.
    Watabi trat vor mich heran und hob sein Schwert. „Du bist gefallen im Wind.“
    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Information]
    [subtab=Allgemein] Gewinner der 18. Wettbewerbs - Saison 2013
    Klanggeschichten
    Informationstopic
    Votetopic
    [tab=1. Platz][subtab=Chessi]Flügellos

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    Mit einem gewaltigen, fast schon bedrohlichen Zischen öffnen sich sowohl die vordere als auch die hintere Tür des Busses. Zwei Menschen steigen ein, einer setzt sich bereits, der andere zahlt scheinbar die Karten für beide. Ersterer ist noch jung und klein, während Letzterer bereits erwachsen ist. Er setzt sich neben sie und legt seinen Arm um sie. Er drückt sie fest an sich, als wolle er sie nie wieder loslassen, als wäre sie das Einzige, was er noch im Leben hatte. Ächzend schließen sich die Türen wieder, das Prasseln des Regens wurde leiser und ich vernehme es nur noch gedämpft an meinem Ohr, wie gesagt gegen die Fensterscheibe des Busses schlug. Die beiden lachen miteinander und auf dem Gesicht des Vaters war die pure Zufriedenheit zu sehen, als wolle er diesen Moment nie wieder gehen lassen. Er sieht glücklich aus. Sie blickt ihn mit großen Augen an; hält für einen Moment inne. Er schmunzelt zurück, sie legte ihren Kopf auf seine Brust und erlässt ihren Augenliedern für einige Sekunden die Arbeit. Auch sie war glücklich. Das dumpfe Surren des Motors wird stärker, dringt an mein Ohr und benebelt meinen Geist. Mit nunmehr ebenso geschlossenen Augen, wie das kleine, glückliche Mädchen, ertrage ich den Rest der Fahrt; ertrage das Brummen und das Prasseln. Der Bus hält, zischend öffnen sich die Türen. Ich steige aus. Die Regentropfen erschlagen mich, benetzen meine Haut und meine Kleidung. Ich dreht mich um, sehe in den so warm und geborgen wirkenden Bus, wo Vater und Tochter noch immer Arm in Arm sitzen. Das Surren lässt nach.


    Ich erinnere mich.


    Sie neigte sich zu mir herunter, legte die Arme auf mein Bett. Ich war bereits in meine Decke eingehüllt und obwohl sie mich immer wärmte, fror ich in diesem Moment. Draußen fegte der Wind durch die Straßen und hämmerte bedrohlich gegen mein Fenster. Sie lehnte sich langsam über mich und berührte meine Stirn mit ihren Lippen.
    „Gute Nacht, mein Schatz“, hörte ich sie sagen. Die Dunkelheit in meinem Zimmer erdrückte mich, ich fühlte mich eingeengt und bewegungsunfähig, aber sie war bei mir. Und das machte mich glücklich. Genauso war mir auch bewusst, dass ich sie glücklich machte. Ich schloss die Augen. Für eine Sekunde entfloh ich der Schwärze des Raumes, fühlte mich frei. Doch ich kehrte gerne wieder, denn meine Mutter war dort.
    „Gute Nacht“, hauchte ich zurück und mit dem letzten Wort schlief ich ein. Meine Mutter stand auf, beobachtete mich noch einige Sekunden und verließ dann leise das Zimmer. Die Tür stand einen Spalt offen, und so schien ein kleiner Lichtkegel in meinen Raum, der die Dunkelheit vertreiben sollte. Der Wind peitschte gegen die Fensterscheibe.


    Sowohl meine rechte, als auch meine linke Hand, hatten die Beiden in Besitz genommen. Wir liefen den sandigen Weg gemeinsam, alle drei. Zu beiden Seiten konnte man den Stimmen lauschten, wie Menschen kauften, wie Menschen verkauften. Wie sie plauderten oder sich angeregt unterhielten. Wie sie lachten, Spaß hatten. Wie sie trauerten und weinten. Nur schwach drangen die Lichter der Laternen und Kerzen an mein Auge, viel zu fixiert waren meine Sinne in dieser Sekunde auf meine Eltern. Ich hörte sie zählen, von drei abwärts. Bei eins brachten sie zusammen gewaltige Kraft auf und hoben mich dadurch in schwindelerregende Höhen. Zunächst hatte ich einen Schock, doch dann fühlte ich mich wohl. Der Moment, in dem ich in der Luft schwebte, schien für eine Sekunde ewig zu sein. Ich genoss ihn. Ich landete mit den Füßen wieder auf dem Boden. Ich lachte. Ich hörte sie lachen. Nur schwach, aber ich hörte sie.
    „Engelein, flieg!“
    Die Menschen um mich herum waren fröhlich. Meine Eltern waren es auch. Und ich war es auch. Das flackernde Licht einer Kerze fiel in mein Auge und ich stockte für einen Augenblick. Sie sahen zu mir hinab, ich sah zu ihnen hinauf. Wir hielten inne, dann lachte ich. Und sie lachten mit mir.


    Ich liege in seinen Armen, doch wäre ich viel lieber in anderen. Trotzdem dankte ich ihm. Es interessierte ihn nicht, dass sein Hemd voller Tränen war. Dass ich ihn beanspruchen musste, um meine Trauer wegzustecken. Er hörte mir zu. Er antwortete. Er machte mir Mut. Tränen hatte ich vergossen, nun hörte ich damit auf. Seine Worte spendeten Trost, seine Arme um mich herum Geborgenheit. Ich fühlte mich wohl, obwohl ich traurig war. Er streichelte mir über den Kopf, während es in unserem Wohnzimmer heller wurde. Ein Lichtstrahl schien durch das Fenster herein, die Sonne lugte hinter der Wolkendecke hervor. Ich lächelte, sie tat es auch.

    Ich komme an, stehe vor einem großen Tor. Es ist offen, und ich trete ein.


    Wir saßen im Auto, alle drei. Mein Vater fuhr, meine Mutter saß neben ihm. Ich war auf der hinteren Bank. Wir spielten gemeinsam ein Spiel mit Worten, wir lachten gemeinsam und dann schwiegen wir gemeinsam. Ich freute mich auf unseren Urlaub, sie taten es auch. Die Sonne schien, es war warm. Ich schlief eine Weile. Als ich wieder aufwachte, hatten sich bereits einige Wolken vor die Sonne geschoben. Ich runzelte die Stirn. Und unsere Fahrt ging weiter und weiter.
    Helles Licht. Laute Geräusche, ähnlich dem Aufeinanderprallen von Dingen. Schreie. Schmerzen durchfuhren meinen Körper. Mein Mund ist wie gefesselt, meine Hilferufe waren verstummt. Ich hörte einen Regentropfen auf die Fensterscheibe fallen, sah meine Eltern an. Meine Augen schlossen sich.


    Vor einem großen Stein komme ich zum stehen. Ich knie nieder und schließe die Augen, um Tränen zurück zu halten. Es regnet noch immer, meine Klamotten, meine Haare und meine Haut sind bereits durchnässt. Doch ich spüre es nicht. Ich öffne meine Augen wieder und lese die Inschrift des Steines. Es ist schon elf Jahre her. Ich greife in meine Tasche und hole einen wohl geformten Stein aus ihr heraus. Ich lasse mir keine emotionale Regung anmerken. Sind dort überhaupt andere Menschen? Ich sehe sie nicht, doch will ich sie auch nicht sehen. Der Stein in meiner Hand wird bereits etwas nass. Ich lege ihn auf die Erde, vor das weitaus größere, ebenfalls steinerne Denkmal, und atme seufzend aus. Ein Tropfen Wasser kullert meine Wange hinab; ich kann nicht sagen ob es eine Träne oder ein Regentropfen ist.
    Der Stein hat die Form eines Engels. Er würde nie wieder fliegen.


    [tab=2. Platz][subtab=Sterling]10082

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    Das taufeuchte Gras kitzelt ein wenig zwischen meinen Schulterblättern, die die saftigen grünen Halme zerdrücken, als ich die Hände unter meinem Kopf verschränke. Meine steifen Muskeln schmerzen mittlerweile ein wenig, wie ich erschöpft feststelle. Dennoch halte ich ganz still, als sich eine Libelle auf meinem nackten Fuß niederlässt. Ich richte mich in Zeitlupe auf und und beobachte sie. Sie schaut mich ebenfalls einige Sekunden lang an, ehe ihre dürren, flexiblen Flügel hastig zu vibrieren beginnen und sie sich vom Wind davontragen lässt. Versunken verfolge ich, wie ihr kompakter Körper immer kleiner wird, bis ich ihn nicht mehr zwischen den hohen Baumkronen ausmachen kann.
    Mit einem hohlen Seufzen lege ich den Kopf erneut ab. Konzentriert lausche ich auf das stete Zwitschern der Zikaden, das beruhigende Rauschen sich brechender Wellen am Strand, meine quälend unaufhaltsamen Herzschlag. Mein Puls geht angenehm langsam. Ich wische den dünnen Schweißfilm fort, der sich aufgrund des feuchten Klimas auf meiner Stirn gebildet hat, und befeuchte meine salzigen Lippen. Ich rühre mich so wenig wie möglich, damit mich der schlanke Schilf und die satten, zerzausten Wildblumen, die sich gefährlich unauffällig in der lauen Luft wiegen, nicht bemerken und aus ihrer Mitte verstoßen. Eine von ihnen welkt.
    Es ist ein schöner Spätsommermittag. Die Leute haben sich zur Ruhe gelegt; sie genießen den Schlaf der Unschuldigen, damit sie sich alsbald wieder tatkräftig auf ihre jeweiligen Arbeit stürzen können. Bestimmt träumen sie von ihrer Zukunft, die sie bereits verwirklichen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Von ihren Liebsten, Freunden und Familienmitgliedern. Vielleicht finden sie in ihren Träumen das reine, vollkommene Paradies. Vielleicht stürzen ihre angestaute Frustration, ihr Hass, ihre Trauer auf sie ein, überschwemmen und erdrücken sie.
    Sie alle bereiten sich intuitiv auf den Nachmittag, ein Morgen, eine neue Dekade, ein neues Leben vor. Ich hingegen kann diesen Ort nicht verlassen, da ich dadurch das Letzte zerstörte. Das, was mir lieb und wertvoll ist und mir bleibt. Mein Ufer der Demut, mein Olymp der Nostalgie, meine Insel des Wir.
    Als könnte ich dieses gläserne Fauteuil mit einer unvorsichtigen Bewegung zerbrechen, sodass ich mich an seinen Scherben verletzte, seinen unvorstellbar hohen Wert fällte und fiele, fiele, fiele. Das Fauteuil, das wir in endloser, gewissenhafter Arbeit gemeinsam geblasen haben, vor langer Zeit, und auf dem ich nun ruhe, unfähig, mich zu entfernen.
    Träume, Ideale, Vergangenheit. Unsere Vergangenheit.


    Du bist nicht hier. Du wirst nicht zurückkehren. Nie wieder wird einer von uns an Glücksmomenten, Hassgefühlen, Leidenschaft und Schmerz des anderen beteiligt, dafür verantwortlich sein.
    Ich gestatte meinem Verstand nicht vollends, diese Information zu verarbeiten. Lieber liege ich dort, in dieser Waldlichtung, kaum einen Kilometer vom Pazifischen Ozean entfernt, und bade in Sonnenlicht und Erinnerung.
    Fühle
    Finger, die über meine harten Schultern reiben,
    Atem, der meinen Nacken wärmt,
    Haar, braun wie Kastanien und weich wie Milch an meiner Haut.
    Ein Lächeln, flüchtig wie ein wildes Tier,
    eine Bewegung, geschmeidig und elegant,
    eine Stimme, tief, klar und schwingend.
    Fühle deine Bewunderung, deine Anziehung, deinen Respekt, dein Bedauern. Spüre deine schmeichelnden Worte.


    "Du, Haru, bist wunderschön. Du bist intelligent. Du bist humorvoll. Freundlich. Loyal. Ehrlich. Großzügig. Du bist einzigartig.
    Du bist niemals zu viel und immer genug. Du bist wertvoll. Ein Diamant. Eine Perle. Unglaublich.
    Du bist stark. Machtvoll. Du veränderst die Welt."
    Zeit kennt keine Grenzen. Ich schwebe.
    Doch in dem Moment, als du zögerst, zittrig Luft holst, dein Blick nervös davonschnellt, lässt das unbeschreibliche Gefühl in meinem Bauch schlagartig nach. Und ich weiß, dass ich nicht hören will, was nun kommt. Ich weiß, dass von diesem Moment an alles schlimmer sein wird, als ich es mir jemals vorstellen könnte.
    "Nur, Haru, es tut mir leid. Ich werde mich auf eine lange Reise begeben müssen. Die Situation drüben ist eskaliert. Ich rede von einem handfesten Krieg. Sie brauchen alle Männer, die sie kriegen können, und auf jemanden wie mich verzichten sie bestimmt nicht... Ich mache es für dich, weißt du. Für deine Sicherheit."
    Mir ist klar, dass es für Einspruch, Klagen und Weinen zu spät ist. Er hat seinen Entschluss gefällt. Ebenso lässt er mir keinerlei Zeit, meine Gedanken zu ordnen. Steht einfach auf, macht sich von meinen Händen los und geht langsam in Richtung des Piers. Dreht sich kurz um und winkt zum Abschied. In seinen Augen sehe ich kein Gefühl. Er lässt es nicht zu.
    Lässt mich ohnmächtig und versteinert inmitten der dunkelroten Wildblumen zurück.


    Ich strecke meine Hand aus und erreiche doch nur kaltes, glattes Glas.


    Mein Körper zwingt sich ganz von allein in eine aufrechte Position und meine schmutzigen Füße bewegen sich von selbst, zertreten die unschuldigen Grashalme und tragen mich fort. Zerbrechen. Sie geben erst nach, als sie Sand erreichen. Die kleinen, samtweichen Körner fühlen sich ganz warm an meinen Beinen an, meinen Rippen, meiner Wange. Neben ihr verwandeln sie sich, mischen sich mit Salz und Wasser und werden ganz unansehnlich braun.
    Ich frage mich, ob ich dich erreichen würde, wenn ich so schnell rennen könnte, dass mich der Ozean transportierte. Pfeilgeschwind. Dieses unerbittliche, grausame Gewässer. Vielleicht gefröre seine Oberfläche, betrauerte ich meinen Verlust nur lange genug.
    10'082'000 Meter. Selbst wenn eine ebenmäßige, menschenleere Allee anstelle von Wasser vor mir läge, müsste ich ein Jahr lang jeden Tag marschieren, bis meine Knochen erkalten, meine Muskeln ersteifen, meine Atemzüge ersterben würden. Unmöglich.
    Natürlich könnte ich zu Seemännern gehen, mithilfe eines Segelboots diesen überheblichen Pazifik bezwingen, doch würde ich es tun? Könnte ich es, nachdem du mir mit derart deutlichen Worten zu verstehen gegeben hast, dass ich dir fernbleiben soll? Könnte ich es, in der Aussicht, möglicherweise deinen erstarrten, zerbrechlichen, transparenten, leblosen Körper zu sehen?
    Wir werden uns nicht wiedersehen, Haru. Es ist unmöglich."
    Mit diesen Abschiedsworten im Hinterkopf kapituliere ich. Es ist so viel einfacher, sich der Einsamkeit zu opfern, sich dem klaffenden Loch in meinem Inneren hinzugeben.


    "Die Realität ist für diejenigen, denen es an Vorstellungskraft mangelt", sage ich laut. Genieße den kräftigen, selbstsicheren Klang der Worte. Und schließe die Augen.
    Während mich die Wellen spielerisch umfließen und ich mir vorstelle, dass sie mich einfach davontragen und herabziehen, vernehme ich dumpfe, lauter werdende Schritte. Das Rascheln von Stoff, als sich jemand herabbeugt. Eine markante Stimme. Mein Herz überschlägt sich.
    "Und die Zukunft gehört denjenigen, die das Heute nicht zu schätzen wissen."


    Und doch nicht.
    Du bist es nicht.
    Zu wahr, um schön zu sein


    Ich blicke in diese großen Augen, die ich nicht kenne und mir doch schon seit geraumer Zeit die Geschichte erzählen, wie es dazu kam, dass sie nicht blau und nicht grün wurden, und wundere mich. Der Fremde streckt mir eine Hand entgegen, die ich dankbar ergreife. "Du kannst dich sicher fühlen bei mir", sagt sein Blick, der mindestens so tief ist wie die See, die in meinem Rücken tobt.
    "Ich bin für dich da. Du bist nicht die Einzige, die das, da sie liebt, an den Krieg verloren hat. Wir müssen zusammenbleiben."
    Er, den ich in meinem Leben zum ersten Mal sehe, schlingt seine Arme um meine Hüfte, hebt mich hoch und trägt mich über ein Meer aus Glasscherben, ohne den Schmerz zu fühlen.
    [tab=3. Platz][subtab=Pika!]Der letzte Überlebende

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    Atlantis ging unter.
    Es herrschte heilloses Chaos: Überall liefen Menschen in heller Panik durch die Straßen, alle einer instinktiven Richtung folgend. Nur Oriam taumelte ihnen im Sintflutregen entgegen. Er war taub für das todesängstliche Kreischen der Atlanter um sich herum, das Weinen der Kinder, die im Gedränge der fliehenden Massen ihre Eltern verloren hatten; war blind für die Leichen, die die Gehwege säumten, von Pferden, Ochsen oder anderen Menschen zu Tode getrampelt, erschlagen von herabfallenden Trümmern oder aus Verzweiflung aus blau brennenden Gebäuden gesprungen. Perlmuttfarbene Fliesen und kunstvolle Buntglasfenster bedeckten den Marmorboden mit ihren schimmernden Scherben. Manche Atlanter versuchten, Porzellangeschirr, Goldschmuck oder Edelsteinstatuetten mit sich zu nehmen und zu retten, doch letztlich behinderten die Wertgegenstände sie nur und gingen ohnehin verloren.
    Ein Beben ging durch die Straßen, stärker als bisher. In der Nähe stürzte eine über einen Kanal führende Brücke in sich zusammen. Eine blau leuchtende Kugel brach aus einer Straßenlaterne und fiel mitten in eine Gruppe Atlanter. Indigoblaues Feuer, das der Regen nicht löschen konnte, explodierte zwischen ihnen. Die Flammen des Ozeans, Atlantis‘ sagenumwobene Energiequelle, verzehrten ihre einstigen Nutzer, ohne Asche zu hinterlassen oder auch nur Rauch zu erzeugen.
    Wo die Menschen nicht weiterkamen, stießen sie sich gegenseitig zur Seite, sodass einige von ihnen in die Kanäle fielen. Atlanter lernten Schwimmen, noch bevor sie ihren ersten Schritt taten, was ihnen jetzt nicht länger von Nutzen war: Die Kanäle führten kein Wasser mehr. Eine Frau stellte sich Oriam auf seiner einsamen Wanderung durch die Hölle in den Weg, flehte ihn an, ihrem kleinen Sohn zu helfen, der bewusstlos in einem Kanal lag. Oriam versperrte sich erst kaltherzig ihrem Betteln; als sie ihn nicht weiterließ, schlug er ihr so heftig ins Gesicht, dass ihr Kopf herumruckte und sie zu Boden fiel. Fassungslos betastete sie ihre aufgeplatzte Lippe. Der Schock in ihren meerblauen Augen wich erst Vorwurf, dann Wut. Sie rappelte sich auf und rief nach einem anderen, den sie belästigen konnte.
    Oriam indes suchte eine Seitengasse, weil auf den Hauptstraßen kein Weiterkommen mehr war.
    Ob Lassia ihre Familie gefunden hatte?
    Seine Geliebte hätte sich vielleicht nicht so sehr über ihr Wiedersehen gefreut, hätte sie gewusst, mit wem Oriam die Zeit ihrer Trennung, während derer er als Botschafter durch den Mittelmeerraum gereist war, überbrückt hatte. Trotz seiner Affären mit Kontinentlerinnen aller Länder liebte er sie, sonst wäre er nicht zu ihr zurückgekehrt – nach Atlantis. Endlich hatten sie ihre Verlobung feiern können, waren dann jedoch mittendrin vom ersten Erdbeben unterbrochen worden. Lassia hatte sich überstürzt aufgemacht, ihre Eltern zu suchen, während Oriam wie alle anderen zum Hafen gegangen war. Vielleicht, so die allgemeine Hoffnung, könne man auf einem Schiff die Insel verlassen. Erdbeben, wenn auch nicht so starke, waren in Atlantis keine Seltenheit, und es gab entsprechende Notfallpläne. Doch die Schiffe lagen auf Grund – das Meer hatte sich zurückgezogen, sammelte Wasser für den alles vernichtenden letzten Schlag…
    Oriam war klar, dass er Lassia nie wiedersehen würde.
    Sein Unterbewusstsein, dem er die Leitung seiner Schritte überlassen hatte, führte ihn schließlich zu dem Ort, an dem er seiner Verlobten das erste Mal begegnet war: Der Park, in dem sonst Kinder fröhlich spielten, Lachen und Sonnenschein vorherrschten, war finster und erfüllt von alles durchdringenden Regenschleiern. Bis auf deren stetes Hintergrundrauschen war es hier erstaunlich ruhig im Vergleich zu den Hauptstraßen. Blumen aus allen bekannten Ländern wurden vom Sturm gnadenlos zerfetzt oder von blauen Flammen verbrannt. Zahme Gazellen und Rehe, die hier friedlich gegrast hatten, seit Oriam denken konnte, waren geflohen, noch vor dem ersten Beben. Doch selbst die Flamingos und Silberreiher, die fortgeflogen waren, hatten ungefähr dieselben Chancen, die Insel lebend zu verlassen, wie die Süßwasserfische im Parkteich. Auch die Fische spürten die Gefahr: Sie schwammen verzweifelte Bahnen, griffen in ihrer Panik sogar Artgenossen an. Oriam sah in ihnen eine Miniaturversion der Stadt und ihrer menschlichen Bewohner.
    Denn genauso stumpfsinnig wie Fische, wenn nicht sogar noch ignoranter, hatte sich der Senatorenzirkel des Inselreichs gegeben. Nachdem Oriam nach Atlantis zurückgekehrt war, hatte er die Herrscher der Stadt augenblicklich aufgesucht, um sie zu warnen.
    Man lehrte atlantische Kinder, ihr stolzer Staat bringe Wohlstand und Demokratie in die Länder des Mittelmeeres, treibe gerechten Handel, lehre sie technische und wissenschaftliche Errungenschaften. Doch das war nur ein geringer Teil der Wahrheit. Tatsächlich waren es nur die Atlanter selbst, die diesen Wohlstand genossen. Mit Waffengewalt wurde beschafft, was sich im gerechten Handel nicht erwerben ließ, neue Rechts- und Regierungssysteme erzwungen. Wer sich den hochkomplexen Gesetzen nicht beugte, wurde hart bestraft – während Atlanter für dieselben Verbrechen nicht belangt wurden. Immer wieder kam es zu Aufständen, die von den eigenen Landsleuten oft blutig niedergeschlagen wurden. Die atlantischen Besatzungstruppen waren zwar nicht groß, aber waffenstark, und konnten immer darauf zählen, dass die Heimat im Atlantik Verstärkung schicken würde, sollte es zum Äußersten kommen – zumindest bislang.
    Doch das schlimmste, was Atlanter den Kontinentlern antaten, war, ihre Götter töten zu wollen. Als bekennende Atheisten kannten sie keinerlei Götter. Die Erkenntnis, dass der Mensch für sein eigenes Handeln und Schicksal verantwortlich war, mochte sie technisch und wirtschaftlich weit gebracht haben, doch für Gläubige war es die schlimmstmögliche Vorstellung. Vehement wehrten sie sich gegen das giftige Gedankengut der Inselbewohner.
    Daher hassten die Bürger, wo auch immer Oriam hingekommen war, die Atlanter: Von der Hochkultur der Ägypter – die immer im Schatten des viel weiterentwickelten Atlantis stand und nie dahinter hervorkommen konnte –, über die Staaten der Griechen und Römer – die ihnen wie begeisterte Kleinkinder nacheiferten, sie aber doch verachteten –, bishin zu den barbarischen Stämmen der Germanen – die sich zwar nichts aus Zivilisation und Technik machten, aber dafür Eitelkeit verabscheuten. Sie alle und ihre Nachbarländer hatten begonnen, ihre zahlreichen Götter anzubeten, sie bei Atlantis zu rächen.
    Oriam hatte die Mitglieder des Senatorenzirkels dazu angehalten, die Stadt augenblicklich zu evakuieren, wusste er doch nicht genau, wann der göttliche Richtschlag sie ereilen sollte. Doch diese hatten ihn nur zurückgewiesen. Ihrer Ansicht nach hatte er zu viel Sympathie den unterentwickelten Kontinentlern gegenüber, was wohl daran läge, dass er in Rom geboren und aufgewachsen war. Böse Zungen behaupteten sogar, er sei gar kein reinblütiger Atlanter, weil seine Augen eine Nuance zu grün, das eigentlich tiefschwarze Haar der Inselbewohner eine Spur zu braun sei. Angeblich war auch sein Atlantisch nicht ganz akzentfrei, obwohl er seine Muttersprache noch vor Latein gelernt hatte. Außerdem, hatten die Senatoren hinzugefügt, seien die Götter der Kontinentler nichts weiter als Hirngespinste und könnten ihnen nicht gefährlich werden.
    Das zu behaupten, war jetzt das Verhängnis der Göttermörder, die nur an ihre eigene Macht glaubten. Unbezwingbare Gewalten, eigentlich selbst untereinander verfeindet, hatten sich zusammengeschlossen, der Atlanter Existenz vom Antlitz der Erde zu tilgen.
    Oriam sah auf. Über ihm strahlte der Stern von Atlantis, ein Leuchtturm, dessen Spitze, gleich einem blauen Stern über dem Horizont schwebend, den atlantischen Seefahrern die Richtung in die Heimat wies. Er war so hoch, dass man ihn bei klaren Nächten selbst bis zur Erdkrümmung sehen konnte. Aus den Gewitterwolken, die ihn im weiten Umfeld umkreisten wie eine Sonne, krachte ein Blitz in den Turm und teilte ihn in zwei ungleiche Hälften. Unendlich langsam fiel die abgebrochene Spitze um und zeugte somit von der aberwitzigen Höhe des Bauwerks. Wie ein Komet kam der saphirblaue Stern hernieder, schien direkt auf Oriam zuzuhalten. Doch anstatt ihn unter sich zu begraben, donnerte die Spitze, für Oriams allem verschlossene Ohren fast lautlos und eine leichte Erschütterung auslösend, in den Fischteich und einen nahen Hain. Bäume barsten unter der schieren Wucht des Aufschlags, der die filigranen, aber stabilen Metallstreben des Turms verbog wie Draht. Die Glaskugel, die etliche Generationen den Stern von Atlantis gestellt hatte, zerbrach und übergoss das Wäldchen mit unlöschbarem Feuer. Schlamm spritzte auf und sprenkelte Oriam wie dickflüssiges Blut.
    In Oriams von Todesgewissheit benebelten Geist mischte sich die Frage, warum der Schlamm sich so warm anfühlte, war der ewig gießende Regen doch eiskalt. Er sah an sich hinab. Das, was seine Tunika aus bester atlantischer Kelpseide dunkel färbte, war keine aufgeweichte Erde – es war Blut. Ein Holzsplitter hatte sich in seine Magengegend gebohrt; allein der Teil, der noch aus seiner Seite ragte, war so lang wie sein Unterarm. Beim Anblick seines eigenen Blutes erreichte endlich auch der Schmerz Oriams gedämpfte Wahrnehmung, und er brach zusammen.
    Und lachte, weil von den vielen Möglichkeiten, einen Atlanter heute umzubringen, die kontinentalen Götter ausgerechnet einen Holzsplitter für ihn gewählt hatten.
    Und er lachte, weil er letztendlich Recht gehabt hatte, und der Senatorenzirkel, der sich für allwissend hielt, nicht. Doch Oriam empfand kein Triumphgefühl – sondern Bitterkeit. Irgendwie hatte er gehofft, noch etwas mehr Zeit zu haben. Vielleicht wäre es ihm sogar gelungen, Lassia zu überreden, mit ihm Atlantis zu verlassen.
    Nur am Rande nahm er wahr, wie der Regen nachließ. Von Osten her erhob sich eine Wand, schwärzer noch als die Sturmnacht selbst. Sie rollte über die atlantischen Gebäude hinweg, zerquetschte sie wie ein gefräßiger Seestern ein Schwammskelett. Selbst die Flammen des Ozeans erstickten unter der schwarzen Masse.
    Der Blutverlust forderte seinen Tribut: Noch bevor die Riesenwelle Oriam erreichte, hatte er sich bereits der Schwärze des ewigen Vergessens hingegeben.
    Atlantis ging unter.
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