Geschrieben in Feuer

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  • Hey,


    da ich mich hier mal wieder umgeschaut habe, dachte ich, ich lese mir mal ein paar Werke durch und kommentiere diese auch. :)



    Einsamkeit

    Wenn ich den Titel höre, assoziiere ich schon gleich eine sehr kahle und leblose Gegend, in der man sich wiederfindet. Das heißt, man selbst ist das einzige lebende Wesen und die Umgebung besteht aus unbelebten Material wie unfruchtbare Erde, aus der keine Pflanze keimen kann.
    Dass du keine Wüste oder Steppe genommen hast, finde ich schon einmal sehr schön. Ich finde diesen Gegensatz zwischen einer Stadt, die eigentlich immer belebt und voller Menschen ist, und der Einsamkeit eines Menschen sehr interessant. Ich denke, jeder kennt das Gefühl, dass man sich trotz Gruppenzugehörigkeit manchmal einsam fühlt. Und das spiegelt sich in der Drabble sehr schön wieder. Des Weiteren finde ich auch die Wettersymbolik sehr passend. Man erfährt kaum etwas über die Hauptperson und auch deren Gefühle werden nicht unmittelbar beschrieben. Erst mit der Prüfung des Titels und der Zusammenführung des Inhalts erkennt man, dass das Innere der Person (also deren Gefühle, bzw. Innenleben) auf das Wetter transferiert wurde und dabei der ohne Unterlass prasselnde Regen zeigt, dass die negativen Gefühle gleichbleibend und vor allem anhaltend sind. Das heißt, die Gefühlslage verändert sich nicht schlagartig, sondern bleibt gleich.
    Jetzt könnte ich mich noch in der Farbsymbolik etc. verlieren, aber ich kürze das Ganze ab, indem ich sage, dass du mit „hohe, graue Gebäude bereits eine nasse Fassade besaßen“ zum Ausdruck bringen wolltest, dass die die Wolkenkratzer einerseits aufgrund ihrer Größe ins Auge springen, aber andererseits sich in dem Grau und dem anhaltenden Regen wieder im Trübsaal verlieren. (Eventuell bestätigt das meine erste Aussage? ;p)
    „Blinkende Leuchtreklame, helle Straßenlaternen und die Scheinwerfer“ (Wenn du schon überall Plural benutzt, dann tue das doch auch bei den Leuchtreklamen.)
    Inhaltlich kann man sagen, dass die Lichtquellen vielleicht eine Metapher sind. Eventuell wollen Freunde die Person aufmuntern, aber das klappt nicht und sie ziehen wie die Autos weiter. Um noch etwas zu sagen, ich finde es toll, dass du mit „feuchte Dunkelheit“ eine Synästhesie benutzt hast. Ich mag Synästhesien. (Ich glaube, ich habe einen Schuss. :x) Zurück zum Inhalt: Die Frage ist, warum die Dunkelheit feucht ist, bzw. wie sie feucht wurde. Grund könnte sein, dass die Hauptperson geweint hat (was auch den Regen erklären würde) und die Synästhesie nur bestätigen soll, wie sehr die Person leidet.
    Die nächsten Sätze sind im Prinzip nur noch einmal eine Widerholung des bereits Geschehenen. Durch die Widerholung wird die Wirkung auch intensiviert. Die Aneinanderreihung der hypotaktischen Sätze zeigt im Prinzip, wie die Person in sich vertieft ist und dabei alles um sich herum vergisst und nur das Innenleben von Relevanz ist. Die Anspielung mit dem Mond schließt den Drabble sehr schön ab, weil die Person immer noch in sich gefangen ist und die Gedanken nicht ablegen kann.
    Im Großen und Ganzen ein sehr schöner Dabble, wobei ich es eher als Kurzgeschichte einstufen würde.



    Windschatten
    Nach dem ich so viel bei dem anderen Drabble gesagt habe, verzeih mir, dass es etwas weniger sein wird. Dass es wie Chess sagte, Elfun sein würde, habe ich nicht erkannt. Dazu waren die Informationen nicht ausreichend. Paradox finde ich hier, dass das Pokémon überall hineinkommt, aber nur das findet, was es finden möchte. Meiner Meinung nach ist das nicht so toll umschrieben und auch eher unpassend.
    Ansonsten ist der Drabble okay, aber nicht so toll wie der erste. Zumal in dem Drabble sehr viele Kommafehler sind.


    Richtig wäre es so:


    Wenn Fehler irgendwo im Text sind: Ich war zu faul, um noch Korrektur zu lesen. :x

  • Wakare - 別れ

    Ein „Auf Wiedersehen” schmerzt,
    aber nicht so sehr wie ein „Lebewohl”.
    Ersteres blickt auf die kommende Wiedervereinigung,
    letzteres gedenkt der vergangenen Gemeinschaft.



    »Siehst du diesen Sonnenaufgang? Ist er nicht herrlich?«
    Seine sanfte Stimme bebte vor Begeisterung, als wir gemeinsam auf dem Leuchtturmgebäude standen - die Spitze mit dem zuverlässig leuchtenden Licht ragte daraus hervor wie ein Speer - und dem zögerlichen Steigen der frühen Morgensonne beiwohnten. Ein kühler Wind strich über uns hinweg und zerzauste seine schwarzen Haare etwas. In seinen Brillengläsern spiegelte sich das Licht, sodass ich seine Augen nicht erkennen konnte, als ich mich zu ihm umwandte. Ich nickte und blickte wieder zum Meer, dessen Schwärze mehr und mehr zurückgedrängt wurde, während sich die Sonne über das Wasser erhob.
    »Zeit, dass wir aufbrechen.«
    Ich konnte mich nur schwer von dem Schauspiel abwenden, aber als ich seine Schritte auf dem Steinboden vernahm, drehte ich mich um und folgte ihm auf die andere Seite des Gebäudedaches, die der Stadt Oliviana zugewandt war und wo sein Gepäck lag. Es war bereits alles wieder in dem schwarzen, abgegriffenen und alten Rucksack verstaut, nur noch mein ledernes Geschirr lag auf den weißen Steinen. Ich schlug ein paar Mal mit meinen großen Schwingen, um diese etwas zu lockern. Außerdem verbarg ich so selbst vor ihm meine Begierde mich wieder in die Lüfte zu erheben und das, obwohl es schwer war, wenn nicht sogar unmöglich vor ihm etwas zu verstecken. Er kannte mich, seit ich ein junges Taubsi war. Und ihm habe ich es zu verdanken, dass aus mir das wurde, was ich heute bin.
    Mit auf den Steinen klackernden Krallen ging ich auf ihn zu, während er das Geschirr hochhob und es so in beide Hände nahm, dass ich wie so oft einfach nur mit dem Kopf durch die Öffnung schlüpfen musste. Wie gewohnt spürte ich das Leder auf meinen Federn - zwei Riemen führten auf meiner Brust zusammen, dieser eine verzweigte sich dann wieder auf der Höhe meiner Flügel und unter diesen zu meinem Rücken führte. Dort wurden die beiden Riemen durch Schnallen mit dem ledernen und dünnen Sattel verbunden, der eigentlich nur ein ovales Stück Leder war und ich kaum noch wahrnahm. Ich war es so gewöhnt, dass ich mich fast darauf freute es zu tragen, auch wenn mir das schon das ein oder andere Mal merkwürdige Blicke sowohl von Menschen als auch von Pokémon eingebracht hatte. Doch es störte mich nicht, denn ich wusste, dass sie auch aufgrund meiner recht außergewöhnlichen Größe mich oft erstaunt ansahen. Immerhin besaß ich dieselbe Größe wie das antike Aerodactyl.
    Er schulterte den Rucksack und ich begab mich zur Kante des flachen Steindaches, wo ich besser starten konnte. Ich ging etwas in die Knie, damit er leichter aufsitzen konnte und spürte wie er sich an dem linken ledernen Griff vorne am Sattel festhielt, um sich auf meinen Rücken zu ziehen. Es dauerte einige Zeit, bis er sich in die gebückte Position gebracht, seine Beine angewinkelt hatte und mit seinen Füßen in die Schlaufen am Ende des Sattels geschlüpft war. Als ich sein Gewicht gleichmäßig auf meinem Rücken und den Druck seiner Schenkel an meiner Seite spürte, war der Moment des Absprungs gekommen.
    Kräftig stieß ich mich mit beiden Krallen von dem steinernen Dach nach vorne ab und breitete im selben Moment die mächtigen Schwingen aus. Eine Weile trugen sie mich und ich genoss das schwerelose Gefühl; schließlich schlug ich aber doch mit den Flügeln, um den Leuchtturm zu umrunden und nach Nordosten zu fliegen. Dort lag unser Ziel.


    Während des Fluges sprach er selten bis nie, was wohl an dem Wind lag, der nicht nur meine Kopffedern über seinen Kopf hinweg flattern ließ, sondern auch das Rauschen viele seiner Worte übertönt hätte. Allerdings bemerkte ich viel durch die Bewegungen seines Körpers. Während wir über das unter uns glänzende, strahlend blaue Meer flogen, richtete er sich auf. Für mich ein deutliches Zeichen, dass er den Flug genoss und entspannt war. Ich hatte eine günstige Thermik gefunden und konnte so ohne große Anstrengung durch die Luft gleiten. Unter uns wandelte sich das Bild der Landschaft. Wir konnten bald schon die Pokéathlonhallen, im Zeichen des Sportsgeistes brannten auf den drei Pfeilern Flammen, die im Wind beständig tanzten, aber nie ausgingen. Schon zu so früher Stunde hatten sich mehrere Trainer mit ihren Pokémon vor dem großen, runden Gebäude niedergelassen und schienen darauf zu warten, dass sie eingelassen wurden.
    Gerade als wir über den Hallen hinweggeflogen waren, wurde die deutliche Struktur eines Pokéballs aus grünem Gras aus der Höhe sichtbar und der Nationalpark breitete sich unter uns aus. Umschlossen von einem dichten Wald, lag der Park günstig gelegen zwischen Dukatia City und Teak City. Noch war niemand im Park zu sehen, die Besucher hatten wohl noch keinen Eintritt. Dafür erwachten die Pokémon bereits aus ihrem Schlaf und zusammen mit dem sanften Plätschern des Springbrunnens erfüllte das erste Lied eines jungen Taubsi die Stille. Es wirkte noch etwas disharmonisch, aber die Botschaft war unmissverständlich. Innerlich wünschte ich dem jungen Sänger, dass seine Geliebte von den Noten ebenso gerührt sein würde, wie ich es in diesem kurzen Moment war. Die Melodie verklang in der Ferne, als wir den Park hinter uns ließen.
    Er begab sich wieder in die typische Reitposition und im ersten Moment dachte ich mir nicht viel dabei. Es war normal, dass er das tat, je näher wir unserem Ziel kamen, aber ich spürte plötzlich einen stärkeren Druck durch seine Schenkel. Was war los?
    Tatsächlich begann er furchtbar zu verkrampfen, was mich derartig verwirrte, dass ich Mühe hatte mich auf das Fliegen zu konzentrieren. Er federte nicht mehr ab, wenn ich mit den Flügeln schlug, ging nicht mehr mit meinen Bewegungen mit, stattdessen klammerte er sich förmlich an mich. Ich geriet aus meinem Flugrhythmus und wir sackten schlagartig einige Meter in die Tiefe. Erschrocken bemerkte er seine versteifte Haltung und lockerte sich, wenn auch nur geringfügig und kurzzeitig. Irgendetwas beschäftigte ihn, je näher wir Teak City kamen und je mehr Wald wir hinter uns ließen, der uns von unserem Ziel trennte.
    Aber woher kam diese Anspannung plötzlich? Vor kurzem hatte er sich doch noch entspannt aufgesetzt?
    Ich fühlte mich schrecklich hilflos, denn ich konnte nichts tun, um ihn zu beruhigen; nichts was ich tun würde, könnte ihm seine Sorgen nehmen, welche auch immer es sein mochten. Sag es mir!, flehte ich innerlich, unfähig meinen Schnabel zu öffnen und es auszusprechen. Aber selbst wenn ich das getan hätte, hätte er doch kein Wort verstanden. Sag es mir, bitte!
    Der Glockenturm stieß vor uns plötzlich aus dem grünen Meer aus Bäumen. Wir näherten uns der Stadt mit jeder verstrichenen Sekunde mehr und ich das Gefühl, dass dort irgendetwas auf uns lauerte überschattete meine Freude, die ich zuvor verspürt hatte. Ich hatte mich auf den gemeinsamen Flug gefreut, sehr gefreut und er wirkte doch noch so glücklich am Leuchtturm. Was war geschehen?
    Die Häuser der Stadt kamen in Sicht, klein und zerbrechlich wirkten sie aus dieser Höhe, aber ich konnte mich kaum auf die Umgebung konzentrieren. Dafür beschäftigte mich sein Gemütswandel zu sehr.
    Ich wusste wo er landen wollte und ging ohne groß darüber nachzudenken in einen Sinkflug. Wir flogen an der Arena vorbei auf den freien Platz hinter ihr zu. Als der Boden näher kam begann ich mit den Flügeln zu schlagen, um mich in eine aufrechte Position zu bringen und schließlich mit beiden Krallen auf dem harten Untergrund aufzusetzen. Staub wurde durch den Wind meiner Schwingen aufgewirbelt. Niemand war zu sehen, die Stadt schien noch im Mantel des Schlafes gehüllt zu sein. Er stieg von meinem Rücken und ging einige Schritte von mir auf das Tanztheater zu.
    »Hier werden sich unsere Wege trennen.«
    Die Worte trafen mich wie eisige Speere; unvorbereitet und tiefe Wunden hinterlassend. Hatte er das wirklich gesagt? Ich wollte es nicht wahrhaben, aber ich erkannte an seinem gesenkten Kopf, dass ich es mir nicht eingebildet haben konnte. Er war doch so selbstbewusst, wie konnte er da entmutigt zu Boden blicken?
    Langsam drehte er sich zu mir um und ging ohne mich anzusehen an mir vorbei. Ich drehte den Kopf zu ihm, als ich spürte, wie er mit zitternden Fingern versuchte die rechte Schnalle an meinem Sattel zu öffnen. Erschrocken wich ich zurück. Was hatte er vor? Was tat er da? Warum wollte er mir das Geschirr abnehmen?
    Er versuchte es erneut, aber ich ging erneut zur Seite, zuckte zurück vor den Händen, die mich aufgezogen haben und mir nun das, was uns verband, im Begriff war abzunehmen. Die Situation überforderte mich, ich wurde wütend, begann mich von ihm angegriffen zu fühlen und ging in die Offensive. Als er sich mir erneut näherte hakte ich nach ihm. Nur knapp verfehlte ich seine Hand, doch er schien davon nicht beeindruckt zu sein. Was auch immer ihn zu dieser Tat antrieb, es war stark genug, dass er ohne auf mein Ausweichen und meine Gegenwehr zu achten, es immer und immer wieder versuchte. Es machte mich wahnsinnig, ich wurde blind vor Wut, schrie ihn an und nachdem er nicht reagierte ging ich auf ihn los. Die Flügen ausgestreckt und wild schlagend war ich in Begriff mich auf ihn zu stürzen. Er streckte seine Hand nach mir aus und ehe ich es wirklich wahrnahm biss ich zu.
    Mein Schnabel traf auf Haut und Fleisch - rechtzeitig erkannte ich, was ich da wirklich tat und schloss ihn nicht noch weiter um sein rechtes Handgelenk. Reflexartig ließ ich ihn los und schämte mich schrecklich. Hätte ich es wirklich getan? Wäre ich in der Lage gewesen ihm das Handgelenk zu brechen? Tiefe Furchen hatte ich auf seiner Haut hinterlassen.
    Aber das wollte ich nicht! Was hatte ich nur getan?
    Er wirkte furchtbar teilnahmslos, als hätte er nichts gespürt, aber ich wusste, dass ich ihn verletzt hatte - körperlich und seelisch. Es schmerzte ihn sicherlich genauso wie mich und ich benahm mich schrecklich widerspenstig. Sämtliche Kraft wich von mir und ich stand mit zusammengekniffenen Augen da.


    Ich spürte wie die Riemen von meinem Körper glitten, lose hinab hingen und wie er mir schließlich das Geschirr ganz abnahm. Meine Augen öffneten sich von selbst und ich blickte in ein mir fremdes Gesicht, gezeichnet von Verzweiflung, Angst und Trauer. Hinter den Gläsern seiner schwarz umrahmten Brille sahen mich seine sonst so gefassten und freundlichen dunklen Augen mit einem Ausdruck von so tiefem Schmerz an, den ich noch nie gesehen hatte. Lieblos ließ er das Geschirr zu seiner rechten Seite auf den gepflasterten Boden fallen; die metallenen Schnallen klirrten.
    »Es tut mir leid.«
    Er streckte seine Hände nach mir aus und vergrub seine langen Finger in den Federn an meinem Hals. Ich ließ es zu; schloss die Augen, genoss sein sanftes Kraulen und für einen Moment war alles so, wie es immer war, in einer Situation die es zuvor noch nie gegeben hatte.
    »Ich wünschte, ich könnte es dir erzählen. Aber wenn ich das tue, würdest du mir folgen und das kann ich nicht. Ich will nicht, dass du mit mir diesen Alptraum durchlebst.«
    Seine Stimme bebte und klang verkrampft, als hätte er Mühe zu sprechen. Ich öffnete die Augen und fiepte, den gleichen Laut den frisch geschlüpfte Taubsi anwandten, wenn sie um Futter bettelten. Aber ich wollte nichts Essen, ich wollte die Wahrheit, ich wollte wissen, was er wusste. Er schüttelte nur schwach den Kopf und mir wurde bewusst, dass er es mir nie sagen würde, weil er mich beschützen wollte. Ohne es wirklich wahrzunehmen liefen mir die ersten Tränen aus den Augenwinkeln und benetzten die Federn an meinem Hals. Ich streckte den Kopf nach vorne und berührte seine Stirn mit meiner. Muss es so enden? Gibt es keine andere Möglichkeit? Keinen Weg? Nichts? Jede Sekunde wollte ich festhalten, jeden Herzschlag noch einmal erleben.
    »Ich werde dich nie vergessen.«
    Unfähig etwas zu tun, ließ ich zu, wie er seine Hände senkte; sich einen Schritt von mir entfernte und an seinem Gürtel nach einem Pokéball griff. Ich wusste sofort, dass es meiner war.
    »Flieg nach Norden, flieg nach Sinnoh. Dort bist du sicher, niemand wird dich dort finden.«
    Diese Worte waren wichtig, sehr wichtig sogar und doch hatte ich Probleme sie zu fassen, spürte ich doch, wie etwas in mir zerbrach. Krallen aus Trauer und Schmerz umklammerten mein Herz und hinterließen tiefe Wunden. Würden sie jemals heilen? Ich konnte nicht klar denken, wie konnte ich ihn verlassen? Wie konnte er mich nur wegschicken? Hatten wir nicht genug zusammen erlebt, dass er mir vertrauen konnte? Dass wir aus allem heil und gemeinsam herauskommen würden?
    »Leb wohl, Lyn.«
    Mit diesen Worten ließ er den roten Ball zu Boden fallen, wo er geräuschvoll zerschellte.


    Lass mich nicht allein! Verlass mich nicht, Hiraku!


    In Tausend Scherben zersprang der rote Ball auf dem Steinboden und die Bruchstücke lagen glänzend im Licht der steigenden Sonne. Das Geräusch hallte in meinen Ohren nach und mit einem Mal wusste ich nicht mehr wo ich war, was ich hier tat und wer dieser Mensch vor mir war. Eine instinktive Angst beherrschte mich, als ich wild mit den Flügeln schlug um von hier fortzukommen, einen wilden Schrei ausstoßend. Staubwolken begannen sich zu erheben und der Wind zerzauste sein schwarzes Haar. Sein Gesicht hatte er gesenkt. Ohne den genauen Grund zu kennen, flog ich nach Norden, an der Turmruine vorbei und auf das Gebirge zu - einer Stimme folgend, die in meinem Kopf widerhallte.
    »Flieg nach Norden, flieg nach Sinnoh. Dort bist du sicher, niemand wird dich dort finden.«


    Unter mir erstreckte sich der in Herbstfarben geschmückte Wald, bis zu meiner rechten der Glockenturm auftauchte. Das Sonnenlicht brach sich an den goldenen Glocken die an dem Dach des Gebäudes angebracht waren und in dem sanften Wind einen angenehmen Klang entsandten. Mein Kopf begann klarer zu werden, der Schock der plötzlichen Zerstörung des Bandes zwischen Hiraku und mir nahm ab - hinterließ allerdings tiefe Narben in meinem Herzen.
    Warum? Warum war das alles geschehen?
    Tränen vernebelten mir die Sicht, als ich mich dem Gebirge näherte. Ihm war wichtig, dass es mir gut ging - ihm lag am Herzen, dass ich in Sicherheit war. Und ich würde ihn nicht enttäuschen! Ich fand langsam zu meinem Flugrhythmus zurück, hörte auf wild zu Flattern und begann mehr auf einer günstigen Thermik zu segeln. Es würde kein angenehmer Flug über das Gebirge werden, aber ich war entschlossen es zu schaffen.


    Später würde ich nicht mehr wissen, wie ich es über die Felslandschaft unter mir geschafft habe. Ich war einfach immer weiter geflogen, hatte keine Pause eingelegt und war am Ende mitten im Regen in der Nähe eines Sees zusammengebrochen, als sich unter mir endlich wieder Wald erstreckt hatte und ein Gebirge zu meiner linken die Landschaft durchschnitt. Aber in der Situation war ich einfach nur froh, dass ich mir nichts gebrochen hatte und einigermaßen noch landen konnte.
    Zwei Stimmen hatten mich schließlich geweckt.
    »Alja! Alja, komm schnell!«
    »Was hast du denn Feli?«
    »Beeil dich! Ich glaube hier ist jemand verletzt!«


    Die beiden Stimmen näherten sich, allerdings hatte ich Mühe sie einzuordnen. Keiner meiner Muskel wollte sich bewegen, falls es Trainer waren, war ich ihnen schutzlos ausgeliefert. Aber es klang nicht, wie die Sprache der Menschen, die ich gewöhnt war zu hören.
    »Was in aller Welt?!«
    »Ich hab’s dir doch gesagt. Schnell, meinst du, du kannst helfen?«
    »Feli, nicht die Nerven verlieren. Atme tief durch, du musst mir jetzt genau zuhören.«
    »In Ordnung.«
    Die erste Stimme schien sich stark über meine Anwesenheit zu wundern, während die zweite deutlich hibbelig und nervös war.
    »Kira müsste hier in der Nähe auf Patrouille geflogen sein. Versuch sie mithilfe deines Sternschauers auf uns aufmerksam zu machen.«
    »Alles klar!«
    »Moment! Moment, noch nicht weglaufen.«
    »Noch etwas?«
    »Zuvor suchst du mir ein paar Sinelbeeren, damit unsere Freundin hier wieder zu Kräften kommen kann.«
    »Wird erledigt, Alja«
    Ich hörte wie sich eines der beiden Wesen entfernte, während sich das andere näherte. Keinerlei Schritte waren zu hören, deshalb konnte ich nicht einschätzen, wie nah es bereits war. Doch das hätte mir auch nichts gebracht, denn ich war immer noch unfähig einen Muskel zu rühren, nicht einmal meine Augen konnte ich öffnen.
    Mein Herz begann schneller zu schlagen, ich fühlte mich gefangen in meinem eigenen Körper, schutzlos vor dem, was sich lautlos näherte.
    »Hab keine Angst. Ich weiß nicht woher du kommst, aber vor mir musst du dich nicht fürchten«, redete das Wesen sanft auf mich ein. Eine gewisse Kälte erreichte mich wie ein kühler Windhauch. Ich fühlte etwas auf meiner rechten Schulter und zwang mich die Augen zu öffnen. Es dauerte einer Weile bis sich klar sehen konnte und ich musste mehrere Male blinzeln, damit das Bild des Pokémon vor mir scharf wurde.
    Nur wenige Zentimeter von meinem Schnabel entfernt beugte sich ein weißes Pokémon zu mir hinunter. Es schwebte über den Boden, was das Fehlen von Schritten erklärte. Sein Gesicht war lilafarben was man lediglich an den Augen, an der Stirn eine Raute und Mund, sowie Kinn erkennen konnte. Der Rest des Kopfes war mit einer weißen Haube bedeckt, aus der zwei Kristalle wie kleine Hörner abstanden. Von dieser Haube gingen die beiden Arme ab, zuerst waren sie dünn und weiß, wurden dann aber den Kleidern der Kimono-Girls gleich weiter. Am Ende mündeten die Arme in drei Finger und die ärmelartige Ausbuchtung war in eisigem Blau gehalten. Der Körper war lang und begann schmal am Kopf, um sich schließlich etwas zu verbreitern und wie ein Kleid abrupt endete. Um die Hüfte trug es ein rotes Band und ich konnte hinter dem Rücken mehr davon entdecken, sodass ich davon ausging, dass es eine Schleife war. Aus besorgten gelben Augen mit eisblauen Iriden blickte es mich an.
    »Bist du verletzt?«, fragte es mich, aber ich war unfähig keine Antwort zu geben. »Keine Sorge, ich weiß, was dir helfen wird. Wir müssen jetzt nur gemeinsam auf Feli warten, sie wird die Sinelbeeren bringen. Oh, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Alja, ich bin ein Frosdedje.«
    Jetzt wo ich den Namen hörte, war mir klar, dass es sich um ein Weibchen handelte und die Rasse war mir ebenfalls etwas bekannt. Allerdings hatte ich noch keines zuvor leibhaftig erlebt.
    »Ich bin Heilerin im MondClan, deshalb werde ich dich jetzt kurz abtasten, um zu sehen, ob du dich ernsthaft verletzt hast. Wenn es wehtut, schrei einfach, ja?« Sie schenkte mir ein Lächeln und mein Misstrauen wurde etwas kleiner, wenn ich mir auch nicht sicher war, was sie mit ‚MondClan’ gemeint hatte. War das eine Vereinigung von Trainern? Ich hoffte es nicht, weil ich nicht willig war mir einen neuen menschlichen Partner zu suchen. Niemals.
    Die Hände von Alja spürte ich kaum, ab und an zuckte ich mal zusammen, aber es tat nie so sehr weh, dass ich aufschreien musste. Ich konnte es mir nicht erklären, aber die Art wie sie vorging, erinnerte mich an Schwester Joy.
    »Du hast wohl noch genug Kraft für eine reibungslose Landung gehabt, ne? Du hast ein paar Verspannungen und deine Muskel wurden sehr stark beansprucht, aber deine Knochen sind alle heil.«
    Ich war erleichtert und hätte mich gerne bedankt, aber als ich meinen Schnabel öffnete kam kein Laut heraus. Glücklicherweise hatte sie sich ohnehin gerade in dem Moment umgedreht, weil etwas deutlich hörbar auf dem Gras aufgekommen war.
    »Feli! Da bist du ja.«
    »Entschuldige, dass es so lange gedauert hat, aber Kira ist benachrichtigt und ich hab die Beeren dabei. «
    »Sehr gut! Dann kannst du sie ihr gleich geben.«
    Alja verschwand aus meinem Gesichtsfeld und stattdessen erschien dort ein anderes Pokémon. Es besaß ein angenehmes violettes Fell, Bauch und Gesicht waren beige. Es besaß deutliche Ähnlichkeiten mit einem Griffel - vor allem was die Anatomie betraf, war aber größer und unterschied sich auch sonst etwas davon. Die Arme waren länger und die Beine ebenfalls. Zudem hatte es zwei lange, violette Strähnen die vom Kopf abstanden, genau in der Mitte zwischen den beiden großen Ohren. Mit einem freundlichen Lächeln kam es etwas näher und ich fragte mich, wo es die Beeren nun hatte, denn die beiden Arme waren leer. Schließlich tauchten hinter dem Rücken zwei beigefarbene Hände auf und ich erkannte, dass es die Enden zweier Schweife waren. Ob dies vielleicht eine Entwicklungsstufe von Griffel war?
    »Hier bitte schön.«
    Es legte vier Beeren - in jeder der Hände zwei - in der Nähe meines Schnabels ins Gras. Es kostete mich etwas Mühe, aber ich streckte den Kopf aus, schnappte mir eine nach der anderen und aß sie. Ich spürte deutlich wie meine Kräfte etwas zurückkehrten. Meine beiden Retterinnen sahen sichtlich erleichtert aus.
    »Tretet bitte etwas zurück, ich versuche aufzustehen«, bat ich die beiden, was sie auch prompt taten und machten etwas Platz. Ich zog meine Beine unter meinen Körper und stemmte mich mit ihnen etwas nach oben. Die Kraft reichte allerdings nicht, um mich vollständig aufzurichten, deshalb schlug ich unterstützend kräftig mit den Flügeln, um mein Gleichgewicht zu finden. Das Gras bog sich unter dem Wind, den meine Schwingen erzeugten und ich schaffte es entgegen meiner Befürchtung, doch recht gut mich kurz in die Luft zu erheben, um schließlich auf beiden Krallen wieder auf dem Boden zu stehen. Es war ein gutes Gefühl nicht mehr hilflos im Gras zu liegen, auch wenn trotz allem noch meine Schwingen schmerzten und ich mich ausgelaugt fühlte.
    »Danke«, meinte ich zu den beiden, als ich mich ihnen zuwandte.
    »Bitte, gern geschehen. Es freut uns, dass es dir gut geht«, erwiderte das lilafarbene Affen-Pokémon und klatschte freudig mit den Enden seiner beiden Schweife zusammen.
    »Es war nett euch kennenzulernen. Vielleicht sieht man sich mal wieder«, war ich schon dabei mich zu verabschieden, als Alja mich aufhielt.
    »In diesem Zustand wirst du nicht weit kommen, tut mir leid.«
    »Wieso das?«, erwiderte ich etwas gereizt. Ich war beiden dankbar, für ihre Hilfe, aber ich würde mich von ihnen nicht zu ihren Trainern führen lassen.
    »Möchtest du nicht mit uns kommen? In unserer Höhle kannst du dich ausruhen bis es dir besser geht«, sprach Alja weiter.
    »Ach ja, ich bin übrigens Feli, ein Ambidiffel«, stellte sich unvermittelt das Affen-Pokémon mit einem freundlichen Grinsen vor. Sie machte auf mich einen seltsam naiven Eindruck, aber irgendwie konnte ich ihr nicht böse sein.
    »Deine Art ist nicht zufällig die Weiterentwicklung von Griffel?«
    »Doch, das ist sie«, meinte sie etwas verdutzt.
    »Tut mir leid, ich wollte dich nicht kränken. Mein Name ist Lyn und ich komme aus Johto. Ich habe eure Rassen bisher nur im PokéDex gesehen«, erwiderte ich entschuldigend. Ich schämte mich etwas für mein Unwissen.
    »PokéDex? Bist du ein Trainer-Pokémon?«, wollte Feli interessiert wissen und ich nickte als Antwort.
    »Du scheinst mir nicht zufällig hierher geraten zu sein«, meinte Alja mit einem wissenden Unterton und ein misstrauischer Ausdruck kam in ihre eisblauen Augen.
    »Ich bin nicht mehr gebunden«, sagte ich monoton und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr es mich schmerzte das auszusprechen. Das Frosdedje nickte nur verständnisvoll, während Ambidiffel etwas verwirrt dreinblickte.
    »Ninian wird sich bestimmt freuen dich kennenzulernen, Lyn«, meinte Feli breit grinsend und deutete auf die Gebirgskette die sich im Westen in den Himmel erstreckte. »Dort ist unser zu Hause.«
    »Alja! Feli!«, schallte es plötzlich zu uns. Ein grünes Drachen-Pokémon kreiste über uns, die Flügel hatten die Form von Rauten, die Hinterbeine waren kräftig, während die Arme kurz waren.
    »Kira!«, rief das Affen-Pokémon und winkte mit seinen zwei Schweifen. Die Drächin zog engere Kreise und landete schließlich vor uns. Es blickte mich aus freundlichen schwarzen Augen an, die von einer roten Membran umgeben wurden, was mich an die Augen eines Bluzuk erinnerte. Vom Kopf standen zwei lange, grüne Antennen nach hinten ab, ähnlich wie meine Kopffedern.
    »Darf ich vorstellen«, meinte Feli sichtlich stolz, »Kira, das ist Lyn - sie kommt aus Johto - Lyn, das ist Kira, ein Libelldra.«
    »Es freut mich dich kennenzulernen«, erwiderte die Drächin mit einem respektvollen Kopfnicken. Ihre Stimme klang etwas dunkler, als die der beiden anderen und ich wunderte mich über ihre Geste. Sicherlich, ich war wesentlich größer als das durchschnittliche Tauboss, aber ich hatte das Gefühl, dass Kira auf etwas anderes anspielte, als sie mich begrüßt hatte.
    »Du kommst gerade rechtzeitig, Wüstengeist«, meinte Alja zwinkernd und begann auf den Rücken des Libelldra zu steigen. »So werden wir rechtzeitig zum Mittagessen dort sein.«
    »Das kann ich dir nicht versprechen, Alja. Linus und Lloyd wurden von Ingus dabei erwischt, wie sie sich an den Vorräten gütlich getan haben und ich weiß nicht, ob Thunder dazu gekommen ist mit Pia und Vesuvio Beeren sammeln zu gehen.« Frosdedje bedeckte mit der rechten Hand ihre Augen und seufzte.
    »Diese beiden Chaoten!«
    »Keine Sorge, nicht nur Ingus hat ihnen doppelte Trainingseinheiten auf’s Auge gedrückt, Sothe war ebenfalls nicht gerade begeistert.«, erzählte Kira weiter. Die ganzen Namen wirbelten in meinem Kopf herum und ich wusste, dass ich da auf eine große Gruppe gestoßen war. Die Frage war nur: waren es alles Pokémon oder Menschen?
    »Nun gut, Zeit für Plan B«, meinte Alja kurzum und blickte mich und Feli an. »Feli, du zeigst Lyn die Höhle, während Kira und ich ein paar Beeren sammeln gehen.«
    »Kein Problem«, erwiderte das Affen-Pokémon.
    »Wir treffen uns dann später wieder. Bis dann!«, verabschiedete sich das Eis-Pokémon und mit kräftigen Flügelschlägen hob Kira vom Boden ab, das Gewicht auf ihrem Rücken schien sie gar nicht zu bemerken. Feli winkte den beiden noch hinterher, bis sie hinter den Bäumen verschwunden waren. Die Entwicklung gefiel mir nicht. Ich hatte vorgehabt so schnell wie möglich mir eine abgelegene Gegend zu suchen, wo ich in Ruhe leben konnte, um mich auszuruhen, zu stärken und vielleicht eines Tages den Weg zurück nach Johto zu machen, damit ich Hiraku suchen konnte. Mein Innerstes sträubte sich dagegen zu akzeptieren, dass es kein Wiedersehen gab - seine Worte machten mir Sorgen und wie dunkle Schatten zogen sie immer wieder durch meinen Kopf. Ich versuchte zu erfassen was geschehen war, aber es war zu viel und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Hiraku war nicht einfach nur mein Trainer gewesen, ein Mensch der mich durch Zufall eines Tages in meiner Jugend gefangen hatte. Nein, er war mein Retter gewesen, Beschützer, ständiger Begleiter. Er war mein bester Freund, jemand, der mich ohne Worte verstand. Ich hatte mir versprochen, wenn ich voll entwickelt war, dass ich ihn beschützen würde.
    Doch in dieser Funktion hatte ich versagt und nun war ich hier, an einem fremden Ort, weit fort von ihm, mit dem Gewissheit, dass ich nicht einfach zurückkehren konnte. Er wollte nicht, dass ich bei ihm war, weil er mich vor etwas schützen wollte, aber ich wollte ihn auch vor etwas schützen!
    Ich bemerkte gerade noch rechtzeitig, dass mich Feli verstohlen ansah, bevor ich weiter in meine Gedanken versank. Sie musste sich wohl nicht getraut haben mich anzusprechen, als ich völlig in mich gekehrt vor mich hingestarrt hatte. Ich wusste, dass ich es verarbeiten musste, aber es war bei Weitem der schlechteste Zeitpunkt es jetzt zu tun. Es war nicht leicht meine Gefühle beiseite zu schieben, sie tief zu vergraben und die Trauer nicht an die Oberfläche dringen zu lassen. Ich versuchte meine Stimme freundlich klingen zu lassen, als ich Feli fragte:
    »Möchtest du nicht aufsteigen? Dann kannst du mir euer Zuhause aus der Luft zeigen.«
    Damals wusste ich noch nicht, dass ich dem Ambidiffelweibchen einen langgehegten Traum mit dieser Frage erfüllen würde.
    »Sehr gerne!«, meinte sie sichtlich erfreut und sprang überglücklich von einem Bein auf das andere. »Aber nur, wenn es dich nicht stört, ich kann auch laufen«, fügte sie hinzu, als ihr wohl bewusst wurde, dass ich vor kurzem noch auf den Boden gelegen habe.
    »Das ist in Ordnung. Steig auf.«
    Wie schon viele Male zuvor ging ich etwas in die Knie, um meinem Reiter das Aufsteigen zu erleichtern. Im Gegensatz zu Hiraku, war Feli ein Fliegengewicht. Sie duckte sich hinter meine Kopffedern, klammerte sich mit beiden Beinen an meinen Körper und mit ihren beiden Armen hielt sie sich an den Federn an meinem Hals fest.
    »Okay, ich bin soweit«, meinte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. Ich kam nicht umhin zu lächeln.
    »Ist gut, aber du musst dich nicht durchgehend so festhalten. Aber das erkläre ich dir, wenn wir in der Luft sind.«
    Ich schlug mit meinen kräftigen Schwingen und stieß mich mit den Krallen von dem mit Gras bewachsenen Boden ab. Erneut bog es sich unter dem von mir erzeugten Wind und es dauerte nicht lange bis ich es über die Wipfel der Bäume geschafft hatte.
    Damals wusste ich noch nicht, dass dieser Flug etwas Besonderes war. So wie mein Leben mit Hiraku mit einem letzten gemeinsamen Flug beendet wurde, so begann mein Leben im MondClan mit diesem ersten gemeinsamen Flug mit Feli.



  • So, nachdem ich also schon vorab die Uncut-Version sehen durfte und dir dazu leider noch gar nichts gesagt hatte, nehme ich mir das online vor und feiere hiermit mein Debut in deinem Kurzgeschichtentopic! *feier* Aber ich glaube, du bist eher an etwas Kritik interessiert, von daher: Kommen wir gleich zur Sache.


    Wakare, Abschied, wie ich damals schon beim Wettbewerb festgestellt hatte, aber ich weiß nicht mehr genau, was ich dazu geschrieben hatte. Prinzipiell klingen japanische Titel immer recht anspruchsvoll, aber wenn die Bedeutung keine größere einnimmt als die Pointe der ganzen Geschichte (und der Zusammenhang des Titels mit der Geschichte sollte doch relativ lange unter Verschluss bleiben, der Überraschung wegen), dann ist es relativ schwierig, diesen als gut zu erachten. Passend ja, aber etwas vorausgreifend für das, was passiert.
    Zum ersten Teil muss ich gar nicht so viele Worte verlieren, weil der beinahe perfekt ist. Der Ausgang vom Leuchtturm, auf dem die beiden stehen und du erst das umständliche Anlegen des (Reit-)Fluggeschirrs umschreibst, leitet wahrlich dazu ein, den darauffolgenden Flug zu genießen, denn der ist sehr malerisch und von vielen Eindrücken geprägt. Die Pokéathlonhallen, der Nationalpark und auch der Glockenturm - wobei es bei letzterem schade war dass du auf ihn nicht näher eingegangen bist, obwohl du es bei den anderen Dingen auch getan hast. Gut, die Entfernung zwischen Arena und dem Turm ist doch beträchtlich, allerdings kennt Tauboss diesen ja sicher von früher noch und hat auch einige Erinnerungen daran gesammelt. So gesehen fällt hier eigentlich nur Lyns bestürztes Denken auf, als sich Hiraku so arg verkrampft. Ich denke mal, dass das durchaus auch ohne Hintergedanken geschehen kann und insofern waren seine Sorgen eher überstürzt als fürsorglich. Selbst wenn sie schon oft miteinander geflogen sind, kann es noch immer passieren, dass etwas Abnormes geschieht.
    So landen sie also und du fährst gleich mit der Tür ins Haus, indem du die sofortige Trennung ansprichst. Auch hier, etwas überstürzt, aber eher in dem Zusammenhang, dass du vom Ende des Fluges bis zu diesem Satz kaum Pause zur Entspannung gelassen hast. Hier hätte sich Lyn nämlich noch einmal Gedanken um seinen Trainer machen können, ob der Flug auch angenehm war oder ob ihn etwas anderes beschäftigt. Auf die plötzliche Aussage reagiert Lyn vielleicht etwas zu ungehalten, was das Ablegen des Geschirrs angeht. Es war nicht ganz ersichtlich, ob das nun schon normal war oder nicht, von daher könnte Tauboss auch hier etwas übertrieben gehandelt haben. Ein kurzer Satz, dass Hiraku das normalerweise nicht sofort tat, reicht dafür allemal.
    Mit dem Zerschellen des Pokéballs ist nun auch der am Ende doch sehr abrupte Abschied vonstatten gegangen. Während du zuvor noch Gefühle aufgebaut hast, wurden sie mit dieser Aktion quasi vollends in die Höhe getrieben und der Lyns Ausruf danach kam sehr überzeugend und hilflos rüber. Gut so! Warum es dann aber so arg verschreckt ihm gegenüber ist, ist eine andere Frage. Ganz so, als wäre mit dem Pokéball auch die Bande zwischen den beiden verschwunden. Wie heißt es doch so schön: "Freundschaft aufzubauen ist schwer, sie zerbrechen zu sehen umso mehr." (Ob das Zitat wirklich so ging, weiß ich nicht mehr, aber wenn nicht, dann habe ich eben eines erfunden!).
    Und gerade, als man dachte, Lyn wäre nun irgendwo in Sinnoh verschollen, tauchen schon zwei neue Pokémon auf. Dass Frosdedje dabei Alja heißt, ist gar nicht so abwegig, wenn man bedenkt, dass das ein eher nordischer Name ist. Überhaupt gefällt mir ja wie immer die Pokémonwahl, da hast du ein gutes Händchen bei der Auswahl. Und hier zeigt sich mit dem MondClan wieder der große Warrior-Cats-Einschlag, den EgA bei dir hat. Es ist auf jeden Fall interessant, wie freundlich die beiden Pokémon und auch später Kira zu Lyn war, dass sie sie zu ihrer Höhle bringen möchten. Wohl, weil sie um das Wohlergehen wirklich besorgt zu sein scheinen, aber ich denke, dass hier auch noch etwas anderes - so eine Art Truppenaufbau - dahinterstecken könnte. Das kommt dann aber wohl erst später, denn sie scheint sich recht gut eingelebt zu haben. Übrigens ist es witzig, wie du erst hier dargestellt hast, dass Tauboss eigentlich ein Weibchen ist. Mir bleibt nicht viel zu sagen, außer, dass dir der letzte Teil gelungen ist, da du wieder an alles gedacht hast. Bis vielleicht auf die leicht vorhandene Passivität Lyns, aber das ist zu verschmerzen. Danke für dieses Erlebnis an Text; die Uncut-Version ist ein wahrer Traum. Mach weiter so!



    ~蛇

  • Kalt


    In völliger Panik sauste sie um die nächste Häuserecke und lief die Straße entlang. Fliehen. Irgendwo. Verstecken. Ihre Gedanken kreisten wild um ihre Flucht, aber ebenso schnell wie sich ihre Beine bewegten entglitten ihr die Eingebungen aufgrund fehlender Konzentration. Sie wagte nicht über die Schulter zurück zu blicken, auch wenn ein Teil von ihr danach verlangte, so verbat sie es sich, um nicht ihre eigene Hoffnung vor ihren Augen sterben zu sehen. Welche Möglichkeiten hatte sie noch? Welche Verstecke gab es noch? Wo konnte sie Zuflucht suchen?
    Für ein derart verhasstes Wesen, wie sie eines war, war es schwer Unterschlupf zu finden.
    Sie ließ die Stadt hinter sich, in der sie sich schon viel zu lange aufgehalten hatte. Schmerzlich wurde ihr bewusst, dass es nun einen weiteren Ort auf dieser Welt gab, an dem sie nicht willkommen war und es wohl niemals sein würde.
    Erst als der nahe Wald sie vollständig in seinen Schatten aufgenommen hatte, wie ein Tauboss seine großen Schwingen liebevoll über seiner Brut ausbreitete, gönnte sie sich etwas Ruhe. Ihre Beine zitterten, ihre Krallen schmerzten und sie hatte Mühe nicht zusammenzubrechen. Sie lehnte sich an einen dicken Baum und brauchte lange, bis sich ihre Atmung und ihr Herzschlag beruhigt hatten. Sie sank mit dem Rücken an der Borke zu Boden.
    "Und jetzt?", fragte sie sich selbst halblaut. Sie betrachtete ihre weißen Krallen, die Pfoten, die sie schon viel zu oft in Gefahr gebracht hatten. Das Leben war so schon nicht leicht und sie wusste, dass ihre Rasse verhasst war, aber sie hatte auch nie jemandem das Gegenteil bewiesen.
    "Vielleicht sollte ich einfach im Wald leben?"
    Aber das war nicht die Lösung des Problems, das wusste sie. Kein Bewohner dieses Forstes würde sie dulden. Sie war ein Sniebel, ein Eis-Pokémon, das Stehlen und reueloses, eigennütziges Handeln war ihr in die Wiege gelegt worden. Jedenfalls dachten das alle, eines der hartnäckigsten Vorurteile der Zeit. Es hielt sich noch stärker in den Köpfen der Bevölkerung, als das Märchen, welches Gift-Pokémon zu Krankheitsüberträgern und willentlichen Vergiftern machte. Dabei lag es nur in ihrer Natur, sie konnten sich ihre giftigen Stacheln ja kaum entfernen lassen! Und doch hatten es einige der Akzeptanz wegen getan.
    Sie war auch nicht freiwillig zu einer Diebin geworden, aber es war leider in den dreckigen Gassen der großen Städte die einzige Möglichkeit zu überleben. Von dem Verzehr von Müll und der Erniedrigung des Bettelns abgesehen. Einst waren die Königshäuser noch gütig gewesen und das Land gerecht verteilt. Was war nur geschehen?
    Ein Knacken riss Naomi aus ihren Gedanken und alle ihre Sinne waren angespannt. Trotz Erschöpfung zwang sie sich lautlos auf die Beine und ignorierte den Schmerz ihrer Muskeln, der sie beinahe zusammenbrechen ließ. Ein starker Wille besiegt die Schwäche des Körpers, hatte man sie gelehrt.
    Ihre Augen suchten die Umgebung ab, aber kein Blatt bewegte sich und kein Zweig eines nahen Busches verriet den Näherkommenden. Sie ging in Angriffsstellung, hielt ihre beiden Arme kampfbereit vor ihrer Brust. Einen Herzschlag lang durchzog der Gedanke des Sterbens ihren Kopf. Wäre es nicht besser diese Welt endlich zu verlassen?
    "Nein, wäre es nicht", antwortete sie sich selbst. Wie konnte in ihr so ein Wunsch überhaupt aufkeimen?
    Der Angreifer stürzte sich von oben auf sie herab und Naomi hatte keine Chance zu reagieren. Augenblicklich brach sie unter dem Gewicht zusammen, das ihr die Luft aus den Lungen presste und sie daran hinderte zu Atem zu kommen. Sie zappelte wild, versuchte den Fremden von ihrem Rücken zu bekommen, aber es schien zwecklos, ihre Muskeln waren zu schwach. Sie stellte ihre Gegenwehr ein. Vielleicht war heute doch ein guter Tag zum Sterben.
    Ihr Angreifer ließ von ihr ab und sobald das Gewicht sie nicht mehr zu Boden drückte holte sie keuchend tief Luft und hustete während sie sich langsam aufrichtete.
    Vor ihr duckte sich auf allen Vieren ein Sengo. Sein Fell war weiß, hatte aber nicht die Reinheit von Schnee, sondern mehr die lebende Farbe von Pusteblumen. Anstatt leuchtend roten Markierungen hatte dieses Sengo helle, blaue Zeichnungen.
    "Ist alles in Ordnung?", wollte ihr Gegenüber mit deutlich männlicher Stimme wissen.
    War das sein Ernst?
    Naomi war so perplex, dass sie nicht antwortete, sondern ihn nur entgeistert anstarrte. Das schien ihm unangenehm zu sein und so erhob er sich aus seiner Duckstellung. Als die zuvor noch verdeckten, blutroten Krallen zum Vorschein kamen, konnte sich das junge Sniebel vor Schreck nicht mehr rühren. Mit wem hatte sie es hier zu tun? Sie war unfähig den Blick von den paarweise an jeder Pfote vorhandenen Klauen abzuwenden, die nach einem gerade verübten, blutig endenden Kampf aussahen.
    Doch die Frage nach ihrem Befinden, wenige Augenblicke zuvor zerstörte das Bild des rücksichtslosen Kämpfers sogleich. Etwas unsicher wandte er kurz den Blick ab, schien nach Worten ringen, bis er schließlich die unangenehme Stille erneut durchbrach.
    "Geht es dir gut?"
    Naomi wusste nichts zu entgegnen und als das Sengo bemerkte, worauf ihre Augen beständig starrten meinte er schnell: "Keine Angst, sie waren schon immer rot. Schon seit ich geboren bin."
    "Angst?", brach es aus Naomi heraus, die sich dieses Gefühl niemals zugestand. "Ich habe keine Angst vor dir." Sie löste ruckartig ihren Blick von den Krallen ihres Gegenübers und sah ihm direkt in die Augen. Ihre kalte und entschlossene Stimme schüchterte das Sengo sichtlich ein und es war Naomi nur recht. Er sollte sich vor ihr fürchten, denn sie war ein Kind der Straße und kannte deren Gesetze.
    "Das ist gut, weil das musst du auch nicht haben. Wie heißt du?", wollte er wissen. Naomi konnte deutlich erkennen, wie er sämtliche Verteidigung fallen ließ und ihr Vertrauen entgegenbrachte. Diese Naivität stieß sie ab, wie der beißende Geruch von verfaultem Essen und anderem Müll. Wie konnte jemand nur so dumm sein?
    Sie wägte ab, ob sie ihren wahren Namen preis geben oder sich schnell einen Decknamen ausdenken sollte. Andererseits was machte es schon, wenn er ihn wusste? Er wäre der einzige neben ihrer verstorbenen Mutter, der ihn je zu hören bekam.
    "Naomi", antwortete sie.
    "Ein schöner Name", meinte er mit einem Lächeln, "Ich bin Nekoda."
    Naomi erwiderte nichts, denn sie war nicht froh ihn getroffen zu haben, noch wollte sie ihn überhaupt kennenlernen. Sie fühlte sich nicht ausgeruht, aber sie hatte nicht vor länger hier zu bleiben, denn die Anwesenheit Nekodas zeigte ihr deutlich, dass sie hier nicht bleiben konnte. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging den Weg zurück aus dem sie gekommen war. Sie würde schon irgendwie in die nächste Stadt oder das nächste Dorf kommen, irgendwie einen weiteren Tag überleben.
    "Wo willst du hin?", fragte Nekoda verwirrt und folgte ihr.
    Ruckartig drehte sie sich um und er blieb stehen, als sie ihn aus kalten roten Augen anstarrte.
    "Das geht dich erstens nichts an und zweitens habe ich kein Interesse an deiner Gesellschaft. Weißt du gar nicht wer ich bin? Ich bin ein Sniebel, du darfst von Gesetzeswegen her gar nicht mit mir sprechen. Ich bin in dein Revier eingedrungen und kann mich glücklich schätzen, dass du mich nicht getötet hast. Meine Dankbarkeit zeige ich damit, dass ich dich nicht länger belästige und dir somit keinen Grund gebe mich ins nächste Dorf zu zerren und der dortigen Wachen auszuliefern."
    Ihre Stimme war emotionslos und sachlich geblieben, es hatte keinen Sinn den Fakten in irgendeiner Form Leben einzuhauchen oder sie auszuschmücken. Das war Realität, nicht mehr und nicht weniger. Nekoda hatte die Augen verwirrt aufgerissen, als könnte er nichts davon verstehen, was Naomis Ansicht, sie hatte einen Dummkopf vor sich, nur erhärtete. Wie konnte jemand in dieser Welt leben und darüber nicht bescheid wissen?



  • [tabmenu][tab=1]
    Hey Cynda-san, (:
    Eine neue KG also, sehr schön. Diese habe ich heute während einer etwas langweiligen Vorlesung meiner Geschichtslehrerin überflogen und dann nach den Hausaufgaben nochmal richtig gelesen und da dachte ich mir, ich hinterlasse dir einen Kommentar. ^.^
    [tab=2]
    Kalt
    Was für ein genialer Titel, der doch so simple ist. Ich weiß nicht; ich bin sicher es gibt einige, die sowas als eher langweilig, eintönig und auch aussagelos betrachten, aber mir gefällt diese Überschrift ungemein. Kalt ist zwar wirklich ein einfaches, aber dennoch so schön tiefgründiges Wort, wie ich finde. Man kann viele Dinge in diesen Titel interpretieren, vor allem aber kann man sich überlegen, ob damit vielleicht wirklich ganz plausibel die Wetterlage kalt gemeint ist, oder ob vielleicht von der Art „kalt zu sein“ die Rede ist. Natürlich gibt es noch mehrere Möglichkeiten, aber das waren auch meine ersten Einfälle… Jedenfalls gefällt mir der Titel wirklich sehr gut; ein weiterer Grund diese Kurzgeschichte gelesen haben zu müssen. ;D


    Die Geschichte hat einen ähnlichen Beginn wie einer meiner Lieblingsanimes, Wolfs Rain. Zumindest die Atmosphäre ist so ziemlich genau die Selbe. Genau wie die Wölfe, wird Naomi hier verfolgt und verlässt letzten Endes diese Stadt. Es ist interessant, dass du gar keinen Namen nennst; somit wissen wir auch nicht, wo das sein könnte. Auch eine Region nennst du nicht, somit lässt du alle Möglichkeiten offen, was meiner Meinung nach ein schön interessanter Aspekt ist. Etwas Geheimnisvolles wird damit vermittelt… Der innere Monolog zu Beginn gefällt mir sehr gut – da hast du Naomis Gedanken sehr schön ausgearbeitet – allerdings hättest du meiner Meinung nach noch etwas mehr Inhalt dazu nehmen können. Mir kommt das etwa so vor: Sie zischt um die Ecke und dann ist sie aus der Stadt raus. Weißt du was an der Stelle (denke ich) gepasst hätte? Eine Beschreibung der Stadt. Sowas könntest du in etwa schreiben. „Die grauen Häuser zogen an ihr vorbei, als sie durch diese trostlose Stadt lief…“ Das muss gar nicht so viel sein, nur dass wir uns in dem Moment dem Standpunkt (und mit den wichtigen Worten auch nochmals den Gefühlen des Sniebels) im Klaren sind. Hätte mir an der Stelle gut gefallen. Aus der Stadt heraus, muss sich Naomi überlegen, was sie nun als nächstes tut. Auch diese Gedankengänge hast du meiner Meinung gut rübergebracht, obgleich du dich hier und da glaube ich etwas wiederholt hast; war aber nicht weiter auffällig und hat auch nicht wirklich gestört. Gerade den kurzen Gedanken an das Sterben, in Folge des Angriffs von Nekoda, welcher dann noch für einen Moment gestärkt wurde (was aber meiner Ansicht nach sehr ironisch klang), fand ich sehr amüsant und doch recht tiefgründig. Das Ganze an sich hatte was Ironisch-, Sarkastisches; meiner Meinung nach gut gelungen.
    Die Begegnung mit dem zweiten Charakter der Kurzgeschichte, Nekoda, ist dir auch sehr gut gelungen! Du hast ihn vielleicht zu Beginn etwas zu feindselig rüberkommen lassen, was eigentlich gar nicht zu der Ansicht danach passt, die ja auch die Wahrheit zu sein scheint, aber vielleicht bilde ich mir das auch einfach ein… Jedenfalls ist sein Auftreten authentisch geschrieben und auf jeden Fall gut gelungen. Naomis Feindseligkeit gegenüber des Sengos kann man ebenso gut verstehen und somit hast du die ganze Szene eigentlich gut ausgearbeitet. Gerade das Ende hat mir unglaublich gut gefallen, sowohl der aktive, als auch der passive, gedankliche Teil des Schlusses. Auch die Einbindung des Shinystatus von Nekoda war an sich meiner Meinung nach ein sehr schöner Einfall und Gedanke, allerdings fehlt mir da irgendwie einiges. Viel deutlicher hätte man noch darauf eingehen können (allerdings wäre dann das Ende der Geschichte womöglich ein völlig anderes), aber das wäre vielleicht auch eine schöne Option gewesen; wer weiß.

    Zitat von Dir

    Wie konnte jemand in dieser Welt leben und darüber nicht bescheid wissen?

    Ich habe mal etwas nachgeschaut und bin davon überzeugt, dass man Bescheid hier groß schreibt. Was meinst du?


    Die Frage ist jetzt nur, wie interpretiert man das? Was meinst du mit offenem Ende? Denn so offen finde ich das Ende gar nicht? Klar, es stellen sich einige Fragen: Was passiert jetzt mit Naomi? Was denkt Nekoda nun über sie? Was denkt Naomi über den Shiny-Status? Und noch einiges mehr… Aber ich glaube, primär geht es gar nicht so wirklich darum; die Handlung soll nur ein Spiegelbild für ein immer gleich bleibendes Muster für etwas sein, dass man einfach nur auf diese beiden Pokémon, in diesem Fall, reflektiert hat. Wie wäre es mit: Die heutige Gesellschaft zieht sich gegenseitig an den Prang? Vertrauen ist auch nicht mehr das, was es mal war? Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Sicherlich trifft nicht alles zu, aber das wären so meine Denkansätze. Jedenfalls ist dir die Kurzgeschichte sehr gut gelungen, gefällt mir. Vom Sprachlichen her brauch ich bei dir ja nichts mehr zusagen, das ist sowieso ziemlich gut; habe wieder nur ein oder zwei meiner Meinung nach teilweise holprige Formulierungen gefunden, wenn du möchtest schicke ich sie dir noch auf Skype, oder so. Eine Weiterführung, beziehungsweise eine Anknüpfung an dieser Kurzgeschichte, halte ich für etwas gewagt, da das Thema in sich abgeschlossen ist, nur die Verkörperung dessen in ihrer Handlung nicht… Mhm, verzwicktes Thema. Aber gut, das ist eh deine Entscheidung. (:
    [tab=3]
    Ich hoffe, ich konnte dir mit meinem kleinen Kommentar ein wenig weiterhelfen. :3
    Liebe Grüße,
    Chess <3[/tabmenu]

  • Das Ende ist die Krönung einer Sache.


    Конец - делу венец.
    -
    Konets - delu venets
    - russisches Sprichwort


    Ich war froh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, als ich aus dem Bus ausstieg. Der mit Abstand schlimmste Tag seit langem lag hinter mir und ich wollte nur noch nach Hause.
    Ich hatte ihn sofort erkannt. Mein Namensgedächtnis mag zu einem der schlimmsten der Welt gehören, aber Gesichter konnte ich mir komischerweise schon immer gut merken. Und ich wusste sofort wer er war. Natürlich hatte ich jeglichen Augenkontakt tunlichst vermieden, als ich ihn durch einen flüchtigen Blick erkannt hatte. Das fehlte mir an diesem Tag noch, dass ich ausgerechnet ihn treffe.
    Zielstrebig ging ich auf dem Gehweg die Straße entlang und war vollkommen in Gedanken versunken, als links neben mir jemand auftauchte. Er.
    „Hallo Theresa“, grüßte er mich mit einem breiten Lächeln. Wenigstens hatte er mich nicht 'Resi' genannt, diesen Spitznamen aus unseren Grundschultagen konnte ich noch nie leiden. „Lange nicht gesehen. Wie geht’s dir?“
    Wollte er jetzt allen ernstes ein Gespräch anfangen?
    „Hallo Hannes.“
    Ich war mir unsicher, wie ich auf seine Frage antworten sollte, denn eigentlich ging's mir furchtbar, aber das wollte ich ihm dann doch nicht erzählen. Eigentlich wollte ich überhaupt nicht reden.
    „Joa, geht schon. Anstrengender Tag heute.“
    „Schule? Oder Arbeit? Was machst du eigentlich jetzt so?“
    Das gab's doch nicht! Ich hatte ihn gar nicht so neugierig und ignorant in Erinnerung, als dass er nicht bemerken konnte, dass ich auf ein Gespräch keinerlei Lust hatte. Und es gab keine Möglichkeit ihm auszuweichen. Ich wusste wo er wohnte und deshalb war mir auch bewusst, dass ich keine Chance hatte irgendwo in eine Straße einzubiegen, um meine Ruhe zu haben. Wir wohnten nicht weit genug auseinander, als dass diese Aktion irgendwie logisch gewesen wäre. Aber warum kümmerte mich das?
    „Ich arbeite in einer Bibliothek, bin mit der Ausbildung dieses Jahr fertig geworden“, versuchte ich seine Frage so knapp wie möglich zu beantworten. Die Höflichkeit hätte geboten, dass ich ihn ebenfalls interessiert frage, was er so nach seinem Realschulabschluss machte, aber ich ließ es sein. Ich war nun wirklich nicht in der Stimmung für so was. Je länger wir nebeneinander gingen, desto mehr fühlte ich mich an die Tage damals zurückversetzt. Es hatte fast etwas von einem Déjà-vu. Ich hatte diese Situation vor einigen Jahren schon einmal erlebt. Da war er auch einfach an meiner Seite aufgetaucht, ohne Vorwarnung. Trotzdem gab es starke Unterschiede, nicht nur, dass ich damals mindestens sechs Jahre jünger war, sondern auch, dass ich zu dieser Zeit Gefühle für ihn hatte. Einen Moment lang wunderte ich mich, warum ich nun nichts spürte. War meine schlechte Laune zu groß oder hatte ich es tatsächlich überwunden? Ich zweifelte stark an letzterem.
    „In einer Bibliothek? Irgendwie passt das zu dir“, meinte er grinsend und ich war unsicher, ob ich mich geschmeichelt oder angegriffen fühlen sollte. Was wusste er schon was zu mir passt? Nur weil ich schon länger eine Brille trug als er oder was? Weil ich klein war und zu nichts anderem fähig aussah als in Büchern zu lesen? Ich schluckte die Frage, die mir in den Sinn kam herunter, auch wenn mich brennend interessierte, wie er das gemeint hatte.
    „Aber wie kann die Arbeit da anstrengend sein?“, hakte er nach, nachdem ich auf seine Aussage nicht reagiert hatte. Dabei hatte er einen zweifelnden Ton angeschlagen, als ob er sich das nicht vorstellen könnte. Ich hatte jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder lud ich meinen ganzen Frust auf einen Kerl ab, den ich grundsätzlich seit dem Kindergarten kannte, aber nie wirklich Kontakt hatte und von ihm nur wenig wusste oder ich ignorierte seine Frage, weil er wahrscheinlich ohnehin nur das Klischee im Kopf hatte. Als ob ich im Lesesaal sitzen würde und ständig mit strengem Blick die Nutzer zur Ruhe zischen würde. Das konnte ich mir in meiner Institution gar nicht leisten …
    Obwohl, es gab noch eine dritte Möglichkeit, die mir einfiel und die ich schließlich wählte, weil ich ja doch nicht die Courage hatte ihm offen zu sagen, dass er mich gerade in einer sehr schlechten Stimmung erwischt hatte.
    „Da gibt’s grundsätzlich schon einiges zu tun, was mehr oder weniger anstrengend ist. Stress hat man aber weniger mit der Arbeit an sich, als mit den Vorgesetzten.“
    So, jetzt war es raus. Das war die Kurzfassung meines Problems und ich war nicht gewillt näher darauf einzugehen. Er würde es eh nicht verstehen, ich wusste ja nicht mal, ob ich zu Hause verstanden werden würde.
    „Stress mit dem Chef, was?“, erwiderte er mitfühlend und ich blickte ihn an. Bisher hatte ich nur sporadisch von dem asphaltierten Weg aufgeschaut, aber dieses Mal hielt ich Augenkontakt. Unerklärlicherweise.
    Ich nickte nur und schluckte weitere Details runter. Was brachte es schon mich ihm anzuvertrauen?
    „Mach dir nichts draus, der ist bestimmt nur eifersüchtig, weil du so gute Arbeit leistest. Wahrscheinlich hockt der den ganzen Tag nur am Schreibtisch und hat von nichts Ahnung, stimmt's?“
    Wie kam er dazu meine Arbeit zu bewerten? Er hatte doch gar keine Vorstellung was ich machte! Aber es schmeichelte mir, dass er mich so einschätzte. Hätte ich gar nicht gedacht.
    „Naja, Ahnung hat Chefin schon, aber sie macht manchmal viel Wind. Ich hab heute was verwechselt und deshalb einen Fehler gemacht. Aber keinen, den man nicht rückgängig machen könnte.“
    „Also, was will sie dann? Fehler sind doch normal. Die soll sich nicht so aufregen.“
    „Keine Ahnung“, gab ich zu.
    „Nächstes Mal passiert dir das nicht“, meinte er überzeugt. Ich lächelte geschmeichelt und wandte den Blick ab.
    „Was stehen bei dir denn so für Bücher rum?“, wollte er wissen.
    „Nichts spannendes. Fachliteratur, hauptsächlich chemisches Zeug“, erwiderte ich und bemerkte, dass meine Stimme weniger abweisend als zuvor klang.
    „Was ist denn das für eine Bibliothek?“
    „Eine Wissenschaftliche.“
    „Dann kannst du mir also keinen Roman empfehlen oder so“, meinte er und schien etwas enttäuscht zu sein.
    „Leider nicht, tut mir leid.“ Ein Teil von mir ärgerte sich in diesem Moment schrecklich, denn es war selten, dass jemand Interesse zeigte. Und von ihm hätte ich keines erwartet. Ich wusste nicht einmal, dass er überhaupt las, was mich dann wieder daran erinnerte, dass ich ohnehin kaum etwas von ihm wusste.
    „Aber wenn ich jetzt eine Facharbeit über Chemie schreiben müsste, dann könntest du mir helfen, oder?“
    Für einen Moment wusste ich nicht, wie ich diese Frage einordnen sollte. War das jetzt fiktiv oder eine Anspielung darauf, was er zurzeit machte?
    „Joa, ich könnte es versuchen. Ich recherchiere gerne und muss das in der Arbeit viel für unsere Nutzer machen“, antwortete ich.
    „Dann weiß ich ja, zu wem ich gehen muss“, erwiderte er mit einem Lächeln, was ich unweigerlich erwidern musste. Ich musste mir eingestehen, dass ich mich wohl in seiner Nähe fühlte. Als ich die Umgebung wieder bewusst wahrnahm, fiel mir auf, dass er eigentlich an der Kreuzung geradeaus hätte weitergehen müssen, während ich nach rechts abgebogen wäre. Aber er lief immer noch neben mir. Ich zögerte, ob ich ihn darauf ansprechen sollte, tat es aber schließlich doch.
    „Hättest du nicht vorhin geradeaus weiter müssen?“
    „Eigentlich schon, aber ich hab Zeit. Ist ja nicht so weit der Weg“, entgegnete er gelassen. „Hast du gleich nach dem Abschluss die Ausbildung angefangen?“
    „Ja“, antwortete ich nickend. Ich versuchte zu verbergen, wie sehr mich seine Reaktion überrascht hatte.
    „Und du arbeitest jetzt noch in derselben Bibliothek?“
    „Genau und wenn's gut läuft, kann ich da sogar bleiben.“
    „Das wäre ja genial, dann müsstest du nichts neues suchen.“
    „Genau.“
    Wir bogen gerade in meine Straße ein, ich konnte unser Auto in der Mitte der Straße parken sehen und wusste zumindest, dass meine Mutter zu Hause war.
    „Dass du mal Bibliothekarin wirst. Hätte ich nicht gedacht, aber ich finde es passt.“
    „Danke“, erwiderte ich und hatte beschlossen, es als Kompliment zu sehen. Ich hätte ihm ohnehin nichts schlechtes unterstellen können, dafür gab er sich zu ehrlich.
    Ich wurde langsamer, als wir uns meinem Haus näherten und war unschlüssig, wie ich mich jetzt von ihm verabschieden sollte. Solche Situationen hatte ich schon immer gehasst.
    „Hier wohnst du, gell?“
    „Seit neunzehn Jahren schon, ja.“
    „Geht's dir jetzt besser?“
    Die Frage traf mich absolut unvermittelt, weil ich gar nicht gedacht hatte, dass es ihm überhaupt aufgefallen war. Ich musste aber zugeben, dass ich mich jetzt tatsächlich besser fühlte, obwohl ich mir gar keine Gesellschaft gewünscht hatte und ich mich auch vor einigen Minuten noch für absolut sozial unverträglich an diesem Nachmittag gehalten hatte.
    „Ja, mir geht’s besser. Danke.“
    „Kein Ding. Ich geh dann auch mal Heim. Man sieht sich!“, verabschiedete er sich.
    „Man sieht sich.“
    In Gedanken fügte ich noch ein 'Hoffentlich bald' hinzu, obwohl ich es mir nicht völlig eingestehen wollte. Mit einem Lächeln drückte ich den roten Klingelknopf.



  • Das Ende ist die Krönung einer Sache~
    Yuju Mausi <3
    „Ein persönliches Werk, wer mich kennt, wird’s merken.“ Haha, oh ja, meine Liebe, ich habs gemerkt xD Aber ich werde jetzt sicher nicht herausposaunen, was davon Fiktion sein dürfte und was nicht. Das geht niemanden was an. Aber ich muss dich dann später was fragen, aber dazu privat mehr.
    Ich komme zuerst zu den paar kleinen, winzigen Kritikpunkten, die ich ausnahmsweise habe. Danch das Lob (:


    Also: mir sind ein paar kleine Fehler diesmal aufgefallen, nichts Grobes, aber mir scheint, dass du dich sehr darauf konzentriert hast, die Charakter gut darzustellen und hast somit nicht nur zwei, drei Flüchtigkeitsfehler, sondern auch sind die Charakter nicht ganz so „tief“ wie sie sein könnten. Und auch wenn eine Kurzgeschichte natürlich nicht so arg ausgeschmückt wird wie ein ganzes Buch, so hättest du die etwas trockenen Konversationen doch ein klein wenig mit Details schmücken dürfen, wenns nach mir geht. Du hast das schon gut hinbekommen- keine Sorge- aber ich weiss, dass du begierig auf Neues bist und gerne dazulernst. Und weil ich dich bei EgA immer nur loben kann, muss ich hier auch mal sagen, wenn du bei etwas, was du tust, mal kleine Fehler machst, das ist ja nicht schlimm. Du hast vermutlich, wie du selbst sagst, das erste Mal so mit „Menschen“ geschrieben und dann gleich noch etwas Persönliches, das wäre mir sicher auch schwergefallen. Ich würde dir einfach anraten, auch bei Kurzgeschichten, gerade wenn das Hauptaugenmerk auf zwei Menschen liegt, zu versuchen, da die Spannung auszubauen (Spannung nicht nur im Sinne von Liebe oder Wut, sondern generelle Anspannung „was passiert jetzt?“ das kann man ausbauen, in dem man zwischen den Gesprächen vielleicht Kunstpausen einbaut und diese auch ganz explizit erwähnt. Oder ganz simpel: essen, trinken, Handy, ein flüchtiger Blick, whatever. Du weisst schon) und noch auf mehr Details eingehen, einfach, wenn die Handlung nicht im Vordergrund stehen soll, sondern die zwei Protas, dann muss da noch mehr kommen. Aber ansonsten ist das, vorallem für die mit Backgorundwissen, gut gelungen (;
    Merk dir: Wenn das Wort „etwas“ vor einem Adjektiv steht, dann wird es zu einem Nomen. Du kannst fragen „Welches Schöne?“ <--“ Das Schöne, bzw etwas Schönes“. Du hast da ein oder zweimal genau dies übersehen, aber das ist nicht so schlimm.


    Was mir sehr gut gefällt ist dein Sprung ins kalte Wasser. Du hast dich an was Neues getraut, es aber mit soviel Liebe gestaltet wie immer und zeigst damit, wie viel Elan du nach so langer Zeit im FF Bereich noch fürs Schreiben hast. Du kommst wahnsinnig aus dir raus, wer dich etwas kennt, der sieht viele persönliche Aspekte, und es gehört viel Mut dazu, sowas allgemein zu tun, aber gerade bei dir hätte ich gar nicht soviel Offenheit erwartet (nicht falsch verstehen: das ist ein Lob!). Und das hat mir, als jemand der dich besser kennt als andere, sehr gut gefallen, denn ich glaube, darüber haben wir oft geredet. Was dir guttun würde vielleicht. Und Schreiben kann eben Therapie sein.
    Ich bin gespannt auf was Neues von dir, wenn hier so schön Abwechslung reinkommt, dann hast du bestimmt auch bald neue, frische Leser. :3


    <3

  • Flucht
    Golden warmes Sonnenlicht,
    ich friere hier; mir ist kalt.
    Ich spüre es nicht.
    Verloren ist die Lebenslust.


    Seit Tagen nur noch Frust.
    Langsam mein Wille bricht.
    Verloren ist der Halt.
    Nur noch verstecken.


    Niemand soll mich entdecken.
    Irgendwo ganz weit fort.
    Willst du mich begleiten,
    an diesen geheimen Ort?


    Weit draußen ist dieser Hort.
    Eine Nacht lang reiten,
    auf unseren Träumen fort.
    Als gäbe es kein Morgen.




  • Jäger


    Ich seh den Jäger die lange Waffe heben. Ich warte auf den dröhnenden Schuss; die Ahnung von Tod klebt in der feuchten Morgenluft. Er hält inne - wartet.
    Aufflattern - hektisches Flügelschlagen lässt eine unverständliche Warnung in der Luft erzittern. Ein Beben geht durch das Rudel, in einem Herzschlag rennen sie los. Der Schuss fällt gellend; kreischt in den kräuselnden Nebel. Keiner strauchelt. Keiner wird von den anderen getrennt. Keiner fällt. Warnend krächzen die schwarzen Boten auf, als sie sich in die Luft erheben - wie Schatten in den weißen Himmel steigend.
    Heute wird er keine Beute machen - die Geschmückten sind fort.

    23.04.13


  • Huhu <3
    Komm mal öfter on um deine Topics öfter zu pushen, und ja, damit ist auch dein Foto-Fred gemeint ):
    Haha wie süß. Ja, Tiere und Pokémon sind in dem Sinn einfacher, weil sie natürlich „weniger Persönlichkeit“ besitzen (wobei ich das als Hundebesitzerin eigentlich so nicht sagen würde, aber du weiß, wie ich das meine). Aber für eine Kg ist das auch etwas weniger arg, wenn du da weniger tiefgründig bist. Es war mehr so als Denkanstoss für weitere…Texte von dir.
    Ich würde mir ja wirklich mal mehr Drabbles wünschen, oder eben neue Kgs. Das lese ich beides am liebsten von dir, auch wenn deine Gedichte ebenfalls immer sehr in inspirierend sind… und wenn du mehr Leser möchtest: Werbung ist alles. Vielleicht ein Anstoss um wieder aktiver zu werden, haha (:


    Jäger
    Ach ja, Bambi. Ich muss sagen, mir gefällt das Drabble, es hat mir aber einen Hauch zu wenig Inhalt und einen Hauch zuviel Beschreibung des nicht-Inhalts. Andererseits: du wolltest ja auch einfach beschreiben, wie ein Jäger jagt. Der Titel ist dabei aber leicht missverständlich, weil dein Fokus auf den möglichen Opfern liegt (dort liegt auch die meiste Beschreibung! :3) und nicht beim Jäger selber. Was also war dir wichtig? Wolltest du den Jäger ins Licht rücken, ist dir das nicht so gelungen. Wolltest du die fliehenden Tiere beschreiben und die Atmosphäre um sie herum- dann bravo. Eine Mischung aus beidem? Die Atmosphäre des Waldes einfangen…aber wozu während einer Jagd? Da verwirrt halt der Titel, wenn der Jäger nur bedingt vorkommt. Mich hätte mal sein Puls interessiert (;


    Gut, in so wenigen Wörtern ist das schwer, aber das hier ist ja auch Luxusmeckern (; Du weisst, was du kannst und du weisst, was du nicht gut kannst. Und du weisst, dass ich dich nicht sinnlos lobe, wenn ich was zu kritisieren habe. Mir sagt das Drabble an sich total zu, aber wie gesagt, soviel Inhalt hat es gar nicht. Was hinschreiben was nur Ali versteht würde ich auch nicht, das wirkt ein wenig „abweisend“ (nicht auf mich, aber auf andere vielleicht).
    Wenn du allerdings vorhast, daraus eine KG zu formen (?) verstehe ich, warum du dich eventuell noch zuruckhältst. Du hast vielleicht noch nicht viel Planung und wolltest nicht zuviel vorwegnehmen. Bloss keine Details. Das verstehe ich. (Und ich kenne das, dass man aus jeder kleinen Idee ein Buch formen könnte. Das sind Menschen wie wir: wir können uns nicht kurzfassen *hust*Textwand*hust*
    Ja. Alles in allem mag ich es, aber ich habe schon Besseres von dir gelesen (Du schreibst ja auch fantastisch). Behalte dieses Niveau bei und überzeug mich beim nächsten Mal wieder mehr. Ich freue mich <33♥



    Jedenfalls hat es mich danach zu einer KG gebracht, die gedanklich schon fertig ist, aber zu Papier wurde sie erst zur Hälfte gebracht. Gut Ding will Weile haben, scheint's.

    Ya *_*

    Ach ja, die "schwarzen Boten" sind natürlich Krähen und "die Geschmückten" sind Hirsche.

    Danke. Ich war kurzzeitig verwirrt.

  • Der beste Freund


    Schnell sein zum Hören, langsam zum Reden
    - Jakobus 1,19


    For the Master of Hiss


    Verlassen. Einfach so, wie man ein Buch zur Seite legt, welches man zu Ende gelesen hat und später im hintersten Teil eines Regals vergisst. Wie man alle schlechten Bücher vergisst und die Erinnerung an sie gegen neue, bessere Lektüre austauscht.
    Geräuschvoll atmete ich tief ein und stieß die Luft anschließend schnell durch die Nase wieder aus. Ich musste mein Gefühlschaos irgendwie unter Kontrolle bekommen, was alles andere als leicht war. Ratlosigkeit und die stetige Frage nach dem Wieso wurde überlagert von einer lauten inneren Stimme, die hämisch mein Selbstwertgefühl attackierte bis praktisch nichts mehr davon übrig war. Tief verletzt fühlte ich mich so minderwertig und nutzlos wie schon lange nicht mehr. Dabei dachte ich, ich hätte diese Phase endlich hinter mir.
    Wertlos - dieses Wort wiederholte sich in meinem Kopf immer und immer wieder wie ein nie verklingendes Echo. Ich fasste mir mit beiden Händen an den Kopf, ich wollte, dass es aufhörte, aber im Gegenteil, es schien noch lauter und durchdringender zu werden, als wolle es für alle Zeit als Brandmarke in meinem Gehirn zurückbleiben. Ich kniff die Augen zusammen und schrie: „Aufhören!”
    Meine eigene Stimme holte mich in die Wirklichkeit zurück und ich nahm die Umgebung wieder wahr. Um mich herum standen viele Bäume, die wie Speere aus dem Boden ragten und hoch hinauf in den Himmel wuchsen. Die Rinde der dicken Stämme war in dem Zwielicht des Waldes nur schwer zu erkennen, sodass ich etwas Mühe hatte einige der Bäume zu benennen. Ich erkannte eine Winterlinde, deren dunkle Borke von senkrechten Erhebungen gezeichnet war, die aussahen wie Kordeln die aus mehreren Knoten bestand. Den Stamm einer Eiche zierten nur einige wenige waagrechte Erhebungen, ansonsten war die Rinde schmucklos aber von rauer Oberfläche. Die einzigen gut erkennbaren Bäume waren die Birken, deren helle weißen Stämme in dem wenigen Licht fast zu leuchten schienen. Dazwischen wuchsen auch mehrere grob geschuppte Fichten und die rissige, aufgesprungen wirkende Rinde einiger Nordmann-Tannen konnte ich ebenfalls sehen. Ich blickte nach oben in das Geflecht aus Ästen und Blättern, die den grauen Himmel des Tages mit Mustern übersäten. Kurz schaute ich nach hinten und stellte fest, dass ich mich noch am Rand des Waldes befand, wo die Bäume noch nicht sehr dicht standen, aber als ich den Kopf wieder nach vorne richtete, blickte ich in tiefe Schatten in denen die Konturen der Stämme langsam in der Dunkelheit verschwanden. Ich ging darauf zu, ohne lange zu überlegen, wohin es mich führen würde. War das nicht ohnehin schon egal?


    Es dauerte eine Weile, bis ich die Gedanken soweit zurückdrängen konnte, dass in meinem Kopf eine merkwürdige Leere herrschte. Ich konzentrierte mich ausnahmslos auf das stetige Gehen und blickte nur selten von dem erdigen Boden auf, der mit abgefallenen Blättern und einigen Tannennadeln übersät war. In der schweren, feuchten Luft hing der Duft der langsam verrottenden Blätter, zusammen mit dem feinen Aroma von Farn und der scharfen Note der Nadelbäume. Die Bewegung tat gut, sie lenkte mich von den düsteren Gedanken ab, die mich stetig zu überfallen drohten. Zuerst konnte ich sie noch abwehren, aber je länger dieser Kampf dauerte, desto halbherziger wurde die Verteidigung meines letzten Restes an Selbstbewusstsein, bis schließlich doch das ein oder andere verletzende Wort in meinem Kopf aufjaulte. Ich fühlte mich dabei jedoch seltsam taub und reagierte kaum - wie jemand, der sich mit seinen Schmerzen abgefunden hat und diese deshalb kaum noch spürt.
    Als ich an einer Sinelbeerenpflanze vorbeiging knurrte mein Magen laut und hinterließ ein leeres Gefühl, welches mir zuvor gar nicht bewusst gewesen war. Ich wandte kurz den Kopf zu den verlockend aussehenden blauen Beeren und merkte, wie mir das Wasser im Mund zusammenlief. Eines schien noch so stark wie früher zu sein: mein Selbsterhaltungstrieb. Irgendwie war mein Körper zu beneiden. Ich schluckte und ging weiter. Es war eine sinnlose Art der eigenen Bestrafung sich das Essen zu verweigern, aber obwohl mein Bauch leer war und der Hunger begann sich schmerzhaft in mich hineinzufressen, verspürte ich keinerlei Appetit. Wahrscheinlich wäre dieser von selbst gekommen und selbst wenn nicht, so würde mir zumindest nicht mehr der Magen wehtun.
    „Strafe muss sein”, schalt ich mich hart selbst. Es war keine Erklärung, nichts was mich normalerweise zufriedenstellen würde, aber der Körper gehorchte dem Geist und so wies ich den vernünftigen Teil meiner Selbst in die Schranken, der gerade dabei war lautstark aufzubegehren. Immerhin fielen mir plötzlich mehrere Gründe ein, warum ich es nicht verdient hätte mich derartig zu schinden - doch die kamen gegen die vielen Gründe, die meine Entscheidung unterstrichen kaum an. Wie ich es doch hasste, wenn ich mit mir selbst gedanklich ein Streitgespräch führte. Und immer die negative Seite gewann.
    Irgendwann taten mir die Füße vom Laufen weh und ich begann in der immer kälter werdenden Luft zu frösteln. Die Dunkelheit unter dem Blätterdach wurde immer undurchdringlicher, verschluckte mehr und mehr die Umgebung, während der Wind begann an den Ästen zu rütteln und sich vielstimmiges Gemurmel um mich herum erhob. Ans Umkehren dachte ich gar nicht. Welchen Grund hatte ich auch dazu, es wartete ja ohnehin niemand auf mich. Es vermisste mich nicht mal jemand.
    Ich erkannte eine Kuhle zwischen den Wurzeln einer besonders alt aussehenden Eiche, die ich gerade noch wahrnehmen konnte, und rollte mich dort zusammen. Die Erde war feucht und kalt und ich begann zu zittern, wie das wispernde Laub über mir im unsteten Wind. Mit der Schnauze unter meinem Efeublatt ließ ich mich von der Erschöpfung überkommen, die sich erst in diesem Moment der Ruhe voll in meinem Körper ausbreitete und meine Gedanken beruhigte. Meine Augenlider wurden schwer und schließlich schlief ich ein.


    Noch mit geschlossenen Augen streckte ich mich, als die Müdigkeit aus meinem Körper wich, und bemerkte die veränderte Unterlage. Ich fühlte etwas weiches unter mir und öffnete überrascht schlagartig die Augen. Verwundert fuhr ich mit der Hand über die weiße Decke, auf der ich lag, die ganz weich und von meinem Körper gewärmt war. In der Luft hing das zarte Aroma von Kirschblüten vermischt mit dem süßen Duft von reifen Pfirsichen. Ich blickte von der Decke auf und starrte an eine mit Holz vertäfelte Wand. Ein Streifen Sonnenlicht erleuchtete das helle Holz - ich streckte vorsichtig den Arm aus um es zu berühren und fuhr die Maserung mit den Fingern nach. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Bedürfnis zu prüfen, ob das hier real war. Oder war das ein Traum?
    Zu meiner rechten und linken waren auch Wände, also befand ich mich wohl in einer Art Nische - als ich nach oben schaute erkannte ich nur einen Sprung über mir ein Holzbrett. Wo in aller Welt war ich hier? Ein plötzliches Knacken ließ mich augenblicklich erstarren. Ich schluckte, denn es kam aus der einzigen Richtung, in die ich bisher noch nicht geschaut hatte: hinter mir. Mein Herz begann schneller zu schlagen, während ich mich langsam auf die andere Seite drehte - dabei versuchte ich jederzeit kampfbereit zu sein, um mich zu verteidigen.
    In einer Entfernung von nur zwei Sprüngen stand ein Wesen von dem ich nur sein riesiges, schwarzes Maul erkennen konnte, welches mit dolchartigen Zähnen bewehrt war. Es besaß keine Augen und trotzdem hatte ich das Gefühl, es würde mich direkt ansehen, in begieriger Erwartung mich zu verschlingen. Ich stieß einen erschreckten Schrei aus, krabbelte eilig zurück und drückte mich an die Holzwand.
    „Oh, gut, du bist wach”, sprach das riesige Maul. „Ich hab mir schon Sorgen gemacht.”
    Meine Atmung beschleunigte sich zu einem Keuchen und mein Herz pochte wild in meiner Brust. Gestern noch war ich fertig mit der Welt und derartig von negativen Gedanken eingenommen, dass mir diese Bedrohung wahrscheinlich nichts ausgemacht hätte - gut möglich, dass ich sie sogar begrüßt hätte. Aber nun war mein Kopf klar und ich verspürte eine lähmend starke Angst vor der Vorstellung gleich von diesen Zähnen durchbohrt zu werden.
    „Bleib weg oder du bereust es”, drohte ich meinem Gegenüber, doch ich empfand mich selbst als nicht sehr glaubwürdig, so deutlich hörte ich die Furcht in meiner eigenen Stimme.
    „Aber warum denn?”, erwiderte das Maul - doch entgegen meiner Erwartung klangen die Wörter nicht unterschwellig bedrohlich oder übermäßig aufgesetzt schmeichelnd, sondern ehrlich überrascht. Das Wesen drehte sich nun um und hinter dem großen Mund kam der runde Kopf eines Pokémon zum Vorschein: ein Flunkifer. Ich schalt mich selbst für mein peinliches Verhalten. Auf den Trick mit dem Maul fielen doch nur Vollidioten herein. Trotzdem behielt ich meine angespannte Haltung bei und erhob mich auf meine Füße. Immerhin wusste ich immer noch nicht, was dieses Pokémon von mir wollte und was ich überhaupt hier tat. Außerdem war diese Art auch als „Schwindler” bekannt - meine Vorsicht war also nicht vollends unbegründet.
    „Alles in Ordnung?”, fragte das Flunkifer und kam auf mich zu. Es beugte sich in die Nische hinein, in der ich zuvor noch gelegen hatte und kam mir dabei unangenehm nahe. Mit großen, roten Augen musterte es mich interessiert. Der süße Duft von Kirschblüten umhüllte mich und ich rätselte warum dieses Aroma ausgerechnet von diesem Pokémon ausging.
    „Dir scheint zumindest nichts zu fehlen”, meinte es schließlich, während es sich wieder etwas entfernte und vor meinem Schlafplatz stehen blieb. „Oh wie unhöflich, entschuldige, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Keiko”, meinte mein Gegenüber unerwartet.
    „Ich heiße Haru”, erwiderte ich und wunderte mich über meine Offenheit gegenüber einer völlig Fremden. Doch ich kam nicht umhin ihr dankbar zu sein, immerhin hatte sie mir einen warmen und trockenen Schlafplatz verschafft.
    „Freut mich dich kennenzulernen”, grinste Keiko mich ehrlich an und ich kam nicht umhin ebenfalls ein wenig zu lächeln. „Moment mal! Doch nicht etwa der Haru vom Erkundungsteam Hekisui, oder?”
    Ich zuckte bei dem Teamnamen zusammen, als hätte man mich unvermittelt geschlagen. Die gesamten Geschehnisse von gestern strömten auf mich ein und begannen erneut in meinem Kopf um die Vorherrschaft zu kämpfen. Wohlgemerkt jeder negative Gedanken gegen einen anderen, die guten waren schon lange in dem reißenden Gedankenfluss ertrunken. Ich kniff die Augen zusammen, als Bilder und Wortfetzen wieder vor meinem inneren Auge auftauchten. Es war kaum zum Aushalten und erst Keikos Stimme riss mich aus dieser Trance.
    „Haru? Alles in Ordnung?”
    Ich öffnete schlagartig die Augen und sah in das besorgte Gesicht des Flunkifer, welches sich offensichtlich Vorwürfe machte, etwas falsches gesagt zu haben.
    „Ja. Ja, ich bin vom Team Hekisui”, beantwortete ich zuerst die zweite und dann ihre erste Frage. Keiko schien verwirrt aufgrund meiner Reaktion, hakte aber nicht weiter nach, wofür ich ihr sehr dankbar war. Stattdessen wechselte sie unerwartet das Thema und fragte: „Hast du gut geschlafen?”
    „Sehr gut, vielen Dank”, erwiderte ich sichtlich verblüfft, hängte aber gleich selbst eine Frage an, „Wie bin ich hierher gekommen?”
    „Ich hab dich hierher getragen!”, lachte sie hell auf und drehte sich kichernd einmal im Kreis. Ihr Verhalten war mir etwas zu stürmisch und unberechenbar, aber ihre Lebensfreude war ansteckend und hob meine Stimmung - dabei war ich doch ein unverbesserlicher Morgenmuffel.
    „Das ist nämlich das einzige wofür ich mein Maul verwende”, erklärte sie und deutete hinter sich. „Das Knacken von vorhin war ein zu langer Ast, der hat einfach nicht in den Ofen gepasst.” Sie veranschaulichte ihr Feingefühl sogleich, in dem sie mit dem riesigen, schwarzen Schlund nach einem Pfirsich auf dem Tisch schräg hinter ihr langte. Dabei ging sie mit den dolchartigen Zähnen so behutsam vor, dass die reife Frucht nicht einmal eine Druckstelle aufwies, als sie diese schließlich in ihren Händen drehte.
    „Hep!”, meinte sie plötzlich und warf mir den Pfirsich zu, den ich gerade noch fangen konnte. „Iss den schon mal, du musst furchtbar hungrig sein. Frühstück ist fast fertig.”
    „Danke”, war das einzige Wort was ich herausbrachte, bevor ich in die orangefarbene Frucht biss. Tatsächlich begann mein Magen augenblicklich zu knurren, als wäre ihm wieder eingefallen, dass ich gestern praktisch nichts gegessen hatte. Das süße Aroma breitete sich in meinem Mund aus und ich konnte gar nicht genug von dem saftigen Fruchtfleisch bekommen. Während dem Essen überkam mich ein tiefzufriedenes Gefühl. In wenigen Bissen hatte ich den Pfirsich gegessen und knabberte zum Schluss noch sorgfältig den ovalen, harten Kern ab. Eine Weile hielt ich diesen in den Händen, während ich Keikos geschäftiges Treiben in der Küche beobachtete. Ich konnte nicht besonders viel sehen, denn meist versperrte ihr Maul die Sicht, welches sie wie eine dritte Hand einsetzte und immer wieder nach Gegenständen schnappte. Ihre offensichtliche, aber nicht aufdringliche Gastfreundschaft verwirrte mich etwas. Wer nahm schon einen Fremden einfach zu sich nach Hause? Wie konnte sie mich überhaupt entdecken bei der Dunkelheit? Und vor allem, was hatte sie nach Einbruch der Nacht noch im Wald zu suchen?
    Irgendwie war mir die Sache doch etwas suspekt und ich nutzte die Zeit unbeobachtet, um mich an dem Ort, etwas umzusehen. Ich rutschte an die Kante der Nische, in der ich auf der Decke gelegen hatte, und befand mich in einem großen Raum. Er hatte mindestens die Maße des Speisesaals in der Knuddeluff-Gilde und ich erkannte zu meiner linken sogar noch zwei Türen in weitere Räume. Zu meiner rechten befand sich lediglich eine Tür, an der eine Art Mantel hing und ich schlussfolgerte, dass diese wohl nach draußen führte. Wo auch immer dieses „Draußen” war - momentan hatte ich keine Vorstellung davon wo ich mich befinden könnte. Ich beugte mich nach vorne und erkannte rechts eine Holzleiter die an das Brett gelehnt war, auf dem ich saß. Sie führte nach oben, aber im ersten Moment konnte ich mir nicht erklären welchen Nutzen das haben könnte. Bis es mir schließlich einfiel: das hier war ein Stockbett. Und wenn ich unten geschlafen hatte, dann war Keikos Schlafplatz wohl über mir gewesen. Bei dem Gedanken überkam mich ein starkes Unwohlsein. Hoffentlich hatte ich nicht unbewusst nachts irgendetwas getan und ihr damit die Ruhe geraubt.
    Direkt gegenüber stand ein runder, recht massiv aussehender Holztisch an dem zwei Stühle standen. Dahinter stand Keiko und hantierte geschäftig an dem Ofen, der sich dort befand. Ich konnte nicht besonders viel von diesem sehen, es schien aber ein massiver Metallofen zu sein, dessen Temperatur sie immer wieder mit kleinen Ästen konstant hielt, die sie in einen Schacht unter der eisernen Kochoberfläche warf. Von der Vorstellung mit Feuer zu kochen war ich ziemlich beeindruckt - Pflanzen-Pokémon verzehrten ihr Essen grundsätzlich roh, da wir ausnahmslos Früchte und Gemüse fraßen. Auch in der Gilde hatte ich nichts anderes kennengelernt, was wohl dem pragmatischen Denken Plaudageis zu verdanken war. Trotzdem waren mir diese Öfen bekannt, die vor allem unter Pokémon des Typs Feuer und Kampf beliebt waren.
    Von einer Bewegung im Augenwinkel kurz abgelenkt fiel mir erst das große Fenster auf, welches sich an der Wand neben dem Ofen befand, als eine kurze Brise die dort hängenden, schneeweißen Vorhänge bewegte. Ich rutschte von dem Brett nach unten und stand mit beiden Füßen auf dem dunklen Holzboden. Nur das Klirren von Metall oder Porzellan erfüllte die geschäftige Stille, die mir allerdings gerade etwas unangenehm wurde.
    „Kann ich etwas helfen?”, fragte ich vorsichtig und ging auf den Tisch zu.
    „Ach was”, winkte Keiko ab, nachdem sie sich zu mir umgedreht hatte. „Setz dich ruhig, ich bin gleich fertig.”
    Ich zuckte mit den Schultern und nahm auf einem der hölzernen Stühle Platz, deren Lehne eine Aussparung bei der Sitzfläche besaß, sodass ich ohne Probleme meinen Schweif dort hindurchstecken konnte. Den Pfirsichkern legte ich neben mich auf den Tisch, da ich nicht wusste, wo ich ihn entsorgen sollte. In der Luft hing ein warmer, süßlicher Duft, der mich an Kirschen erinnerte und das allgemein vorherrschende Aroma nur noch verstärkte. Auf unbekannte Weise gab mir dieser Geruch aber ein Gefühl von Geborgenheit und je länger ich ihn einatmete, desto mehr schien ich ihn von irgendwoher zu kennen. Aber woher?
    Plötzlich fiel es mir ein: genau derselbe Duft schwebte auch im Haus meiner Großeltern. Die Blütenblätter um den Hals meines Großvaters - eines begnadeten Botanikers - verströmten genau dieses angenehme Aroma. Meine Großmutter hatte mir einmal anvertraut, dass sie sich aufgrund dieses Duftes in ihn verliebt hatte. Die beiden waren ein sehr ungewöhnliches Pärchen, weil man sich ein Serpiroyal und ein Meganie nur schwer zusammen vorstellen konnte, aber ich hatte nicht eine einzige schlechte Erinnerung an die Sommer, die ich bei ihnen verbracht hatte. Für einen Moment schloss ich die Augen und schwelgte in wunderschönen Bildern aus meiner Vergangenheit, die wie ein warmer Sonnenstrahl die kalte Dunkelheit meiner Gedanken erhellte. Das löschte die Schatten zwar nicht aus, aber drängte sie wenigstens für eine Weile an den Rand. Ich wusste, dass ich mich mit den Ereignissen von gestern noch auseinandersetzen und diese verarbeiten musste. Fürs Erste reichte mir jedoch das Verdrängen und die Illusion, ich könnte es einfach vergessen. Auch wenn ich wusste, dass das nicht ging. Eine Wunde die man vergessen hat, ist deshalb nicht weg und verheilt auch nicht schneller.
    „Voilá!”, riss mich Keikos helle Stimme aus meinen Gedanken und ich öffnete die Augen. Sie kam mit zwei Tassen in der Hand auf mich zu und stellte mir eine davon vor die Nase auf den Tisch, während sie sich mit der anderen mir gegenüber setzte.
    „Wir haben zwar noch keinen Winter, aber momentan zieht ein ungewöhnlich kalter Wind über das Land und da hab ich gerne was Warmes morgens”, begann sie fröhlich zu plaudern. „Meine persönliche Lieblingsmischung aus gemahlenen Prunusbeeren und mit warmem Kirschsaft aufgegossen.” Sie pustete den aufsteigenden Dampf weg und nippte vorsichtig an dem heißen Getränk. Trotz des starken Geruchs nach Kirsche, konnte ich doch die harten, grünen Beeren herausriechen, die sich in dem Gemisch befanden. Ich hob die Tasse mit beiden Händen an, bevor ich zwei Mal kräftig pustete und behutsam einen kleinen Schluck davon nahm. Er hatte gerade die richtige Temperatur, weder zu heiß noch zu kalt und schmeckte köstlich. Der süße Kirschsaft ergänzte perfekt den ausgewogenen Geschmack der Prunusbeere. Begeistert hellte sich mein Gesicht auf und bevor ich etwas sagen konnte, meinte Keiko bereits: „Freut mich, dass es dir schmeckt.”
    „Das ist köstlich, so etwas hab ich noch nie getrunken.”
    „Dann hab ich dem großen Erkunder ja sogar noch etwas neues gezeigt”, lachte sie, zeigte dann aber auf den Pfirsichkern. „Brauchst du den noch?”
    Ich schüttelte mit dem Kopf, etwas verwirrt von ihrer Frage und reichte ihr diesen über den Tisch. Sie stand auf, warf den Kern in eine Schüssel zwischen Ofen und einem steinernen Becken und kam mit zwei Holzschüsseln wieder, die bis zum Rand mit kleingeschnittenen Beeren gefüllt waren.
    „Hier bitte. Ich … wusste jetzt nicht, was du so gewöhnt bist, aber ich dachte mir, dass man mit Fruchtsalat sicherlich nichts falsch machen kann. Zum Mittagessen gibt’s Gemüsesuppe, aber die braucht noch etwas.” Sie deutete mit ihrem Maul auf einen großen Topf der hinter ihr auf dem eisernen Kochfeld stand und aus dem Wasserdampf aufstieg.
    „Danke”, erwiderte ich und nahm lächelnd die Schale entgegen. „Mit Fruchtsalat machst du wirklich nichts falsch bei mir, den esse ich besonders gerne.”
    „Das freut mich!”
    Für eine Weile breitete sich die bekannte Stille während des Essens aus, die ich in dem Moment sogar sehr genoss, weil mir beim Anblick der kleingeschnittenen Früchte erst wieder klar wurde, wie hungrig ich eigentlich war. Der frische, reife Pfirsich hatte zwar den ersten Hunger gestillt, aber völlig verschwunden war das leere Gefühl in meinem Magen deshalb trotzdem nicht. Die Mischung der Beeren war Keiko wirklich gut gelungen und ich hatte meine Freude daran anhand des Geschmacks zu erraten, um welche Frucht es sich handelte.
    Ob Masaru auch gerade frühstückte?
    Der spontane Gedanke an meinen Teamkameraden und Freund störte die eben noch in meinem Kopf herrschende Ruhe. Es war als hätte man einen Stein in die zuvor ruhige und unbewegte Wasseroberfläche eines Sees geworfen. Nein, nicht jetzt! Ich hatte gerade überhaupt keinen Nerv dafür mich ausgerechnet jetzt damit auseinanderzusetzen. Doch wie das Wasser kleine kreisförmige Wellen warf und es einige Zeit brauchte, bis sich dieses wieder beruhigte, so wollte auch mein Kopf den Gedanken nicht sofort ablegen - mehr noch, er schien gerade erst damit anzufangen, als hätten die Schatten nur darauf gewartet mich zu attackieren. Ich schüttelte den Kopf, weil ich sie unbedingt vertreiben wollte, als sich schon wieder dieses dominante Gefühl der Wertlosigkeit in mir auszubreiten begann.
    „Haru? Ist dir nicht gut? War eine der Beeren schlecht?”, wollte Keiko besorgt wissen und erst jetzt wurde mir wieder bewusst, dass ich gar nicht allein war.
    „Nein, mit dem Essen ist alles in Ordnung”, antwortete ich schnell und steckte mir unbeabsichtigt demonstrativ ein weiteres Stück in den Mund. Mit prüfendem Blick betrachtete mich das Flunkifer eine Weile und nahm sich ohne zu ihrer Schüssel zu sehen noch ein Beerenstückchen.
    „Was hast du eigentlich gestern Abend ganz allein im Wald unter dieser Eiche gemacht?”
    Die Frage traf mich ziemlich unvermittelt, obwohl ich schon befürchtet hatte, dass sie irgendwann fallen würde. Immerhin hatte Keiko bereits von mir gehört, da war es nachvollziehbar, wenn sie sich darüber wunderte mich allein im Wald vorzufinden. Ich spielte mit dem Gedanken einfach nicht zu antworten - was ging es sie schließlich an, was ich tat oder nicht tat? Außerdem kannten wir uns gar nicht, sie hatte überhaupt kein Recht eine derartig persönliche Frage zu stellen! Am besten bedankte ich mich jetzt, stand auf und verließ dieses Haus so schnell es ging.
    Aber wohin sollte ich denn? Ich wusste ja nicht einmal wo ich war! Ohne Keiko würde ich wahrscheinlich nie mehr nach Schatzstadt finden.
    Eigentlich war das aber egal, irgendjemand anderer würde mir schon helfen und selbst wenn nicht, ich war ja weit herum gekommen, so sehr in der Einöde würde sie sicherlich nicht wohnen. An irgendetwas würde ich mich bestimmt orientieren können und den Weg zurück nach Schatzstadt finden. Oder an einen anderen Ort, warum auch nicht?
    Nein, das war doch schwachsinnig, ich konnte sie unmöglich vor den Kopf stoßen. Sie war die ganze Zeit über so freundlich und kümmerte sich um mich, dass es schlichtweg undankbar wäre, sie einfach hier sitzen zu lassen. Aber ich wollte die ganze Sache von gestern auch nicht jetzt aufwärmen.
    Doch wann wollte ich es dann? Mir war klar, dass es einfacher zu verarbeiten war, wenn ich mit jemandem darüber sprechen konnte. Sicherlich, würde ich es lange genug in meinem Kopf durchgehen, immer und immer wieder aus den unterschiedlichsten Blickwinkel betrachten, würde ich mich auch früher oder später mit dem abgefunden haben was passiert ist. Aber es dauerte wesentlich länger und war mit großer Konzentration verbunden den Sachverhalt immer wieder aus einer anderen Perspektive zu sehen, als es einfach jemandem zu erzählen. Und momentan war niemand anderer da als Keiko den das überhaupt interessierte. Aber konnte ich ihr trauen?
    Ich entschied mich dazu, mich ihr anzuvertrauen - jemand anderen hatte ich momentan nicht und jetzt wo sich die Gelegenheit bot darüber zu sprechen, wollte ich es irgendwie loswerden.
    „Ich … hab einen Spaziergang gemacht - musste den Kopf bisschen freibekommen”, erwiderte ich. Nicht der beste Anfang, aber ich war einfach nicht der Typ von Pokémon der ihr sofort die gesamte Geschichte in aller Ausführlichkeit darbot. Ein wenig musste ich noch testen, ob sie sich wirklich dafür interessierte oder ob sie das bereits zufrieden stellen würde. Obwohl mein Wunsch es jemandem zu erzählen wuchs, war immer noch die Vorsicht vorherrschend.
    „Ach so”, meinte sie nachdenklich. „Ist bestimmt normal, dass man als Erkunder mal etwas Auszeit braucht. Aber … warum warst du denn allein? Warum war dein Freund Masaru nicht dabei?”
    Volltreffer. Ich spürte, wie mir heiß und unwohl wurde, als sie seinen Namen aussprach. Beinahe wäre mir der Appetit vergangen, aber ich versuchte einfach weiterzuessen. Von der Art, wie sie meinen Teamkameraden erwähnt hat, war ich zu getroffen, um sofort zu antworten. Sie hatte den Namen so ausgesprochen als wäre nie etwas passiert. Keiko verband nichts mit Masaru oder mir, aber aus ihrem Mund klang es so, als wäre alles so wie früher. Als würde ich einfach einer weiteren Person gleich von einer bereits drei Jahre dauernden Freundschaft erzählen. Nein, Korrektur. Von einer Freundschaft die drei Jahre angedauert hatte. Vergangenheit.
    Obwohl ich das Flunkifer nicht ansah, spürte ich ihre Blicke auf mir und wusste, dass sie gemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte. Und ich fühlte, dass sie mehr als gewillt war herauszufinden was passiert war.
    „Ich meine, ihr seid doch beste Freunde …”, begann sie, aber ich unterbrach sie, bevor sie ausreden konnte.
    „Was ist schon ein bester Freund?”, erwiderte ich verbittert und blickte von dem Fruchtsalat auf. „Selbst er gibt dich am Ende auf, wenn du nutzlos für ihn geworden bist.” Ich war tief verletzt und hörte es in meiner eigenen Stimme - in meinen eigenen Worten. Nie zuvor hatte ich unsere Freundschaft in Frage gestellt. Nie zuvor hatte ich Zweifel an ihrer Stärke oder ihrer Dauerhaftigkeit. Ich nahm mir das letzte Stückchen einer Pirsifbeere aus der Schüssel, steckte es in den Mund und schluckte es so schnell wie möglich herunter, denn ich spürte bereits wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Keiko war offensichtlich sehr überrascht, aber in ihren Augen sah ich auch Mitleid, was ich in ihren Worten noch mehr hören konnte.
    „Aber … warum sagst du so etwas?”
    Sie schien damit überfordert zu sein, dass ich so dachte und doch hatte ich das Gefühl, sie lud mich direkt dazu ein, mich bei ihr auszuweinen. Der Gedanke war mir zwar zu viel - immerhin kannte ich sie gar nicht -, aber ich hatte gerade erst angefangen mir alles vom Herzen zu erzählen.
    „Weil … weil es doch stimmt! Ich weiß nicht einmal mehr, ob er den Titel ‚Freund’ jemals verdient hat. Er hat mich einfach im Stich gelassen, als ich nicht mehr wichtig für ihn war. Einfach so. Ich wusste nicht mal, was ich falsch gemacht hatte. Als wäre das alles nur ein Abschnitt gewesen. Als hätte ich ihm nur geholfen etwas zu erreichen. Es ging ihm nie um mich … niemals”, begann ich, während ich auf ein Astloch in dem Holztisch starrte. Ich kämpfte etwas mit den Tränen und musste oft blinzeln, während meine Sicht mehr und mehr verschleierte. Es tat so weh sich daran zu erinnern, was er gesagt hatte - ich hatte mich der Illusion hingegeben, dass ich es vergessen hätte, aber jetzt war alles wieder da. Jedes einzelne Wort in genau dem Tonfall, wie er es ausgesprochen hatte. Als hätte jemand die Zeit zurück gedreht und ich stände wieder vor ihm. Machtlos etwas zu erwidern. Ich wischte mir über die Augen und bekam feuchte Hände von den Tränen.
    „Weißt du, was er gesagt hat?”, fragte ich, obwohl ich wusste, dass sie es nicht wusste. Ich brauchte die Bestätigung, aus welchem Grund auch immer.
    „Nein … was hat er gesagt?”, erwiderte sie ganz ruhig und einfühlsam.
    „Er sagte, ob ich denn wirklich geglaubt hätte, dass er seine kostbare Zeit weiter mit mir verschwenden würde. Er sagte, dass er mir dankbar wäre, dass ich ihn in die Gilde gebracht hätte. Dass ich ihm gezeigt hätte, wie alles läuft und er dadurch so stark werden konnte. Aber er sagte, er müsse weiterkommen, er wolle viel mehr erreichen. Und ich …” Meine Stimme versagte kurz und ich musste schlucken. Wollte ich diese Worte wirklich wiederholen? Wäre das nicht genauso, als würde er sie noch mal aussprechen? Keiko schien zwar auf den Rest zu warten, setzte mich aber mit ihrer ruhigen Art nicht eine Minute unter Druck.
    „Ich wäre ihm nur im Weg. Er käme allein besser zurecht. Und dann ist er gegangen. Er hat mich einfach stehen lassen, mitten auf dem Marktplatz in Schatzstadt. Wie selbstverständlich war er Richtung Gilde gegangen. Und ich war jetzt allein. Ohne Teampartner. Ohne Freund. Ganz allein …” Ich schniefte und holte zitternd Luft, fuhr mir noch mal über die Augen und griff schließlich nach der Tasse um etwas zu trinken. Keiko war zwar sehr geduldig, aber ich fühlte mich einfach nicht sicher genug, um vor ihr zu weinen. Auch wenn ich wusste, dass mir das sicherlich helfen würde. Stattdessen versuchte ich meine Atmung zu beruhigen und den Kloß in meinem Hals irgendwie runterzuschlucken. Das warme Getränk half etwas dabei.
    „Das tut mir so leid, Haru. Das ist furchtbar”, meinte das Flunkifer mitfühlend, bevor sie nach kurzem Zögern schließlich den Arm ausstreckte und ihre Hand auf meine legte. Von der Berührung überrascht, blickte ich auf und hatte das Gefühl in ihren roten Augen auf vollstes Verständnis zu stoßen. Sie schien meinen Schmerz selbst zu spüren, jedenfalls kam es mir so vor. Der Topf in dem die Suppe kochte begann zu pfeifen, als der Wasserdampf zwischen dem Deckel hervor zischte, aber sie reagierte nicht darauf.
    „Masaru war kein Freund”, fuhr sie sanft, aber bestimmt fort. „Kein bester Freund würde so etwas tun. Freunde sollten sich doch umeinander kümmern. Sie sollten füreinander da sein. Keiner von ihnen sollte aus solchen Gründen verlassen werden. So sollte man eine Freundschaft nicht auflösen.” Keiko nahm meine und ihre Schüssel und stand auf, stellte beide auf die Arbeitsfläche und füllte zwei neue Schüsseln mit dem Inhalt aus dem stark dampfenden Topf. Sie brachte zuerst mir und dann sich selbst die Schüssel an den Platz, bevor sie noch einmal losging und zwei Metalllöffel holte. Einen davon legte sie vor mich hin. Ich nahm das nur am Rande wahr. Zu sehr war ich von meinem schmerzenden Herzschlag eingenommen und zu allgegenwärtig war die offene Wunde in meinem Inneren. Doch obwohl ich sie nun direkt spürte, so schien es doch in jedem Moment ein kleines bisschen schwächer zu werden. Wie ein Feuer immer kleiner wird, wenn ihm das Brennmaterial ausgeht. Mein Kopf konnte mich nicht mehr peinigen, meine Gedanken sich nicht mehr überschlagen, denn ihnen war der Treibstoff ausgegangen. Durch das Aussprechen und nochmalige Durchleben der Situation hatte ich mich damit auseinandergesetzt, mehr noch, ich hatte die Erfahrung jemandem erzählt. Jemand der bereit war mir zuzuhören. Ich nahm den Löffel in die Hand und tauchte ihn in die Suppe, deren heißer Dampf unter meiner Nase emporstieg.
    „Es ist immer traurig, wenn ein Freund sich nicht als solcher herausstellt”, meinte Keiko schließlich. „Leider geben viel zu viele vor Freunde zu sein, aber ihnen fehlen viele Eigenschaften die ein Freund haben muss.”
    „Und die wären?”, fragte ich schwach, zwischen zwei Pustern auf den Löffel, um die Suppe etwas abzukühlen. Sie roch würzig und die Wärme die von ihr ausging war genauso tröstend wie es die Anwesenheit des Flunkifers war.
    „Nun, ein Freund sollte einem zuhören. Das ist besonders wichtig, einander aufmerksam zuzuhören.” Keiko führte ihren Löffel zum Mund und tauchte ihn danach wieder in die heiße Suppe, bevor sie weitersprach.
    „Wir alle sollten schnell sein zum Hören, aber langsam zum Reden. Wenn wir beim Reden nämlich nur an uns denken, dann geht der andere schnell unter oder wir sagen Dinge, die falsch verstanden werden.”
    Ich nahm einen Löffel Suppe und ein angenehmes Gefühl bereitete sich in mir aus. Sie schmeckte nicht nur sehr gut, sondern hatte auch eine sehr beruhigende Wirkung auf mein verletztes Wesen.
    „Außerdem kann man nur durch Zuhören erfahren, was den anderen beschäftigt, aber bevor sich der andere einem anvertraut, muss er erstmal das Gefühl haben, dass er das auch uneingeschränkt tun kann. Vertrauen muss aufgebaut und nicht missbraucht werden. Fehler müssen verziehen und nicht in Stein gemeißelt werden. Und man muss in einer Freundschaft bereit sein, den anderen zu akzeptieren wie er ist, aber ihn immer unterstützen und zur Seite zu stehen.”
    Keiko lächelte mich bei den Worten aufmunternd an, als wolle sie mir eigentlich sagen, dass ich mich nicht aufgeben soll. Dass es gar nicht an mir lag, dass die Freundschaft zerbrochen ist. Dass es nicht meine Schuld war - nie gewesen ist. Ich schniefte noch einmal und führte erneut den Löffel voll warmer Gemüsesuppe zum Mund.
    „Außerdem muss man sich um ihn kümmern und egal wie es ihm geht, ihn nie aufgeben.”
    „So wie du?”, rutschte es mir unvermittelt heraus. Es war unübersehbar gewesen, dass sie ihr eigenes Verhalten doch recht gut beschrieben hatte, da war für mich die Schlussfolgerung naheliegend, dass sie von sich selbst gesprochen hatte.
    „Vielleicht”, erwiderte das Flunkifer geschmeichelt. „Ich kann das nicht beurteilen. Nur eine andere Person kann einschätzen, ob man selbst ein Freund ist.”
    „Du warst jedenfalls in der wenigen Zeit, die wir uns jetzt kennen, mehr ein Freund, als Masaru es war”, erwiderte ich nachdenklich.
    „Wenn dem so ist, dann freut es mich.” Sie machte eine kurze Pause, nahm noch zwei Löffel von der Suppe, bevor sie schließlich frage: „Wie fühlst du dich?”
    Das war die Frage. Wie fühlte ich mich? Erleichtert war das erste Wort, was mir in den Sinn kam. Eine große Last war von meinem Herzen genommen worden und meine düsteren Gedanken fortgeweht. Wahrscheinlich würden sie noch eine Weile zurückkehren, dem war ich mir bewusst, aber im Moment war mir wichtig, dass sie fort waren. Keiko hatte mir auf ihre freundliche Art ein Gefühl der Sicherheit gegeben. Zwar war es keine bedingungslose Sicherheit, da ich mich ja immer noch an einem fremden Ort mit einer mir fremden Person befand, aber ich hatte zumindest keine Scheu davor gehabt offen zu sprechen. Was bei mir doch recht selten war, denn das tat ich nur bei Leuten, bei denen ich mich wohlfühlte. Mir fiel auf, dass ich mir nicht mehr wertlos vorkam, da ich von ihr nicht abgelehnt wurde. Sie gab mir das Gefühl, dass es sie kümmerte, wie es mir geht, obwohl sie mich eigentlich gar nicht kannte.
    „Besser”, erwiderte ich und brachte sogar ein Lächeln zustande. „Dank dir.”
    Keiko grinste mich breit an, als hätte ich ihr so eben die größte Freude des Tages bereitet. Dabei war es doch eigentlich genau umgekehrt. Gestern noch hatte ich einen Freund verloren und heute hatte ich das Gefühl, einen neuen Freund gewonnen zu haben. Ganz zufällig. Und jetzt musste ich Masaru dankbar sein - auch wenn es sich merkwürdig anfühlte. Aber lange hielt ich mich mit dem Gedanken an ihn nicht auf - natürlich war es naiv zu denken, ich könnte die Zeit mit ihm vergessen, denn das wollte ich gar nicht. Ich wollte nur versuchen ihn wenigstens positiv in Erinnerung zu behalten. Auch wenn das momentan noch nicht ging. Aber damit konnte ich mich ja zu einem anderen Zeitpunkt beschäftigen.
    Ich blickte in meine Schüssel und bemerkte, dass sie leer war. Keiko folgte meinem Blick und fragte fröhlich: „Noch Suppe?”



  • An einen vermissten Freund


    Für V.


    I.
    Es ist nun ein ganzes Jahr vergangen.
    Ich frag mich: Wie hatte es angefangen?
    Wie hatte dein Leiden begonnen?
    Was hatte dir die Luft zum Atmen genommen?


    II.
    Ich fühl mich blind, denn ich hab’s nicht gesehen
    Hab nicht bemerkt, du willst nicht mehr weitergehen
    Ich fühl mich taub, denn ich hab’s nicht gehört
    Hab deine stummen Schreie einfach überhört


    R.:
    Wann war dieser eine Punkt da
    Wo du dachtest, es wird nichts mehr wahr?
    Wann war die dunkle Stunde gekommen?
    Was hatte dir jede Hoffnung genommen?


    III.
    Am Ende war wohl alles zuviel
    Das Leben war nicht mehr dasselbe Spiel
    Wahrscheinlich fühltest du dich überfordert
    Ich frag mich, warum hast du keine Hilfe angefordert


    IV.
    Du hast dich selbst von deinem Leiden erlöst
    Und wir müssen damit leben, was geschehen ist
    Doch eines ist klar: vergessen werde ich nie
    Dafür gibt es zum Erinnern zu viel


    R.:
    Wann war dieser eine Punkt da
    Wo du dachtest, es wird nichts mehr wahr?
    Wann war die dunkle Stunde gekommen?
    Was hatte dir jede Hoffnung genommen?


    V.
    Ich hab dich noch immer in Skype
    Denn das Einzige was mir von dir bleibt
    Sind die Gespräche die wir hatten
    Alle geschriebenen Worte, die wir ausgetauscht hatten


    VI.
    Auf keinen Fall werd ich je vergessen
    Wie du die Situation hast richtig bemessen
    Und mir sagtest, was ich hatte verursacht
    Nur wegen dir ging nicht mehr zu Bruch in dieser Nacht.


    R.:
    Wann war dieser eine Punkt da
    Wo du dachtest, es wird nichts mehr wahr?
    Wann war die dunkle Stunde gekommen?
    Was hatte dir jede Hoffnung genommen?


    VII.
    Ich weiß, du wolltest keinen verletzen
    Ich hoffe, du wusstest wie sehr wir dich schätzen
    Und wie sehr du uns fehlst an den Tagen
    Wo wir uns erinnern, wie es war, dich bei uns zu haben


    VIII.
    Heute vor einem Jahr
    War nichts mehr, wie es vorher war
    Wir haben noch das Beste gemeint
    Doch dann verloren wir einen guten Freund.


    R.:
    Wann war dieser eine Punkt da
    Wo du dachtest, es wird nichts mehr wahr?
    Wann war die dunkle Stunde gekommen?
    Was hatte dir jede Hoffnung genommen?


    IX.
    Es wird wohl immer schmerzen
    Wenn wir daran denken in unseren Herzen
    Trotzdem werden wir weitergehen
    Und lassen keine Erinnerung je vergehen



    In Memory of a missed Friend.


    (Die Motivation zu diesem Gedicht erhielt ich durch den Rapper Dame.)

  • Hallo Cynda. :3
    Ich gucke mir immer an, was es in diesem Bereich so Neues gibt und dein Gedicht hat mich sofort angesprochen. Vielleicht, weil ich glaube zu wissen, für wen es ist, und es nur mit feuchten Augen lesen kann.
    Ich könnte dir jetzt etwas zu deinem schönen Startpost schreiben. Ich könnte etwas dazu sagen, dass ich ab und zu über Reime und Versmaß gestolpert bin. Aber das werde ich nicht tun. Ich werde dir hier einfach meine Gedanken zu dem Gedicht niederschreiben, weil ich denke, dass dies eins dieser Gedichte ist, die man nicht gerne überarbeiten würde. Wenn ich mich irre, tut es mir leid, dann kannst du mich anschreiben und ich editiere das, aber für den Moment, schreibe ich dir nur meinen Eindruck.



    I.
    Es ist nun ein ganzes Jahr vergangen.
    Ich frag mich: Wie hatte es angefangen?
    Wie hatte dein Leiden begonnen?
    Was hatte dir die Luft zum Atmen genommen?

    Eine gute Frage. Die Fragen steigern sich, werden konkreter und doch metaphorischer. Es sind Fragen, auf die man wahrscheinlich niemals eine Antwort finden wird, weil niemand da ist, sie einem zu geben. Ein Jahr, in dem sich nichts veränderte. Und doch irgendwie alles. Und immer wieder kommen diese Fragen. Du nutzt sie wunderbar, um in das Thema zu führen, auch wenn sie so echt sind, dass man darüber eigentlich gar nicht nachdenkt.


    II.
    Ich fühl mich blind, denn ich hab’s nicht gesehen
    Hab nicht bemerkt, du willst nicht mehr weitergehen
    Ich fühl mich taub, denn ich hab’s nicht gehört
    Hab deine stummen Schreie einfach überhört

    Unglaublich. Ihr standet euch nah. Das wird sehr deutlich in dieser Strophe. Die Anapher im ersten und dritten Vers mit blind und taub ist wundervoll in diesem Gedicht und schrecklich in der Wirklichkeit. Du schaffst es hier wirklich mitzureißen. Ich bin zwar irgendwo auch, wenn auch deutlich weniger betroffen, aber ich denke, das ist bei anderen nicht anders. Diese Strophe ist wunderschön und grausam. Je nachdem, von welchem Standpunkt man sie betrachtet.


    R.:
    Wann war dieser Punkt da
    Wo du dachtest, es wird nichts mehr wahr?
    Wann war die dunkle Stunde gekommen?
    Was hatte dir jede Hoffnung genommen?

    Wenn da Refrain steht (oder einfach nur R.), bildet sich in meinem Kopf sofort eine Melodie. Das ist nichts Schlimmes, denn Musik bündelt bei mir Emotionen, verstärkt die Fraben. Am neunten, vor einem ganzen Jahr, konnte ich keinen Moment der Stille aushalten. Ich hatte so ziemlich den ganzen Tag Musik im Ohr. Es ging nicht ohne.
    Wie in der ersten Strophe arbeitest du wieder mit Fragen. Fragen, die man sich stellt und deren Antwort man so gerne wüsste. Das zeigt sich auch in dem Refraincharakter. Ich weiß nicht, ob du groß über die Struktur nachgedacht hast, aber Fragen zu wiederholen passt hier wunderbar. Sie drücken die Verzweiflung aus, dass man nichts tun konnte und nichts bemerkt hatte. Diese Fragen... Irgendwann muss es den Punkt gegeben haben, an dem die Hoffnung erlosch. Und niemand scheint ihn bemerkt zu haben. Deshalb sind diese Fragen so wichtig. Deshalb werden sie immer wieder gestellt. Doch weil es diesen Punkt gab, bekommen wir keine Antwort.


    III.
    Am Ende war wohl alles zuviel
    Das Leben war nicht mehr dasselbe Spiel
    Wahrscheinlich fühltest du dich überfordert
    Ich frag mich, warum hast du keine Hilfe angefordert

    Vielleicht kann ich hier helfen. Wenn man einfach nicht mehr weiter weiß, dann fragt man nicht. Dann ist es einfach so. Dann lässt es sich nicht ändern. Und wenn dann der im Refrain erwähnte Punkt erreicht ist, dann sieht man keine Chance mehr. Und alle anderen können nur spekulieren. Das Leben ist grausam. Es ist nicht fair. Das ist eine Tatsache. Nur gehen die Leute verschieden damit um. Und wir können nicht verhindern, dass manch einer daran zerbricht. Das muss die Begründung sein; genau wie du sie hier beschreibst. Mehr können wir nicht sagen.


    IV.
    Du hast dich selbst von deinem Leiden erlöst
    Und wir müssen damit leben, was geschehen ist
    Doch eines ist klar: vergessen werde ich nie
    Dafür gibt es zum Erinnern zu viel

    Diese Strophe beinhaltet eher Fakten. Schlimme Fakten und schönere Fakten. Niemals vergessen, man muss damit leben. Mir gefällt vor allem der letzte Vers. Er klingt poetisch. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das stimmt. Es gefällt mir, dies zu lesen. Immer wieder. Und ich stell mir vor, wie du dir die alten Dinge ansiehst und lachst und weinst und was auch immer. Dich einfach erinnerst. Es ist schön, dieses Bild, denn es zeigt, wie wir die Vergänglichkeit des Lebens überbrücken. Es zeigt wie Worte Bilder malen. Es zeigt einfach alles, nur nicht das große, schwarze Nichts, das vor einem Jahr wartete. Mit schönen Erinnerungen kann man entkommen.


    R.:
    Wann war dieser eine Punkt da
    Wo du dachtest, es wird nichts mehr wahr?
    Wann war die dunkle Stunde gekommen?
    Was hatte dir jede Hoffnung genommen?

    Ich weiß nicht, ob es absicht war, oder einfach nur ein Versehen, dass im ersten Refrain das Wörtchen "eine" im ersten Vers fehlt. Das ließe sich jedoch noch so weit interpretieren, dass es hier konkreter ist, dass es vielleicht sogar noch ein klein wenig verzweifelter ist. So wirkt es zumindest auf mich. Man fragt nicht nach irgendeinem Punkt, noch nicht einmal nach irgendeinem konkreten Punkt, sondern nach absolut keinem anderen als diesem einen. Nach diesem einen, an dem das letzte Licht der Hoffnung erlosch und alles dunkel wurde.


    V.
    Ich hab dich noch immer in Skype
    Denn das Einzige was mir von dir bleibt
    Sind die Gespräche die wir hatten
    Alle geschriebenen Worte, die wir ausgetauscht hatten

    Diese Strophe schließt an die vierte an. Die Erinnerungen, gesammelt als Daten, die man nicht weggeben kann. Wie gesagt, ein wenig bin ich auch betroffen, und habe ähnliche Daten. Allerdings habe ich es noch nicht geschafft, sie mir anzusehen. Heißt es nicht, das geschriebene Wort ist mächtig? Und wenn nicht, ist es trotzdem wahr. Es ist haltbarer als das gesprochene. Es ist da, sich zu erinnern. Und es bleibt, sollte die Erinnerung doch einmal verblassen. Du sprichst ihn an. Schön, dass du es ihm sagst.


    VI.
    Auf keinen Fall werd ich je vergessen
    Wie du die Situation hast richtig bemessen
    Und mir sagtest, was ich hatte verursacht
    Nur wegen dir ging nicht mehr zu Bruch in dieser Nacht.

    Zu dieser Strophe kann ich nicht viel sagen. Ich kann nur sagen, wie schade es ist, wenn solche guten Leute gehen. Übrigens, du hast nur drei Punkte in deinem Gedicht. Einen im allerersten Vers. Eine Einleitung, die du einfach abschließt. Einer hier. Ich denke, eine Betonung der guten Seiten, vielleicht sogar der Notwendigkeit, die jetzt nie wieder erfüllt werden kann. Man darf nicht vergessen, wichtigen Menschen zu sagen, dass sie wichtig sind. Denn sonst wissen sie es einfach nicht.


    R.
    VII.
    Ich weiß, du wolltest keinen verletzen
    Ich hoffe, du wusstest, wie sehr wir dich schätzen
    Und wie sehr du uns fehlst an den Tagen
    Wo wir uns erinnern, wie es war, dich bei uns zu haben

    Und hier greifst du alles auf, was ich zuvor erwähnte. (Ja, ich habe das Gedicht gelesen, bevor ich mit dem Kommentieren begonnen habe, aber nur einmal.) Diese Strophe vereint die vorhergegangenen, auch wenn auf sie noch zwei weitere folgen. Ich hab irgendwie schon alles gesagt. Vor allem der Anfang klingt sehr harmonisch. Soetwas liebe ich immer zu lesen. Doch in meiner Brust zieht es sich immer wieder zusammen. Du triffst es einfach perfekt.


    VIII.
    Heute vor einem Jahr
    War nichts mehr, wie es vorher war
    Wir haben noch das Beste gemeint
    Doch dann verloren wir einen guten Freund.

    Und das Aufgreifen des ersten Verses. Ein sehr interessantes Stilmittel, wenn noch eine Strophe folgt. Ich sehe es wie ein Lied. Dies ist die eigentliche letzte Strophe und die neunte Bekräftigt einfach noch einmal alles, was du geschrieben hast und führt zu einem sanften Abschluss. Dies hier ist das Ende. Hier steht der dritte Punkt. Es veränderte sich alles. Und wir haben nichts gesehen. Wir wollten nur Gutes. Und doch geschah es.


    R.
    IX.
    Es wird wohl immer schmerzen
    Wenn wir daran denken in unseren Herzen
    Trotzdem werden wir weitergehen
    Und lassen keine Erinnerung je vergehen

    Ich hab eben schon vom sanften Ausklang gesprochen. Dies ist ein Blick in die Zukunft; wie das nächste Jahr wird. Ich kann nur zustimmen. In jedem einzelnen Wort. Durch die fehlenenden Satzzeichen, gerade hier am Ende, nimmst du der Aussage ihren Druck. Es ist weniger eine Tatsache, als viel mehr ein Versprechen. Wir versprechen, nicht zu vergessen. Obwohl es schmerzt und wir weitergehen. Sehr schön. Es ist ein Ausblenden. Wie etwas, dass im Nebel verschwindet. Und trotzdem ist es noch immer sehr präsent. Es ist wichtig. Richtig. Und nicht zu ändern.
    Gracidea



    Ich hoffe, du kannst ein bisschen was damit anfangen. Ich wollte dir einfach diesen kleinen Kommentar dalassen. Tut mir leid, sollte ich manchmal übertreiben, zu weit ausholen oder was auch immer. Ich habe einfach geschrieben, was mir zu deinen Strophen so in den Kopf kam, ohne große Struktur oder sonst etwas, das ich sonst in Kommentaren verwende. Vielleicht ist es dadurch auch so kurz... Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel.
    (Und entschuldige bitte auch die grünen Buchstaben und Kommata; es wahr Gewohnheit...)


    Ich wünsche dir alles Liebe
    ~Shira Seelentau

  • Es ist an der Zeit, dass ich wieder mal einen Kommentar schreibe, und du hast in der Feedbackkette gepostet und mir sowieso schon einen Haufen Kommentare hinterlassen, also nehme ich mich deiner Geschichte "der beste Freund" an.


    Der beste Freund


    Der Titel passt gut, die Schlichtheit trifft im Bezug auf die Geschichte zu. Er verrät nicht zu viel, lässt einem den Anfang aber spannender erscheinen, was mich sehr positiv stimmt. Auch sonst ist der Anfang ein Feuerwerk an tollen Beschreibungen. Ich mag die Bilder und Metaphern, die dort erzeugt werden, insbesondere die mit den Stämmen, die wie Speere in die Luft ragen. Die Stimmung wird gut vermittelt und reisst den Leser mit.
    Weniger gut gefallen mir die Kommafehler, welche sich ziemlich häufig finden lassen. Da solltest du nochmals drüber schauen und besonders auf jene achten. Ein, zwei Fehler sind mir dann doch ins Auge gestochen, welche aber nicht weiter von Belang sind, denn deine Rechtschreibung und deine Grammatik sind einwandfrei.


    deren hellen weißen Stämme in dem im wenigen Licht fast zu leuchten schienen.


    Im anstatt in dem tönt viel schöner.


    Der Mittelteil, wo sich die Hauptfigur in Richtung Wald bewegt, hat mir vom Inhalt her sehr gefallen. Wieder die Metaphern, wieder die unglaubliche Vermittlung der Stimmung. Was aber negativ ins Gewicht fällt, sind die vielen komplizierten, zum Teil auch unschönen Genitiv- und Partizipkonstruktionen, die du anwendest. Hin und wieder klingen die ja ganz schön, aber du hast haufenweise davon.


    begann in der immer kälter werdenden Luft zu frösteln.


    Dies ist ein gutes Beispiel, welches zeigt, was ich genau meine. Das "immer kälter werdenden" ist ein langes Ding, das hier ans Wort angehängt wird, wo zumindest ich leicht drüber stolpere und das leicht Melodiöse, das deine Sprache ausgeprägt besitzt, aufhebt. In Zukunft könntest du anstelle deren elegantere Formulierungen wählen, zum Beispiel mit einem Relativsatz oder einem Subjunktionalnebensatz.
    Der Inhalt kann mich weiterhin sehr stark überzeugen, gerade die Wahl von Flunkiefer als Figur in deiner Geschichte finde ich äusserst interessant und unterscheidet sie vom Einheitsbrei. Die Beschreibungen, gerade die im Schreckmoment, sind lebendig geschildert und vermögen zu gefallen. Allgemein bin ich sehr begeistert von dieser Passage, da dir mit Flunkiefer ein kreatives Highlight gelungen ist, seien es seine Verhaltensweisen, seine Sprache oder sein Haus.


    Als dann endlich der grosse Showdown anstand und das Hauptpokémon sich dem Flunkiefer öffnet, reisst der Spannungsfaden. Irgendwie ist die Trennung der beiden so gesucht und übermässig unpokémonisch unmenschlich, dass es mir zumindest recht unrealistisch erscheint. Es hat den Zauber, der die Geschichte bis anhin ausgestrahlt hat, etwas kaputt gemacht. Und dann noch das recht kitschige Ende, das eine Moral vermittelt... Ich mag das nicht so. Es ist einerseits die Art der Moral; "oh nein, es war kein wahrer Freund, wie schlimm". Das finde ich recht langweilig und schon zigmal durchgekaut. Und dass dann grad Flunkiefer dieser wahre Freund ist - zufälligerweise - hat etwas von Kinderserienniveau. Das ist nicht böse gemeint, sondern ich möchte dich im Prinzip dazu anregen, deine Botschaft besser zu verstecken, die Handlungen des Flunkiefers zum Schluss vielschichtiger zu gestalten (sei es wiederum durch eine böse Tat, oder was auch immer). Das wird die Botschaft mindestens ebenso gut hinüberbringen, nur kommt eine unerwartete Wendung zum Schluss, welche den meisten Kurzgeschichten sehr gut tut. Es flammt neue Spannung auf, andererseits regt es noch mehr zum Nachdenken an. Wenn man hier noch einen - ich will nicht tiefsinniger oder kreativer sagen, aber so was in der Art halt - Schluss finden kann, dann wäre die Geschichte wirklich sehr, sehr, sehr gut.


    Zum Schluss möchte ich anmerken, dass dies alles Kritik auf sehr hohem Niveau ist. Die Geschichte ist ein schönes Gesamtwerk, dass zu überzeugen vermag. Ich hoffe, dass ich mit meinem Kommentar, wo ich sehr genau hingeschaut habe, und mich auf jede noch so kleine Ungereimtheit gestürzt habe, dich weiterbringen und motivieren kann.


    Perseus

  • The wounded Soldier
    (Work In Progress - begonnen Dezember 2013)


    Geschickt landete die Krähe auf dem Ast einer jungen Linde und sprang von diesem mit angewinkelten Flügeln auf den einer nahestehenden Eiche. Sie rieb kurz ihren gelben Schnabel an dem Holz auf dem sie stand, bevor sie mit aufmerksamen Augen die Umgebung betrachtete. Es war windstill und der Wald schien an diesem ersten kühlen Morgen länger als gewöhnlich zu schlafen. In der feuchten Luft lag der unverwechselbare Duft von der Ankunft des Herbstes, der bald den Schmuck der Laubbäume verfärben würde. Das Kramurx stieß sich von dem Ast ab und flog mit gleichmäßigen Flügelschlägen weiter durch den Wald.
    Plötzlich erregte etwas links von dem schwarzen Vogel seine Aufmerksamkeit. Er hielt auf eine Birke vor ihm zu und landete auf einem stämmigen Baumarm. Von seinem Aussichtspunkt blickte er hinunter und entdeckte zwischen einer Ansammlung von Nadelbäumen eine unbekannte Erhebung. Er stutzte, als ihm Stacheln auffielen, die von dem Unbekannten in die Höhe ragten. Interessiert ließ die Krähe den Ast los und flog mit eng anliegenden Schwingen gen Boden, um dann zwischen den Stämmen der Bäume in Bodennähe auf die Entdeckung zuzusteuern. Fünf Sprünge von ihrem Ziel entfernt, bremste sie mit ausgebreiteten Flügeln und kam hopsend auf dem moosbedeckten Waldboden auf. In der Luft klebte der Geruch von Blut, was den schwarzen Vogel alarmierte. Vorsichtig näherte sich das Kramurx dem Unbekannten, als durch dieses ein plötzliches Zucken ging und ein kehliges Husten die Morgenstille durchbrach. Erschrocken sprang die Krähe mit flatternden Flügeln zurück und konnte gerade noch einen Schrei unterdrücken. Was sie zunächst für eine ungewöhnliche Art von Baum gehalten hatte, erwies sich als Lebewesen. Mit gebührendem Abstand ging sie um das Geschöpf herum, welches nun wieder so regungslos wie zuvor war. Die beigefarbene Erhebung mit den Stacheln sah bei näherem Betrachten einem Panzer sehr ähnlich aus dem ein breiter, spitz zulaufender Schweif und zwei starke Beine mit dunkelbraunen Krallen ragten. Grübelnd betrachtete der Vogel die vielen Krallenspuren auf dem Panzer. Er ging noch ein wenig weiter und erreichte schließlich den Kopf, der zu einer kurzen Schnauze zulief und von weißem Fell umgeben war.
    „Ein Brigaron? Was macht das denn hier?”, ging es dem Kramurx durch den Kopf. Es entschloss sich doch ein wenig näher heranzugehen und erkannte dabei die flache Atmung des anderen Pokémon. Der linke Arm lag angewinkelt unter der Brust. Auf dem Waldboden war das Moos bereits braunrot von Blut verfärbt. Die Krähe duckte sich und versuchte zu erkennen, wie schlimm die Verletzung war, da sie sich nicht noch näher an das große Pokémon heranwagte. Selbst ein entkräfteter Hieb des Brigaron könnte das Kramurx soweit verletzen, dass er vielleicht zu schwach zum Fliegen wäre.
    „Athos?”
    Eine dünne Stimme ließ den Vogel augenblicklich herumfahren. Vor ihm schwebte ein kleiner Geist, dessen Kopf in einem ausgehöhlten Ast steckte. Nur zwei rote Augen leuchteten aus der Dunkelheit heraus. Das junge Paragoni musterte das bewegungslose Brigaron ganz erstaunt.
    „Weißt du, wie lang er schon hier liegt?”, fragte Athos freundlich das Waldkind.
    „Eine Weile”, antwortete sein Gegenüber mit hoher, kindlicher Stimme. „Er brach kurz vor Sonnenaufgang zusammen.”
    Das war ja schon Stunden her! Dem Kramurx war klar, dass er sofort Hilfe holen musste.
    „Danke, Maha”, erwiderte der schwarze Vogel ruhig. „Und jetzt schweb zurück zu deinen Geschwistern, ich kümmere mich um ihn.”
    Ein kurzes Lächeln erhellte das Gesicht des Paragoni, bevor es lautlos zurück ins Unterholz schwebte. Die Krähe drehte sich um und stieg mit einigen kräftigen Flügelschlägen in die Luft. Das Geräusch ihrer schnell schlagenden Schwingen wurde bald von Tschilpern und Zwitschern begleitet, als die ersten Dartiri und Taubsi erwachten und den Morgen begrüßten.



  • Huhu Cynda,
    ich dachte mir - da du noch kein Feedback zu deiner neuen (angefangenen) KG bekommen hast - das ich dir einen kleinen Kommentar da lasse. Ich entsinne mich nämlich daran, dass du mein damaliges Topic auch das ein oder andere mal kommentiert hast und das will ich dir natürlich auch danken. Und wie kann man das besser als nicht mit einem Kommi? c:
    Außerdem musste ich zu deinem Werk hier einfach was schreiben, da es sich um ein Kramurx handelt *auf Ava und Lieblingspokémon schiel*. Nun denn, ich hoffe du freus dich über mein kurzes Feedback und vlt. kann ich dir ja auch noch bei etwas helfen. Okay, auf gehts!



    The wounded Soldier
    Der verwundete Soldat. Klingt an sich schon einmal recht spannend, da man im ersten Moment keine Ahnung hat, auf was es sich nun genau bezieht. Wenn man die ersten Zeilen deines Werkes noch nicht gelesen hat, so weiß man auch nicht, ob es eine Pokémon lastende Geschichte ist oder nicht - dementsprechend kann ich dem Titel durchweg nur Positives abgewinnen. Nun gut, es ist auch auf englisch, ein weiterer Pluspunkt meines Erachtens (wobeis halt Geschmackssache ist, haha). Ich persönlich finde nämlich, dass man weitaus mehr interpretieren kann, wenn der Name eines Werkes anderssprachig ist - benutze demnach auch bei meinen eigenen Werken sehr oft und gerne anderssprachige Titel. Ich habe zwar grad nicht die Lyrics von "I see fire" im Kopf, aber entstammt es aus ihnen? Oder hast du dir bei dem Titel ganz eigene Gedanken gemacht? Mir würden übrigens beide Varianten gefallen. Zum einenliebe ich es Liedzeilen als Titel oder Einleitung (bzw. Zitat) für eine Geschichte zu verwenden; allein deswegen schon, weil ich in meinem Kopf dann automatisch das Lied abspielbereit habe und es beim Lesen immer im Hintergrund vor sich hin dudelt (wie ich grad an die Fahrstulmelodie denken musste, haha). Ich finde das gibt dem Werk dann eine ganz eigene Atmosphäre, wobei man als Leser das natürlich auch ganz anders auffassen kann. Und wer zum einen sagt, sagt bekanntlich dann auch zum anderen: Ja, zum anderen finde ich es aber auch immer wieder ineteressant, wenn sich Autoren der englischen Sprache bedienen (sofern es denn dann richtig ist... ) und ihren eigenen Titel kreieren. Wie bereits erwähnt bin ich ein Fan davon.
    Ich frage mich momentan - da ich das Werk bisher nur einmal kurz überflogen habe (ja, ich schreibe währenddessen ich lese) - inwiefern sich der verwundete Soldat in der Geschichte äußert bzw. welcher Sinn sich dahinter verbirgt. Allein deswegen schon, weil du dich von "The Hobbit" insperieren lassen hast. In dem Zuge übrigens auch ziemlich interessant, dass du Pokémon mit einbindest. Ich selbst würde mir damit irgendwie schwer tun, wobei man sicherlich wunderbar die einzelnen Gegebenheiten in irgendeiner Art mit einander verbinden könnte (Smaug = Trikiphalo oder Kyurem - oha, Kyurem wäre wirklich recht interessant + die Stadt + die Zerstörung und... hu, welch coole Idee eigentlich). Insgesamt kann man ja anhand deiner kurzen "Einleitung" der KG noch nicht sagen, in welche Richtung sie sich entwickeln wird, was mich dementsprechend sehr neugierig macht und ich bitte dich auf diesem Wege mir dann bitte Bescheid zu geben, wenn du diese KG hier beendet hast!
    In Sachen Beschreibungen kann dir echt niemand was vormachen, dass soll zu Beginn einfach mal gesagt sein. Allein der Beginn ist wirklich sehr gut be- und umschrieben, sodass man es sich wunderbar vorstellen kann. Die Umgebung, das Kramurx, das Brigaron - wirklich sehr gut, hier kann ich persönlich einfach nicht meckern. Außer das es vlt. hätte mehr sein können. Aber das ist keine Kritik, eher eine Bitte. *lach* Natürlich fragt man sich als Leser nun, was passiert ist und warum das Brigaron einfach entkräftet auf dem Boden liegt. Das es einen Kampf verloren hat ist deutlich erkennbar - aber nicht warum. Wollte es jemanden beschützen? Wollte es jemanden retten? War es zur falschen Zeit am falschen Ort? Und auf all diese Fragen wird man vorerst keine Antwort bekommen, wie unfair. Übrigens finde ich es auch gut, dass man bei der KG deutlich merkt, dass es sich hierbei nicht um das "verschönlichte" Pokémonuniversum handelt, sondern das es recht Realitätsnah gehalten ist. Immerhin kanns nicht sein, dass Pokémon nie bluten bzw. verletzt sind, wenn sie einen Kampf verlieren oder überhaupt einen austragen. Dies ist allerdings eine andere Geschichte. Nun wird einem jedenfalls klar, auf was genau sich der Titel bezieht - auf das hiesige Brigaron. Soldat ist in diesem Fall eine positive Beschreibung in meinen Augen, da es sicherlich ein Krieger gewesen ist, was für eine gute Sache gekämpft hat. (Ok, genau genommen kann ichs noch gar nicht wissen, haha, aber ich habe irgendwie nicht das Gefühl, dass hier gerade der Antagonist von Athos gefunden wurde).
    Maha also. Schönder und passender Name für das Paragoni wie ich finde. Hat das auch eine Bedeutung wie Athos? Jedenfalls finde ich deine Namenswahl sehr gelungen. Paragoni wirkt im ersten Moment wirklich wie ein kleines Kind, zumindest zielen deine Beschreibungen darauf ab. Und ich muss sagen, dass ich zwar nicht damit gerechnet habe, aber es durchaus für plausibel halte. Auch wenn die Vorstellung echt abstrus ist, dass ein Unlichtpokémon sich so gut mit einem Geistpokémon versteht. Zumindest für mich, haha. Aber hey, man lernt immer wieder was dazu und ich gestehe, dass es mich auch brennend interessiert inwiefern diese freundschaftliche Beziehung der Beiden noch eine Rolle spielen wird - immerhin scheinen sie sich schon eine Weile zu kennen, sonst würden sie wohl kaum den Namen des jeweils anderen kennen.
    Insgesamt finde ich dein Werk also bisher wirklich gut. Sie bietet bereits nach so wenigen Zeilen viel Stoff zum Nachdenken und regt einen auch an, weiterlesen zu wollen. Besonders das Verhältnis von wörtlicher Rede zum beschreibenden Part der Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Es fällt mir immer wieder auf, dass viele dazu neigen, dass eine immer irgendwie total unter den Tisch zu kehren. Entweder quatschen die Leute zu viel und man bekommt nichts von der Umgebung mit, oder die Leute sind stumm und man betrachtet nur die Umgebung, haha. Aber ich finde du hast hier einen angenehmen Mittelweg gefunden. Letztendlich bleibt mir auch nichts weiter übrig als zu sagen, dass dein Schreibstil wirklich klasse ist. Ich lese gerne Werke von dir (ja, ich gebs zu, ich bin ein Schwarzleser... ).


    So, das war es dann soweit auch erst einmal von mir. Ich hoffe du hast dich über mein kurzes Statement gefreut und wir lesens uns beim nächsten Part bzw. beim Vollendeten wieder. Bis dahin viel Spaß beim Schreiben. c:


    ~ Liz

  • Szene
    aus Evolis großes Abenteuer - Kapitel IX: Unternehmungen


    „Hey! Pia! Vesuvio! Kommt raus, es ist Zeit für’s Abendessen!”, rief das Elevoltek in den Wald. „Pia! Vesuvio! Nun kommt schon!” Er verstärkte seine Stimme indem er seine Hände wie einen Trichter vor den Mund hielt, aber es folgte keine Reaktion zwischen den Bäumen auf seine Rufe. Nervös zuckten die beiden schwarzen, langen Schweife des Donnerkeil-Pokémon hin und her, dessen gelbes Fell von einigen schwarzen Streifen durchzogen war und sich deutlich von der Umgebung abhob, während er einige Schritte weiterging.
    „Wo können sie nur sein? Sie werden doch wohl hoffentlich nicht ins Moor gegangen sein …”, grübelte er, als er auf dem Boden mit wachsamen roten Augen nach Spuren suchte. Vorsichtig bog er einige Zweige von Sträuchern zur Seite, obwohl in seinen starken Armen genug Kraft gewesen wäre, diese abzubrechen oder vollständig auszureißen. In dem erdigen Boden hinterließ das Elektro-Pokémon deutliche Abdrücke mit seinen krallenbewehrten Füßen. Seufzend blieb er schließlich stehen und fingerte an dem schwarzen Expertengurt herum, den er um seinen rechten Oberarm gebunden trug.
    „Ich werd doch wohl nicht zurück laufen müssen und Lyn um Hilfe bitten? Das kann’s jetzt echt nicht sein, wo sind sie bloß”, brummte er verärgert und überlegte fieberhaft, wo die beiden Ausreißer nur stecken könnten.
    „Thunder?”, hörte er plötzlich eine bekannte Stimme hinter sich seinen Namen sagen und drehte sich zu dieser um. Zwischen den Baumstämmen trat eine Füchsin hervor, deren goldgelbes Fell selbst im Halbdunkel unter den Baumkronen seidig glänzte. Neun Schweife wehten hinter ihr her, deren Spitzen orangefarben gefärbt waren. In ihren hellen roten Augen lag ein besorgter Ausdruck.
    „Sind sie noch nicht aufgetaucht?”, wollte die Fähe wissen, als sie schließlich an seiner Seite stand.
    „Nein, Nona und das wundert mich wirklich. Ich meine, sie haben doch immer so einen Appetit, Vesuvio quengelt schon einige Zeit vorher und du kennst doch Pia, die unterstützt ihn doch darin ständig. Vor allem gingen sie heute sogar ohne Frühstück aus dem Haus!”
    „Das ist wirklich ungewöhnlich. Haben sie denn gesagt, wohin sie wollten?”, hakte Nona verwundert nach und setzte sich auf die von Moos übersäte Erde. Es war wirklich noch nie vorgekommen, dass die beiden jungen Pokémon ohne vorher etwas zu Essen nach draußen gegangen waren.
    „Ach, irgendwas von wegen einer Schatzsuche - du kennst doch Vesuvio”, erwiderte Thunder resigniert und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich weiß nicht, was ich machen soll, wenn ich sie nicht finde. Ansonsten könnte ich natürlich Lyn, Kira oder Zaron fragen, ob einer von ihnen suchen will, aber soweit ich weiß, ist Lyn zum Wachdienst eingeteilt und Kira und Zaron sind meines Wissens nach noch auf Rundflug. Bis einer von ihnen Zeit hat, ist es vielleicht schon dunkel.”
    „Pia und Vesuvio werden sicher bald auftauchen”, versuchte Nona ihren Kameraden zu trösten und stupste ihn freundschaftlich mit der Schnauze am Arm. „Bestimmt haben sie dich gehört, aber sie schleichen sich sicherlich an, weil sie dich erschrecken wollen.”
    „Ja, da könntest du Recht haben”, meinte Thunder zuversichtlich und ließ seinen Blick noch einmal zwischen die Bäumen schweifen. Still warteten die beiden und horchten angestrengt, auf ein verdächtiges Rascheln in den Sträuchern oder ein Knacken im Unterholz. Doch es herrschte eine bedrückende Ruhe im Wald, nicht einmal eine Böe ließ das Laub über ihnen in der heißen Sonne flüstern. Gerade wollte das Donnerkeil-Pokémon seiner Kameradin vorschlagen, dass sie wohl doch besser umkehren sollten, als er das schwachen Klingeln eines Glöckchens vernahm. Zuerst dachte er, er habe es sich eingebildet, aber auch Nona neben ihm drehte ihre Ohren, um den Ausgangspunkt des Geräusches auszumachen. Das zuerst noch zarte Klingeln schwoll an, wurde lauter, hektischer und wurde begleitet vom Knacken kleinerer Zweige und dem Rascheln in einem nahen Strauch. Schließlich erschien im wilden Lauf eine kleine gelbe Elektromaus, die mit keuchendem Atem schluchzend auf Thunder zuhielt und sich an seinem linken Bein festkrallte. Wimmernd und unter Tränen schwer Luft holend vergrub das Pichu sein Gesicht in dem gelben Fell des Donnerkeil-Pokémon.
    „Pia! Hey, Kleine, was ist denn los?”, fragte er vorsichtig und kniete sich mit dem rechten Bein auf dem Boden, sodass er der Babymaus über den Kopf streichen konnte. Die dreieckigen Ohren mit dem schwarzen Streifen waren etwas nach hinten gelegt und der kleine schwarze, platte Schweif zuckte hin und her. Winzige Blitze entkamen den rosafarbenen Wangen, doch Thunder spürte diese schwachen Elektrostöße nicht. Das stetige Schluchzen wurde von dem zarten Klingeln der Sanftglocke untermalt, die Pia im Nacken trug. Unter dem Weinen des kleinen Pokémon klang das sonst fröhliche Bimmeln jedoch seltsam verzerrt und melancholisch. Er wechselte einen besorgten Blick mit Nona, die ebenso verwundert über das völlig verängstigte Pichu war, wie er selbst.
    „Sch … keine Angst, Pia, sch … keiner tut dir etwas, du musst keine Angst haben”, versuchte er die Babymaus zu beruhigen und hob diese hoch, welche den Griff um sein Bein löste, um sich daraufhin in sein Brustfell zu krallen. Es dauerte einige Zeit, bis das Schluchzen leiser wurde und nicht mehr so viele Tränen über das Gesicht Pias strömten. Beruhigend wiegte Thunder sie in den Armen, als sie schließlich den Kopf hob und ihn aus glasigen Augen anschaute.
    „Geht’s dir besser, Pia?”, wollte er wissen und zwang sich zu einem beruhigenden Lächeln, auch wenn ihm nicht danach zumute war. Es war kein gutes Zeichen, dass die Babymaus ohne Vesuvio zu ihnen gekommen war und ein noch schlimmeres Zeichen war die Tatsache, wie verschreckt sie war. Irgendetwas Schlimmes musste passiert sein, denn die beiden waren kaum voneinander zu trennen und niemals hätte Pias Freund sie allein gelassen.
    „Ja”, meinte die kleine Elektromaus mit zitternder Stimme und wischte sich mit der Pfote über die Augen. Nona reckte den Kopf nach oben, bekam aber kaum etwas zu sehen, da das Donnerkeil-Pokémon sie um ein ganzes Stück überragte. Thunder kniete sich daraufhin hin, damit die Fähe ebenfalls etwas sehen konnte.
    „Schau mal, Nona ist auch hier.”
    „Hallo, Nona”, begrüßte die Babymaus das Vulnona mit schwacher Stimme.
    „Hallo, Pia. Was ist denn passiert? Warum musstest du so weinen?”, fragte das Feuer-Pokémon und die neun Schweife wallten nervös auf und ab.
    „Weil ich so Angst hatte, dass sie hinter mir her sind”, begann die kleine Elektromaus zögerlich zu erzählen. „Aber sie wollten gar nichts von mir, dafür …” Pia verstummte, als ihr wieder die Tränen kamen und ihre Stimme versagte.
    „Keine Angst, wir sind hier, keiner kann dir etwas tun”, meinte Nona beruhigend und leckte ihr über den Kopf. „Keiner kann dir was tun. Wer wollte etwas von dir und wo ist Vesuvio?”
    „Sie … sie haben ihn mitgenommen!”, brach es aus der Babymaus heraus. „Sie haben uns erschreckt und dann - und dann wollte Vio mich beschützen und hat ihnen gesagt, sie sollen ver-verschwinden. Aber sie haben ihn nur au-ausgelacht und dann wurde er wütend und - und wollte sie mit seinem Smog verscheuchen. Vio sagte, ich solle mich verstecken und das hab ich gemacht und dann - dann kam so ein Windstoß und er wurde vom Rauch eingehüllt und ich ko-konnte ihn nicht sehen. Dann … dann hab ich ihn kurz schreien hören, a-aber ich traute mich nicht in den Smog und als er verzogen war … hing Vio im Maul von ihm und dann sind sie verschwunden!” Schluchzend vergrub Pia ihr Gesicht wieder in Thunders Fell, welches von den Tränen an der Stelle bereits feucht war. Völlig entgeistert starrten sich Füchsin und Donnerkeil-Pokémon an, deren Befürchtungen durch die Geschichte der Babymaus Gestalt angenommen hatten.
    „Wer hat euch erschreckt und Vesuvio mitgenommen?”, hakte Nona sanft nach, während sich ihr Kamerad sichtbar anspannte.
    „Es … es waren ein großes Bru-Brutalanda und ein Pio-Piondragi”, schniefte Pia und blickte zu Thunder auf, „Ich hab Angst, dass sie Vio weh tun, sie waren so gemein.”
    „Keine Angst, Kleines”, meinte das Donnerkeil-Pokémon schnell. „Wir lassen nicht zu, dass sie ihm weh tun. Jetzt gehen wir erstmal zurück zur Höhle.” Bei den Worten erhob er sich und strich der Babymaus einige Male beruhigend über den Kopf.
    „Trainer”, knurrte er und ein kurzer Blitz zuckte zwischen den kugeligen Enden seiner beiden Hörner.
    „Vielleicht”, hauchte Nona, „aber die Vorgehensweise ist sehr ungewöhnlich für Trainer. Das hat etwas erschreckend Geplantes an sich. Jedenfalls müssen wir so schnell wie möglich zurück und das Ninian erzählen.”
    Mit diesen Worten sprintete das Vulnona voraus und Thunder folgte so schnell er konnte, während er Pia sanft mit beiden Armen an seine Brust drückte. Das Klingeln der Sanftglocke begleitete sie auf ihrem Weg zwischen den verräterisch stillen Bäumen.



  • The wounded Soldier // Teil II (Teil I)
    (Work In Progress - begonnen Dezember 2013)


    Das Wasser in der Schüssel wurde aufgewühlt und gluckste, während sie sich die Pfoten darin wusch. Sie griff nach dem daneben liegenden Tuch und trocknete ihre Klauen ab. Danach nahm sie die Schale und goss sie aus dem Fenster aus.
    „Sag mal Athos”, begann sie, „wann hatten wir das letzte Mal Besuch?”
    „Ich weiß nicht, Fran”, krächzte das Kramurx zurück und flatterte von einem Stuhl auf den alten Eichenast, der an der Wand befestigt war und ihm als Sitzplatz diente. „Aber ich bin mir unsicher, ob wir momentan überhaupt Besuch haben wollen.”
    „Da hast du auch wieder Recht”, erwiderte die Füchsin nachdenklich und ging zu ihrem geflügelten Freund. Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte sich das Fennexis an die Wand und betrachtete das schlafende Brigaron auf dem Boden.
    „Was glaubst du, wie lang wird er wohl schlafen?”, wollte Athos wissen und eine unterschwellige Abscheu lag in seiner Stimme. Fran drehte ihm den Kopf zu und schenkte ihm einen überraschten Blick.
    „Warum so feindselig?”
    „Er kommt aus dem Osten”, war die schlichte Erwiderung, die das Fennexis erneut ihren Überraschungsgast ansehen ließ.
    „Osten”, wiederholte sie nachdenklich - auf die Frage der Krähe antwortete sie jedoch: „Einige Stunden sicherlich. Immerhin mussten wir ihn mit Mohnsamen und Schlafpuder erstmal ruhig stellen. Apropos Schlafpuder! Möchtest du nicht noch mal losfliegen und Mela nach ein wenig davon fragen? Der Kerl hat meine letzten Vorräte verbraucht.”
    „Bist du sicher, dass ich jetzt fliegen soll?”, wollte Athos wissen. „Nicht, dass der früher aufwacht und du auf dich allein gestellt bist.”
    Das Fennexis grinste, als sie den feindseligen Blick ihres Freundes bemerkte, der dem eines Pyroleo-Weibchens glich, das ihre Jungen beschützen wollte. Fran streckte den Arm nach oben und kraulte die Krähe an der Brust. Unter den Streicheleinheiten plusterte Athos sein Gefieder auf und und lehnte sich gegen ihre Pfote.
    „Keine Sorge, ich bin mir ganz sicher, dass er schläft bis du wieder zurück bist”, versicherte die Fähe ihrem Freund.
    „Nun gut”, gab dieser versöhnt zurück und streckte die Flügel. „Trotzdem werd ich mich beeilen!”
    Er flatterte von seinem Ast auf und schoss aus dem geöffneten Fenster ins Freie. Lächelnd sah Fran dem schwarzen Vogel hinterher, bis sie ihn nicht mehr sehen konnte.
    „Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als das Mittagessen zu kochen. Doppelt so viel”, ging es ihr durch den Kopf, als ihr Blick erneut auf das schlafende Brigaron fiel. Sie ging an ihm vorbei auf die Tür zur Speisekammer zu und überlegte, ob die dort aufbewahrten Vorräte wohl reichen würden. Grübelnd betrachtete sie den Inhalt der Regale und entschloss sich schließlich für eine Beerenpfanne. Sie nahm den Korb neben der Tür und legte einige Beeren der Sorte Persim, Tsitru und Himmih hinein. Mit diesen ging sie zur Arbeitsfläche neben dem Herd und stellte die Zutaten dort ab. Kurz blickte sie über die Schulter hinter sich, wo das Brigaron neben dem Esstisch weiterhin am Boden schlief. Zufrieden drehte sie sich um und begann die eiserne Kochfläche mithilfe des Ofens darunter aufzuheizen. Sie stellte eine Pfanne auf den Herd und bis diese die gewünschte Temperatur erreicht hatte, schnitt sie die Beeren in Stücke. Das Geräusch des Messers, welches immer wieder das Holzbrett als Schneideunterlage traf erklang im Raum, bis alle Früchte geschnitten waren und das Fennexis etwas Schukebeerenöl in der Pfanne erhitzte. Ein lautes Zischen erklang, als Fran zuerst die Tsitrubeeren und Himmihbeeren anbriet. Nachdem diese eine Weile in der Pfanne verbracht hatten, gab sie die Persimbeerenstücke dazu und setzte einen Deckel darauf. Erneut ging sie zur Speisekammer und holte noch ein paar Amrenabeeren heraus, die sie ebenfalls klein schnitt und in die Pfanne gab.
    Der Geruch der gebratenen Beeren verteilte sich angenehm im Raum und besonders die scharfe Note der Amrenabeeren ließ Fran das Wasser im Maul zusammenlaufen.
    „Da wird sich Athos freuen”, dachte sie. „Eigentlich müsste er jetzt bald zurückkommen.”
    Sie fragte sich, warum das Kramurx wohl so lange brauchte, als sie hinter sich ein Kratzen hörte. Abrupt drehte sie sich um und bemerkte, dass das Brigaron sich bewegte. Mit seinen braunen Krallen fuhr es über den Holzboden und erzeugte dabei das schabende Geräusch, als es versuchte sich aufzurichten. Geistesgegenwärtig griff die Fähe nach ihrem Zweig, um sich zu verteidigen.
    „Was? Wo … bin ich?”, murmelte der Krieger verwirrt und blickte sich um. „Und was riecht hier so gut?” Verwundert drehte das Brigaron sich um und erkannte das Fennexis vor dem Herd. Der Unbekannte blinzelte eine Weile entgeistert sein Gegenüber an, als hätte sein Kopf Probleme die Situation zu verstehen. Fran öffnete den Mund um etwas zu sagen, als ein schwarzer Schemen durch das Fenster hereinschoss und sich auf das Spitzpanzer-Pokémon stürzte.
    „En garde!”, krähte Athos voller Kampfeswillen und flatterte wild vor dem Gesicht des Brigaron, das versuchte sich mit den Armen vor der Attacke des Kramurx zu schützen.
    „Hilfe!”, rief der verstörte Gegner und strengte sich vergeblich an auf die Füße zu kommen, um zu fliehen. Seine Körper war noch etwas zu benommen, um ihm zu gehorchen. „Aufhören! Bitte! Ah!”
    „Athos, lass das!”, forderte Fran. „Du verstreust sonst noch das ganze Schlafpuder!”
    Mit einem verstimmten Krächzen ließ der schwarze Vogel von dem Überraschungsgast ab und landete auf der Schulter des Fennexis, welches ihm den Stoffbeutel aus seiner rechten Klaue abnahm.
    „Da bin ich ja gerade noch rechtzeitig gekommen”, meinte ihr Freund und beobachtete das Spitzpanzer-Pokémon argwöhnisch. Dieses jedoch verharrte in seiner duckenden Position - die großen Hände vor dem Gesicht um sich vor den Hackattacken des Vogels zu schützen.
    „Bitte … aufhören. Ich mach alles was ihr sagt”, wimmerte das Brigaron und wandte sich schwer atmend den beiden zu. Langsam ließ er die Arme sinken, als er merkte, dass keine Gefahr mehr bestand. Dabei entdeckte das Fennexis, die dunkle Verfärbung des Verbands, den sie um dessen Brust geschlungen hatte, und warf Athos einen bösen Blick zu.


  • Sandige Zeit
    "Ich hab eine Sanduhr im Keller gefunden!", sagte sie aufgeregt und kam ins Wohnzimmer gestürmt.
    "Was hast du gefunden? Eine Sanduhr? Ich hab gar nicht gewusst, dass wir je eine hatten", erwiderte er, blickte aber nicht von seiner Zeitung auf.
    "Aber was macht sie dann im Keller?"
    "Woher soll ich das wissen? Sag mir lieber, was du jetzt damit vorhast?"
    Sie überlegte einen Moment bevor sie antwortete, betrachtete den alten Gegenstand in ihren Händen. Der Boden und der Deckel waren kreisrund und aus dünnem Holz gemacht, der Glaskörper in Form einer Acht war an ihnen befestigt. Zwei hölzerne Stangen verbanden an gegenüberliegenden Seiten die hölzernen Platten miteinander. Weißer Sand befand sich im unteren Teil des verstaubten Glases.
    "Ich mache sie sauber", entschied sie, ohne aufzublicken. Er legte die Zeitung beiseite und musterte sie einige Augenblicke, wie sie dort mitten im Wohnzimmer stand und die Sanduhr in der Größe eines Rotweinglases betrachtete.
    "Von mir aus", erwiderte er mit einer gleichgültigen Handbewegung und nahm das kleine Buch vom Beistelltisch. "Also ein weiteres Stück, was sinnlos in der Gegend herumstehen wird."
    "Sinnlos? Wohl kaum. Zeit war noch nie sinnlos."
    Mit diesen Worten verließ sie den Raum und ging in die Küche.




    Morning
    My skin soaked up the first warm sunrays as I stood by the open window. I saw my breath in little clouds before my face as they disappered in the frosty air. The land was covered with snow and the white glimmered and gleamed in the light of the morning sun. Lightblue and cloudless was the sky above.
    I began to shiver as the cold came through the Shirt and the shorts I wore. Ignoring it I stood there for a while, my eyes closed.
    Suddenly I heard the ringing of the timer, which summoned me to my tea.




    Regentag
    Ich sah den vielen Regentropfen beim Fallen zu. Mit angezogenen Beinen saß ich auf dem breiten Fensterbrett und betrachtete, wie die kleinen Tropfen die Glasscheibe trafen und an ihr herunter glitten. Einer nach dem anderen. Manchmal trafen sie sich und formten lange, klare Wasserspuren. Den stetigen Klang des Regens konnte ich gedämpft durch das Fenster hören.
    Ich musste grinsen, als mir wieder einfiel, dass es an dem Tag als wir uns trafen auch geregnet hatte. Meine Gedanken trieben fort, meine Augen fixierten einen weit entfernten Punkt.
    "Ich vermisse dich", flüsterte ich und die Worte ließen das kalte Glas beschlagen.


  • Entschuldige, dass ich mich eine halbe Ewigkeit nicht mehr habe hier blicken lassen. Jetzt kommen dafür aber gleich beide Teile deiner neuen Kg :3


    The wounded Soldier
    (Work In Progress - begonnen Dezember 2013)


    Ja, du weisst, wie man eine Geschichte beginnt. Es gefällt mir nach wie vor, wie du dich gleichzeitig auf Umgebung und Charakter konzentrierst, dabei spannend bist und bleibst und dich trotzdem kurz fasst. Ich habe, wie so oft bei dir, nicht viel zu kritisieren. Mir fiel nur ein Satz ins Auge, den ich, aus stilistischer Sicht, anders gestellt hätte.


    > „Weißt du, wie lang er schon hier liegt?”, fragte Athos freundlich das Waldkind.


    Das klingt in meinen Ohren etwas holprig. Besser hätte mir gefallen: „Weißt du, wie lange er schon hier liegt?“, fragte Athos das Waldkind mit freundlicher Stimme. /Oder „Wurde das Waldkind freundlich von Athos befragt“ „Wunderte sich das Gegenüber und richtete sich freundlich an das Waldind“. Sowas. Ist immer Geschmackssache, aber bei dir muss man ja Luxusmeckern! Du forderst es ja nahezu heraus, also beschwer dich nicht, es ist nicht mein Fehler, dass du so gut bist. Ich frage mich, was der Name ‚Athos‘ bedeutet. Wie ich dich kenne, hast du das gut recherchiert- darf ich fragen, was er bedeutet?
    Die Beschreibung des verwundeten Pokémon ist dir gut gelungen. Was ich schade finde ist, dass ich bei dir Unterschiede in der Gewichtung der Beschreibung bemerke. Hast du am Anfang viel Zeit verbracht für Umgebung und Poki, geht die Beschrebung von Brigaron schneller von Statten und die von Paragoni ist mir zu kurz. Beide sind allerdings- für Kenner- schnell zu erkennen, worum es sich handelt. Daher drücken wir mal ein Auge zu ^^ Brigarons (Gideon <3) Verletzung hört sich nicht gut an, ich frage mich, was ein so gut gepanzertes Ding so schwer verletzen kann? Ich hoffe, dass sich im zweiten Teil einiges klären wird.



    The wounded Soldier // Teil II (Teil I)
    (Work In Progress - begonnen Dezember 2013)


    Es gefällt mir, wie du hier einen Sprung machst. Einen ziemlich heftigen Szenensprung sogar! Wo kommt das Fennexis denn jetzt plötzlich her? Ich googel die Beeren und ihre Wirkung jetzt mal nicht, sondern frage lieber dich: wozu braucht es diese? Würde mich ja interessieren, was am Osten so schlimm ist und ob sie dem Brigaron wirklich helfen wollen, lol. (Brät man Beeren? Interessante Taktik).
    Das klang so sehr nach Krieg, dass ich doch hoffe, dass das keine Kg sondern eine ganze FF wird. Aber ich weiss ja, wie gut selbst deine Kurzstorys sind! Und wie unfassbar niedlich ist der Überfall des Kramurx auf das Brigaron, weil es Fennexis beschützen wollte, haha. Die Szene gefält mir deutlich am besten, die hast du wunderbar hinbekommen :) Man merkt auch sofort, wer sich was dabei denkt, du musstest nicht mal ausführlicher beschreiben, die hilflose Stimmung des Verletzten und das Missverständnis kamen sehr gut an. Das hast du wirklich gut formuliert. Ich anerkenne, dass du dich auch sehr gebessert hast, wo du bei EgA noch häufig Wiederholungen von Pronomen hattest, wenn du lange Texte hattest. Auch das hat sich gebessert! Ich hab nur etwas gefunden, was Kleines:


    > "Danach nahm sie die Schale und goss sie aus dem Fenster aus."


    Wieder Geschmackssache. Ich hätte gesagt entweder: „Goss sie aus dem Fenster“ „Der Inhalt ergoss sich über das Fensterbrett“ „Schüttete sie aus dem Fenster/Über dem Fensterbrett aus“. Alles andere klingt in meinen Ohren holprig. Das ist aber auch schon alles. Mehr zu kritisieren hab ich nicht. Nur, dass es schon wieder vorbei ist. Ich bin gespannt, was mit Brigaron geschehen ist und warum es so verwundet ist. Und natürlich, wie es allgemein weitergeht! In Pokémonstorys macht dir keiner was vor, keiner schreibt so lebensecht wie du. I’m fascinated <3