[tabmenu][tab=Wi-Wa-Weiter!]Die zweite Etappe bei meinem Hinterherpost-Marathon!
Erster Tab enthält das Gedicht „Leserglück, Autorenfreud‘“, das ich für einen Wettbewerb schrieb, in welchem es darum ging, ein Gedicht zu verfassen, das mit dem Schreiben zu tun hat. Also in meinem Fall das Schreiben von Romanen ^^
Zweiter Tab ist die Geschichte „Der Weihnachtszwerg“, das dritte Werk für die Heimatgenossenschaftszeitung meiner Muddi (zumindest das dritte, das ich speziell dafür schrieb; es wurden auch „Itokuni-Go!“ und „Der Wildkater von Yamazato“ darin veröffentlicht). Ich war schon Wochen vorher mit einer Weihnachtsgeschichte beauftragt und plante lange Zeit eine Fortsetzung von „Nikki und das Zaubereinhorn“, kam aber nie zum Schreiben. Erst wirklich zwei Stunden vor der Abgabedeadline kam mir bei der Lektüre einer Geschichte über einen Zwerg und seine sieben Tannen (die wir zuerst anstelle meines fehlenden Werkes abgeben wollten, und ja, mit Angabe des Originalautors, ich stehle nix) die zündende Idee, die ich dann auch schnell zu Papier brachte. Ich mag sie <3
Ich weiß, es ist reichlich spät / früh, eine Weihnachtsgeschichte zu posten. Da sieht man wieder, wie lange ich nicht gepostet hab <<
Der dritte Tab enthält dann wieder einen Wettbewerbstext. Man sollte eine Szene in der Zukunft schreiben. Nachdem ich eine echt tolle Idee hatte mit einer Zukunft, in der wegen eines Virus‘ alle männlichen höheren Säugetiere und damit auch alle Männer ausgestorben sind, aufgrund meiner Nemesis Wortbegrenzung verwerfen musste, habe ich mich schließlich für die hier entschieden. Die ich auch noch an vielen Stellen amputieren musste…
Im vierten Tab schließlich ist mein armes, kleines Sorgenkind. Im entsprechenden Wettbewerb, in dem es um Pokémon-Bösewichte ging, hat es nicht sonderlich gut abgeschnitten. Ich habe mich zu sehr darauf verlassen, dass viele Leute Pokémon Ranger 3 spielen und kennen, und bin dabei ein zu großes Risiko eingegangen. Aber wie das bei Müttern so ist, liebe ich mein Kind dennoch sehr, und ganz besonders die Idee. Durch diese habe ich nämlich gleich zwei Bösewichte zusammengeschrieben, die so im Spiel eigentlich gar keine Verbindung haben. Man weiß nicht, wohin Tenebros nach der Handlung in der Vergangenheit verschwindet, und man weiß nicht, wo Purpurauge herkommt und wie er auf die Teegesellschaft gestoßen ist… Taralla, das ist meine Interpretation der Erklärung! Der Titel soll dann nochmal unterstreichen, wie die Rivalitäten zwischen dem Protagonisten und den beiden Hauptbösewichten in Gegenwart und Vergangenheit zusammenhängen und die eine zur anderen führt.
Als ich sie verfasste, hat Edward Taluga geduzt, Taluga Edward gesiezt (ich dachte, das ist nur logisch, da Edward älter ist). Kurz vor der Abgabedeadline habe ich mal wieder meine Flashcard PR3-Spiel rausgekramt, bei dem ich an genau der passenden Stelle hängengeblieben bin: Beim Showdown gegen Edward mit der Goldenen Rüstung und dem anschließenden Finalkampf gegen Purpurauge. Da habe ich dann auch gesehen, dass der Quark mit duzen und siezen gerade andersherum war, wie ich spontan geschrieben habe. Da mir das aber sehr blöd vorkam, habe ichs in meinem Text nachträglich so geändert, dass beide sich gegenseitig siezen. Kann ja sein, dass sich das einfach im Laufe der Zeit geändert hat. Und fertig o3o[tab=Tab 1] Leserglück, Autorenfreud‘
Leserglück, das ist ein Segen,
der einen überkommt ganz sacht.
Drüber sich die Geister regen,
was ein Buch besonders macht.
Man fragt sich: Was kommt davor?
Wer ist’s, der dies erfindet?
Ich erkenne als Autor,
dass es aus der Schreibfreud‘ gründet.
Wörter sind des Schreibens Blut.
Sein Herzschlag die Motivation,
des Autors heiße, gold’ne Glut.
Der Atem, die Inspiration,
auch bekannt als Musenkuss,
fließt aus manchen bunten Quellen.
All dies im Zusammenschluss
wird meine Schreibkunst stellen.
Vor mir liegt das Papier,
ich nehm‘ den Stift zur Hand.
Entfliehe so dem Jetzt und Hier,
tauche in mein eigen‘ Land,
reise quer durch Zeit und Raum.
Erschaffe eine ganze Welt
aus Wirklichkeit und Traum.
Das ist, was mich erhält.
Verewige auf Pergament
oder auch in Form von Daten,
jeden tragenden Moment
meiner Helden, ihre Taten.
Leben retten, Alltag leben,
Sorgen, Kummer, ihre Not,
Liebe, Freude, ihr Bestreben,
von Geburt bishin zum Tod.
Eine Geschichte, wohlgeplant,
darf nicht fehlen in dem Stück.
Denn sonst bleibt das ungenannt,
was wichtig ist für Leserglück.
Der Anfang mag verwirrend sein.
Doch schon bald kommt eine Wende,
flechte ich Spannung mit ein
und schließ‘ mit reichem Ende.
Schreiben lieb‘ ich, so wie Lesen,
stets neu entdeckte Weiten,
mochte dies und jenes Wesen.
Bin, ich will es nicht bestreiten,
auch oft davor zurückgescheut.
Und ich behaupte ganz gelind,
dass Leserglück, Autorenfreud‘
tief im Grund das Gleiche sind.[tab=Tab 2]Der Weihnachtszwerg
Vor vielen Jahren gab es ein Dorf zwischen zwei kleinen Bergen. Der eine Berg lief zu seinem Gipfel hin spitz zu; der andere war eher flach, als habe jemand seinen oberen Teil abgeschliffen. Es war noch ein recht neues Dorf, und so lange es dort errichtet war, hatte der flache Berg bereits diese Gestalt gehabt.
Im spitzen Berg, in einer gut versteckten Höhle, lebte der Zwerg Sulik mit seiner Zwergenfrau und seinen drei Zwergenkindern. Sulik mag ein für Menschenohren seltsamer Name sein, aber bei Zwergen ist er ein ganz normaler Name. Dieser Zwerg Sulik ging jeden Morgen, noch vor Sonnenuntergang, heimlich durch das Dorf vom spitzen Berg zum flachen, wie er es auch getan hatte, als das Dorf noch nicht dort gewesen war. Denn in dessen Innern lagerten wunderschöne Edelsteine, die aber schwer zu finden waren, deswegen wussten die Menschen des Dorfes nichts von diesen Schätzen. Sulik aber, der wie alle Zwerge ein natürliches Gespür für schöne Steine hatte, schürfte täglich nach den blinkenden Juwelen.
Dabei hob er viele Gänge und Hohlräume im Gestein aus, die den Berg alsbald so sehr durchlöcherten, dass er einzustürzen drohte. Um das zu verhindern, trug Sulik seinen Gipfel ab und füllte alle Gänge, wenn er in ihnen keine Edelsteine mehr fand, damit auf. Deswegen wurde dieser Berg mit der Zeit flach.
Wenn Sulik seine Arbeit getan hatte, packte er die gefundenen Schätze in einen Tornister – das ist ein Korb, den man wie einen Rucksack auf dem Rücken tragen kann. So beladen machte er sich abends, wenn die Sonne untergegangen war, wieder auf den Heimweg durch das Dorf. Stets ging er in der Dunkelheit, damit die neugierigen Menschen ihn nicht zu Gesicht bekamen oder ihm vielleicht sogar die Edelsteine klauten. Er brauchte sie schließlich, um mit den Zwergen, die auf der anderen Seite des spitzen Berges wohnten, Handel zu treiben.
Sulik machte sich nicht sehr viel aus den Menschen, die einfach seinen Weg zur Arbeit mit ihren Holzhäusern vollgestellt hatten. Sollten sie das doch nur tun, ihm machte das nicht viel aus. Er fand es sogar recht witzig, aus der Ferne zu beobachten, wie sich die Menschen im Winter manchmal wunderten, wenn sie seine Fußabdrücke im Schnee entdeckten. Zwerge brauchen nämlich auch bei Kälte keine Schuhe – das allein war schon verwunderlich, denn kein Mensch würde je barfüßig durch Schnee gehen. Aber die sieben Zwergenzehen, die sieben kleine Mulden über der des Fußes hinterließen, erschreckten die Menschen sogar. Wegen dieser Scherze, die Sulik ihnen spielen konnte, mochte er den Winter ganz besonders.
Was er am Winter jedoch ganz und gar nicht leiden konnte, war das Weihnachtsfest. Dann nämlich stapften die Menschen durch den Wald des spitzen Berges auf der Suche nach Tannenbäumen, um diese nach ihrer Tradition in ihren Häusern aufzustellen. Dabei kamen sie immer sehr nahe an die Höhle heran, in der Suliks Familie hauste. Wenn er tagsüber beim flachen Berg seinem Werk nachging, konnte er nicht bei ihnen sein und sie vor den Menschen beschützen. Das machte ihm sehr zu schaffen, aber es gab keine Möglichkeit, seine Arbeit zu unterlassen. Gerade im Winter musste die kleine Zwergenfamilie mit dem Essen, das sie mit den Edelsteinen ertauschte, versorgt werden.
„Passt heute wieder ganz besonders gut auf euch auf!“, mahnte Sulik daher seine Frau, als diese ihm seinen Wintermantel brachte – diesen brauchte der Zwerg nämlich, denn nur seine Füße froren nicht.
„Mach dir um uns keine Sorgen“, beruhigte seine Frau ihn. „Die Menschen feiern doch heute Weihnachten. Dann kommt niemand mehr in den Wald, um einen Tannenbaum zu schlagen. Sie alle haben doch schon einen.“ Sie reichte ihm den Mantel und die Mütze.
Verwundert nahm Sulik die Kleidungsstücke entgegen und betrachtete sie. Zwerge tragen eigentlich nur braun, so waren auch Suliks Mantel und Mütze braun gewesen. Doch jetzt leuchteten sie in einem komischen Rot, das ihm überhaupt nicht gefiel. „Was ist denn damit passiert?“, fragte er daher seine Frau.
Diese zuckte nur mit den Schultern. „Ist wohl beim letzten Waschen passiert. Das kommt davon, wenn man die Hagebutten, die man im Herbst nascht, in der Manteltasche vergisst!“ Sie hob tadelnd den Zeigefinger gegen ihren Zwergenmann und lachte.
Sulik zog eine Schnute, griff sich den Tornister und warf ihn auf den Rücken. Seine Frau hatte ja recht – manchmal war er schon sehr vergesslich. Zwar mochte er die neue knallrote Farbe seiner Kleidung nicht, aber jetzt würde er damit leben müssen. Beim nächsten Waschgang würde sie sich bestimmt wieder lösen. Der Zwerg verabschiedete sich von seiner Frau und den drei Kindern, schob die Steintür auf, die den Höhleneingang verschloss, und trat in den kalten Morgen.
Sein Weg durch das Dorf wurde wie immer nicht behindert, denn zu dieser frühen Stunde schliefen die meisten Menschen noch. Aus so manchem Haus leuchtete schon warmer Flammenschein von Kerzen oder Kaminen heraus, wo noch Vorbereitungen für das Weihnachtsfest getroffen wurden. Doch niemand bemerkte Sulik bei seiner allmorgendlichen Wanderung.
Unerkannt wie immer erreichte der Zwerg so den flachen Berg und den Höhlengang, in dem er zurzeit arbeitete. Hier lagerten seine Werkzeuge, die er jetzt nahm und fleißig begann, nach Edelsteinen zu schürfen. Das war immer eine harte Arbeit, die er aber gerne tat, weil Zwergen das Graben und Hämmern immer Spaß macht.
Die Gesteinsader, die Sulik gerade bearbeitete, bestand aus weißem Kalkstein. Dieser ist sehr spröde, und wenn er bricht, staubt er ungeheuerlich wie Puderzucker. Der Zwerg atmete diesen Staub ein und musste davon husten, also band er sich einen Schal um Mund und Nase, um sie zu schützen. Dabei wurde ihm sehr warm, und er schwitzte so heftig, dass sein Bart davon feucht wurde.
Viele Stunden vergingen, in denen Sulik unermüdlich seine verschiedenen Werkzeuge schwang. Wie auch an vielen anderen Tagen fand er nur ein paar wenige schöne, bunte Steine, die noch nicht besonders wertvoll aussahen. Erst zuhause würde er sie reinigen und polieren. Dann könnte er sie für viele Dinge tauschen. Vorsichtig legte er sie in den Tornister und wollte sich diesen wieder auf den Rücken schnallen, als die Steine plötzlich polsternd und klackend zu Boden fielen. Sulik fragte sich, was wohl los sei, und drehte den Korb herum. Als er das Loch an der Unterseite des Tornisters sah, fiel es ihm wieder ein. Gestern schon war dort ein Riss gewesen, und eigentlich hatte Sulik vorgehabt, seine Frau darum zu bitten, die Beschädigung zu flicken. Doch daran hatte der vergessliche Zwerg nicht mehr gedacht.
Seufzend legte er den Tornister beiseite und überlegte, worin er seine Fundstücke stattdessen transportieren sollte. Prüfend sah er sich in dem Raum um, in dem er seine vielen verschiedenen Werkzeuge aufbewahrte. Er trat an eine große Steinkiste und durchsuchte sie eifrig. Für solche Notfälle hatte er nämlich einmal einen Jutesack hierhergebracht, ihn bislang aber nicht gebraucht. Schließlich entdeckte Sulik mithilfe des besonderen Sinnes der Zwerge, der sie alles finden lässt, was sie suchen, den Sack und holte ihn hervor. Bevor er ihn hier verstaut hatte, war der Sack schon für andere Dinge benutzt worden und hatte entsprechend oft Löcher gehabt. Die Zwergenfrau hatte diese immer mit Flicken repariert, sodass der Sack jetzt von ihnen übersät war. Für den Transport der Edelsteine vom flachen zum spitzen Berg würde er bestimmt reichen.
So machte Sulik sich nun mit einem Sack Juwelen auf den Rückweg. Er kam aus dem Eingang hervor, der tief in den Berg hinein führte. Die frische, kalte Abendluft tat dem Zwerg gut, der so lange unter der Erde verbracht hatte. Er legte den Sack beiseite und streckte die müden Glieder.
Da vernahm er ein helles Klingen, als würde ein Glöckchen geschlagen. Verwundert sah er auf, den Berg hoch, von wo das Geräusch zu hören war. Etwas kullerte den Abhang hinab und verursachte diesen lieblichen Laut, wenn es auf einen Stein oder gegen einen Felsen schlug. Schließlich landete es vor des Zwerges Füßen und blieb dort im Schnee liegen. Sulik bückte sich und hob das eigenartige Ding auf. Es war ein Edelstein, wie er sofort feststellte, jedoch von einer Art, wie sie ihm noch nie begegnet war. Er war weiß wie Schnee, aber wenn Sulik ihn drehte und gegen das schwindende Sonnenlicht hielt, glänzte er wie ein Regenbogen. Außerdem war seine Form ähnlich eines sechseckigen Sterns oder einer einzelnen Schneeflocke. Wo war dieser schöne Schatz nur hergekommen? Ob er sich oberhalb des Höhleneingangs irgendwo abgelöst hatte?
Jedenfalls wollte Sulik ihn mitnehmen und einen seiner Kumpel bei den Zwergen hinter dem spitzen Berg fragen. Bestimmt wussten andere genauer, was es damit auf sich hatte. Ein solcher Edelstein war dazu gewiss auch noch ein sehr wertvolles Tauschgut. Vorsichtig ließ Sulik ihn in den Sack zu seinen anderen Fundstücken fallen und verschloss diesen wieder.
Dabei fiel ihm auf, dass sein Bart, nachdem er ihn so durchgeschwitzt hatte, wieder getrocknet war. Das war in Ordnung und sogar wünschenswert, weil sich der Zwerg an der kalten Luft sonst wohl erkältet hätte. Doch bevor das passiert war, hatte sich an dem feuchten Barthaar der weiße Kalkstaub niedergelassen und klebte jetzt daran fest. Sulik versuchte, ihn mit der Hand wegzuwischen, doch die Ablagerung war zu hartnäckig. Wenn er wieder zuhause war, würde er ein warmes Bad nehmen und sie wieder wegwaschen müssen.
Sulik schulterte den Edelsteinsack wieder und begann den Abstieg vom flachen Berg hinab ins Dorf. Doch anders als an anderen Tagen war dort auf den Straßen auch nach Sonnenaufgang noch immer Leben. Der Zwerg hatte ganz vergessen, dass heute Weihnachten war und die Menschen, ja sogar ihre Kinder daher nicht so früh zu Bett gingen wie gewöhnlich. Genervt knirschte er mit den Zähnen und überlegte, was er jetzt tun sollte.
Ihm fiel ein, dass er nicht nur das Fest vergessen hatte, sondern auch noch den Tornister. Diesen sollte er wohl lieber mitnehmen, damit er geflickt sein würde, wenn Sulik morgen wieder zum flachen Berg kam. Also drehte er um. Das war eine gute Beschäftigung für die Zeit, in der die Menschen noch feierten. Wenn er zurückkehrte, um das Dorf nach Hause zu durchqueren, waren sie bestimmt schon weg.
Es wurde zunehmend dunkel, und schon bald vermochte Sulik den Weg unter seinen bloßen Füßen nicht mehr zu sehen. Spitze Steine staken durch den Schnee. Normalerweise war es kein großes Problem für den Zwerg, zwischen sie zu treten, um sich an ihnen nicht zu verletzen, denn wenn er in der Nähe seiner Grabhöhle war, hatte er immer ein bisschen Licht. Morgens stand die Sonne dann schon hoch genug, damit er etwas sah, und abends war sie noch nicht ganz untergegangen. Doch jetzt war es schon später als üblich.
Oft passierte es, dass Sulik bei seinen Grabungen auf Stellen stieß, an denen der Boden so gefährlich war wie hier. Für diese Fälle hatte ihm seine Frau ein Paar Stiefel gemacht, obwohl Zwerge normalerweise keine Schuhe tragen. Damit er sie nicht wie andere Dinge vergaß, hatte sie sie ihm an die Innenseite seines Mantels genäht. Sie waren nicht mitgewaschen worden, deswegen hatten sie noch immer ihre ursprüngliche dunkelbraune Farbe. Sulik schlüpfte hinein. Auch wenn er das Gefühl von Schuhen an seinen Füßen nicht mochte, stellte er doch fest, dass sein Weg mit ihnen gleich viel einfacher zu meistern war.
Daher erreichte er seine Höhle recht schnell, holte seinen Tornister und kehrte wieder um.
Irgendwann, noch bevor er wieder im Dorf anlangte, setzte er sich auf einen großen Stein, um eine Pause zu machen. Er war von dem doppelt gegangen Weg, nach einem so anstrengenden Tag, müde geworden. Auch taten ihm die Füße weh, und er bereute, sie nicht schon vorher angezogen zu haben. Dann würden sie jetzt nicht so sehr schmerzen.
„Brauchst du Hilfe, alter Freund?“, fragte da jemand hinter ihm, und Sulik wandte sich überrascht um. Da stand ein wunderbarer Hirsch mit stolz in die Höhe gerecktem Geweih und sah auf ihn herab. Sulik kannte das Tier, denn es lebte in diesem Wald schon so lange, wie der Zwerg den flachen Berg bereiste, um Steine zu sammeln.
Wie alle Zwerge und magischen Wesen konnte auch Sulik die Sprache der Tiere verstehen und sprechen, also erwiderte er erschöpft auf die Frage des Hirsches: „Oh ja, bitte. Ich hatte heute einen harten Tag, und meine Füße tun weh. Lässt du mich auf deinen Rücken und bringst mich zum spitzen Berg?“
Der Hirsch schnaubte, sodass eine weiße Wolke vor seiner Schnauze aufschwebte, und gab zurück: „Natürlich, mache ich gern.“ Er ging in die Knie und ließ den Zwerg auf seinen Rücken steigen. Mit seinen kräftigen Beinen stieß er sich vom Boden ab und sprang los.
Sie waren schon einige Meter weit gekommen, als Sulik auffiel, dass er den Tornister erneut bei dem Stein hatte liegen lassen. Ärgerlich schlug er die Hand an die Stirn. Unmöglich konnte er den Hirsch, wo er ihm schon diesen Freundschaftsdienst leistete, auch noch darum bitten, noch einmal umzukehren und den Korb zu holen. Dann würde er ihn eben morgen mitnehmen und noch einmal den Sack benutzen.
Der Hirsch war schnell. So schnell, dass Sulik gar nicht auffiel, dass die Menschen im Dorf noch immer Weihnachten feierten. Es war noch nicht genügend Zeit vergangen. Sie tanzten, sangen und lachten auf dem großen Dorfplatz, der mit einem großen Weihnachtsbaum dekoriert war. Hier hatte der Hirsch vorgehabt, hindurchzugaloppieren – doch auch er hatte angenommen, dass der Platz leer war. Jetzt kam er überrascht zum Stehen, bremste so scharf, dass Sulik fast von seinem Rücken gefallen wäre.
Auch die Menschen, die verstreut um den Weihnachtsbaum standen, verstummten plötzlich. Die Tänzer unterbrachen ihre Darbietungen, die Musiker ihr Spiel. Mit großen Augen starrten sie den Zwerg auf dem Hirsch an, der so plötzlich unter ihnen aufgetaucht war. Den Zwerg mit dem dicken roten Mantel, der roten Mütze, den braunen Stiefeln, dem weißen Bart und dem geflickten Sack auf dem Rücken.
Da sprang ein kleines Mädchen auf, das bislang mit seinen Freunden gespielt hatte, und rief in die atemlose Stille hinein: „Der Weihnachtsmann!“
Sofort stürmten alle Kinder des Dorfes auf das vermeintliche Rentier zu und umkreisten es jubelnd. Der Hirsch tänzelte nervös, doch er war viel zu stolz, um verängstigt von ihrem Kreischen das Weite zu suchen. Sulik versuchte, sich an dem breiten Hals festzuhalten und zugleich den Sack nicht fallen zu lassen. Er kannte die Geschichten über den Weihnachtsmann, die sich die Menschen erzählten. Dass er zu Weihnachten den Kindern Geschenke brachte. Doch er war nicht der Weihnachtsmann, und er hatte auch keine Geschenke!
„Herr Weihnachtsmann!“, riefen ihm die Kinder vergnügt zu, die alle so groß waren wie ein ausgewachsener Zwerg. Hätte Sulik nicht auf dem Hirschrücken gesessen, er hätte sie nicht überragt. „Gib uns Geschenke!“, verlangte eines der Kinder mit strahlenden Augen. Daraufhin fingen sie alle durcheinander an, ihm ihre Wünsche zu nennen.
Sulik war die Situation unangenehm. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er konnte ja schlecht von seinem Freund, dem Hirsch, erwarten, die Kinder einfach zur Seite zu stoßen und das Dorf zu verlassen. Doch wenn er ihnen keine Geschenke gab, würden sie ihn auch nicht gehen lassen – und obendrein sehr enttäuscht sein. Das Leuchten ihrer Augen erinnerte ihn an seine eigenen drei Kinder, die sehnsuchtsvoll auf seine Ankunft warteten und erfahren wollten, welche interessanten Steine er wieder gefunden hatte.
Da erkannte Sulik, dass Weihnachten nicht einfach nur ein Fest war, das die Menschen jedes Jahr feierten, um Tannenbäume in ihren Häusern und auf dem Dorfplatz aufzustellen, zu tanzen und zu lachen. Die Freude der Kinder stand an erster Stelle, und wenn er jetzt einfach ging, ohne den Kindern ihre Geschenke zu überreichen, wie konnte er dann vor seinen eigenen Kindern behaupten, nur das Beste für sie zu wollen?
Er hob gebieterisch die Hand und lächelte hinter seinem weiß gefärbten Bart hervor. Sofort verstummten die aufgeregten Kinder und sahen ehrfurchtsvoll, aber auch voller Vorfreude zu ihm auf. „Hohoho, liebe Kinder!“, sagte er mit tiefer Stimme und hoffte, dass er das richtig machte. Tatsächlich war er sehr nervös. Würden sie sich denn überhaupt über ein paar bunte, aber klobige Steine freuen? „Immer der Reihe nach. Jeder wird ein Geschenk bekommen!“ Zumindest hoffte Sulik das. Das kleine Dorf beheimatete nicht viele Kinder, doch er hatte auch nicht viele Steine gefunden. Ob sie reichten?
Artig stellten sich die Kinder in einer Reihe vor dem Hirsch auf. Ganz vorne wartete das Mädchen, das ihn als erstes für den Weihnachtsmann gehalten hatte. Warum fiel ihnen eigentlich nicht auf, dass er fiel zu klein für einen Weihnachtsmann war? Leise seufzend griff Sulik in den Jutesack und suchte nach einem der Steine.
Zu seiner Überraschung war das erste, was er in die Hand bekam, kein kalter, trockener Brocken, sondern etwas, das sich wie aus Stoff gefertigt anfühlte. Verwundert holte er den Gegenstand hervor. Eine Puppe! Irgendwie hatte sich in den Sack eine kleine Stoffpuppe verirrt. Sulik dachte über diese Merkwürdigkeit nicht lange nach und reichte dem Mädchen das Spielzeug hinunter.
Ihre Augen wurden groß, als sie die Puppe entgegennahm. „Genau das habe ich mir gewünscht!“, rief sie glücklich und drückte das Stoffmädchen an sich. „Vielen lieben Dank, Herr Weihnachtsmann!“ Damit wirbelte sie herum und lief zu ihren Eltern, um ihnen ihr Geschenk zu zeigen.
Sulik sah ihr hinterher, noch immer überrascht, was er in dem Sack gefunden hatte. Ob eines seiner Kinder das Spielzeug darin vergessen hatte, bevor der Vater den Jutesack zur Grabhöhle gebracht hatte? Aber er konnte sich nicht erinnern, seinen Kindern je eine so schöne Puppe geschenkt zu haben.
Daran konnte es jedoch auch nicht liegen, denn bei dem nächsten Kind holte Sulik wieder ein Spielzeug hervor. Es konnte doch nicht sein, dass ihm nie aufgefallen war, dass der Jutesack gar nicht leer gewesen war! Bei jedem Kind, das sich in der Schlange anstellte, war es sogar genau dieses Spielzeug, das es sich gewünscht hatte. Bald bemerkte der Zwerg, dass im Sack immer weniger Steine lagen, ganz so, als verwandelten sie sich in Spielzeuge und verschwanden in dieser Gestalt.
Schließlich kam das letzte Kind dran, und Suliks Sack war leer. Er überblickte den Dorfplatz und sah die Beschenkten mit ihren Puppen und Holzpferden, Stoffbällen und Kniffelwürfeln spielen. Alle waren sie so glücklich, und auch die Erwachsenen sahen ihnen erfreut dabei zu. Der Zwerg reckte stolz den Rücken durch. Weihnachten war ja gar nicht so schlecht, wie er immer gedacht hatte. Weihnachtsmann sein war gar nicht schlecht!
„Ich muss nun gehen“, rief er über den Dorfplatz, und der Hirsch begann die Weiterreise. Die Kinder und Eltern wandten sich nach ihm um und winkten ihm dankend, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Glücklich erreichte er den Eingang seiner Wohnhöhle und rutschte vom Rücken des Hirsches. „Vielen Dank, lieber Freund“, sagte er zu dem großen Tier.
Dieses warf den Kopf hoch und schüttelte das Nackenfell. „Wie gesagt, liebend gern. Es war sehr schön bei den Menschen!“ Damit wandte er sich um und verschwand in der Nacht.
Sulik hingegen öffnete die Steintür. Schon mit einer Entschuldigung auf den Lippen, warum er heute so spät gekommen war, trat er ein. Seine Frau und seine Kinder saßen vor dem wärmenden Kamin beisammen und spielten mit kleinen Steinfiguren. Es waren wunderschön geschnitzte Handarbeiten, bestimmt sehr wertvoll. Wie schon zuvor bei der Stoffpuppe konnte Sulik sich nicht entsinnen, diese irgendwo bei einem anderen Zwerg ertauscht zu haben.
„Der Weihnachtsmann!“, wurde er auch hier von seinen Kindern begrüßt, und Sulik stutzte. Da verbesserte sich seine kleine Tochter: „Nein, das ist Papa!“ Die drei Kinder liefen zu ihm und umarmten ihn. „Stell dir vor, Papa, der Weihnachtsmann war hier!“, verkündete Suliks Tochter lauthals.
„Wirklich?“, fragte der Vater lachend. Dachten sie jetzt auch, dass er der Weihnachtsmann war?
„Ja, ja!“, bestätigte Suliks mittlerer Sohn. „Genau wie bei den Menschenkindern. Und er sah genauso aus wie du!“
„Nur viel größer!“, ergänzte der Kleinste und breitete die Arme weit aus.
Jetzt kam auch die Zwergenfrau dazu. Sie trug einen bunten Schal aus gefärbter Ziegenwolle, der ihr sehr gut stand. „Er hat uns allen Geschenke gebracht, auch dir“, meinte sie und zeigte in eine Zimmerecke. Dort lehnte ein nagelneuer Tornister an der Wand, geflochten aus robusten Weidenzweigen. „Und er hat mir diesen Brief für dich gegeben.“ Sie überreichte ihm einen gefalteten Zettel.
Der Zwerg öffnete ihn und las die Zeilen: „Lieber Sulik. Vielen Dank, dass du mich in dem Dorf in der Nähe deines Heimes vertreten hast. Es ist so, jedes Dorf und jede Stadt, die ich besuche, hat einen eigenen magischen Edelstein – doch unglücklicherweise habe ich den für dieses Dorf hier verloren, so konnte ich hier keine Geschenke ausliefern. Damit kann man nämlich alles in genau den Gegenstand verwandeln, den sich jemand wünscht – doch nicht jeder beherrscht diesen Zauber. Du hast gezeigt, dass du die Magie der Weihnacht in dir trägst. Behalte den Stein und vertrete mich in diesem Dorf. Vielleicht sehen wir uns dann im nächsten Jahr. Liebe, weihnachtliche Grüße. Der Weihnachtsmann.“
Sulik legte den Zettel beiseite und kramte in dem Jutesack. Der Weihnachtsmann schrieb etwas von einem magischen Edelstein. Was denn für ein Stein? Er hatte doch alle von ihnen den Kindern geschenkt. Doch tatsächlich lag in dem Sack der sonderbare, sternförmige Kristall, den Sulik vor seiner Grabhöhle gefunden hatte. Das war also der Grund, warum sich seine Fundstücke in Spielzeuge verwandelt hatten!
Glücklich betrachtete Sulik seine Familie, die sich so sehr über ihre Geschenke freute, wie es auch die Kinder getan hatten. Zwar hatte er für heute keine Steine, die er bei anderen Zwergen gegen Essbares tauschen konnte, doch das war nicht so schlimm. Seine Frau hatte immer einen kleinen Vorrat, der für einen Tag reichen würde. Viel wichtiger war, dass Sulik erkannt hatte, wie schön das Weihnachtsfest war, und wie gut es sich anfühlte, Kindern, ob nun Zwerge oder Menschen, eine Freude zu machen. Mithilfe des Zaubersteins würde er den Weihnachtsmann vertreten!
„Papa, komm spiel mit uns!“, forderten seine Kinder ihn auf und machten ihm Platz in ihrem Sitzkreis. Sulik lächelte, zog den Mantel aus und setzte sich zu ihnen.[tab=Tab 3]Wenn die letzten Bäume fallen
„Kommissarin Chrysina Rutelini, ich bin Offizierin Nancisca Cemur und soll Sie zu unserem Einsatzort geleiten.“ Die Polizistin salutierte vor ihrer Vorgesetzten und wies den Weg zu der schaulustigen Meute.
„Wie ist die Lage?“, wollte Chrysina ohne Umschweife wissen, während sie von ihrer Untergebenen durch die Menschenmasse eskortiert wurde. Im Gehen überprüfte sie, ob ihre Silikonatemmaske über Mund und Nase sowie der Schlauch richtig saßen und das kleine, leistungsstarke Luftfiltriergerät auf ihrem Rücken während der Fahrt nicht verrutscht war.
„Wir haben bereits alle Demonstranten mit Zippies außer Gefecht gesetzt“, teilte Nancisca mit, worauf Chrysina innerlich die Augen verdrehte. Zippy war der Spitzname für die Abkürzung der Zerebrale-Paralyse-Waffe, die die Demokommission offiziell gegen Aufständische verwenden durfte. Ein Begriff, den nur Auszubildende auf der Polizeiakademie gebrauchten und der zeigte, dass Nancisca noch nicht lange im Dienst war.
Gerade kamen die beiden Polizistinnen an einem Krankenwagen vorbei, der inmitten der Schaulustigen stand. Sanitäter trugen ohnmächtige Demonstranten auf Bahren herbei, um die Wirkung der Paralysewaffen einzudämmen.
„Allerdings“, fuhr Nancisca fort, „ist ein Mann übrig. Egal, wie genau wir auf ihn zielen, er wird nicht bewusstlos.“
Bevor Chrysina etwas erwidern konnte, schallte eine Stimme über die Menge. Sie und Nancisca hatten den Kern des Aufruhrs erreicht: Ein bepflasterter Platz mit einem einzelnen, mächtigen Baum in der Mitte, dessen Wurzeln den Boden im Verlauf vieler Jahre aufgebrochen hatten. Der Bereich war zwar abgesperrt, dennoch hatten die Offiziere Mühe, die schaulustigen Versammelten von ihm fernzuhalten. Die Stimme, heiser, rauchig und deswegen von einem archaischen Megafon verstärkt, rezitierte ihren Chrysina sehr vertrauten Lieblingsspruch: „Wenn die letzten Bäume fallen, wird der Untergang der Menschheit besiegelt sein!“
Chrysina schüttelte missmutig den Kopf, als der Demonstrant weitere Hetzreden gegen die Abholzung alter Baumriesen von sich gab. „Sie sind wohl erst seit Kurzem in unserer Branche tätig“, wandte sie sich an Nancisca. „Dieser Mann ist nicht einfach irgendein Demonstrant, sondern der Anführer der Bande. Er hat sich die ganze Schädeldecke entfernen und durch Metallplatten ersetzen lassen. Sie schützen sein Hirn vor den Elektromagnetwellen der ZPs.“
Nancisca sah ihre Vorgesetzte überrascht an. „Woher wissen Sie das?“
Weil ich ihm selbst dazu geraten habe, als ich auf der Akademie davon erfuhr, dass das möglich ist, dachte Chrysina. Aber das konnte sie schlecht zugeben. Die Weitergabe solcher Informationen war schwerster Eidbruch. Ihren Job zu verlieren stellte dabei die mildeste Strafe dar, die sie dafür erwarten konnte.
Sie zeigte ihren Dienstausweis hoch, um von einem Offizier hindurchgelassen zu werden, der nur einen knappen Blick draufwarf. In der Demokommission war sie eines der bekanntesten Gesichter. Rasch schlüpfte sie unter dem Absperrband hindurch und ließ Nancisca dahinter stehen.
Ohne Furcht näherte sie sich dem Demonstranten, der soeben durch das Megafon verlautbarte: „Die großen Konzerne werden jeden Quadratmeter Urwald vernichten, um ihre umweltsündigen Fabriken darauf zu erbauen, bis das ganze Land lückenlos unter Beton und Polyzement erstickt!“
Chrysina seufzte. „Leondreas, es ist jetzt acht Jahre her. Hast du dir noch immer keine neuen Sprüche einfallen lassen?“
Der Tobende schien ihrer erst jetzt gewahr zu werden und wandte sich ihr mit irrem Blick zu. Leondreas bot eine erschreckende Gesamterscheinung: Er war dürr und ausgezehrt, wankte mehr als dass er stand. Schon vor Jahren hatte er als Teil seines Protests jedweder medizinischen Hilfe entsagt, die in Zeiten stark verpesteter Luft unabdingbar war. Deswegen schlängelten sich durch seine entzündeten Augen rote Adern, Ekzeme und aufgekratzte Ausschläge überzogen seine Haut. Sein Atem ging rasselnd, weil er schon so lange ohne Atemmaske und dazugehöriges Filtriergerät lebte. Er war offensichtlich schwer krank, mehr Leiche als Lebender, doch das würde ihn nie zum Aufgeben zwingen.
„Dieser Baum darf nicht gefällt werden!“, wetterte Leondreas, ohne seine einstige Verlobte zu grüßen.
Natürlich brauchte Chrysina diese Information nicht mehr, war doch jedem Anwesenden klar, wogegen hier demonstriert wurde. Ruhig und sachlich erwiderte sie: „Du weißt genau, dass dieser Baum tot ist und von innen heraus verrottet. Man muss ihn entfernen, bevor er kippt und zur Gefahr wird.“
„Gefahr!“, spottete Leondreas und verkündete durch sein Megafon, sodass alle es hörten: „Die einzige Gefahr hier ist der Mensch selbst! Dieser Baum und unzählige andere starben wegen Luftverschmutzung und Bodenvergiftung! Er sollte als Mahnmal dafür stehen bleiben, was mit den wenigen Bäumen passieren wird, die noch leben, wenn sich nichts ändert.“ Dabei deutete er fuchtelnd in die kahlen, vertrockneten Äste hoch. Man konnte nicht mehr erkennen, um welche Baumart es sich gehandelt hatte.
Das Problem ist nur, dass Menschen ungern an ihre Fehler erinnert werden, dachte Chrysina bitter. Genauso ergeht es mir, wenn ich dich hier sehe.
Jetzt wandte Leondreas sich wieder nur an sie: „Ich werde nicht aufgeben, bis unser Kampf gewonnen ist.“
„Sie dich doch um!“, verlangte Chrysina daraufhin und machte eine ausladende Armbewegung. „Deine Mitstreiter sind schon alle fortgeschafft worden. Du bist allein mit diesem Kampf.“
Plötzlich wurde Leondreas‘ Blick sanft, sodass er sie schon fast an den jungen Mann erinnerte, den sie einst geliebt hatte. „Ich meinte auch nicht die anderen. Ich meinte uns. Dich und mich. Früher haben wir auf derselben Seite gekämpft.“
Chrysina stöhnte innerlich auf. Warum musste er jetzt mit diesen alten Geschichten kommen? Das war Jahre her! Sie war jung, dumm und unendlich verliebt gewesen und hatte tatsächlich geglaubt, zusammen mit Leondreas die Welt verändern zu können. Die Einstellung der Menschen gegenüber der Umwelt zu verbessern. Dann jedoch war sie auch im Kopf erwachsen geworden, hatte festgestellt, dass es zu viele Kontroversen innerhalb der Menschheit gab, die zuerst beseitigt werden mussten. Deswegen war sie Polizistin geworden und hatte sich später von ihm getrennt.
Leondreas trat an sie heran und berührte ihren Arm. „Auf der ganzen Welt gibt es nur noch eine Handvoll alter Bäume wie diesen hier. Chrys, erinnere dich an deine alten Werte. Willst du, dass sie gefällt werden und sterben?“
Die Antwort fiel Chrysina unglaublich schwer. Die Umweltaktivistin von damals und die jetzige Polizistin in ihr rissen sie hin und her, bevor sie erwiderte: „Ich bin nicht mehr die, die ich einmal war, Leo. Ich habe jetzt einen Beruf und eine hohe Stellung bei der Kommission. Ich kann nicht…“
„Genau!“, unterbrach er sie. „Du hast was zu sagen. Bring sie dazu, mit diesem Biest abzurücken.“ Er zeigte auf eine Fällmaschine, die soeben an den sechs Meter breiten Stamm heranfuhr und die Sägevorrichtungen wie die Kiefer eines gigantischen Käfers darumlegte. Offenbar schien der Fahrer nicht zu bemerken, dass der Platz noch nicht ganz geräumt war, und warf die Kettensägen an. Augenblicklich flogen Holzsplitter umher, zwangen die Menge dazu, mehr Abstand zu dem Gewächs zu nehmen. Auch Chrysina und Leondreas konnten von den Geschossen getroffen werden.
„Wir müssen hier weg“, schrie Chrysina gegen das ohrenbetäubende Getöse der Ketten. „Du kannst das nicht mehr aufhalten!“
„Doch, das kann ich“, behauptete Leondreas so leise, dass die Polizistin ihn kaum verstand. Irgendwoher zückte er ein Taschenmesser und legte sich die Schneide auf die Pulsadern der linken Hand. Chrysina erstarrte. „Sag ihnen, sie sollen abbrechen, oder ich bringe mich um!“
„Leo, hör auf mit dem Blödsinn“, rief sie verzweifelt. Ganz offensichtlich wollte er die Gefühle ausnutzen, die sie einst für ihn empfunden hatte – und vielleicht immer noch hegte.
Doch sie blieben beide standhaft. Minuten vergingen, während derer sich die Polizistin und der Demonstrant, die sich einst so nahe gestanden hatten, fest in die Augen sahen; sich die Sägen weiter unaufhaltsam durch den Stamm fraßen wie durch Butter.
„Du lässt mir keine andere Wahl“, erklärte Leondreas schließlich ihre Schuld dafür, was folgte: Die Schneide des Taschenmessers glitt über sein Handgelenk, schnitt durch Haut und Adern. Blut sprudelte hervor und sprenkelte den Boden.
„Nein!“, kreischte Chrysina panisch. Instinktiv sprang sie zu ihm vor, als Leondreas schwankte, das Megafon fallen ließ und zusammenbrach.
Endlich schien jemand dem Fahrer der Fällmaschine mitgeteilt zu haben, dass sich noch Personen auf dem Platz befanden, und die Sägen verstummten. Nur durch die so entstehende relative Stille konnte Chrysina verstehen, was Leondreas ihr kraftlos zuflüsterte: „Wenn die letzten Bäume fallen, wirst du sehen, dass du dich falsch entschieden hast.“ Damit kippte sein Kopf herum, die Augen schlossen sich.
Geistesabwesend bekam Chrysina kaum mit, wie zwei Sanitäter herbeieilten, den Verblutenden auf eine Trage legten und fortbrachten. Sie zitterte und wehrte sich nicht, als man auch sie vom Baum wegführte. Das Einzige, was sie vor sich sah, waren Leondreas‘ rotgeäderte Augen, die sie bis zum Schluss voller Anklage, Bedauern und Liebe bedacht hatten.
Am nächsten Morgen kehrte Chrysina an den Ort des Geschehens zurück. Der Baum war mittlerweile gefällt und weggeschafft worden. Wegen der von den Demonstranten verursachten zeitlichen Verzögerung würde der Stumpf erst diesen Nachmittag ausgegraben und entfernt werden.
Chrysina hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Ständig gingen ihr die Worte ihres einstigen Geliebten durch den Kopf. Auch wenn er sein Leben für seine Sache geopfert hatte, war es Leondreas letzten Endes doch nicht gelungen, irgendetwas zu verändern. Sie befand, dass das so richtig und gut war.
Oder?
Jetzt stand Chrysina hier und wusste nicht, wie sie mit dem, was sie zu ihren Füßen sah, umgehen sollte. Dort, wo Leondreas‘ Blut auf die toten Baumwurzeln getropft war, sprossen winzige, zarte, lebendig grüne Schösslinge.[tab=Tab 4]Kontinuum
Der Wald schwieg in nasser Stille, erfüllt von Regen, der in langen Fäden aus den weit geöffneten Himmelspforten herabfiel. Es war Nacht, Dunkelheit hing zwischen den Baumstämmen; ein Zustand, der Tenebros, dem Herrn der Finsternis, üblicherweise sehr zusprach. Doch nun hatte die Schwärze für ihn etwas Bedrückendes an sich, das ihn bei seiner Flucht zu behindern suchte. Schon seit Tagen floh er dem unweigerlichen Zorn Solaros‘, der mittlerweile gewiss wieder bei klarem Verstand war und den Verrat seines treuesten Untergebenen zweifelsfrei bitter bestrafen würde.
Tenebros blieb keuchend stehen. Sein Atem und Herz rasten, seine durchnässten Roben ließen ihn frieren.
Obwohl der verdammte Ranger seine Pläne zunichte gemacht hatte, war Tenebros nicht ohne eine Trumpfkarte aus dem Tempel entkommen. Bei sich trug er die blaue Kugel, die die Energie vieler Pokémon in sich einte. Mit ihrer Hilfe würde er einen Weg finden, Vergeltung für die Schmach seiner Niederlage zu üben.
Mit Bedacht hielt er sie weit von sich und nahm über seine Rüstung geistigen Kontakt mit ihr auf, wie er es als Tempelherr auch bei Pokémon getan hatte. Celebi hatte dem Ranger geholfen, durch die Zeit zu reisen, deswegen rief Tenebros nun den Schatten Celebis herbei, der in der Kugel hauste. Über dieser flackerte eine Erscheinung auf, die wage Ähnlichkeit mit dem Legendären Pokémon hatte, jedoch kaum Stofflichkeit besaß.
Mit vom Laufen und der Kälte heiserer Stimme befahl Tenebros: „Bringe mich in die Zeit dieses vermaledeiten Julians! Oder, nein… besser ein Jahrzehnt zuvor“, korrigierte er sich. So würde er genügend Zeit haben, seine Rache vorzubereiten.
Das geisterhafte Celebi hob den Kopf, schloss die Augen und öffnete den Mund weit. Ein gelbliches Leuchten erschien zwischen ihm und Tenebros, erlosch jedoch schnell wieder. Das hatte er bereits befürchtet: Die Erscheinung hatte nicht genügend Kraft, ihn so weit in die Zukunft zu befördern.
Tenebros nahm all seine Willenskraft zusammen, um mehr Energie aus der Kugel auf Celebi zu übertragen. Wie ein sterbender Stern strahlte die Kugel blaue Nebelschwaden aus. Diesmal war das Leuchten der Zeitreise heller und wurde beständig größer, bis es Tenebros‘ gesamtes Blickfeld ausfüllte.
Plötzlich stach ein Schmerz durch seine Brust, als habe man ihm einen Pfeil ins Herz geschossen. Tenebros presste die Hand darauf, ging in die Knie. Seine tagelange Flucht verlangte Tribut an seinem alten, verbrauchten Körper. Was er nicht alles dafür gegeben hätte, dies zu ändern!
Nicht nur sein Herz, auch der Harnisch gab nun der Belastung durch so viel Energie nach und zersplitterte. Beinahe im selben Augenblick entglitt Tenebros die Kontrolle über die Kugel, die daraufhin explodierte. Der Herr der Finsternis wurde zurückgeschleudert, schlug mit dem Hinterkopf gegen etwas Hartes. Schwärze kroch herbei und hüllte seine hilflosen Gedanken gnadenlos ein.
„Danke, dass Sie so schnell kommen konnten.“
„Nun, immerhin ist das meine Aufgabe. Wo ist denn der Patient?“
Schritte, die sich ihm näherten.
„Er hatte sehr hohes Fieber, als ich ihn fand, außerdem eine kleine Kopfwunde. Delia hat sie bereits verarztet“, informierte die erste, unverkennbar männliche Stimme.
Tenebros spürte, wie sein Kopf angehoben wurde. Der zweite Sprecher erwiderte: „Nicht schlecht. Ihre werte Frau ist nicht nur auf ihrem eigenen Fachgebiet erfahren.“ Jemand öffnete Tenebros gewaltsam das eine, dann das andere Auge, und ein grelles Licht stach ihm in den Schädel. „Pupillenreflexe sind normal.“
Endlich schaffte Tenebros es, zu blinzeln, und erkannte ein metallenes Blitzen. Etwa ein Dolch?! Alarmiert setzte er sich ruckartig auf und packte den Mann am Handgelenk. „Wage es nicht, Meuchelmörder!“, drohte er finster.
Sein Gegenüber schien zwar verblüfft, sagte aber gefasst: „Hab keine Angst. Mein Name ist Doktor Edward, ich bin Arzt. Ich möchte dir nur helfen, mein Junge.“
Jetzt erst bemerkte Tenebros, dass das, was der Fremde in der Hand hielt, gar kein Dolch war. Stattdessen war es über einen schwarzen Wurmfortsatz mit einem Metallbügel verbunden, dessen Enden sich dieser Edward lächerlicherweise in die Ohren gesteckt hatte.
Scharen von Neidern und Konkurrenten hatten Tenebros zwar gelehrt, niemandem leichtfertig zu trauen; doch Schwindel und Kopfschmerz zwangen ihn jetzt dazu, den eisernen Griff um Edwards Handgelenk zu lockern und sich wieder niederzulegen. Der Arzt drückte ihm das kalte Metallding auf die bare Brust und nahm einen konzentrierten Gesichtsausdruck an.
Was hatte Edward überhaupt mit „mein Junge“ gemeint? So wie Tenebros das sah, waren sie beide ungefähr gleich alt.
Welchen Zweck das merkwürdige Prozedere auch immer erfüllte, es dauerte nicht lange. Edward bedeutete Tenebros, er könne sich nun langsam wieder aufsetzen. Der Patient nutzte diese Gelegenheit, sich im Raum, in dem er sich befand, eingehend umzusehen. Wände, Boden und Decke waren lückenlos holzverkleidet, das Mobiliar von hervorragender Schreinerkunst. Ein wahrhaft gewaltiges Fenster ließ Licht herein; so große Glasscheiben hatte Tenebros noch nie erblickt. Über einem Stuhl hingen seine dunkelblauen Tempelherrenroben.
Überrascht blickte Tenebros an sich hinab. Der massige Wohlstandsbauch, den er als Tempelherr angesetzt hatte, war einem schlanken, drahtigen Körper gewichen, der bis auf seltsam kurze Beinkleider nichts an sich trug.
„Ich habe dir die Kleider ausgezogen, sie waren triefend nass. Du hättest dich sonst erkältet.“
Tenebros erinnerte sich erst jetzt des anderen Mannes, dem die erste Stimme gehörte. Die Verärgerung über dessen Dreistigkeit, einen Tempelherren einfach zu entkleiden, wich erschrockenem Staunen, als er zu ihm hinübersah: Die rot-blaue Kleidung mit dem eigentlich fremdartigen Schnitt kam ihm sehr vertraut vor. In einer Vorrichtung am rechten Unterarm trug der Mann ebenso wie Julian einen Teufelskreisel. „Du bist ein Ranger!“, spuckte Tenebros zornentflammt.
Der Ranger zog eine Augenbraue hoch und erwiderte voll Sarkasmus: „Nur seit sechs Jahren Oblivias Bezirksranger. Nicht, dass das wichtig wäre!“
„Seien Sie nicht so streng mit ihm, Taluga“, forderte Edward von ihm und reichte Tenebros einen Wasserbecher; sogar dieser war aus Glas gefertigt. Tenebros hatte nicht gemerkt, wie durstig er war, und trank das Wasser in einem Zug.
Er befand sich also noch immer in Oblivia. Der Schatten Celebis hatte ihn durch die Zeit, nicht jedoch durch den Raum transportiert. Außerdem handelte es sich bei diesem Ranger zu Tenebros‘ Erleichterung nicht um Julian. Dieser war schließlich fast noch ein Kind gewesen, unwesentlich älter als Solaros‘ Balg Helios, und musste, wenn Tenebros wirklich eine Dekade vor Julians erster Zeitreise hier angekommen war, noch ein Kleinkind sein. Taluga hingegen zählte gewiss bereits dreißig Jahre.
„Taluga hat dich bei seiner Morgenpatrouille im Wald gefunden. Weißt du vielleicht, wie du dort hingekommen bist?“, wollte Edward wissen. Als Tenebros nur die Schultern hob, strich sich der Arzt nachdenklich über den ergrauenden Bart.
„Wie ist Ihre Diagnose?“, fragte Taluga.
„Atem und Blutdruck sind stabil, das Fieber ist abgeklungen. Es scheint keine Gehirnerschütterung zu sein… Wahrscheinlich hat er die Nacht mit Freunden gefeiert. Ein gewöhnlicher Filmriss, nichts weiter.“
„Jung müsste man wieder sein“, seufzte Taluga gedankenverloren.
Während sich die beiden unterhielten, stand Tenebros vorsichtig auf. Ihm war ein Spiegel auf einem niedrigen Schrank aufgefallen, auf den er jetzt zuschritt.
Mit gewisser Empörung und Berechtigung hob der Arzt hervor: „Wem sagen Sie das, Jungspund?“
Der Ranger lachte verhalten. „Wenn ich meine kleine Nema sehe, fühle ich mich sehr alt. Sie ist erst fünf und schraubt schon Dinge zusammen wie Professor Hastings. Sie wird so schnell groß.“
Tenebros hatte den Schrank erreicht und blickte in den Spiegel. Was er sah, war nicht die ihm verhasste, aufgedunsene Visage, die er die letzten Jahre gezwungen war zur Schau zu tragen; sondern das Antlitz eines Jünglings von nicht ganz zwanzig Jahren, ein Gesicht aus einer Zeit, lange bevor er zum Tempelherrn aufgestiegen war. Die Kugel war wohl, als sie seinen Befehl zur Zeitreise umgesetzt hatte, auch auf seinen Wunsch eingegangen, wieder jung zu sein.
Taluga wandte sich wieder an Tenebros. „Jedenfalls, du bist unser Gast. Bleib so lange wie nötig.“ Damit verließ er den Raum.
Der Arzt packte seine Instrumente zusammen und sagte: „Ich werde nun auch gehen. Du kommst wohl aus Kokonuba; deine Freunde machen sich bestimmt schon Sorgen. Ich kann ihnen etwas ausrichten. Wie heißt du überhaupt?“
Tenebros überlegte. Für seine Vergeltung würde er das mächtigste Artefakt in ganz Oblivia an sich bringen müssen: Die Goldene Rüstung des Herrn des Lichts. Um an sie zu gelangen, musste er zu alter Stärke zurückfinden und die Gepflogenheiten dieser neuen Zeit erlernen, um seine Fertigkeit, Menschen mit Worten zu manipulieren, wieder ausüben zu können. Er musste herausfinden, wie die Teufelskreisel den Rangern dieselbe Macht, über Pokémon zu gebieten, verliehen, die die Tempelherren von ihren Rüstungen erhielten. Auch seine langjährige Lebenserfahrung und womöglich auch seine Kenntnisse um die Vergangenheit, vereint in seinem verjüngten Körper, würden ihm zum Vorteil gereichen. Sein Harnisch und die blaue Kugel waren zerstört, aber er wäre nie Herr der Finsternis, oberster Vertrauter des Trägers der Goldenen Rüstung geworden, wenn er sich von solchen Rückschlägen hätte abschrecken lassen. Aber zum Gelingen seines Unterfangens musste er von Anfang an unter anderer Identität auftreten, damit Julian, dieser zeitreisende Tunichtgut, ihn nicht erkannte, wenn sie eines Tages wieder aufeinandertrafen.
Nachdenklich fuhr sich Tenebros mit der Hand durchs Haar, das sein blasses Fliederviolett in der Vergangenheit zurückgelassen und seine einstige kräftige Färbung wiedererlangt hatte. Er sah sich in die eigenen, vor jugendlichem Eifer in derselben Farbe strahlenden Augen.
Tenebros wandte sich zu Edward um und antwortete:
„Nenne mich Purpurauge.“