So;
ich kam lange Zeit nicht zum schreiben, weshalb natürlich auch kein Kapitel online gestellt wurde. Jetzt habe ich es aber endlich geschafft, Kapitel 9 fertigzustellen. Und ja es ist ein kleines Brückenkapitel. Denn jetzt geht die Handlung richtig los und ich werde dann ab jetzt auch anfangen langsam die offenen Fragen zu beantworten; Was jedoch nicht heißen soll, dass sich keine neuen auftun werden. ^^ Ich hoffe die teils etwas knapperen Absätze zerstückeln den Lesefluss nicht, aber ohne diese Absätze geht´s leider nicht. Aber das könnt ihr selber entscheiden, denn nun kommt das etwas kürzere
Kapitel 9
„Es scheint mir so, du hättest mir doch nicht alles erzählt. Oder warum verstehe ich auf einmal gar nichts mehr?“ Sam stand Bran mit ernster Miene und verschränkten Armen gegenüber.
„Ich hatte dir nur das erzählt, was ich für nötig hielt, da du es so eilig hattest.“ Bran schien in Gedanken versunken zu sein. „Eigentlich hätte das nicht passieren dürfen. Ich meine, warum sollte er gerade dich ... Und überhaupt, ist es wirklich so extrem, dass er sich nicht mehr unter Kontrolle hat, wenn es passiert?“
Da es nicht den Anschein hatte, dass Brans Monolog bald zu ende sei, brachte Sam das Gespräch wieder zum Ausgangspunkt zurück. „Was hätte nicht passieren dürfen? Was ist mit mir? Und warum verdammt noch mal hat er sich nicht mehr unter Kontrolle?“
Bran blickte von seinen Schuhen auf und Sam direkt ins Gesicht, scheinbar nicht erfreut darüber, aus seinen Überlegungen gerissen worden zu sein. „Es scheint so, als wären seine Beschützerinstinkte noch stärker ausgeprägt, als ich dachte. Und sein Wolf scheint sich generell auch nur zurückzuziehen, wenn er so schnell komplett die Kontrolle übernehmen kann.“ Da Sam nur als Zeichen seines Unverständnisses eine Augenbraue hob, atmete Bran einmal tief durch, bevor er mit formeller Stimme noch einmal von vorne begann. „Gut, ich werde dir die komplette Geschichte erzählen: Es hatte gleich an jenem Tag, an dem man mir einen wild um sich schnappenden Wolf ins Haus schleppte, angefangen. Unser Jon ist zwar nach außen kühl und ausgeglichen, in seinem Inneren sieht es jedoch anders aus. Ich konnte herausfinden, dass es seinen menschlichen Teil dermaßen verstört hatte, seine Freunde, die, die er mit seinem Leben beschützt hätte, zu töten, dass er alleine in einer Nervenklinik gelandet wäre. Sein neuer Teil, für den Töten noch normaler war und diese Menschen Feinde gewesen waren, hatte ihm aber geholfen, die Beherrschung zu behalten. Doch es ist nicht ohne Spuren an ihm vorbei gegangen. Durch dieses Erlebnis hat er sich so sehr an seinen Wolf geklammert, dass von dem Menschen nicht mehr allzu viel übrig ist. Er versucht zwar peramanet, seinen Wolf zu unterdrücken, braucht dazu aber viel zu viel Kraft und wenn dann etwas seinen Wolf wirklich alarmiert, ist es endgültig vorbei. Jedoch ist sein Wille, die, die ihm nahe stehen, zu beschützen, dadurch stärker denn je geworden. Er ist stärker als bei einem Alpha, sogar stärker als bei mir, er ist so stark, dass er sich ohne zu zögern umbringen würde, um seine Freunde zu beschützen. Oder aber den, der ein getötet hat, bis ans Ende der Welt verfolgen. Das ist die einzige Sache, er hat aus diesem Grund einen ausgeprägten Selbsthass entwickelt, wieder auf seine toten Kameraden zurückzuführen. Er sieht sich immer wieder als Monster und war noch nie wirklich stabil. Um zu dir zu kommen, sieht es so aus, als würde er dich zu seinen Schützlingen zählen, so komisch sich das anhören mag. Genauso bei Charles. Hätte Charles nicht gespürt, dass Jon wirklich etwas an ihm lag, hätte er ihn noch immer zerrissen, oder zumindest versucht, ihn von sich zu treiben.“
Sam war schockiert. Das hätte er nicht erwartet. Doch da stimmte etwas nicht. „Aber warum ist er dann geflohen, als Tommy ermordet wurde?“
„Ganz einfach, da stand sein Wolf dazwischen. Auch, wenn er nicht ganz normal ist, konnte er doch nicht seinen Alpha angreifen. Der zählte ja außerdem auch noch zu den Menschen, die er um alles beschützt hätte. Es war so gesehen ein Verzweiflungsakt. Er konnte weder seine gefallenen Freunde rächen, noch seine lebenden Freunde beschützen, was ihm so sehr zusetzte, dass ihm nichts anderes blieb, als zu fliehen. Hätte er von mehr Toten erfahren, würde er wahrscheinlich nicht mehr unter uns sein. Wäre noch mehr Verzweiflung hinzugekommen, hätte sein Selbsthass wahrscheinlich alle Vernunft besiegt. Du solltest es ihm bei Gelegenheit versuchen zu erklären, zwar nicht sofort, aber bald. Er sollte wissen was los ist, auch wenn es schwer für ihn sein wird, zu akzeptieren, dass das bisschen Mensch, an das er sich klammert, immer kleiner wird. Je stärker er sich an seine beschützerischen Wolfsinstinkte hängt, desto mehr übernehmen sie ihn. Irgendwann, bei Vollmond oder nach einem solchem Kampf, wie eben, wird er nicht mehr in der Lage sein, sich zurück zu verwandeln. Er wird seine Menschlichkeit verlieren. Wenn das passiert, wird er die Kontrolle verlieren und seine Tötung unumgänglich sein, wenn er uns nicht zuvor kommt und sich irgendwo ertränkt.“ Man konnte den Kloß, der sich beim letzten Satz in Brans Hals bildete, fast sehen, so deutlich war die Bitternis in seiner Stimme.
Und auch Sams Stimme war düster und sein Blick gesenkt, als es erwiderte. „Ich verstehe. Ich halte dich auf dem Laufenden.“ Damit meinte er sowohl seinen Auftrag, als auch Jons Zustand. Nun fragte Sam noch nach Charles und den beiden Aufräumern. Einen formellen Handschlag später gingen seine Vater und sie gingen in entgegengesetzte Richtungen auseinander.
Als er bei Jon ankam, hatte dieser bereits alles wieder mehr oder weniger akkurat im Kofferraum verstaut. Er lehnte mit verträumten Gesichtsausdruck an der Fahrertür und zeigte keine Regung, als Sam neben ihm stehen blieb. „Jon?“
Er tippte Jon vorsichtig auf die Schulter, woraufhin ihn dieser augenblicklich umklammerte und mit glasigen, hellgelben Augen anstarrte. „Was ist los mit mir? Warum fühle ich mich so verloren, so rastlos?“ Doch bevor Sam überlegen konnte, wie viel er Jon jetzt direkt erzählen wollte, wandte dieser ihm den Rücken zu und ging zur Beifahrertür, durch die er auch sofort einstieg.
Sam zuckte nur kurz mit den Schultern und stieg seinerseits ebenfalls ein.
Jon hatte keine Ahnung was mit ihm los war. An dieses komische Gefühl, welches ihm permanent im Magen saß, hatte er sich im Lauf der Jahre gewöhnt, doch das hier war anders. Er konnte noch jetzt spüren, wie ihn seine animalische Hälfte komplett übernommen hatte, seine so lange trainierte Kontrolle so schnell niedergerissen hatte. Auf der einen Seite wollte er Sam danach fragen, doch auf der anderen Seite hatte er das Gefühl, dass er es bereuen würde, gefragt zu haben. Jetzt fühlte er sich so hilflos, weil er gefragt hatte. Doch als Sam einstieg, ging er nicht weiter darauf ein sondern fragte nur. „Geht es dir soweit gut? Willst du noch immer mitkommen, oder mit Bran zurückfahren?“
Jon spürte wie er sich im Sitz verkrampfte und antwortete gepresst. „Ich bringe das zu Ende. Die haben mir das bisschen Leben, das ich noch hatte, zerstört und Charles haben sie ...“ Er ließ den Satz unvollendet, da es ihm die Kehle vor Wut zuschnürte.
Sam nickte, ebenfalls mit angespanntem Rücken. „Ich weiß. Doch auch wenn es für uns beide etwas persönliches ist, dürfen wir nicht die Kontrolle verlieren und müssen objektiv bleiben.“ Mit einiger Wucht drehte Sam den Zündschlüssel und trat das Gaspedal durch, sodass es ein paar Sekunden dauerte, bis die Reifen griffen und der Wagen über den Schnee preschte.
Noch bevor sie die Straße erreicht hatte, war Jon eingeschlafen und hing in seinem Sicherheitsgurt. Sam weckte in nicht wieder auf, da er so der unangenehmen Aufgabe, Jon über seinen Zustand aufzuklären, für einen Moment entgehen konnte.
Für immer könne er es aber nicht herausschieben, das war ihm klarer als jemals zuvor, als er Jon später wach rüttelte. Dieser steckte sich ausgiebig, bevor er blinzelte und noch immer verschlafen fragte. „Wo sind wir? Sind wir etwa schon da?“
Sam lachte einmal laut und klang eindeutig erleichtert. „Ja, wir sind da. Wenn du mal rausguckst siehst du, dass die Sonne schon am untergehen ist. Du hast den ganzen Tag lang geschlafen, schienst auch ein paar mal Alpträume gehabt zu haben.“
„Ja die hatte ich.“ Jon verharrte wie er war und starrte in die Unendlichkeit, als ihn plötzlich wieder ein Gefühl der Hilflosigkeit überkam. Er hatte schlimme Alpträume gehabt, doch er wusste nicht mehr, was genau in ihnen geschehen war. Er verspürte nur diese Angst, die drohte alle Dämme niederzureißen. Langsam vernebelte sie ihm die Sicht und machte es immer schwerer klar zu denken. Er wurde immer tiefer hineingezogen in die Dunkelheit.
„Jon?“ Eine verschwommenen Stimme drang in seinen Geist und schitt durch seine Angst, wie ein Sonnenstrahl durch Regenwolken.
„Jon?“ Das kleine Loch wurde größer, die Stimme erfühlte ihn mit Wärme und er klammerte sich daran fest.
„Was ist los mit dir?“ Nun wurde die Angst komplett vertrieben und er begann wieder seine Umgebung wahrzunehmen. Er war in Sam Auto und erinnerte sich daran, dass sie gerade angekommen waren. Leise, mit einem Knurren in der Stimme antwortete er. „Das wüsste ich selber gern.“ Verwundert blickte er Sam ins Gesicht. „Und was ist mit dir los? Nach jedem Mal, das du mit dem Marrok gesprochen hast, warst du verschlossener. Und warum habe ich das Gefühl, dass du mir etwas verheimlichst?“
Nun war es Sams Miene die sich verfinsterte, während er versuchte den Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken. „Du hast Recht, ich habe dir nicht alles erzählt, doch es ist nur zu deinem Besten. Es würde dich nur unglücklich machen, es zu erfahren und ist nicht so wichtig.“ Das Jons Welt wahrscheinlich zusammenbrechen würde, das verschwieg er lieber weiterhin. Es gab einen Unterschied zwischen einer Lüge und einer gekonnt verdrehten Wahrheit. „Wenn wir Zeit haben werde ich es dir erklären, du musst dich aber noch ein wenig gedulden.“
Jon atmete einmal tief durch. „Okay, ich vertraue dir. Was werden wir jetzt tun?“
Verwundert darüber, wie leicht Jon das hingenommen hatte, musste Sam erst seine Gedanken neu sortieren, bevor er die weitere Vorgehensweise erläuterte. „Also, wir werden erst mal ganz normal da hingehen und ein paar Fragen stellen, vielleicht war es ja nur ein Missverständnis und wenn nicht, dann erfahren wir wenigstes was los ist. Und nein, es ist nicht gefährlich, keiner von den noch lebenden Wölfen wäre dumm genug, zwei dominante Wölfe wie uns anzugreifen. Auch wenn du immer denn Unterwürfigen gespielt hast, du bis annähernd so dominant wie Hauptmann, der Wolf der unter Charles und mir steht.“
Jon schüttelte in sichtlichem Unverständnis den Kopf. „Und was war mit Charles, denn haben sie auch einfach so angegriffen. Oder etwa nicht. Und was auch immer du da über mich erzählst, mich haben sie auch angegriffen. Warum sollten sie es nicht wieder tun?“
„Ganz einfach, da die, die euch angegriffen haben, einsame Wölfe gewesen sind, die nur von einem der vier Rudel angeheuert worden sind. Und außerdem sind sie mittlerweile fast alle fünf tot, nur einer konnte bis jetzt entkommen. Also, wenn wir erfahren haben, was da los ist sehen wir weiter. Wenn wir nichts erfahren sollten, sind wir autorisiert, die Rudel komplett auseinanderzunehmen, bis wir wissen, was da vor sich geht. Wir werden die ersten beiden Alphas noch heute Abend besuchen, das Haus des ersten ist nur noch zehn Meilen entfernt.“
„Und was passiert dann mit den Rudeln?“
Sowohl Sams Blick als auch seine Stimme wurden eiskalt. „Wahrscheinlich wird Bran diese Chaosrudel auflösen, oder aber die Probleme entfernen. Wenn es wirklich schlimm wird, dann kann es auch sein, dass sie offen rebellieren und dann, na ja, das kannst du dir denken. Und du kannst dir vorstellen, wie gefährlich das für uns alle werden würde: Werwölfe die sich gegenseitig zerfleischen, es reichen schon die verdammten neuen medizinischen Verfahren, das brauchen wir wirklich nicht. Vor allem nicht, wenn Bran uns bald ins Licht rücken will. Doch lass uns einfach sehen, wie es kommen wird, das ganze Spekulieren bringt doch nichts.“
„Dann fahr los!“ Jon schien es nicht abwarten zu können.
„Wie du meinst.“
Als der Motor zum Leben erwachte, fügte Jon noch mit sehnsüchtiger Stimme hinzu. „Ich muss endlich mein Rudel wiedersehen, auch wenn sie mich in Stücke reißen könnten. Ich habe sie nie vergessen.“
„Es wird sich einiges verändert haben. Erwarte lieber nicht zu viel.“
„Es ist egal, was ich vorfinden werde. Ich habe nichts zu verlieren, ich möchte nur wissen, was aus ihnen geworden ist. Ich habe ihr Leid und ihre Angst bis tief in die Berge gespürt, bis meine Rudelbindung unterbrochen wurde, als Jack endlich tot war.“
Und sie fuhren immer tiefer in den wunderschönen Sonnenuntergang.