Hoffnungen und Träume

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  • Huhu mein Kleiner,
    Überraschung, lol. Ja, ich dachte mir mal spontan, dass ich dir hier wieder einen kleinen Kommi da lasse. Außerdem hast du ja auch gar kein Feedback bekommen zu deinen letzten Werken und das fande ich schade, weswegen ich das nun ändern werde. Aus persönlichen Vorzügen, würde ich erst einmal nur auf dein neues Drabble eingehen, wenn es okay ist. Wenn du es aber unbedingt willst, kann ich nach Rücksprache noch deine KG editieren bzw. das kleine Feedback dafür dann. Aber okay, genug gelabert, auf geht's! (:


    Erinnerungen
    Allein der Titel hat mich schon dazu veranlasst, dir hierzu ein Kommentar zu schreiben, srysly. Warum? Weil jch das Wort und die damit verbundenen Dinge und Gegebenheiten einfach liebe. Ich selbst schwelge auch Tagtäglich in meinen Erinnerungen. Und das faszinierenste an ihnen ist meiner Meinung nach, dass sie sowohl schlecht als auch gut sein können - aber immer, wirklich immer, ein Teil von uns sind und uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind und auch noch weiterhin sein werden. Man könnte fast schon sagen, dass die Erinnerungen das Wichtigste an einem Menschen sind. Ohne sie wären wir wohl niemand, hu? Aber bevor ich jetzt noch weiter tiefgründiges Zeug quatsche, komme ich mal explizit zu deinem Werk.
    Ich werde das Gefühl nicht los, dass du hiermit deine eigenen Gedanken aussprichst und nicht etwa einen Charakter erschaffen hast, der aus der ersten Person zum Leser spricht. Wie ich darauf komme (abgesehen davon, dass es in deiner Inspirstion erklärt wurde)? Nun, sagen wir es mal so: jeder Mensch trägt wahrscheinlich diese Gedanken in sich, die du hier schön formuliert aufgeschrieben hast. Die Wenigsten jedoch geben sie preis, meist schweigen sie einfach. Aber das tut gerade nichts zur Sache. Ich liebe dieses Drabble für seine Aussage einfach, weswegen ich auch unbedingt kommentieren und dir damit meine Gedanken bezüglich des Themas mitteilen musste. Komische Welt manchmal, was? Jedenfalls die Art und Weise, wie du dir ersten vier Sätze eingebaut hast, ist dir wirklich sehr gut gelungen. Sie regen einen sofort zum Nachdenken an und man verbindet sich quasi auch zeitgleich mit sich selbst. Das ist in Kurzgeschichten (und auch allgemein bei FFs) einfach das A und O, da man sich immer am Besten auf ein Werk einlassen kann, wenn man sich in irgendeiner Art und Weise damit identifizieren kann. Normalerweise geschieht dies durch Charaktere - hier, bei diesem Drabble, löst du das Problem aber ganz anders: du sprichst den Leser quasi mit deinen eigenen Gedanken an. Und das hast du wirklich super hinbenommen.
    Du gehst bei diesem Werk scheinbar auch gar nicht auf "schlechte" Erinnerungen ein, nein, du meinst hiermit die guten und schönen Dinge, die jedoch leider nicht mehr in greifbarer Nähe zu sein scheinen. Man vermisst sie und will sie wieder bei sich haben - die Zeiten, die sich um diese wunderbaren Erinnerungen schlängeln. Ich glaube, jeder Mensch besitzt sie. Man wird oft richtig wehmütig, wenn man sich an sie zurück erinnert. Auch wenn sie schön waren, so wird uns dann doch schmerzlich bewusst, dass sie leider der Vergangenheit angehören. Das beschreibst du zwar nicht direkt im Drabble aber man denkt als Leser automatisch daran. Wobei man auch - wo ich es gerade so sehe - bei dem Satz "ich möchte sie alle wieder haben", auch davon ausgehen kann, dass du nicht nur die schönen Erinnerungen meinst. Ganz schön clever verpackt, muss ich dir schon lassen. Allgemein bietet dieses Werk wirklich viele Möglichkeiten, sich schöne Gedanken dazu zu machen, wie du anhand meines Kommis bemerkt haben dürftest. Und das liebe ich einfach an Geschichten, ohne Spaß. Wenn man sich wirklich selbst damit idenfizieren kann und so viele eigene Dinge rausholen kann. Es ist doch sehr viel schöner, als si stumpfe Geschichten, bei denen sich der Autor nichts gedacht hat. Sowas ist doch langweilig. Aber bei diesem Drabble kann ich einfach nicht meckern.


    Und bevor ich jetzt noch vollkommen vom Thema abkomme und dich nur noch volllaber, beende ich das Ganze mal an der Stelle. Mir hat dieses Werk wirklich sehr gut gefallen. Das Einzige, was ich vielleicht kritisieren würde, wäre die Tatsache, dass du daraus keine ganze Kurzgeschichte gemacht hast, haha. Wirklich hier hätten noch richtig viele Gedanken mit eingebracht werden können! Aber hey, wie sagt man doch? In der Kürze liegt die Würze. Von daher: well done. :3
    Fehler hab ich keine gefunden, nur hast du an einer Stelle ein Komma vergessen --> "Sich an die süßen Zeiten zurück zu erinnern[Komma], ist eine schöne Sache."
    Nun denn. Ich würde mich freuen, wenn du weitere solche tiefgründigen Dinge verfasst. Ich liebe das einfach, haha. Nun denn, viel Spaß beim Schreiben und bis demnächst irgendwann. ;*


    ~ Kräme


  • Zweihundertsiebenundsiebzig Lügen.


    Es sind diese Tage, an denen selbst das hellste Licht in der Dunkelheit nicht mehr zu helfen vermag; an denen man einfach nur da sitzt … Ich kann es immer noch nicht fassen. Ich sitze auf der leichten Erhöhung, welche zum Eingang in mein Zimmer führt, mein Rücken sowohl an die Wand, als auch an die Tür gelehnt; die Beine angewinkelt vor meine Brust. In der rechten Hand halte ich mein Handy, die linke schmiegt sich an meine Knie und fühlt sich doch nicht wohl dabei. Die Dunkelheit drückt mich weiter in die Ecke herein, ich spüre den Druck auf meinen Lungenflügeln, wie er mir die Luft raubt. Es ist schon ein Uhr nachts, die Kinder liegen schon lange in ihren Betten und träumen, ich sitze wach und bin aus Träumen erwacht, obwohl ich noch nicht geschlafen habe.


    Träume, die bereits ein halbes Jahr angehalten hatten. Alles, was bis heute passiert war, schien für mich lediglich ein Traum zu sein und so erscheint es mir heute umso schlimmer, wenn ich aufwachen muss. Grob werde ich geweckt – ohne gefragt zu werden, ob ich überhaupt aufstehen möchte. Gerade eben noch habe ich telefoniert, dann habe ich aufgelegt. Nicht einmal mein Gesprächspartner konnte mir helfen.


    Zuvor noch leise, nun mit brachialer Gewalt, pocht die Musik an meinem Ohr. Wozu hatte ich sie doch gleich angestellt? Richtig, ich habe geschrieben. Und als ich fertig war, hatte ich auf mein Handy gesehen. Nun sitze ich hier.
    Was passiert, passiert, aber manche Dinge, die möchte man mit allen Möglichkeiten, die man hat, wieder umdrehen. Was geschieht, wenn es nicht mehr möglich ist? Was, wenn Dinge so kommen und nicht mehr veränderbar sind. Für den einen mag es einfach sein, kaum von Bedeutung; aber für andere Menschen, brechen Welten zusammen. Meine Sonne geht unter, kehrt der Winter nun wieder ein?


    Es ist wie bei einem Regenbogen, nicht? Es mag so viel Sonne scheinen, wie es sonst nur im Paradies der Fall ist, wenn in meiner Welt die Tränen fallen, so wird man den Regenbogen nicht umgehen können. Ich habe keine Antwort auf die Fragen, sodass ich meine Gedanken anderweitig stillen muss …


    „Nein.“ Wäre das eine weniger schlimme Antwort gewesen? Definitiv nicht. Ich hätte mir nie im Leben erträumt, dass diese Frage überhaupt negativ hätte beantwortet werden können – von ihr. Die Blume ist gediehen, immer weiter und weiter … nur der kleinste Hauch reichte jedoch, ihre shwachen Wurzeln zu entkräften und ihnen die Last zu nehmen.


    Sicher war es nicht nur die Tatsache an sich, die mich in die jetzige Situation bringt, vielleicht hat es auch eher damit zu tun, wie es zu all dem kam und wie all dies geschehen ist. Wie auch immer man eine feine englische Art in dieser Beziehung nennen mochte, aber dies war es definitiv nicht. Wie sagte man immer? „Per SMS ist feige; billig.“ Tatsache … Per WhatsApp ist auch feige, allerdings auch noch kostenlos. Möglicherweise ist es sogar diese Sache, die mich hier her bringt. Natürlich ist es ein Schock, natürlich ist es schwer. Kommen sehen könnte man es allerdings doch irgendwo – vielleicht will ich es mir nur nicht eingestehen. Nein, es geht mir darum, wie alles passiert. War das würdevoll, für eine so lange anhaltende Beziehung?


    Immer noch laut dringt die Musik an mein Ohr, füllt es mit Klang und zieht meine Stimmung indes weiter hinab in die Tiefe. Wieso höre ich auch immer sowas? Nein, eigentlich stimmt auch dies gar nicht … Lange hatte ich etwas derartiges nicht mehr gehört, und selbst wenn, hatte ich es anders interpretiert als heute … Heute war es anders.


    Ich wischte mir eine letzte Träne von der Wange und bewegte meinen Finger ohne weiter zu Zögern abrupt auf das rote Symbol mit dem Mülleimer daneben, und so wurden zweihundersiebenundsiebzig einstige Beweise für eine längst geschehene Liebe gelöscht.


    Vor meinen Augen erscheint ein Bild von ihr, von mir, von uns. Ich schließe meine Augen, hoffe darauf, endlose Schwärze zu sehen, und meine Hoffnungen werden bestätigt. Oder wollte ich nur die Tränen zurückhalten?

  • Frag am besten nicht wieso, aber ich war auf der Suche nach etwas für den Fanvideo Lese Wetti und hab mich hierhin verlaufen. Und dann deine letzte Kurzgeschichte gelesen und well, ich würde gerne mal darauf eingehen. Natürlich auf deinen Wunsch hin eher auf das Geschriebene als den Inhalt. Verzeih mir meine Inkompetenz was das beurteilen von Kurzgeschichten angeht x)


    Titel
    Dieser ist imo recht interessant. Mich hat er neugierig gemacht, schließlich will man wissen, was es mit diesen Lügen auf sich hat. Außerdem sind Lügen ja immer so eine Sache. Insgesamt also ein ansprechender, gut gewählter Titel wenn du mich fragst.


    Schriftliches/Inhaltliches
    Insgesamt eine Situation die meiner Meinung nach einige nachvollziehen können. Durch die Beschreibungen kann man sich sehr gut in den Protagonisten der Geschichte hinein versetzen. Die Beschreibungen sind dir durchaus gelungen. Auch das man nie direkt erfährt um was es eigentlich geht, es aber unterbewusst vermittelt bekommt gefällt mir außerordentlich. Hier ist imo das Prinzip "Show, don't tell" sehr gut umgesetzt. Auch einige kleine Metaphern waren dabei die mir sehr gut gefallen haben. Insgesamt ist der Text sehr gut aufeinander abgestimmt. Worte und Inhalt passen zusammen und die Wortwahl passt auch. Ab und zu ein paar andere Gedankengänge, die sich aber nie zu weit vom Thema entfernen und es spannender machen. Ich muss zugeben, beim ersten Absatz fand ich das mit dem Druck auf den Lungenflügeln, der einem die Luft raubt etwas abgedroschen und dachte mir, es wird vielleicht doch eine typische 0815 KG mit dieser Thematik. Doch dann hast du durch ein paar origienellere Vergleiche gebracht und auch kleinere Details dieser Situation als ganzen gebracht. Muss zugeben, dass mich das ein bisschen überrascht hat, aber natürlich eher positiv. Die letzten beiden Absätze finde ich unglaublich gut und sie runden die Geschichte, gerade auch durch die Formulierung sehr schön ab. Insgesamt also imo eine doch sehr gelungene KG, die zwar etwas in dem Sinne "alltägliches" beschrieben hat. Dies aber sehr Gefühlsnahe. Fehlerchen habe ich keine Entdecken können.


    Hoffe mal das hat dir ein kleines bisschen weitergeholfen. Und frag bitte nicht woher ich die spontane Lust hatte diese KG zu kommentieren, ich weiß es nämlich selbst nicht x:

  • F A N F I C T I O N _ S A I S O N _ 2 0 1 3


    Ü B E R B L I C K


    [tabmenu]
    [tab='Vorwort']
    Mit dem vergangenen Wochenende endete eine erneute Saison im FF-Bereich und das Finale steht bevor ... Dieses Mal habe ich an den Wettbewerben (mehr oder weniger) aktiv teilgenommen und dadurch auch entsprechende Ergebnisse erzielt. Ich muss sagen, dass ich es anfangs nicht erwartet hätte doch so hoch zu kommen, aber es waren natürlich auch schöne Momente dann mal in die Top 3 zu kommen und eben auch zu gewinnen. Die Aufgaben waren meiner Meinung nach zur Hälfte nicht gut und zur Hälfte gut; ungefähr diese Hälfte habe ich auch teilgenommen mit 8/20 Wettbewerbsteilnahmen konnte ich insgesamt 40 Wettbewerbspunkte erhalten. Durch Votes erreichte ich zusätzlich 13 Punkte, sodass ich auf eine Gesamtpunktzahl von 53 komme, was gerade im Vergleich zu letzter Saison eine deutliche Steigerung ist, haha, wo ich insgesamt nur 16 Punkte (Votes + Wettbewerbe zusammengerechnet) erreicht habe. Demnach bin ich eigentlich recht zufrieden mit meiner Leistung, zumal ich damit denke ich auch fürs Finale qualifiziert bin (Aka, wann endlich Auswertung! :*) Jedenfalls dachte ich mir, dass so ein Übersichtspost sicher ganz nett wäre, und deshalb - here we go.


    Danke nochmal an Noel für den Kommi, wurde bereits privat beantwortet. :)
    [tab='02: Liebesszene']
    [subtab='Informationen']
    Platz 8 geht an Verstoßen von Chess mit 5 Punkten


    Meiner Meinung nach ein mittelmäßiger bis schlechter Start in die Saison 2013. Nachdem ich den ersten Wettbewerb verpasst hatte (.___.) und ich Liebesszenen sowieso gerne schreibe, wollte ich hieran natürlich teilnehmen. Die starke Betonung liegt hierbei auf wollte ... In letzter Sekunde gab ich einen Text aus einer unveröffentlichen FF ab, den ich nur überfliegend überarbeitet hatte ... Dementsprechend war ein ähnliches Ergebnis zu erwarten. x)
    [subtab='Abgabe']
    Verstoßen


    Der Raum, den Ash so eben betreten hatte, war die Kabine der Teilnehmer. Es war ein einfacherer, schwach belichteter Raum, in dessen Mitte zwei Bänke standen, welche jeweils nach innen und nach außen eine Sitzmöglichkeit boten. Unter ihnen lagen etliche Rucksäcke und Taschen, gefüllt mit Knurpsen für die Pokémon oder den Bällen der andere Pokémon. Die Wände waren nur leicht gräulich angemalt, vielleicht war es aber auch nur ein Alterungsprozess der weißen Farbe und nichts Gewolltes. Darüber war er sich nicht im Klaren, wenngleich es ihn, wenn er ehrlich war, kein Stück weit interessierte, was hier mit der Wand geschehen war. Viel mehr fragte er sich, wo die Tasche seiner Begleiterin lag. Er wollte sie ihr bringen, damit die beiden gleich ein schönes Eis essen gehen könnten, um sie aufzuheitern. Mit suchenden Blicken ging er die Bänke durch, bis er unter der letzten Bank, nahe der zweiten Eingangstür, ihre weiße Umhängetasche fand. Auf ihr war ein roter Pokéball eingestickt, ihr Inhalt war dem Jungen jedoch weitestgehend unbekannt, doch auch hier war es ihm nicht unbedingt wichtig, zu wissen was sich dort befand, es war schließlich nicht seine Tasche, sondern Lucias und er wollte sie nicht ausspionieren.
    „Ich schweife ab…“, hauchte Ash und sogleich hatte er sich damit selbst ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Er kannte sie nur zu gut und wusste, wie er abzulenken war. „Aber jetzt ist Schluss, ich muss zu Lucia!“
    Mit ein paar langen Schritten erreichte Ash ihre Tasche und griff mit einer flüssigen Bewegung nach ihr. Er zog sie hoch und sofort machte er einen ersten Schritt in Richtung Tür, um schnellstmöglich zu seiner Weggefährtin zu kommen. Ruckartig öffnete er diese und verließ die Kabine wieder. Es war ein einziger, gerade, monoton weißer Gang, den der junge Trainer nun entlanglief, seinem Ziel stetig entgegen. Am Ende dieses Weges sah er schon das Licht, welches aus dem Stadion direkt in den Korridor geworfen wurde.
    Plötzlich warf etwas einen Schatten in den Gang. Eine sehr elegante, schlanke Figur schien diesen zu betreten und verdeckte mit ihrem grazilen Körper einen Teil des Lichtes, sodass sie einen langen Schatten warf. Es schien eine Frau oder ein Mädchen zu sein, denn die körperbetonte Kleidung machte ganz klar auf die außergewöhnliche Figur aufmerksam. Ash brauchte einen Moment, bis er verstand, wer dort nur wenige Meter vor ihm stand. Es war Lucia. Mit ein paar königlichen Bewegungen, dieser Vergleich schien ihr in Ashs Augen würdig zu sein, lief sie auf den Pokémon Trainer zu und unbewusst machte sie ihn mit jedem Schritt auch etwas nervöser. Er wollte es sich nur nicht anmerken lassen, daher zog er eilig den Schirm seiner Mütze etwas tiefer vor sein Gesicht. Sie war wahrlich ein wunderschönes Mädchen, das musste er sich selbst gestehen. Sie kam näher auf ihn zu und nun konnte er alles viel besser erkennen, ihre Klamotten, ihren Gesichtsausdruck. Sie trug heute ihre kurzen Jeans Hot Pans und ihre blau-weißes Oberteil. Auf dem Kopf lag ihre weiße Mütze, welche aus der gleichen Kollektion wie ihre Tasche zu sein schien. An ihren Hot Pans war ein Gürtel befestigt, an dem zwei kleine Pokébälle hingen. In einem dieser Beiden befand sich Plinfa, welches sich zwar wacker geschlagen hatte, aber dennoch nicht gewinnen konnte, im anderen wartete Haspiror auf seinen nächsten Einsatz. Ihre Gesichtszüge waren sehr schwer zu deuten, vor allem da sie vielerlei Emotionen zu zeigen schien. Sowohl Wut, als auch Trauer und Neid, aber auch Erleichterung konnte der angehende Pokémon Meister aus ihren Augen und ihren Masken lesen.
    „Lucia! Es tut mir Leid, was passiert ist“, begann der Junge sie zu trösten. Es kam ihm so vor, als habe sie praktisch darauf gewartet und mit verweinten Augen hetzte das Mädchen die letzten paar Schritte auf ihren Weggefährten zu. Enttäuscht fiel sie in seine Arme und begann bitter zu schluchzen. In Ash regte sich sofort der Beschützerinstinkt, begleitet von Mitgefühl und Trauer. Er wurde sehr schnell von anderen Emotionen ergriffen und übermannt, sodass er sich kaum gegen sie wehren kann und sie einfach annehmen muss, so wie sie kommen. Das war eine Eigenart des jungen Trainers, doch er konnte es nicht ändern.
    Lucia begann immer weiter zu schluchzen und zu weinen, ihre salzige Tränenflüssigkeit sickerte an Ashs Jacke herab auf den Boden und zerschellte dort wie ein Schiff an einer Klippe. Während sie einfach weiter weinte, schloss der Pokémon Trainer seine Arme und das Mädchen und sie legte ihren Kopf behutsam auf seine Schulter. Sie schniefte, schluchzte, heulte und es schien keine Möglichkeit zu geben, sie zu beruhigen. In diesen Augenblick entsprang eine unglaubliche Wärme in Ashs Herzen und wurde von dort aus, durch alle Adern, Muskeln und Knochen an jede noch so kleine Stelle seines Körpers verteilt, sodass er dieses wunderschöne Gefühl überall und immer spüren konnte. Es war wie als hätte er im Lotto gewonnen, Lucia war sein Jackpot. Sie war bei ihm und gab ihm Kraft, obwohl er derjenige war, der sie stärkte. Es war ein Geben und Nehmen, selbst wenn nur Ash von beiden Seiten dieses Paktes wusste. Lucia schien sich inzwischen etwas zu beruhigen, ihr Schluchzen wurde etwas schwächer und leiser und die Stimme des angehenden Pokémon Champs war nun immer deutlicher zu vernehmen.
    „Es ist gut… Schhhh… Es ist gut.“ Beruhigend legte er ihr seinen Finger auf ihre Lippen, als Zeichen, dass sie aufhören sollte. Und es schien tatsächlich so, als würde es wirken; Lucia hörte wirklich auf zu schluchzen. Stattdessen sog sie nur geräuschvoll mit ihrer Nase die Luft um sie herum ein und richtete ihren Kopf dann auf. Die Koordinatorin blickte Ash nun mit ihren saphirblauen Seelenspiegeln in seine Augen und musterte ihn. Oder war es etwas anderes? War es einfach nur ein Überlegen? Oder vielleicht ein tiefer, inniger Blick? Wollte sie ihm damit etwas sagen? So viele Fragen stellten sich dem Jungen, doch auf keine wusste er so recht eine Antwort. Er wurde nervöser, von Sekunde zu Sekunde. Seine Hände begannen zu schwitzen und seine Knie wurden schnell sehr weich, sodass er Probleme hatte, überhaupt gerade stehen zu können. Er zitterte am ganzen Leib, doch selbst wenn seine Gefährtin davon etwas mitbekommen hätte, interessierte sie es wohl eher weniger. Sie war voll und ganz auf ihn und seine holzbraunen Augen fixiert, als würde sie etwas in ihnen Suchen. Doch nach wie vor war ihm der Grund für diese Situation unbewusst, weshalb Ash den Blick einfach weiterhin erwiderte. Mit einem Mal bewegte sich seine Hand, völlig intuitiv und keines Falls gewollt, von ihrer Hüfte aufwärts bis zu ihrer Schulter, wo er eine Art Pause einlegte. Lucia schien etwas Verwunderung zu zeigen, zumindest meinte Ash diese in ihren Augen erkennen zu können. Doch es kümmerte ihn nicht, was Lucia in diesem Moment dachte, er hatte nur noch ein Ziel. Seine Hand fuhr über die Schulter auf ihren Hals zu und als sie dort angekommen war zog er sie mit seiner linken, noch freien, Hand näher an sich heran. Ohne weiter abzuwarten schloss er einfach seine Augen und drückte seine Lippen auf die von Lucia! Er küsste sie. Und er genoss diesen Augenblick. Ein wundervolles Gefühl durchschoss seine Blutbahnen. Es war als wäre er betäubt, betäubt von Lucia und ihren Lippen. Sie hatten einen leicht erdbeerigen Geschmack und dennoch waren sie so natürlich wie das klarste Wasser dieser Welt. Ash wollte sie nie wieder loslassen, sie für immer küssen und nie damit aufhören, doch in diesem Moment zog sie sich zurück. Sie ließ von seinen Lippen ab und starrte ihn an. Was lag da in ihrem Blick? Es war ein Hauch von Verwunderung, aber es gab etwas, was viel weiter im Vordergrund stand. Es war Wut.
    „Sag mal tickst du noch ganz richtig!?“, brüllte Lucia so laut sie nur konnte nur durch den Korridor. Sie zeigte Ash den Vogel und blickte ihn zornig an. Wie konnte er es nur wagen?
    „W… Was?“, fragte der Junge bestürzt. Doch es war schon zu spät. Mit einem betont wütendem Gang war die Koordinatorin an ihm vorbeigelaufen und hatte, als sie dort angekommen war, die Kabinen Tür hinter sich zugeworfen. Es war ganz still im Gang, nur das wütende Stampfen ihrerseits war aus der Ferne zu hören. Sie hatte ihn hier zurückgelassen und nun stand er da. Allein, mit seinen, vom jetzigen Zeitpunkt an, gebrochenen Herzen.
    [tab='06: Gedichte über die Pflanzenwelt']
    [subtab='Informationen']
    Platz 7: Amaryllis‘ Hirtengesang von Chess; 6 Punkte


    Ich weiß gar nichts mehr, nur dass ich das Gedicht vorm Abgeben meinem Vater gezeigt habe LOL. Ich kann imo auch nicht so gut Gedichte schreiben haha, Kommentieren geht gut aber selbst ... na ja. x) Insgesamt meiner Meinung nach aber eine Abgabe die ganz in Ordnung ist und dementsprechend sich auch platzierte.
    [subtab='Abgabe']
    Amaryllis‘ Hirtengesang


    Am Rande der Klippe, hinab zum Tal
    Sitzen die Hirten am Firmament der Nacht
    Es ertönet leise heiliger Gesang
    Von dort wo sie seit Anbeginn wacht


    Eine klare Stimme – engelsgleich
    Im Mondlicht glitzert ihr prächtiges Haupt
    Die Hirten, erschöpft von der langen Reise
    Doch haben sie schon immer an sie geglaubt


    Amaryllis; von ihr wurd‘ noch niemand getäuscht
    Die Göttin der Hirten, singt hell an den Mond
    Zu ihren Füßen, die Narren, die Hirten
    Von ihrem Zauber bleibt niemand verschont


    Nichts so schön, wie ihr graziles Antlitz
    Ihre rosa Blüten, inmitten von Grau
    Die Magie beginnt in Frühlingsnächten
    Ihre Blätter bedeckt von Morgentau


    Am Rande der Klippe, hinab zum Tal
    Wächst Amaryllis, die Hirtenblüte
    Gebannt lauschet man ihrer Stimme
    Amaryllis; Schutzherrin voller Güte


    Ihre Liebe, sie ist der Segen
    Amaryllis; Königin der Hirtenschaar
    Ihr Gesang begleitete sie auf Reisen
    Amaryllis, bei Nacht; die Legende ist wahr
    [tab='08: Poképaste']
    [subtab='Informationen']
    Platz 2 geht mit 20 Punkten an Man sieht sich immer zwei Mal von Chess


    Endlich gehts mal app hier! :D Das war die erste Abgabe der Saison in die ich tatsächlich Zeitaufwand gesteckt habe und nicht erst am Freitag vor Deadline anfing zu schreiben und siehe da - kaum gibt man sich Mühe, läufts! War seehr zufrieden, und mit nur 2 Punkten Abstand auf Platz eins war es auch ein knappes Rennen, von daher. <: Finde btw die Geschichte an sich ganz nice, war echt überzeugt, lmao.
    [subtab='Abgabe']
    Man sieht sich immer zwei Mal


    Mit dem Kreischen eines kleinen Mädchens hatte es damals begonnen. Eines Mädchens, oder aber eines Pokémon. Vielleicht war es auch einfach nur ein Schrei, undefinierbar, von wo, geschweige denn von was, er ausging. Sogar sein Ton glich eigentlich gar nicht dem eines Schreis. Vielleicht war es viel mehr ein Wimmern, ein Keuchen, ein Stöhnen… Was auch immer es war, es hatte diese schreckliche Geschichte eingeläutet. Und jeden, der nach ihrer Hand greift, nimmt sie mit.


    Es war einmal ein Pokémon, welches die Seelen aller Lebewesen fraß, welche es wagten, seinen Weg zu kreuzen. Die Flamme auf seinem Kopf erleuchtete immer besonders hell, wenn seine verrückt, gar psychopathisch, leuchtenden, hellblauen Augen, vor Aufregung aufblitzen, wenn ein weiteres potenzielles Opfer an ihm vorbei kam. In der Dunkelheit der Nacht war es keinem Sterblichen möglich, das Lichtel zu sehen, und so hatte es leichtes Spiel dabei, seine auserwählte Beute um seine Seele, und letzten Endes auch um das Leben zu bringen. Es wandelte den ganzen Tag durch den Schutz der Schatten und trat sodann bei Nacht hinaus um Schrecken zu verbreiten. Einen Sinn sah es daran nicht; es war lediglich nahezu süchtig danach dem Leben anderer Pokémon, aber auch Menschen, ein Ende zu setzen.
    Dabei spürte Lichtel immer nur tiefen Schmerz, wenn es mordete. Es war gar nicht das Verlangen nach mehr Tod, nach mehr Angst, sondern eher die Suche nach Erfüllung. Was blieb dem Lichtel denn noch, wenn es aufhörte zu Morden? Seine Eltern wurden ihm genommen und so war es noch nur es selbst. Allein. Woraus resultierte, dass es einzig und allein daran festhalten konnte. Das Ganze hatte im Grunde etwas Masochistisches an sich, aber es ließ sich nicht ändern. Ohne das Morden würde Lichtel verkümmern… Doch ging es ihm damit besser? Es würde es nie herausfinden, denn es würde nie aufhören, Lebewesen umzubringen; bis es selbst nicht mehr unter den Lebenden weilen wird.


    „Hallo mein Freund.“
    Es war ein Tag wie jeder andere. Ein Tag, der sich mit jeder Sekunde näher dem Abend, und der Nacht, näherte. Bald würde die Sonne untergehen und dann würde es vollkommen finster sein. Noch versteckte es sich in den sicheren Schatten der Bäume und beobachtete das Serpifeu nur, doch schon bald…
    „Willst du nicht wissen, was auf der anderen Seite des Schwertes Scheide ist? Bald… Bald wirst du es erfahren. Mein Freund. Bald.“
    Die Sonne hatte es bereits nah‘ an den Horizont geschafft; schon bald würde sie untergehen. Mit der einkehrenden Dunkelheit hatte sich das Serpifeu inmitten des Waldes einen Schlafplatz gesucht. Noch einen Tagesmarsch und es wird das Ende des Waldes erreichen. Mit der Hoffnung in der neuen Stadt, mit neuen Pokémon ein neues Leben anzufangen.
    „Mein Freund… Sag, wie heißt du?“
    Ein Schatten legte sich über das Serpifeu. Und so merkte es gar nicht was geschah, während es seelenruhig schlief. Es hatte die Augen geschlossen und weilte im Land der Träume; dort, von wo es nie wieder zurückkehren würde.
    „Wunderschön… Tanze mit mir; mein Freund, tanze mit mir!“
    Das Leuchten war wieder da. Neben seinen kristallblauen, blutunterlaufenden Augen, glänzte (sogar aus weiter Entfernung erkennbar) die Flamme an seinem Rücken. Die Flamme, welche mit jedem Schluck kräftiger wurde. Serpifeu zuckte zusammen, doch so richtig bewegen konnte es sich schon nicht mehr. Und mit jeder Sekunde wurde es mehr von dieser Hand ergriffen. Diese Hand, welche es tonlos in die Hölle begleitete.
    „Und nun, mein Freund, soll auch deine nun so sinnlos existierende Hülle der einst lebenden Seele verbrennen. Wir werden tanzen, mein Freund, tanzen!“
    Lichtel begann zu lachen. Es war kein normales Lachen; es klang verrückt und böse. Ja, seine ganze Wut, aber auch seine Trauer, spiegelte sich in ihr wieder. Immer stärker wurde das Feuer und nun ummantelte es auch langsam den bereits leblosen Körper des Pflanzenpokémon. Um Arceus‘ Willen konnte es froh sein, dass es diesen Schmerz nicht mehr zu spüren bekam.
    „Zerfalle in endlose Asche. Mein Freund, lass‘ uns diesen Tanz vollenden!“
    Verzerrt schrie Lichtel auf, als das Feuer mit einem Ruck an Serpifeus Körper zuckte und ihn innerhalb eines Wimpernschlags vollkommen vernichtete. Nur noch undeutlich erkennbar lagen die Überreste des Pflanzenpokémon zu Füßen des Mörders und verbrannten langsam dahin.


    Eine Träne floss aus den Augen des Lichtels, als es diesen Anblick sah. Es wusste genau, dass es nie aufhören könne, dies zu tun und doch fühlte es jedes Mal erneut diesen tiefen, unheilbaren Schmerz.
    In seinem ganzen Leben hatte es noch viele Pokémon, und sogar einige Menschen, die seinen Weg in der Nacht kreuzten, das Leben genommen, bis es eines Tages die Beherrschung verloren hatte.


    Es war eine Nacht wie jede andere, als das Lichtel gerade ein kleines Sesokitz um seine Seele und sein Leben erleichtert hatte. Das Pokémon fühlte sich in diesem Moment an seinen ersten Mord erinnert. Damals, nachdem sein Vater in einem Kampf umgekommen war und seine Mutter einige Tage später von einem Trainer gefangen wurde war es ganz alleine auf dieser Welt und in einer regnerischen, unheilvollen Nacht, hatte es eben diese Kräfte entdeckt. Es hatte sich sein erstes Opfer gesucht und es kaltblütig, vollkommen ohne auch nur ein kleinstes bisschen Skrupel zu empfinden, getötet.
    „Weißt du noch wer ich bin?“, zischte es durch die Nacht. Ein Schauder lief dem Lichtel über den Rücken. Es lauschte noch einmal ganz genau in die Dunkelheit herein, bis es davon überzeugt war, sich dies nur eingebildet zu haben. Es entfernte sich langsam vom Tatort und zog sich zurück, als diese traurig, aber fordernd, klingende Stimme erneut ertönte.
    „Hast du mich etwa schon vergessen, Lichtel? Mich?“
    „Wer bist du!?“, schrie Lichtel in die Nacht herein – es hatte bisher noch gar nicht realisiert, dass es angefangen hatte zu regnen – und wandte sich panisch in alle Richtungen um. Es war zu dunkel, um etwas erkennen zu können.
    Nachdem keine Antwort ertönt war, schüttelte es nur den Kopf und drehte sich wieder nach vorne, als sein Herz mit einem Mal – genauer gesagt, aufgrund des Anblicks direkt vor ihm – stehen zu bleiben schien. Was dort stand, konnte nicht wahr sein; es musste Einbildung sein.
    „Erinnerst du dich jetzt?“, fragte das Pokémon, welches ihm Gegenüber stand.
    Der Büschel aus Blüten auf dem Kopf der Gestalt war zerfetzt, verklebt und blutverschmiert. Seine Ohren hatten nahezu Löcher und waren übersät mit Kratzern und Brandspuren; ebenso wie der ganze Körper des Pokémon. Es hatte den Mund leicht geöffnet und schwach funkelnd konnte Lichtel ein paar aschfahle Zähne erkennen, welche in unregelmäßigen Abständen in alle Richtungen hervorstanden. Der schlimmste Anblick bot sich jedoch an den Augen. Diese waren nicht vorhanden! Aus den Augen des Vierbeiners tropfte lediglich etwas Blut, in unregelmäßigen Abständen; die Augenhöhlen wären leer.
    „Das… das kann nicht sein!“, brüllte Lichtel und spuckte einen Feuerball auf seinen Gegenüber, doch dieser Angriff ging einfach durch das Pokémon durch und schadete ihm nicht. Und so begann Lichtel zu lachen. Es war nicht so, dass er sich freute, oder etwas lustig fand. Es war ein verrücktes Lachen, welches dem beim Akt des Mordens nahe kam; doch beinhaltete es auch eine Spur Angst. Angst, und Verzweiflung. Es rannte weg vor der Wahrheit, doch immer wenn es stehen blieb und sich aufrichtete, um nachzusehen, ob dieses gespenstische Wesen noch da war, stand es wieder einige Meter vor ihm und schien es einfach nur anzusehen.
    „Du kannst nicht vor mir weglaufen, Lichtel. Erinnerst du dich an mich?“


    In dieser Nacht rannte Lichtel weiter, und weiter, doch letzten Endes gab es auf. Einige im Wald lebende Pokémon, die bisher verschont wurden, fanden es am nächsten Tag tot unter einem Baum. Auch seine Augen waren weg. Anstelle der sonst so geheimnisvollen, stark leuchtenden hellblauen Augen waren dort nur ein paar Tropfen Blut.
    Lichtel wurde nicht von einem Lebewesen umgebracht. Es war der Körper seines ersten Opfers gewesen, welchem er in dieser unheilvollen Nacht begegnet war. Es war die Seele des Sesokitz, welches er vor vielen Jahren in einer regnerischen Nacht umgebracht hatte. Der bloße Gedanke daran, dass es nun für immer von diesem heimgesucht werden sollte, hatte es so sehr in Besitz genommen, dass es schließlich ganz von selbst gestorben war.


    In dem Baumstamm, an den die Leiche des Mörders angelehnt vorgefunden wurde, war in Icognito-Buchstaben etwas eingeritzt. Die Worte glühten förmlich und fühlten sich fast lebendig an, als wäre Lichtels Feuer in sie übergegangen… Und jedes Pokémon, welches diese Worte las war fest davon überzeugt einen Schrei zu hören. Den Schrei eines kleinen Mädchens… Oder den eines Pokémon.
    „Mama, Papa. Nun sehe ich euch wieder.“
    [tab='09: Traumszene']
    [subtab='Informationen']
    3. Chess Lieb' mich, wenn ich meine Augen schließe 13


    Schon wieder Last-Minute ._. Samstag-Mittag entstanden, aber überraschend gut platziert, mit doppelter Punktzahl Abstand auf Platz 4. o: Die Geschichte basiert auf dem Lied "Dream Girl" von Sean Paul, dessen Zeile "cause she only loves me when i close my eyes, thats why i call her dream girl" lautet. War zufrieden mit der Platzierung und auch recht zufrieden mit der Abgabe. :3
    [subtab='Abgabe']
    Lieb‘ mich, wenn ich meine Augen schließe


    Nur leise, förmlich kaum hörbar, war das entfernte Rauschen des Flusses zu vernehmen. Umso leiser jedoch war der Wind, heute in Maske und wenig bis gar nicht zu spüren. Auch die Sonne hatte bereits die Bühne verlassen und war bereits hinter selbige gegangen. Es war der Mond, welcher die Nacht erhellte, obgleich auch nur ein wenig. Es war nicht einmal genug, um einige Meter weit zu sehen, doch spendete er dennoch genügend Licht, welches durch die riesigen Fenster des Raumes fiel, in dem er wartete.
    Raum als Bezeichnung war jedoch um einiges zu wenig. Gar Festhalle ließ sich sagen. Dort, wo ich mich zweifellos gerade befand, hätte ein Ball oder eben eine Feier riesigen Ausmaßes stattfinden können, wie nur der König sie zu veranstalten pflegte. Auch hier war es dunkel, doch erkannte ich doch einige wenige Schritte vor mir die Umrisse des Flügels, welchen ich spielen würde. Ich würde spielen und spielen … Und nie aufhören.
    Vielleicht war es ein Fluch, vielleicht aber auch bloße Einbildung. Fakt war jedoch, dass ich diesen Raum nicht eher verlassen würde, bis sie erscheinen würde. Und so stand ich dort. Minuten … Stunden … Ich achtete nicht mehr auf die Zeit, meine Augen waren starr auf die großen Flügel am anderen Ende der Halle fixiert, wobei ich doch nicht mal ihre Umrisse wirklich erkennen konnte. So waren es also nicht meine Augen, welche ich verwendete, sondern die Ohren. Ich hoffte lediglich darauf, das schwere Knarren der Türe zu hören, wenn diese aufflog. Ich hoffte, die leisen, anmutigen Schritte ihrerseits zu vernehmen. Und erst dann wollte ich mich auf meine Augen verlassen können … Wenn sie an diesem Flügel stehen sollte.
    Weiß war ihr Kleid, weiß ihr Schleier. Und ebenso weiß ihre Haut. Leicht schimmerten ihre tiefblauen Augen unter zweiterem hervor, während sie näher kam. Sie hatte die Nähe des Flügels bereits verlassen und stand nun nur einen oder zwei Schritte von mir entfernt. Vorsichtig schloss und öffnete ich meine Augen, bis ich realisierte, dass all dies gar keine Einbildung gewesen war – sie war wirklich gekommen!
    »Harmona «, brachte ich knapp hervor. Aus meiner Stimme ließ sich nicht auch nur im Entferntesten eine Gefühlslage heraushören, wobei sie mich argwöhnisch zu mustern schien.
    Ohne weitere Anzeichen auf ein Gespräch, oder zumindest etwas ähnliches, zu machen, setzte ich mich auf den Hocker zu meinen Füßen und legte meine Hände sachte auf die weiß schimmernden Tasten, welche von ihren schwarzen Artgenossen vervollständigt wurden. Es waren nicht mein Bewusstsein, dass mich dazu brachte, nun zu spielen. Es passierte einfach. Meine Hände glitten praktisch von allein über die Tasten des Flügels und ehe ich mich versah, fand ich mich inmitten dieses Stückes wieder, welches ich schon so lange für sie geprobt hatte – doch nie hatte ich es geschafft, es vollends zu spielen.
    Sie hingegen würdigte mich keines Blickes, sah mich nicht einmal aus dem Augenwinkel an. Und so spielte ich weiter, und weiter. Wieder verstrichen Minuten oder sogar Stunden und so war es letzten Endes ihre Hand, welche sich sanft auf die meine legte. Sie hatte sich vorgebeugt und mich somit abrupt vom Spielen abgehalten. Kurz vor der Stelle der Sonate, welche ich bisher noch nie sauber gemeistert hatte.
    »Es ist mir nicht von Bedeutung, wie du spielst. «
    Sie ergriff auch meine zweite Hand und harkte ihre Finger in die meinen. Daraufhin richtete sie sich langsam wieder auf, sodass ich gezwungen war, selbiges zu tun. Sie ließ meine Hände nun los und legte ihre Arme quälend langsam um meinen Hals, sodass sich ihre Finger hinter diesem wieder trafen. Unbewusst – aus reiner Intuition mochte man auch sagen – legte ich meine Hände an ihre Hüften und schon begann sie mit mir zu tanzen. Ich selbst war es nicht der tanzte, ich folgte lediglich ihren Bewegungen. Sie jedoch schien gar leidenschaftlich eine Abfolge von Schritten immer wieder zu wiederholen, bis auch ich verstanden hatte, was sie tanzte. Sie tanzte, was ich spielte. Ich hatte gespielt, was sie nun tanzte. Und so fügten sich beide Teile zusammen.
    Sie kam mir mit ihrem Kopf näher und näher. Ich nahm meine linke Hand von ihrer Hüfte und legte vorsichtig ihren Schleier beiseite. Ich hatte meine Hand noch nicht einmal wieder an ihre Hüfte gelegt, da hatten ihre Lippen die meinen bereits in Besitz genommen. Ich fühlte es, wie ihre ganze Liebe in mich überging, und so erwiderte ich ihre Geste. Für einen Moment lang wollte ich nicht loslassen. Das erfüllte Gefühl, das wohlige Kribbeln im Bauch … ich wollte all das für immer behalten. Doch sie war es die losließ. Oder?
    Nein, sie ließ nicht los. Es war etwas anderes, was mich in diesem Moment fallen ließ. Alles verschwamm vor meinen Augen und das letzte was ich sah, bevor ich endgültig schwarz sah, waren ihre tiefblauen Augen. Sie wirkte traurig, als wollte sie nicht, dass ich gehe. Und ich wollte nicht gehen. Ich liebte sie doch …


    Doch ich konnte es nicht ändern. Es war immer so. Jedes Mal …
    [tab='13: Allgemeines Drabble']
    [subtab='Informationen']
    15. Platz: „Ja“ von Chess mit 2 Punkten


    Ich mag Drabbles total, nur kann ich sowas einfach nicht. ): Na ja, war so ungefähr Donnerstag angefangen; jedenfalls Ende der Woche und imo ein ganz süßer Text weil Hochzeit bla, aber na ja x)
    [subtab='Abgabe']
    „Ja“


    Viele Gedanken habe ich mir gemacht. War es wirklich die richtige Entscheidung? Heute jedoch wurde mir klar, dass es die klügste Wahl gewesen war. In schwarzem Anzug wartete ich am Altar auf sie. Die Sekunden kamen mir vor wie Stunden, doch dann war es soweit. Mit langsamen, anmutigen Schritten lief sie durch die Stuhlreihen auf mich zu, gekleidet in ein graziles Kleid. Als sie am Altar ankam, fragte der Pfarrer mit kräftiger Stimme ob ich sie, Marylin Edwards, heiraten wollte. Ich holte tief Luft und sagte ehrlich, aus ganzem Herzen: „Ja.“
    Ich schob ihren Schleier beiseite und küsste sie.
    [tab='14: Elemente-Haiku']
    [subtab='Informationen']
    Platz 6 geht an Regenwüste von Chessi mit 5 Punkten.


    Last-Minute HEUL ;A; Mehr oder weniger die einzige Pokémon-Abgabe (oder nur eine von zwei, lol), aber imo auch nicht gut, aber wie bei Drabbles und Gedichten und allgemein etwas was nicht lang ist - ich kanns einfach nicht. ):
    [subtab='Abgabe']
    Regenwüste


    Regen fällt hinab
    Flutwellen stürmen das Land
    Kyogre erwacht


    Die Sonne erglüht
    Schafft eine kahle Wüste
    Wenn Groudon erwacht
    [tab='16: Pokémon everywhere!']
    [subtab='Informationen']
    3. Platz: "Ein Rotomantisches Rendezvous" von Chessi mit 4 Punkten


    Cooles Thema, wenig Abgaben, wenig Votes, wenig Ideen was meinen Text angeht ... Nothing else to say. ):
    [subtab='Abgabe']
    Ein Rotomantisches Rendezvous


    „Weißt du, was du bestellen möchtest?“, fragte er mich, als die Kellnerin sich an unseren Tisch stellte, und uns fragte, ob wir bereit sein. Ich warf noch einen letzten Blick auf die Karte, antwortete meinem Freund dann aber mit einem „Ja“.
    „Perlufekt! Dann fang mal an“, forderte er mich höflich auf, zuerst zu ordern.
    „Gerne“, antwortete ich ihm. „Könnte ich bitte Seeperzunge haben?“, wandte ich mich nun an die Kellnerin, welche schon einen wartenden, gar fordernden, aber dennoch freundlichem Gesichtsausdruck.
    „Natürlich. Möchten sie Karpatoffeln oder lieber Regireis dazu?“, bot sie daraufhin die beiden Beilagen an.
    „Ersteres bitte“, sagte ich knapp. „Und du, Schatz?“, wandte ich mich wieder meiner Begleitung zu.
    „Ich hätte gerne das Filet Minun, ebenfalls mit Karpatoffeln bitte“, meinte er freundlich und gab der Kellnerin dann sein Karte, was ich daraufhin ebenfalls tat. Die Frau bedankte sich und verschwand in die Küche, wo sie unsere Bestellungen an die Köche weitergeben würde.


    „Die Seeperzunge? Wusste gar nicht, dass du Fisch so ursarglaublich magst“, sagte mein Freund, als die Kellerin nicht mehr da war, leise und lachte mich an. Ein gewisser Sarkasmus lag in seiner Stimme, aber so war er nun mal. Er schmunzelte mir zu.
    „Und seit wann ziehst du Karpatoffeln deinem geliebiskusten Regireis vor?“, antwortete ich gespielt schnippisch und zog meine Augenbrauen hoch. Eine Serpikunde sahen wir uns in die Augen, aber schon mit dem nächsten Wimpernschlag mussten wir herzhaft lachen. Nach einigen Momenten hatten wir uns wieder beruhigt.
    Ich sah ihm tief in die Augen und zwinkerte ihm noch ein letztes Mal zu.
    „Was macht die Arbeit?“, fragte ich meinen Freund daraufhin, dieses Mal allerdings ernst, ohne lachen zu müssen.
    „Ich habe zwar nach jedem Arbeitstag Koknopfschmerzen, aber die Asperin-Tannzabletten sorgen dafür, dass es einigermaßen auszuhalten ist. Der ho-ohe Geräuschpegel ist eben das Problem, diese Maschinen sind einfach viel zu laut …“, beklagte er sich, wobei man in seiner Stimme schon hörte, dass er es gar nicht so schlimm fand, sondern aus einem Yanmega wohl gerne ein Donphan machte. So war er nun mal …
    „Verstehe. Aber irgendjemand muss eben für den Strom der Stadt sorgen, stimmt’s?“ Auch ich hatte keinesfalls weniger Sarzeniakasmus als er. Eine der Eigenschaften, welche uns beide zu einem wundervollen Paar machte.
    „Bedauerlicher Welsar, ja …“, stöhnte er, „Und wie sieht es bei dir aus?“
    „Klikklenten, Heulsusen, und so weiter … Es ist eben nicht einfach in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten und als Selfeetärin, hat man auch einfach viel zu tun. Telefon, Empfang … du weißt ja. Aber ich kann mich auch nicht beschweren, mein Job ist eben mein Job“, antworteteich recht monoton, denn all das wusste er eh schon, bei mir änderte sich meistens nicht viel.
    Gerade wollte ich in ein neues Themtoxa einsteigen, als die Kellnerin wieder kam, in ihren Händen jeweils ein großer Teller, voll mit gut duflorenden Essen.
    „Das Filet Minun ist für sie, Sir“, wiederholte sie die Bestellung und stellte den Teller dann vor meinem Freund ab, „und die Seeperzunge für sie, richtig?“ Ich nickte und sie stellte auch vor mir den Teller ab.
    „Möchten sie noch trinken?“, fragte sie dann noch höflich, aber wir lehnten ab, unsere Gläser waren noch gar nicht leedian.


    „Schmeckt es dir?“, fragte mich mein Freund, nachdem wir beide schon zwei, drei Gabeln genommen hatten.
    „Danke, der Fisch ist vorzüglich. Und wie ist dein Filet Minun?“, antwortete ich und sah ihm in die Augen.
    „Köstlich!“, meinte er knapp und begann sofort damit weiter zu essen, offenbar hatte er echt Hunger. Ich schmunzelte kurz, aß dann aber ebenfalls weiter.
    Als wir mit dem Essen fertig waren und einen Moment einfach mal nichts taten, bestellten wir gemeinsam noch einen Gelatwino-Becher, den wir uns dann teilten. Wir aßen gemeinsam und kamen uns dadurch noch etwas näher, aber dann war dieser fasasnotastische Abend leider vorbei. Er bestellte die Rechnung und zahlte.
    „Es war wonneiraschön, dich wiederzusehen. Ich wünschte, es könnte immer so sein … Hätte ich doch nur ein Jirachi …“ Er blickte mir tief in die Augen, ich erwiderte seinen Blick, aber weiter reden brauchten wir nicht. Obwohl wir noch am Tisch saßen gab er mir einen Kussila. Seine Liliepen trafen auf meine, und für einen Moment blieb die Zeit einfach stehen. Ich wollte in dieser Sekunde einfach nicht loslassen, er jedoch, ließ von mir ab. Er neigte sich nach vorne, streckte seinen Kopf neben meinen und holte Luft.
    „Ich liebyda dich“, flüsterte er mir in mein Ohr.
    [tab='18: Klanggeschichten']
    [subtab='Informationen']
    1. Chessi Flügellos 8


    So wenig Abgaben und trotzdem so wenige Votes ._. Na ja, das war die Abgabe der Saison die ich vom ersten bis zum letzten Tag der Deadline durchgeplant, geschrieben und verbessert habe und ich muss sagen - ich fand sie schön traurig ;A; Idee kam, als ich das Lied hörte um mich einzufinden (saß im Bus) und eben genau diese Szene mit dem Vater und dem Mädchen beobachtete und dann ist iwie alles von selbst passiert haha ... wir wissen ja - Trauer usw sind mein Fachgebiet. <: Jedenfalls ein würdevolles Ende der Saison für mich, haha x)
    [subtab='Abgabe']
    Flügellos zu Yiruma - Kiss The Rain


    Mit einem gewaltigen, fast schon bedrohlichen Zischen öffnen sich sowohl die vordere als auch die hintere Tür des Busses. Zwei Menschen steigen ein, einer setzt sich bereits, der andere zahlt scheinbar die Karten für beide. Ersterer ist noch jung und klein, während Letzterer bereits erwachsen ist. Er setzt sich neben sie und legt seinen Arm um sie. Er drückt sie fest an sich, als wolle er sie nie wieder loslassen, als wäre sie das Einzige, was er noch im Leben hatte. Ächzend schließen sich die Türen wieder, das Prasseln des Regens wurde leiser und ich vernehme es nur noch gedämpft an meinem Ohr, wie gesagt gegen die Fensterscheibe des Busses schlug. Die beiden lachen miteinander und auf dem Gesicht des Vaters war die pure Zufriedenheit zu sehen, als wolle er diesen Moment nie wieder gehen lassen. Er sieht glücklich aus. Sie blickt ihn mit großen Augen an; hält für einen Moment inne. Er schmunzelt zurück, sie legte ihren Kopf auf seine Brust und erlässt ihren Augenliedern für einige Sekunden die Arbeit. Auch sie war glücklich. Das dumpfe Surren des Motors wird stärker, dringt an mein Ohr und benebelt meinen Geist. Mit nunmehr ebenso geschlossenen Augen, wie das kleine, glückliche Mädchen, ertrage ich den Rest der Fahrt; ertrage das Brummen und das Prasseln. Der Bus hält, zischend öffnen sich die Türen. Ich steige aus. Die Regentropfen erschlagen mich, benetzen meine Haut und meine Kleidung. Ich dreht mich um, sehe in den so warm und geborgen wirkenden Bus, wo Vater und Tochter noch immer Arm in Arm sitzen. Das Surren lässt nach.


    Ich erinnere mich.


    Sie neigte sich zu mir herunter, legte die Arme auf mein Bett. Ich war bereits in meine Decke eingehüllt und obwohl sie mich immer wärmte, fror ich in diesem Moment. Draußen fegte der Wind durch die Straßen und hämmerte bedrohlich gegen mein Fenster. Sie lehnte sich langsam über mich und berührte meine Stirn mit ihren Lippen.
    „Gute Nacht, mein Schatz“, hörte ich sie sagen. Die Dunkelheit in meinem Zimmer erdrückte mich, ich fühlte mich eingeengt und bewegungsunfähig, aber sie war bei mir. Und das machte mich glücklich. Genauso war mir auch bewusst, dass ich sie glücklich machte. Ich schloss die Augen. Für eine Sekunde entfloh ich der Schwärze des Raumes, fühlte mich frei. Doch ich kehrte gerne wieder, denn meine Mutter war dort.
    „Gute Nacht“, hauchte ich zurück und mit dem letzten Wort schlief ich ein. Meine Mutter stand auf, beobachtete mich noch einige Sekunden und verließ dann leise das Zimmer. Die Tür stand einen Spalt offen, und so schien ein kleiner Lichtkegel in meinen Raum, der die Dunkelheit vertreiben sollte. Der Wind peitschte gegen die Fensterscheibe.


    Sowohl meine rechte, als auch meine linke Hand, hatten die Beiden in Besitz genommen. Wir liefen den sandigen Weg gemeinsam, alle drei. Zu beiden Seiten konnte man den Stimmen lauschten, wie Menschen kauften, wie Menschen verkauften. Wie sie plauderten oder sich angeregt unterhielten. Wie sie lachten, Spaß hatten. Wie sie trauerten und weinten. Nur schwach drangen die Lichter der Laternen und Kerzen an mein Auge, viel zu fixiert waren meine Sinne in dieser Sekunde auf meine Eltern. Ich hörte sie zählen, von drei abwärts. Bei eins brachten sie zusammen gewaltige Kraft auf und hoben mich dadurch in schwindelerregende Höhen. Zunächst hatte ich einen Schock, doch dann fühlte ich mich wohl. Der Moment, in dem ich in der Luft schwebte, schien für eine Sekunde ewig zu sein. Ich genoss ihn. Ich landete mit den Füßen wieder auf dem Boden. Ich lachte. Ich hörte sie lachen. Nur schwach, aber ich hörte sie.
    „Engelein, flieg!“
    Die Menschen um mich herum waren fröhlich. Meine Eltern waren es auch. Und ich war es auch. Das flackernde Licht einer Kerze fiel in mein Auge und ich stockte für einen Augenblick. Sie sahen zu mir hinab, ich sah zu ihnen hinauf. Wir hielten inne, dann lachte ich. Und sie lachten mit mir.


    Ich liege in seinen Armen, doch wäre ich viel lieber in anderen. Trotzdem dankte ich ihm. Es interessierte ihn nicht, dass sein Hemd voller Tränen war. Dass ich ihn beanspruchen musste, um meine Trauer wegzustecken. Er hörte mir zu. Er antwortete. Er machte mir Mut. Tränen hatte ich vergossen, nun hörte ich damit auf. Seine Worte spendeten Trost, seine Arme um mich herum Geborgenheit. Ich fühlte mich wohl, obwohl ich traurig war. Er streichelte mir über den Kopf, während es in unserem Wohnzimmer heller wurde. Ein Lichtstrahl schien durch das Fenster herein, die Sonne lugte hinter der Wolkendecke hervor. Ich lächelte, sie tat es auch.


    Ich komme an, stehe vor einem großen Tor. Es ist offen, und ich trete ein.


    Wir saßen im Auto, alle drei. Mein Vater fuhr, meine Mutter saß neben ihm. Ich war auf der hinteren Bank. Wir spielten gemeinsam ein Spiel mit Worten, wir lachten gemeinsam und dann schwiegen wir gemeinsam. Ich freute mich auf unseren Urlaub, sie taten es auch. Die Sonne schien, es war warm. Ich schlief eine Weile. Als ich wieder aufwachte, hatten sich bereits einige Wolken vor die Sonne geschoben. Ich runzelte die Stirn. Und unsere Fahrt ging weiter und weiter.
    Helles Licht. Laute Geräusche, ähnlich dem Aufeinanderprallen von Dingen. Schreie. Schmerzen durchfuhren meinen Körper. Mein Mund ist wie gefesselt, meine Hilferufe waren verstummt. Ich hörte einen Regentropfen auf die Fensterscheibe fallen, sah meine Eltern an. Meine Augen schlossen sich.


    Vor einem großen Stein komme ich zum stehen. Ich knie nieder und schließe die Augen, um Tränen zurück zu halten. Es regnet noch immer, meine Klamotten, meine Haare und meine Haut sind bereits durchnässt. Doch ich spüre es nicht. Ich öffne meine Augen wieder und lese die Inschrift des Steines. Es ist schon elf Jahre her. Ich greife in meine Tasche und hole einen wohl geformten Stein aus ihr heraus. Ich lasse mir keine emotionale Regung anmerken. Sind dort überhaupt andere Menschen? Ich sehe sie nicht, doch will ich sie auch nicht sehen. Der Stein in meiner Hand wird bereits etwas nass. Ich lege ihn auf die Erde, vor das weitaus größere, ebenfalls steinerne Denkmal, und atme seufzend aus. Ein Tropfen Wasser kullert meine Wange hinab; ich kann nicht sagen ob es eine Träne oder ein Regentropfen ist.
    Der Stein hat die Form eines Engels. Er würde nie wieder fliegen.
    [tab='Nachwort']
    Ich möchte abschließend nochmal sagen, wie viel Spaß mir die Saison gemacht hat; ich freue mich schon unendlich auf das Saisofinale! ♥ Außerdem möchte ich mich bei einigen Leuten bedanken, und zwar:


    ... dem FF-Komitee, dafür, dass ihr die Wettbewerbe wie immer auf die Beine gestellt habt
    ... allen Votern, da die Wettbewerbe ohne euch nicht existieren könnten


    Auf ein tolles Finale mit epischen Abgaben und eine wundervolle neue Saison im Jahre 2014!
    [/tabmenu]

  • Schmetterlinge weinen nicht


    Ich hörte das Quietschen der Schaukel, alle anderen Geräusche der so endlos großen Welt schienen gar nicht von Bedeutung zu sein, meine Ohren filterten sie gar heraus, ließen sie nicht eindringen. Meine Haut spürte den Wind, den Regen, nicht aber den Schmerz. Und es war gut so.
    Ich blickte in den Himmel hinauf, Wassertropfen kamen mir entgegen, doch ich ignorierte sie. Sie kullerten meine Wangen hinab und gesellten sich zu Freunden aus anderen Welten. Sie sprangen mit ihnen hinab und gingen als Eins in den Erdboden ein. Nichts ließ darauf schließen, dass sie je da gewesen war. Und so war es auch bei mir.
    Das Grau über mir erdrückte mich. Ich bekam keine Luft mehr, mein Atem ging stoßweise, panisch. Ich wusste, ich bildete mir nur ein, was geschah und doch fühlte es sich für mich so real an. Es tat so weh. Doch ich ignorierte es. War dort kein einziges Licht am Himmel? Sollte dort nicht irgendwo, hinter einer der grauen Wolken, ein bisschen Sonne hervorlächeln? Wollte man wirklich auch die letzte Freude nehmen?


    Ich hob den Arm vor meinen Oberkörper, als wollte ich auf die Uhr sehen, streifte den Ärmel meines Pullovers bei Seite und betrachtete meinen Arm. Meine fahle, helle Haut leuchtete in das Grau des Himmels hinein und verlor sich in dessen Dunkelheit. Einzig und allein einige Umrisse blieben bestehen. Man konnte deutlich erkennen, was sie darstellen, obwohl sie schon verschwommen waren … Sie waren der Beweis, dass ich stark war, sagte ich zu mir selbst. Man könnte noch so viel über mich sagen, aber ich wusste eines: Ich war stark.
    Meine Gedanken schweiften hinfort, weg von meinem Arm, weg von der Gestalt auf diesem. Ich dachte an meine Eltern. Meine Mutter, die im Krankenhaus lag. Mein Vater, der zu Hause saß. Ich vertiefte den Blick in meine Heimat, setzte mich gedanklichen neben meinen Vater. Er saß an einem Schreibtisch, auf dem ein Computerbildschirm seinen Platz fand – wenige Zentimeter daneben eine offene Flasche. Kein Wasser, kein Regen. Bier.
    Der Geruch des Alkohols, frisch und verlockend, stieg mir in die Nase, obwohl ich mir all dies doch nur vorstellte. Ein Schauder lief mir über den Rücken. Nicht nur wegen der Erkenntnis, dass alles, was ich mir vorgestellt hatte, wahr war. Mein Pullover klebte an meiner Haut, meine Hose hatte sich ebenfalls zusammengezogen. Meine Schuhe hatten sich dunkler gefärbt und ich spürte, wie sich Wasser durch meine Socken arbeitete, bis hin zu meinen Füßen, die sich der Kälte ergaben und gemeinsam mit mir froren. Und da war niemand, der mich wärmte.


    Ich sah mich auf dem Spielplatz um. Neben mir eine weitere Schaukel, dahinter ein Klettergerüst. Mir gegenüber, getrennt von einem Sandweg, stand eine Wippe, mit jeweils einem halben Autoreifen als Stopper. Ich erinnerte mich an Tage, an denen ich hier saß und gewippt habe. Die Wippe ging auf und ab. Auf … und ab. Ich versuchte mich daran zu erinnern mit wem ich hier gesessen hatte. Ich suchte etwas greifbares, etwas, woran ich mich festhalten konnte. Doch meine Gedanken verwehrten mir den Einblick darauf.
    Erstmals seit bestimmt mehreren Stunden überlegte ich, ob ich überhaupt alleine hier war. Ich scherte mich selten um andere Menschen, aber dass ich nicht einmal wahrnahm, ob die solchen überhaupt anwesend waren oder nicht überraschte mich doch ein wenig. Mein Blick streifte umher. Die Wippe – leer. Die Schaukel zu meiner Rechten ebenso. Auch das Klettergerüst war nicht besetzt und so lag ich richtig in der Annahme, dass ich der Einzige war, der sich an einem regnerischen Nachmittag bei knappen zehn Grad auf die Schaukel setzte und nachdachte.


    Ich sah wieder auf meinen Arm. Ich konnte es nicht unterdrücken, unter den Regen mischten sich erneut Fremde eines anderen Hauses. Sie tropften hinab auf die Silhouette eines Schmetterlings, mit einem Kugelschreiber fein säuberlich auf die Innenseite meines Unterarms, nahe den Adern, gemalt.
    Meine Mutter hatte es mir beigebracht. Wir hatten uns ein Versprechen gegeben und ich würde es nie brechen, auch wenn es wehtat – immer wieder. Sie hatte mir den Schmetterling aufgemalt – immer wieder.
    „Wenn du den Schmetterling schneidest, stirbt er, mein Schatz“, waren ihre Worte.


    Was war nun größer? Der Schmerz sich zu schneiden, oder der Schmerz sich nicht zu schneiden? Ich konnte es nicht sagen, ich wollte es auch nicht sagen. Meine Gedanken spielten verrückt, ich spürte, wie mein Verstand mir sagte, was ich tun sollte. Mein Herz sagte nein. Und es war im Recht.
    Ich erinnerte mich zurück an die Wippe. Mir gegenüber saß meine Mutter. Ihr langes, blondes Haar sah im Sonnenlicht so wunderschön aus. Doch es taten sich Wolken auf. Ich spürte, wie sich die Dunkelheit sogar in meinen Erinnerungen über sie legte.


    Für sie würde ich stark bleiben. Ich würde auch nicht mehr weinen. Ihr Schmetterling würde weiterleben. Ich stand von der Schaukel auf, ließ sie hinter mir in Ruhe ausschwingen und krempelte den Ärmel meines Pullovers wieder hinab – niemand würde meinen Schmetterling je zu Gesicht bekommen. Das war unser kleines Geheimnis.
    Ich lächelte und spürte, wie auch die letzte Träne ihren Weg gen Boden fand. Ich breitete meine Flügel aus und flog dahin.

  • Hallo Chess. ^_^


    An deinem KG Topic kommt man allein schon aufgrund des Titels gar nicht vorbei und als ich gesehen habe, dass dein letztes Werk noch gar kein Feedback erhalten hat, dachte ich mir, ich kümmere mich mal drum.


    Schmetterlinge weinen nicht
    Vorneweg: ich will diesen Text in einem Deutschbuch sehen! Wirklich, ich übertreibe nicht, ich meine das absolut ernst. (: Das würde einfach perfekt in den Unterricht passen, von der Thematik her, vom Schreibstil und überhaupt … könnte man wirklich herrlich mit diesem Text arbeiten. Einfach nur wow, ich hab großen Respekt vor dieser Kurzgeschichte. Der Titel allein macht schon sehr neugierig und ich dachte mir aufgrund der Formulierung schon, dass es sich wohl um eine RL-KG handeln muss. Grundsätzlich kann man ja sagen, dass Schmetterlinge wohl wirklich nicht weinen, deshalb hatte ich so das Gefühl, dass mit dem Schmetterling wohl kein buchstäblicher gemeint ist, sondern eher im übertragenen Sinn. Schmetterlinge sind ja sehr zerbrechliche, wenn auch wunderschöne Geschöpfe und ich persönlich mag sie sehr. Schmetterlinge sind besonders und ich könnte Stunden damit zubringen in Wikipedia über die verschiedenen Arten zu lesen. (: Nun, mal sehen, welchen Schmetterling du in deiner KG meinst.


    Einmal mehr hast du dich für die Ich-Perspektive entschieden und ich muss sagen, du kannst in dieser Perspektive deine Stärken wirklich ausgesprochen gut ausspielen und ausleben. Lediglich einmal bist du in deiner Erzählweise kurz abgeschweift und zwar bei dem Satz:

    Zitat

    Auch das Klettergerüst war nicht besetzt und so lag ich richtig in der Annahme, dass ich der Einzige war, der sich an einem regnerischen Nachmittag bei knappen zehn Grad auf die Schaukel setzte und nachdachte.

    Die genaue Angabe der Temperatur beißt sich mit dem vorherigen Erzählstil und das würd ich hier nicht erwähnen. Den Regen hast du davor schon erwähnt, also müsstest du auch diesen nicht noch mal erwähnen. Letztendlich könnte man den letzten Teil des Satzes eigentlich komplett weglassen. ^^
    Ansonsten hast du wirklich eine Menge guter Beschreibungen in diesem Text, die ihm eine ganze Menge Tiefe geben und alles so anschaulich machen, dass ich mich sofort in die Szene versetzt fühlte. Mir gefiel sehr, wie du mit einem Geräusch gestartet bist und ich durch die folgenden Beschreibungen sofort Bilder im Kopf hatte. War wirklich sehr schön.
    Über den Ich-Erzähler erfährt man nicht allzu viel, jedoch hatte ich das Gefühl, dass er sehr jung ist. (Aufgrund der Tatsache, dass das Wort „Ich-Erähler” maskulin ist, werde ich im Folgenden bei „Er” bleiben, selbst wenn du vielleicht hier aus der Sicht eines Mädchens geschrieben hast. ^^) Obwohl, naja „sehr” jung ist wahrscheinlich eine schlechte Eingrenzung, aber irgendwie noch unter 16 Jahren, weil mir die Erzählweise so vorkam.
    Von Anfang an verbreitest du eine melancholische Stimmung, das einsame Quietschen der Schaukel, der Wind und der Regen. Gerade da du das Quietschen der Schaukel hier in den Vordergrund rückst - nicht etwa das Rauschen des Regens - macht die Einsamkeit als Atmosphäre deutlich. Dieses Quietschen ist meist ja sehr unangenehm und klingt entfernt an ein Seufzen oder Wimmern. Jedenfalls verbinde ich das damit. Benutzt du hier also sehr gut, um die Stimmung des Ich-Erählers darzustellen, ohne, dass er großartig selbst darüber sprechen muss. Faszinierend! ^^
    Etwas stockte ich bei der Formulierung „Freunden aus anderen Welten”, da ich nicht sofort wusste, was du damit meinen könntest. Ist bissl umständlich beschrieben — und ich muss an „Crying in the Rain” von A-ha denken — aber mir kam dann doch, dass es sich wohl um Tränen handeln muss. Bei der Formulierung, dass nichts darauf schließen ließ, dass die Tränen je dagewesen waren und es auch dem Ich-Erzähler selbst so vorkam wurde ich stutzig. Hält sich der Ich-Erzähler für unwichtig? Meint er, man würde gar nicht bemerken, wenn er nicht da wäre?
    Das Grau konnte ich mir sehr gut vorstellen, es gibt ja diese furchtbar grauen Regentage, die einem wirklich auf das Gemüt schlagen können. Und so geht es dem Ich-Erzähler anscheinend auch, der sich von dem Grau erdrückt fühlt. Dabei ist es interessant, wie er sagt, dass er sich die Panik nur einbildet, diese aber im Gegensatz zum Schmerz nicht ignoriert. Die folgenden Fragen zeigen definitiv die Hoffnungslosigkeit des Ich-Erzählers, der sich bei all dem trostlosen Grau natürlich Licht und Wärme wünscht. Gerade die letzte Frage regt besonders zum Nachdenken an. Es scheint als habe der Ich-Erzähler schon einiges mitgemacht und bisher kein besonders leichtes oder freudiges Leben gehabt.
    Ich habe mich gefragt, welche Umrisse auf dem Arm des Ich-Erzählers wohl zu sehen sind. Zuerst dachte ich an Narben oder Kratzer - was sonst hat man auf der Haut? - aber da würde das Wort „verschwommen” ja nicht passen. Nur verblasst, also muss es etwas anderes sein. Ist vielleicht etwas auf die Haut gemalt worden? Was es auch ist, für den Ich-Erzähler ist es der Beweis, dass er stark ist. Muss also etwas wichtiges sein.
    In der nächsten Szene erfahren wir etwas über die Lebensumstände des Ich-Erzählers. Darüber, dass seine Mutter im Krankenhaus liegt - auch wenn man nicht erfährt weshalb. Ist es eine chronische Krankheit? Oder eine plötzliche, starke Erkrankung? Man weiß es nicht, aber man kann sich die in einem Krankenhausbett liegende Frau sofort gut vorstellen, obwohl man ihr Äußeres nicht kennt. Der Vater ist entweder bereits jemand, der viel Alkohol trinkt oder aufgrund der Abwesenheit seiner Frau eher geneigt mehr zu trinken. Gut, nur weil von einer Flasche Bier die Rede ist, muss er kein Alkoholiker sein, aber warum sonst sollte man Alkohol explizit erwähnen? ^^ Deshalb denk ich mir, dass der Computer und der Alkohol dem Vater inzwischen wichtiger sind, als das eigene Kind. Wahrscheinlich leidet er unter der ungewollten Trennung von seiner Frau? Also in diese Familienumstände könnte man viel hineininterpretieren, da gibt’s viele Möglichkeiten.
    Du holst den Leser aber wieder zurück auf den Spielplatz und in den Reden, als du beschreibst, wie die Kleidung des Ich-Erzählers schon klatschnass ist und er dadurch friert. (Er sollte echt aus diesem Regen raus, er holt sich sonst noch was …)
    Die Beschreibung des Spielplatzes hat mir gut gefallen und gerade das Fixieren der Wippe war ausgesprochen interessant. Das Auf und Ab bei der Wippe ist ein gutes Bild für das Leben. Es geht immer mal auf und ab, aber allein kann man nicht wippen und genauso braucht man zum gegenseitigen Aufhelfen im Leben oft eine zweite Person. Interessant ist auch, wie der Ich-Erzähler sich jetzt erst Gedanken über andere Menschen in seiner Umgebung macht, aber er war ja auch sehr in Gedanken versunken. Eigentlich hätte es den Zusatz, dass er sich wegen möglicher anderer Menschen erst umsieht gar nicht gebraucht, man schaut sich ja auch so in seiner Umgebung einfach mal um - rein aus Neugier. Aber hier finde ich, passte es gut, weil es einmal mehr verdeutlichte, dass der Ich-Erzähler einsam ist und, obwohl er sagt, dass er sich nicht viel um andere Menschen schert, doch jemanden bräuchte.
    Im nächsten Abschnitt erfährt man nun, welche Umrisse zuvor erwähnt wurden, jedenfalls glaube ich, dass es dieselben sind. Und hier wird der Schmetterling des Titels aufgefasst, denn die verschwommenen Umrisse auf der Haut sind ein aufgemalter Schmetterling. Hab ich ehrlich gesagt nicht erwartet, gefällt mir aber ausgesprochen gut. Hier kommt für mich auch das rüber, was mich an dem Text so begeistert: es ist die Fürsorge der Mutter, die ihr Kind durch eine recht kindliche Sache davon abhält sich selbst zu verletzen. Und man merkt, wie unglaublich wichtig dem Ich-Erzähler dieses Versprechen ist, weil es eine Verbindung zu seiner Mutter ist.
    Ich habe leider - oder glücklicherweise? - keinerlei Erfahrung mit Ritzen oder ähnlichem, weswegen mir die Tiefe des Konflikts des Ich-Erzählers etwas verwehrt bleibt und trotzdem hab ich das Gefühl es nachvollziehen zu können, allein schon deshalb, wie du es beschrieben hast. Das ist sehr intensiv dargestellt, obwohl du gar nicht so viele Worte verwendet hast - beeindruckend!
    Der Mensch auf der anderen Seite der Wippe ist also seine Mutter und eigentlich ist sie eine freudige Erinnerung, aber auch hier tun sich Wolken auf. Schwer zu sagen, ob die Wolken deshalb auftauchen, weil das Verhältnis zur Mutter durch den Aufenthalt im Krankenhaus nicht mehr so stark ist oder ob die Krankheit selbst der Grund für die Wolken ist. (Dann wäre es vielleicht doch eine schwerere Erkrankung …) Fakt ist jedenfalls, dass der Ich-Erzähler sich vornimmt für seine Mutter stark zu bleiben und den Schmetterling überleben zu lassen. Und mir gefällt sehr, wie diese Kurzgeschichte mit einem starken Ich-Erzähler endet, der allem Anschein nach vor hat weiterzugehen und nicht aufzugeben. Dass du am Ende noch mal die Tränen - dieses mal ganz konkret - beim Namen nennst und sagst, dass es die letzten seien, spielt auch wieder auf den Titel dieser KG an. Lediglich den allerletzten Satz hab ich nicht völlig verstanden, aber für mich ist das Fliegen hier eine bildliche Darstellung von der Freiheit eines Schmetterlings, die den Ich-Erzähler nun erfüllt und hilft weiterzumachen. Der Boden hält ihn fest und dort sind die Tränen, aber der Himmel ist weit und im Flug ist er frei.


    Wie schon anfangs gesagt, eine sehr beeindruckende KG, sehr tief und ausgesprochen gut geschrieben. Hier und da könnte man ggfs. Noch feilen, aber ich hab vor der Thematik so großen Respekt, dass ich mir den Rotstift hier gespart habe, bis auf den Satz, den ich am Anfang erwähnt habe. Wow, mehr fällt mir eigentlich nicht ein und ich muss sagen, dass ich zwar gewillt war dir Feedback zu geben, aber mir nun nicht sicher bin, ob es der KG gerecht wird. Letztendlich soll dieses Werk aber nicht ohne Reaktion bleiben. (:


    In diesem Sinne: Happy Writing!


    — Cynda

    #kommisonntag


  • L O N E L I N E S S



    what doesn't kill you
    makes you wish you were dead
    got a hole in my soul
    growing deeper and deeper
    ---- bring me the horizon


    Ich bemerke nichts mehr um mich herum. Das wohlig warme Gefühl an meiner Haut lässt mich entspannen und zieht sich immer weiter zu sich. Es scheint, als würde es mir zuflüstern. Ich solle gehen. Einfach nur gehen. Und ich will es. Jede Faser meines Körpers folgt den gar blinden Empfindungen, die sich in mir ausgebereitet haben wie ein Feuer. Sie überziehen meine gesamte Gestalt und brennen all den Zweifel nieder - all die Gedanken und die Angst. Ich lasse mich vollkommen fallen und werfe all meinen Verstand hinfort, übertrage mein Denken meinem Instinkt. Ich gehe immer weiter, und weiter. Das Gefühl schießt immer weiter in mir hoch, zunächst erobert es meine Beine und schließlich meinen Rumpf. Es kribbelt in meinem Bauch und bringt meinen Rücken zum Zittern. Kein Zittern der Angst, sondern eines der Freude. Ich laufe weiter.


    Das Flimmern des Fernsehers nahm ich schon gar nicht mehr richtig war, als mein Kopf langsam abrutschte und auf ihrer Schulter landete. Eine angenehme und weiche Landung, die meinem Körper signalisierte, er könne sich ausruhen. Meine Augen fielen zu, wenngleich ich sie noch etwas aufhalten wollte. Ich wollte diesen Film noch zu Ende schauen. Ich hatte es ihr doch versprochen. Einmal mehr jedoch war mein Körper Herr über meinen Verstand und meine Sicht verdunkelte sich langsam, bis ich nur noch zu hören vermochte. Die Stimmen aus den Lautsprechern waren laut und schrien, doch ich achtete nicht auf sie. Ich wollte nur ihrem Atem lauschen. Das rhythmische Ein- und Ausatmen, ein vollkommen selbstverständlicher Prozess unseres Körpers. Wahrscheinlich ohne es zu wollen, gab gerade dieser Prozess mir die Sicherheit und ein Gefühl der Geborgenheit. Ich spürte kaum mehr, wie meine Gedanken sich langsam aufteilten, sich verabschiedeten und in ganz viele verschiedene Richtungen aufbrachen. Ich versuchte ihnen hinterher zu eilen, doch ehe ich mich versah war ich eingeschlafen.


    Das jähe Geschrei eines Raben reißt mich plötzlich aus meiner Trance. Panisch schlage ich um mich, ringe nach Luft. Ich schließe mich dem Boten des Untergangs an, ich schreie und schreie. Hört man mich überhaupt? Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, werden meine Gedanken überflutet. Ein Bild meines Vaters erscheint vor meinen Augen, dann eines meiner Mutter. Ich höre die Stimme, die ich nie wieder hören wollte. Ich höre sie rufen. ‚Du solltest nicht hier sein.‘
    Erst jetzt verstand ich.


    Das erste woran ich mich erinnern konnte, als ich aufgewacht war, war dieses Gefühl der Angst. Ich sah mich um, mehr panisch als abschätzend, und bemerkte schnell dass sie nicht mehr da war. Ich begann mich daran zu erinnern auf ihrer Schulter eingeschlafen zu sein. Scheinbar war sie aufgestanden.
    Ich beruhigte mich. Höchstwahrscheinlich war sie einfach nur schlafen gegangen. Der Fernseher lief jedoch noch. Langsam richtete ich mich auf und schlurfte zum Tisch, um das Gerät mit der Fernbedienung abzuschalten. Mit dem Fehlen des Lichtes des Fernsehers wurde es plötzlich sehr dunkel in unserer Wohnung. Ich warf schnell einen Blick hinter mich und ging dann zügig in Richtung Schlafzimmer. Vor der Tür blieb ich stehen und wartete einen Moment.


    Alles geht so schnell. Mein Mund füllt sich mit Wasser, meine Nasenlöcher werden verstopft und ich kneife meine Augen zusammen. Ich kriege keine Luft mehr, schlage verzweifelt um mich. Ich versuche weiter zu schreien, doch ich kann nicht. Panisch öffne ich meine Augen, doch sehe ich nicht als Dunkelheit. Kaum erkennbar schimmert in scheinbar unerreichbarer Ferne ein Lichtstrahl durch die Oberfläche zu mir hinab, als würde er mir seine Hand geben und mich retten wollen. Ungeachtet dessen was ich über da Schwimmen gelernt hatte, bewegte ich meine Gliedmaße mit unrhythmischen Zuckungen und versuchte irgendwie mich durch diese Wand zu kämpfen. Diese Wand, die mich innerhalb kürzester Zeit erst verführt und dann erschlagen hat.


    Ich öffnete die Tür zum Schlafzimmer. Das Bett ist leer, das Fenster steht offen. Ich hatte Angst, große Angst. Die Türklinke, die ich mit meiner rechten Hand immer noch umklammerte, drückte ich nun so fest ich konnte. Ich wollte wegrennen, in mein Zimmer und mich verstecken. Ich wollte warten bis Papa nach Hause kommt. Doch er würde nicht kommen.


    Meine Sicht verschwimmt immer mehr, anstelle des Lichts an der Oberfläche erkenne ich nur noch leichte Farbunterschiede. Etwas hell-, etwas dunkelblau. Vielleicht ein wenig grün. Ich hörte auf mich zu wehren.


    Ich befreite die Türklinke aus meinem Griff und lief eilig um das Bett herum, gerade hinaus auf das Fenster zu. Angsterfüllt warf ich einen Blick hinab auf die Straße. Eine Menschenmenge.
    In der Ferne das Rauschen von Sirenen. Ich verlor dir Kontrolle. Ich rannte aus dem Zimmer hinaus, durch den Flur und verließ unsere Wohnung durch die Eingangstür. Eilig hastete ich die zwei Treppen hinab ins Erdgeschoss und öffnete die schwere Stahltür, für die ich sonst immer mehrere Sekunden benötigt habe. Ich bog flink nach rechts ab und stieß nach wenigen Metern gegen ein Bein. Doch ich spürte den Schmerz nicht. Ich rappelte mich auf und sah einem Mann ins Gesicht, der sich zu mir hinabgebückt hatte.
    „Oh, das tut mir Leid. Aber Kleine, was machst du denn hier so spät? Du solltest nicht hier sein.“


    Ich höre auf zu Denken. Ich will mich nicht mehr mit meiner Unüberlegtheit auseinandersetzen. Ich finde mich mit meinen Taten ab. Ich erkläre mich dazu bereit, das was ich tun wollte zu tun. Und lasse los.


    “Das da vorne ist meine Mutter! Meine Mutter!“, hallte der Schrei des Mädchens über die Straße, als die Welt für einen Moment innehielt.


    Ich spürte, wie mein Bewusstsein versagte. Ich wusste nicht mehr wo oben und unten war. Der Schmerz in meiner Brust wurde immer stärker und stärker.
    Doch ich glaube, dass ich lächele. Ich würde sie endlich wiedersehen.


  • Farewell


    I Can't Stand The Hazard Of The Die


    » Eine Kurzgeschichte in Gedenken an die zahlreichen Opfer des Anschlags auf das World Trade Center 9/11.


    Als die drückende Hitze in unser Büro eindrang, hatte ich noch gar nicht begriffen, was eigentlich passiert war. Meine Ohren, noch immer taub, nahmen die Schreie um mich herum nicht wahr, wenngleich sie mein Blut gefrieren ließen. Für einen Moment tauchte ich ab, in meine ganz eigene Welt, meine Augen hatte ich dabei geschlossen. Ich öffnete sie erst wieder, als ich spürte, wie jemand meine Hand griff und mich mit einem Ruck zu sich zog. Auch jetzt realisierte ich nicht, was um mich herum geschah, ich ließ alles passieren.
    „Helen, was ist los mit dir?“, rief Charles Houston, einer meiner langjährigen Kollegen, angsterfüllt, als ich mich noch immer nicht von selbst bewegte. Er rüttelte an meinen Schultern, bis ich wohl endlich voll und ganz wieder zurückkehrte in diese Welt der Flammen. Mein Blick, gezeichnet von einer unbeschreibbaren Mischung aus Entsetzen, Angst und auch ein wenig Unwissenheit, schien Charles als Antwort nicht zu genügen, welcher mich vollkommen perplex anstarrte.
    „Wir müssen hier raus, verfluchte Scheiße!“, brüllte der sonst eher ruhige Anzugträger. Normalerweise trug er eine Brille, in diesem Moment jedoch nicht. Ohne eine Antwort meinerseits abzuwarten, zog er mich aus unserem Büroabteil auf den Flur hinaus. Ich verstand endlich, dass er immer noch meine Hand hielt, und ließ eilig von seiner ab.
    „Houston, Kittle, jetzt kommen sie schon!“, schallte es durch den Gang, an dessen Ende sich einige weitere ihrer Kollegen gesammelt hatten, allerdings bei Weitem nicht alle. Die anderen waren wohl schon vor Angst weiter runter gerannt.
    „Was ist überhaupt passiert?“, wollte ich wissen, bevor ich es meinen Kollegen gleichtat und durch die große Glastür schritt, die unser Chef für uns auf hielt.
    „Ein Flugzeug ist in den Nordturm eingeschlagen, wir müssen sofort alles evakuieren!“, rief er panisch, schob mich dabei hinaus und folgte mir das Treppenhaus hinunter, ohne die Tür zu schließen. Die Tür, die Einblick in unsere so vertrauliche Akten bot – all das schien in diesem Moment vollkommen an Wert zu verlieren.
    „Ein Flugzeug?“, rief ich ihm beim Herunterlaufen der Treppen zu. Er lief fast direkt hinter mir, ich konnte mich nicht mal annähernd so schnell bewegen wie er.
    „Ja, ein Flugzeug“, murmelte er mit einem bedrohlichen Unterton, dennoch klang seine Stimme belegt vor Angst.
    „Los, wir schaffen euch beide“, er warf einen Moment lang einen Blick auf den schwangeren Bauch von Helen, „hier raus, und zwar schnell.“
    Die Gruppe befand sich nun im 21. Stock, nur wenige Stockwerke über uns, vor den Aufzügen, wo sie auf weitere Mitarbeiter trafen, allesamt panisch, verzweifelt, angsterfüllt. Einige schrien, andere wurden ganz still, doch suchten sie alle die Nähe zu anderen Menschen. Verschiedene Vorschläge kamen auf; die Treppe sei sicherer als der Aufzug, doch jener wäre schneller. Schnell teilten sich die Kollegen in zwei Gruppen auf und hofften, unten wieder aufeinander zu treffen.
    „Kittle, kommen sie auf die Treppen, der Aufzug ist nicht sicher!“, rief mein Chef mir aus einigen Metern Entfernung zu, während Houston und ich uns Richtung Aufzug, welcher bereits bereit und zudem schon reichlich gefüllt war, bewegten.
    „Ich kann nicht mal richtig laufen!“, schrie ich vorwurfsvoll zurück, und drehte mich schon um, als er mich wenige Sekunden später am Arm packte, und zu sich zog.
    „Sie beide kommen mit mir!“ Ein Augenblick der Stille beherrschte den Moment. „Und sie auch Houston, na los!“
    Wie immer schaffte es mein Chef, schnell die Kontrolle über die Lage und auch die ihn umgebenden Menschen an sich zu reißen, und koordinierte seine Gruppe die Treppe hinab. Er ganz an der Spitze der Gruppe, Houston und ich blieben in seiner Nähe.
    „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen!“, versicherte er den rund zwanzig Menschen, die uns gefolgt waren, immer wieder und wieder.


    ‚Helen‘, hatte ich geschrien. ‚Helen!‘
    Nur durch Zufall, hatte es mich in diesen Imbiss gezogen, in dem ich nur schnell ein Sandwich essen wollte, bevor ich mich wieder auf den Weg zur Arbeit machte, als einer der Kellner die Lautstärke des Fernsehers auf sein Maximum drehte. Panisches Murmeln, immer lauter werdend, ging durch die Menge, als zwei Reporter einen ersten Lagebericht über einen Flugzeugabsturz in New York City geliefert hatten – mitten in das World Trade Center.
    ‚In welchen der beiden gottverdammten Türme ist es gestürzt?“, brüllte ich durch das Lokal in Richtung Fernseher und wiederholte die Worte noch ein paar Mal, bevor ich – sowohl meine Jacke, als auch das noch vor wenigen Augenblicken servierte Sandwich, stehen und liegen lassend – aus dem Lokal hinaus hechtete und den erst besten Eingang zur Metro suchte.
    ‚Mein Gott, bitte nicht …. Oh, bitte, bitte nicht.‘


    Dieses Mal zog mich die aufkommende Welle an Schreien nicht in einen Zustand der Trance. Noch vor wenigen Sekunden hatte ich einen Blick aus einem der Treppenhausfenster auf den Nordturm geworfen und gesehen, wie er in Flammen stand. Das Flugzeug war wohl in eines der obersten Stockwerke eingeschlagen und steckte noch immer in dem gigantischen Bauwerk. So unreal schien es daher, als ich ohne Vorwarnung eine Erschütterung durch die Wände und Böden des Südturms gehen spürte. Ich warf einen eiligen Blick hinter mich; während ich kurz vor der Erschütterung ebenen Boden erreicht hatte, waren viele meine Kollegen noch auf den Stufen, etwa die Hälfte von ihnen war hingefallen und hatte sogar ihren Vordermann mitgerissen. Schreie, erfüllt von Schmerz und Angst, schallten durch das gesamte Treppenhaus aus allen Richtungen, scheinbar waren wir nicht allein.
    „Helen, bist du in Ordnung?“, hörte ich Houston fragen. Ich drehte mich um und schon sah ich ihn: Mein Kollege lag auf dem Boden, sein Anzug von Staub und Dreck überzogen, und seine Wange zierte ein großer Blutstreifen, der scheinbar aus Richtung seines Ohrs kam, offenbar hatte er sich den Kopf am Treppengeländer angeschlagen.
    „Oh mein Gott Houston!“, rief ich, wobei mein Ruf sogleich in einen markerschütternden Schrei überging. Die Auslöser des Schreis, die Schmerzen in ihrer vollen Stärke und Pracht, ließen mich kraftlos zu Boden sinken. Auf den Knien und Armen stützend, versuchte ich durchzuatmen, doch war mir keine Sekunde Ruhe gegönnt. Ich wusste nicht ob ich es in diesem Moment gut fand oder nicht – Durch einen Spalt im Geländer konnte ich einen Blick in das Stockwerk unter uns erhaschen. Einen Blick, auf das Schrecklichste, was ich je in meinem Leben beobachtet hatte. Ein Mann, von großer und breiter Statur, stand in einem Meer aus Flammen, seine Konturen geschweige denn Klamotten waren überhaupt nicht mehr zu erkennen. Lediglich seine Körper Haltung sprach eine deutliche Sprache: Seine Arme hatte er weit über den Kopf ausgestreckt, er sank langsam nach vorne auf die Knie und zog dabei die Arme vor sein Gesicht … sein Todesschrei war wahrscheinlich im ganzen Gebäude zu hören und schon wenige Sekunden später, lag er regungslos und zusammengekauert auf dem entflammten Boden des Südturms.
    Mir blieb keine Zeit zum Nachdenken, das Feuer kämpfte sich unglaublich schnell durch die Stockwerke, als ich mich mühsam umdrehte und einen Blick durch die gläsernen Türen, die den Eingang zu dem Stockwerk, in dem wir uns in diesem Moment befanden, darstellen, blieb mir beinahe das Herz stehen. Der Boden war quasi nicht existent, überall hatten sich riesige Löcher aufgetan und sowohl der übrig gebliebene Boden sowie die Decke, die unser Stockwerk überhaupt zusammenhielten, standen lichterloh in Flammen. Das Feuer nahm keine Rücksicht, fraß sich durch jede Faser des Gebäudes. Und so rauschte es auch auf die Glastür zu, welche uns bis jetzt noch von dem schaurigen Spektakel trennte.
    „Steh auf, Houston“, brüllte ich mit brüchiger Stimme und musste sogleich meinen Bauch halten. Scheinbar spürte auch mein Baby, dass es in Gefahr war. Tatsächlich war der Geburtstermin schon nächste Woche angesetzt. Bei diesem Gedanken schossen mir die ersten Tränen an diesem Tag in meine Augen, doch wehrten sie nicht lange – erst jetzt realisierte ich, dass sich das Feuer bereits in das Treppenhaus gekämpft hatte. Die Tränen verdunsteten.


    Die Stimmung in der Metro konnte nicht angespannter sein und so spiegelte sie mich selbst perfekt wieder. Ich hielt es nicht einmal für nötig, mich hinzusetzen, viel zu groß war die Panik in diesem Moment. Bereits vier, fünf oder gar sechs Mal, hatte ich versucht meine Frau anzurufen, doch weder auf ihr Mobiltelefon, noch auf die Büronummer reagierte jemand. Schreckliche Vorstellungen schossen mir sekündlich durch den Kopf, doch ich versuchte sie weitestgehend zu verdrängen. Nach wenigen Minuten kam meine U-Bahn beim World Trade Center an und eilig ging ich, so wie etwa drei Viertel der anderen auch, hinaus. Im Gegensatz zu ihnen, blieb ich jedoch nicht vor der großen Werbetafel stehen, welche ausnahmsweise nicht für neue Windeln warb, sondern ebenfalls die Übertragung des Nachrichtensenders zeigte, die schon im Imbiss zu sehen war. Ich nahm mir die Zeit nicht, stattdessen rannte ich die Treppen hinauf und blieb in dem Moment, in dem ich die Oberfläche erreichte, stehen. Nicht weil ich wollte, sondern weil ich musste. Eine Mischung aus Staubpartikeln in meiner Lunge, gleißendem Licht in meinen Augen und bestialischer Hitze auf meiner Haut, machten es für einen Augenblick unmöglich mich zu bewegen. Noch wusste ich nicht, dass nun auch ein zweiter Flieger abgestürzt war – und zwar in das andere Gebäude.


    Mit letzter Kraft stand ich auf und hechtete die Treppe hinunter ins nächste Stockwerk. In diesem Moment hoffte ich, dass das Treppenhaus unter eventuell noch nicht voller Flammen war, einen anderen Ausweg sah ich so oder so nicht. Umso entsetzter war ich, als ich zwei Stockwerke weiter unten ankam. Dort ging es nicht weiter, das Treppenhaus war komplett eingeschlagen, mehrere Stockwerke tief. Ein Blick nach links verriet warum: Ein Stockwerk unter mir, genau ein Stockwerk unter mir, war die Maschine eingeschlagen. Sie hatten sämtliche Struktur in den zwei Ebenen, in denen sie lag, vollkommen zerstört und damit auch das Treppenhaus. Ich sah mich in einer Sackgasse. Obgleich es mit absurden Schmerzen verbunden gewesen war, war es noch vor Sekunden ein leichtes, über den bereits brennenden Boden des Treppenhauses zu rennen, in dem Gewissen, dass ich ein neues Leben in meinem Bauch trug, welches ich um jeden Preis retten wollte. Noch hatte ich mich nicht mit der Frage beschäftigt, warum ausgerechnet zwei Flugzeuge in das World Trade Center stürzten, ich hatte gar keine Zeit dafür. Eilig rannte ich die Treppen wieder rauf, verbrannte mir dabei nicht nur die Füße, sondern auch die Beine. Weitere Tränen verdunsteten in der erdrückenden Hitze des Feuers, welches den gesamten Turm eingenommen hatte, die ständigen Explosionen und Schreie regten das Panikgefühl in mir noch mehr an, Adrenalin schoss durch meine Adern und so war es für mich erneut ein Leichtes, durch das Feuer zu rennen. Ein Stockwerk weiter oben blieb ich stehen, die Ebene stand zwar wie alle anderen, die ich bisher gesehen hatte, in Flammen, doch konnte ich schon vom Treppenhaus aus einen Blick auf den Fahrstuhl erspähen. Die Menschen um mich herum, insofern überhaupt welche da waren, hatte ich schon lange ausgeblendet, doch gleich im nächsten Moment wurde mir schmerzhaft bewusst, dass ich nicht alleine hier war. Ich hatte die bereits eingeschlagene und zersplitterte Glastür bereits überwunden und war Richtung Aufzug gerannt, als ich nur wenige Meter vor mir mit ansehen musste, wie sich zunächst eine einzelne Lampe und im Anschluss ein ganzer Brocken massiven Gesteins aus der Decke löste und eine Frau vor mir vollkommen unter sich begrub. Ich hatte ihr Aufschreien nur kurz vernommen, die Schallwellen waren unter dem riesigen Brocken verschluckt worden. Ob ich heulte und schrie oder nicht konnte ich von da an nicht mehr sagen. Ich verlor in diesem Moment sämtliches Verständnis für andere, ich hatte nur ein einziges Ziel: Mich und meinen Sohn retten.


    Das Gebäude war bereits von unzählbaren Polizei- und Feuerwehrautos umgeben, die freiwilligen und auch die nicht freiwilligen, staatlichen Helfern, machten ihren Namen alle Ehre. Während Passanten weitgehend wegrannten, um sich vor herabstürzenden Gesteinsbrocken und dem Feuer zu schützen, sah ich kontinuierlich irgendjemanden in das Gebäude rein rennen, dafür aber auch einen anderen heraus rennen – mit einem Menschen im Arm. Andere Helfer führten größere Gruppen an Menschen durch die Eingänge hinaus auf die Straße, wo sie an die ersten Ärzteteams übergeben wurden. Ich selbst kannte keine Angst, kein Überlebenswillen, all‘ meine Gedanken waren bei Helen. Ich rannte über die Straße, ohne überhaupt nach Autos zu gucken, und schlug mich an einem Polizisten vorbei, welcher mich festhalten wollte, auf den Eingang des Gebäudes zu. Die Polizisten und Feuerwehrmänner und –Frauen waren viel zu beschäftigt, um sich um einen dummen Außenstehenden wie mich zu kümmern, der tatsächlich mitten in die Gefahrenzone hinein gehen wollte.
    Höher als in das fünfte Stockwerk schaffte ich es nicht.


    Ich spürte einen noch nie da gewesenen Schmerz in meinem linken Bein, von da an ging alles ganz schnell: Kaum hatte ich es realisiert, war der Boden unter mir zusammengestürzt und mein linkes Bein in ein Loch herein gerutscht. Die Schmerzen wurden augenblicklich von weiteren überboten, als ein kleinerer Felsbrocken auf meiner rechten Schulter landete und mich zu Boden warf. Schweiß, Tränen und Blut traten gleichzeitig aus meinem Körper hervor und mein Schrei erschütterte das Stockwerk. Ich begann zu flehen und um Hilfe zu rufen; ich war doch schwanger, warum half mir nur niemand?
    Der beißende Schmerz aus meiner Schulter rauschte durch meinen ganzen Körper, in meinen Kopf, in meine Brust, in meinen Bauch bis hinunter in meine Beine. Nach einigen Sekunden übernahm das Adrenalin wieder die Kontrolle über meinen mittlerweile von Brandnarben übersäten Körper und versuchte mich dazu zu bringen, aufzustehen. Mit aller Kraft, die mir noch geblieben war, drückte ich meine Arme gegen den Boden, wobei mein rechter Arm abknickte und ich einen weiteren grellen Schrei von mir gab. Ich sackte in mich zusammen.
    „Es tut mir so leid“, wimmerte ich. Ich sprach in dieser Sekunde mit meinem Kind. Ich blickte hinab auf meinen Bauch, mit meiner linken, zitternden Hand, die ich im Vergleich zur Rechten noch bewegen konnte, streichelte ich behutsam über meinen bereits sehr runden Bauch. Ich entschuldigte mich wieder und wieder, Tränen flossen aus meinen Augen. Meine Stimme wurde schwächer, brüchiger, und schon nach wenigen Augenblicken brachte ich nichts mehr als ein Husten hervor. Zu den Flammen hatte sich erwartungsgemäß auf Rauch hinzugesellt. Die beiden krochen schnell auf mich zu um mich in den Tod zu geleiten, doch verstrichen diese Momente aus meiner Sicht quälend langsam.
    Ich erinnerte mich an meinen Mann, an meinen Sohn, an meine Eltern und an meine Freunde. Vor mir sah ich meinen Mann und meinen Sohn, Arm in Arm in Trikots der Miami Heats, ihrem Lieblingsclub im Basketball. Mein Sohn lächelte so glücklich und zufrieden, während mein Mann voller Liebe auf ihn hinab blickte, während er seine Hand beschützend auf seine Schulter gelegt hatte. Noch mehr Tränen schossen in meine dennoch trockenen Augen.
    Mir wurde schwarz vor Augen, als ich zum ersten Mal bewusst den so schweren Rauch in meiner Lunge spürte und instinktiv würgte. Ich hustete und spuckte, doch es war unmöglich dem Rauch zu entgehen. Auch das Feuer hatte sich weiter im Stockwerk ausgebreitet, es würde nicht mehr lange dauern, bis es mich erreichen sollte. Aus Reflex schloss ich meine Augen in dem Nebel aus Rauch und Staub, der sich um mich herum gebildet hatte, und vor mir erschien ein weiteres Bild. Eine Erinnerung, die ich zuvor nie gehabt hatte. Ich sah einer noch sehr jungen Frau in die Augen, welche so hell strahlten, wie sie nur konnten. Die Frau lächelte mich voller Liebe an. Ich griff nach ihrer Hand, welche sie behutsam um meinen Körper gelegt hatte, nachdem sie mich auf den Arm genommen hatte. Ich hatte mich noch nie zuvor an irgendeinen Eindruck als Baby erinnern können.


    „… ‚Helen‘, hab ich immer wieder geschrien. Die eiligen Anweisungen der Feuerwehrmänner, ich solle mich so schnell wie möglich wieder nach unten bewegen und mich so weit wie möglich vom World Trade Center entfernen, ignorierte ich gekonnte, wobei ich sie um ehrlich zu sein nicht einmal wirklich wahrgenommen hatte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sie tot war.“
    Ich werfe einen Blick in die Kapelle, vor mir sitzen einige Reihen schwarz gekleidete Menschen, die Männer in Anzügen, die Frauen in Kleidern. Sie alle starren in die Ferne, auf den Boden oder aber auf das große Bild hinter mir, auf dem das wunderschöne Lächeln meiner Frau zu sehen ist. Ich muss nur an sie denken, schon schießen mir wieder die Tränen in die Augen. Ich versuche das schnell zu überspielen und wische mir eilig eine Träne von der Wange, doch dem Pfarrer fällt dies auf und er fragt mich leise, ob ich noch weitersprechen kann. Ich halte einen Moment inne und nicke dann.
    „Sie wissen alle, Helen Crossin Kittle, war meine Ehefrau. Sie war die Mutter unseres bezaubernden Sohns und trug ein weiteres Kind in ihrem Bauch, als sie verstarb. Ich liebe diese Frau mehr als mein Leben und ich wünschte ich könnte es geben, um meinem Sohn seine Mutter wiederzugeben“, ich schweige einen Moment und lasse das Gesagte auf die Anwesenden wirken und beende meine Rede mit einem knappen ‚Danke‘, bevor ich hinter dem Mikrofon in Tränen ausbreche und mir sofort die Hände vor die Augen halte. Ich spüre die Hand des Pfarrers auf meiner Schulter, doch ich möchte keinen Trost. Kein Trost der Welt könnte ersetzen, was ich verloren habe. In meiner Trauer und Verzweiflung, sacke ich zusammen und sinke auf meine Knie. Ein erstauntes, betretenes Raunen geht durch die Kapelle, bevor ich meine letzten Worte, die er je von mir hören würde, an Gott richtete: „Warum?“

  • Huhu Adri Atlas.
    Ich weiß nicht, ob ich damals gesagt habe, dass ich kommentieren werde, aber das erübrigt sich ja jetzt eh, weil dus siehst, lol. Jedenfalls erst einmal Danke dafür, dass du mich erwähnt hast. So habe ich es auch sofort mitbekommen, dass du das Werk veröffentlich hast, über das wir vor geraumer Zeit geredet haben. Generell kannst du davon ausgehen, dass ich nicht nur das Werk an sich kommentieren werde, sondern auch deine Beweggründe und woran du mich damit erinnert hast. Ich hoffe einfach mal, dass du dich über das Kommentar [/und mein Gelaber] freust und ich dir eventuell auch ein wenig weiterhelfen kann. Nun denn, dann wollen wir mal.



    Farewell - I Can't Stand The Hazard Of The Die
    Üblicherweise fange ich meistens damit an, dass ich meine Eindrücke vom Titel darlege. Allerdings werde ich hier damit beginnen, was du im Spoiler geschrieben hast (einfach weils auch davor kommt, ha ha). Jedenfalls... ich finde es unglaublich faszinierend, wenn Autoren über etwas schreiben, was sie selbst sehr bewegt hat bzw. über Geschehnisse, die die gesamte Welt bewegt haben. Mitunter ist es auch nicht ganz einfach, all das in Worte zu fassen, weil man immer im Hinterkopf hat, dass man "im Prinzip" nicht dabei war und dementsprechend auch nicht genau sagen kann, wie sich die Menschen bei solchen Schicksalsschlägen fühlten. Aber ganz ehrlich? Sehe ich nicht so. Immerhin gibt es verdammt viele Menschen mit ebenso unterschiedlichen Meinungen und eigenen Gedanken. Zwar wird immer damit getönt, dass diese Welt immer kälter wird und jeder nur an sich denkt, aber ich sehe das dem nicht so ist - bestes Beispiel ist dein Werk hier. Du hast dir viele Gedanken um dieses Thema gemacht, warst sogar vor Ort (!) und möchtest so nun einerseits deine eigenen Gedanken damit verarbeiten und andererseits den Menschen gedenken, die an diesem Tag ums Leben gekommen sind (und auch deren Angehörigen somit deinen Respekt oder deine Anteilnahme mitteilen). Und das verdient in meinen Augen großen Respekt. Persönlich kann ich nämlich von mir behaupten, dass es mir oftmals nicht leicht fällt, Gefühle niederzuschreiben, die einen mitnehmen oder gar runter ziehen. Ich weiß nicht 100% wie es bei dir war, weil man deinen Gemütszustand nur erahnen kann, aber ich schätze mal... anfangs war es sehr schwer; je mehr du geschrieben hast, desto einfacher wurde es aber, richtig? Ich glaube teilweise ist es einfach nur schwer einen Anfang zu finden, der Rest kommt zumeist von allein. Gerade bei Gedanken und Gefühlen, die einen mehr als nur beschäftigen... mich würden im Übrigen die Bilder interessieren, die du gemacht hast. Natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast. Besonders das Foto mit der Romme-Karte im Bezug auf den Titel.
    Ein wenig hast du mich mit dem Werk an mich erinnert, als ich zum ersten Mal "the day after tomorrow" und "dead peots society" gesehen habe und diesbezüglich auch jeweils eine Kurzgeschichte dazu geschrieben habe. Zwar bezieht es sich hier auf einen Film bzw auf zwei Filme und hat daher weniger etwas mit der Realität zu tun (und ist demnach auch etwas anders zu gewichten), aber ich kann in etwa nachvollziehen, was du beim Schreiben und Verarbeiten der Gedanken gefühlt hast. Das ist auch einer der Gründe, warum ich sofort kommentiert habe - weil ich weiß, wie sehr man sich nun danach sehnt, Meinungen dazu zu hören oder Gleichgesinnte zu finden. In jeden Fall hat das einfach eine ganz besondere Wirkung und in meinen Augen sollte man diese keinefalls unterschätzen. Daher auch ein Danke, für das Werk.


    Nun aber mal zum Titel. Ich habe englische Titel sehr gern, einfach weil man da noch etwas mehr interpretieren kann, als wenn man es sofort auf deutsch liest. Gewissermaßen ist es ein Wort (Abschied) in Kombination mit einem Satz, der genau darauf eingeht. Gerade in diesem Fall sehr passend, wenn du mich fragst. Einerseits, weil du die Romme-Karte gefunden hast und es damit sowieso schon ein Bezug zum Thema hat (übrigens richtig viele Pluspunkte dafür, dass du es auch in die Erklärung mit reingenommen hast) und andererseits auch, weil es Englisch ist und die USA - lustigerweise - ein englischsprachiges Land ist. Ich bin einfach der Meinung, dass hier ein Titel in einer anderen Sprache einfach nicht passend gewesen wäre. Daher kann ich hier eigentlich überhaupt nicht meckern. Ich habe nicht mal was an der Länge des Titels was auszusetzen, obwohl ich ja sonst immer eher der Fan von Einworttiteln bin, haha. Aber gerade bei solchen Werken sind "Einworttitel" mit Bezugssatz einfach unglaublich aussagekräftig. Und siehe da: Liz ist mehr als zufrieden.
    Die Struktur des Werkes an sich ist sehr interessant. Fängt schon einmal damit an, dass du zwei verschiedene Sichten hast. Einmal Helen und dann noch ihren Mann. Du erzeugst damit eine gewisse Dynamik, weil du den Leser nicht "nur" in der einen Situation lässt, sondern ihn zeitweise komplett rauszerrst und ihm eine andere Sichtweise vorzeigst. Gerade zu der Zeit, in der Helen versucht weiter hinunter zu kommen ist das sehr ... tiefgründig (? mir fällt grad kein passendes Wort dafür ein) zu lesen. Eben weil der Umschwung zu ihrem Mann kommt und man dort die Verzweiflung genau so stark spürt, wie auch in Helens Sicht. Verzweiflung an sich ist sowieso ein gutes Stichwort, da es das ganze Werk über vorhanden und immer wieder aufgegriffen wird. Ja, niemand kann etwas an der Situation ändern: alle sind machtlos und demnach auch am Verzweifeln. Einerseits weil sie wissen, dass sie sterben werden (ich schätze mal, dass war Helen bereits klar, als das zweite Flugzeug in den Turm gekracht ist) und andererseits, weil die Menschen (Helfer, Feuerwehrmänner, Helens Mann, etc) komplett machtlos sind und nur hilflos dabei zusehen können, wie ein Großteil der Menschen stirbt. Nur wenige können gerettet werden; was bei mir aber unweigerlich die Frage aufwirft: gerettet... wovor? Eher wurde ihnen nur ermöglicht, weiter zu leben. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Menschen überhaupt jemals wieder in ein großes Gebäude gehen können oder gar mit FLugzeugen fliegen. Egal, welche Person man nimmt - alle tun eines: nämlich verzweifeln. Und genau diesen Punkt hast du wahnsinnig gut rüber gebracht mit deinem Werk. Man spürt als Leser deutlich, dass es eine Situation ist, die man niemandem wünscht. Ich persönlich finde es auch sehr wichtig, dass man sich immer an diesen Tag erinnert und vor allem an die Menschen, die heute vor ein paar Jahren ums Leben gekommen sind. Das soll und kann man nicht vergessen. Wie auch...
    Positiv ist mir auch vor allem der Anfang des Werkes und das Ende von Helens Sicht aufgefallen. Gewissermaßen hast du hier einen Rahmen gebildet - einerseits ist sie zu Beginn in Gedanken versunken (= in ihrer eigenen Welt), weil sie einfach nicht die Situation als solche wahrnehmen kann und andererseits hast du am Ende eine Erinnerung eingebaut, die sie als Baby gehabt hat. Überaus interessant, weil man sich ja sonst nicht daran erinnern kann; man sagt ja, man würde kurz vor seinem Tod die wichtigsten Dinge in seinem Leben nochmal sehen. Und ja, das hat Helen: ihre eigene Mutter, ihren Mann und ihr Kind, inklusive Freunde. Besonders traurig bzw. bewegend empfand ich im Übrigen die Stelle, wo du Helen mit ihrem ungeborenen Kind hast reden lassen. Und generell die Dialoge zu Beginn haben sehr authentisch gewirkt und waren nicht einfach nur "aufgesetzt". Mein Lob auch hier für.
    Was mir beim Lesen aufgefallen ist: man weiß von vornherein, dass Helen sterben wird. Einerseits durch dein Vorwort und andererseits, weil man sich das eigentlich denken kann, wenn man liest, dass das Werk an die Opfer von 9/11 gedenken soll. Ehrlich gesagt, sehe ich das von zwei Seiten: einerseits ist es natürlich unglaublich tiefgründig, wenn man schon gleich zu Beginn weiß, um was es geht und was Sache ist. Das hast du ja mit deinem Vorwort auch erläutert. Andererseits frage ich mich aber auch, wie das Ganze gewirkt hätte, wenn man die Infos danach gelesen hätte. Ich weiß nicht, eventuell wäre das auch noch mal eine ganz "krasse" Wirkung gewesen. Im Grunde genommen ist das keine Kritik, ich wollte meine Gedanken diesbezüglich nur festhalten, weil mir das soeben durch den Kopf gegangen ist.
    Schreibtechnisch sind mir keine Fehler beim Lesen aufgefallen. Ich finde deinen Stil sehr angenehm zu lesen. Ab und an mal etwas längere Sätze mit dabei, die etwas Schwung in das Ganze bringen. Zu viel ist es allerdings nicht, da du auch immer wieder kurze Sätze und eingeschobene Gedanken verwendet hast, was das Lesen wieder etwas auflockert und vereinfacht. Ich weiß nicht, ich bin ein kleiner Fan davon (machs selbst auch sehr gerne in meinen Werken). Und, was ich auch noch auf jeden Fall sagen möchte, deine Schreibkunst ist über die Jahre hinweg wirklich sehr gut geworden. Wenn ich daran denke, wie du damals zu "Monster unter meinen Bett"-Zeiten geschrieben hast und das mit heute vergleiche, ist einfach deutlich erkennbar, dass du gewachsen bist. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass man ja auch älter wird. Ich kann mir also nur wünschen, dass du nicht aufhörst mit diesem Hobby, da ich mich zusehenst dafür interessiere, was in drei oder vier Jahren ist und wie du dann schreibst.
    Zuletzt nur noch ein Zitat, wo mir etwas aufgefallen ist:

    Ich blickte hinab auf meinen Bauch, mit meiner linken, zitternden Hand, die ich im Vergleich zur Rechten noch bewegen konnte, streichelte ich behutsam über meinen bereits sehr runden Bauch.

    Würde hier eher "im Gegensatz" verwenden, da du diesen ja damit ansprichst und eher weniger vergleichen möchtest.


    Ja... das war es dann an dieser Stelle auch (erst einmal) von mir. Wenn du magst, kannst du dich gern noch privat bei mir melden, solltest du mit jemandem darüber reden wollen. Andernfalls wünsche ich dir viel Spaß beim Schreiben (und ja, das wirst du schön tun!) und bis zum nächsten Mal. :3
    ~ Liz

  • Mal gucken wer versteht, worum es in dem Text genau geht ^-^ Gerne auch via PN mal ansprechen!



    G E S T Ä N D N I S S E



    Widersprüchlich schien es, dass mir in diesem Moment eine kleine, sich langsam bewegende Träne die Wangenknochen hinab lief, sich in majestätischer Vollendung ihrer Entwicklung löste und in einen einzelnen Tropfen verwandelte, welcher den Absprung wagte und schließlich in der schwach leuchtenden braunen Erde, irgendwo zwischen meinen Füßen, spurlos verschwand, als wäre er nie da gewesen. Ein sarkastisches Lächeln zierte mein Gesicht, als ich mir über die absurde Tatsache bewusst wurde, dass ich den wahrscheinlich schönsten Anblick meines Lebens, mit einem Wahrzeichen der Trauer und des Schmerzes zierte. Doch spiegelte sich in diesem Tropfen nicht nur die strahlende, mit grünen, gelben und roten Pflanzen überzogene Landschaft wider, auch meine Gedanken fanden eine Behausung in dem von Sonnenstrahlen durchfahrenen Kristall aus Wasser, so salzig wie das Meer, so vergänglich und so zerbrechlich. Und meine Gedanken, allerdings auch meine Eindrücke, Gefühle und vielleicht auch Zweifel und Ängste, ließen sich sehen, sie waren voller Lebensfreude, sprangen in meinem Kopf umher, unkontrolliert und durcheinander, allerdings auf eine besondere Art gehorsam und entschieden, als hätte sich ihnen eine Grenze aufgetan. Dennoch quälten sie mich auch, nie waren sie still, nie ruhig und nie bewegungslos. Sie brachten Freude mit sich, aber auch Ehrfurcht. Ich war beeindruckt, aber auch ein wenig nervös und beängstigt, obwohl ich nichts sehnlicher wollte, konnte ich mich nicht dazu bewegen, meinen Mut zusammenzunehmen. Dabei wollte ich nichts Großes, Besonderes oder Einzigartiges. Ich wollte nur sprechen. Nein, es war mehr als das, meine Lippen brannten förmlich vor Durst; ein nie enden wollender Durst nach Aufmerksamkeit. Und obwohl ich mir immer gesagt hatte, ich würde damit fertig werden, so wie ich alles irgendwie wegstecken konnte, sehnte ich mich in diesem flüchtigen Augenblick so sehr nach ihrer Aufmerksamkeit, dass ich dafür morden würde. Meine Art auf der anderen Schulter machte mir mehr Angst, als ich es mir selbst eingestehen wollte. Die Angst vor dem ‚Ich‘ ist meistens nicht existent oder nicht relevant, doch kann sich diese dunkle, rachsüchtige und abhängige Seite in unserer Seele vorkämpfen, geschieht es schnell, dass sie Überhand gewinnt. An diesem Tag gab es keinen Menschen, der mich vor den Klauen meines Selbst beschützen konnte und so umschloss mich gar Satan selbst mit seinen blutbespritzen Fingern. Mir stieg ein fauler Geruch in die Nase, den ich nicht eindeutig zuordnen konnte, das groteske Bild eines überfahrenen Tiers vor meinen Augen jedoch genügte, um jegliche meiner Sinne versagen zu lassen und mich nun vollkommen auf die Kontrolle dieses Marionettenspielers einzulassen. Er hatte mich schon mein ganzes Leben in der Hand, nur ließ er mich bisher frei laufen. Heute war die Aufführung zu Ende.
    Der Vorhang schloss sich und die Zuschauer mussten sich zunächst die Augen reiben, um wieder etwas zu sehen. Licht drang auch an meine Augen, als ich sie wieder öffnete und mich vor einem riesigen Stein, überzogen mit eingemeißelten Buchstaben wiederfand. Eilig las ich die Inschrift, um mich zu vergewissern; um meinen Verdacht zu bestätigen: Noch immer war ich hier. Und sie nicht mehr. Jede Pore, jede Faser, jeder Muskel und jeder Nerv meines Körpers, sie alle wollten aufstehen, einfach nur aufstehen. Ihren ersten Schritt machen, den Kokon verlassen. Doch waren mir keine Flügel gewachsen, nein, ich hatte lediglich eine dunkle, zerkratzte und verstaubte Maske aufgesetzt. Es war an der Zeit sie endlich abzusetzen.
    Auf die erlösenden Worte des Priesters wartend, legte ich mir bereits die Worte zurecht, die ich sagen würde. Zunächst kostete es zwar Überwindung, doch dann war es plötzlich einfach und die Worte sprudelten aus mir heraus, ich konnte sie plätschern und lachen hören. Sie verhöhnten mich und meine Lügen. Sie sollten damit aufhören! Ich warf einen Stein ins Wasser, doch sie lachten weiter. Ich wollte ihnen wehtun, sie zum Schweigen bringen, doch sie schrien immer und immer weiter. Sie schrien, lachten und riefen sich gegenseitig etwas zu, noch immer machten sie sich über mich lustig. Ich ertrug es nicht mehr, mein Gliedmaßen kribbelten und zuckten, ich wollte sie endlich zur Ruhe bringen, und bevor es mir überhaupt klar wurde, war ich bereits eingetaucht, hatte die Wasseroberfläche durchbrochen und griff hastig, wütend und unkontrolliert nach diesen frechen, provokanten und gemeinen Worten. Als ich sie endlich hatte, durchschoss ein Glücksgefühl meinen Körper. Ich bekam keine Luft und die Panik schnürte meine Luftröhre immer weiter zu, aber auf eine sehr abstrakte, mit Sicherheit unverständliche Weise, war ich glücklich.


    Der Brief den sie von mir gefunden hatten, war mit Blutspritzen übersät. Die dicken, schwarzen Buchstaben waren allerdings selbst durch das Meer an Blutflecken noch gut lesbar. Sie sollten den Verlauf vielerlei Geschichten beeinflussen, sie sollten die Geschichte neu schreiben. Ich hatte etwas verändert und darauf war ich stolz.
    „Ich war es.“

  • Hallo Adri,


    freut mich, dass du jetzt wieder etwas aktiver wirst, was das Schreiben angeht. Ich kümmere mich mal um deine neueste Geschichte.


    Zuallererst fällt mal diese sehr gewählte, hochtrabende Sprache auf, die man auf diese Weise wohl nur selten zu hören bekommt. Das gibt bereits den Eindruck, dass der Charakter lange darüber nachgedacht hat, wie er seine Geschichte erzählen will, da sie ihm wohl sehr wichtig ist erzählt zu werden. Verständlich, immerhin geht es auch um die ihm geliebte Person, die im ersten Teil noch vermisst. Besonders die vielen Metaphern deuten den Gefühlswahnsinn an, der im Ich herrscht und der irgendwann einmal Überhand nimmt und seine große Liebe schließlich richtet. Das wird zuerst gar nicht so klar, da Marionettenspieler und Bühnenspiel zwar gut zusammenpassen, diese Tatsache aber vorerst verschleiern. Erst später, als das Ich schließlich Selbstmord begeht und der Brief gefunden wird, war auch klar, worum es eigentlich geht. Sehnsucht, daraus resultierende Kontrolle über den Partner und Zweifel und Ängste aufgrund des Mordes, die schließlich im eigenen Tod enden. Keine schöne Sache, aber wie du das Thema angegangen bist, ist es wirklich gut gelöst und auch sehr feinfühlig umschrieben. Gute Arbeit!
    Schreibtechnisch bist du wirklich einwanfrei unterwegs und man merkt, dass du bereits viel Erfahrung sammeln konntest. Das Einzige, was ich dir so gesehen mitgeben möchte, ist die Sprache der Charaktere. Keine Frage, eine gute Wortwahl ist immer gern gesehen und auch sehr lobenswert, aber es macht je nach Geschichte und Umsetzung einen Unterschied, ob eher locker erzählt wird oder in höherem Maß, so wie du es hier auch umgesetzt hast. Vor allen Dingen bekommt man so auch ein Gefühl für den Charakter und die Ausdrucksweise, aber ich bin mir sicher, dass du das selbst auch weißt.


    Ich hoffe, dass dich der Kommentar unterhalten hat und vielleicht liest man sich hier irgendwann wieder. Bis dahin!


    ~Rusalka

  • Einen guten Abend wünsche ich!


    Spannend spannend, was ich hier zu lesen bekam. Ich mag die Geschichten, die sich im Kopf abspielen, besonders. Sie fordern ein hohes Maß an Beschreibungskunst, viele Bilder, die im Kopf entstehen sollen, und eine Intention, die eine normale Geschichte mit einer geradlinigen Handlung nicht zwangsläufig braucht.
    Der Anfang hat mich direkt gefässelt und war für mich ausschlaggebend, weiterzulesen. In den ersten Zeilen geht es schließlich nur, platt ausgedrückt, um eine Träne, die auf'm Boden landet. Du hast dieses Bild aber so groß ausgeschmückt, sodass dort eine gewisse Dramatik übrigbleibt. Die gefällt mir sehr. Und natürlich gibt dieses erste Bild aufschluss darüber, was man in den folgenden Zeilen noch zu erwarten hat.
    So gefällt mir beispielsweise sehr gut, wie du negativ konnotierte Begriffe (Ängste, Zweifel) mit eher positiv konnotierten Begriffen (Lebensfreude) in einen Zusammenhang gebracht hast. So entsteht ein Wechselspiel zwischen Freude und Leid, das mich mitriß und mich mitfühlen ließ.
    Ich, als zukünftiger Pädagoge, habe mich ferner sehr über diese kleine Beschreibung von dem „Ich“ gefreut, aus dem all das Böse herauskommt und fühlte mich an Freuds Destrudo erinnert :P Aber das nur so am Rande - eigentlich fand ich den Abschnitt einfach nur klasse!
    Sprachlich kann ich mich @Rusalka nur anschließen.


    Es war schön, von dir zu lesen und ich freue mich bereits jetzt auf dein nächstes Werk! :)

  • Bin durch Zufall auf eine Kurzgeschichte gestoßen, die ich scheinbar in der ersten Runde des Saisonfinales 2013 abgegeben habe, lol. Jedenfalls hab ich sie mir durchgelesen und dachte mir, ich poste sie einfach mal. ^-^ Das Thema war "Lyrics" und ich habe zum Lied "Druck" von Casper geschrieben. /e Hab gerade mal recherchiert: Tatsächlich hieß die Abgabe damals allerdings "Zurück zu ihm" und nicht "Druck", außerdem ist das eine ganz leicht überarbeitete Version. Finde es aber sehr cool, diese KG bspw mit einer aktuellen zu vergleichen, da sieht man mal wie sich Schreibstile auch wandeln (oder auch nicht). Na ja, whatever, Kommentare brauche ich dazu übrigens nicht zwangsweise, gab's damals beim Vote schon relativ viel $:


    Danke nochmal für die Kommentare @Cosi und @Rusalka!



    Druck


    „Hiermit gedenken wir Dan J. Arthur, auf dass ihm eine sanfte, seiner würdige, Zukunft im Himmel bevorsteht. Wir nehmen Abschied von einem Mann, der immer für seine Familie da war. Von einem Mann, der seine Frau und seine Kinder von ganzem Herzen geliebt hat, aber auch für seine Freunde da war. Er war ein netter, geduldiger Mensch.“
    Der Mann mit der schwarzen Robe, der vor einem Pult vor einer Menge von zirka 50 Leuten steht, atmet kurz durch, wartet einen Moment. Die Menschen die ihm lauschen sind zwar dort, doch schweifen ihre Gedanken nicht bei dem Pfarrer, sondern bei demjenigen, dem er eine Zukunft im Paradies segnet.
    „Im Namen des Vaters. Und des Sohnes. Und des Heiligen Geistes. Amen.“
    Der Pfarrer schließt die Augen, faltet die Hände zusammen und die Menge vor ihm tut es ihm gleich. Sie liegen im stillen Gebet, schwelgen in Erinnerungen … Nur ein Geräusch schleicht leise durch den Raum. Leise hörbar, da unterdrückt, aber dennoch vorhanden. Es ist ein Schluchzen, fast schon ein richtiges Weinen. Es geht von der ersten Reihe aus, wo die engsten Angehörigen von Dan J. Arthur – seine Familie und besten Freunde – platziert sind. Die Frau, von der die Geräusche, welche von Trauer und Verzweiflung zeugen, ausgegangen waren, ist mittlerweile umringt von zwei schon älteren, erwachsenen Menschen und einem kleineren Kind. Die zwei Menschen – einer männlich, einer weiblich – und das kleine Kind, ebenfalls weiblichen Geschlechts, hatten ihre Arme um sie gelegt, in einem engen Kreis standen die Vier beieinander und betrauerten den Verlust ihres Mannes, ihres Vaters, ihres Opas. Der Pfarrer, fast schon etwas ungeduldig, schreitet hinab zu Dans Familie und spricht leise zu ihnen. Ihre Kinder und ihr Enkelkind sehen den Pfarrer mit einer Mischung aus Entsetzen und Vorwurf an, doch die Frau schüttelt den Kopf, wischt sich eine Träne weg und nickt dem Pfarrer dann zu. Sie greift nach dem Arm ihrer Tochter und hebt ihn hoch von ihrer Schulter, sodass sie sich hinsetzten kann. Überrascht von ihrer Stärke, vielleicht sogar mit einem Hauch von Bewunderung, setzen sich ihre Nachfahren ebenfalls wieder auf die für sie vorgesehenen Stühle und lauschen weiter den Worten der traurigen Melodie, welche der Pfarrer Predigt nennt.


    Mit hohem Tempo waren sie die Landstraße entlang gefahren. Dan hatte es geliebt schnell zu fahren. Erst recht nachts und auf dieser Straße. Links ein hoher Berg, rechts das tiefe Tal. Sie waren den Berg gerade hinab gefahren, also auf der äußeren Spur, mit wahrscheinlich etwa zwanzig Stundenkilometern mehr, als sie sollten. Oft hatte sie ihn gebeten, langsamer zu fahren, doch das war eine seiner Eigenheiten. Das Auto auf der Gegenspur hatte er nicht kommen sehen. Ob der andere Fahrer getrunken hatte? Ob es ihm nicht gut ging? War er Schuld, oder war es Dan?


    Es gibt einige Dinge, die sind kontinuierlich vorhanden, und es ist gut so. Es gibt einige, die sind es ebenfalls, aber die Menschen hassen sie. Zu Letzterem zählte in diesem Moment die Überwachsungsmaschine des EKGs. Obwohl das ständige Erklingen des hohen Tons ihr den Mut und die Hoffnung gab, so war die Angst vor einem anhaltenden Ton doch umso größer. Das alles sollte aufhören! Sie würde das nicht länger ertragen. Der Druck war zu stark …
    Er lag einfach nur da, die Augen geschlossen, die Hände über dem Bauch zusammengefaltet. Er trug ein weißes Nachthemd, was sich gut mit der weißen Bettwäsche des Bettes auf der Intensivstation deckte. Er war abgemagert, seine Haut war bleich. Seine Erscheinung im Gesamten war ein wahres Elend und man hatte ihr es bereits gesagt und doch hielt sie an ihrer Hoffnung fest. Das Geräusch machte ihr Hoffnung. Und trotzdem hatte das Ganze auch etwas Masochistisches an sich, denn sie spürte wie ihrem Mann mit jedem Erklingen des Tons mehr Leid zugefügt wurde. Obwohl er wohl schon gar nicht mehr wirklich mitbekam, was eigentlich passierte, und somit wohl auch die Schmerzen nicht richtig spürte, so übertrug sich der Schmerz doch auch auf sie, denn über ihre Herzen waren sie doch noch verbunden. Dabei hatte sie sich nie so eingeschätzt – dass sie sich selbst bewusst wehtun konnte, den Schmerz sogar wollte. Egal warum.
    Die Töne wurden schwächer, klangen sanfter und die Abstände wurden immer größer.
    Hatte er gefühlt, was sie gedacht hatte? Musste sie nun Abschied nehmen? Sie wollte doch nicht … Es tat ihr selbst weh, aber sie wollte ihn nicht gehen lassen. Sie konnte es nicht tun. Sie sah alles aus ihrer Sicht und doch hatte sie nur das Beste für ihn im Kopf. Oder nicht? Sie realisierte es wohl langsam … Je schwächer und sanfter die Töne wurden, desto panischer wurde sie. Doch ihr Unterbewusstsein hatte schon längst begonnen die Welt aus seinen Augen zu sehen. Sie weinte, sie schrie. Eine Krankenschwester war bereits in das Zimmer gekommen, versuchte sie zu beruhigen, doch sie schaffte es nicht. Für ihn war die Welt nur noch ein Kampffeld, es war grau und finster. Die Kämpfe waren bereits getan, der Gewinner stand fest. Qualvoll ließ ein weiteres Erklingen des auf einmal doch so wunderschönen Tons auf sich warten. Sie hatte Angst, ihr Herz pulsierte wie verrückt, sie weinte, ihr ganzer Körper kauerte sich zusammen. Sie war keine starke Frau. Nein! Sie gab es zu, es war ihr gleich – aber sie wollte ihn nicht verlieren. Das war doch ihr einziger Wunsch! Sie bat so sehr darum, dass das Gerät wieder ein Geräusch von sich geben würde. Sie wollte nicht umblättern …
    Und ihr Wunsch wurde erfüllt. Ein durchgehender, hoher, zäher Ton erklang. Er drang in ihre Ohren ein, füllte den Raum und bohrte sich durch ihren Kopf. Sie verstummte, obwohl sie schrie. Ihr Inneres explodierte. Sie konnte nicht. Sie wollte nicht. Sie würde nicht. Dieses Kapitel konnte hier doch nicht sein Ende finden. Ihr Herz fühlte sich leer an, ein Teil fehlte. Er fehlte.


    Das Loch ist bereits gegraben und er liegt ebenfalls schon darin. Der schwarze Sarg wirkt erdrückend, traurig und verschlechtert die Stimmung. Begleitet von ihren Kindern erreicht sie das Grab und sieht ein letztes Mal auf ihn hinab. Gemischte Gefühle kommen in ihr auf. Liebe, Trauer, Angst.
    Die Leute beginnen, entweder mit einer kleinen Schaufel oder mit ihren bloßen Händen, Erde von dem riesigen Haufen zu ergreifen und sie - behutsam oder auch nicht - auf den Sarg ihres Mannes zu werfen. Über ihm steht ein großer Grabstein aus weißem Gestein mit seinem Namen und einem Engel. Er hätte noch viel größer sein können. Das war es doch, was sie sich immer gewünscht hatte. Mit ihm leben und mit ihm sterben. Nun ist das alles vorbei …
    Der Pfarrer tritt neben sie, ihre Familie gewährt ihm erneut mit ihr zu sprechen.
    „Frau Arthur“, beginnt er – jedoch klingt er dabei eher fragend -, „Möchten sie ebenfalls etwas Erde in das Grab ihres Mannes legen?“
    Sie wischt sich eine weitere Träne von ihrer Wange und sieht den Mann an. Sein Blick ist ernst und eindringlich. Sie nickt schwach, auch wenn ihr Innerstes verzweifelnd das Gegenteil schreit. Die meisten anderen Angehörigen hatten es bereits vollbracht und nun ist sie an der Reihe. Langsam, gar vorsichtig, geht sie einige Schritte an das Grab heran und greift mit ihrer rechten Hand (in der linken hält sie noch immer ein Taschentuch, dessen Oberfläche leicht von Tränenflüssigkeit benetzt ist) in den Erdhaufen. Sie blickt auf die Erde in ihrer Hand hinab. Einige Sekunden lang verharrt sie – alle sehen sie an. Warum sie es überhaupt macht, ist ihr nicht ganz klar, doch neigt sie ihren Kopf an ihre Hand hinunter und küsst die Erde. Daraufhin, schneller als vielleicht gewollt, lassen ihre Lippen ab und sie wirft, ohne noch einmal hin zu gucken, ihr letztes Geschenk an ihn weg. Eine ganze Weile ist es in der Luft, bis die Mischung aus Sand und Steinen auf Gleichgesinnte, sowie das matte schwarz des Sarges trifft. Eine Träne jedoch stiehlt sich ebenfalls hinaus und landet unbekümmert in dem Grab.


    Die einzige Ausweichmöglichkeit war die Tiefe gewesen, doch in dem Adrenalinschub hatte Dan genauso gehandelt. Mit unglaublich hoher Geschwindigkeit raste das Auto durch die Leitplanke durch. In dieser Sekunde war die Welt stehen geblieben – es waren lediglich die Schreie des Ehepaars und das entsetzte Bremsen des Autofahrers hinter ihnen zu hören. Sie waren eine ganze Weile durch die Luft geglitten – majestätisch, anmutig, langsam und quälend. Sie hatten einander angesehen. Das Auto war auf eine Baumkrone getroffen und war von da an den halben Berg herunter gepoltert. Schmerzen hatten ihren Körper durchfahren, sie hatte geschrien, doch waren keine Laute mehr aus ihrem Mund gekommen, ihre Lunge war bereits zugedrückt worden.


    Das Rauschen des Windes ist leise zu vernehmen, doch eigentlich ist es ein schöner Abend. Dort, wo sie steht, ist es so dunkel, dass beinahe jeder Stern am Firmament des Himmels zu sehen ist, ein wahrlich toller Anblick und so bietet er dazu noch eine perfekte Vorlage für einen Kontrast. Sie steht dort, Laub knirscht unter ihren Schuhen. Sie ist ganz allein, doch würde ihn wiedersehen.
    Die Dunkelheit der Nacht wird gestört, gleißendes Licht taucht plötzlich auf und auch die Stille bricht, als der Zug mit hoher Geschwindigkeit auf sie zu kommt. Sie mache einen Schritt vorwärts. Ihre Schuhe treffen auf das Metall der Gleiße. Sie macht einen weiteren Schritt nach vorne, ihre Schuhe treten auf das Holz und die darunterliegenden Kieselsteine. Das Licht kommt näher, das Rauschen wird lauter. Obwohl sie Angst hat, fühlt sie sich irgendwo frei. Die gemischten Gefühle in ihr hindern sie nicht einfach stehen zu bleiben. Sie verharrt; in Gedanken an ihren Mann. Sie macht sich klein, duckt sich, damit der Zugfahrer sie auch ja nicht sehen würde. Es wird lauter und lauter, heller und heller. Und plötzlich ist alles still.


    Das Auto war zum stehen gekommen, alles war auf dem Kopf gewesen. Waren sie auf das Dach gefallen? Immer noch panisch und voller Schmerzen, mit letzter Kraft, hatte sie seinen Namen gerufen. „Dan? Dan?“ Doch bevor sie an ihm hatte rütteln können, ihn versuchen zu wecken, war auch ihr Bewusstsein geschwunden – aufgewacht war sie erst wieder im Krankenhaus. An ihrem Bett standen ein Arzt, eine Krankenschwester und ihre Familie. „Dan?“ Hatte sie gefragt. Doch auch hier hatte sie keine Antwort bekommen …


    Vater, Mutter und Kind stehen an dem Grabstein ihres Vaters und Opas. Voller Trauer sehen sie auf den weißen Stein hinab; auf das Grab voller Blumen und Erde. Tränen fließen der Mutter aus den Augen, als sie ihren Blick nach links schweifen lässt. Dort ist ein weiteres Loch gegraben worden. In drei Tagen würden sie wieder hier stehen. Sie würden Erde auf einen Sarg legen, sie würden Tränen vergießen. Doch es würde eine Person fehlen. Ihr einziger Trost ist in dieser Sekunde, dass er nun nicht mehr allein war.


    »Hallo, Dan. Schön dich wieder zu sehen. «

  • Huhu du Lieber ♥
    Eigentlich hatte ich irgendwie gehofft, dass man sich deinem aktuellen, noch unkommentierten Werk annehmen würde- ich habe es ja in die Feedback-Kette aufgenommen - aber nun gut, dann übernehme ich diese Aufgabe einfach ^_^
    Ich hoffe, ich kann dir im Folgenden eine kleine Hilfe sein. Und update dein Topic mal was öfter!


    Titel - "Druck"
    Der Titel deiner Kurzgeschichte ist einfach, schlicht. Er besteht aus einem Wort und zählt sich somit zu den Einworttiteln. Eine Variante, die ich persönlich sehr gerne mag! Es ist stets eine Herausforderung den Inhalt seines Geschriebenen in ein Wort zu fassen, das aber so spannend und/oder bedeutungsvoll sein muss, dass es jemanden dazu verleitet, weiterzulesen. Aus meiner Sicht ist dir das vollkommen gelungen - Druck ist ein Wort, dessen Bedeutung vielseitig assoziiert werden kann. Einerseits kann damit ein Druckgefühl gemeint sein, vor allem auf dem Herzen/dem Hals, das der Mensch oft verspürt, wenn er Kummer hat oder ihm schlichtweg unwohl ist. Zum anderen kann Druck auch dafür stehen, dass man zwingend eine Leistung erbringen oder eine Erwartung erfüllen muss. Vielleicht auch ein Druck durch Zwischenmenschlichkeit, ein Druck der durch Verantwortung entsteht? Der Titel ist echt gut gewählt worden!


    Aufbau
    Das erste, das mir an deiner Kurzgeschichte auffiel, als ich sie das erste Mal "überscrollt" habe, ist der Aufbau. Du beschreibst zwei Situationen, die du auf gelungene Art und Weise zusammenführst. Das kursive wirkt wie eine Art Flashback, die auf die aktuelle Situation hinführt und sie genauer erklärt, für den Leser durchschaubarer und verständlicher macht. Du eröffnest den Hintergrund, den Zusammenhang zum aktuellen Geschehen mit einer sehr kreativen und schönen Methode. Ich lese äußert gerne Werke, die einen derart einzigartigen Aufbau haben. Etwas Vergleichbares zu "Druck" habe ich bisher viel zu selten gelesen und würde mir wünschen, dass mehr Autoren und Schreiblinge dieses Mittel für sich entdecken. Ich bin gespannt, ob du in Zukunft mit weiteren Werken solch einzigartigen Aufbaus arbeitest.


    Inhalt
    Ich würde untertreiben, würde ich sagen, dass er spurlos an mir vorbeigegangen ist. Ich fand ihn in der Tat wunderbar, er war ein wenig melancholisch, er war berührend, er war traurig. Und doch war er, ganz nach der Schule der Kurzgeschichten, aus einer alltäglichen Situation entsprungen und erinnert mich, und vielleicht auch andere Leser, daran, wie vergänglich das Leben ist und wie schmerzhaft der Tod eines geliebten Menschen sein kann. Deine Kurzgeschichte ist zum einen warnend, und zum anderen bekommt sie durch den Aspekt dieser todüberdauernden Liebe einen kleinen Lichtblick, etwas erfreuliches, etwas, das genauso das Herz berührt, wie die Traurigkeit, die du beschreibst.
    Das sind aber nur die rein emotionalen Eindrücke, die du beschrieben und erfolgreich vermittelt hast - die Handlung, die du beschreibst, ist eigentlich relativ einfach. Sie beschreibt eine Beerdigung eines Ehemannes, eines Familienvaters, eines Menschen, den jeder von uns in seinem Leben hat/hatte. Etwas, womit man sich unweigerlich identifizieren kann. Du hast ein Thema gewählt, vor dem der Mensch schon seit Anbeginn seiner Existenz einen Respekt, eine gewisse Angst hegen. Zum anderen ist deine Kurzgeschichte auch ein Beweis dafür, wie endlich das Leben ist, und wie stark es einen Menschen mitnehmen kann, wenn der Tod, den man vielleicht viele Jahre hinweg gekonnt ausgeblendet hat, den Mittelpunkt des eigenen Lebens trifft. Ich liebe es, wie du das Thema verarbeitet hast, wie wunderbar du seine dunklen, schlichtweg hassenswerten Seiten zeigst und dem Leser dabei einen Protagonisten an die Hand gibst, in den man sich einfach hineinversetzen kann. Ich bin wirklich überrascht, wie viel Tiefe du in das Werk gepackt hast, weiter so, Adri. ♥


    Sprache
    Obwohl ich eigentlich ein Fan von vielen Beschreibungen bin, und sie selbst auch oft in meinen eigenen Werken so verwende, hast du bewiesen, dass weniger mehr ist, wenn es an richtiger Stelle erfolgt. Du hast in einer sehr ... einfühlsamen Art Beschreibungen verpackt, die die Stimmung deutlich machen sollen, du hast niemals vom eigentlichen Thema, den aktuellen Gefühlen abgelenkt. Das ist etwas, das ich besonders bei Geschichten mit einer solchen Bezug wichtig finde. Das Hauptgeschehen, das du sehr spannend ausgestaltet hast, ist nicht in den Hintergrund gerückt, und dennoch hast du es geschafft, an einigen Stellen kleine Metaphern, Stilmittel einzubringen. Ich denke, dass gerade das vielleicht dein Stil ist und es ist wahnsinnig vorteilhaft, wenn du dir schon eine solche Basis geschaffen hast. Ich hoffe, du baust das weiterhin aus, experimentierst vielleicht sogar damit!


    Kurz gesagt - eine wirklich gelungene Kurzgeschichte, die mir auf jeden Fall im Kopf bleiben wird. Ich wünsche mir, häufiger etwas aus deiner Feder zu lesen! ^w^
    Hab dich gern ♥


    Carii

  • Zerstreut


    Momentan fühle ich mich zerstreut.
    Ein Wort, dass eigentlich an das Ende dieses Textes passen würde, um alles geschriebene in einer einzigen Aussage zu vereinen und festzumachen und dennoch fällt es mir jetzt schon ein und ich schreibe es jetzt schon auf. Meine Gedanken zu ordnen fällt mir momentan sehr schwer und so passiert es selten, dass ein Moment der Klarheit mir erlaubt, einige wenige, wirklich durchdachte Zeilen zu verfassen. Wenn ich Musik höre und die Augen schließe sehe ich es alles vor mir, die einzelnen Szenen, die Emotionen, die Aussagen. Ich weiß genau, was ich schreiben möchte. Doch sobald ich die Augen öffne oder versuche diese Szenen und Emotionen und Aussagen in einen Kontext zu bringen, versagt mein Gehirn und stellt sich quer. Es ist beinahe erniedrigend zu wissen, dass ich besitze was ich suche, darauf aber nicht zugreifen kann. In manchen Momenten der geistigen Abwesenheit gelingt es mir, meine Gedanken zu ordnen und für den Bruchteil einer Sekunde erhasche ich Hoffnung; glaube ich könnte doch einen klaren, roten Faden finden und anfangen zu schreiben.
    Doch was schreibe ich überhaupt? Wörter, ob auf Deutsch oder Englisch, selbst auf Spanisch habe ich es versucht - sie genügen nicht. Selbst die längsten, ausführlichsten und metaphorischsten Beschreibungen genügen nicht, um das was ich vor meinem inneren Auge sehe, … „auszudrücken“. Zunächst hatte ich vor zu schreiben „in Worte zu fassen“, doch die Ironie wird mir in der Sekunde klar, in der diese Worte durch meinen Kopf schießen. Sie sind schneller als der Blitz, gar schneller als das Licht und ich kann sie nicht einfangen, obwohl sie ihre Heimat nie verlassen. Sie sind mir ganz nah und dennoch fühle ich mich ihnen so fern, sie wirken so fremd und ich fühle mich allein gelassen, gar hilflos. Ohne Möglichkeit zu sagen, zu schreiben, zu malen, zu zeichnen, zu tanzen, zu singen, zu spielen oder zu zeigen, was ich sehe.
    Ich werde es weiter versuchen.
    Doch ich bin zerstreut.