Licht im Dunkel - Buxis Kurzgeschichten und Gedichte

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  • GedichtBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Grau


    Ich sehe.
    Ich sehe grau.
    Sonst nichts.
    Es ist kalt.


    Ich fühle.
    Ich fühle Nässe.
    Sonst nichts.
    Es ist trist.


    Es kommt.
    Es kommt vom Himmel,
    herab über mich.
    Ich sehe grau.


    Immer weiter,
    unermüdlich.
    Ich kann nicht.
    Ich bin schwach.


    Ich liege im Nass.
    Ohne Mut und Hoffnung.
    Die Besserung
    kommt nie in Sicht.


    Alles was ich sehe
    ist grau.
    Es bedrückt,
    klamm ist es.


    Ein Tropfen
    gross und schwer.
    Er fällt hinab.
    Ich blicke auf.


    Da sehe ich Hoffnung.
    Da sehe ich Mut.
    Da sehe ich Besserung.
    Doch sie entfernen sich.


    Ich bin allein. Es ist grau.


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Grau ist ein Gedicht, das im Rahmen eines Speedwettbewerbs bei irgendeinem Chattreffen entstanden und daher nicht sehr neu ist. Ich weiss nicht mehr, was die Themenvorgabe war, aber ich habe nicht sonderlich gut abgeschnitten, ich war irgendwo im Mittelfeld. Dennoch mag ich das Gedicht recht gut, auch wenn es ultrapessimistisch ist und ich das so heute nicht mehr schreiben würde.


    [background=#993300]Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus





  • GedichtBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Die Schachfigur


    Der weisse Schnee knirscht unter mir,
    Jeder Schritt ein schwarzes Loch.
    Dunkle Schatten sind die Bäume,
    Mein Atem rasselt durch die Ruh.


    Ich stütz mich ab auf meinem Stock,
    als letzter Freund in meiner Not.
    Doch ist er trocken, ist er brüchig.
    Nicht mehr lange hält er stand.


    Ich spüre König Winter lachen,
    wie er mich sieht in seinem Reich.
    Ein kleiner Bauer fern vom Haus,
    ungeschützt und sehr erschöpft.


    Einsam wandle ich auf Erden,
    feste in des Winters Hand.
    Die Arme kraftlos, die Beine schwach,
    ich leg mich ganz ins warme Weiss.


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Dieses Gedicht ist letzten Winter entstanden. Ich weiss ehrlich gesagt nicht mehr, weshalb ich es geschrieben habe, ich habe das Gefühl, ich wurde vom Erlkönig von Goethe inspiriert (siehe "König Winter"). Ich denke, es ist ein eher einfach zu interpretierendes Gedicht, fast schon langweilig, aber es gefällt mir noch gut.


    [background=#993300]Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

  • [font=georgia][size=8]

    Herzlich willkommen im Club der vom Erlkönig inspirierten Leute, das ist mir vor ein, zwei Jahren auch mal passiert, haha. Dies ist ein Kommentar, leb damit! òwó)/


    [align=center]DIE SCHACHFIGUR


    Interessanter Titel, wenn auch etwas verwirrend. Was für eine Schachfigur? Ist sie bildlich zu verstehen? Eine Metapher oder eine tatsächliche Schachfigur, die jetzt das Pech hatte, für dein Gedicht herhalten zu müssen? Ich kenne die Antwort, ich hab das Gedicht gelesen, aber das waren meine ersten Gedanken. Noch dazu mag ich Schachbilder ohnehin sehr gern. Like!


    Allgemeinkrams: Fand das Metrum irgendwie komisch. Beziehungsweise etwas schwer zu lesen, bevor man sich dran gewöhnt hat. Am meisten noch in Strophe 1, das scheint irgendwie nicht ganz aufzugehen, aber das ist eher so eigenes Gefühl als tatsächliches Analysenzeugs. Hm. Ansonsten ist es sprachlich schick, aber das muss ich dir ja wohl nicht mehr sagen! Etwas, das ganz besonders herausstach, gab es für mich aber nicht. Ob das nun an mir liegt oder dir, sei mal dahingestellt.


    Zitat

    Der weisse Schnee knirscht unter mir,
    Jeder Schritt ein schwarzes Loch.
    Dunkle Schatten sind die Bäume,
    Mein Atem rasselt durch die Ruh.


    Huch, düster und depressiv geht es los. Ich mag hier vor allem den Kontrast zwischen dem weißen Schnee und dem schwarzen Loch, hätte es hier glaube ich sogar ganz gut gefunden, wenn es auch zu den dunklen Bäumen noch eine Antithese gegeben hätte, aber so passt es auch. Hallo an das offensichtlich nicht sehr fröhliche lyrische Ich, das so seines Weges geht - in einer kalten Welt. Wortwörtlich, sonst läge ja kein Schnee. Zudem ist niemand sonst in der Nähe, zumindest ist es ruhig. Das schwarze Loch scheint Leere zu symbolisieren, Leere im lyrischen Ich, oder eher Leere, in die es hinein gerät. Immerhin ist nicht sein Herz ein schwarzes Loch, sondern jeder Schritt. Immer ein wenig weiter in die Verzweiflung rein, huh?


    Zitat

    Ich stütz mich ab auf meinem Stock,
    als letzter Freund in meiner Not.
    Doch ist er trocken, ist er brüchig.
    Nicht mehr lange hält er stand.


    Das arme lyrische Ich ist entweder alt, verletzt oder beides. Ob das nun wörtlich oder metaphorisch genommen wird, ist wohl Auslegungssache, ich sehe es eher als metaphorisch. Noch klammert sich das lyrische Ich an irgendetwas, das es am Leben hält, das ihm die Möglichkeit gibt, noch zu stehen und nicht zu fallen, aber es weiß selbst, dass dies nicht mehr lange so weitergehen wird. Es wirkt schon sehr, als würde es die letzte Hoffnung gerade aufgeben und genau diese letzte Hoffnung ist der benannte Stock. Es muss sich darauf stützen, weil es sonst in die oben genannte Verzweiflung fallen würde, weil es so eigentlich kaum noch Grund sieht, zu leben. Es ist des Lebens müde, quasi.


    Zitat

    Ich spüre König Winter lachen,
    wie er mich sieht in seinem Reich.
    Ein kleiner Bauer fern vom Haus,
    ungeschützt und sehr erschöpft.


    Oh, hier haben wir also einen Bauern und auch einen König. Deshalb also die Schachfigur. Das lyrische Ich ist der Bauer - in so ziemlich allem, was ich kenne, gleichgesetzt mit Machtlosigkeit, Ersetzbarkeit. Nur gelenkt von einer größeren Macht, unwichtig und opferbar. In meinem Kopf habe ich jetzt das Bild eines einzigen schwarzen Bauern inmitten von weißen Schachfiguren (weiß, weil die Umgebung weiß ist, schätze ich), denn er ist weit weg von seiner Heimat und ungeschützt - also allein. Ich sagte ja bereits, dass ich Schachbilder mag, weshalb mir diese Strophe wohl insgesamt am besten gefällt, so viel kann ich schon einmal sagen. Auch, wenn nicht wirklich viel passiert. Generell passiert ja eigentlich nicht viel, er geht durch die Gegend und stirbt irgendwann, niedergeschlagen von einem Leben als Bauer. Währenddessen lebt der König sein hübsches Leben, sein Schutz hat höchste Priorität, er ist umgeben von ... Türmen ... Und so ... Und für den Bauern interessiert sich eigentlich mal keiner. Der König sieht ihm, es ist ihm recht egal. Ganz im Gegenteil, er findet's sogar noch belustigend, und damit hast du es geschafft, dass ich Antipathie gegenüber einer Schachfigur empfinde. Propz. '-'


    Zitat

    Einsam wandle ich auf Erden,
    feste in des Winters Hand.
    Die Arme kraftlos, die Beine schwach,
    ich leg mich ganz ins warme Weiss.


    Jetzt ist das Weiß warm, obwohl man das eigentlich nicht vermuten würde. Warm verbinde ich mit Angenehm...keit ... Angenehmlichkeit? Angenehmsein? Deutsch, meine Damen und Herren. ._." Jedenfalls wirkt der Schnee / der Tod jetzt doch ziemlich einladend, und wenn man sich die vorigen Strophen anschaut, verwundert das nicht wirklich. Dass das lyrische Ich stirbt, ist ja recht offensichtlich. Frag mich hier gerade, was der Winter ist - doch die (in meinem Kopf) Weißen, in deren Ränge es sich ganz allein vorgewagt hat, oder seine eigene Seite, der König, gar der Schachspieler, der ihm seine Richtung vorgibt? Aber dann würde mir das meine schöne Theorie zerschießen. =< In jedem Fall wird es geleitet, hat keine Möglichkeit, selbst zu entscheiden, seine einziger Ausweg ist der Tod. Aber stirbt es, weil es es so will, oder stirbt er, weil er geopfert wurde? Und labere ich uhrzeitbedingt nur Mist? Fragen über Fragen ...


    Nachdem ich jetzt die Strophen mal mehr oder weniger auseinandergenommen habe (nicht wirklich ...), stellt sich jetzt natürlich die Frage - und was soll das alles? Ich denke mal kaum, dass es einfach die Reise einer Schachfigur ist, die aufgrund mangelnder Entscheidungsfähigkeit lieber den Tod wählt. (Wobei das erklären wurde, warum manche Spielfiguren die Tendenz haben, einfach umzukippen ...) Nah, es hat sicherlich einen tieferen Sinn, allerdings fallen mir da spontan zwei Sachen ein.
    Erstens, Gesellschaftskritik, denn wenn man beim Interpretieren nicht weiter weiß, ist alles Gesellschaftskritik! Der König stellt diejenigen dar, die in der Gesellschaft das Sagen haben. Diejenigen, die entscheiden, was sozial angemessen ist und was nicht. Hauptsächlich einflussreiche Leute halt. Oder vielleicht auch die Gesellschaft selbst, aber ich denke, das ist eher der Winter, oder generell die Umgebung. Kalt, erbarmungslos, und das lyrische Ich kann nichts tun, als ihr zu folgen. Es ist nicht glücklich damit (massive Untertreibung) und geht darin schlussendlich zu Bruch. Depressionen, Burn-Out, who knows.
    Zweitens, sämtliche sonstige Gefangenschaftstheorien. Ein seltsamer Gedankengang, aber ich hab da diesen einen Charakter, sie ist quasi eine Dienerin von diesem bösen Lord da, aber tut das eigentlich nur, weil sie keine Wahl hat. Schlussendlich opfert sie sich selbst, indem sie sich gegen ihre eigenen Kameraden stellt. Zugegeben, auch, um die Guten entkommen zu lassen, aber hauptsächlich, weil sie mit ihrer eigenen Gefangenschaft und Schuld nicht mehr leben kann. Wenn ich so genau darüber nachdenke, passt das Gedicht auf sie außerordentlich gut, haha. Das könnte man jetzt auf jede andere These, die einigermaßen in die Richtung geht, so umschreiben, und ist eher eine Wörtlichnahme als alles andere.
    Bestimmt gibt es noch mehr Ansätze, die man da verfolgen kann, aber das sind so die beiden, die sich mir zuerst eröffnet haben. Okay, der erste ist ziemlich klischeehaft und der zweite ziemlich wörtlich, aber hey ... Es ist spät! Vielleicht fällt mir zu einer angemesseneren Uhrzeit noch was Besseres ein, das ich dann hier reineditiere oder so ... Ich seh's schon kommen, ich hab völlig an der eigentlichen Bedeutung vorbeigeschossen, so etwas scheint bei mir mit Gedichten öfters der Fall zu sein. ._."


    In jedem Falle jedoch hast du ein Werk geschaffen, das nicht nur dank der Schachfigurenmotivik überzeugt. Nein, es hat auch noch den Winter, damit kriegt man mich immer. Wirklich was zu bemängeln hatte ich ja nun nicht und überhaupt war das hier weniger eine Kritik als ein Art "lesen wir das Gedicht und schauen, was uns in den Kopf kommt!", was ich eigentlich immer ganz interessant finde, aber ich weiß ja nicht, wie du das siehst. Freut mich jedenfalls, dich mal wieder hier zu sehen, und hoffentlich kriegen wir bald was Neues zu lesen, das nicht schon eine Weile lang existiert!


    Vielleicht kannst du hiermit ja was anfangen, vielleicht auch nicht, aber das sind so meine Gedankengänge, huh. Auf bald! o/


    Nija ~





  • KurzgeschichteBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Im Staub


    „Gibst du mir etwas ab?“
    „Nein, hättest halt selbst ein Stück mitlaufen lassen sollen.“
    „Komm schon, ich habe Hunger, und der alte Basim ist so wachsam.“


    Der kleine Elijah trottet durch die staubige Strasse, seine Kleider sind zerrissen und braun vom Dreck. Seit Wochen hat er sich nicht mehr gewaschen, die dunklen Haare sind verfilzt und verklebt, und unter seinen Fingernägeln haben sich längstens dicke Schmutzränder gebildet. Er muss nicht mehr weit gehen, bis er zu Hause ankommt. Oder dort, wo zu Hause einst gewesen ist. Sein Magen knurrt, er hat Hunger. Müde blickt er in der von Kämpfen gezeichneten Strasse um, tritt eine zerknüllte Aluminiumbüchse nach einem dreckigen Streuner. In den zerfallenen Hauswänden prangen Einschusslöcher, hie und da gibt es geschwärzte Stellen, wo ein Molotowcocktail explodiert ist. Vor einigen Wochen haben sich hier die Rebellen und die Polizei heftige Gefechte geliefert, ohne Rücksicht auf die Anwohner wie Elijah, der nun fast bei der Unterkunft angekommen ist. Neben dem zerbrochenen Fenster wird er eintreten müssen. Er legt seine Hand auf die Türklinke, drückt sie mit einer schwachen Bewegung herunter. Quietschend öffnet sich die Tür, oder das, was noch von ihr übrig ist. Elijah tritt ein und hustet ob der abgestandenen Luft, während vier Augenpaare auf ihn gerichtet sind.
    „Und?“, fragt eine kratzende Stimme aus dem Dunklen. Elijah steht immer noch im Eingang, die Sonne brennt unangenehm heiss auf seinem Rücken.
    „Nichts“, antwortet er zögerlich. Kurze Zeit ist alles still, bis sich die kratzende Stimme abermals erhebt: „Wieso?“
    „Der alte Basim hat mich erwischt, und Abdullah wollte mir nichts abgeben.“
    „Aber der alte Basim ist fast blind! Bist du unfähig?“, ruft die Kratzstimme. „Wenn dein Bruder nicht verletzt wäre, würden wir ihn schicken. Er würde uns jeden Tag genug heimbringen, dass wir alle überleben. Aber du, Elijah, du bringst uns noch alle um.“
    Beschämt starrt Elijah auf den staubbedeckten Boden. Beiger Sand hat sich um die Schlafmatten herum angesammelt, da und dort huscht ein Insekt durch den Raum. Noch immer starren acht Augen auf den Jungen.
    „Es- es tut mir leid… Ich habe ja auch Hunger, aber es ging einfach nicht besser…“, murmelt er.
    „Wetten, du hast dir auf dem Weg den Bauch vollgeschlagen?“, ruft eine junge Männerstimme.
    „Nein, das würde Elijah nie tun“, antwortet eine Frau.
    „Aber Mutter, ihm, dem kleinen Windbeutel, ist alles zuzutrauen“, gibt der junge Mann zurück.
    „Niemals würde er seine Familie im Stich lassen, niemals“, sagt die Mutter.
    „Elijah“, beginnt die Kratzstimme mit einem verärgerten Unterton erneut.
    „Ja, Vater?“ Die hohe Stimme des kleinen Jungen zittert. Die Hände über dem schmutzigen Hemd zusammengefaltet, blickt er noch immer auf die Spinne, die es sich gerade vor seinen Füssen gemütlich gemacht hat.
    „Geh mir aus den Augen, Junge, bis du mir etwas zwischen die Zähne liefern kannst!“, schreit der Vater in einem plötzlichen Ausbruch von Wut. „Ich bin alt, schon fast sechzig, und du, du kannst dich nicht mal um deinen gebrechlichen Vater kümmern. Dein Bruder hätte es gekonnt, deine Schwester - möge sie in Frieden ruhen - auch. Aber das Schicksal hat uns mit dir bestraft, einem unfähigen Balg. Was habe ich nur falsch gemacht?“
    „Er ist doch erst acht, Schatz. Sei etwas umsichtig“, sagt die Mutter.
    „Sei still, Weib! Noch lebe ich, noch habe ich das Sagen. Doch wenn Elijah nicht bald etwas Essbares ranschafft, wird sich dies ändern und ich werde mausetot hier im Dreck liegen. Und nun, Sohn, geh mir aus den Augen!“ Der Vater ist ausser sich. Noch immer sitzt er im Dunklen an der Wand, ein hochroter Kopf lässt sich im Zwielicht ausmachen.
    Elijah dreht sich um und geht. Er tritt die beiden kaputten Stufen hinunter, am kaputten Fenster vorbei. Wieso muss er nur so gestraft sein? Wieso muss gerade er das Essen beschaffen? Im zarten Alter von acht Jahren? Früher ist er immer mit seinem Bruder Brot stehlen gegangen. Sie haben es nicht nötig gehabt. Sie hatten Geld gehabt, und das Klauen ist ein Kick gewesen, eine willkommene Abwechslung zum normalen Alltag eines Kindes in Syrien. Und nun hängt sein Überleben davon ab, das Überleben der Familie.
    Elijah verflucht leise die Rebellen, die eine Handgranate in ihr Haus geworfen haben. Seine Schwester ist dabei tödlich verwundet worden, das Haus mehr oder weniger komplett niedergebrannt. Er verflucht die Regierung, dass sie seinen Bruder angeschossen hat. Ins Bein, vor etwa vier Tagen. Seither muss der Junge allein auf die Diebeszüge gehen, ohne die Unterstützung der langen und geschickten Finger seines älteren Bruders. Stets wird er erwischt, wie er versucht, eine Banane vom Strassenstand zu entwenden, wenn er auf dem Fischmarkt einen Fisch zu stehlen probiert. Er ist unnütz. Wieso nur? Was hat er getan, um so auf die Welt gekommen zu sein? Und wieso musste auch noch dieser vermaledeite Krieg ausbrechen? Seither geht es Elijah schlecht. So schlecht. Nie mehr saubere Kleidung. Nie mehr genug Essen. Nie mehr fliessendes Wasser.
    Wütend zupft er an einem Faden, der aus seinem verschlissenen Hemd franst. Wütend auf die Welt und auf sich selber. Schritt für Schritt die Strasse hinunter, der Blick starr auf den Boden gerichtet, Schritt für Schritt in Richtung Marktplatz, wo die letzten Händler, die noch Ware haben, diese für Wucherpreise anbieten. Wenn er etwas klauen kann, dann dort. Hie und da sieht Elijah einen Bettler an einer Hauswand sitzen, gekleidet in nichts mehr als erbärmliche Lumpen. Sie sitzen einfach nur da und hoffen auf Rettung, oder wenigstens den einen oder anderen syrischen Lira. Elijah weiss, sie hoffen vergeblich. Nichts wird sie hier raus holen. Genauso wie ihn. Niemand wird ihn retten.


    „Hey du. Ist jemand da?“
    Elijah blickt nicht auf. Trotzig sitzt er an einer Hauswand im Staub, wie die Bettler vorhin, die Arme verschränkt.
    „Huhu, klopf klopf.“
    Das ist nicht lustig.
    „Ich habe etwas zu Essen für dich.“
    Der lügt doch sowieso nur. Er will den Jungen nur von hier weglocken.
    „Hier, nimm. Du siehst so abgemagert aus.“
    Elijah hört etwas rascheln und sieht dann eine Hand, die sich in sein Blickfeld schiebt. Sie hält ein Stück Brot. Nicht mehr taufrisch, aber essbar. Sofort meldet sich der Hunger beim Jungen, und sein Magen knurrt laut. Er hört einen lauten Lacher und blickt schliesslich auf. Ein blonder, junger Mann steht in verstaubten Jeans und einem billigen Hemd vor ihm, in der einen Hand das Stückchen Brot, in der anderen Hand ein ganzer Laib davon. Elijah läuft das Wasser im Mund zusammen. Wie lange hat er schon nichts gegessen? Vierzehn Stunden? Wie lange war er schon nicht mehr richtig satt gewesen? Vier Wochen? Nein, eher fünf.
    „Und, nimmst du es?“, fragt der Mann freundlich, die Brille auf die Nase zurückschiebend.
    „Hm…“, antwortet Elijah. „Ja“, entweicht es ihm schliesslich.
    „Bitteschön.“
    Der Junge kaut und der herrliche Geschmack von Brot breitet sich auf der Zunge aus. Er blickt den Mann an, der ihm einfach so geholfen hat. „Danke.“


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Diese Kurzgeschichte habe ich für einen Kurzgeschichtenwettbewerb hier im Board geschrieben. Ich habe nicht gewonnen, wenn ich mich richtig erinnere. Ich hoffe, sie gefällt euch!


    [background=#993300]Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

  • Hallo @Buxi :)
    Da dein letzter Kommentar schon eine Weile her ist und deine Kurzgeschichte schon viel zu lange unkommentiert da steht (eine Schande! D:), dachte ich mir, ich lasse dir mal ein bisschen Feedback zu deinem Werk da, ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen. :3
    Im Staub - ein auf mich ziemlich eindringlich wirkender Titel, der als erstes vor meinen Augen Bilder von verlassenen, dunklen Gassen und einsamen Gestalten heraufbeschwört, aber vielleicht wurde ich auch einfach ein bisschen zu sehr vom Header deines Topics beeinflusst. Jedenfalls bin ich gespannt, was es damit auf sich hat und welche kurze Geschichte du mir gleich erzählen wirst; inwiefern der Titel letztendlich passt, werde ich gegen Ende nochmal beurteilen.
    Die ersten drei Zeilen deines Textes, ein kurzer Dialog, sind irgendwie schon bezeichnend dafür, was ich mir unter dem Titel vorgestellt habe. Der unvermittelte Einstieg ist dir sehr gut gelungen und gekonnt mit einer wörtlichen Rede gelöst - ich mag sowas sehr gern. Mit wenigen Worten zeichnest du eine sehr betroffen machende Szene; ein kleiner Junge in einem vom Krieg gezeichneten Gebiet voller Armut. Ich nehme an, dass sein Zuhause zerstört worden ist, vielleicht hat er sogar seine Familie verloren. Ich hoffe es nicht; sein Schicksal erinnert an das vieler Menschen in aktuellen Kriegsgebieten. Spielst du darauf an? Vielleicht kann ich die Frage ja gleich selbst beantworten. Elijah hat also noch Eltern und Familie, allerdings frage ich mich, ob es ihm ohne sie nicht besser gehen würde. Anscheinend muss er als einziger dafür sorgen, dass alle genug zu essen haben und somit überleben können, und im Gegenzug wird er zu Unrecht noch unnötig niedergemacht. Die Szene weckt in mir das Gefühl, diesen kleinen Jungen beschützen zu wollen... Aber du schreibst es selbst ganz treffend, dass niemand ihn retten wird, und nun ist auch klar, dass du natürlich auf die aktuelle Situation Bezug nimmst, den Krieg in Syrien. Wie viele Menschen wohl tagtäglich so leben müssen, nicht nur in diesem Land, sondern überall auf der Welt? Wie viele haben vielleicht ein sogar noch schlimmeres Schicksal? Deine Kurzgeschichte endet mit einem kurzen Moment des Glücks und der Dankbarkeit, als ein fremder Mann Elijah etwas zu essen anbietet. Durch die geschilderte Situation ist diese vollkommen selbstlose Handlung ganz klar ein Kontrast und somit ein kleiner Wendepunkt im Geschehen, und auch wenn niemand allein diesen schrecklichen Zustand auflösen kann, so ist trotzdem ein wenig Hilfsbereitschaft, und sei sie noch so klein, auf einmal von größter Bedeutung. Du hast mich mit deinem Werk wirklich in den Bann gezogen, ein großes Lob, mit so wenigen Worten diese knappen Szenen zu zeichnen, die mich wirklich sehr berührt haben. Du scheust dich nicht, den Menschen vor Augen zu führen, was zu jeder Zeit irgendwo geschieht, und mit deiner Kurzgeschichte hast du mich wirklich getroffen. Danke für dieses Werk, in dem man vollkommen unvermittelt einiges an Tiefgründigkeit findet! Den Titel hast du sehr gut gewählt, ich könnte mir keinen besseren vorstellen. Auch greifst du den Staub, sowie Dreck und allgemein die Armut immer wieder auf, sie ist ein klarer Bestandteil deines Werkes und natürlich der Handlung. Ein wirklich berührender Text, der mich sehr betroffen macht und mir sicher noch eine Weile nachhängen wird...
    So, das war es erst einmal von mir, ich hoffe, bald wieder von dir zu lesen! Bis dahin alles Gute. :3


    Gracidea



  • GedichtBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Die helle Stimme des Posthorns ruft


    Die helle Stimme des Posthorns ruft
    Klar durch die singende Sommernacht.
    Unter mir klinget des Pferdes Huf,
    der Fremde entgegen durch dämmrige Pracht.


    Doch bald erdrückt der Schwärze Hohn
    Die blasse Blüte des Mondes Schein.
    Es wird mir bange ums Herze schon,
    Wie schön wär’s wieder zuhause zu sein.


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Dieses kleine Gedicht ist enstanden, als ich mal wieder Eichendorff-Gedichte gelesen habe. Zur Zeit weile ich für längere Zeit im Ausland, und aus manchen Gefühlen, die bei solchen Unternehmungen eben auch auftauchen, habe ich die Inspiration für den Inhalt genommen. Ansonsten würde ich sagen, dass ich formtechnisch und sprachlich viel vom Vorbild übernommen habe.


    [background=#993300]Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Ich freue mich nach wie vor über jeden Kommentar, den ihr mir hinterlässt, ich hoffe, meine Werke gefallen euch! Doch nun zu @Faolin: Ich habe mich entschieden, tatsächlich noch einen Rekommentar zu schreiben, schlicht und einfach weil die Aktualität in den zwei, drei Jahren, die vergangen sind, seit ich die Geschichte geschrieben habe, traurigerweise nicht verloren gegangen ist. Mit dem momentanen Waffenstillstand können hoffentlich die humanitären Missionen der UNO und anderer Organisationen durchgeführt werden, damit den eingekesselten Leuten geholfen werden kann wie dem kleinen Jungen.
    Ich freue mich natürlich über das grosse Lob, das du ausgesprochen hast (was freut einen Autoren mehr). Du hast damit nicht gegeizt. Was mich ebenfalls sehr freut, ist, wie gut sich meine Absicht dem Leser zu offenbaren vermag. Du hast so ziemlich alles verstanden wie ich das beim Schreiben beabsichtigt habe, und die richtigen Zusammenhänge gemacht. Der Mann zum Schluss ist aber nicht irgendein Mann, er ist ein Freiwilliger von irgendeiner Hilfsorganisation (ich hatte die UNICEF im Kopf, aber das spielt nicht wirklich eine Rolle) und darum ist er blond, was ihm Nahen Osten eine ziemlich seltene Haarfarbe ist. Was man auch noch sehen könnte, wären Dinge wie "man kann zwar jemandem temporär helfen - längerfristig kann er aber nur sich selber helfen". Das Stück Brot, das der Protagonist bekommt, ist nicht nachhaltig, ernährt nur ihn und nicht seine Familie etc. etc.
    Danke vielmals nochmals für diesen netten Kommentar, und ich hoffe, du nimmst mir meinen gar späten Rekommi nicht allzuübel.

  • Huhu!



    Im Staub

    „Nein, hättest halt selbst ein Stück mitlaufen lassen sollen.“

    Über den Satz war ich gestolpert. Ist das "lassen" zu viel?


    Außerdem bin ich neugierig, wie die anderen Familienmitglieder heißen. Denn Elijah ist ein hebräischer Name und bedeutet "Mein Gott ist JHWH" (El=Gott, i=mein, jah=Abkürzung des Gottesnamens JHWH). Meines Wissens gibt es nämlich nur noch eine einzige Jüdin in Syrien, alle anderen waren entweder schon in Folge des israelischen Unabhängigkeitskrieges vertrieben worden (Funfact: Roni Dalumis Familie kommt aus dem Irak/Lybien), sind in den darauffolgenden Jahrzehnten aufgrund der zunehmenden Drangsalierung ausgewandert oder von der israelischen Regierung im Laufe des syrischen Bürgerkrieges evakuiert worden - die beschriebene Familie könnte also kurz darauf in Richtung Israel gerettet worden sein. Ein verstecktes Happyend? :D Gerade, da die anderen vorkommenden Namen arabischen und aramäischen Ursprungs sind, sticht dieser hebräische Name ein wenig heraus. Finde ich zumindest xD


    Die fast schon gewählte Ausdrucksweise der Familienmitglieder unterstreicht übrigens sehr schön, dass es der Familie vor dem Krieg gut ging ("Sie hatten Geld gehabt.").


    Die kriegsbedingte Zerstörung ist angemessen dargestellt.


    Beim Ende dachte ich: Hm, wenn er nicht den ganzen Laib Brot bekommt, dann kann er seiner Familie nichts mitbringen. Was ein realistischer, da leicht bitterer Abschluss der Geschichte ist (außer, meine Theorie vom versteckten Happyend stimmt!).


    Orthographisch ist bis auf den ersten Satz nichts zu beanstanden (es sei denn ich verstehe den nur nicht, weil ich dumm bin), sogar der Brotlaib ist richtig geschrieben <3



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    P.S.: Aber, ey, voll rassistisch, dass der blonde Westler die Rettung in der Not ist, schör!




    Die helle Stimme des Posthorns ruft


    Lässt sich schön lesen. Ich habe zwar nicht die Silben gezählt oder so, aber die Zunge stolpert über nichts. Du weißt, wie man die Worte umstellen muss, damit es klingt und richtig bleibt. Ich weiß aus dem Deutschunterricht, ja, sogar dem Deutsch-LK, dass damit heutzutage viele Menschen Probleme haben. Da klingt so ein Gedicht dann schnell mal ähnlich rhytmisch wie Orang-Utan-Konzert mit Zwölftonmusik. Oder sie benutzen sprachliche Ausfälle wie "Essen praktizieren". Auch hier bist du sicher. Des Pferdes Huf kann klingen, ohne, dass man sich spontan übergeben möchte! Ich ringe nur mit mir, ob in V5 lieber "erdrückt" oder "erdrücket" stehen sollte xD


    Der Kreuzreim gefällt mir. Auch deswegen, weil ich es nicht mag, wenn mir aufdringliche Paarreime ins Gesicht springen und schreien: "ICH BIN EIN REIM! BEACHTE MICH!" Darüber hinaus ist er aber auch schön umgesetzt, wie ich finde.


    Die Stimmung kommt beim Leser an (zumindest bei mir), auch durch die paarweise Setzung von 1. Adjektiv 2. Nomen, bzw. Genitivkonstruktion von zwei Nomen. Freilich könnte man sagen, dass man in der zweiten Strophe auch auf Reime verzichten oder oben genannte Struktur ganz statt nur teilweise hätte aufgeben können, aber ich finde, dass hierdurch (gewollt oder unabsichtlich?) zum Ausdruck kommt, dass einem nachts, bei Dunkelheit, eine Szenerie unheimlicher wird, je länger man ihr ausgesetzt ist - unabhängig davon, ob sich tatsächlich irgendetwas verändert.



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    Im Gegenzug erwarte ich, dass du dir mindestens ein Lied von Roni Dalumi anhörst und ein Gedicht über ihre Schönheit schreibst!

  • Außerdem bin ich neugierig, wie die anderen Familienmitglieder heißen. Denn Elijah ist ein hebräischer Name und bedeutet "Mein Gott ist JHWH" (El=Gott, i=mein, jah=Abkürzung des Gottesnamens JHWH).

    Er ist kein Jude, sondern Christ. Der Name bezieht sich auf den Propheten Elia (oder eine der anderen 300 Umschriften in die westliche Schrift). Ich denke, ich brauche dir nicht zu erklären, wer das ist. Warum genau Elijah und nich jemand anderes? Keine Ahnung, das war random (:

    Über den Satz war ich gestolpert. Ist das "lassen" zu viel?

    Ist es nicht. Mitlaufen lassen ist ein stehender Begriff für stehlen.

    Aber, ey, voll rassistisch, dass der blonde Westler die Rettung in der Not ist, schör!

    Wenn man das tatsächlich so empfindet, dann habe ich wohl einen Fehler gemacht. Der Auftritt des Westlers ist, wie ich schon im Rekommi an Faolin geschrieben habe, steht der Westler nicht unbedingt für die Rettung in der Not, sondern nur als temporäre Überbrückung der schlimmsten Zustände (doch leider sind sogar während dem Waffenstillstand die Hilfslieferungen blockiert, ich kann es kaum fassen). Wahrer Wandel kann nur von der Bevölkerung selbst kommen. Gerade ersteres wird durch das Stück Brot symbolisiert, das im Augenblick zwar das Grösste aller Dinge ist, aber wohl nur ein paar Stunden hinhält, und auch nur Elijah ernährt, während seine Familie weiterhungern muss.

    Der Kreuzreim gefällt mir. Auch deswegen, weil ich es nicht mag, wenn mir aufdringliche Paarreime ins Gesicht springen und schreien: "ICH BIN EIN REIM! BEACHTE MICH!" Darüber hinaus ist er aber auch schön umgesetzt, wie ich finde.

    Schön, dass dir meine Reime gefallen, ich hatte immer etwas Mühe damit (und auch jetzt noch, wenn ich ehrlich bin). Der Kreuzreim passt natürlich perfekt zum romantischen Stil des Gedichtes und ist von meinem Vorbild Eichendorff (den du als Deutsch-LKler sicherlich kennst, wenn nicht, dann check den mal aus, seine Gedichte sind toll) übernommen worden.

    Die Stimmung kommt beim Leser an (zumindest bei mir), auch durch die paarweise Setzung von 1. Adjektiv 2. Nomen, bzw. Genitivkonstruktion von zwei Nomen

    Gerade mit diesem Aspekt bin ich nicht ganz zufrieden; ich finde meine Satzkonstruktion manchmal noch zu plump und repetitiv, da sie, wie du ja unschwer erkennen konntest, immer diesem selben Muster folgt. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich in dieser Hinsicht mehr und mehr Variabilität gewinne, je mehr ich solche Gedichte schreibe. Übung und ein genügend grosser Fundus an sich reimenden Konstruktionen (wenn mal jemand zählen würde, wie oft ich schon Nacht auf Pracht gereimt habe, oh boy) machen das Ganze massiv einfacher.

    Freilich könnte man sagen, dass man in der zweiten Strophe auch auf Reime verzichten oder oben genannte Struktur ganz statt nur teilweise hätte aufgeben können, aber ich finde, dass hierdurch (gewollt oder absichtlich?) zum Ausdruck kommt, dass einem nachts, bei Dunkelheit, eine Szenerie unheimlicher wird, je länger man ihr ausgesetzt ist - unabhängig davon, ob sich tatsächlich irgendetwas verändert.

    Wie schon angeklungen, habe ich bewusst die Struktur bis zum Ende hin durchgezogen. Ich wollte einmal keine Abkürzungen nehmen, wie ich das sonst immer tue (sei es durch völlige Vernachlässigung von Reimen, Rhythmus, oder durch das Benutzen eines abcb-Schemas anstatt abab). Wie du gut erkannt hast, war es natürlich meine Intention, Gefühle von Unsicherheit heraufzurufen; die anfänglich so freudig erwartete Reise ist plötzlich nicht mehr so toll, und die romantische Seele vermisst die Heimat (und während sie zu Hause ist, vermisst sie die Fremde; nie zufrienden...).

    Im Gegenzug erwarte ich, dass du dir mindestens ein Lied von Roni Dalumi anhörst und ein Gedicht über ihre Schönheit schreibst!

    Wird sofort erledigt!




  • GedichtBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus


    Leise rufen die Erinnyen


    Ich bin in düstrer Finsternis gefangen
    Die Hoffnung nur ein kleines Flämmchen schwach
    Die Lust nach ihren Lippen hält mich wach
    Doch sie ist schon vor langer Zeit gegangen


    Da öffnet sich für mich ein kleines Türchen
    Ein Gottesmann sieht meine grossen Schmerzen
    Es werde heilen durch des Herren Herzen
    Er nährt in mir der Hoffnung schwaches Flämmchen


    Doch süsser ist der Rache leises Flüstern
    Ab all den blutigen Gedanken lüstern
    Betrete ich den Pfad der Niedertracht


    Mein Messer lässt sie auf zum Himmel steigen
    Als plötzlich kann ich mir nicht mehr verzeihen
    Verloren ist des Lebens letzte Schlacht


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Dieses Gedicht entstand 2014 für den Sonett-Wettbewerb, den ich trotz starker Konkurrenz auf dem guten fünften Rang abschliessen konnte. Inspiration war für mich ein Goethe-Sonett, ich kann aber nicht mehr sagen, welches.


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  • Nachdem ich zum guten dritten Mal gelesen habe, dass du dir einen Kommentar in deiner literarischen Sammlung wünscht, will ich mal nicht so sein und dir gerne einen da lassen. Dabei muss ich sagen, dass ich mich nicht wirklich gut mit Gedichten auskenne und mich recht selten mit ihnen beschäftige; deswegen wird es bestimmt nicht so sachlich werden wie erwünscht.
    Zuerst fange ich mit dem Titel an: Erinnyen sind, laut Wikipedia, Rachegöttinnen; Furien. Das ist auch ein schön ausgesuchter Titel, der auch schon die Hauptgeschichte des Gedichtes verrät(, wenn ich ihn richtig interpretiert habe.)
    In der zweiten Strophe ist mir aufgefallen, dass sich Türchen und Flämmchen nicht rein reimt. Hast du dir dabei etwas gedacht? Außerdem hätte ich hier eventuell ein anderes Nomen verwendet, da du es bereits in er ersten Strophe verwendet hast. Oder du hast es bewusst als Wiederholung gewählt. Da kann ich mir im Moment nicht einhunderprozentig sicher sein; so viele sprachliche Mittel es da gibt; schrecklich.
    Interessant sind für mich Strophe Drei und Vier, da man hier einen größeren Spielraum hat, was die Fantasie angeht.
    Bringt der Protagonist gerade jemaden um; seine ehemalige Freundin? Und bringt er sich darauf selber um, weil er nicht mit der Schuld leben kann? Vielleicht ist es ja auch ein harmlosere Gedanke; ich denke da meistens an die brutalste Option, hehe.
    Abschließend möchte ich sagen, dass mir das Gedicht am Ende doch etwas zu kurz war. Ich hatte mich gerade so schön eingelebt, da war es auch schon wieder zu Ende. Man hätte hier noch vielleicht einige Konflikte hineinbringen können; z.B. dass er einen Konflikt mit seinem Gewissen hat oder äußere Einflüsse mit hineinnehmen.
    Aber das muss auch nicht unbedingt sein; wozu haben wir denn offenen Anfang und offenes Ende erfunden? ;)
    Besonders aufgefallen ist mir dann doch deine Schreibweise; sie klingt so schön gehoben. Du weißt bestimmt, was ich meine, oder?
    Dein Topic zeigt mir mal wieder, dass ich echt was verpasst habe ... Ich werde mich dann wohl in den nächsten Tagen, besonders in den Ferien, die ich in der Türkei verbringe, mal in die verschiedenen Themen begeben und einfach mal entspannt lesen.
    Na dann, wir sehen bzw. schreiben uns bestimmt mal wieder auf irgendeine Weise; spätestens beim nächsten Hobbyautoren-Treffen! :P



  • GedichteBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus


    Morgengedicht


    Die Wolken rot am Himmel stehen
    Erhaben im ersten Sonnenlicht.
    Die letzten Schattenfetzen gehen
    Alsbald ein junger Tag anbricht.


    Abendhimmel


    Erblasst des Abends Rosen,
    Ihr Blütenglanz verwelkt.
    Im wilden Sturmestosen
    Die Erd‘ bald nachtumwölkt.


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Diese beiden Kurzgedichte - es sind zwei Werke, die thematisch miteinander verbunden sind, nicht ein Gesamtwerk - haben eine unterschiedliche Geschichte: Das Morgengedicht entstand etwa vier Tage vor dem Abendhimmel und war erst als Gedicht über den Abend und das Entrücken des schönen Tages in die düstere Nacht. Schlussendlich wurde es zum genauen Gegenteil. Nichtsdestotrotz hatte ich noch immer das Bedürfnis, ein kleines Gedicht über den Abend zu schreiben. Als ich dann vorgestern (schon viel zu spät) schlafen ging, überfiel mich plötzlich der Ausdruck "Wenn des Abends Rosen" und ich wusste, das war mein Abendgedicht. Ich stand nochmals auf, um einen ersten Eindruck zu schreiben. Ich packe die detaillierte Entstehung mit allen Zwischenversionen in einen Spoiler für die, die es interessant finden, wie ich Gedichte schreiben. Da ich dieses nicht am Computer geschrieben habe, sondern auf Papier, habe ich die ersten paar Versuche nach dem Erreichen eines Endproduktes nicht gelöscht, wie üblicherweise, sondern es sind alle gut dokumentiert.



    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    @Galileo: Ich wünsche mir stets Kommentare, selbst wenn alle Werke schon drei Mal kommentiert wären. Und jeder Kommentar ist erwünscht, egal ob vom Experten oder vom Laienpublikum. Im Grunde kritisierst du das, was auch schon beim Wettbewerb angesprochen wurde, nämlich der unreine Reim von "Türchen" und "Flämmchen", das sich zumindest für mich, gut genug reimt, um durchzugehen, und die Wiederholung von "schwaches Flämmchen". Ich habe das als bewusste Wiederholung gewählt, um die Metapher aus der These in der Antithese aufzugreifen und ins Gegenteil zu wandeln (das schwache Flämmchen wird genährt, dh stärker). Das Verzichten auf positive Adjektive wie "stark" oder "heiss / hell" sollte klar machen, dass die Krise eben nicht wirklich überwunden wurde, sondern nur etwas Balsam draufgestrichen. Da dies aber bei den Lesern gar nicht anzukommen scheint, werte ich es im Nachhinein eher als eine Schwäche des Gedichts, auch wenn es mir persönlich gut gefällt.
    Du hast den Sinn des Gedichtes aber perfekt erkannt, zum Schluss gibt keine harmlosen Gedanken, das ist die Schonungslosigkeit, die Kunst sich eben erlauben kann. Zur Länge des Gedichts: Die Vorgabe des Wettbewerbs war es, ein Sonett zu schreiben. Das Sonett ist eine fixe Gedichtform, die stets vierzehn Verse umfasst, somit hatte ich in der Länge keinerlei Spielraum.
    Nochmals vielen Dank für deinen Kommentar, das hat mich sehr gefreut!


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  • GedichtBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus


    Am himmelhohen Zelt die Sterne strahlen


    Am himmelhohen Zelt die Sterne strahlen,
    Ihr Lichtschein küsst der dunklen Erde Hand.
    Im weissen Schimmer goldne Ähren prahlen
    Mit göttergleich behangnem Blütenstand.


    Ein süsser Wind erfrischt des Waldes Leben,
    Rauscht er so leis‘ durchs dichte Blätterdach.
    Ein Vöglein klein will seine Stimm‘ erheben,
    Es klingt gar leicht die Melodie am Bach.


    Wie möcht‘ mein Herz an dieser Schönheit laben,
    Geschwind zum fernen Sternenreich empor.
    So müsst‘ ich doch der Engel Schwingen haben,
    Ach, versagt bleibt mir das Himmelstor.


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Dieses Gedicht war eigentlich für den diesjährigen Gedichtewettbewerb gedacht, ich habe es aber vergessen, abzugeben, und wird daher schon jetzt veröffentlicht. Ich hoffe es gefällt, es ist ganz in der romantischen Linie, der auch schon meine letzten paar Werke gefolgt sind.


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  • Ach guck an, da oben ist es doch schon wieder, dieses alte Erinyengedicht, woran ich mich bei Abgabe 1 des aktuellen Wettbewerbs erinnert gefühlt hab. Aber darum soll es heute nicht gehen, lieber mal das neue Material. :essen:



    Ich muss sagen, mir fällt es schwer, dazu einen irgendwie hilfreichen Kommentar zu schreiben. Meistens schaue ich so nach zwei Dingen, an denen ich irgendwie was aufziehen kann:


    ~ Fehler oder andere Sachen, die man offensichtlich verbessern könnte. Fällt hier flach, weil "find"/"seh"/... keine. Ja, dieser Satzbau da am Ende ist aber einer. *hust* Und ein gutes Verb fehlt mir jetzt außerdem... "Finden" impliziert, dass ich aktiv danach suchen würde, und "Sehen" impliziert, dass es welche geben könnte und ich es nur nicht weiß. Na wie dem auch sei...von Deiner Seite einfach soweit alles richtig gemacht und das ist toll, kann man/ich nur nicht so viel drüber schreiben.
    ~ Interessante Formulierungen/Bilder/Geschichten/etc. Dem gegenüber steht eine Handvoll Gedichte, die in meinem Eindruck nunmal nicht viel mehr macht als ein paar relativ simple Abläufe der Natur ausgeschmückt darzustellen. Nichtsdestotrotz gibt es da so ein Detail, das ich an und für sich großartig finde, und wo ich mich fast ärgern könnte, dass es nur in so einem kleinen Vierzeiler gelandet ist...


    Welche Formulierung soll das sein? Darfst mal raten. Ich bin mal kurz Leerzeilen einfügen, danach die Auflösung....












































































    Die Abendrosen, was sonst. Die Idee war es wert, ...vor der Nacht gerettet zu werden. :ugly: (Ich hoffe, dass ich mich jetzt nicht als Vollidiot offenbare, weil die Idee irgendwer anders Berühmtes vor hundert Jahren schon hatte... RIP) Lässt sich mehrfach deuten: zum einen hat so ein Dämmerungshimmel doch irgendwie Rosenfarben (meistens, aber nicht ausschließlich, eben auch das gute alte banale Rosa), und zum andern wären da die Wolken, die mit ihren verspielten Formen so von der Grundidee her den Rosenblüten nicht unähnlich sind.
    Unabhängig von den Abendrosen gibt es aber schon noch allerhand andere schöne Formulierungen über diese Werke verteilt -- gehören dazu, geben ihnen Leben, muss so, ist so, wunderbar. Sie stechen (kein Wortspiel lol) nur nicht so heraus. Müssen sie auch nicht.


    Aber warte mal, so einen Kritikpunkt hab ich gegen Ende des Vierzeilers ja doch: Nacht gleichgesetzt mit Sturm? Wenn wir von einem himmelsverdunkelnden Unwetter am Tag gesprochen hätten, kein Problem, aber so in der ganz normalen Nacht seh ich in erster Linie die Ruhe. Ja, ich hab in den Erklärungen auch gelesen, was damit eigentlich gemeint sein soll, aber ich mag's halt trotzdem nicht in der Form, haha. Das aber nur am Rande, das wird meinen Gesamteindruck des Trios nun nicht unnötig trüben.


    So. Und ganz besonders interessant find ich dann aber mal diesen ausgedehnten Entstehungsprozess. Hin und wieder hab ich selber als Autor diese Momente, wo ich mir denke: sama, wie autistisch biste eigentlich, stundenlang an so kleinsten Wortfetzen rumzufriemeln und dann trotzdem so selten bis gar nicht zufrieden zu sein. Nun kann ich zwar immer noch nicht ausschließen, dass ich nicht ganz dicht sei (aber Goethe war... Dichter! das Meme kennt jeder), aber ich weiß zumindest, dass ich nicht der Einzige bin. Danke dafür, haha. Als Außenstehender kann man sich vielleicht gar nicht ausmalen, was einem so ein bloßer Vierzeiler (!) überhaupt alles abverlangen kann, aber wenn man selber schreibt und es ernst meint, nun ja, dann hat man's am besten selber auch schon in der Form irgendwie erlebt, ob man's zugeben will oder nicht. Jedenfalls ist das mal ein Einblick, den man absolut nicht alle Tage kriegt (und auch nicht alle Tage kriegen sollte, da bin ich auch ehrlich), und ich kann jedem nur empfehlen, sich das bloß durchzulesen, wo die Gelegenheit schon einmal da ist.


    CD-Laden? Sowas gibt's noch? Ich kenn nur Media's Markt, Onlineshops und einschlägige Merchstände auf Veranstaltungen... Und dann auch noch mit Tee!? Das ist doch eine geniale Geschäftsidee. Wenn ich so eine Bude hier hätte, würd ich locker jeden Tag Nudeln fressen nur um mir diese Stammkundschaft leisten zu können...
    Na ja, aber dafür hab ich eine andere ähnlich originelle Geschichte: meine absolute Lieblingsband hab ich im Grunde genommen bei einem verdammten Frisörbesuch entdeckt. Wer auch immer die schwarze Lolita Hypnomorba war, die diese geile Playlist da eingespeist hat, ich hab sie nie kennengelernt.


    So, was soll ich noch schreiben...gute Frage. Wie oben gesagt, es ist einfach hart schwer für mich, mich darüber auszulassen. Sieh es einfach so, dass Du 'ne ganze Menge richtig gemacht hast. In diesem Sinne, gute Nacht. :sleeping:

  • Nach Monaten ein klitzekleiner Rekommentar:

    Nacht gleichgesetzt mit Sturm?

    So würde ich das nicht sagen. Die Überlegung dahinter war, dass nach einem schönen Spätsommer, in welchen die Rosenblüten aufgehen und in ihrer ganzen Schönheit strahlen konnten (wie der Experte ja weiss, blühen Rosen im September) der Herbst aufkommt und die Blüten verwelken lässt. Die Nacht funktioniert mit dem Abendhimmel ganz ähnlich wie der Herbst mit den Rosenblüten, und Sturm ist ein mir sehr liebes Motiv des Herbstes, so dass das für mich doch ganz gut passt. Ausserdem ist in meinen jüngeren Werken die Nacht stets ein Unheilsbringer, so dass Ruhe nicht wirklich ins Konzept passen würde.

    CD-Laden? Sowas gibt's noch? Ich kenn nur Media's Markt, Onlineshops und einschlägige Merchstände auf Veranstaltungen... Und dann auch noch mit Tee!? Das ist doch eine geniale Geschäftsidee.

    In der Tat, der CD-Laden gehört zu einer gigantischen Buchladenkette. Da das Ganze (Buchladen, CD-Laden etc) dem sowieso schon reichen Besitzer mehr eine Herzensangelegenheit ist als knallhartes Business steht Rentabilität nicht ganz oben auf der Liste. Die Verluste im Buchladen (und evtl auch im CD-Laden) werden mit Gastrobetrieb und auch Vermietung von Ladenfläche in den Gebäuden, die für die Buchläden errichtet worden sind, kompensiert. Ein sehr intelligentes Konzept, in der Tat.




  • GedichtBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus


    An meinen Bruder


    Besinnst dich noch der Bergesfluten,
    wie rauschten sie ins Tal hinein!
    Auf schwindelhohen Wanderrouten
    Erquickte uns die Alpluft rein.


    Oh, spürst du noch des Feuers Wärme
    Im tiefen Winter, schwarze Nacht.
    Im Süden schon die Vogelschwärme
    Zu zweit allein in weisser Pracht.


    Ich sehe deine Blume blühen
    In allen Farben, himmelsgleich.
    Dein Abendstern soll ewig glühen
    Ach, lebe wohl in Gottes Reich.


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Dieses Gedicht wurde im Rahmen eines Wettbewerbs hier im Board verfasst. Das Thema war Familie.


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  • GedichtBuxi

    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus



    Der Liebe Philosophie


    Aus Quellen springen Flüsse stetig
    Aus Flüssen wächst das weite Meer,
    Des Himmels Winde wirbeln ewig
    Mit allersüssestem Begehr';
    Nichts ist auf dieser Welt alleine;
    Als Teil des lieben Gottes Zier
    In einem Geiste sich vereinen.
    Wieso nicht ich mit dir?


    Sieh den Berg zum Himmel streben
    Und die Wellen sich umschliessen;
    NIcht einer Blume wär vergeben
    Wenn sie ihresgleich verdriesse;
    Das Sonnenlicht die Welt begehrt
    Und der Mondschein küsst das Meer:
    Doch was ist diese Schöpfung wert
    Wenn dein Kuss nicht meiner wär?


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Ich habe mich hier an einer Übersetzung des wunderhübschen Gedichtes Love's Philosophy von Percy Bysshe Shelley versucht. In einer unglaublich eindrücklichen Bildsprache vermittelt Shelley dem Leser all die Wunder der Natur, und stellt diese in einer raffinierten Weise in eine nichtige Relation zur Liebe, der das lyrische Ich nachtrauert.


    An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass ich mich nicht als den geistigen Urheber dieses Werkes sehe.


    [background=#993300]Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

  • Hi Buxi (=
    Es gibt Leute, die wünschen sich mehr kurze Kommentare. Ich weiß nicht, ob du zu ihnen gehörst, aber bei dir probiere ich mich jetzt mal daran, weil sich ja allein inhaltlich nicht so viel zu deinem neuesten Gedicht sagen lässt - wobei ich auch schon gut tausend Wörter zu Trans-Lyrics geschrieben habe ... auf jeden Fall trat bei dir gerade der seltene Effekt auf, dass ich direkt nach dem Lesen dein neuestes Werk unbedingt kommentieren wollte. Eigentlich müsste ich mich noch mit ganz anderen, viel unschöneren Dingen beschäftigen, aber ich schätze, dass hier macht mehr Spaß und bringt zumindest dir mehr. ;3


    Du hast dich ja hierbei an eine Übersetzung gewagt und - was, wie ich bemerkt habe, insgesamt nicht einfach ist - ich finde sie schöner als das Original. Du bist einfach jemand, der Rhythem beherrscht, was ich bei Gedichten unglaublich wichtig finde. Während das Original zwar mit starken Bildern punktet, finde ich es deutlich schwieriger zu lesen, weil mich der Rhythmus immer wieder raus bringt. Bei dir ist das nicht so, ganz und gar nicht. Mit einer Ausnahme: Der letzte Vers der ersten Strophe. Hier finde ich das Original angenehmer zu lesen; leider hat "wieso" eine Silbe mehr als "why". - Hab, um meine These zu untermauern und mögliche Alternativen vorzuschlagen (man könnte ein 'dann' einbauen, wenn man wollte), den Vers noch ein paar Mal gelesen. Jetzt klingt er gut. Ja, sowas gibt es auch ab und zu, dass ich erst den Rhythmus finden muss, in dem ich einen Vers zu lesen habe. Jetzt stocke ich nur noch beim fünften Vers der ersten Strophe, weil mein Mund immer "Nichts" betonen will, und beim vierten Vers der zweiten Strophe, weil mein Gehirn immer "ihresgleichen" denkt. Aber ich glaube, da liegt das Problem eher bei mir als beim Gedicht. Denn, wie gesagt, du beherrscht die Rhythmen. Absolut, das konnte man schon häufiger in deinen Werken erkennen.
    Kommen wir jetzt zur Übersetzungsarbeit. Zunächst einmal gefällt mir die Genetiv-Konstruktion im Titel. Dadurch wirkt er erhabener. Ich lese auch das englische Gedicht definitiv Britisch, was irgendwie schon vornehmer klingt als Amerikanisch. Was du nicht geschafft hast, was mir allerdings auch erst beim dritten Lesen des Originals aufgefallen ist, ist die Wiederholung je eines Verbs in jeder Strophe. In der ersten ist das "mingle", in der zweiten "clasp". Ich werde mich jetzt nicht an eine Interpretation dessen machen, das würde zu weit gehen, also kann ich nicht sagen, ob das irgendeinen tiefergehenden Sinn verfolgt und somit wichtig zu übernehmen gewesen wäre. Ich werde jetzt die vielen Stellen, in denen dir die Übersetzung wundervoll gelungen ist, auslassen und mich auf die Stellen konzentrieren, an denen mir etwas aufgefallen ist. Also lass mich vorab noch einmal erwähnen, dass mir deine Version ungemein gefällt und dass ich diese Dinge bestimmt nicht ansprechen würde, wenn es kein Original zu diesem Gedicht gäbe, denn insgesamt ist es so gut wie perfekt.
    Es fällt auf, dass im Original das Verb der ersten beiden Verse dasselbe ist. Das gibt dem Ganzen rein von der Bildlichkeit der Sprache an sich einen schöneren Fluss (Wortspiel halb beabsichtigt), aber es stört in deiner Version nicht, dass du unterschiedliche Verben nutzt, da die Intension gleich bleibt und verstanden wird.
    Ich finde es interssant, dass du aus "a law divine", also einem göttlichen Gesetz, Gottes Zier machst. Zier wird häufig in Verbindung mit Gott genutzt, wahrscheinlich auch, weil es ein schönes Reimwort ist. Aber es ist halt doch etwas ganz anderes als ein Gesetz. Gleichzeitig schaffst du es, den Vers so einzubetten, dass man gar nicht auf die Idee kommt, etwas anderes dort lesen zu müssen, geschweige denn ein Gesetz, was so gar nicht in deine Atmosphäre passt. Du versteckst Dinge, die so nicht im Original stehen, so gut, dass man sie gar nicht bemerkt. Und genau das macht eine gute Übersetzung aus.
    "Sieh den Berg zum Himmel streben" - das ist die einzige Stelle, an der das oben genannte Lob nicht hundertprozentig greift. Denn ich wünsche mir hier einen Plural, wie das Original in zeigt. Es wirkt hier so, als ginge es um einen ganz bestimmten Berg, der aber weder vorher noch hinterher irgendwie behandelt wird. Deshalb wäre der Plural an dieser Stelle ein klein wenig schöner gewesen. Ich weiß allerdings auch, dass ich dann vermutlich nicht mehr deinen wundervollen Rhythmus loben könnte. ("Sieh Berge nach dem Himmel streben"? Ach, klingt auch nicht so gut.) Ich mag übrigens das englische "The mountains kiss the sky" sehr gerne. Mir gefällt dieses Bild. Und hier küssen sie sogar den hohen "Heaven", also das Gottesreich. Weder das eine noch das andere (also weder das Küssen noch Heaven) lässt sich wirklich gut ins Deutsche übernehmen, weshalb ich auch kein Problem damit habe, dass hier mehr auf das Reimwort geachtet wurde.
    Dann noch das Sonnenlicht. Bei dir begehrt es die Welt, im Original umschließt es sie (zumindest habe ich das mal so übersetzt). Da ist schon ein Unterschied. Ein ziemlich großer sogar. Im Deutschen begehrt es immerhin noch, was es im Englischen schon hat. Dennoch finde ich es sehr toll, dass du die Reime beibehalten hast. Und deshalb möchte ich auch kein schlechtes Wort über etwas verlieren, dass ihnen hilft. Dass sie nicht immer ganz rein sind, stellt auch kein wirkliches Problem dar, da sie es im Original auch nicht sind (es sei denn natürlich, es handelt sich um eine alte Aussprache, die ich nicht kenne).
    Ach, und Mondschein klingt um ein Vielfaches schöner als moonbeam.
    Auch die Zeichensetzung hast du eins zu eins aus dem Original übernommen. Auf der einen Seite finde ich das total cool, auf der anderen würde ich dir doch dazu raten, im Deutschen mehr zu setzen, weil wir nunmal mehr setzen und Nebensetze immer durch Kommata abtrennen. Aber es ist ein Gedicht, da bleibt die Zeichensetzung meist Sache des Dichters. (Ich würde aber vorschlagen, im dritten Vers der zweiten Strophe das I von "Nicht" klein zu schreiben. ;3)
    Zu guter Letzt noch ein winziger Kommentar zum Inhalt: Du hast es geschafft, die Schönheit des Originals in Deutsch einzufangen und an uns weiterzugeben. Vielen Dank dafür, ich hatte wirklich viel Freude daran, dieses Gedicht zu lesen und auch zu kommentieren!


    Okay, der Versuch, einen kurzen Kommentar zu schreiben, landet doch auch bei über tausend Wörtern (allerdings liegt er unter meinem Durchschnitt). Man sieht also, ich kann's nicht. xD Ich hoffe, du freust dich unabhängig von der Länge über meinen kleinen Kommentar. Ich habe übrigens durchaus noch vor, "Am himmelhohen Zelt die Sterne strahlen" zu kommentieren (wegen der Awards und so), aber dazu komme ich wahrscheinlich erst zum Ende des Semesters. Und wie der Kommentar dann aussehen wird, erzähle ich dir, wenn es so weit ist.^^ Bis dahin!
    ~ShiraSeelentau

  • @Shiralya


    Zitat von Shiralya

    Hier finde ich das Original angenehmer zu lesen; leider hat "wieso" eine Silbe mehr als "why".

    Freilich ist die Betonung auf die erste Silbe sehr effektvoll, die den Bruch zwischen dem Rest der Strophe und dieser Linie schön zu vermitteln mag. Ich versuchte, das genauso knackig zu übernehmen, doch leider ist der jetztige Zustand so ziemlich das Maximum, das ich hinbekommen habe. Schlussendlich habe ich einen dreihebigen Jambus einem dreihebigen Trochäus mit männlicher Kadenz bevorzugt, da ersterer nur drei anstatt vier betonte Silben hat.


    Zitat von Shiralya

    ist die Wiederholung je eines Verbs in jeder Strophe. In der ersten ist das "mingle", in der zweiten "clasp".

    Das ist schade, aber ich finde es tut der Übersetzung nur wenig Abbruch, dass ich es nicht eingehalten habe.


    Zitat von Shiralya

    Es fällt auf, dass im Original das Verb der ersten beiden Verse dasselbe ist. Das gibt dem Ganzen rein von der Bildlichkeit der Sprache an sich einen schöneren Fluss (Wortspiel halb beabsichtigt), aber es stört in deiner Version nicht, dass du unterschiedliche Verben nutzt, da die Intension gleich bleibt und verstanden wird.

    Ich habe einiges herumgebastelt, um das gleiche Verb für Vers 1 und 2 benutzen zu können, hab's aber nicht hinbekommen und habe mich mit dieser ganz präsentablen Lösung zufriedengegeben.


    Zitat von Shiralya

    Ich finde es interssant, dass du aus "a law divine", also einem göttlichen Gesetz, Gottes Zier machst.

    Nun, diese Stelle "All things by a law divine" kann man auf zwei Arten verstehen: Einerseits so, dass alle diese so natürlich ineinanderfliessenden Zusammenhänge (das wären die "laws") in der Natur so schön sind, dass die Dinge, die den Zusammenhängen zugrunde liegen, so herrlich sind wie Gott ("divine"). Kurz, die Dinge werden durch Gesetzmässigkeiten göttlich. Die zweite Variante, die meiner Meinung nach besser in den Zeitgeist passt und auch eher die Meinung des Autors widerspiegelt, ist jene, die ich übersetzt habe: Alle Dinge sind göttlich, da sie durch Gottes Gesetz kreiert worden sind. Und genau das habe ich auch übersetzt, wenngleich eher im übertragenen als im wörtlichen Sinne.


    Zitat von Shiralya

    Denn ich wünsche mir hier einen Plural, wie das Original ihn zeigt.

    Ja, den wünschte ich mir auch zuerst, aber mittlerweile bin ich recht zufrieden mit dem Singular. Klar, ein Plural könnte die Allgemeingültigkeit der Naturbeschreibungen im Original aufrechterhalten, und der Singular verfälscht etwas die Aussage in der zweiten Strophe. Allerdings beginnt die zweite Strophe mit "sieh / see", das heisst, das lyrische Ich und seine Angebetete sprechen tatsächlich von einem konkreten Eindruck und nicht von einem abstrakten Konzept, wie es das mit den Blumen ist. Wenn man jetzt vom konkreten Eindruck ausgeht, ist es schlussendlich egal, ob es jetzt ein einzelner Berg ist, der den Himmel küsst, oder ein Bergmassiv mit mehreren Spitzen, oder gar eine ganze Bergkette, da das Allgemeingültige sowieso schon mit dem "see" verlorengegangen ist. Und genau aus diesen Gründen priorisiere ich eine sprachlich elegante Lösung über eine wörtlich nicht ganz übereinstimmende Übersetzung.



  • GedichtBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus


    Erinnerung


    Entsinnst du dich der alten Zeiten,
    Als wir noch waren Kinder klein.
    Wir liessen Liebesträume gleiten,
    Nicht einmal Gott konnt' uns entzwei'n.


    Inmitten tiefer Sinnesfluten,
    Da spür' ich wie du an mich denkst.
    Doch wofür all' die Herzensgluten,
    Wenn du mir nicht die Lippen schenkst?


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Dieses Gedicht entstand kurz heute morgen. Bei der Übersetzung entstand der letzte Vers dieses Gedichts, doch ich verwendete ihn nicht. Dennoch fand ich ihn zu schön um wegzuwerfen, so dass ich kurzerhand dieses Gedicht zusammenreimte.


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  • GedichtBuxi
    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus


    Unbefriedigung


    Ich sitze
    im Zuckerwasser
    warme achtunddreissig Grad
    Doch schlägt der Samen
    meines Geistes auf
    Wüstensand


    Buxi hasst die Abschaffung von Tabmenus

    Ein kleines Gedicht, das meine Frustration über mein Umfeld im Militär kundtut. Es sind alles tolle Leute, die ich gut mag und mit denen es selten langweilig ist, aber gerade für Kunst, Musik und Literatur, drei Dinge, die mich sehr interessieren, sind sie leider kaum empfänglich. Dadurch entsteht manchmal eine gewisse Leere bzw Unerfülltheit, die ich versucht habe, in diesem Gedichtchen festzuhalten.


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