Die Qual der Wahl - oder etwa doch nicht?

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  • Jeder war vermutlich schon einmal in dieser einen Situation, in der man sich für eine Sache entscheiden musste. Eine Wahl, die vielleicht die ganze Welt betraf, vor allem aber für den Charakter selbst und auch den Spieler ausschlaggebend war, wie der weitere Verlauf dahingehend beeinflusst würde. Rette ich die eine Fraktion oder unterstütze ich lieber die anderen? Soll dieser eine Mensch geopfert werden oder doch lieber das ganze Dorf untergehen? Möchte ich lieber gute Taten vollbringen oder bösartige? Solche Entscheidungen sind es, die eine Welt lebendig erscheinen lassen und einem während des Spielens das Gefühl geben, dass man mit seiner persönlichen Wahl etwas bewirkt und auslöst.


    Nun ist es allerdings so, dass wir uns nicht direkt im Spiel befinden und so die Welt quasi aus einer erhöhten Position betrachten, was die gesamte Sichtweise anbelangt. Manches Mal weiß man mehr als der Hauptcharakter - etwa, wenn ein kurzer Szenenschwenk zu den Feinden erfolgt - und andere Male tappt man wie er im Dunkeln. Was allerdings gleich bleibt, sind die Entscheidungen, die man treffen kann und anders als der Protagonist können wir bei einem erneuten Spielen der Szene oder des Spiels neu wählen. Warum nicht auch einmal die andere Auswahlmöglichkeit probieren, obwohl man die vielleicht weniger mochte? Gesagt, getan. Das Ergebnis kann unter Umständen für Missmut in der Party sorgen, jedoch tut sich nichts und der Handlungsverlauf bleibt dahingehend derselbe wie bei der anderen Wahl. Naja, vielleicht sollte hier auch gar nichts Besonderes passieren; auf zur nächsten Entscheidung! Jedoch geschieht dort dasselbe wieder, wie auch bei weiteren Szenen, bis man am Spielende angelangt ist und bestenfalls ein alternatives Ende, schlimmstenfalls jedoch haargenau dasselbe Ende miterlebt wie schon im vorherigen Durchgang, wodurch natürlich eine Frage aufkommt:


    Warum konnte ich überhaupt eigene Bestimmungen treffen, wenn diese im Endeffekt keine oder kaum Auswirkungen auf den Verlauf und das Ende haben?


    Dabei sollte man hier entsprechend unterscheiden, da eine Entscheidung nicht gleich eine Entscheidung ist und hier muss tatsächlich einmal das gesamte Spiel aufgebrochen werden. Die erste wichtige Frage ist hier nämlich schon einmal, ab wann eine Tat innerhalb einer Spielwelt als eigene Entscheidung gilt.


    Auf die Umgebung bezogen äußert sich das in Form von alternativen Pfaden, einer offenen Welt, die es zu erkunden gilt, und abseits der Hauptgeschichte natürlich auch von Sidequests. Darunter fallen Spiele wie The Elder Scrolls, Assassin's Creed und Grand Theft Auto. Open-World-Games profitieren von dieser Freiheit, hat der Spieler hier doch die Möglichkeit, sich nach Lust und Laune auszutoben und sich immer zu fragen, ob er zuerst dieses oder jenes erledigen soll. Allerdings sind das meist Entscheidungen, die lediglich dem eigenen Spaß dienen und bei denen man selbst auch weiß, dass nichts weiter voran geht, sollte man sich nicht endlich einmal wieder an die linear verlaufende Hauptquest wagen. Insofern kann man diese Form der Auswahl als Ausreißer bezeichnen, da sie auf die ganze Welt betrachtet keine gravierenden Auswirkungen nimmt und die Geschichte von den Nebenaufgaben gänzlich unberührt bleibt, obwohl die Möglichkeit dazu bestünde, sie mit einzuflechten.


    Die klassische Form der Entscheidung stellt dabei aber immer noch ein Schema aus mehreren Antworten dar, wie es etwa in Dragon Age: Origins der Fall ist. Vier, fünf, ja sogar sechs Antwortmöglichkeiten auf die Aussage des NPCs sind dabei keine Seltenheit und so fühlt man sich über kurz oder lang schnell in die Welt integriert und quasi wie ein Teil derer. So fällt es als Spieler leicht, sich aufgrund der vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten anderen auszudrücken und möglicherweise sogar freund- oder feindschaftliche Beziehungen mit ihnen aufzubauen. Anders als noch bei den Sidequests handelt es sich hier mehr um spielerbezogene Entscheidungen, da man nicht selten sich selbst auf den Hauptcharakter projiziert und so die anderen Party-Mitglieder verschieden auf das Verhalten reagieren können. Insgesamt betrachtet dient diese Art der sozialen Kommunikationsebene, aber die Spielwelt bleibt auch hier, sofern nicht bei einem der Charaktere die Chance besteht, dass er die Gruppe verlässt, weitestgehend unverschont, da das Ziel weiterhin vorgegeben ist.


    Doch halt! Hier hatten wir es nun mit einem stummen Protagonisten zu tun. Kann das etwa für die fehlende Einbindung der Geschichte verantwortlich sein?


    Nein, wie auch bereits einige andere Titel und ebenso sein direkter Nachfolger zeigte. Der stumme Protagonist hat mit dem Verlauf an sich und den Interaktionen mit Charakteren nur den Zweck zu erfüllen, dass man sich selbst in diesen Charakter projizieren kann, wohingegen man bei einer richtigen Persönlichkeit meist mit der Einstellung leben muss.


    Wo wir schon bei stummen Protagonisten sind, so werden diese auch heute noch sehr oft genutzt. Prominente Beispiele zeigen sich hier durch Dragon Quest und Pokémon. Ein weiteres Beispiel bot sich allerdings durch ein anderes RPG an, nämlich Golden Sun. Auch dort findet sich ein stummer Protagonist und während die restliche Gruppe die Dialoge vorantreibt, wird man selbst auch hin und wieder mit eingebunden; durch Ja/Nein-Fragen. Doch anstatt dass sich aufgrund einer dieser beiden Antworten die Spielwelt oder die Sichtweise der anderen verändert, läuft der Dialog einfach weiter, ohne dass die Antwort des Spielers irgendwie beachtet wird.
    Dieses Problem hat aber nicht nur Golden Sun, sondern auch schon The Legend of Zelda seit jeher. Eine bekannte Szene stellt hierbei wohl das Gespräch mit Zelda in ihrem Schloss dar, bei dem man ebenfalls vor diese Ja/Nein-Fragen gestellt wird und das Skript darauf hinausläuft, dass man sich für eine Auswahl entscheiden muss, da sonst die Frage immer wiederholt wird.
    Diese Form der Entscheidung ist wohl die am schlechtesten ins Spiel integrierte, da einem als Spieler nur vorgegaukelt wird, dass seine Meinung etwas zu bedeuten habe, in Wahrheit aber nicht tut, da das Skript vorgegeben ist und keine Dialog-Entscheidungen zulässt.


    Im Endeffekt darf man sich also fragen, warum sie überhaupt eingesetzt werden. Die Auswahl zwischen mehreren Möglichkeiten hat schließlich keinen richtigen Mehrwert für die Welt; oder etwa doch?


    Nehmen wir wieder Dragon Age her. Die Hauptquest besteht hier darin, für die Entscheidungsschlacht vier Völker zu sammeln, die den Helden unterstützen. Dabei kann man sich immer zwischen zwei Gruppen entscheiden, die in einem Konflikt stehen. Setzt man sich nun für eine Gruppe ein, wird diese später helfen und nachdem alles erledigt ist, wird der Epilog in Textform etwas an diese Sache angepasst. Ein ähnliches Schicksal erlebt hier auch Fallout 3, bei dem einige Entscheidungen im Abspann noch einmal aufgerufen werden und so zeigen, wie man sich als Spieler in der Welt verhalten hat.
    Diese Art ist womöglich die Ertragreichste, da man selbst zu spüren bekommt, dass sich im Nachhinein etwas geändert hat und das auch den Epilog beeinflusst. Auf die Geschichte und den Verlauf selbst hat es allerdings kaum Auswirkungen.


    Dies wird allerdings auch oftmals mit einem zurzeit häufig verwendeten Element verwechselt und scheint allgemein ein recht neuer Trend zu sein. Spiel ein Spiel bis zur letzten Mission und dort musst du eine Entscheidung treffen; so gesehen unter anderem in Far Cry 3 und Saints Row: The Third. Der Unterschied hierbei besteht nun darin, dass sich das Ende aufgrund dieser Auswahl doch sichtlich verändert und damit den Effekt erzeugt, dass der Spieler die ausschlaggebende Person für diese Tat war. Im Gegensatz zur weiter oben beschriebenen Form behandelt diese hier allerdings nur einen kleinen Teil der Geschichte und nicht die Gesamte, was sich durch den enormen Schnitt in der sonst linearen Story meist mit einem faden Beigeschmack äußert.
    Ein extremeres Beispiel dafür stellen allerdings jene Szenarien dar, die zwischendurch ebenfalls Entscheidungen anbieten, diese jedoch später obsolet werden, da der vielleicht gerettete Charakter im weiteren Verlauf ohnehin stirbt oder verschwindet. Auch hier, als Spieler fühlt man, dass etwas passiert, am Verlauf der Geschichte ändert das allerdings nichts und man fühlt sich durch diese Einschränkung sogar eher frustriert.


    Das alles wirft nun aber eine Frage auf: Gibt es überhaupt Games mit sich beständig wechselndem Verlauf?


    Ja, allerdings gibt es derer nur wenige und eine Gattung davon bezeichnet man als Visual Novels, die hauptsächlich in Japan erscheinen. Man kann sie auch als interaktive Bücher bezeichnen, da an vielen Stellen Entscheidungen eingefordert werden, durch die sich der Verlauf gravierend ändern kann, aber nicht muss. Es ist dabei keine Seltenheit, dass sich in solchen Spielen zehn oder mehr verschiedene Enden befinden; hierbei werden auch Bad Endings hinzugezählt. Der Spieler muss dabei immer mit den Konsequenzen der Entscheidung leben, bis es irgendwann zu einem Ende kommt; ob nun gut oder schlecht.



    Die Qual der Wahl scheint schwer; oder etwa doch nicht? Haben also Entscheidungen wirklich keine große Wirkung auf die Spielwelt oder sind sie womöglich nur eine Entschuldigung dafür, dass man nicht aus einer linearen Geschichte ausbrechen kann, aber trotzdem den Spieler mit seiner Meinung einbinden möchte?

  • Bezüglich der Entscheidungsfreiheit in Videospielen kann ich "The Stanley Parable" wärmstens empfehlen. Das Spiel hat eine recht gering ausfallende Rahmenhandlung, dafür gibt es einige Enden, die sich auch extrem voneinander unterscheiden. Es handelt sich um ein sehr philosophisches Spiel, neben der "Freiheit" in den Entscheidungen werden noch einige andere Aspekte des Spielens vor Augen geführt.
    Da man das Spiel unbedingt ungespoilert spielen sollte, weitere Infos nur im Spoiler:


    Das Problem vielfältiger Storyverläufe ist der enorme Aufwand, den man dafür betreiben muss. Jeder Verlauf muss ab einer Gabelung ausgedacht und gespeichert werden. Bei einem kurzen Spiel geht das noch, Spiele wie Fallout, GTA oder Dragon Age würden dagegen extrem aufgebläht werden, würde man stark unterschiedliche Handlungsverläufe (vor allem mit mehr als zwei Strängen in frühen Abschnitten) implementieren. Das ist letztlich der Grund, dass auf größere Entscheidungen üblicherweise verzichtet wird und meist nur im Abspann aufgezeigt wird, wie man die Welt verändert hat.

  • Spiele wie Fallout, GTA oder Dragon Age würden dagegen extrem aufgebläht werden, würde man stark unterschiedliche Handlungsverläufe (vor allem mit mehr als zwei Strängen in frühen Abschnitten) implementieren. Das ist letztlich der Grund, dass auf größere Entscheidungen üblicherweise verzichtet wird und meist nur im Abspann aufgezeigt wird, wie man die Welt verändert hat.

    Das ist so weit richtig und bei diesen Spielen wohl auch hauptsächlich deswegen zu verdanken, da die offene Welt generell nicht besonders viel Spielraum zulässt, was das angeht. Deswegen bieten sie auch eine große Menge an Sidequests an und eben die Zusammenfassung am Ende. Wohingegen, wie schon von dir erwähnt, kleinere oder generell lineare Spiele eher dazu tendieren, andere Storyverläufe zu präsentieren, wenn sie auch wirklich darauf zugeschnitten wurden und dann kann sich innerhalb der Spielwelt doch einiges tun. Und sei das nun, weil bestimmte Charaktere gestorben sind und dadurch einige Szenen nicht mehr triggern können.
    Es gab aber auch schon Fälle, die einen vor eine Entscheidung stellten, danach zwei unterschiedliche Wege boten, aber später trotzdem wieder auf einen gemeinsamen Weg zusammenflossen (auch wenn mir gerade leider kein Titel einfällt).

  • Wattmacks

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