Wohnzimmerwunderwelten

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  • Guten Abend @Faolin


    Ich möchte dir hiermit erst einmal dafür danken, dass du deine Kurzgeschichte Seelenlichtfragmente mit uns hier teilst bzw. rein gestellt hast. Auch wenn sie im Saisonfinale '15 bereits zu lesen war. Was ich jedoch nicht getan hatte, weil ich da selbst noch nicht so aktiv war, wie dieses Jahr. :) Für mich ist sie also komplett neu.
    Neugierig wie ich bin, habe ich deine Geschichte gelesen und war sehr angetan davon. Ich wusste nicht, worum es geht, hab auch deine Anmerkung am Schluss vorher nicht gelesen gehabt, so dass ich von dem Spiel zwischen Licht und Schatten nichts wusste. Dadurch konnte ich mir so ein paar eigene Gedanken machen, was, wenn man mich fragt, auch der Sinn und Zweck von Geschichten bzw. von geschriebenen Werken ist.


    Den ersten Teil mag ich sehr gern, allein schon durch die Trennung von "Zerrissen", "Zerbrochen" und "Zerfressen". Das sind für mich alles negative Wörter, die aber ihre Wirkung auch erzielen können und obwohl ich zugegebenermaßen anfangs doch etwas besorgt darüber war, was mich während des Lesens erwarten würde, wollte ich auch nicht aufhören und hab's bis zum Schluss geschafft. Du hast insgesamt das alles sehr schön beschrieben, obgleich der Leser nun nicht direkt eine Welt oder eine Szene vorgestellt bekommt, wo er sich eine klare Vorstellung davon machen kann, worum es geht. Das alles ist doch sehr diffus, zwar geht es um ein "Ich", aber wer diese Person ist, wo sie sich befindet und wohin die Reise gehen soll, das ist nicht ganz so klar. Das ist aber auch gar nicht schlimm. Ich mag dieses Werk deshalb so, weil man viele Dinge hinein interpretieren kann.
    Liegt die Person unter der Erde im Dunklen? Begraben, vielleicht durch ein unheimliches Verbrechen? Geht es nur um ein Kellergewölbe, wo einfach kein Licht hinein kommt oder ist es ein Traum, ein Alptraum, vielleicht aber auch nur das Sein einer Person, die innerlich so aufgewühlt, verletzt und vielleicht ja auch verzweifelt ist, dass sie das Gefühl hat, dass alles um sie herum düster ist? Man weiß es nicht, aber man kann sich viele Gedanken dazu machen und das ist sehr schön. Das gefällt mir sehr! :heart:
    Hinzu kommt deine Schreibweise, die mich anspricht. Meistens kurze, knackige Sätze, die auch sehr störend sein können, aber in diesem Text harmoniert das einfach so gut, dass ich die kurzen Sätze wirklich sehr gerne mag. Sie passen, weil du sehr ausgewählt dadurch die Gefühle beschreibst. Man bekommt Bilder vor Augen, kann sich das Beschriebene vorstellen, auch wenn das große Ganze drumherum eigentlich nicht wirklich klar ist.


    Mir selbst gefällt die Vorstellung von einer Person, die innerlich so verzweifelt ist und sich in der Dunkelheit gefangen fühlt am besten, weil sie am Ende das Licht für sich entdeckt. Die rettende Erlösung, nach der sie sich gesehnt hat. Vielleicht durch eine andere Person, die wie das Licht wirkt, wie die Hoffnung, die sie aus einer verzweifelten Situation heraus befreit.
    Ob du das so ausdrücken wolltest, spielt gar keine so große Rolle für mich. Wie gesagt, ich finde, man kann vieles hinein interpretieren, weswegen mir das so gut gefällt und ich gebe ehrlich zu: Ich bin ein echter Fan von dieser kleinen Geschichte. :blush: Die geht mir unter die Haut.


    Leider konnte ich dir hiermit keine wirkliche konstruktive Kritik bieten, weil ich einfach schlichtweg nichts zu bemängeln habe. Ich mag diese Geschichte einfach ganz gerne und hab mich auch echt gefreut, sie entdeckt zu haben. Bzw. dass du sie trotz allem gepostet hast, obwohl du scheinbar auch Kritik dafür geerntet hast. Lass dich nicht entmutigen, egal ob mal was Negatives kommt. Am Ende spielt auch der eigene Geschmack einer Person eine Rolle, wie ein Werk auf denjenigen wirkt.


    Das soll's von meiner Seite erst einmal gewesen sein.


    Lieben Gruß
    Alexia Drael

  • W O H N Z I M M E R W U N D E R W E L T E N
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    Lunarfeder



    M e t a m o r p h o s e



    Sanft rauschten die sommergrünen Blätter hoch oben über den Köpfen der beiden Pokémon, die sich vorsichtig ihren Weg durch das hohe Gras bahnten. Der Wind strich sanft durch das lange, hellbraune Fell des Evoli, spielte mit Feelinaras bunten Fühlern; beide bewegten sich vollkommen lautlos.
    Ava sog genüsslich die Luft ein. Sie liebte den blumigen Duft des Ewigenwaldes, die dunklen Schatten, die die Wolken über den bemoosten Boden trieben. Als sie hinauf zur Sonne blinzelte, deren Strahlen in glänzenden Fäden durch das dichte Blätterdach fielen, musste sie ein Gähnen unterdrücken. Am liebsten hätte sie sich ein ruhiges Plätzchen gesucht, an dem sie sich für den Rest des Nachmittags ihren Pelz von der Sonne wärmen lassen konnte.
    Doch ihre Schwester Eve hatte darauf bestanden, dass sie mit ihr den Ewigenwald erkundete. Fröhlich lief sie neben Ava her, das glänzende beigefarbene Fell, das an Ohren und Schwanz sanft in ein kräftiges Pink überging, zitterte voller Aufregung. Nur mit Mühe konnte sie diese verbergen, und Ava hatte Mühe, mit ihr Schritt zu halten. Sie musste sich zusammenreißen, um ein tiefes Seufzen zu unterdrücken – schließlich war sie ihrer Schwester Eve zuliebe mitgekommen. Sie kam nicht umhin, die Anmut und Leichtigkeit zu bewundern, die sie ausstrahlte, während sie neben ihr her tänzelte.
    Sie erinnerte sich noch genau an den Moment, als ihre Schwester sich entwickelt und auf wundersame Weise ihre Form verändert hatte. Sie war schöner geworden, stärker. Ava hatte den leichten Anflug von Neid nicht unterdrücken können, obwohl sie sich für Eve freute. Das tat sie wirklich! Die pure Freude war ihrer Schwester deutlich anzusehen gewesen, und doch erfüllte Ava dieser Anblick mit leiser Traurigkeit. Jetzt, da sie das einzige ihrer Geschwister war, das noch keine Entwicklung vollzogen hatte, fühlte sie sich oft allein. Sie hatte das Gefühl, als gäbe es eine Grenze zwischen ihr und ihren Geschwistern, die sie nicht überwinden konnte. Allein zu sein frustrierte Ava. Sie konnte förmlich die Erwartung der anderen in ihrem Fell spüren, die voller Neugier auf ihre Entwicklung warteten. Konnte sie nicht einfach bleiben, wie sie war? War das nicht in Ordnung? Sie fühlte sich wohl in ihrem Körper, doch manchmal konnte sie das Gefühl, nicht genug zu sein, nicht aus ihrem Kopf verbannen.
    Unsanft wurde Ava aus ihren trüben Gedanken gerissen, als ihre Schwester abrupt vor ihr stehen blieb. Sie setzte schon zu einem verärgerten Laut an, als Eve aufgeregt flüsterte: „Psscht! Sieh doch – da vorn!“
    Das Evoli folgte ihrem Blick. Vor ihnen bewegte sich etwas raschelnd im dichten dunkelgrünen Gras. Langsam machte Eve ein paar Schritte darauf zu, um besser sehen zu können. Auch Ava reckte sich und spähte durch die langen Grashalme. Ihr Herz schlug ein wenig schneller. Was mochte sich dort verbergen?
    Das Etwas bewegte sich ganz eindeutig auf die beiden Schwestern zu, da war sich Ava sicher, denn das Rascheln wurde lauter. Das Feelinara neben ihr zuckte nervös mit den Ohren. Nun konnte Ava einen Blick auf etwas Helles und Flauschiges erhaschen.
    „Sind das etwa... Blätter? Seit wann können Pflanzen sich bewegen?“ Eves Stimme schnellte gegen Ende des Satzes in die Höhe; sie war verunsichert. Auch das Evoli war verwirrt und bemühte sich, seine Gedanken zu ordnen. Ein hüpfendes fluffiges Etwas mit Blättern an den Seiten? Was konnte das sein? Dann fiel es Ava wie Schuppen von den Augen.
    „Das ist ein Waumboll, Eve!“, flüsterte es aufgeregt. Ihre Pfoten kribbelten. Sie hatte schon immer eines dieser kuschelig aussehenden Pokémon sehen wollen. Eves Augen glänzten nun vor Aufregung. „Los, lass uns näher ran gehen!“
    Das Evoli zögerte. Was würde geschehen, wenn das fremde Pokémon sie beide entdeckte? Was, wann es ihnen nicht freundlich gesinnt war? „Ich finde, wir sollten nicht...“, setzte sie an, doch noch bevor sie zu Ende gesprochen hatte, hatte sich ihre Schwester schon näher an das Waumboll herangeschoben. Wie in Zeitlupe schlich Eve durch das dichte Grün, den Bauch nah an den Boden gepresst. Als sie nur noch eine Schwanzlänge von dem offenbar abgelenkten Pokémon entfernt war, richtete sie sich auf, streckte den Hals, um besser über das hohe Gras sehen zu können.
    Ein lautes Knacken zerbrach die angespannte Stille.
    Ava hielt erschrocken den Atem an. Ihre Schwester starrte mit aufgerissenen Augen auf den zerbrochenen Zweig unter ihrer rechten Pfote.
    Die Zeit schien für einen Moment still zu stehen. Dann gab das Waumboll einen wütenden Ruf von sich und drehte sich blitzschnell in Eves Richtung. Es folgte noch ein Schrei des Pokémon – dann regneten knisternd helle, orangefarbene Funken auf das zusammengekauerte Feelinara nieder.
    „Nein!“
    Ava spürte, wie sich ihre Pfoten von alleine bewegten und sie von ihrem Versteck aus auf ihre Schwester zustürmte. Die Angst biss sich in ihr fest und stellte ihr die Nackenhaare auf. Atemlos erreichte sie Eve, die bewegungsunfähig am Boden lag und sich vor Schmerz krümmte. Ihr Wimmern brach Ava fast das Herz. Verzweifelt drückte sie ihrer Schwester die Schnauze in die Flanke, die unter ihrer Berührung bebte. „Ava...“
    Ein lautes Rascheln neben ließ das Evoli zusammenfahren – das Waumboll hatte sie erreicht und starrte sie mit aufgebracht funkelnden Augen an, die so gar nicht zu seinem liebenswürdig erscheinenden Äußeren zu passen schienen. Panik ließ Ava nach Luft schnappen, als sie erneut ein bedrohliches Knistern vernahm, das von dem Pokémon ausging. Sie musste ihre Schwester beschützen!
    Mit einem Fauchen sprang das Evoli über Eve hinweg, den Gegner fest im Blick. Blitzschnell stürzte sie sich auf das Waumboll und riss es mit sich zu Boden. Im selben Moment spürte sie die Stachelsporen, die sich wie kleine Nadeln tief in ihr Fell gruben. Nur mit Mühe unterdrückte sie einen Schmerzenslaut. Es verstrichen einige Sekunden, bis Ava sich gefasst hatte; als sie sich suchend nach ihrem Gegner umsah musste sie entsetzt feststellen, dass es sich bedrohlich über Eve aufgebaut hatte. In den Augen des Feen-Pokémon glänzte Angst.
    Im letzten Moment konnte Ava sich aufrappeln – und mit einem verzweifelten Ruf brachen Sterne aus ihren Seiten hervor, die mit rasender Geschwindigkeit auf das Waumboll zu schossen. Vollkommen überrumpelt glitt es mit einem dumpfen Geräusch zu Boden und blieb reglos liegen. Ava starrte das bewusstlose Pokémon, das nun neben ihrer Schwester lag, mit offenem Mund an und versuchte zu begreifen was geschehen war. Auch Eve blickte überrascht zu ihr auf; vorsichtig kam sie wieder auf alle vier Pfoten. Voller Dankbarkeit sah sie ihre Schwester an und hauchte mit zitternder Stimme: „Was hätte ich nur ohne dich gemacht?“
    Erleichterung erfüllte das Evoli mit jedem Schritt, den sie in Eves Richtung tat, doch irgendetwas stimmte nicht. Zuerst kitzelte etwas in ihrem Fell, dann begann es unangenehm zu kribbeln und zu ziepen, sodass sie abrupt zum Stehen kam. „Was...?“, murmelte sie – und verstummte.
    Als Ava an sich herab sah erkannte sie, dass ihre Pfoten in einen eigenartigen Schimmer getaucht waren. Sie leuchtete! Das Licht wurde stärker und stärker, sodass sie geblendet die Augen schließen musste. Helle Funken wirbelten um sie herum und die Konturen ihres Körpers wurden von dem Leuchten verschluckt. Hitze stieg in dem Evoli auf, wurde beinahe unerträglich. Mit einem Mal war es vorbei, so schnell, wie es begonnen hatte.
    Das Kribbeln hatte sich gelegt, es blieb ein wunderbar wohliger Schauer, der über Avas gesamten Körper lief. Sie fühlte sich wie neugeboren, besser denn je, und sie war erfüllt von einer Leichtigkeit, als wäre alle Last auf einmal von ihr abgefallen.
    Sprachlos starrte ihre Schwester sie an. „Ava du... ich...“ Doch sie musste gar nichts weiter sagen. Ein glückliches, losgelöstes Lachen kam aus Avas Mund, und es klang wunderbar melodisch – wie das sanfte Rauschen in den Blättern über ihr. Als sie sich um die eigene Achse drehte und sie staunend ihr sandfarbenes Fell bewunderte, fiel ihr Blick auf einen kleinen moosbewachsenen Felsen wenige Meter entfernt. Die Sonne ließ ihn in hellem Gelbgrün erstrahlen, während kleine Lichtflecken um ihn herum in der Luft tanzten und langsam in den blauen Sommerhimmel stiegen.






    Gracidea

  • Guten Abend, Wunderweltentänzerin! Oder sollte ich lieber Malerin sagen? Freut mich, dass du die Suche nach dem Header überstanden hast, haha. x) Sieht wirklich klasse aus! Ich möchte mich deinem neusten Werk widmen, denn es ist ein exzellentes Beispiel für mein Kompliment an dich und außerdem ist es total süß geworden. ♥


    Fangen wir mit dem Üblichen an, nämlich dem Aushängeschild des Textes: Dem Titel. Wie immer zeigt sich deine Liebe, die absolut nachvollziehbar ist, für Ein-Worttitel und der Titel passiert hier natürlich wieder tadellos .Ich muss sagen, dass die Kurzgeschichte nicht mit der größten Spannung oder einem unerwarteten Plot-Twist endet, was vielleicht der eine oder andere als negativ ansieht, aber ein vollkommen unerwarteter Plot-Twist ist keine Pflicht, oder? Außerdem soll es natürlich wirken und die Geschichte überzeugt auf einer anderen Ebene und mit viel Wichtigeren Aspekten, die ebenfalls eher auf Pokémon schließen lassen, nämlich Niedlichkeit und einer atmosphärischen Schönheit. Die beiden Geschwister sind von ihrer Art sehr herzlich, Ava eher kindlicher und verspielter, ein wenig abenteuerlich, und Eve, die reifer und vorsichtiger wirkt. Eine klassische Geschwisterbeziehung, wo die eine plötzlich zur Beschützerin wird, meistens eher die Ältere oder eben die Jüngere, wenn sie in eine gefährliche Lage gedrängt wird, wie es hier auch der Fall ist. Scheinbar haben sie den Wald noch nicht erkundet, aber kennen den Geruch deutlich und genießen ihn? So nimmt es seinen Lauf und die Beziehung wird schnell, leider durch die Wortbegrenzung begrenzt, aber bei dieser Kurzgeschichte wirkt es gar nicht unnötig gekürzt oder allgemein zu kurz, dennoch könnte ich noch Seiten von den süßen Evolis lesen, hu. Werden sie auch Evolis genannt, wenn sie sich entwickelt haben? Ich weiß das gar nicht, aber das hat zu der Verwirrung geführt, die du bei den Informationen auch erwähntest, haha. Tatsächlich hatte ich die Namen vertauscht und musste am Schluss noch einmal nachlesen, um sicherzugehen.


    Das Evoli zögerte. Was würde geschehen, wenn das fremde Pokémon sie beide entdeckte? Was, wann es ihnen nicht freundlich gesinnt war? „Ich finde, wir sollten nicht...“, setzte sie an, doch noch bevor sie zu Ende gesprochen hatte, hatte sich ihre Schwester schon näher an das Waumboll herangeschoben.

    Die Stelle hatte mich diesbezüglich auch irritiert, dass ich sie mit Namen und der Bezeichnung „Evoli“ verwechselt hatte, jedoch kann das an meiner manchmal verwirrten Art liegen, haha. x)



    Kommen wir allerdings zum wichtigsten Punkt zurück, der mich zu meinem Kommentar bewegt hatte, nämlich der Grund, dass ich zwischen Malerin und Tänzerin schwankte am Anfang. Wie ich schon erwähnte, überzeugt dein Werk durch Atmosphäre und auch aufgrund einer einprägenden Eigenschaft, oder sogar Talent, das du hast. Durchgehend fließen ist dein Text und dabei nutzt du wundervolle Worte. Beim Lesen kam mir alles vollkommen melodisch vor und es ging ineinander über. Das Szenario konnte ich mir wunderbar vorstellen und bei manchen Werken findet man bestimmte Worte, die einfach nicht angenehm klingen oder sogar unpassend sind, aber hier ist das keineswegs der Fall, im Gegenteil, du hast eine kuschelige und melodische Kurzgeschichte geschrieben. Objektiv gesehen ist sie toll und persönlich gefällt mir die Kurzgeschichte sehr, allgemein die melodischen Eigenschaften von manchen Werken, und du hast einen tollen Wortschatz, den man bei deinen Werken immer wieder entdecken kann. Auch wie du ohne häufige Wiederholungen und immer angenehm flüssig schreibst, ist immer wieder ein Highlight für mich, wenn ich in deinem Topic stöbere. Ich möchte dir dafür danken, für die tollen Werke und dieses melodische Highlight, dass ich dank dir erfahren darf. ^-^
    Sowas können nicht viele und das solltest du auch niemals ändern, die Art wie du deine Werke gestaltest und Ähnliches. Normalerweise verbinde ich dich eher mit einer Sternentänzerin und kosmischen Magien, aber die Facetten der Natur scheinen es dir auch angetan zu haben und es steht deinem Schreibstil, weil Natur häufig melodisch, traumhaft und magisch sein kann. Sie bietet und verbirgt vieles, was man entdecken kann.


    Diese Bedankung wollte ich dir unbedingt einmal dalassen und jetzt weißt du, wie gerne ich deine Werke lese. Mach weiter so und jetzt wünsche ich dir noch einen schönen Abend (oder Tag, wann du es auch liest, haha). Danke. ♥

  • W O H N Z I M M E R W U N D E R W E L T E N
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    Lunarfeder



    S o n n e n k u s s



    » Der Tod ist groß.
    Wir sind die Seinen
    lachenden Munds.
    Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
    wagt er zu weinen
    mitten in uns. «
    Rilke



    Ich erkenne dich in jedem noch verbliebenen Herbstblatt, das feuerrot an den dünnen Fingern der schlafenden Bäume hängt. Die gleiche atemlose Flamme, die auch in dir und deinen dunklen Augen glühte. Dein Haar, weit aufgefächert auf den noch träumenden Laken, unter der Berührung der Morgensonne durchsetzt von weichem Kupfer und glühendem Gold. Ich bin taub, zu Eis erstarrt wie die Landschaft dieses kühlen erwachenden Tages. Nur Stunden ist deine Gegenwart von mir entfernt. Dein versiegender Atem auf meiner Wange, die riesigen Augen stumm und blicklos zwischen deinen zarten Zügen. Dein Herzschlag unter meinen Fingerspitzen - für alle Ewigkeit verstummt.






    [align=center]Gracidea

  • Hallo Faolin,


    mich hat dein neuestes Drabble bzw. der Titel Sonnenkuss angesprochen, auch wenn der in Bezug auf den eigentlichen Text kaum mehr relevant wirkt. Du beziehst dich zwar einmal kurz auf den Sonnenaufgang, nur ist das relativ wenig, um es auch mit dem Titel in Verbindung zu bringen, da der Rest eher mit der kühlen Umgebung und dem Herbst zu tun hat. Das nur mal kurz erwähnt.


    Der Text an sich ist nämlich wirklich schön geworden. Die Szene, die du da beschreibst, wird im Kopf schnell lebendig und ich konnte mir sowohl die Umgebung mit all ihren Farben als auch die Kühle des Morgens gut vorstellen, praktisch schon fühlen. Bei so wenigen Worten ist das eine Kunst für sich, diesen Eindruck zu erzeugen und ich bin der Meinung, dass du das wunderbar hinbekommen hast, um Atmosphäre zu erzeugen. Kurz hatte ich sogar den morgendlichen Wald vor Augen; es muss sich also nicht einmal zwingend drinnen abspielen.
    Auf der anderen Seite bleibt zu den schönen Beschreibungen natürlich die Motivation dahinter: Das Ableben des Geliebten. Das wird eigentlich schon im dritten Satz ansatzweise zur Sprache gebracht, oder viel eher, es wird dort ersichtlich, bis es später bestätigt wird. In Angesicht der vielen Metaphern ist das ein nett eingeflochtener Kontrast, den du während des Schreibens eingewoben hast und dem Drabble das besondere Etwas gibt.


    In diesem Sinn: Wir lesen uns!

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    Lunarfeder


    U n e n d l i c h k e i t


    Wenn man den Blick zum Himmel hebt, sollte man meinen er ist grenzenlos. Ein tiefes Blau in jeder Schattierung, die man sich nur vorstellen kann. Unendlich viele Nuancen einer einzigen Farbe, unendlich viele Möglichkeiten. Selbst wenn schwere graue Regenwolken einen strahlenden Himmel verdecken, weiß man dennoch, das der Himmel hinter diesen Milliarden von winzigen Wassertropfen nicht einfach endet. Und in der Nacht, oh nachts, dann glänzen unendlich viele Sterne vor einer samtenen Dunkelheit und flüstern dir deine sehnlichsten Wünsche und Träume ins Herz.
    Aber all das scheint nichts mehr zu bedeuten, wenn der Blick auf den Horizont fällt, an dem Himmel und Erde sich zu berühren scheinen. Denn die Erde ist definitiv nicht unendlich, und auch wenn es uns manchmal so vorkommt, ist eine Tatsache fest in unseren Köpfen verankert: es gibt niemals genug Platz für jeden von uns. Denn Misstrauen und Egoismus gehören zu den größten und schwerwiegendsten unserer Fehler; und am Ende kämpft doch jeder nur für sich allein.


    Ich erinnere mich noch genau an diesen Moment; die Luft in dem winzigen Raum, den wir einmal unser Zuhause genannt haben, war schwer und stickig, mit jedem Atemzug sog man Staub in seine Lungen. Diffuses Licht fiel durch das notdürftig verdunkelte Fenster, und doch waren die Spuren des Angriffs nicht zu übersehen. Überall lagen Scherben, abgesplittertes Holz, zertrümmertes Gestein. Das Zimmer war vollkommen kahl, binnen weniger Sekunden war alles, was wir besessen hatten, zerstört worden. Ein Wunder, dass die Hauswände noch standen.
    Ein ohrenbetäubendes Geräusch zerriss die Luft und die Erde bebte nach dem Einschlag des Geschosses, das nicht allzu weit von uns entfernt den Boden getroffen haben musste. Das leise, gequälte Wimmern meines Sohnes hallte durch den Raum. Ich hatte noch nie ein so schreckliches Geräusch gehört. Zahra kniete neben ihm auf dem Boden, strich ihm immer wieder die Haare aus dem verklebten Gesicht und bemühte sich, ihn zu beruhigen, während sie sich zwang, ihr eigenes Schluchzen zu unterdrücken. Sie rief mich zu sich, doch ich konnte mich keinen Millimeter rühren. Wie konnte ich nur zusehen, wie mein eigener Sohn vor meinen Augen starb? Er war doch erst drei... Ich wagte kaum zu atmen während Schmerz und Hilflosigkeit mich in riesigen Wellen übermannten.
    „Omar.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, brach schließlich ganz. „Er... er ist...“
    Zahra sah mich an, Tränen standen in ihren Augen, die im schummrigen Licht grau erschienen. Meine Gefühle spiegelten sich in ihrem Blick, den ich nie wieder vergessen würde. Es war genau dieser Moment, in dem mir klar wurde, dass uns nichts anderes übrig bleiben würde, als zu fliehen. Wir konnten nichts anderes tun als zu gehen.


    Die Menge schiebt sich hin und her, als wäre sie ein eigenes Wesen und nicht tausende von Menschen. Es ist schrecklich schwül und die Luft stinkt nach Schweiß. Nur wenige Meter vor uns ragt der Zaun auf, nur wenige Meter trennen uns von unserem Ziel. Verzweifelt greife ich nach Zahras Hand, als die Wachen einige Schritte auf uns zu machen, die riesigen Waffen auf uns gerichtet. Langsam umkreisen sie uns, sodass wir uns immer näher aneinander pressen müssen. Wir sind gefangen, eingepfercht wie Tiere.
    „Nur einen Schritt und wir schießen!“ Die Stimme klingt monoton, wie eine Maschine. Ist das überhaupt ein Mensch, der da droht, uns zu erschießen, sollten wir auch nur einen Schritt in die Nähe der Grenze wagen? Hinter diesem Zaun liegt das Ziel, die Freiheit, für die wir alle jeden Tag unser Leben riskieren und tausende Kilometer auf uns nehmen. Ich darf der Versuchung nicht erliegen, darf nicht den Kopf verlieren. Wir sind so nah dran.
    Ehe ich auch nur begreifen kann, was passiert, klingt ein gellender Schrei in meinen Ohren. Ein Ruck geht durch die Menge, als eine Handvoll Männer auf einen Wachposten zustürmen. Schüsse zerreißen die Luft. Jemand neben mir brüllt auf, schreit, und rennt los, kämpft sich durch die Menge, bis er bei mir angekommen ist und mich unsanft aus dem Weg stößt. Ich spüre, wie Zahras Hand aus meiner gerissen wird, als er an uns vorbei auf den bewaffneten Mann zu hastet, der uns am nächsten ist. Panisch sehe ich zu meiner Frau, doch ich kann sie nicht sehen.
    Ein einzelner, weiter Schuss fällt und meine Welt liegt in Scherben.
    Das Gras färbt sich rot. Zahra liegt am Boden, nur wenige Meter von mir entfernt. Sie presst die Hände auf ihre Brust, ihre Augen sind weit aufgerissen. Aus ihrem Mundwinkel rinnt Blut. Wieder stehe ich da, unfähig mich zu bewegen, wie an dem Tag, an dem wir unseren Sohn verloren. Ihr Blick trifft meinen. Ihre Augen, starr auf mich gerichtet, sind das letzte, das ich sehe, bevor die panische Menge sich vor mich schiebt und meine Beine unter mir nachgeben.


    Die Sonne ist schon längst hinter dem Horizont verschwunden, doch noch immer ist alles in ein orangerotes Licht getaucht, als wolle sie noch ein wenig länger an diesem Moment festhalten. Die Hitze des Tages liegt noch schwer auf mir, obwohl ich im Schatten eines breiten Baumes sitze, umspielt von einem sanften Lufthauch. Ich sitze ein gutes Stück abseits, um keine Blicke auf mich zu ziehen, und doch sehe ich ihn klar und deutlich vor mir. Egal wohin ich sehe, immer wieder taucht der meterhohe Zaun vor meinen Augen auf. Die engen Maschen heben sich dunkel vor dem hell erleuchteten Abendhimmel ab, der robuste Maschendraht wirkt wie ein mit spitzen Zähnen gespicktes Maul, das sich den Wolken entgegen reckt.
    Die Trauer ist schon lange nur mehr etwas dumpfes tief in mir, vielleicht aber ist sie auch schon so lange Teil meines Lebens, dass ich sie längst nicht mehr als solche wahrnehme. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß genau was ich tun will. Ich habe alles riskiert und alles verloren, was ich jemals besessen habe. Alles und jeden, der mir je etwas bedeutet hat. Die beiden Menschen, deren Schicksal mir so unendlich viel wichtiger war als mein eigenes.
    Ich habe so viele Hindernisse und Grenzen versucht zu überschreiten, nicht alle erfolgreich. Immer wieder gelangte ich an einen Punkt, an dem es weder ein Vor noch ein Zurück zu geben schien. Und immer wieder ist es die Hilflosigkeit, die mich zu zerbrechen droht, dieses grenzenlose Gefühl der Machtlosigkeit. Und doch ist es die Einsamkeit, die mich letztendlich gebrochen hat.
    Was hat mein unbedeutendes Leben noch für einen Sinn, wenn ich versagt habe, meine Familie zu beschützen? Stetig hat mich der Wunsch vorangetrieben, meinem Sohn und meiner Frau ein besseres Leben zu bieten. Ein Leben fern von skrupelloser Gewalt und niemals endender Gefahr. Die Leere in mir frisst mich von innen auf.
    Ich werfe noch einen letzten Blick auf den Himmel, doch nun sind auch die letzten Sonnenstrahlen der Dunkelheit gewichen. Vollkommen bedacht und wie in Zeitlupe beobachte ich, wie meine rechte Hand ganz von allein das Messer an mein Handgelenk setzt und in einem schnellen geraden Schnitt meinen Arm entlang fährt. Ich spüre keinen Schmerz, nur eine seltsame Ruhe, die mich erfüllt, als ich das gleiche an meinem rechten Handgelenk wiederhole. Eine erleichternde Gewissheit durchflutet mich, während am Rande meines Sichtfeldes helle Lichter flackern. Ich sinke zu Boden, den Geruch von feuchter Erde und Metall in meiner Nase. Meine Augen sind auf den riesigen Stahlzaun gerichtet, den ich nie zu überwinden geschafft habe.
    Dann wird alles schwarz, während ich die Grenze zwischen mir und meiner Familie überschreite - zum ersten Mal in meinem Leben vollkommen ungehindert und aus keinem anderen Grund als meinem freien Willen.





    Gracidea

  • Hi Faolin :)
    Vermutlich habe ich mir eine ziemlich unmenschliche Uhrzeit für's Kommentieren deiner Werke ausgesucht. Ich beobachte deine Texte nun mittlerweile schon einige Zeit, hatte nur nie den Mut mich an die Herausforderung zu wagen dir ordentliches Feedback zu geben. Gerade habe ich meine produktive Uhrzeit erreicht und es wäre doch schade, wenn ich diese Phase nicht nutzen würde!


    Ich beziehe mich bei diesem Kommi auf dein neustes Werk "Unendlichkeit", da ich es verpatzt habe den Abgaben bereits beim Wettbewerb Feedback zu geben. Vorzugsweise werde ich vermehrt auf den Inhalt und deine Schreibweise eingehen, vor allem natürlich welche Wirkung es auf mich beim Lesen hat und wie deine Wortwahl Emotionen rüberbringt.


    Die Einleitung hat mir sehr gefallen. Für mich spiegelte sie die menschliche Hoffnung wieder, den Drang die Unendlichkeit zu spüren, welche sich in diesem unerreichbaren Horizont befindet, den wir so schön Himmel nennen. Der erste Abschnitt löste in mir eine Welle von positiven Gefühlen aus und entsprechend war ich umso mehr gefesselt, als die von dir beschriebene Unendlichkeit gebrochen wurde und man auf den Boden der Tatsachen zurückkam, wortwörtlich sogar.
    Der Übergang fühlte sich sehr fliessend an, wie ein Blick der am höchsten Punkt des Himmels anfängt und langsam nach unten fällt, da muss ich wirkllich ein Lob aussprechen. Ich hätte mir gewünscht, dass du die menschlichen Fehler wie Misstrauen und Egoismus noch ein wenig weiter ausgeführt hättest. Wodurch entsteht Egoismus und welche Folgen kann dieser haben? Du hast es ja bereits angetönt, schlussendlich kämpft doch jeder für sich allein. Jemand, der eine Familie besitzt, so wie die Hauptperson in deiner Kurzgeschichte, liebt seine Nächsten über alles und ist der festen Überzeugung er würde alles für diese Menschen tun, doch das alles vergisst man, wenn man am Ende seiner emotionalen Stabilität angelangt und das Verlangen aufkommt weiterzuleben. Ich hoffe du verstehst was ich meine, aber da komme ich am Ende nochmal dazu.


    Ich nehme an im Hauptteil handelt es sich um ein Kriegsgebiet, welches weitesgehend von Soldaten belagert wurde und nur noch sehr wenige Bewohner ihre Freiheit geniessen dürfen. Die Beschreibung des Hauses hat mir bereits ein unangenehmes Gefühl gegeben, allerdings hätte ich es noch interessant gefunden, wenn du die Umgebung um das Haus noch etwas beschrieben hättest. Handelt es sich um ein Wüstengebiet? Sind die Strassen voll mit Löchern aufgrund von diversen Explosionen? Befinden sich irgendwo militärische Fahrzeuge oder Waffen? [size=10]Sowas würde meiner Meinung nach das Feeling der anfänglichen Hoffnungslosigkeit unterstützen und dem Leser mehr Informationen geben, damit er sich die Situation bildlich vorstellen kann.
    Ich gebe es ungern zu, aber als ich zu der Stelle kam, wo das Baby seine letzte Lebensenergie aus dem kleinen, zerbrechlichen Körper schrie, kamen mir fast die Tränen. Du hast diese Szene sehr emotional beschrieben, so dass sie den Leser traurig macht, obwohl er sich gar nicht in dieser Situation befindet. Auch fand ich es toll, wie du den Schock des Hauptcharakters eingebaut un den Schmerz beschrieben hast, den man in so einer Situation fühlt. Vielleicht hätte man das Ganze noch ein wenig genauer umschreiben können. Was passiert im Gesicht des Mannes? Zucken seine Lippen? Laufen ihm Schweissperlen über das Gesicht? Ändert sich die Grösse seiner Pupillen? Hat er Wunden am Körper? Sind Haare und Kleidung (falls noch vorhanden) verdreckt?
    Auch hier hätte es dem Leser wieder geholfen solche Informationen zu bekommen, um sich den Protagonisten bildlich vorstellen zu können.


    Die Hoffnung starb langsam, als du das Eintreten der Soldaten ankegündigt hattest. Der arme Mann hatte nun auch den letzten Teil seiner Familie verloren, die Situation schien völlig hoffnungslos un der Grenzzaun, welcher für die Familie das nächste Ziel darstellte, war nun unereichbarer als zuvor. Welchen Sinn hatte es überhaupt noch für ihn den Zaun zu erreichen, wenn die Personen, welche ihm Antrieb gaben, ihr Leben in diesem unfairen Kampf liessen?
    Und nun kommen wir zu dem Punkt, den ich vorhin kurz erwähnt hatte. Er steht vor einer Entscheidung, die unmöglich schien sie zu treffen. Entweder er rafft sich auf, nimmt den Tod seiner Familie als neuen Antrieb und versucht weiter den Zaun in die Freiheit zu überqueren, oder er gibt auf und begibt sich auf den unbekannten Pfad des Todes, in der Hoffnung er trifft irgendwann wieder auf seine Liebsten. War es egoistisch von ihm, dass er den kürzeren und einfacheren Weg gewählt hat? Hätte er nicht doch weiterkämpfen sollen, nach all den Mühen und Schmerzen, welche er und seine Familien diese schlimme Zeit über erleiden mussten?


    Diese Frage hat mich die ganze Zeit über geplagt, in der ich diesen Kommentar geschrieben habe und das Schlimme ist, dass ich sie nicht beantworten kann, weil es einfach nicht möglich ist. Du hast mir als Leser etwas zum Nachdenken gegeben und ich finde, dass genau so was eine gute Kurzgeschichte ausmacht. Ich fand es nur etwas schade, dass du wie gesagt den kürzeren und einfacheren Weg für den Protagonisten gewählt hast. Die erwähnte Fragestellung wäre die gleiche geblieben, hätte er weitergekämpft mit dem Unterschied, dass du damit ein offenes Ende hättest und dem Leser noch mehr Vorstellungsraum geben würdest. Nichts desto Trotz hast du bei mir ein Gefühl der Reue und Melancholie hinterlassen, hat mir wirklich sehr gefallen deine Geschichte zu lesen.


    Ich hoffe mein Feedback konnte dir ein wenig weiterhelfen, auch wenn ich nur auf den Inhalt eingegangen bin. Mein Zeil war es dir noch andere Möglichkeiten aufzuzeigen, welche man noch hätte einbauen können. Und ganz ehrlich, für Korrektur von Rechtschreobung und Grammatik bin ich gerade einfach zu müde. Das nächste Mal dann!


    Man liest sich :)

  • W O H N Z I M M E R W U N D E R W E L T E N
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    Lunarfeder


    N a c h t g e f l ü s t e r


    » ...und ich liebe es, des Nachts den Sternen zuzuhören. «
    Antoine de Saint-Exupéry


    [Blockierte Grafik: https://abload.de/img/nachtgeflstero9jwu.png]
    Quelle



    Die Nacht ist nichts gegen den Tag -
    so still und voll Unendlichkeit.
    Ein dunkler Schleier, eng geflochten,
    und doch ein Lied, ganz ungefragt.


    Ein Flüstern, Wispern, tief im Innern -
    ein Kribbeln voller Ungeduld.
    Wo lichterfüllte Wesen wachen -
    du musst dich nur erinnern.


    In einem Käfig voller Schatten
    sind tausend unentdeckte Worte -
    zischend, schimmernd, leise lachend
    nur du kannst sie erfassen.


    Vermeintlich kraftlos, ohne Schein,
    so unscheinbar in stummer Stille.
    Doch innerlich ein leises Knistern -
    und finden wirst nur du allein.


    Ein winzig kleiner Hoffnungsschimmer,
    so tonlos, ohne Laut.
    Und doch ein Feuer tief in dir -
    sanft erwacht und nun für immer.


    Ein tiefes, atemloses Seufzen,
    ungehört in einem großen Raum,
    der leblos scheint und ohne Seele -
    denn niemand füllt ihn aus.


    Mit Lachen, flüsterleise nur,
    leicht aufgefangen von den Wolken.
    In kühlen Träumen fortgetragen
    und nur ein Hauch auf meiner Haut.


    Diesen Funken tief in mir
    erleuchtet niemand außer dir
    und der stillen, grenzenlosen Nacht -
    wenn die Einsamkeit erwacht...







    Gracidea

  • Hallo Faolin! Eigentlich ja unglaublich, dass ich mich noch nicht in deine Wohnzimmerwunderwelt verirrt habe, vor allem weil der Name so einladend und gemütlich klingt ^-^
    Jedenfalls mache ich das jetzt wieder gut und hinterlasse dir einen Neujahrskommentar zu Nachtgeflüster


    Ich musste tatsächlich noch einmal zurückgehen und nachschauen, ob ich dir damals beim Wettbewerb Punkte für das Gedicht gegeben habe, weil ich mich daran erinnert hatte, dass ich es da schon ziemlich gut fand - leider musste es damals wegen der doch sehr starken Konkurrenz punktlos ausgehen (jetzt gebe ich dir aber volle Puntkzahl und einen längeren Kommentar als allen bepunkteten Gedichten zusammen, vielleicht gleicht das ja noch was aus!)


    Nachtgeflüster - schon der Titel spricht mich an. Ich bin persönlich der Meinung, dass der Titel eines Gedichtes fast so wichtig ist, wie der restliche Inhalt selbst. Wenn der Titel nicht in irgendeiner Form ansprechend ist, dann hat auch ein noch so gutes Gedicht einen gewissen fahlen Beigeschmack. Bei so einem schönen Titel wie Nachtgeflüster muss man sich da aber gar keine Sorgen machen!
    Dein Gedicht ist inhaltlich eine Mischung aus etwas, was wie ein romantisches Naturgedicht klingt und einem abstrakten modernen Gedicht - mit den besten Elementen beider Seiten. Mir gefallen diese relativ kurzen Verse und die blumige, aber so simpel und verständlich wie möglich gehaltene Sprache sehr gut. Wenn ich ehrlich sein soll, dann ist Nachtgeflüster ein Gedicht, wie ich es selbst schon so oft versucht habe zu schreiben - und leider immer an der Sprache gescheitert bin. Es erfordert ein gewisses Feingefühl, sich poetisch ausdrücken zu können und den Leser dennoch nicht unnötig zu überlasten (besonders bei einem so symbolisch aufgeladenen Motiv wie der Nacht!)
    Es war mir also ein inneres Blumenpflücken dieses Gedicht jetzt schon zum wiederholten male zu lesen!


    Dass die Verse nicht immer einheitlich lang sind und auch das Metrum nicht immer so kommt, wie man es vielleicht erwartet macht das Ganze auch nicht unbedingt irgendwie schlechter. Vielmehr sehe ich auch darin so ein wenig die Nacht selbst, irgendwie formlos, aber dennoch ästhetisch. Tatsächlich schade finde nur, dass du in den letzten drei Strophen das schöne A-B-C-A Reimschema nicht mehr fortgesetzt hast, das hatte mich wirklich überzeugt!

    und nur ein Hauch auf meiner Haut.

    Fun Fact hierzu: Gerade habe ich bei Galileo kommentiert und gesagt, dass ich das Wort "Hauch" super finde. Da gab es die gleiche Hauch-Haut Alliteration!


    In diesem Sinne, ich denke ich mache es mir in Zukunft öfter mal in deinen Wohnzimmerwunderwelten bequem, hier gefällt es mir gut!
    Bis dahin ^-^

  • Salut! ♥
    Wenn ich richtig gesehen habe, liegt mein letzter Kommentar inzwischen fast ein ganzes Jahr zurück und ich müsste noch sieben Werke von dir kommentieren. Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich jetzt trotzdem erstmal nur dein neustes Update in Angriff nehme und dann mal schaue, ob ich noch ein Drabble unterkriege. Und ich merke gerade, wie lange ich insgesamt schon nicht mehr kommentiert habe. D:


    Nachtgeflüster
    Muss ich dir eigentlich noch sagen, dass ich deine Titel mag? "Nachtgeflüster" ist schön kurz und prägnant, hat gleichzeitig aber auch einen leicht mysteriösen Mitklang. Das mag daran liegen, dass die Nacht an sich schon ein Bild des Ungewissen hervorruft und durch die Idee des Flüsterns, also eines Geräusches, das man als Außenstehender zwar als Wortfolge wahrnimmt, aber nicht klar verstehen kann, noch unterstützt wird. Es kann aber auch einfach daran liegen, dass die Worte zusammen einen schönen Klang haben, haha. Das von dir hinzugefügte Zitat unterstützt das Bild in meinem Kopf auf Anhieb, die Sterne nehmen dem Ganzen gleichzeitig aber auch das Bedrohliche. Insofern ein schön harmonischer Einstieg.
    Inhaltlich gehe ich dein Gedicht jetzt einfach mal kurz Strophe für Strophe durch, weil ich nicht glaube, nach zweimaligem Lesen wirklich alles verstanden zu haben. Was ich definitiv schon sagen kann ist, dass sich das Gedicht laut sehr flüssig lesen lässt. Beim stillen Lesen hatte ich an einer Stelle ein kurzes Stocken, dazu dann aber später. Also, du beginnst mit dem Vers "Die Nacht ist nichts gegen den Tag -", sie scheint dem Tag zunächst also deutlich untergeordnet zu werden. Ich weiß nicht, wie bewusst du die Gedankenstriche gesetzt hast (wobei sie für Gedankenstriche auch etwas kurz aussehen, mh), an dieser Stelle deute ich ihn jedoch als direkten gedanklichen Bruch, denn "still" und "Unendlichkeit" klingen im zweiten Vers überhaupt nicht negativ besetzt. Sowohl das "so" als auch das "voll" wirken eher ein wenig schwärmerisch und voller Sehnsucht. Während der dritte Vers wieder negativ besetzt scheint, leitet das "und doch" im vierten Vers eine erste Tendenz zur positiven Wahrnehmung ein. Das lyrische Ich wirkt entsprechend unentschlossen, wie es der Nacht gegenüberstehen soll.
    In der zweiten Strophe bezieht sich das lyrische Ich auf das "Inner[e]", es ist also anzunehmen, dass sich die Nacht in ihm abspielt. Vielleicht hat es eine Angst, die es plagt, wobei ich spontan eher an die Sehnsucht glaube, die mir durch den Titel schon im Kopf lag. Zudem wird von "lichterfüllte[n] Wesen" gesprochen, an die man sich erinnern müsse. Wer mit dem "du" angesprochen wird bleibt offen. Vielleicht befindet sich das lyrische Ich in einem derart angespannten Zustand, dass es mit sich selber redet und sich einreden möchte, dass bessere Zeiten kommen werden.
    In der dritten Strophe taucht das Bild eines "Käfig(s) voller Schatten" auf, meiner Meinung nach der bislang stärkste Ausdruck des Negativen und auch diesem versucht das lyrische Ich etwas Positives abzugewinnen. Jedoch wird erneut von einem "du" gesprochen. Eventuell ist durchaus eine zweite Person gemeint, ohne die das Positive nicht erreichbar scheint. In diesem Fall würde die dritte Strophe die Person vielleicht sogar überhöhen, da "nur" diese eine Person die Worte entdecken könne. Da sich der Käfig im Inneren des lyrischen Ichs befindet, sieht es diese eine Person als einzige Person an, die zu ihm passen würde.
    In Strophe vier kam ich dann leider doch kurz ins Stocken. Zunächst doppelt sich hier der Schein (Schein/unscheinbar) und anschließend kam mir "stummer Stille" etwas schwierig zu lesen vor. Inhaltlich spiegelt sich auch in dieser Strophe die Ambivalenz der Gefühlslage des lyrischen Ichs wieder, auffällig ist jedoch, dass der positivere Gedanke jeweils am Ende der Strophe steht - ein gutes Zeichen? Zumal das Futur im letzten Vers dieser Strophe einen gewissen Grad von Definitivität (laut Chrome kein Wort, schade) ausdrückt.
    Diese... definitive Haltung (grr) wird zu Beginn von Strophe fünf direkt wieder relativiert ("winzig kleiner Hoffnungsschimmer"), um anschließend durch den Vergleich des "Feuer(s)" wieder deutlich verstärkt zu werden. Es zeigt sich ein vollkommenes Auf und Ab, das sich bislang konsequent in allen Strophen gehalten hat; in Strophe sechs jedoch gebrochen wird. Auch hier beginnt das lyrische Ich wieder recht negativ, geht in den beiden letzten Versen der Strophe jedoch nicht wie üblich ins Positive über - ganz im Gegenteil - es scheint sich eher der Sehnsucht hinzugeben und aufzugeben. Formal zeigt sich dies auch im Bruch der, wenn auch nicht immer ganz reinen, Reime zweier Verse, welche ab hier überhaupt nicht mehr verwendet werden. An dieser Stelle ein ganz großes Lob für die Struktur, du weißt ja, wie sehr ich sowas liebe, haha. (Scheinbar im Gegensatz zu @Nexy *böse anguck*)
    Strophe sieben fällt für mich inhaltlich dann noch stärker aus dem Muster, einfach weil hier überwiegend positiv assoziierte Begriffe verwendet werden, die aber gerade durch ihre Abwesenheit ins Negative umgekehrt werden. Die letzte Strophe offenbart letztendlich genau die Sehnsucht nach dem "du", welches bereits so oft erwähnt wurde. Die Nacht scheint gemeinsame Erinnerungen hervorzurufen, weshalb sie zwar irgendwie Positiv, aber durch die Abwesenheit des Positiven (Strophe sieben) gleichzeitig negativ besetzt ist. Es bestätigt sich der erste Vers "Die Nacht ist nichts gegen den Tag -" und doch wird die Gefühlslage sehr deutlich.


    Ja, was soll ich abschließend noch sagen, außer dass ich das Gedicht wirklich liebe? Es ist unglaublich emotionsgeladen und in sich einfach stimmig. Teilweise habe ich über den ein oder anderen Gedankenstrich nachgedacht und kam da nicht wirklich zu einer Bedeutung, aber momentan habe ich es auch echt mit solchen Zeichen, haha. Vielleicht entdeckst du ja noch das Semikolon für dich, das hätte sich hier auch manchmal ganz gut gemacht.


    Au revoir! ♥

  • W O H N Z I M M E R W U N D E R W E L T E N
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    Lunarfeder


    N i r g e n d w o



    Sanft weht die kühle Abendluft in das Innere des Wagens; der vertraute Duft nach altem Leder vermischt sich mit dem dunklen Geruch des Waldes. Hell-goldene und dunkelgrüne Bäume säumen den Weg, recken sich dem wolkenlosen Himmel entgegen, die Blätter wispernd im Wind. Beinahe scheu begegnet er meinem Blick, als ich ihn mit einem leisen Lächeln ansehe, aber er erwidert es und neben seinen Mundwinkeln erscheinen diese wunderbaren tiefen Grübchen, die ich so sehr liebe. Die Sonne taucht die Landschaft vor uns in ein majestätisches Orange, den Abend in ein Meer unendlicher Möglichkeiten und mich in atemlose Erwartung. Pure Glückseligkeit.







    Gracidea

  • W O H N Z I M M E R W U N D E R W E L T E N
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    Lunarfeder



    N u r__e i n__H a u c h


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    » Von der allerersten Sekunde an hatte Sophie diese wunderschöne massive Tür aus dunklem Walnussholz geliebt. Trotz ihrer Größe und dem vergoldeten Griff wirkte sie niemals ausladend oder dekadent, im Gegenteil; sie strahlte eine Wärme und Anziehungskraft aus, der sich Sophie nicht entziehen konnte. In dieser schmalen Gasse, die aus nicht viel mehr als gedrungenen Häusern und jede Menge Kopfsteinpflaster bestand, wirkte sie umso mehr wie etwas Magisches. Vielleicht lag es aber auch an dem kleinen Fenster, das in die Eingangstür des kleinen Ladens ihrer Tante eingelassen war, und das gerade so groß war, dass man erahnen konnte, was sich dahinter verbarg. Die Holztür würde von zwei Fenstern flankiert, doch beide waren zu weit oben angebracht und zu dunkel, um etwas erkennen zu können. Selbst wenn Sophie sich streckte so weit sie konnte – es war unmöglich alles zu sehen. Also bettelte und drängte sie ihre Tante Amélie schon fast dazu, sie möge doch nun endlich die Türe aufschließen und ihr den Laden zeigen, von dem sie schon so oft Geschichten gehört hatte.
    Das Schloss öffnete mit einem leisen Klacken und sogleich ertönte der sanfte Klang eines Glöckchens, als Amélie die Tür aufschob und Sophie hineinließ. Diese fand sich in einem dunklen Raum wieder, so dunkel, dass sie nicht mehr als Lichtreflexe und etwas Grau erkennen konnte. Sie gab sich Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen; das hier war garantiert nicht das kleine Wunder, das ihre Tante ihr versprochen hatte.


    Sie schmunzelte bei dieser Erinnerung. Wie jung sie noch gewesen war, als Amélie sie das erste Mal mitgenommen hatte. Ob es die kribbelnde Neugier oder doch nur die Einsamkeit war, die sie ihre Tante bedrängen ließ, ihr zu zeigen, wohin sie die meiste Zeit des Tages verschwand, vermochte sie jetzt, gut zwanzig Jahre später, nicht mehr zu sagen. Obwohl eher letzteres der Grund war, denn einsam war sie zu dieser Zeit auf jeden Fall gewesen. Noch zu jung, um in die Schule zu gehen, und gerade erst mit dem Verlust ihrer Eltern gezeichnet.


    Noch immer war es viel zu dunkel, um auch nur eine winzige Kleinigkeit zu erkennen, und langsam wurde Sophie ungeduldig. Was konnte es spannendes hinter dieser wunderschönen Tür geben, das nun hier vollkommen im Dunkeln lag? Warum verbrachte ihre Tante so viel ihrer Zeit hier, anstatt sich um sie zu kümmern und mit ihr zu spielen?
    Schmollend drehte sie sich um, zurück zu der Tür, die mittlerweile ins Schloss gefallen war. Sie wollte hinaus, auf die Straße, wo es nach süßem Gebäck und Frühlingsblumen duftete. Sophies Hand lag schon auf der Tür, fuhr tastend und suchend über das weiche Holz, als sie inne hielt. Irgendetwas hielt sie davon ab, noch länger nach dem Türgriff zu suchen, etwas, das ihr sanft und weich und beinahe liebkosend in die Nase stieg. Ein Geruch, der so viel schöner war als das, was sie draußen erwartete. Vielleicht sogar besser als der Duft von frisch gebackenen Croissants.
    Sophie bemerkte erst, dass sie die Augen geschlossen hatte, als sie sie öffnete und der Laden auf einmal in ein warmes Licht getaucht war. Staunend sah sie sich um – der Raum war klein und verwinkelt und voll gestellt; überall waren Tische mit mindestens hunderten von Schubladen und Regale, die bis unter die Decke ragten, mindestens fünf mal so hoch wie Sophie groß war. Alles schien fein säuberlich sortiert zu sein, jede Schublade sorgfältig geschlossen und in einer geschwungenen Schrift mit Etiketten versehen. Es war vollkommen still, nicht einmal der Lärm der Leute vor der Tür kam bis zu ihnen durch. Das kleine Mädchen hatte das Gefühl, sich wahrhaftig in einer vollkommen anderen Welt zu befinden.


    Lavendel. Damals hatte sie den Geruch von Lavendel in der Nase gehabt, als sie kurz davor war, dieses Wunder zu verlassen ohne auch nur einen Blick darauf geworfen zu haben. Wäre sie damals nicht zu überwältigt und überrascht gewesen, hätte sie noch so viele andere Düfte wahrnehmen können – denn während es für manche kaum möglich war, auch nur einen der Gerüche wahrzunehmen oder auch nur zu benennen, hatte Sophie schon immer eine besonders sensible Nase gehabt. Und Lavendel hatte sie schon immer am meisten geliebt.
    Gedankenverloren betrachtete sie die sorgfältig aufgereihten Flacons und Fläschen auf dem Tisch vor ihr. Die verschiedenen Glasgefäße waren mit Amélies Handschrift versehen: auf der einen Seite reihten sich Jasmin-, Lavendel- und Rosenessenzen aneinander, aber auch exotischere Blüten wie Nachthyazinthe und Neroli. Daneben waren die Gewürze beinahe penibel angeordnet; Ingwer, Vanille, Nelken, Zimtrindenöl und viele weitere, die Sophie allerdings bei weitem nicht so häufig für ihre Parfums verwendete. Auch wenn sie es liebte, immer wieder vollkommen neue Düfte zu entdecken, indem sie die verschiedensten Öle und Essenzen miteinander verband und kombinierte, so griff sie doch immer wieder auf ähnliches zurück. Bei ihrem ersten Besuch als Kind hatte sie wohl kaum erfassen können, was für ein Wunderwerk Amélie Tag für Tag in ihrem Laden immer wieder aufs Neue vollbrachte.


    Der Tag war schon lange der Nacht gewichen, und die schwachen Lampen beleuchteten nur spärlich den Raum. Sophie wusste nicht, ob es der Kummer und die Trauer war, die sie immer wieder zurück in den Laden führten, oder die Macht der Gewohnheit. Wie viele Tage, Stunden, Sekunden hatte sie hier in ihrem Leben schon verbracht?
    Vorsichtig, aber routiniert öffnete sie eines der vorderen Gefäße, wohl einer der letzten Düfte, an denen ihre Tante gearbeitet hatte, und ließ mithilfe einer Pipette einen einzigen Tropfen auf ihr Handgelenk fallen. Sanft und bedacht hob sie die Hand zu ihrer Nase – und wie von allein fand der Duft seinen Weg in ihr Innerstes, bis er an jedem ihrer Sinne Anklang fand. Dieses Parfum war schlichtweg überwältigend. Fließend ging ein Geruch in den anderen über, überlagerte den nächsten und wie aus dem Nichts kam ein weiterer, vollkommen neuer hinzu, der sich wunderbar harmonisch zu den anderen fügte. Sophie vermochte nicht zu sagen, welche Bestandteile dieser Duft enthielt, und es war ihr unmöglich, jeden einzelnen herauszufiltern, so sehr sie sich auch konzentrierte. Auf der Suche nach Hinweisen drehte sie das Gefäß, und was sie dort las trieb ihr die Tränen in die Augen. Nur zwei Worte standen auf dem Aufkleber, in einer vertraut geschwungenen Handschrift: » Für dich. «


    Sie konnte nicht sagen, was ihr Leben mehr verändert hatte; war es das erste Mal, als sie Amélies Laden betreten hatte, oder doch der Moment, als Sophie den Flacon gefunden hatte, der eigens für sie bestimmt war – lange nachdem Amélie gestorben war? Mit den Jahren war der Wunsch in ihr, eines Tages das Lebenswerk ihrer Tante fortzuführen, immer weiter gewachsen, doch nur Sekunden nach diesem einen Augenblick war sie sich in ihrem Entschluss sicher; obwohl sie wusste, dass sie niemals an Amélies Kreationen herankommen würde, so blieb es doch an Sophie, ihr Vermächtnis in Ehren zu halten.


    Ihre zarte Hand, mittlerweile gezeichnet vom Alter, zitterte leicht, doch sie zögerte nicht, als sie zum letzten Mal die schwere Holztür zuzog und den schmalen Messingschlüssel im Schloss herumdrehte. Mit leisem Kummer im Herzen setzte sie einen langsamem Schritt hinaus in die kühle Herbstluft. Als sie den Blick hob, um noch einmal den Anblick des Ortes, den sie so sehr liebte, in sich aufzunehmen, seufzte sie vernehmlich und ihr Atem tanzte vor ihr in der Luft. Dunkelrote und strahlend orangene Herbstblätter wirbelten um Sophie herum, als sie sich, mit einer Hand auf auf ihren Stock gestützt, auf den Weg machte; in der anderen Hand hielt sie einen Flacon wie eine kleine Kostbarkeit. Ein leises Lächeln umspielte ihre schmalen Lippen, während sie erneut tief in Gedanken versank, getragen von diesem einen Duft, der unendlich viele Erinnerungen zurückzubringen vermochte. Zurück zu unzählbar vielen glücklichen Sekunden in Amélies Gesellschaft, eingehüllt in den Geruch von Zimt, Vanille und Lavendel.





    Gracidea

  • Salut! ♥
    Wenn du hier schon Werbung für mein kleines Lieblingsprojekt von damals machst, muss ich dir natürlich auch gleich mal einen kurzen Kommentar dalassen. Die Message ist mir inzwischen mindestens genauso wichtig wie damals, vielleicht lässt sich sowas ähnliches ja doch nochmal irgendwann wiederholen. Danke auf jeden Fall noch einmal dafür, dass du da mitgemacht hast. :3


    Nirgendwo
    In deinem Drabble beschreibst du eine relativ kurze Szene, vielleicht sogar einen Moment, der aber vom Gefühl her stillzustehen scheint. Ich vermute mal, dass es sich um eine Erzählerin und ihren Freund handelt, wobei ich auch die Idee eines männlichen Erzählers ganz interessant finde, gerade weil der Freund so "scheu" guckt. Sie würden hinaus in die Natur fahren, um erst einmal fernab der Gesellschaft herauszufinden, wie sie zueinander stehen und finden dann in ihrer Zweisamkeit zur "Glückseligkeit". Es ginge quasi um ein Rückbesinnen auf sich selbst und darum, dass das Glück nicht von der Meinung anderer abhinge. Aber darauf hast du beim Schreiben bestimmt nicht abgezielt, also lasse ich es mal so im Raum stehen und komme zurück zu dem Gedanken einer Erzählerin. Erstaunlich ist, dass sie zunächst sehr stark auf die Umgebung eingeht und den Freund beinahe nebensächlich in nur einem einzigen Satz erwähnt. Er wirkt scheu, also vielleicht sogar etwas angespant. Warum ist das so, wenn die Situation doch eigentlich so harmonisch wirkt? Vielleicht kennen sich die beiden einfach noch nicht so lange und er ist von Natur aus etwas zurückhaltender. Letztendlich gehört er für die Erzählerin aber einfach genauso in die gesamte Situation wie es die Luft, der Geruch oder das Licht gehören. Er ist ein Teil des Glücks und genau den Gedanken finde ich so toll. Das Glück setzt sich aus vielen Einzelheiten zusammen und die Erzählerin fängt in diesem einen Moment einfach alles auf, ohne sich über etwas zu beschweren. Passend dazu dann auch der Titel "Nirgendwo", denn es ist ja völlig egal, wo sich die Situation abspielt; Glück lässt sich überall finden. Eine Entspanntheit, die man selber vielleicht viel zu selten hat!
    Alles in allem einfach sehr stimmig und wie immer unglaublich tolle Beschreibungen. (:


    Nur ein Hauch
    Lese ich da Frankreich in der Information zu dem Werk? ♥ Hu, auch beim dritten Mal ein schwieriger und trauriger Text, aber ich versuch mich mal daran. Sophie, die bereits als kleines Mädchen ihre Eltern verloren hat, drängt darauf, den Laden ihrer Tante Amélie zu sehen. Es stellt sich heraus, dass ihre Tante Parfum herstellt und verkauft. Sophie ist bereits in jungem Alter fasziniert davon. Nachdem Amélie gestorben ist, findet Sophie ein Parfum, das wohl eigens für sie hergestellt wurde. Sie erinnert sich zurück und entschließt sich dazu, den Laden zu übernehmen. Die kurze Geschichte endet mit der bereits alt gewordenen Sophie, die sich noch immer an die Vergangenheit zurückerinnert.
    Ich fange mal zunächst formal an und gehe dann langsam ins Inhaltliche über. Für mich als Leser wäre es wohl einfacher, wenn zu Beginn des Absatzes klar gemacht werden würde, um welche Sophie es sich denn nun gerade handelt. Am Anfang dachte ich noch daran, dass man beispielsweise die Absätze der jungen Sophie kursiv setzen könnte, aber mit der dritten Altersstufe würde das dann auch unübersichtlich werden. Vielleicht wäre es dann eher eine Option, die vollen Absätze tatsächlich bei Sichtwechseln zu setzen. Sprich du ziehst den mittleren Teil so zusammen, dass die zusammengehörenden Absätze nicht ganz so stark getrennt sind. Ist aber nur eine Idee, man kommt so auch irgendwann rein. Dann ist mir im zweiten Absatz noch aufgefallen, dass du da mehrfach "sie" verwendet hast und es beim ersten Lesen vielleicht nicht ganz klar ist, wann es sich auf Sophie und wann auf Amélie bezieht. Ansonsten legst du wie immer deinen eigenen Stil auf diese Geschichte, indem du zum Beispiel die Tür so wunderbar detailliert beschreibst. Gerade bei Düften liest sich das natürlich sehr angenehm. :3
    Inhaltlich finde ich diese Geschichte in erster Linie traurig, auch wenn du mit den positiven Erinnerungen an die gemeinsame Vergangenheit abschließt. Sophie verliert in einem Alter mit maximal sechs Jahren bereits beide Eltern. Ein Grund hierfür wird nicht genannt, insofern ist es schwierig, das genaue Ausmaß wirklich einzuschätzen. Dann scheint sie wieder Freunde in der Leidenschaft ihrer Tante zu finden und verliert diese (sofern ich das richtig verstanden habe) etwa zwanzig Jahre später, also mit etwa 25 Jahren, ebenfalls. Auch im hohen Alter ist es ihr scheinbar nicht gelungen, diese Lücke zu füllen. Es ist zwar kein konkretes Alter genannt, aber ich gehe davon aus, dass Sophie somit über die Hälfte ihres Lebens in sehr großer Einsamkeit gelebt haben muss, die sie doch etwas verzweifelt mit dem Klammern an die Düfte zu füllen versucht hat. Ob ein Klammern an glückliche Erinnerungen aber tatsächlich auch Glück darstellt, lässt sich durchaus bezweifeln. Der letzte Absatz gibt durchaus Anzeichen, dass Sophie anschließend verstorben ist ("zum letzten Male", "noch einmal", "ihr Atem tanzte vor ihr in der Luft" -> ihr Atem verließ sie). Ich hätte einen ganz dezenten Hinweis schön gefunden, dass sich vielleicht ein kleines Mädchen in den Laden verirrt und von den Gerüchen überwältigt zu sein scheint. Dann hätte man vor der Andeutung auf den Tod noch ein wirklich freudiges Lächeln auf Sophies Lippen zaubern können und auch ein wenig Hoffnung gemacht, dass es für die Düfte weitergeht. So zerbricht jetzt am Ende alles, was ja rein erzählerisch nicht schlecht ist; nur irgendwie so traurig. Wobei das wahrscheinlich mit der Wortgrenze knapp geworden wäre, mh.
    Auf jeden Fall eine interessante Geschichte, in die ich mich erstmal etwas intensiver einlesen musste. Wenn man die beiden Werke in Zusammenhang setzt, könnte man sagen, dass Sophie wohl nur den Duft hatte, um glücklich zu sein. Ihr fehlten die vielen anderen Aspekte, die bei der Erzählerin im Drabble vorhanden waren.Bzw. ihr fehlte durch ihre Vergangenheit vielleicht auch die Kraft oder der Mut, die anderen Aspekte zu suchen und hat sich dann lieber auf den einen fokussiert, den sie dafür dann über ihr gesamtes Leben in ihrem Herzen hatte. [War wahrscheinlich auch völlig an deiner Ausgangsidee vorbei, haha]


    Das wars dann erstmal wieder. Übrigens habe ich bei der Beschreibung der Straße und der Tür quasi permanent eine eine ganz konkrete Straße gedacht, das kann ich dir in der Konvi ja nochmal erzählen, haha.


    Au revoir! ♥

  • W O H N Z I M M E R W U N D E R W E L T E N
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    Lunarfeder



    S t e r n e n p f a d


    » Tell me the story of
    how the sun loved the moon so much
    he died every night to let her breathe... «

    unbekannt


    Ein letztes Mal haucht das Feuer seine goldene Seele auf die Welt, bevor die Dämmerung es ganz verschluckt. Die letzte Wärme dieses Tages sickert zähflüssig wie Honig durch die purpurfarbenen Wolken, bevor auch dieser Strom versiegt. Sehnsucht ist glühend auf das Himmelszelt gemalt, lang gestreckt wie eine stille Geste, und doch sind sie niemals nah genug, einander zu erreichen. Verdammt, sich auf ewig zu umkreisen, flüsternd, wispernd, niemals findend. Nur die Sterne verbinden ihre Herzen, funkende Erinnerungen und strahlende Gedanken. Und jede Nacht erleuchten sie den Weg des kühlen Mondes, während die Sonne immer wieder nur für ihn verlischt.







    Gracidea

  • Hallo Faolin (:


    Ich hab dein Update entdeckt und dachte mir, ich schreib da gleich mal einen Kommi dazu!


    Sternenpfad
    Das von dir aufgeführte Zitat kenn ich sogar, ich bin wohl irgendwann im Internet darüber gestolpert. In Amerika wurde ja das „Treffen“ von Sonne und Mond letzte Woche bei einer Sonnenfinsternis bestaunt. (: Aber du beschreibst hier ja eher das tagtägliche, wo sich Sonne und Mond einfach nicht treffen.
    Mir gefällt ja schon der erste Satz, in dem du das letzte Aufglühen der Sonne geradezu malerisch und poetisch beschreibst. Vermittelt gleich eine sehr schöne Stimmung. Und genauso schön geht es weiter, dein ganzer Stil ist hier sehr malerisch mit vielen Vergleichen, die ich so nicht erwartet hätte, die das alles aber sehr schön machen. Da müssen sie sich verabschieden, die Sonne und der Mond, als es Nacht wird. Und du beschreibst das so, wie ein Liebespaar — eigentlich die wahren und buchstäblichen „star-crossed lovers“.
    Obwohl man sagen muss … manches Mal ist durchaus der Mond am Himmel zu sehen, wenn die Sonne scheint. Ganz blass aber nur, vermutlich bemerkt er deshalb ihre Gegenwart nicht, weil er zu dem Zeitpunkt selbst noch schläft?
    Im Grunde ist dieses Aufopfern der Sonne um dem Mond die Nacht zu überlassen das, was uns alle am Leben hält. Wow, je mehr ich darüber nachdenke, desto tiefer wird dieses Drabble, ich bin sehr beeindruckt!
    Alles in allem also ein schönes, poetisches Gesamtwerk, was zum Nachdenken anregt und in aller Kürze nicht nur einen Moment beschreibt, sondern ein ganzes Dasein zwischen zwei, die sich nie wirklich treffen können. Außer bei einer Sonnenfinsternis. (:


    Fröhliches Schreiben weiterhin!

  • Hallo Faolin,


    ich widme mich nicht deinem neuesten Drabble, sondern einem älteren, dem Schattentanz. Das mach ich nur, damit du jetzt eine Seite zurück blätterst und nachsiehst, worum es da nochmal ging, sofern du es nicht noch im Kopf haben solltest.
    Ist es ein Schatten? Ja, definitiv. Zumindest ein Wesen mit roten Augen kommt da vor und gerade in Zusammenhang mit Cassandras Aktion ist das locker Gengar. Mich würde aber auch nicht wundern, wenn diese Laternen ein Eigenleben entwickeln würden (Laternecto lässt grüßen).
    Ist es atmosphärisch? Ebenfalls ja. Auch ohne die erwähnte Sommerluft erweckt die Beschreibung das Gefühl einer schwülen Nacht im Sommer, was sehr interessant ist. Darüber hinaus bietet es sich an, bei Gengar schon von Anfang an mit den Lichtquellen und den Schatten zu spielen, wo du bis zum Schluss einen guten Aufbau hattest.
    Ist es logisch? Jein. Warum ist der Erzähler um die Zeit noch unterwegs und weswegen bleibt er einfach stehen, wenn die Laterne flackert? Natürlich kommen da stille Voraussetzungen hinzu, aber ein kalter Schauer ist jetzt grundsätzlich nichts Ungewöhnliches, bei dem man anhalten muss. Der Erzähler hätte auch weiter gehen und Gengar entdecken können, das ihm ja ohnehin aufgelauert hat.
    Ist es stimmig geworden? Bis auf ein paar im letzten Absatz beschriebene Anomalien liest sich das Drabble gut. Du hast ein Gefühl für Worte, wenn es um atmosphärische Beschreibungen geht und darauf kannst du auch in Zukunft weiterhin aufbauen.


    Wir lesen uns!

  • Salut! ♥
    Ich habe gerade verzweifelt nach deiner Sammlung gesucht und sie erst auf der dritten Seite gefunden. Das kann ich natürlich nicht da liegen lassen und schreibe dir einen kleinen Kommentar! Und klein heißt in diesem Fall wirklich klein, weil ich nur ein Drabble kommentiere. Das ist für mich in deinem Topic sonst ja doch eher die Ausnahme, haha. :3


    Sternenpfad
    Du beschreibst in den hundert Worten eine, wie du es nennst, tragische Liebesgeschichte zwischen Sonne und Mond, die sich niemals sehen werden. Das Konzept kam mir eben so unglaublich bekannt vor und dann fiel es mir plötzlich ein... ich hatte das Drabble in dem Wettbewerb schon gelesen, dann für eine News nochmal, und ich hatte mir schon zwei mal vorgenommen, es zu kommentieren. Kein Wunder, dass ich das schon mal gelesen hatte. Trotzdem finde ich es unglaublich toll, dass du dem Natur-Motiv so treu bleibst, das zieht sich hier schon durch mehrere Werke! Und jedes mal fühlt man sich irgendwie auf eine neue Art verzaubert. :3
    Zurück zum Drabble: Ich fange mal mit dem obligatorischen Lob auf deine Vergleiche und Metaphern an. Das Bild des Honigs gefällt mir besonders gut, weil es eine ruhige, sinnliche Abenddämmerung in meinem Kopf kreiert. Als würde ich auf einem Hügel sitzen und einfach in die Ferne schauen, ohne irgendwelche Probleme, was in der Klausurenphase ja mal ganz schön wäre. Mit der Sehnsucht taucht so ein erstes Anzeichen von bedrückter Stimmung auf, wobei die Sehnsucht gar nicht so schlimm wirkt, wenn sie doch "auf das Himmelszelt gemalt" ist. Sie würde dann doch vielmehr ein schönes Gemälde darstellen als etwas Negatives. Doch danach wird es tatsächlich düsterer. Allein das Wort "niemals" taucht zwei Mal auf, dazu Wörter wie "Verdammt" und "verlischt". Irgendwie ein viel zu trauriger Ausklang aus der schönen Abenddämmerung, die ich am Anfang im Kopf hatte. Es ist plötzlich so dunkel und kalt. Dabei gibt es doch Möglichkeiten, dass sich die beiden treffen, wenn auch nicht so oft! Eine Sonnenfinsternis wäre vielleicht nochmal ein schöner Anlass, um der Thematik eine positive Wendung zu geben. :3 (und ich sehe gerade, dass das ja schon vorgeschlagen wurde)
    Nach "umkreisen" hätte ich übrigens eher ein Semikolon statt eines Kommas gesetzt, weil du danach noch weitere Partizipien aufzählst und das ja streng genommen nicht zusammen gehört. Aber ist auch nicht zwingend notwendig, da ist das Deutsche ausnahmsweise mal nicht so streng, haha. :3
    Ansonsten kann ich leider gar nicht so viel dazu sagen, viel Spielraum für Interpretationen war da ja ausnahmsweise mal gar nicht. Ich hoffe trotzdem, dass ich dich damit zu einem kleinen Update motivieren kann! Ohh, und den letzten Satz aus deiner Information finde ich so toll, den hättest du auch toll in ein Drabble einbauen können!


    Au revoir! ♥

  • W O H N Z I M M E R W U N D E R W E L T E N
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    Lunarfeder



    S e e l e n t a n z




    Die Sonne verglüht riesig und rot hinter den schwarzen Silhouetten der alten, knorrigen Bäume, deren lange Finger bis zu den Fensterscheiben des Gebäudes reichen.
    Das neongrelle Oberlicht gibt ein mehrfaches Klicken von sich, bevor es flackernd erlischt und den Raum dem schwachen Schein der winzigen Nachttischlampe überlässt. Selbst in diesem wärmeren Licht erscheint die Wandfarbe noch zu kalt, die Fliesen zu glatt, der Raum zu riesig für das kleine Mädchen, das beinahe reglos unter dicken, weißen Decken liegt. Das schwarze Haar umrahmt ihr schmales Gesicht, zeichnet feine Linien auf helle Haut. Ihre Augen sind geschlossen und von dunklen Augenringen geprägt.
    Finger krallen sich so fest um das kühle Gerüst des Bettes, dass sie totenbleich wirken. Stille liegt wie zäher Nebel auf dem Raum, bis ein einziger pfeifender, sich aufbäumender Atemzug sie durchbricht. Hände schnellen ruckartig zu den schmalen Handgelenken, zeichnen zärtlich Kreise auf durchscheinende Adern. Aber selbst Worte, kaum mehr als Geflüster und so warm wie eine Umarmung, vermögen nicht mehr das zurückzuholen, was längst verloren ist.
    Unnachgiebig und erbarmungslos bohrt sich das raue Gestein in zarte, kleine Fußsohlen. Nebel zieht wie Wolkenschlieren dicht über den zerklüfteten Felsen, formt ihn zu gierigen Zähnen. Der Wind zerrt rücksichtslos am ausgeblichenen Stoff eines viel zu großen Nachthemds. Zitternd schlingt das Mädchen die Arme um sich selbst. Schmerz pocht von ihren bloßen Fußsohlen bis in ihr Innerstes, stetig pulsierend. Sie will fort von hier, überall sein, nur nicht hier – allein, gebrochen.
    Sturmgepeitscht treiben schwere Wolken kreisend über den Himmel, reißen auseinander, ohne auch nur einen Lichtstrahl durchzulassen. Das Mädchen kauert sich tief über den steinigen Boden, aber es gibt kein Entkommen vor dem Wind, der an ihr zerrt und ihre langen Haare zu schwarzen Peitschen formt. Ein Geräusch am Rande ihrer Wahrnehmung lenkt ihren Blick nach oben. Der grauschwarze Himmel über ihr färbt sich noch dunkler, als würde sich jeder Regentropfen der Welt dort oben versammeln. Und dann, wie aus dem Nichts, werden aus einem einzigen, winzigen Geräusch dutzende, hunderte, tausende auf einmal.
    Ihr Körper ist so starr vor Schreck, dass sie nicht einmal mehr zittert, als der Himmel seine Tore öffnet und rasend schnell auf sie zu kommt. Schwarz löst sich aus den schweren Wolken, schnellt unausweichlich wie ein Pfeilhagel auf die am Boden kauernde Gestalt. Und dann
    gibt es nur noch
    tausend Stimmen
    ein rauer Schrei,
    erstickt in beißender Verzweiflung.
    Das Mädchen reißt die Arme hoch, ein vergeblicher Versuch, sich selbst zu schützen. Alles, was ihre angsterfüllten Augen sehen, ist dunkles, ölig glänzendes… Gefieder? Schneller, als ihr Verstand begreifen kann, löst sich ein Vogelkörper aus der Menge, so schnell, dass er droht sie zu durchbohren wie ein Geschoss. Das Mädchen wimmert, krümmt sich, ihre Gedanken nichts als spitze Schnäbel und messerscharfe Klauen, die sich in ihre dünne Haut graben.
    Doch anstelle des Schmerzes, den sie erwartet hat, ist es Leere, die sie erfüllt; eine alles umfassende, wohltuende Leere, die jegliche Angst aus ihrem kleinen Körper drängt. Der nächste Vogel streift sie so sanft, dass ihr ein zittriges Seufzen entfährt, und mit ihm der Schmerz, den sie in sich trägt, seit sie denken kann.
    Voller Unglauben richtet sie sich langsam auf, strauchelt, dreht sich langsam um die eigene Achse, den Mund zu einem winzigen, staunenden o geformt. Nie hat sie etwas Schöneres gesehen als diese Vögel, die sie umkreisen, streifen, sie in einer vollkommenen Choreografie wie ein scheues Wesen in ihrer Mitte halten. Im Licht ihrer vergessenen Angst schimmert jedes Tier in einer anderen Schattierung von Blau und Grün. Lachend streckt das Mädchen seine kleinen Hände nach ihnen aus und noch im selben Moment ziehen sich die Kreise enger, schützender um sie. Wann hat sie sich jemals so leicht, so schwerelos gefühlt? Frei von den Geißeln ihres des Schmerzes und der Angst, der Dunkelheit, die sie begleitet hat.
    Vollkommen eins mit sich schließt sie die Augen, gibt sich dem Singen von hundert Flügelpaaren und den Liebkosungen der weichen Vogelfedern hin. Immer enger, immer näher umkreisen sie sie, bis ihr schwarzer Schopf mit glänzendem Gefieder verschmolzen ist. Ein letztes Mal streifen die Vögel das Mädchen, machen sie mit jedem Flügelschlag mehr zu einer von ihnen. Schwarz vereint sich mit dem Glanz von Saphir und Smaragd und dem violetten Schimmer der Morgendämmerung, und nur einen Augenblick später streben tausend Seelen wie ein Wesen der Sonne entgegen.







    Gracidea

  • Salut! ♥
    Es ist definitiv viel zu still hier, also lasse ich dir mal wieder einen kurzen Kommi hier. :3


    Seelentanz
    Ich glaube, ich musste noch nie einen Text von dir so oft lesen, bis ich eine grobe Idee hatte, worum es überhaupt geht. Irgendwie schade, dass ich deine Auflösung jetzt auch schon im Wettbewerbstopic gesehen habe; das soll mich aber nicht davon abhalten, andere Aspekte hervorzuheben (z.B. dass ich das Wort "knorrig" noch nie gesehen habe, es aber auf Anhieb liebe!).
    Der Text beginnt der Beschreibung einer abendlichen Szene und eines Mädchens, das sich in einem dunkler werdenden Raum befindet. Es folgt ein Szenenwechsel. Das Mädchen befindet sich in einer scheinbar naturbezogeneren Umgebung und kämpft gegen den Wind. Ein Schwarm schwarzer Vögel stürzt auf das Mädchen herab und umschließt sie immer näher, wobei sie eine zuvor empfundene Last verliert, bis der Schwarm sie in den Horizont und die dort aufsteigende Sonne fortträgt.
    Bei dem Raum bin ich nach längerer Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass es sich um ein Hospiz handeln könnte. Die Beschreibungen deuten nicht darauf hin, dass sich das Mädchen in einer vertrauten Umgebung befindet, ihre Haltung und die "totenbleichen" Finger deuten zudem darauf, dass sie schwer krank sein könnte. Insbesondere das kühle Bettgerüst hat mich in Richtung Hospiz denken lassen. Aber das Krankenhaus hast du ja schon bestätigt. Der anschließende Ortswechsel scheint mir etwas surreal (und kommt für mein Empfinden etwas zu plötzlich, bzw. der Übergang ist beim ersten Lesen schwer zu begreifen) und ich vermute, dass die Natur eher der Wahrnehmung des Mädchens entspricht. Vielleicht nimmt sie den Raum gar nicht mehr als solchen wahr und sucht in den verschwommenen, dunklen Umrissen nach Erklärungen, die ihr bekannt vorkommen. Das Mädchen könnte also sehr naturverbunden gewesen sein und deutet die Krankheit nun so, dass ihr die Natur etwas Böses antun will. Dass die Vögel ihr insofern nicht Böse gesinnt sind, sondern ihr schließlich den Schmerz nehmen, wäre dann ebenfalls eine passende Deutung des Mädchens. Sie geht in ihrer Vorstellung nicht mit der Familie, sondern mit der Natur ins Licht.
    Formal finde ich den Bruch in der Mitte ganz interessant, weil es einfach doch sehr ungewöhnlich ist, einen Fließtext durch die Einführung von wenigen Versen an einer einzelnen Stelle so neuzustrukturieren. Die Verse geben dem ganzen eine gewisse Hektik, gleichzeitig sorgen sie aber natürlich für ein sehr genaues, überbetontes Lesen. Die Worte wirken stärker und klingen nach. Warum du genau die Stelle gewählt hast, kann ich mir nicht so ganz erklären, weil es ja kurz vor der Einsicht des Mädchens ist. Ich hätte eher dazu tendiert, das Realisieren der neuen Leichtigkeit in Verse zu verpacken, aber wahrscheinlich wäre ich ohnehin gar nicht erst auf die Idee gekommen, haha.
    Ansonsten bin ich relativ weit oben noch über das Wort "zärtlich" gestolpert ("Hände schnellen ruckartig zu den schmalen Handgelenken, zeichnen zärtlich Kreise auf durchscheinende Adern). Irgendwie passt es an dieser Stelle für mich nicht so wirklich, weil generell ja eher eine angespannte, bedrohliche Stimmung vorherrscht und Zärtlichkeit dafür deutlich zu positiv besetzt wäre, auch wenn es nicht in dem Sinne von Zärtlichkeit zwischen Lebewesen gemeint ist. Vielleicht täusche ich mich da aber auch.
    Insgesamt finde ich die Geschichte wirklich interessant; ist definitiv mal eine andere Herangehensweise von dir, auch wenn die Natur bleibt. Das Tempo ist am Anfang vielleicht etwas zu schnell, hinten raus macht das mit der Hektik aber durchaus Sinn. Und die Verse sind natürlich besonders toll! ♥
    Also gerne wieder mehr von dir. :3


    Au revoir! ♥

  • Thrawn

    Hat das Label Sammlung hinzugefügt.