Nachdem das Thema schon mehrfach in anderen Threads aufgekommen ist, aber noch nie vorrangig thematisiert wurde, hier einmal ein Thread zu diesem doch sehr kritischen Thema: Der Darstellung weiblicher Figuren in den Medien. (Achtung: Der Thread heißt mit Absicht nicht „Sexismus in den Medien“, da ich mich hier auf die Darstellung weiblicher Figuren beziehe – nicht auf Sexismus allgemein.)
Es sei dazu gesagt, dass ich mich in diesem Thread vorrangig (wenngleich nicht ausschließlich) auf westliche Medien beziehe, auch wenn vieles sich eins zu eins auf Anime übertragen lässt, dabei dieses Problem allerdings so ziemlich alle Medien gleichermaßen betrifft: Filme, Serien, Cartoons, Comics, Bücher und natürlich Videospiele.
Ich denke jedem, der heute einen Internetanschluss hat und sich in irgendeiner Form mit Medien auseinandersetzt, ist schon einmal aufgefallen, dass immer wieder Diskussionen um weibliche Charaktere und ihre Darstellung entbrennen. In diesem Thread möchte ich einmal die zentralen Punkte dieser Diskussion und warum es ein Problem ist aufführen.
Da ich weiß, dass manche Leute keine Lust haben, sich meine „Aufsätze“ durchzulesen, hier einmal die wichtigsten Punkte in Kurzform:
- Das Verhältnis weiblicher Hauptcharaktere zu männlichen Hauptcharakteren ist speziell abseits der reinen „Frauenmedien“ (aka: Reine Romantik) sehr gering
- Weibliche Charaktere werden in fast einem Drittel der Fälle sexualisiert dargestellt
- Weibliche Charaktere sind oft dazu da, vom männlichen Hauptcharakter „erobert“ oder „beschützt“ zu werden
- Das „Ziel“ eines weiblichen Charakters ist oft, in einer Beziehung zu landen
- Weibliche Charaktere sind weit passiver in ihren Rollen, selbst wenn sie Heldinnen sind, und sind weit öfter die Opfer als männliche Charaktere
- Während es viele verschiedene Arten von männlichen Charakteren gibt, ist die Auswahl weiblicher Charaktertypen eher klein
- Auch was die Körperformen weiblicher Charaktere angeht, sind diese (gerade in Cartoons) wenig vielseitig
- Von der Gesellschaft als „weiblich“ identifizierte Charaktereigenschaften werden oftmals, unabhängig vom Geschlecht, auf Bösewichte eingesetzt, während „männlich“ identifizierte Eigenschaften oft für Helden benutzt werden
- Medien beeinflussen gerade bei Kindern die Wahrnehmung der Realität und stellen immer auch einen Teil der Rollenbilder, weshalb besonders toxische Darstellungen in Kinderprogrammen sehr gefährlich sind
- Es gibt auch einen Zusammenhang zwischen psychischen Problemen bei Mädchen und jungen Frauen in Bezug auf ihren Körper und idealisierten Mediendarstellungen
- Außerdem existiert auch ein Zusammenhang zwischen der Unsichtbarkeit sexueller Belästigung und entsprechenden Darstellungen in den Medien
Ausführlichere Erklärungen zu all diesen Problematiken folgen nun ;)
Es sei dazu gesagt, dass sich natürlich für ALLE genannten Beispiele irgendwie auch Tendenzen für männliche Charaktere ableiten lassen, was ich auch gar nicht verleugnen will. Allerdings ist es bei diesem bei weitem nicht so einseitig, wie es eben doch bei weiblichen Charakteren ist. Darüber hinaus bin ich mir vollends dessen bewusst, dass es natürlich auch Ausnahmen gibt (und diese, wie ich am Ende anmerke, auch immer mehr werden), nur sind es eben Ausnahmen und keine Regel bisher.
Repräsentation
Das erste Problem ist eigentlich recht einfach und recht offensichtlich: In den meisten Massenmedien sind weibliche Charaktere in der Minderheit. Dies gilt sogar nicht selten in Medien, die sich gezieltan Frauen richten, sobald wir in Bereichen sind, die sich vorrangig an Männer oder die „breite Masse“ (also Männer und Frauen) richtet, ist es nicht selten so, dass es nur einen weiblichen Hauptcharakter gibt. Das geht bei Blockbustern im Kino soweit, dass viele Filme nur einen einzigen weiblichen Charakter gibt, der nicht selten gleichzeitig das Love Interest des männlichen Hauptcharakters, also des Helden, ist. Selbst bei Action-Filmen, die versuchen das weibliche Publikum stärker anzusprechen, gilt das nicht selten.
Dieses Problem wird von einem einfachen „Test“, der als „Bechdel Test“ bezeichnet wird, aufgegriffen. Dieser Test geht auf Alison Bechdel zurück, eine Karikaturistin, die das Problem in einem Comic-Strip ansprach, aus dem sich eben der Test entwickelte. Um den Test zubestehen, muss ein Film (denn der Test bezieht sich vorrangig auf Filme, wenngleich es erstaunlich ist, dass auch diverse andere Medien daran scheitern) drei wie man meinen könnte einfache Kriterien erfüllen:
- In dem Film müssen mindestens zwei weibliche Charaktere mit einem Namen vorkommen.
- Diese beiden weiblichen Charaktere müssen mindestens einmal in dem Film miteinander reden.
- Das Thema des Gespräch muss etwas anderes, als ein Mann sein.
Wenn man sich Blockbuster ansieht, scheitern etwa 50-60% der Kassenschlager an dem Film, während weitere 15% nur auf sehr dubiose Art und Weise den Test bestehen (z.B. ein Gespräch von einer Verkäuferin mit dem Token-Chick des Films, das effektiv auf das Nennen eines Preises hinausläuft).
Auch bei den großen Hollywood Klassikern, wie zum Beispiel den Oscar-Gewinnern, sieht es nicht besser aus.
Der Durchschnitt der Filmreleases im Jahr, die den Test bestehen, liegt bei 55%, was aber vor allem weniger bekannten Releases aufgebessert wird, wie man auch sieht, wenn man sich die Box Office Schlager ansieht, bei denen der Anteil weiblicher Charaktere mit Sprechrolle meistens so um die 30% liegt (und das schließt ALLE Sprechrollen ein, seien sie auch noch so unwichtig!)
Natürlich ist Repräsentation allgemein ein Problem in den Medien, da auch die „Minderheiten“ selten ausreichend repräsentiert werden (sprich: Nicht-kaukasische Charaktere, nicht-heterosexuelle Charaktere, psychisch oder physisch eingeschränkte Charaktere, Charaktere bestimmter Religionen), was auch nach wie vor als ein großes Problem angesehen wird. Was allerdings einen großen Unterschied zu Frauen ausmacht: Frauen sind keine Minderheit! Auf 100 Frauen kommen 105 Männer auf der Welt. Zumindest in den „westlichen Ländern“, speziell in den USA ist es sogar so, dass beinahe 60% der Kinobesucher Frauen sind, sie also einen größeren Teil der Zuschauer ausmachen. Dennoch werden sie in den Medien wie eine Minderheit behandelt.
Sexualisierte Darstellung
Ich möchte euch an dieser Stelle einmal ein Video von BuzzFeed dalassen, dass dieses Problem ganz gut zeigt (nun, und ein paar andere Dingeauch):
Viele Darstellungen weiblicher Charaktere konzentrieren sich – gerade inden visuellen Medien – sehr stark auf die Form des weiblichen Körpers, um es einmal ein wenig abgeschwächt auszudrücken.
Werden männliche Charaktere auf ein Poster oder auf ein Comicposter gedruckt, so stehen sie meist entschlossen dar, schauen mit festem Blick auf den Betrachter – oder manchmal auch einfach in die Ferne. Wenn der Fokus des Bildes nicht auf diesem Blick liegt, dann nicht selten auf einer Waffe oder Action, die gerade passiert – wenn der Held zum Beispiel auf dem Bild gerade jemanden einen Kinnhaken verpasst oder selbst einen verpasst bekommt. Werden weibliche Charaktere dargestellt, haben sie oft sehr knappe Kleidung an und stehen in einer Position, die den Blick des Betrachters besonders aufdie Brüste und/oder den Hintern, selbst wenn das bedeutet den Körperdes Charakters extrem unnatürlich zu verrenken. Dies wird unteranderem auch von der Hawkeye Initiative aufs Korn genommen.
Auch in den Filmen, Serien, Comics und Videospielen ist es so, dass man weit häufiger Damen sehen wird, die kaum bekleidet sind und zum Beispiel in Unterwäsche, Bikini oder ganz nackt zu sehen sind, als dass dies für männliche Charaktere der Fall ist. Natürlich ist es durchaus so, dass auch männliche Charaktere gerne sexualisiert mit nackter Brust gezeigt werden, doch ist auch hier das Verhältnis ungleich. Dies ist sogar noch deutlicher, wenn man sich die Zahlen in Prozent aufwichtige Sprechrollen anschaut. 7% der männlichen Charaktere in wichtigen Sprechrollen der 500 Filme mit den besten Einnahmen von 2013 wurden in sexualisierender Kleidung dargestellt (aka: Enganliegende Kleidung oder Kleidung mit Ausschnitt etc.), während 31% der weiblichen Charaktere in Sprechrollen so dargestellt wurden. 9,4% der männlichen Rollen in dem Jahr wurden mindestens einmal im Film nackt oder teilweise nackt dargestellt (was vorrangig „oben ohne“ Darstellungen sind), 31% der weiblichen Charaktere wurden mindestens einmal zumindest teilweise nackt (aka oben ohne oder nackter Hintern) gezeigt.
Dies zeigt sich natürlich auch bei der Kleidung von Helden und Heldinnen. Nehmen wir einmal Superhelden als Beispiel, so laufen die meisten männlichen Helden in einem zwar sehr eng anliegenden Ganzkörperanzug herum, während diverse Heldinnen kaum mehr als einen Bikini tragen – etwas, das teilweise sogar in Mittelalterszenarien passiert, wo weibliche Charaktere auf einmal eine Rüstung mit Ausschnitt haben.
Dies ist übrigens nicht einmal nur ein Problem der visuellen Medien. Denn auch in verschiedenen Romanen des Action-Genre, oftmals auch Romane im Bereich Krimi und Thriller, sind sehr darauf bedacht bestimmte Körperproportionen der weiblichen Charaktere zu beschreiben, obwohl es mit der eigentlichen Handlung wenig zu tun hat.
Und natürlich ist es in diesem Bereich außerdem auch oft so, dass letzten Endes der Sex mit dem Token-Chick eine Art „Belohnung“ für den Mut und die Taten des Helden sind – sofern es natürlich das Alter der Charaktere und der Zuschauer erlaubt.
Aufgabenverteilung
Auf diese Punkte aufbauend ist dann da natürlich noch die Rollenverteilung, wenn denn schon einmal weibliche Charaktere auftauchen, die eine zentrale Rolle spielen, so ist es meistens so,dass diese auch als Love Intrest für den meist männlichen Hauptcharakter existieren. Selbst wenn der weibliche Hauptcharakter einmal tatsächlich Heldenrollen spielen darf, so ist es meistens so, dass sie weit häufiger vom männlichen Hauptcharakter gerettet wird, als anders herum. Oftmals ist es so, dass der weibliche Charakte die oder zumindest eine Motivation für den männlichen Hauptcharakter wird. Immerhin muss er sie beschützen/retten.
Das geht natürlich noch auf eine andere Art: Indem sie stirbt. Denn manchmal ist auch die Rache für die ermordete Geliebte oder die ermordete Mutterfigur die Motivation, die unser Hauptcharakter braucht. Was natürlich nicht heißt, dass es keine ermordeten Väter/Brüder gibt, die einen Charakter motivieren – aber auch hier sind die weiblichen Charakter auf einmal wieder überproportional vertreten.
Dazu kommt, dass weibliche Hauptcharaktere, selbst wenn sie einmal nicht in irgendeiner Form endet, dass sie gerettet werden muss (sei es, weil der Film keine Action-Elemente hat oder weil der Charakter es tatsächlich alleine hinbekommt) sehr oft ein Charakter-Arc haben, dass sich am Ende darum dreht, einen Freund zu bekommen. Selbst bei vielen der besten weiblichen Hauptcharaktere ist es so, dass das ultimative Ziel nicht etwa die „Rettung der Welt“ ist, sondern natürlich einen festen Freund zu haben und diesen bestenfalls noch zu heiraten.
Dementsprechend läuft es bei weiblichen Heldinnen auch nicht selten darauf hinaus, dass sie, wenn sie einmal die Welt gerettet haben, in den üblichen „Frauenberufen“ landen: Hausfrau, irgendwas mit Kinderbetreuung, irgendwas mit Modedesign und Kleidung, irgendetwas mit Kochen. Halt irgendetwas „weibliches“. Vielleicht noch etwas mit Tieren – aber das ist wohl das höchste der Gefühle.
Opferrollen/Passivität
Auf die Rollenverteilung aufbauend ist eine generelle Tendenz dazu da, dass weibliche Charaktere selten Täter und meistens Opfer oder zumindest die passiven Charaktere sind. Das gilt selbst für weibliche Gegenspieler, die im Kino ohnehin selten sind, da bei diesen nicht selten Misshandlung und Manipulation von anderen Charakteren – meist männlichen Charakteren oder äußeren Kräften – die Gründe für ihr Handeln sind.
Auch sind die oft zentral dargestellten Opfer eines Problems – sei es eine Katastrophe oder das Handeln eines Bösewichts (und sei es nur ein schlechter Lehrer) – weiblich. Sie werden weit schneller ausgenutzt, wenn nicht sexuell, dann zumindest intellektuell. Ironischerweise übrigens etwas, dass sogar nicht selten in Filmen und Serien, die dies als Problem thematisieren der Fall ist, da es als so „normal“ wahrgenommen wird, dass viele Autoren nicht weiter darüber nachdenken.
Auch generell ist es so, dass weibliche Charaktere, selbst als Heldinnen einer tatsächlich epischen Geschichte, viel eher passiv sind, als männliche Charaktere. Was dies bedeutet, ist, dass sie weit weniger aus eigenem Antrieb handeln, sondern von anderen Charakteren in die Rolle gedrängt oder sogar gezwungen werden, die sie dann als Heldin ausfüllen. Dabei ist es so, dass ein Teil der Charaktere in diese Rollen hineinwächst, viele aber eben nicht.
Verhaltensmuster des Bösens
Ein weiterer interessanter Punkt, den vor einer Weile einmal MovieBob (ja, ich weiß, er ist umstritten, aber ich muss sagen, dass ich zumindest in diesem Punkt sehr mit ihm übereinstimme) angesprochen wurde, ist der mit den genderisierten Verhaltensmustern und wie diese benutzt werden, um Charaktere in „gut“ und „böse“ zu codieren. Auch dieses Video möchte ich euch einmal verlinken (Vorsicht: Englisch).
Für diejenigen, die sich das Video nicht anschauen können oder wollen oder kein Englisch verstehen, einmal der zentrale Punkt, den er vorbringt: Es gibt Charaktereigenschaften, die von der Gesellschaft generell als „typisch männlich“ und „typisch weiblich“ angesehen werden. Dabei sind „typisch weibliche“ Eigenschaften – also vor allem Emotionalität in jedweder Form – etwas, das in Medien oftmals mit Gegenspielern, mit „den Bösen“, in Verbindung gebracht wird, während unabhängig vom Geschlecht des Hauptcharakters (speziell bei Actionfilmen) diese meist charakterlich mit „typisch männlichen“ Eigenschaften codiert werden. Dies sieht Bob als das eigentliche Problem an, weil es dafür sorgt, dass die „weiblichen“ Eigenschaften tendenziell als „schlecht“ angesehen werden und auch dafür, dass Charaktere prinzipiell selten eine gute Mischung verschiedener Eigenschaften bekommen.
Und darin liegt durchaus ein wahrer Kern: Weibliche Helden sind meistens weniger emotional, als weibliche Charaktere, die vorrangig für die Opferrolle existieren, während Bösewichte, auch wenn sie männlich sind, eben sehr stark emotional und irrational, was eben etwas eher weiblich codiertes ist, dargestellt sind. Das gilt natürlich bei den Heldinnen nur, wenn sie eben wirklich das sind: Heldinnen. Wenn der wichtige weibliche Charakter vorrangig als ein Love Interest existiert, ist es weniger der Fall.
Es sei übrigens an der Stelle einmal dahingestellt, ob die Eigenschaften tatsächlich so typisch für „Männer“ oder „Frauen“ sind – es reicht tatsächlich, dass sie in der Gesellschaft meistens auf diese Art „codiert“ werden.
Varianz
Natürlich muss man sagen: Sobald wir Schauspieler haben, sind sich die Charaktere zumindest vom Äußeren immer recht ähnlich, egal ob sie männlich oder weiblich sind. Die männlichen Helden haben zumindest Ansätze eines Six-Packs, die Damen eine ansehnliche Oberweite, dünne Taille, etwas Hintern und dünne Oberschenkel. Ob Mann oder Frau, wenn es dem mal nicht entspricht, wird noch schnell mit Photoshop nachgeholfen.
Gerade wenn es aber nicht mehr im durch Schauspieler dargestellten Bereich sind, also bei Cartoons und Comics, lässt sich schnell feststellen, dass es weit mehr verschiedene Körpertypen bei männlichen Charakteren gibt, als es bei weiblichen der Fall ist. Gerade Disney wurde schon zig Mal dafür kritisiert, dass die weiblichen Charaktere beinahe durchgehend identisch aussehen, was Figur und Gesicht angeht, aber selbst Dreamworks, wo es zumindest vom Charakterlichen her weit mehr unterschiedliche weibliche Charaktere gibt, hat doch recht wenig Varianz beim Aussehen der weiblichen Charaktere, wo einzig Fiona in Oger-Form und Eep aus den Croods wirklich herausstechen.
Doch gerade auch was die charakterliche Varianz angeht, sind weibliche Charaktere bei weitem eingeschränkter – gerade wenn es um die Hauptcharaktere von Filmen, Serien, Büchern oder Comics geht. Denn während man bei den männlichen Charakteren viele verschiedene Heldentypen findet – Wissenschaftler, Nerds, Sekretäre, Loser, Spione, Soldaten, mal mehr, mal weniger erfolgreich, mal mehr, mal weniger schwer von Begriff etc. – sind sich weibliche Charaktere weit ähnlicher. Natürlich gibt es mittlerweile für die Quoten auch ein paar weibliche Wissenschaftler, doch charakterlich haben sie dennoch wenig Varianz. Denkt einmal drüber nach: Wie viele unbegründet aggressive weibliche Charaktere fallen euch ein? Oder wie viele übermäßig faul dargestellte?
Warum es ein Problem ist
Nun mag es viele Leute geben, die daraufhin nur eine Sache sagen: „Na und?“ oder „Was ist daran so schlimm? Die Leute wissen doch, dass das so nicht ist!“ Und genau auf die Aussage muss man antworten: „Eben nicht.“
Denn die Darstellung von Frauen in den Medien hat eine deutliche negative Auswirkung auf unsere Gesellschaft – und das nicht nur auf Frauen, wie man vielleicht meinen könnte.
Doch fangen wir mit den Frauen einmal an. Denn es ist bei diesen so, dass gerade junge Mädchen auf bestimmte Dinge geprägt werden, die sich allerdings in den Teenager-Jahren oftmals sogar verstärken und daher oft zumindest unterbewusst ins Erwachsenenalter hineingetragen werden. Die häufigste Sache in dem Bereich, die genannt wird, da es hierzu die meisten ausführlichen Studien gibt, ist das Selbstbild und Körperbild von Mädchen: Dadurch das Frauen in Medien meistens als „sexy“ entsprechend jeweiliger Schönheitsideale dargestellt werden, wird dieses Idealbild zumindest unterbewusst adaptiert, was oftmals Druck ausübt, diesem Ideal zu entsprechen – auch wenn man einen ganz anderen Körpertyp hat. Dies zieht in einigen Fällen dann psychische Erkrankungen mit sich, wie zum Beispiel auch Essstörungen.
Aber auch abseits des körperlichen Ideale werden Mädchen davon geprägt, was sie in Medien konsumieren. So fühlen gerade junge Frauen einen gewissen Druck, einen festen Freund zu haben und zu heiraten – ein Druck, der natürlich in einigen Fällen durch das persönliche Umfeld noch verstärkt wird. Einige Mädchen und Frauen definieren sich über ihren Freund. Natürlich mag man hier sagen, dass dies bei Männern nicht anders sei, doch ganz so ist es nicht – und darüber rede ich etwas weiter unten.
Auch die Berufswahl und die Interessen werden durch die Medien beeinflusst. Es ist zwar tendenziell tatsächlich so, dass gewisse Veranlagungen bezüglich der Begabungen nicht identisch zwischen den Geschlechtern ausgeprägt ist, doch es ist ebenso nachgewiesen, dass auch Mädchen, die eigentlich eine Begabung zum Beispiel im mathematischen Bereich haben oft nicht die Leistungen bringen, die sie können, da sie davon überzeugt sind, dass „Mathe nichts für Mädchen“ sei.
Bei Männern sind es andere Dinge. Natürlich sind auch sie von Veranlagungen und entsprechenden Erwartungen betroffen – nur umgekehrt zu denen der Frauen („Wie, du bist ein Junge und willst Pädagogik studieren? Das ist doch Frauenkram!“). So haben Männer, die eben lieber Familienvater sein wollen, auch oft mit Vorurteilen zu kämpfen.
Gleichzeitig ist es allerdings so, dass gerade durch Medien Männern auch beigebracht wird, dass sie Frauen „besitzen“ können. Während es für „schlecht“ bei Frauen dargestellt wird, wenn sie ihren Freund betrügen bzw. keinen festen Freund sondern nur sexuelle Beziehungen haben, wird dies für Männer als verständlich oder gar wünschenswert (jedenfalls in einer bestimmten Altersstufe) dargestellt – etwas, wozu es zumindest in den USA ausführlichere Studien gibt. Entsprechend werden auch Verhaltensweisen, die tatsächlich sexuelle Belästigung sind, als „okay“ und „gut“ dargestellt, so dass auch ein Verständnis fehlt, was „okay“ ist und was nicht.
Natürlich werden hier einige zurecht sagen: „Das machen aber nicht nur die Medien!“ und natürlich habt ihr da Recht. Es ist ein gesellschaftliches Problem, doch haben in diesem Bereich die Medien eine Macht, die man nicht unterschätzen sollte. Denn Medien beeinflussen belegbar die Wahrnehmung der Realität – ja, sogar Fantasy-Filme oder Comics. Gerade was Rollenbilder angeht, sind Medien ein großer Einfluss und das gilt besonders für Kinder, aber dennoch auch noch für Erwachsene.
Gerade für Kinder sind entsprechende Darstellungen oftmals sehr schädlich. Denn natürlich haben Kinder zumindest im Idealfall auch im richtigen Leben Vorbilder und Rollenbilder durch Eltern, andere Verwandte oder auch Lehrer, doch sind nun einmal auch Helden und Heldinnen aus Medien immer ein Einfluss – egal wie sehr man als Elternteil auch versucht, dies zu verhindern. Und wenn diese Vorbilder zu einseitig dargestellt sind, kann dies eben auch schädlich sein, vor allem wenn es zu wenig reale Gegenbeispiele gibt. Zumal man eben auch nicht vergessen darf, dass auch reale Vorbilder wiederum von den Medien beeinflusst werden können.
Einige Leute bringen immer gerne das Argument, dass diese Darstellungen in den Medien ja nur Tendenzen der Gesellschaft reflektiert – doch auch hiergegen gibt es zwei wichtige Argumente. Zum einen die einfache Feststellung, dass es nicht stimmt, da in den Medien die wichtigsten Entscheidungen meist von älteren Männern getroffen werden, die bestimmte Vorstellungen haben und diese durchsetzen wollen. Zum anderen auch, dass dies nicht entschuldigt, da es bekannt ist, dass Gleichheit zwischen den Geschlechtern sich stabilisierend für eine Gesellschaft auswirkt, und entsprechend die Vorbildfunktion der Medien ausnutzen können, um dies positiv zu beeinflussen.
Wie es eigentlich sein sollte
Nun, bevor der eine Vorwurf mal wieder nennt, dass „die bösen Feministen ja Frauen zu Männern und Männern zu Frauen machen wollen“, sei hier noch einmal genannt, was eigentlich der Wunsch hinter all diesen vielen Worten ist: Denn es geht nicht darum, noch mehr „Strong Independent Woman“ Charaktere zu haben, die eigentlich nur Männer mit Brüsten sind. Genau so wenig geht es darum, dass Damsels in Distress von nun an nur noch männlich sein sollen.
Viel eher geht es darum, dass es eigentlich darum, dass es keine „Damselsin Distress“ mehr geben sollte. Denn eigentlich sollte kein Charakter darauf reduziert werden, dass er nur immer und immer wieder gerettet werden muss – egal welches Geschlecht er hat. Natürlich kann es durchaus sein, dass ein Charakter einmal gerettet werden muss, aber es sollte keine Charaktere geben, deren einzige Aufgabe es ist, gerettet zu werden.
Ebenso geht es darum, dass weibliche Charaktere mehr sein sollten als das, was der Held am Ende gewinnt. Das heißt nicht, dass es keine Love Interests mehr geben soll, nur dass diese eben mehr als diese eine Rolle erfüllen sollten. Dass es nicht mehr das prinzipielle Ziel des weiblichen Charakters ist, am Ende in einer Beziehung zu sein.
Und viel mehr noch geht es darum, dass schlicht und ergreifend weibliche und männliche Charaktere gleichberechtigt in den Medien dargestellt werden sollten – denn warum kann man nicht einander helfen, nur weil die Charaktere unterschiedliche Geschlechter haben? Und ebenso geht es darum, dass eben weibliche Charaktere eine Mischung von dem, was man als „männliche“ und „weibliche“ Eigenschaften bezeichnet, haben dürfen und das dasselbe für männliche Charaktere gilt, ohne dass sie dadurch gleich zum Comic Relief oder Bösewicht werden.
Und ja, natürlich geht es auch darum, dass die Reduzierung weiblicher Charaktere auf ihr äußeres enden muss und es einfach Varianz im Aussehen von weiblichen Charakteren geben muss (und dasselbe kann man durchaus zumindest zum Teil über männliche Charaktere sagen).
Vielleicht etwas positives zum Schluss
Zumindest bei den westlichen Medien muss man allerdings zugeben, dass immerhin teilweise Schritte in die richtige Richtung gemacht werden. Langsam aber sicher ist Hollywood sich zumindest des Problems bewusst und man höre und staune: Es gibt Filme, die es schaffen, viele der Probleme zu umgehen. Allen voran kann hier wieder nur Mad Max: Fury Road genannt werden, ein Film der eigentlich all diese Dinge wunderbar widerspiegelt. Und auch Filme, die den Bechdel-Test nicht schaffen, haben zumindest langsam das Feingefühl, weibliche Charaktere nicht nur als Love Interest einzusetzen. Tatsächlich sind, was das angeht, ironischerweise langsam die Action Blockbuster weiter als die künstlerisch ach so wertvollen Oscar Bait Filme oder auch die meisten Frauenfilme. Also ein kleines Hurra dafür, auch wenn sie weit davon entfernt sein, in einem Idealbereich zu sein – wenn man allein nur bedenkt, wie wenig Filme einen tatsächlich weiblichen Hauptcharakter haben.
Ja, sogar Disney hat seit neustem angefangen, ein Gespür dafür zu entwickeln, dass Frauen eventuell mehr sein können, als Barbie-Prinzesschen, die existieren, um ihren Prinzen zu heiraten (selbst wenn es sich leider nicht durch alle Medienproduktionen von Disney durchsetzt). Und gerade bei den Kinderserien der letzten Jahre gibt es tatsächlich wirklich, wirklich Varianz, was die Darstellung von weiblichen Charakteren angeht. Hier sei natürlich allen voran Steven Universe genannt, eine Serie, die beinahe vollkommen „inclusive“ ist –und das nicht nur was verschiedenste weibliche Charaktere angeht.
Kurzum: Eventuell, ja, eventuell geht es langsam in die richtige Richtung. Auch wenn die Betonung auf langsam zu liegen scheint.
Welche der genannten Probleme sind euch selbst schon einmal aufgefallen?
Gibt es einen Film/eine Serie mit weiblichen Hauptcharakter, der euch besonders gut gefallen hat?
Fällt euch ein Film/eine Serie ein, bei dem die ungleiche Verteilung der Geschlechter sehr auffällig war?
Gibt es bestimmte Arten weiblicher Charaktere, die ihr gerne öfter sehen würdet?
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