Der Wunsch meines Herzens

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    © Alexia Drael





    Ich freue mich über jeden, der sich die Zeit nimmt meine Geschichte zu lesen und natürlich auch über Feedback.
    Damit wünsche ich viel Spaß! Sollte noch etwas sein, darf man mich jederzeit anschreiben. :)


    Lieben Gruß
    Alexia Drael



    Edit:
    Das hab ich glatt vergessen: P12! Es passiert nichts, was Kinderchen nicht lesen dürfen, also alles entspannt.

  • Der Wunsch meines Herzens


    Prolog


    Wart ihr schon jemals in einer Situation, in der ihr euch entscheiden musstet und wusstet, dass es kein zurück geben würde? Eine Entscheidung, die komplett euer Leben umkrempelt und alles verändert?
    Bis vor Kurzem spielte diese Frage für mich nie eine Rolle. Über solche Dinge dachte ich nie nach, denn mein Leben war immer gut, wie es war. Ich habe nichts, worüber ich mich beklagen könnte. Zumindest dachte ich das mal. Dabei war immer alles ganz einfach. Ich brauchte nie tiefsinnig über etwas nachzudenken, denn alles kam, wie es kommen sollte. Davon mal abgesehen, brauchte ich auch nie wirklich wichtige Entscheidungen zu treffen. Die überließ ich jemand anderem, denn ich war derjenige, der folgte. Immer – und das sehr bereitwillig und vor allem sehr treu. Loyalität bedeutete für mich alles und das Vertrauen war so fest, das es für mich gar keine andere Alternative gab, als ihr zu folgen. Belohnt wurde ich mit Zuneigung und Herzensgüte.
    Dafür kämpfte ich, beschützte ich, verteidigte ich.
    Der Mittelpunkt meines Lebens war immer sie gewesen. Na gut, vielleicht nicht ganz. Denn am Anfang, als ich auf die Welt kam, war sie noch nicht da gewesen. Meine Mutter war fort, ich war allein und wurde irgendwann aufgeklaubt und mitgenommen, um bei ihr zu landen. Es war für mich kein Problem Vertrauen zu ihr aufzubauen. Es war sogar sehr einfach, weil ich zum einem noch selbst sehr klein und jung war und zum anderen auch noch nicht negativ beeinflusst gewesen war. Wenn man davon absah, dass ich mutterseelenallein in einer kargen Gegend geboren und verlassen worden war. Aber an diese Zeit erinnerte ich mich kaum noch. Es spielte für mich auch keinerlei Rolle mehr, denn ich habe ja sie.
    Und sie mich.
    Wir sind beide ein perfekt eingespieltes Team und nachdem sie mehr Vertrauen auch in den Kämpfen an sich gewonnen hatte, war es für uns keine Hürde mehr in den Kampf zu ziehen, wenn es denn sein musste. Noch Immer ist sie etwas zurückhaltend, wenn es um Kämpfe ging. Aber sie war selbstbewusster und allein das zählte.
    Ihr wollt wissen, was mit mir ist? Na, ich kämpfe! Natürlich will ich gewinnen! Es ist nicht so, dass ich absolut versessen auf Kämpfe bin. Aber ich weiche nicht zurück, wenn es darauf ankommt. Ich gebe mein Bestes, denn ich will, dass sie stolz auf mich ist!
    Auch heute noch.
    Das eigentliche Problem an der Sache war: Es hat sich vieles verändert. Die Zeit, die wir miteinander verbrachten, prägte natürlich. Sie. Mich. Beide. Wir sind ein Team und mit jedem Schritt, den wir gemeinsam taten, lernten wir uns immer besser kennen. Obwohl wir blind aufeinander vertrauten und uns beide sicher waren, dass wir den jeweils anderen sehr gut kannten, sollte es eines Tages anders kommen. Es begann … ja, mit was eigentlich? Wenn ich so darüber nachdachte, dann war es wohl der Beginn der Eifersucht. Denn je enger wir zusammen wuchsen, desto weniger wollte ich sie mit anderen teilen. Die einzige Ausnahme waren unsere Teamkollegen. Das ging für mich in Ordnung. Ich wusste, ich war für sie die Nummer Eins. Mein Platz war sicher und konnte mir niemand streitig machen. Dachte ich bis zu diesem einen Tag, der dann irgendwie alles ins Rollen brachte …





    1. Kapitel - Mein bester Freund


    »Los Arcus, noch einmal Flammenwurf!« Die Stimme schrie laut über den Platz, damit sie auch die Ohren des kämpfenden Pokémon verstehen konnten. Es war kein Problem mehr die Kommandos zu geben und sie auch zu verstehen. Natürlich hatte das alles viel Training erfordert. Nicht nur, dass sie die Angst vor Kämpfe überwunden musste, es war auch eine Frage dessen, wie gut ihre Pokémon sie eigentlich verstanden. Pokémon beherrschten nicht die menschliche Sprache. Man konnte nicht gleich ein Kommando geben und das Pokémon führte es sofort aus. Schön wär’s, wenn’s so einfach wäre! Aber dem war nun mal nicht so. Stattdessen musste man sich viel Zeit nehmen, um den Pokémon begreiflich zu machen, wie es angreifen sollte und vor allem zu welchem Zeitpunkt.
    Pokémon konnten extrem brutal sein. Sie konnten ihre Gegner zerfetzen, sie blutend zu Boden werfen, ohne dass der Verletzte sich je wieder davon erholte. Sie konnten auch das jeweils andere Pokémon als Beute betrachten und dann … Tja, dann wollte besser niemand im Kampf mit ansehen, wie das Pokémon des einen Trainers das Pokémon des anderen auffraß. Allein die Vorstellung war gruselig und es waren nur ein paar der Gründe, weshalb Louna sich lange Zeit nicht mit Kämpfen anfreunden konnte.
    Man konnte nicht sagen, dass es jetzt viel anders war. Louna brach nicht in Jubel aus, wenn jemand sie herausforderte. Sie war nicht begeistert, wenn sie andere Trainer gegeneinander kämpfen sah, die ihre Pokémon wild aufeinander hetzten, ohne Rücksicht zu nehmen. Aber sie begann auch nicht mehr vor Angst zu zittern oder sich verstecken zu wollen, wenn es hart auf hart kam. Nach wie vor versuchte sie die meisten Kämpfe zu vermeiden, doch sie hatte begriffen, dass diese Welt auf den Kampf ausgelegt war. Es spielte keine Rolle, ob die Kämpfe wegen eines rechtschaffenen Grundes ausgeführt wurden, um beispielsweise eine Verbrecherbande aufzuhalten, oder es nur zum eigenen Vergnügen getan wurde. Kampf war Kampf. Mal schlimmer und heftiger, mal auch etwas harmloser. Aber prinzipiell blieb das Risiko, dass irgendwer dabei verletzt wurde. Die eingesetzten Pokémon, die Trainer selbst sogar, ja selbst das Publikum könnte etwas abbekommen!
    Pokémon waren mächtige Wesen mit unglaublichen Fähigkeiten. Wenn eines von ihnen durchdrehte und Randale veranstaltete, konnte so viel schief laufen. So viele könnten dabei verletzt werden. Deswegen war es wichtig, dass Trainer besonders verantwortungsvoll waren. Leider konnte man das nicht von jedem behaupten.


    Ein heißer Flammenatem prallte gegen das Nidorino des anderen Trainers und er musste aufgeben. Der Kampf hatte schon eine gute Viertelstunde angedauert, doch nun hatten Arcus und sie endlich die Oberhand gewonnen und Nidorino war am Ende seiner Kräfte. Der Trainer hatte verloren und er war vernünftig genug, um nicht Nidorino noch weiter anzutreiben. Stattdessen rief er seinen Freund zurück in den Pokéball, damit er sich darin ausruhen konnte.
    Pokébälle – ein Wunder der Technik! Selbst wenn man Louna die technischen Aspekte erklären würde, wie so ein Ball aufgebaut war, würde sie vermutlich immer noch staunen und wenig begreifen können, wie ein riesengroßes Pokémon in ein so kleines Ding eingeschlossen werden konnte. Die meisten Menschen sahen den Pokéball nicht als Gefängnis an, sondern vielmehr als eine praktische Lösung, um die eigenen Gefährten mit sich zu tragen. Wichtig war jedoch dabei nach wie vor, dass die Pokémon nicht tagelang eingesperrt waren, sondern jeden Tag heraus durften, ihren Freilauf hatten und natürlich auch gefüttert wurden.
    Arcus war immer draußen. Er war Lounas erstes Pokémon gewesen. Sie hat ihn groß gezogen und liebte ihn abgöttisch. Ihr Herz hing an ihm und sie könnte sich gar nicht vorstellen, dass er nicht an ihrer Seite war. Arcus war so treu und anhänglich, dass man ihn einfach lieben musste.
    »Oh wow, ich hatte keine Chance, das gibt’s doch nicht!« Der Trainer, der gegen sie gekämpft hatte, war einige Jahre jünger. Nidoran war sein eigenes erstes Pokémon gewesen und erst vorgestern hatte es sich zu einem Nidorino weiterentwickelt. Paul, so hieß der Trainer, hatte Louna nur zufällig hier auf dem Menhir-Weg getroffen. Sie wollte nach Cromlexia. Der Professor hatte sie mal wieder gebeten eine Lieferung zu bringen, so dass sie nun in der westlichen Gegend von Kalos unterwegs war. Mittlerweile hatte sich Louna an die Reisen gewöhnt. Tatsächlich mochte sie es auch zu Fuß unterwegs zu sein, weil sie dadurch so viel mehr sehen konnte. Besonders, wenn sie wieder wilde Pokémon in ihrer natürlichen Umgebung beobachten wollte.
    »Du warst gar nicht so schlecht, aber ich muss dir auch danken, Paul«, antwortete Louna und lächelte den Jüngeren an, der vor ihr stand. Sie reichte ihm freundschaftlich die Hand. Verdutzt sah Paul sie an, ehe er sie annahm.
    »Danken, wofür?«, wollte er wissen.
    »Dafür, dass du Arcus nicht vergiftet hast!« Louna grinste über das ganze Gesicht. Pauls Wangen liefen leicht rot an und er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
    »Äh ja, keine Ursache.« Louna freute sich und die beiden verabschiedeten sich von einander und gingen ihren eigenen Weg. Paul wollte, wie viele andere Jugendliche auch, zu einem Weltbesten Pokémon-Trainer werden. Deshalb trainierte er auch fleißig, damit er schon bald seinen ersten Arenaorden gewinnen konnte. Louna, die daran kein Interesse besaß, trainierte ihre Pokémon trotzdem. Dash, ein guter Freund von ihr, hatte Recht damit, dass es besser war, wenn man die eigenen Pokémon trainierte. Es ging nicht einmal darum selbst der Stärkste zu sein, sondern darum, sich verteidigen zu können. Nicht nur gegen andere Trainer, sondern auch gegen wild lebende Pokémon. Nicht alles war so friedlich, wie der Anschein es gerne einem vormachte.
    Dass Louna sich bei Paul bedankt hatte, besaß auch einen wichtigen Grund. Vergiftung war einer der schlimmsten Zustände, die einem Pokémon (oder sogar einem Menschen) passieren konnte. Wenn man kein Gegenmittel parat hatte, konnte das durchaus tödlich enden. Deswegen hatte Louna insgeheim schon Bammel gehabt, als Paul sein Nidorino heraus geholt hatte. Aber alles war gut gegangen. Arcus ging es weitestgehend gut. Eine Vergiftung hat er nicht erleiden müssen.
    Jetzt, wo sie wieder allein waren, hockte sich Louna zu Boden. Dabei fielen ihre offenen braunen Haare nach vorn, so dass sie ganz automatisch mit einer Handbewegung sie wieder hinter die Ohren schob. Langes Haar war schön, konnte aber auch echt nervig sein. Ihren Hut hatte sie heute nicht auf. Es war dafür einfach zu warm, weshalb sie auch das kurze Kleid trug, das bis knapp über die Knie reichte und in einem sommerrosa eingefärbt war, dazu ein filigranes dezentes Blumenmuster auf dem Stoff.
    Louna streckte die Hände nach Arcus aus und strich durch sein blondes Kopffell. Sofort schloss er die Augen genießerisch, gab einen brummenden Laut der Zufriedenheit von sich und wackelte noch heftiger mit der Rute. Sein Kopf neigte sich ganz automatisch gegen ihre Hände. Doch es war nicht die Zuneigung, die Louna Arcus jetzt zukommen lassen wollte, weswegen sie sich ihm zuwandte. Nach jedem Kampf untersuchte sie ihre Pokémon ganz genau. Wie viel hatten sie abbekommen? Wie schlimm waren die Kratzer wirklich? Waren es Verletzungen, die nötig waren im Pokémon-Center behandelt werden zu lassen? Genau deswegen strich auch Louna über Arcus dunkelrotes Fell mit den vielen schwarzen Streifen. Sie untersuchte ihn, ob sie schlimmere Verletzungen finden konnte, doch bis auf ein paar Kratzer schien es nichts Ernsthaftes zu sein. Zumal Arcus sich so sehr dem Streicheln hingab, dass er anscheinend tatsächlich nicht beeinträchtigt wurde von Schmerz oder allgemein den oberflächlichen Verletzungen.
    »Na, dir scheint es gut zu gehen.« Vergnügt lächelte Louna und sah dabei zu, wie sich Arcus vor ihren Füßen auf den Boden hinlegte und nur noch mehr nach Zuwendung bettelte und diese auch bekam und genoss.
    »Du bist so ein Schmusemauzi!«, lachte Louna. Mal ehrlich, wäre Arcus als Mauzi auf die Welt gekommen, würde er vermutlich die ganze Zeit ihr die Ohren voll schnurren.
    Nachdem sie ihn untersucht hatte und ihm auch ausführlich verwöhnt hatte, erhob sich Louna wieder. Es wurde Zeit weiter zu gehen. Noch war der Tag jung genug, so dass sie einige Kilometer weit laufen konnten. Doch trotz, dass sie bereits auch schon einiges gestern an Strecke zurückgelegt hatten, konnte sie noch immer bis hier hin den salzigen Duft des Meeres riechen.
    Arcus war nicht so begeistert von den Wassermassen gewesen, weswegen er auch nur sehr ungern am Strand von Relievera City mit Louna entlang spaziert war. Ein Feuer-Pokémon mochte nun mal einfach kein Wasser, egal ob salzig oder süß. Louna hingegen hatte es gefallen. Der Blick hinaus aufs Meer war einfach atemberaubend. Besonders wenn die Sonne dabei unterging. So einen Anblick hatten sie hier nun nicht mehr. Stattdessen gab es auf dieser Route viele Bäume und vor allem saftige Wiesen mit hohem Gras. Das beeindruckendste waren allerdings die Steinformationen, die hier überall verteilt worden waren. Louna kannte dazu die Geschichte nicht. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass die Felsen durch einen natürlichen Ursprung in dieser Gegend entstanden waren. Doch welchen Zweck sie womöglich für eine menschliche Kultur erfüllt hatten, war ihr genauso ein Rätsel.
    Mit ihrem Fukano an ihrer Seite ging sie bereits weiter. Einen Weg direkt unter ihren Füßen gab es auch nicht mehr. Sie mussten durch die weiten Wiesenfelder oder auch teilweise durch bewaldetes Gebiet, damit sie Cromlexia irgendwann erreichten. Louna glaubte nicht, dass sie heute noch ankommen würden. Dafür war der Weg zu weit. Aber das störte sie nicht. Sie ging gern gemütlich, vor allem wenn sie die Chance hatte wilde Pokémon zu beobachten.
    »Ich glaube, Soul hatte mal erwähnt, dass es in diesem Gebiet Evolis geben soll.« Für Louna war das auf jeden Fall interessant, da sie selbst eines hatte. Zwar kein wildgefangenes Evoli, aber sie hatte damals von ihrer Nachbarin in Illumina City ein junges Evoli bekommen. Grund war der, dass das Psiana-Paar, welches ihre Nachbarin besaß, Junge zur Welt gebracht hatte. Die Evolis waren sehr goldig gewesen und obwohl Louna damals eher zurückhaltend und skeptisch gewesen war, war sie insgeheim auch sehr froh darüber, dass sie nun Chiari hatte. Sie mochte die Kleine nach wie vor, weil sie so drollig war.
    Arcus gab einen Laut von sich. Zuerst dachte Louna tatsächlich, dass er auf ihre Gedankengänge eingehen wollte, aber daran lag es wohl kaum. Arcus hatte etwas entdeckt und war schon einige Schritte weiter voraus geeilt. Louna folgte ihm und fand sich kurz darauf hinter einem Busch hocken, über den sie hinweg sah. Arcus Aufmerksamkeit entging nichts! Vielleicht hatte er doch ihre Gedanken gelesen und hatte sie nun einfach darauf aufmerksam machen wollen, dass sie näher am Ziel ihrer Begierde war, als ihr selbst aufgefallen war? Was es auch war, Louna konnte sich sehr glücklich schätzen als sie das spielende Evoli-Pärchen entdeckte, das nur einige Meter weiter entfernt über eine kleine Lichtung tollte. Die beiden Pokémon schienen wenig auf ihre Umgebung zu achten und fühlten sich demnach sicher. Das gab Louna die Gelegenheit diese einmalige Pokémon in freier Wildbahn zu beobachten. Sofort schlug ihr Herz höher. Einmal vor Aufregung, aber auch weil der Anblick sehr entzückend war. Evolis waren selten. Anscheinend gab es nur hier in Kalos wirklich frei lebende Exemplare. Dash hatte ihr jedenfalls erzählt, dass es in Kanto, wo er ursprünglich herkam, diese nicht gab. Nur durch Zuchten wurden sie in Kanto verbreitet. Auch in Johto oder Einall hatte er nichts von wilden Evolis gehört. Obwohl diese Pokémonart extrem anpassungsfähig und wandelbar waren, schienen sie auf der roten Liste zu stehen.
    Natürlich hatte sich Louna intensiver damit auseinander gesetzt, nachdem sie Chiari bekommen hatte. Sie hatte zuerst einmal nur sich darüber informieren wollen in welche Formen sich Evolis entwickeln konnten. Als sie aber von diesen etlichen Möglichkeiten etwas erfahren hatte, war es für sie kaum zu glauben gewesen, dass Evolis kaum in der feien Wildbahn vorhanden sein sollten. Das eine hatte zum anderen geführt und so hatte sie schlussendlich vom Professor, aus Büchern und durch Erzählungen anderer davon erfahren, dass in den vergangenen Jahrhunderten Evolis unter den Mensch immer sehr beliebt gewesen waren. So sehr, dass sie regelrecht gejagt wurden und im Freien fast ausgestorben waren. Evolis waren nicht nur sehr süß und zauberhaft für die meisten, sondern auch wahre Exoten. Sie konnten sich zu zahlreichen Formen weiter entwickeln, immer abhängig davon, welchen Einflüssen sie erlegen waren. Es gab verschiedene Steine, die eine seltsame Wirkung auf Pokémon ausübten. Einige von ihnen sorgten dafür, dass sich die Evolis auch weiter entwickelten. Selbst die Tages- oder Nachtzeit schien eine bedeutende Rolle zu spielen! Louna fand das alles sehr faszinierend. Wären Evoli viel weiter verbreitet, würde man vermutlich auch in der freien Wildbahn manche Entwicklungen davon entdecken können. Doch da diese Art nur so selten vorkam, war es beinahe ausgeschlossen auf wilde Entwicklungen zu treffen. Wenn man das genau betrachtete, war das sehr schade. Evolis waren so anpassungsfähig, sie könnten über der ganzen Welt weit verbreitet sein! Bevor Louna sich noch mehr in ihren Gedankengängen verstricken konnte, holte sie ihre kleine Kamera aus ihrer Tasche hervor und machte ein paar Fotos von dem spielenden Paar auf der Lichtung vor ihr. Ohne Blitz. Sie wollte nicht, dass die Pokémon dadurch aufmerksam auf sie wurden und möglicherweise die Flucht ergriffen.
    Es war herrlich mit anzusehen, wie gelassen sie waren und wie viel Spaß sie auch hatten. Das linke Evoli, was nur wenige Zentimeter größer als das andere war, sprang das Kleinere an und zusammen rollten sie über die Wiese. Das Kleinere kam dadurch am Boden und unter dem Größeren zum Liegen, doch das ließ es sich nicht gefallen. Es fiepste auf, drückte das andere weg und rannte weiter. Sofort setzte das zweite Evoli zur Verfolgung an und die beiden liefen in einem großen Kreis über die Lichtung. Louna grinste. Wenn sie solche Beobachtungen machen durfte, dann war es ihr egal, wann sie ihr eigentliches Ziel erreichte. Die Lieferung konnte warten! Der Professor hatte Verständnis dafür, das wusste sie. Schließlich würde er sich solch eine seltene Gelegenheit der Beobachtung auch nicht durch die Lappen gehen lassen wollen. Louna überlegte bereits, ob sie ihr eigenes Evoli aus dem Pokéball holen sollte. Arcus saß neben ihr und war ganz still. Aber auch ihm konnte sie ansehen, wie er gern den anderen Pokémon näher kommen wollte. Sollte sie also Chiari heraus holen? Kontakt zu wilden Evolis – das könnte sehr interessant werden, nicht? Louna entschied sich dafür. Sie brüllte nicht laut herum wie es andere Trainer gerne taten, sondern entließ Chiari leise aus ihrem Ball.
    Goldig war es immer noch anzusehen. Mit den großen schwarzen Kulleraugen und dem Halsband, was es dazu auswies einem Trainer zu gehören.
    »Schau mal, Chiari.« Sie deutete hinter dem Busch zu den anderen Evolis auf der Lichtung. Damit Chiari sie auch wirklich sah und die Aufmerksamkeit auf jene lenkte, nahm sie die Kleine in die Hände und hielt sie ein wenig höher. Die Gefahr war dabei gegeben, dass die wilden Evolis sie sahen, aber die waren immer noch so sehr in ihrem Spiel vertieft, dass sie nicht bemerkten, dass sie beobachtet wurden. Als Chiari die anderen Evolis auch entdeckte, wackelte sie aufgeregt mit den Beinchen und gab ein sehnsuchtsvolles Fiepen von sich. Louna setzte sie wieder auf den Boden ab und es dauerte keine Minute länger, da lief bereits Chiari los, um sich neugierig den anderen Evolis zu nähern. Dabei war Chiari am Ende doch zurückhaltend und vorsichtig. Sie sprang die anderen Evolis nicht an, sondern hielt sich eher geduckt und streckte den Kopf nach vorne, um mit der Nase Witterung aufzunehmen. Konnte sie sich den anderen beiden so einfach nähern? Die beiden wilden Evolis wurden nun aufmerksam auf das neu dazugekommene Evoli und sahen es ebenfalls neugierig, aber zurückhaltend an. Ein Konkurrent? Ein Evoli aus einem anderen Rudel? Louna war verzückt davon zu beobachten, wie vorsichtig die drei Pokémon sich beäugten, beschnüffelten und langsam sich kennen lernten. Sie nahmen sich Zeit, um die Situation richtig einzuschätzen, zu überprüfen, ob man dem jeweils anderen vertrauen konnte.
    Nachdem der erste Moment überwunden war, beugte sich Chiari ein wenig nach unten. Sie fiepste und forderte die beiden anderen Evolis dazu auf mit ihr zu spielen. Dabei machte sie ruckartige Bewegungen, bei denen sie immer wieder stehen blieb, abwartete und wieder aufforderte. Louna beobachtete das weiter und legte eine Hand auf Arcus Nacken. Sie wusste, dass ihr Fukano am liebsten los preschen wollte, aber er blieb trotzdem brav neben ihr sitzen. Er war so gut erzogen, dass sie kaum glauben mochte, dass es ihr Verdienst war. Ihre goldbraunen Augen huschten zurück zu den Evolis, die mittlerweile damit begonnen hatten gemeinsam über die Lichtung zu laufen. Noch war alles mit einer unterschwelligen Vorsicht. Sie sprangen sich nicht gegenseitig an und rollten über die Lichtung, aber sie freundeten sich schon an. Den Eindruck hatte Louna, die glücklich dem Schauspiel zu sah. Sie wollte es nicht unterbrechen, indem sie aus ihrer Deckung wieder hervor kam. Deswegen hockte sie noch immer hinter dem Busch. Doch ewig würde sie das nicht können. Besonders dann nicht, als sie sah wie die Evolis sich immer mehr von ihr entfernten. Das Herumtollen war schön und gut, aber Chiari sollte auch nicht weg laufen. Als hätte es gereicht nur daran zu denken, musste Louna mit ansehen, wie Chiari und die beiden anderen Evolis zwischen den Büschen auf der anderen Seite der Lichtung verschwanden.
    »Oh nein!« Musste sie sich jetzt Sorgen machen? Eigentlich schon! Louna erhob sich, kam aus ihrer Deckung und lief augenblicklich über die Lichtung. Arcus war dabei natürlich die ganze Zeit an ihrer Seite. Bevor sie jedoch die andere Seite erreichen konnte, tauchte ein Pokémon wieder auf. Was hieß »wieder«? Es war kein Evoli! Oder doch? Louna blinzelte verwirrt. Gab es hier Donnersteine, die zu einer Entwicklung führten und … ?
    »Ah!« Wenn sich nun ihr Evoli plötzlich weiter entwickelt hat! Sie hatte es nicht vorgehabt, es so schnell dazu kommen zu lassen. Der Schreck saß tief, doch sie sollte sich selbst für den Panikausbruch schelten. Denn beim genaueren Hinsehen gab es kein Halsband, welches Chiari getragen hatte. Im Gegenteil! Es war ein Halstuch!
    »Moment mal!« Wie doof war sie eigentlich? Sie hockte sich zu Boden und betrachtete sich das aufgetauchte Pokémon genauer. Es hatte dunkelblondes Fell, das je nach elektrischer Ladung auch ordentlich in alle Richtungen abstehen konnte. Momentan lag es glatt am schlanken kräftigen Körper an. Man sah deutlich die Ähnlichkeit zu einem Evoli, aber ein Blitza war nun mal die Weiterentwicklung und daher auch um einiges größer. Nur woher kam dieses Pokémon? Zielstrebig und ohne scheu kam das Blitza auf sie zu. Es gab eine Art Schnurren von sich. Die schwarzen Augen blickten sie vertraut an und Louna runzelte die Stirn. Konnte es sein, dass sie es kannte?
    »Du kommst mir schon bekannt vor, aber … ach du Sch … ! Raku!« Sie hatte heute wirklich eine lange Leitung, nicht wahr? Auf dem Namen »Raku!« reagierte das Pokémon sofort, stellte die langen Ohren auf und blickte sie erwartungsvoll an. Natürlich war das hier Raku! Dash hatte seinem Blitza dieses blau-schwarz karierte Halstuch umgebunden.
    »Meine Güte, woher kommst du denn auf einmal? Und ist Dash auch in der Nähe?« Louna sah auf und sich um. Das sie eigentlich Chiari hinterher laufen wollte, damit diese ihr nicht davon lief, schien sie für diesen Augenblick vergessen zu haben. Nur von Dash war gerade auch nichts zu sehen, oder?
    »Bist du etwa allein hier?«, fragte sie Raku, obwohl sie wusste, dass Pokémon nicht auf ihre Worte antworten konnten. Was macht sie denn jetzt nur?



  • 2. Kapitel - Knurrende Eifersucht



    Chiari war verschwunden, dafür war Raku an ihrer Seite. Nur war Dash, Rakus Trainer, nirgendwo zu sehen. Das war doch verrückt! Hier ging einiges schief, doch bevor Louna noch länger in der Gegend herum stand und sich den Kopf zerbrach, setzte sie sich lieber in Bewegung. Sie musste Chiari finden, ihr Evoli! Wenn es ihr jetzt tatsächlich entlaufen war, würde sie sich das niemals verzeihen. Hatte sie am Ende zu viel Vertrauen in ihre Verbindung gesetzt? Chiari besaß sie nicht erst seit gestern und das Training mit ihr verlief in Lounas Augen sehr gut. Doch würde dieses Pokémon einfach weg laufen, wenn es die Gelegenheit dafür hatte? Louna biss sich auf die Unterlippe und machte sich schreckliche Sorgen.
    »Chiari!«, rief sie durch den ganzen Wald, in der stillen Hoffnung, dass ihr Evoli auf seinen Namen reagierte und ihrem Rufen folgte. Bisher gab es keine Reaktion darauf. Je länger Louna wartete, je länger sie durch den Wald irrte und nach ihrem Pokémon suchte, desto größer wurde die Befürchtung, dass sie ihr Pokémon verloren hatte.
    Raku, das Blitza von Dash, war immer noch an ihrer Seite. Wie Arcus auch, folgte das Elektro-Pokémon ihr. Hatte Raku vielleicht seinen Trainer aus den Augen verloren und könnte es sein, dass Dash derzeit ebenso nach Raku suchte, wie sie nach Chiari? Louna schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken neu zu ordnen. Sie hatte keine Zeit für solche Überlegungen. Erst musste sie Chiari wieder finden! Immer wieder rief sie nach ihrem Evoli ohne erfolgreiche Aussichten zu haben. Wenn sie nur etwas hätte, womit Arcus die Fährte aufnehmen könnte.
    »Der Pokéball!« Noch während sie den Einfall aussprach, holte sie Chiaris Ball hervor und ließ Arcus daran schnüffeln. Das Fukano schnupperte ausgiebig daran und begriff, was Louna von ihm wollte. Arcus Kopf neigte sich gen Boden und er tapste ein wenig hierhin, ein wenig dorthin, um den Geruch zu finden, den Louna ihm vorgegeben hatte. Arcus kannte nur zu gut den Duft des Evolis. Schließlich lebte Chiari schon eine ganze Weile bei Louna. Ihr blieb nun nichts anderes übrig, als Vertrauen in Arcus Fähigkeiten zu setzen Chiari wieder zu finden. Raku, der neben ihren Füßen auf dem Boden saß, gähnte, als würde es ihn langweilen Arcus dabei zu beobachten, wie er die Fährte suchte und aufnahm. Irgendwann schien Arcus Erfolg und eine Spur gefunden zu haben, so dass sie sich weiter durch den Wald bewegten. Louna hielt ihre Augen und Ohren offen, ob ihr Evoli irgendwo zu sehen war, doch egal an wie vielen Büschen und Bäumen sie vorbei kam, sie entdeckte ihr Pokémon einfach nirgendwo. Ist es wirklich weg gelaufen? Sie wollte sich gar nicht damit abfinden!
    »Arcus«, rief sie ihr Pokémon, doch da raschelte es rechts, nicht unweit von ihr, im Gebüsch. Ein wildes Pokémon?
    »Chiari?« Natürlich hoffte sie, dass es ihr Evoli war, aber statt eines Pokémon kam ein Mensch hervor.
    »Dash!« Der junge Mann mit den kurzen blonden Haaren und den braunen Augen wirkte genauso überrascht sie zu sehen, wie sie ihn. Wobei Louna eigentlich sich nicht wundern durfte, da Raku bei ihr war, hätte sie sich denken müssen, dass früher oder später Dash auftauchte.
    »Oh Lou, was machst du denn hier?« Dash kam hinter den Büschen hervor und auf sie zu. Dadurch konnte Louna noch viel besser erkennen, dass ein paar Blätter der Bäume sich in seinem Haar und seiner Kleidung verfangen hatten. Sie konnte nicht anders und lächelte, um dann sogleich damit zu beginnen ihn von der Natur zu befreien.
    »Wo bist du denn entlang gerobbt?«, fragte sie und grinste ihn an.
    »Das ist eine längere Geschichte. Äh, du hast nicht zufällig Raku gesehen? Der müsste sich hier irgendwo herum treiben.«
    »Er ist doch gleich … ? Ah!« Louna wollte sagen, dass Raku genau neben ihr war und Dash einfach die Augen auf machen musste, aber als sie neben sich zu Boden sah, konnte sie Raku nirgendwo entdecken.
    »Was? Er war eben noch hier gewesen!« Das war wie verhext! Wieso war Raku auf einmal weg?
    »Tatsächlich?«, fragte Dash leicht skeptisch nach. Louna warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, als wollte sie von ihm, dass er sie nicht für blöd hielt.
    »Natürlich! Raku war in dem Moment aufgetaucht, als Chiari weg war.« Was für sich schon sehr merkwürdig war.
    »Hä? Chiari ist weg? Wieso das?«, wollte Dash wissen und wirkte verwirrt. Louna seufzte und erklärte ihm, was die letzte halbe Stunde passiert war. Das sie zwei Evolis beobachtet und Chiari mit ihnen Kontakt aufgenommen hatte. Und dann waren sie verschwunden.
    »Mhm, verstehe.« Nachdenklich kratzte sich Dash über das stoppelige Kinn. Wenn man eine Weile in der Wildnis unterwegs war, kam man nicht dazu sich zu rasieren.
    »Sieht ganz so aus, als müssten wir die beiden suchen. Aber es ist schon ziemlich cool, dass es hier wilde Evolis geben soll.« Dash hatte ihr einmal erzählt, dass es in Kanto keine Evolis gab. War das der Grund, weshalb er sich in dieser Gegend herum trieb?
    »Oh man, ich hätte besser aufpassen sollen.« Louna seufzte frustriert auf. Das Chiari und Raku weg waren, ärgerte sie immer mehr.
    »Mach dir nichts draus, den beiden passiert schon nichts.«
    »Du bist ein so unverbesserlicher Optimist!«, antwortete sie ihm und erntete ein bubenhaftes Grinsen.
    »Du weißt doch, wie ich bin. Außerdem bringt es uns gar nichts, sich jetzt Sorgen zu machen oder in Panik auszubrechen.« Da musste Louna ihm Recht geben. Sie beide sollten einfach weiter suchen, bis sie ihre Pokémon gefunden haben. Arcus war derjenige, der das Gespräch am Ende unterbrach, denn er bellte auf. Hatte er etwas gefunden? Louna drehte sich sofort zu ihm um und erkannte, dass ihr Fukano bereits dabei war los zu laufen. Sofort eilte sie ihm hinterher, dicht gefolgt von Dash.



    »Fiiu?« Ein zaghaftes Fiepen kam aus der zarten Kehle. Verunsichert und orientierungslos, wo es denn nun war, hockte es am Boden. Die beiden anderen hatte es aus den Augen verloren und jetzt war es ganz allein. Das Ohr mit der weißen Spitze zuckte nach hinten, als es ein Geräusch wahrnahm. Kurz darauf sprang es auf die Pfötchen und duckte sich. Kam da jemand oder etwas auf sie zu? Chiari blickte mit Anspannung in die Richtung, aus der sie das Geräusch gehört hatte. Als aber nichts weiter passierte, fiepte sie noch einmal auf. War da wer? Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis hinter einem Baum ein bekanntes Pokémon auftauchte. Chiaris Ohren streckten sich in die Höhe und aus der Kehle kamen erneut helle Töne. Mit relativ schnellen Schritten kam das Blitza auf Chiari zu und blieb vor ihr stehen. Er beschnüffelte und erkannte sie, so wie Chiari auch Raku erkannte. Dann fiepte sie noch einmal auf, ließ die Öhrchen hängen und duckte sich wieder ein wenig. Gegenüber Blitzas Dominanz zog sie lieber den Schwanz ein, doch Raku war nicht hier, um Chiari zu unterwerfen oder sie anderweitig zu ärgern. Im Gegenteil. Behutsam packte er Chiari im Nacken. Da das Evoli sehr viel kleiner als das Blitza war, stellte es keine Probleme dar, Chiari aufzuklauben und mit sich zu nehmen. Chiari ließ sich tragen. Es war die Erinnerung an ihre Eltern, die sie auch so getragen hatten. Damals, als sie noch in Illumina City gelebt hatte, wo sie bei einem Psiana-Paar geboren worden war.
    Pokémon konnten zwar nicht direkt die menschliche Sprache verstehen, aber ganz dumm waren sie auch nicht. Raku handelte hier aus Instinkt. Als er den Geruch von Chiari wahrgenommen hatte, war er diesem gefolgt und damit Arcus zuvor gekommen. Es war womöglich auch das Interesse an der eigenen Art, weshalb das Blitza nicht hatte an sich halten können und deshalb der Fährte gefolgt war, bis er Chiari erreicht hatte. Da ihm dieses Pokémon mehr als bekannt und auch vertraut war, nahm er es nun einfach mit. Vor allem weil Chiari nach Vertrautheit gerufen hatte. Der Ruf nach den Eltern, nach Sicherheit. Das hatte in Raku den Instinkt geweckt sich für dieses Pokémon verantwortlich zu fühlen und es dorthin zu bringen, wo sein Trainer war. Denn Raku war schon seit mehreren Jahren Dashs Pokémon und daher nicht nur erfahren, sondern auch treu zu seinem Trainer. Er würde nie auf die Idee kommen tatsächlich wegzulaufen. Schließlich stellte auch der Trainer für seine Pokémon die Familie dar, das Vertrauen und die Geborgenheit. Der Trainer kümmerte sich um seine Pokémon, gab ihnen zu essen, trainierte sie und war im Prinzip der Anführer. Der Rudelführer, wenn man es von der Seite betrachten wollte. Natürlich alles unter der Voraussetzung, dass der Trainer auch was dafür geleistet hatte, fähig war sich durchzusetzen und seine Pokémon gezähmt hatte, besonders wenn es sich um wild gefangene Exemplare handelte.
    Raku lief zurück, wo er die anderen abgehängt hatte. Dabei kam Arcus und kurz darauf die anderen ihm entgegen. Dash, der sein Blitza sofort erkannte, rief nach ihm. Rakus Ohren zuckten bei dem Ruf und in ihm wurde eine freudige Aufregung ausgelöst. So schnell er konnte, lief er zu den beiden Trainern. Louna hockte sich sofort zu Boden und nahm Chiari entgegen und hielt die Kleine fest in ihren Armen.
    »Chiari! Wo hast du dich nur herum getrieben?« Louna war erleichtert, dass sie ihr Evoli wieder zurück hatte. Eben jenes schmiegte sich in ihre Arme und schnurrte genüsslich. Jetzt war alles gut. Dash lächelte und hockte sich hin, um über Rakus Kopf zu tätscheln.
    »Das hast du gut gemacht, Kumpel.« Auch Raku schnurrte auf und setzte sich zu Dashs Füßen. Sie hatten ihre Pokémon wieder, nur darauf kam es an.



    Ernsthaft jetzt? Raku ist mir zuvor gekommen. Ich kann nicht behaupten, dass ich besonders glücklich über diese Tatsache bin. Eigentlich hätte ich der Held sein müssen mit meiner superdupermegageruchsaufnehmenden Nase! Ich hätte Chiari finden und sie zurück zu Louna bringen müssen. Doch stattdessen war es nun dieses Blitza, das geherzt und getätschelt wurde. Nicht nur von seinem eigenen Trainer, sondern auch von Louna. Verdammt! So toll ist Raku nun wirklich nicht, hmpf! Als wenn das noch nicht genug wäre, warf mir Raku einen selbstgefälligen Blick zu, der mich dazu veranlasste ein Knurren auszustoßen. Louna und Dash nahmen es gar nicht wahr. Sie waren froh, dass alle wieder beisammen waren.
    Apropos! Zusammen war ja schön und gut, aber warum war der Typ überhaupt hier? Was wollte der? Mein Blick wanderte zu dem anderen Trainer. Er sprach sich mit Louna ab, wohin sie gehen wollten. Die nächstgelegene Stadt schien wohl noch zu weit weg zu sein, als das wir sie sofort erreichen konnten. Soll mir egal sein. Louna und ich schliefen nicht zum ersten Mal unter freiem Himmel. Die sternenklare Nacht war mitunter echt beeindruckend. Besonders, wenn ihre Hand durch mein Fell kraulte … Aber das waren zweisame Momente, wo der da beileibe nichts verloren hatte.
    Chiari fiepte erneut auf und wirkte ziemlich glücklich. An ihrer Stelle wäre ich das auch, schließlich wurde sie von Louna weiterhin getragen und gekrault. Manchmal wäre ich auch gern noch ein Welpe, dann würde ich vermutlich auch so verwöhnt werden. Aber Chiari gönnte ich es.
    »Komm, Arcus!«, hörte ich Louna sagen und folgte ihr sogleich. Egal wohin es ging, ich würde ihr überall hin folgen. Es spielte keine Rolle, was das Ziel war. Wichtig war der Weg, den wir gemeinsam gingen. Auch wenn ich immer noch der Meinung war, dass der andere Trainer nicht dabei sein musste. Mal ehrlich, warum rückte er ihr so auf die Pelle? Hier war ja wohl Platz genug! Musste er so nahe neben ihr gehen? Pah, und nun legte er noch seine Hand auf ihren Arm. Ich konnte nicht verhindern, dass das Knurren in meiner Kehle zu hören war. Doch keiner beachtete mich. Louna und Dash waren zu sehr in ihr Gespräch vertieft, als dass sie auf meine Äußerung reagierten. Mir sträubte sich das Nackenfell, besonders als Dash irgendwas sagte, was Lounas Wangen rot werden ließen. Sie lachte und lächelte ihn so lieb an, dass sich meine Krallen in den lockeren Waldboden bohrten. Was wäre wohl, wenn ich ihm einfach mein Feuer entgegen schleuderte, um ihn auf Abstand zu halten? Allerdings würde dann Louna mit mir bestimmt schimpfen. Sie war jemand, die sich gern mit allen gut stellen wollte. Da gehörte es sich nicht, dass ihre Pokémon einfach andere Leute angriffen. Oh, wie gern würde ich ihm entgegen treten und … !
    Meine Ohren zuckten, als ich ein anderes Geräusch hörte. Ich schien der einzige zu sein, der es wahrnahm und stehen blieb. Die anderen gingen weiter. Meiner Eingebung folgend, drehte ich den Kopf zurück und konnte zwischen den einzelnen Farnen ein anderes Pokémon erkennen. Es schien uns zu beobachten. Oder sah es mich direkt an? Nachdenklich starrte ich einfach nur zurück. Das fremde Pokémon war ziemlich klein. Ein Wunder, dass ich es sehen konnte. Doch die rote Blume, auf dem dieses Pokémon saß, fiel deutlich auf zwischen all dem ganzen Grün drum herum. Ich war nicht sicher, ob ich so ein Pokémon schon mal gesehen hatte. Irgendwie kam es mir bekannt vor. Andererseits wirkte es auf eine seltsame Art und Weise anders als alle anderen Pokémon, die ich jemals begegnet war. Irgendwie irritierte mich das und Louna musste mich erst rufen, ehe ich mich vom Anblick los lösen konnte, um weiter zu gehen, damit ich die anderen nicht aus den Augen verlor. Ich lief ein paar Schritte weiter, drehte mich dann aber noch einmal um. Das kleine Pokémon war schon nicht mehr zu sehen. Ich schüttelte den Kopf. In diesem Wald gab es genug Bewohner, vermutlich war es nur neugierig gewesen. Um nicht doch noch die anderen zu verlieren, beeilte ich mich wieder an Lounas Seite zu gelangen. Doch der Frust kam schlagartig zurück, als ich sah, dass Dash immer noch sehr nahe neben ihr stand. Mir reichte es und ich quetschte mich einfach provokativ zwischen ihre Beine, so dass Dash nichts anderes übrig blieb, als ein bisschen Abstand zu nehmen. Fragend blickte er zu mir hinab, ging aber nicht weiter darauf ein. Sein Glück! Ich könnte ihn auch einfach beißen. Als Warnung versteht sich. Aber jetzt klebte er wenigstens erst einmal nicht mehr so nah an Louna. Das war ein Erfolg und ich hob meinen Kopf stolz und lief weiter neben Louna her. So!



    Cromlexia war noch zu weit weg, weswegen sich Dash und Louna dazu entschlossen im Wald zu übernachten. Etwas anderes blieb ihnen gar nicht übrig. Obwohl sie schon jetzt seit Stunden gemeinsam unterwegs waren, würden sie vor dem nächsten Morgen die Stadt nicht erreichen.
    »Jetzt erzähl doch mal, warum bist du in dieser Gegend?«, wollte Louna endlich von Dash wissen. Jetzt, wo sie sich keine Sorgen mehr um vermisste Pokémon machen musste, konnte sie sich um andere Dinge kümmern. Beispielsweise ihre Neugier befriedigen. Dash lachte leichthin auf, als er die Frage hörte.
    »Mein eigentliches Ziel war das Gebiet rund um der Leuchthöhle von Petrophia. Ich hab gehört, dass es dort Dedenne gibt und wollte mich umschauen. Vielleicht hätte ich mir auch eines gefangen.« Dash zuckte mit den Schultern. Ob er ein Dedenne tatsächlich gefangen hätte, hätte er spontan entschieden.
    »Aber?«, hackte Louna nach.
    »Aber?«, fragte Dash selbst.
    »Du wolltest nach Petrophia, scheinst dort aber offensichtlich nicht angekommen zu sein. Warum? Was ist passiert?«, wollte Louna wissen und ließ Dash nicht so einfach mit der Erklärung entkommen.
    »Ja, also das war … ähm … « Auf einmal druckste Dash herum und sah sie nicht mehr direkt an. Was war jetzt los?
    »Jaaaa?« Louna war ganz Ohr und wollte es unbedingt wissen. Erst recht, wo sie sah, dass Dash verlegen wurde.
    »Nun ja, es gab einen Zwischenfall am Strand von Relievera City. Irgend eine Bande hat dort Stunk gemacht und dann ähm … tja also dann bin ich denen nach und hab mich verlaufen. Haha, irgendwie hab ich nicht gemerkt, dass ich nach Norden statt nach Süden gelaufen bin.«
    Louna starrte Dash lange an ohne etwas zu sagen. Was ihn gleich nur noch verlegener machte, aber Dash räusperte sich und versuchte die Blamage hinunter zu schlucken.
    »Du hast dich also tatsächlich verlaufen?“ Natürlich ging Louna darauf ein. Für sie wäre das nicht mal unüblich eine falsche Abzweigung zu nehmen oder woanders raus zu kommen, als sie eigentlich wollte. Ihr Orientierungssinn war fürchterlich. Aber Dash? Nicht nur, dass er bezüglich Reisen mehr Erfahrung besaß, er war sogar recht stolz auf seine Orientierung. Deswegen war es ihm auch so peinlich, dass er nicht bemerkt hatte, wie er in die falsche Richtung gelaufen war.
    »Und ich dachte, du verläufst dich nicht.« Hat er selbst immer behauptet!
    »Äh ja, normalerweise tue ich das auch nicht, ehrlich! Aber da waren diese Typen und … !«
    »Ah, jetzt willst du dich auch noch herausreden, so so«, neckte Louna ihn und fing an zu grinsen.
    »Graaah!« Dash verschränkte die Arme vor der Brust und sah pikiert drein. Louna fing an zu lachen. Böse meinte sie es nicht, im Gegenteil. Es war sogar mal sehr erfrischend, dass Dash, der als Trainer für sie eine Art Mentor (und auch ein bisschen Idol) war, auch mal Fehler machte.
    »Tja, aber was Gutes hatte der Umweg auch!«, meinte Dash und Louna sah fragend drein.
    »Ach ja? Was denn?« Ehe sie sich versah, legte Dash bereits seinen Arm um ihre Schultern und war ihr damit wieder sehr viel näher.
    »Na, ich habe dich wieder gefunden, ist doch super!« Er lächelte über das ganze Gesicht, was sehr ansteckend war. Im nächsten Moment sah aber nicht nur Dash sehr überrascht drein, sondern auch Louna, als Dash einen Satz zurück machte. Mit einem tiefen Knurren hatte Arcus Dash in das Hosenbein gebissen, was ihn einerseits erschreckt, zum anderen dazu gebracht hatte zurück zu weichen. Daher hatte Dash seinen Arm wieder zurück gezogen und sah nun mit großen Augen runter zu Arcus, der immer noch mit gesträubtem Fell da stand und die Lefzen nach oben zog.
    »Whowhowhow, was hat denn Arcus? Hat der heute irgendwie schlechte Laune oder so?« Dash hatte nie das Gefühl gehabt, das Arcus was gegen ihn hatte oder er mit dem Fukano nicht klar kam. Aber heute schien das anders zu sein, oder? Der Bissangriff war auch nicht als Spielaufforderung zu verstehen. So wie Arcus wirkte, war er wirklich mies gelaunt. Louna, die das selbst nicht ganz begreifen konnte, ging in die Knie und sah Arcus ernst an.
    »Hey, du darfst doch Dash nicht einfach angreifen!« Ihre Stimme war ernster, mahnender. Ihre Augen fixierten Arcus und er zog den Kopf etwas ein. Er verstand, dass sie nicht mit seinem Handeln einverstanden war.
    Aber wenn er dir so auf die Pelle rückt!
    Wenigstens war es nur der Stoff der Hose gewesen und nicht das Bein selbst. Dash war nicht verletzt, vielleicht nur ein bisschen in seinem Stolz, aber eigentlich machte er sich nichts weiter daraus. Er war guter Dinge und davon überzeugt, dass Arcus sich wieder beruhigte.
    »Wie wär’s, wenn wir hier unser Nachtlager aufschlagen? Die Sonne ist fast vollständig untergegangen«, schlug Dash vor, um auch das Thema zu wechseln. Louna stimmte ihm zu. Im Wald würden sie kaum einen anderen Ort finden, der besser wäre. Überall waren Bäume, Sträucher und noch mehr Bäume. Einen wirklichen Unterschlupf zu finden, war so gut wie aussichtslos. Aber solange es nicht regnete, würde das ihr nichts ausmachen. Sie hatte wie immer ihren Schlafsack dabei und mit Hilfe von Arcus war es kein Problem schnell ein Lagerfeuer zu entfachen, kaum dass sie Holz zusammen getragen hatten.
    »Es ist schon länger her, dass wir so beisammen saßen, was?«, sagte Dash und erinnerte sich an einige Male, als er mit Louna am Anfang unterwegs gewesen war. Sie lächelte ihn an.
    »Das stimmt. Schön, dass du dich verlaufen hast. Es macht immer mehr Spaß, wenn man nicht ganz allein unterwegs ist.«
    »Ja, da hast du Recht. In Einall war ich auch mit ein paar Leuten unterwegs gewesen. Das war viel besser, als in Johto.« Louna war schon immer sehr fasziniert davon gewesen, wenn Dash von seinen bisherigen Reisen erzählt hatte. Mit sechzehn hatte er seine Reise begonnen, kurz nachdem er seinen Abschluss gemacht hatte. Nie hatte er studieren wollen, weswegen er losgezogen war. Aber ihm ging es auch nie darum zu reisen, um der weltbeste Trainer zu werden. Er wollte die Welt sehen, wollte verschiedene Musikrichtungen in den unterschiedlichsten Ländern kennen lernen und wollte sich hier und dort auch ausprobieren. Sowohl als Musiker, als auch als Trainer. Allerdings hatte er Johto nie komplett bereist. Genauso auch Einall. In diesen beiden Ländern hatte er nur ein paar Städte und Gegenden besucht, auch den ein oder anderen Arenaleiter herausgefordert. Aber er kannte nicht jede einzelne Ecke. Anders in Kalos. Hier wollte Dash alles erkunden, was es zu erkunden gab. Nachdem er mit Louna damals in Illumina City los gelaufen war, hatte ihn das Erkundungsfieber gepackt. Außerdem wollte er sein Team noch mehr trainieren und er wollte auch noch ein paar Arenaleiter herausfordern. Doch er wollte es gelassen angehen. Wenn er ein paar Umwege machte und andere Dinge für sich entdeckte, war das genauso in Ordnung für ihn, als wenn er direkt in einer Arena antrat.
    »Vermisst du eigentlich Kanto?«,wollte Louna wissen. Sie wusste, dass Dash schon mehrere Jahre seine Heimat durch seine Reise nicht mehr gesehen hatte. Sie konnte sich vorstellen, dass er hin und wieder die alte Heimat vermisste. Sei es die eigene Familie oder die Freunde, die er zurück gelassen hatte.
    »Ein bisschen schon. Aber ich sag mir immer, wenn ich unbedingt zurück will, kann ich das auch jederzeit. Ich muss nur in ein Flugzeug steigen oder mit Zügen fahren. Irgendeinen Weg gibt es immer.«
    »Wie bist du denn nach Kalos gekommen?«
    »Mit dem Zug. ’S war ’ne ziemlich lange Fahrt«, erinnerte sich Dash.
    »Ziemlich nervig, wenn du mich fragst.«
    »Bist du deswegen lieber zu Fuß unterwegs? Weil du Zugfahrten nervig findest?« Dash lachte bei Lounas Frage und grinste sie an.
    »Unter anderem! Aber du weißt ja selbst, dass man zu Fuß unterwegs viel mehr sehen und entdecken kann, anstatt die ganze Zeit zu fahren.« Louna nickte bei seiner Aussage. Das stimmte tatsächlich. Es gab viele Trainer, die von einer Stadt zur nächsten fuhren und sich gar nicht die Zeit nahmen, die Wildnis um den Städten herum zu erforschen. Dabei konnte man gerade dort viele verschiedene Pokémon beobachten und Landschaften entdecken, die einem den Atem rauben konnten, weil sie so außergewöhnlich waren.
    »Was hast du eigentlich vor, Lou?«, stellte nun ausnahmsweise Dash eine Frage und riss Louna aus ihren Gedanken.
    »Ich möchte nach Cromlexia. Der Professor bat mich mal wieder für ihn etwas auszuliefern.«
    »Klingt recht vielversprechend für den Prof zu arbeiten, was?« Louna nickte bei dieser Annahme.
    »Ja, es ist total praktisch, dass er mich dafür bezahlt, nur damit ich durch die Gegend laufe, ein paar Aufträge erledige und dabei selbst viel entdecken kann.«
    »Hey, vielleicht sollte ich mich auch beim Prof bewerben?«, lachte Dash. Er meinte es nicht ganz ernst. Louna verdiente nicht so viel, dass sie reich wurde, aber es reichte aus, um die Reisekosten, die sie hatte, zu bezahlen und das unterm Strich trotzdem noch ein bisschen was übrig blieb. Dash wollte so einen Job nicht machen. Nicht, weil es für ihn nicht in Frage käme, solche Aufträge zu erledigen, sondern weil er dann daran gebunden war, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. In den meisten Fällen eine bestimmte Stadt. Er wollte lieber frei herum reisen. Immer dorthin, worauf er Lust hatte. Louna hingegen musste sich zwar nicht abhetzen, bis sie die vorgegebene Stadt erreicht hatte, aber sie durfte ihren Auftrag auch nicht aus den Augen verlieren. Ansonsten könnte auch der Professor pikiert sein.
    »Wir sollten langsam schlafen, damit wir spätestens zum Sonnenaufgang weiterziehen können«, schlug Dash vor und Louna stimmte zu. Abgesehen davon war sie selbst schon relativ müde, weswegen sie sich in ihren Schlafsack kuschelte, während Dash noch das Lagerfeuer löschte.
    »Schlaf gut«, wünschte Louna ihm, als er sich selbst in seinen Schlafsack legte.
    »Du auch.«





    Nächste Woche folgt dann das dritte Kapitel.



  • 3. Kapitel - Flabébés Blütenzauber


    Egal wie sehr ich es auch versuchte, ich konnte einfach nicht einschlafen. Immer dann, wenn ich meine Augen schloss, sah ich Bilder vor mir, die ich nicht sehen wollte und riss meine Augen daher wieder auf, einen prüfenden Blick zu Louna werfend, die neben Dash im Schlafsack bereits schlief. Mein Fell sträubte sich noch immer. Mir gefiel das einfach nicht, dass er ihr so nahe kam! Was sollte das auch? Louna war natürlich nicht begeistert gewesen, als ich ihn gebissen hatte, aber er hatte es verdient! Er hatte es maßlos übertrieben, da hatte ich einfach einschreiten müssen! Nun saß ich da und fixierte beide. Auch Raku schlief bereits, was man gut an der ruhigen Atmung erkennen konnte. Nur ich war noch wach und fand keinen Schlaf, weil mich das alles zu sehr aufwühlte. Ich war nicht bereit meine Trainerin mit jemand anderen zu teilen – abgesehen von meinen Teamkollegen. Chiari und die anderen. Aber mit einem anderen Menschen? Nur schwer unterdrückte ich mein Knurren, das in meiner Kehle aufkommen wollte. Ich schluckte es herunter, um zu vermeiden, dass die anderen davon wach werden könnten.
    Um den Frust, der in mir brodelte, etwas abzubauen, entschied ich mich dazu aufzustehen und zu gehen. Ich brauchte ein wenig Bewegung. Einschlafen konnte ich sowieso nicht und vielleicht kühlte mich die frische Nachtluft ab. Wobei es gar nicht so kalt war. Andererseits fror ich sowieso fast nie. Schließlich war ich ein Feuer-Pokémon, wie also sollte ich frieren, wenn mein Inneres von einer heißen Flamme gewärmt wurde? So fühlte es sich für mich an und ich konnte auch gleich das Brennen in meiner Kehle spüren, das vom Feuer herrührte. Es war nicht unangenehm. Nicht so wie andere es empfinden würden, wenn sie Verbrennungen erlitten. Für mich war es sogar sehr angenehm, es gehörte zu mir. Diese Tatsache beruhigte mich. Einen kurzen Blick warf ich noch einmal auf meine schlafende Trainerin und schnaubte auf, als mein Blick auch das Antlitz von Dash streifte. Dann wandte ich mich ab und lief los.


    Die Bewegung tat wirklich gut! Ich spürte jeden Muskel unter meinem Fell. Wie sie sich vor Kraft anspannten und meine Pfoten immer schneller werden ließen. Unter diesen fühlte ich den weichen Waldboden, der jedes Mal ein wenig unter meinem Gewicht nachgab, wenn ich ihn berührte. Mittlerweile sprintete ich durch den Wald. Der Mond stand weit oben am Himmel und funkelte und glitzerte mit all den Sternen um die Wette. Aber ihm konnte trotzdem kein Stern das Wasser reichen. Er war der König der Nacht und erhellte die dunkle Nacht am meisten. Vor allem, weil er fast seine volle Größe erreicht hatte. Ein oder zwei Nächte noch und er würde vollkommen rund in seiner Erscheinung sein. Ich blieb stehen. Mein Atem war etwas schneller, aber ich war noch voller Energie. Ich stand nun, weil ich den Kopf in den Nacken legte und ein Heulen ausstieß. Es war ein innerer Drang, dem ich einfach nachkommen musste. Danach rannte ich munter weiter und genoss für mich diese einsame Stille. Einsam an sich war ich nicht. Ja, ich war allein, aber ich fühlte mich nicht verloren, sondern eher frei. Befreiter vielleicht sogar. All die negativen Gefühle ließ ich los und befreite mich davon, rannte und sprang über moosbewachsene Steine oder herabgefallene Äste hinweg. Wie weit ich mich von meiner Trainerin entfernte, wusste ich nicht. Es spielte für mich gerade auch keine Rolle. Später würde ich sowieso zu ihr zurückkehren, doch jetzt wollte ich nur für mich sein und die Nacht auskosten!
    Mein Weg führte mich an einen schmalen Bachlauf, den ich bis ich zu einem ausmündenden See verfolgte. Er nahm fast die gesamte Lichtung hier ein. Um auf die andere Seite zu kommen, müsste man den See umrunden oder durchschwimmen. Letzteres kam für mich natürlich nicht in Frage. Meine Abneigung gegen Wasser war nach wie vor vorhanden, schließlich war ich ein Feuer-Pokémon. Ich glaube, es gab kein einziges Feuer-Pokémon auf dieser Welt, was je das nasse Element gemocht hätte. Wieso auch? Es war unsere größte Schwäche, es tat uns weh!
    Trotz dieser Abneigung ging ich an das Ufer. Ich näherte mich nur vorsichtig, als befürchtete ich, dass jeden Moment was aus dem Wasser springen würde, um mich hinein zu zerren. Das geschah zu meiner Erleichterung nicht. Trotzdem blieb ich vorsichtig, als ich meinen Kopf über die Wasseroberfläche neigte, um in die Spiegelung zu sehen. Das erste Mal, als ich in einen Spiegel geschaut hatte, war sehr komisch gewesen. Ich hatte geglaubt einem anderen Fukano gegenüber zu stehen, weshalb ich gebellt und geknurrt hatte. Ich hatte den Konkurrent vertreiben wollen. Aber irgendwann war mir klar geworden, dass da kein anderes Fukano war, sondern ich. Diese Erkenntnis von damals war mir im Gedächtnis geblieben, so dass ich entspannt in mein eigenes Spiegelbild sah. Ein dunkelrotes Gesicht sah mich an mit blondem Kopffell und schwarzen Streifen, die sich über den ganzen Körper erstreckten. So oft hatte Louna schon durch mein warmes Fell gestreichelt und ich mochte es immer noch, wenn sie es tat. Aber solch eine Geste tat sie nie unter ihresgleichen. Menschen waren irgendwie komisch. Sie zeigten gegenüber ihren Pokémon viel Zuneigung – Louna war das beste Beispiel – aber untereinander schienen sie oft distanziert zu sein. Selbst bei Dash wuschelte Louna nicht durch die Haare.
    Mein Hintern plumpste auf den Boden und ich sah immer noch in den See und somit in mein eigenes Gesicht, während ich so darüber nachdachte. Wäre ich ein Mensch, hätte mich Louna dann ganz anders behandelt? Weniger mit Zuneigung, weniger mit der Nähe, die sie mir sonst zukommen ließ? Aber wie nahe konnte ein Pokémon einem Menschen tatsächlich kommen?
    Ich erinnerte mich an all die Orte, die wir gemeinsam bereits hatten. In den Städten gab es viele Menschen, denen wir auf der Straße begegnet waren. An vielen von ihnen sind wir vorbei gegangen, weil wir sie nicht kannten und für uns keine bedeutende Rolle gespielt hatten. Aber ich hatte auch in ruhigen Momenten manche Menschen beobachten können. Nicht alle waren zueinander distanziert. Es gab natürlich auch Zuneigung zueinander, aber es verwirrte mich regelmäßig, weil sie unter Menschen so differenziert erschien.
    Zwischen Dash und Louna gab es Zuneigung, ob mir das nun passte oder nicht. Es war so und ich konnte es kaum verhindern. Sie verstanden sich gut miteinander, scherzten, hielten zusammen in schwierigen Situationen, wo es erfordert war und berührt hatten sie sich auch schon. Allein wie Dash vor wenigen Stunden seinen Arm um sie gelegt hatte. Das Knurren kehrte in meine Kehle zurück und ich konnte in meinem Spiegelbild meine eigenen Zähne aufblitzen sehen. Es machte mich wütend, aber warum nur? Hatte ich das Recht darauf sie für mich zu beanspruchen?
    Ich erinnerte mich wieder an das eine Paar, das wir gesehen hatten. Zwei Menschen, eine Frau und ein Mann. Sie hatten keine Pokémon bei sich gehabt. Jedenfalls waren keine mit ihnen gelaufen. Vielleicht waren sie in ihren Pokébällen gewesen? Egal! Jedenfalls war es ganz anders als bei anderen Menschen gewesen. Sie hatten anders gewirkt auf mich. Die ganze Zeit hielten sie sich an den Händen, warfen sich immer wieder Blicke zu, die viel intensiver gewirkt hatten, als bei allen anderen Menschen. Und einmal, nein mehrmals, hatten sich ihre Lippen berührt.
    Nachdenklich neigte ich den Kopf zur Seite. War das eine engere Verbindung zwischen Menschen? Ähnlich wie die zwischen Pokémon und Mensch? Oder war es was anderes? Mein Kopf neigte sich zur anderen Seite. Irgendwie verwirrte mich das alles. Es war schwer aus den Menschen schlau zu werden. Nicht alles, was sie taten, konnte ich nachvollziehen.


    Ein Geräusch holte mich aus meinen Gedanken heraus und ließ mich umdrehen. Irgendetwas hatte ich gehört, ich konnte es nur nicht definieren. Verwirrt und alarmiert sah ich mich um, konnte aber nichts entdecken. Meine Nase schnupperte sogar in der Luft, aber auch da konnte ich keine Veränderung der Gerüche wahrnehmen. Hatte ich mir das nur eingebildet? Nein, denn da war es schon wieder! Ein helles, fast glockenklares Geräusch. Es war … es war … ein Lachen?
    Meine Verwirrung stieg zunehmend an. Überall suchte ich nach der Ursache, konnte aber erst nichts erkennen. Das Lachen hingegen hörte ich mehrere Male noch und war mir sicher, dass irgendwas in meiner Nähe war. Da mich das langsam wütend machte nicht zu wissen, woher es kam, begann ich zu knurren. Ich war bereit zu kämpfen, wenn es nötig war, doch dann tauchte endlich etwas auf!
    Zugegeben ein bisschen erschrocken war ich schon, aber ich beruhigte mich schnell wieder und sah das kleine Ding an, was da zwischen den Baumästen hervor geflogen kam. Es war wirklich klein und man könnte es schnell übersehen. Es schwebte und flog, so dass ich keine Chance hatte es zu erreichen. Daher verfolgte ich es nur mit meinen Augen. Ein paar Mal schien es mich zu umrunden, was mich ein wenig nervös machte.
    »Hör auf damit! Lass das!«, bellte ich dem anderen Pokémon entgegen. »Was willst du?«
    Meine Worte erreichten es und langsam kam es hinab gesegelt bis es ungefähr auf Augenhöhe vor mir war. Es war direkt über dem Wasser. Mich würde nichts dazu bringen auch nur eine Pfote hinein zu tauchen, nur um den anderen Pokémon näher zu kommen. Ich blieb also wo ich war.
    »Wer bist du?«, wollte ich von ihm wissen, woraufhin wieder dieses zarte Lachen erklang.
    »Ich bin Flabébé!« Es kicherte bei seiner Antwort.
    »Aha und was ist so lustig daran?«
    »Nichts! Ich lache nur über dich.« Diese Antwort gefiel mir gar nicht und ich knurrte es zornig an.
    »Aber, aber! Das ist doch nicht böse gemeint, hihi.« Als wenn mich das aufheitern würde …
    »Du machst dir viele Gedanken, nicht wahr?«, fragte es mich und wirkte nun ein wenig ernster. Trotzdem wartete ich instinktiv darauf wieder das Lachen zu hören.
    »Und wenn schon? Was geht dich das an?«
    »Ich kann dir möglicherweise helfen!« Mein Blick zeigte Verwirrung.
    »Kannst du Gedanken lesen?«, wollte ich wissen und war ein wenig beunruhigt. Wie sicher waren meine Gedanken vor diesem Pokémon? Ich wollte nicht, dass es alles von mir wusste!
    »Nicht direkt. Es ist ein wenig anders. Aber … du scheinst da in einer echten Zwickmühle zu stecken, hm?«
    »Hä? Wovon redest du?«
    »Pokémon oder Mensch?«, fragte mich dieses kleine Flabébé auf seiner roten Blüte sitzend und in der Luft schwebend.
    »Wie? Was meinst du?«, wollte ich wissen, weil ich überhaupt nicht kapierte, was es von mir wollte. Vielleicht sollte ich einfach gehen.
    »Pokémon oder Mensch? Möchtest du wissen, wie es ist ein Mensch zu sein? Vielleicht verstehst du dann ja besser!«
    Okay, jetzt war ich endgültig verwirrt. Was redete dieses Pokémon da nur? Als wenn man sich aussuchen könnte, was man war. Man wurde schließlich als das geboren, was man dann eben war. Da gab es keine Entscheidung, die man vorher treffen konnte. Ich war ein Fukano und damit ein Pokémon.
    »Du redest wirres Zeug, lass mich in Ruhe!«, sagte ich abgeneigt und wollte mit diesem verwirrenden Pokémon nichts mehr zu tun haben. Daher drehte ich mich auch um und wollte selbst gehen. Es wurde sowieso langsam Zeit zurück zu Louna zu kehren.
    Louna.
    Hinter mir konnte ich wieder das helle Lachen des Flabébés hören. Ich sah es nicht, aber es stieg wieder weiter in die Luft auf bis es über mir war.
    »Ich habe deine Antwort zur Kenntnis genommen!«
    Ich legte meinen Kopf in den Nacken, um hinauf zu sehen, aber meine Verwirrung war noch immer da.
    »Hä?« Es sagte nichts weiter mehr, schwebte aber mehrere Runden über mich hinweg und ließ seinen Blütenstaub über mich rieseln.
    »Hey! Was soll denn das?« Wieso machte es das? Es sollte damit aufhören! Sofort! Der Blütenstaub, der auf mich hinab rieselte, stieg auch in meine Nase, kitzelte diese und ließ mich heftig niesen. Ich verlor die Balance und kullerte nach hinten. Zum Glück war ich schon ein paar Schritte vom See entfernt gewesen, sonst wäre ich prompt ins Wasser gefallen. So aber entging ich dem nassen Desaster knapp. Das Lachen von Flabébé hallte in meinen Ohren wider ehe es verschwunden war. Verärgert darüber blieb ich zurück. So ein freches Pokémon, das gibt’s doch gar nicht!
    Ich wollte mich wieder aufrichten, damit ich endlich zurück zu meiner Trainerin konnte, doch da erhielt ich den Schock meines Lebens.
    Auf allen Vieren am Boden hockend, blickte ich auf meine Pfoten hinab, die irgendwie … nicht meine Pfoten waren. Es war erst nur ein flüchtiger Blick gewesen ehe mein Gehirn realisierte, dass da etwas ganz gewaltig nicht stimmte. Mein Herz blieb fast stehen, als es dann doch sich dazu entschied schneller als normal zu schlagen. Es raste förmlich. Unbeholfen wie ich mich fühlte und auch war, drehte ich mich zum See um, krabbelte zum Ufer – es waren nur wenige Schritte – und blickte in mein Spiegelbild.
    Neinneinnein!
    Es war nicht mein Spiegelbild. Es war völlig anders, ich erkannte mich nicht mehr wieder. Nicht so, wie ich es sonst gewohnt war. Meine Augen waren zwar immer noch so dunkel wie bisher, fast schwarz, aber trotzdem waren sie anders. Genauso wie mein Gesicht. Ich schnappte nach Luft, weil ich es nicht glauben konnte … nicht glauben wollte! Kein Fukano starrte mich aus dem Wasser an, sondern ein Mensch mit braungebrannter Haut, blonden völlig zerzaustem Haar und dunklen Augen.
    Ich besaß kein Fell mehr, sondern nackte Haut. Haut, die mich nicht wärmen konnte, wie ich mit einem weiteren Schock feststellen musste. Es war deutlich kälter geworden. Das Feuer, welches sonst in meinem Inneren loderte, war fast erloschen. Ich konnte es kaum noch spüren. Über meine Haut lag Stoff, also ganz nackt war ich nicht.
    Nackt? Das war ein Wort, das für mich als Pokémon niemals eine Bedeutung gespielt hatte. Scham in dieser Form für die eigene Nacktheit hat es nie gegeben. Ich hatte ein Fell besessen. Und jetzt … und jetzt … ?
    »Ah!« Ein erschrockener Laut über meine Erscheinung und über das, was mir widerfahren war, wich aus meiner Kehle, aus meinem menschlichen Mund über meine menschlichen Lippen. Allein wegen diesem Geräusch erschreckte ich mich erneut. Es war kein Bellen und kein Knurren gewesen. Es war … anders, als alles andere. Es war meine menschliche Stimme, die diesen Laut von sich gegeben hatte. Völlig fremd und doch einzig und allein von mir selbst stammend.
    Minutenlang rührte ich mich nicht mehr, starrte nur mich selbst an und versuchte zu begreifen, was passiert war.


    Ich bin zu einem Menschen geworden.


    Wie viel Zeit ich verstreichen ließ, wusste ich nicht. Es dauerte gefühlt eine Ewigkeit bis ich mich endlich rühren konnte, doch der Versuch aufzustehen, misslang. Ich besaß keine vier Pfoten mehr und keine Rute, die meine Balance ausglich. Stattdessen hatte ich zwei lange Beine mit denen ich nicht wirklich was anzufangen wusste. Meine Vorderpfoten waren jetzt Hände, die ich als Unterstützung nahm. So war ich wieder auf allen Vieren, aber ich wusste, dass Manschen auf zwei Beinen gingen und nicht auch noch extra auf ihren Händen. Mir blieb nichts anderes übrig als mich aufzurichten, nur wie? Immer wenn ich versuchte auf die wackeligen Beine zu kommen, verlor ich den Halt und ging wieder zu Boden. Ich brauchte anderweitig Hilfe und blickte zu den Bäumen. Ich befand mich in einem Wald, ich könnte mich also an einem Baum hinauf ziehen. Hoffte ich. Zwar hatte ich das schon bei Menschen gesehen, bei Louna beispielsweise, aber ob ich das auch hinbekam? In meiner Hilflosigkeit krabbelte ich auf allen Vieren hinüber zu einem der Bäume und krallte mich mit meinen Händen an der unebenen Rinde fest. Dabei starrte ich auf meine Finger. Krallen hatte ich keine mehr. Nicht so, wie ich es gewohnt war. Es war ein seltsames Gefühl die Rinde unter meinen Fingerkuppen zu spüren. Bevor ich mich darin versank, zog ich mich auf die Beine und stand da. Mehr oder weniger, denn wackelig wirkte ich noch immer. Ich traute mich kaum den Baum los zu lassen, aber mein Wille war es zu versuchen. Auf zwei Beinen zu gehen! Meine ersten Gehversuche waren alles andere als elegant. Als ich den Baum los gelassen hatte und ein paar Schritte machte, wirbelten meine Arme zu beiden Seiten und versuchten meine Balance zu halten. Normalerweise hätte meine Rute mir dabei geholfen. Himmel war das komisch keine mehr zu haben! Wie sollte ich denn dann meine Gefühle untermalen? Als Fukano wusste ich, wie ich mich über Mimik und Gestik ausdrücken konnte. Wie ich dadurch kommunizieren konnte. Wie machte ich das als Mensch nun? Mit jeder Minute, die ich mich mehr mit meinem menschlichen Dasein auseinandersetzte, desto mehr Fragen kamen in mir hoch und desto öfters dachte ich auch an Louna und versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, wie sie reagierte und handelte.
    Bei all den Gedanken, die ich mir so machte und den Gehversuchen, die langsam besser wurden, fiel mir erst jetzt auf, dass mir etwas weiteres Entscheidendes fehlte: Mein Geruchssinn! Nicht nur das, denn auch der Wald wirkte viel stiller auf mich. Vorhin noch hatte ich die vielen Rufe der nächtlichen Pokémon gehört. Überall das Rascheln, Pirschen und Keuchen. Nun jedoch hörte ich fast nichts. Nur was in meiner unmittelbaren Umgebung war und dann auch nur das, was laut genug war. Am schlimmsten fand ich aber trotzdem meinen fehlenden Geruchssinn. Denn dadurch konnte ich mich am aller besten orientieren. Nun jedoch fühlte ich mich verloren in diesem Wald. Ich wusste noch nicht einmal, wohin ich gehen musste, um zurück zu Louna zu kommen. Als mir das bewusst wurde, fielen mir fast die Augen aus den Höhlen.
    Ich hatte mich verirrt!
    »Nein!« Mein erschrockener Aufschrei erschreckte mich auch selbst. Schon wieder. Wie lange würde es dauern bis ich mich daran gewöhnte eine menschliche Stimme zu haben? Mit meiner rechten Hand berührte ich meinen Hals. Meine Kehle, die die seltsamen Geräusche von sich geben konnte.
    Meine Augenbrauen zogen sich zusammen, als ich begann zu grübeln, denn mir wurde ein weiterer Aspekt klar. Wenn ich solche Geräusche von mir geben konnte, bedeutete das nicht, dass ich auch richtig sprechen konnte? Konnte ich mich dann mit Louna richtig unterhalten, wie sie es sonst auch mit anderen Menschen tat? Ich wollte etwas sagen, aber mir fiel absolut nichts ein, was ich hätte sagen können. Es erschien mir auch etwas komisch nun einfach los zu plappern, wo doch niemand hier war mit dem ich mich hätte unterhalten können. Leicht schüttelte ich meinen Kopf. Ich sollte zuerst einmal zu Louna zurück finden! Wie sie wohl auf meine Erscheinung reagieren würde? Noch einmal sah ich an mir hinab. Meine Beine waren von einer dunkelroten Hose bedeckt. Sie hatte ein paar schwarze Streifen, was mich an mein eigenes Fell erinnerte. Mein Oberkörper wurde von einem einfachen Stoffhemd bedeckt. Es war von einer helleren Farbe. Meine Füße hingegen waren nackt, so wie es Menschen sagen würden. Ich hatte keine Schuhe an, so wie ich es von Louna oder auch Dash kannte. Allgemein hatte ich nur sehr selten Menschen gesehen, die ohne Schuhe umher liefen. Ich wackelte ein wenig mit meinen Zehen, die auch keine Krallen mehr besaßen. Komisch, dass Menschen nie so herum liefen. Ich konnte unter meinen Ballen immer noch den weichen Erdboden spüren, was mich beruhigte. Wenigstens eine Empfindung, die mir blieb. Sie war zwar ein wenig anders, aber trotzdem auch gleich geblieben.
    Langsam setzte ich mich in Bewegung. Die Dunkelheit hier im Wald war irgendwie stärker, als mir vorhin bewusst gewesen war. Ich kniff die Augen zusammen und schnaubte kurz daraufhin auf. Jetzt soll mir gleich einer noch sagen, dass die Augen der Menschen ebenfalls schlechter waren! Was für stumpfe Sinne besaßen sie denn? Oder lag das nur an mir? Ach, das verwirrte mich alles viel zu sehr! Ich schüttelte den Kopf darüber, ging weiter und versuchte den Weg zurückzufinden. Zu meiner Erleichterung schob sich bereits am Horizont die Sonne empor, so dass sie langsam die Dunkelheit auch im Wald verscheuchte. Meine Sicht auf die Welt wurde besser und sehr viel farbenfroher. Das überraschte mich sehr. Auf einmal hatte ich das Gefühl, als würde ich mich in einem intensiven Farbenmeer wiederfinden. So hatte ich die Welt bisher noch nicht wahrgenommen. Trotz schlechter Sicht in der Nacht schien im Licht alles greller, intensiver und eindrucksvoller zu leuchten. Also waren menschliche Augen doch nicht so schlecht.
    Meine Mundwinkel zogen sich nach oben und zum ersten Mal in meinem Leben lächelte ich.


  • 4. Kapitel - Sehnsuchtsvolles Vermissen



    Erst als die ersten Sonnenstrahlen sich durch das Blätterwerk der Bäume durchmogelten und sanft auf Louna trafen, erwachte sie langsam aus ihrem Tiefschlaf. Ihre Nase kitzelte und fast sah es so aus, als müsste sie niesen. Tat es dann aber doch nicht. Stattdessen versuchte sie die Augen zu öffnen und blinzelte ein paar Mal verschlafen, so wie sie auch ein paar Mal gähnen musste. Auf dem blanken Boden zu schlafen, nur im Schlafsack, war für sie zwar nichts Neues, aber je nachdem wo sie schlief, konnte die Nacht schon recht ungemütlich sein. Diese Nacht jedoch war angenehm gewesen. Sie hatte geschlafen wie ein Stein und war kein einziges Mal aufgewacht. Sie fühlte sich gut und erholt und das förderte ihre gute Laune. Besser konnte der Tag gar nicht beginnen.
    Nachdem sie sich den Schlafsand aus den Augen gerieben und sich aufgesetzt hatte, gähnte sie noch einmal und stand dann endgültig auf. Dash rührte sich noch nicht. Er schlief und Louna ließ ihn noch in Ruhe. Vorerst wollte sie sich ein wenig frisch machen und richtig munter werden. Sie streckte und räkelte sich und wollte auch eine Kleinigkeit für das Frühstück vorbereiten. Erst da fiel ihr auf, dass etwas fehlte. Mit gerunzelter Stirn sah sie sich um, aber nirgendwo war Arcus zu entdecken. Chiari hatte sie gestern Abend zurück in ihren Pokéball gerufen. Nur Arcus und Raku waren noch draußen gewesen. Letzterer hob gerade den Kopf, weil er selbst erwacht war. Das Blitza stand dann auch auf und schüttelte das Fell durch und streckte sich genüsslich. Louna grübelte. Hatte sie Arcus gestern doch noch in den Pokéball gerufen? Wundern würde sie das nicht, nachdem er gestern Dash ins Hosenbein gebissen hatte. Andererseits …
    »Arcus?« Sie rief nach ihrem Pokémon. Vielleicht lief er auch nur in der Nähe umher. Trotzdem kam keine Reaktion auf ihr Rufen, außer das Dash davon erwachte und müde, wie er war, ganz verschlafen in ihre Richtung blickte. Von Arcus war keine Spur. Bevor Louna weiter umher schrie, überprüfte sie lieber doch mal den Pokéball ihres besten Freundes, aber er war tatsächlich nicht darin. Seltsam.
    »Arcus!«, rief sie noch einmal, diesmal lauter. Keine Reaktion. Kein Pokémon, das hinter dem Gebüsch hervor sprang, um freudig zu ihr zu laufen.
    »Arcus! Wo bist du? Komm her! Arcus!« Langsam breitete sich Sorge wie auch Panik in ihrem Inneren aus. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein! Arcus hörte immer auf ihr Rufen. Von all ihren Pokémon war er der Gehorsamste und auch Treuste.
    »Hey, was ist denn los?« Dash gähnte, als er diese Frage stellte und schälte sich aus seinem Schlafsack. Er kratzte sich am Hinterkopf und wirkte, als würde er gleich wieder einschlafen, wenn man ihn nur ließ. Doch Louna achtete kaum darauf. Jetzt, wo sie Arcus vermisste und ihn nirgendwo sah, war sie hellwach vor Sorge.
    »Arcus ist weg!«, antwortete sie und sah sich um. »Arcus, komm her! Wo bist du denn?«
    Schlimm genug, dass sie sich gestern schon Sorgen um Chiari gemacht hatte, weil sie auf einmal verschwunden war. Dass jetzt ausgerechnet auch noch Arcus verschwand, gefiel Louna gar nicht. War irgend etwas passiert? Aber das hätte sie doch mitbekommen, oder? Egal wie tief sie geschlafen hatte, sie hätte doch etwas gehört und wäre wach geworden, wenn irgendwer ihren Freund verschleppt hätte. Louna schüttelte den Kopf. Solch ein Unfug! An so etwas sollte sie nicht denken! Doch war die Vorstellung, dass ihr Fukano weg gelaufen sein könnte, besser? Louna biss sich auf die Unterlippe und kaute darauf herum. Nein, das konnte nicht sein. Arcus würde nicht einfach weg laufen. Niemals! Oder vielleicht doch? War sie zu streng mit ihm gewesen? Hatte sie zu heftig reagiert, als sie gestern mit ihm geschimpft hatte? Aber sie konnte Arcus auch nicht alles durchgehen lassen. Wäre das ein Grund für ihn einfach wegzulaufen? Das alles verwirrte sie. Sie wollte nicht an so eine Option denken, doch je länger er fort blieb und es kein Anzeichen davon gab, wo ihr Freund war, desto panischer wurde sie.
    Mittlerweile war Dash aufgestanden, wach genug, um zu realisieren, dass Louna nahe am Verzweifeln war. Vor allem weil Arcus nicht auftauchte, egal wie laut und intensiv man nach ihm rief. Gemeinsam suchten sie die nahe Umgebung um ihren Rastplatz ab, aber sie fanden ihn nicht.
    »Wo könnte er denn nur sein? Oh Gott, wenn ihm was zu gestoßen ist? Wieso habe ich denn nicht bemerkt, wie er verschwunden ist?« Ob er nun selbst weg gegangen war oder jemand ein schlafendes Pokémon stahl – allerdings hätte man ja auch Raku mitnehmen können, also … ?
    »Louna? Louna!« Dash war zu ihr gekommen und legte seine Hände auf ihre schmalen Schultern.
    »Hey hey hey, jetzt mal langsam. Wir wissen nicht, was passiert ist. Vielleicht läuft er hier in der Nähe nur herum und jagt einem anderen Pokémon hinterher. Es bringt nichts jetzt in Panik auszubrechen.« Dash versuchte sie zu beruhigen, aber er sah in Lounas Gesicht wie aufgelöst sie innerlich schon war. Es fehlte nicht viel und ihr würden die Tränen über die Wangen kullern, weil sie sich Sorgen um Arcus machte und ihn vermisste. Nicht zu wissen, wo er war, was passiert war und ob es ihm gut ging oder nicht, war nicht einfach wegzustecken. Ruhig zu bleiben war verdammt schwierig. Wie sollte Louna in solch einer Situation einen ruhigen Kopf bewahren? Dash zog sie an sich und umarmte sie, um sie ein wenig zu trösten. Er versprach ihr, dass sie nach Arcus weiter suchen würden bis sie ihn gefunden haben. Aber sie durften nicht durchdrehen, das half Niemandem.



    Auch nach zwei Stunden hatten sie noch keine Spur von Arcus gefunden. Zwar hatte Raku zwischendurch scheinbar Arcus’ Fährte aufgenommen, aber an einem See im Wald wieder verloren. Das Fukano schien unauffindbar zu sein und angesichts dessen, dass dieses Gebiet hier recht groß war, war es umso schwieriger den verlorenen Freund wieder zu finden.
    Lounas Nerven lagen blank. Das ausgerechnet Arcus weg war, belastete sie sehr. Ihre Augen waren bereits ganz gerötet, weil sie doch einige Tränen vergossen hatte. Dash hatte versucht sie immer wieder zu trösten, aber er konnte unmöglich die Sorgen weg wischen. Leider konnte er selbst nicht viel tun. Er wusste ja auch nicht, wo das Fukano war oder hingegangen sein könnte.
    Sie überlegten schon, ob sie nicht zurück an die Stelle gehen sollten, wo sie übernachtet hatten. Falls Arcus dort wieder auftauchte. Andererseits wollte aber Louna auch nicht tatenlos herum sitzen und lieber weiter suchen. Doch je länger sie suchten und umher liefen, desto näher kamen sie Cromlexia. Als sie die Stadt bereits am Horizont erkennen konnten, weil der Weg, auf dem sie sich befanden, eine gute Sicht bot, entschieden sie sich schweren Herzens die Stadt vorerst zu betreten, um eine Rast einzulegen. Dash und Raku hatten Hunger. Louna nicht, obwohl sie heute noch nichts gegessen hatte. Die Sorge um ihr verschwundenes Pokémon hatte ihren Appetit und Hunger vertrieben.
    »Wir finden ihn schon«, sagte Dash leise zu Louna und strich ihr sanft über den Rücken. Louna nickte nur stumm. Ihr war die Sorge mehr als anzusehen.




    Okay. Orientierungssinn, wo bist du? Ich glaube, ich war direkt in die falsche Richtung gelaufen. Dort, wohin ich wollte, bin ich nicht gekommen. Louna habe ich nicht gefunden und ja, auch wenn ich es ungern zugebe, ich hätte mich schon gefreut, wäre ich Dash und Raku über den Weg gelaufen. Die hätten mir wenigstens dabei helfen können zu Louna zurückzukehren. Aber ich fand den Weg nicht zurück und als ich die Stadt sah, war ich mir endgültig sicher, mich verlaufen zu haben.
    Nachdenklich sah ich auf die Silhouette der Stadt, die sich vor mir erstreckte. Ich kannte sie nicht und glaubte auch nicht, dass es die war, bei der wir vorher waren, bevor wir in den Wald gekommen waren. Sicher war ich mir da allerdings nicht. Alles wirkte so anders auf mich. Ich hatte einen anderen Blickwinkel, jetzt da ich auf zwei Beinen stand und somit nicht mehr so nahe am Boden, wirkte alles nicht mehr ganz so riesig. Zwar war jetzt auch nicht alles klein, aber meine eigene Körpergröße hatte sich verändert und damit auch das Verhältnis, wie ich meine Umgebung wahrnahm.
    Helfen tat mir das trotzdem nicht. Ich drehte mich um und sah auf den Wald zurück, der hinter mir lag. Sollte ich ihn wieder betreten und weiter nach Louna suchen? Sie machte sich bestimmt Sorgen um mich. Ich würde so gern wieder bei ihr sein. Je länger wir getrennt waren, desto mehr vermisste ich sie. Mir fehlte einfach was! Schließlich lebte ich schon so lange bei ihr, im Prinzip mein ganzes Leben. Wir waren nur selten getrennt gewesen und wenn, dann nur für kurze Zeit. Diesmal kam es mir wie eine Ewigkeit vor und das ließ meinen Magen schmerzhaft zusammen ziehen. Wenn ich doch nur wüsste, wie ich zu ihr kommen könnte!
    Die Aussicht weiter im Wald umher zu irren, schreckte mich allerdings ab, weswegen ich mich dazu entschied in die Stadt zu gehen. Vielleicht hatte ich dort mehr Glück und würde Louna finden, wenn sie selbst hier her kam. Ich hoffte es einfach! Andererseits könnte ich vielleicht jemanden fragen, ob er wusste, wo ich Louna finden konnte. Falls jemand sie gesehen hatte. Was wusste ich schon?
    Die Stadt hatte ich erreicht, doch nun stand ich hilflos hier und wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Wenn ich mir die Menschen so ansah, die hier überall in der Stadt umher liefen …
    Mein Mut irgendwen anzusprechen, hatte ich schnell wieder verloren. Allein deswegen, weil ich meiner menschlichen Stimme nicht vertraute. Ich wusste gar nicht, ob ich einen richtigen Satz zustande bekam oder man mich überhaupt verstehen würde. Einfach versuchen? Ich sah gerade einen Jungen, der in meine Richtung kam. Neben ihm lief ein Coiffwaff her. Normalerweise war Coiffwaff immer größer als ich gewesen. Coco war aber damals Zuhause geblieben, als Louna sich auf den Weg gemacht hatte, um für den Professor eine Lieferung abzugeben. Wie es wohl Coco ging? Ich drängte diese Frage schnell wieder zur Seite und konzentrierte mich auf das Wesentliche: Der Junge vor mir, der gleich an mir vorbei gehen würde. Ich öffnete bereits die Lippen, um einen Laut auszustoßen, irgendetwas zu sagen. Aber bevor ich auch nur wusste, was ich ausdrücken wollte, war er schon an mir vorbei.
    »Eh?« So war das nicht geplant gewesen! Ich war schon dabei mich selbst nach ihm umzudrehen, als ich merkte wie das Coiffwaff von ihm stehen geblieben war und mich argwöhnisch musterte. Ja, es begann sogar an mir zu schnüffeln. Keine Ahnung, wie ich das finden sollte, obwohl ich diese Reaktion nur zu gut kannte. Ich habe es Tausende Male selbst getan! Das Aufnehmen des Geruchs des Gegenübers half dabei ihn besser einzuschätzen und kennenzulernen. Das war auch der Grund, weshalb ich mich in die Hocke sinken ließ. Dem Boden wieder ein Stück näher, fühlte ich mich gleich sicherer. So wie ich es als Fukano auch immer getan habe, schnupperte ich mit der Nase in Coiffwaffs Richtung. Für andere Menschen mochte es ein sonderbares Bild abgeben. Coiffwaff bellte mich einmal an. Normalerweise hätte ich gewusst, was das zu bedeuten hatte, ja hätte gewusst, was es mir sagen wollte, aber jetzt … ? Ich verstand nichts! Absolut nichts! Ich konnte Coiffwaff nur anstarren, aber mir blieben die Worte im Halse stecken. Außerdem wurde das Pokémon von seinem Besitzer gerufen, so dass es sich von mir abwandte und davon lief. Verwirrt blieb ich zurück.
    Konnte ich als Mensch nicht mehr mit den anderen Pokémon kommunizieren? Dieses neuerliche Problem – denn das war es für mich – gefiel mir ganz und gar nicht!



    Ich stand wieder auf und wollte weiter gehen. Allerdings musste ich auch meine Gedanken ordnen. Es gab zu viele Eindrücke, zu viele Fragen, weshalb ich mehr denn je zu Louna wollte. Sie würde mir einiges erklären können, so hoffte ich. Wenn ich doch nur wüsste, wo …
    Wie erstarrt stand ich da, als ich auf einmal ihr Antlitz erblickte. Meine Augen wurden so groß, dass sie mir fast aus dem Kopf gefallen wären. Ich ging direkt auf sie zu. Mir war egal, dass Dash und Raku auch dabei waren. Ich wollte nur zu ihr! Fast hatte ich sie erreicht, gleich könnte ich ihr sagen, was passiert war und sie würde sich freuen mich wieder zu sehen. Denn momentan sah sie ganz und gar nicht glücklich aus. Das machte mich selbst traurig. Sofort hatte ich das Bedürfnis sie aufzumuntern, sie anzuspringen, meinen Kopf gegen ihre Beine zu schmiegen und … Das waren alles Dinge, die ich als Fukano tun würde. Konnte ich das als Mensch immer noch? Ich war wegen dieser Überlegung stehen geblieben, allerdings war auch Louna fast bei mir und …
    Sie ging an mir vorbei.
    Ich stand einfach nur da, war perplex und konnte es kaum glauben. Es brauchte einen langen Moment ehe ich mich aus meiner Starre löste, umdrehte und ihr einfach nach sah. Sie war tatsächlich an mir vorbei gegangen! Kurz hatten sich unsere Blicke getroffen gehabt, aber sie hatte mich nicht erkannt. Sie hatte nicht in mir Arcus, ihren besten Freund, gesehen. Wie auch? Ich war ein Mensch. Das sah ich an den Händen, auf die ich hinab sah. Meine Hände, die eigentlich Pfoten hätten sein sollen.
    Da ich etwas im Augenwinkel wahrnahm, blickte ich von meinen eigenen Händen weg und erkannte Raku, der nicht unweit von mir stehen geblieben war. Fragend schien er mich anzusehen, schnüffelte auch ein wenig und wirkte zunehmend verwirrter. Erkannte er mich wenigstens? Oder doch nicht?
    Vorsichtig näherte er sich mir, aber dieses Pokémon schien nicht recht zu wissen, was es von mir halten sollte. Mein Instinkt kam in mir hoch und ich bleckte meine Zähne, gab ein Knurren von mir. Es war eine Warnung mir nicht zu nahe zu kommen. Als Fukano tat ich das auch manchmal, wenn ich nicht wollte, dass mir jemand auf die Pelle rückte. Raku fauchte kurz auf, wandte sich ab und lief Dash hinterher. Frustriert blieb ich zurück und sah ihnen nach. Meine menschliche Seite schien mir nur Probleme einzuhandeln. Am schlimmsten davon war, dass Louna mich nicht erkannte, aber aufgeben wollte ich dennoch nicht! Ich würde mit ihr reden müssen! Ihr alles erklären, was passiert war und dann … dann würde alles gut werden, ich wäre wieder bei ihr und alles … alles würde wieder so …
    Wirklich? Würde alles wie vorher sein? Da ich keine Antwort auf diese Frage geben konnte und ich Gefahr lief Louna aus den Augen zu verlieren, fasste ich mir ein Herz und lief los. Grübeln könnte ich später immer noch. Ich wollte zu Louna, nur wusste ich noch nicht genau, wie ich mich ihr nähern sollte. Am liebsten wäre es mir, wenn Dash und Raku nicht dabei wären, deshalb wartete ich auch ab und verfolgte sie nur, anstatt mich ihnen in den Weg zu stellen.
    Sie gingen in ein Café, was ein paar Straßen weiter lag. Sie wollten etwas essen. Allein dieser Gedanke machte mir bewusst, dass ich auch Hunger hatte. Prompt knurrte mir sogar der Magen und ich legte instinktiv meine Hände auf diesen. Eine menschliche Reaktion war das. Kurz seufzte ich, ehe ich versuchte den Hunger zu ignorieren und dafür Louna und die anderen beobachtete, wie sie das Café betraten. Da die Fenster recht groß waren, war es für mich nicht schwer sie weiterhin zu sehen, obwohl ich draußen blieb. Trotzdem wollte ich nicht so deutlich gesehen werden, falls sie in meine Richtung sahen. Daher stellte ich mich hinter einem Blumentopf. Dort fiel ich nicht ganz so sehr auf. Das die Menschen, die an mir vorbei gingen, mich trotzdem seltsam musterten, weil ich barfuß hinter den Blumen stand und ins Café starrte, ignorierte ich völlig. Ich sah, wie Louna und Dash sich an einen Tisch setzten und kurz darauf eine Frau zu ihnen kam. Sie bestellten sich vermutlich irgendetwas. Zu gern erinnerte ich mich an die zahlreichen Male, wo Louna mir so oft etwas auch von ihrem Essen abgegeben hatte. Protestierend knurrte mein Magen wieder und ich knurrte selbst unwirsch auf. Ruhe jetzt!
    Viel passierte in diesem Café nicht. Dash und Louna unterhielten sich, was ich an den Bewegungen der Münder sah. Leider wusste ich nicht, worüber sie redeten, allerdings bildete ich mir ein, dass es über mich gehen könnte. Oder zumindest mein Fukano-Ich. Louna wirkte immer noch niedergeschlagen, was mir ein schlechtes Gewissen bescherte. Schlimmer fand ich aber, wie Dash seine Hand über den Tisch ausstreckte und sie auf Lounas Hand legte. Meine Nackenhaare stellten sich auf, ich spürte die aufkommende Wut und hätte fast schon wieder ungehalten geknurrt.
    Vielleicht sollte ich doch hinein gehen? Trotzdem zögerte ich. Chiari tauchte aus ihrem Pokéball auf, da sie auch eine Kleinigkeit zum Naschen bekam. Neben mir war Chiari auch oft außerhalb ihres Pokéballs. Wir hatten oft zusammen gespielt und ich hatte Chiari auch mehrmals etwas beibringen oder zeigen können. Die Kleine hatte zu mir aufgesehen, weil sie jünger war und ich war deswegen immer furchtbar stolz gewesen. Wie würden es Menschen bezeichnen? Eine Beziehung wie zwischen Geschwistern? Ja, als wäre Chiari meine kleine Schwester, die ich beschützte. Unabhängig davon, dass sie eine andere Pokémon-Art als ich war. Das hatte nie eine Rolle gespielt.
    Als würde das junge Evoli meinen Blick auf sich spüren, drehte es sich um und sah direkt in meine Richtung. Ich taumelte erschrocken ein paar Schritte zurück. Hatte sie mich gesehen und wenn ja, was dachte sie wohl? Ich kratzte mir am Kopf. Normalerweise hätte ich das mit der Hinterpfote getan und fast wäre ich geneigt dazu gewesen mich hinzuhocken und das Bein zu heben, aber … es war dann doch die Hand, mit der ich mich kratzte. Besser so, was hätten die Menschen sonst von mir gedacht?



    Die Tür des Cafés öffnete sich und auf einmal kam Chiari zu mir heran gesprungen. Schon wieder erschreckte ich mich und starrte zu dem kleinen Fellknäuel runter. Sie fiepste mich an und sah ganz begeistert aus.
    »Fiufiu!« Auch sie verstand ich nicht, aber ich hockte mich nach unten. Trotz der mangelnden Kommunikationsfähigkeit glaubte ich, dass Chiari sich freute mich zu sehen. Ich wusste nicht warum. Erkannte sie mich oder war es etwas anderes? Sie sprang mich förmlich an und so wie es Louna stets bei mir getan hatte, so streichelte ich nun über Chiaris Köpfchen. Sie hatte ganz weiches Fell, das war erstaunlich! Fühlte es sich immer so an das Fell eines Pokémons zu berühren? Ich war erstaunt, hielt aber nicht inne und hob sogar Chiari auf meine Arme. Die Kleine schien sich noch mehr zu freuen, wackelte mit den Beinchen und begann zu schnurren. Ich konnte nicht anders, ich lächelte.
    »Hallo Chiari.« Das waren die ersten richtigen Worte, die ich mit meinen Stimmbändern formulierte. Diese Stimme zu hören, war noch immer befremdlich, aber sie war jetzt ein Teil von mir. Chiari störte das wohl weniger. Sie genoss die Zuneigung, die ich ihr zuteil werden ließ. Durch sie bekam ich auch nicht mit, wie Louna das Café verlassen hatte und zu mir gekommen war. Nun stand sie direkt vor mir und sah, wie ich mit ihrem Evoli umging. Erst als ich mitbekam, dass sie vor mir stand, hielt ich in meinen Streichelbewegungen inne und starrte meinerseits Louna an. Was sollte ich sagen? Was sollte ich tun? Chiari gab einen sanften Laut des Wohlseins von sich und in Lounas Gesicht glaubte ich Überraschung zu sehen. Dann bildete sich ein Lächeln.
    H-h-hat sie mich erkannt?
    »Chiari scheint dich zu mögen«, stellte sie fest.
    »Eh?« Ich weiß. Besonders redselig war ich nicht. Mein Vokabular war vermutlich das schlechteste von allen Menschen auf der Welt. Leider wusste ich es nicht besser.
    Louna kam noch näher und ich konnte deutlich spüren wie mein Herz immer schneller schlug. Das war Nervosität, oder? Was sollte es sonst sein? Ich spürte bereits wie meine Finger anfangen wollten zu zittern. Louna streckte ihre Hände zu mir aus und schien auf etwas zu warten. Als ich sie immer noch nur anstarrte und nicht reagierte, öffnete sie erneut die Lippen, um zu mir zu sprechen. Ich musste mich schwer zusammenreißen, um nicht die ganze Zeit auf ihren Mund zu starren. Was war nur los mit mir? Ich hatte sonst nie Probleme gehabt mit ihr umzugehen, mich auszudrücken. Als Pokémon war es wesentlich einfacher gewesen …
    »Darf ich bitte mein Pokémon wieder haben?«
    Verwirrt sah ich sie an. Louna wartete immer noch mit erhobenen Händen. Es ratterte in meinem Kopf, irgendwann würde er noch qualmen, doch dann verstand ich endlich.
    »A-ah ja natürlich!«, beeilte ich mich zu sagen und reichte ihr Chiari. Unsere Finger berührten sich flüchtig, als ich ihr das Pokémon gab und mein Herz setzte einen Moment aus, ehe es noch schneller klopfte. Was war nur los mit mir?
    »Danke! Ich heiße Louna«, stellte sie sich vor, neigte den Kopf leicht zur Seite und lächelte mich bezaubernd an. So kam es mir vor.
    »Ich weiß«, rutschte mir heraus, was deutliche Verwirrung in ihr Gesicht schlug und das Lächeln wieder vertrieb.
    »Bitte? Wie meinst du das?« Ich hätte mich am liebsten selbst in den Hintern gebissen! Spätestens jetzt wurde mir bewusst: Ja, sie erkennt mich tatsächlich nicht! Ich war für sie fremd wie jeder andere Mensch, den sie zuvor nie gesehen hatte. Sie wusste nicht, dass ich Arcus war. Das erschwerte die Situation zunehmend für mich, weil ich mich so hilflos fühlte. Wie sollte ich ihr das begreiflich machen? Würde sie mir denn glauben, wenn ich es ihr einfach sagte?
    »I-ich meine, ich … es ist … weil … eh … « Mein Stottern half auch nicht viel. Mir fehlten die Worte, weil ich zu ungeübt war mich auf diese Weise auszudrücken. Der fragende Blick von Louna wurde von Verwirrung und Skepsis begleitet, doch es gab einen Ausweg. Auch wenn ich nicht sicher war, ob der mir so gut gefallen sollte, doch als der Schrei einer Frau ertönte, wurde die Aufmerksamkeit von mir fort gerissen und wir sahen beide zu der schreienden Frau, die am Café vorbei kam.
    »Hilfe! Oh Gott, helft mir doch, ein Dieb! Er hat mein Pokémon gestohlen!«, brüllte sie durch die ganze Straße.
    »Ein Dieb?« Louna war sofort hellhörig. Ich auch und folgte ihr, als sie los lief, um die Frau zu erreichen.
    »Welcher Dieb?«, wollte sie wissen und ließ sich die Richtung weisen. Ich hatte zu tun Louna nicht zu verlieren, weil sie so schnell war und ich selbst mich noch unsicher auf den Beinen fühlte. Vor allem in diesem Tempo befürchtete ich einfach umzufallen. Meine vier Beine waren mir definitiv lieber, auch weil ich dann immer schneller als Louna war. Diesmal war ich der Langsamere. Aber ich schaffte es trotzdem ihr zu folgen. Dash schien das nicht mitbekommen zu haben, denn er war nicht dabei. Ich folgte Louna weiter in eine etwas entlegenere Gegend der Stadt. Wir verließen sie nicht, aber noch mehr hohe Felsen und Steine rahmten die Landschaft und weniger Häuser. Trotzdem gehörte dieser Teil immer noch zur Stadt. Weiter vorne konnte ich jemanden ausmachen, der ebenfalls rannte. War das der Dieb? Das würden wir wohl gleich heraus finden …

  • 5. Kapitel - Stilvolles Verbrechen



    Das Gebäude wirkte unscheinbar. Der Dieb war darin verschwunden, aber Louna wollte ihn unbedingt verfolgen. Wenn sich Diebe in dieser Gegend aufhielten, die Pokémon stahlen, könnte sie womöglich eine Spur von ihrem Arcus finden. Was, wenn die Diebe tatsächlich an seinem Verschwinden Schuld waren? Wenn sie ihr Fukano einfach in einem unbedachten Moment geschnappt und verschleppt hatten? Eine Möglichkeit wäre es! Zwar wollte Louna nicht, dass sich diese Befürchtung bewahrheitete, aber solange sie es nicht ausschließen konnte, würde sie der Sache nachgehen. Außerdem war ein Pokémon sowieso gestohlen worden! Das konnte sie nicht einfach so ignorieren, wobei sie siche sicher was von Dash anhören durfte, wenn sie wieder zusammen kommen. Einfach so los stürmen und sich in gefährliche Situationen begeben … Louna wusste, dass ihr Temperament mit ihr durchging. Normalerweise war sie sehr bedacht und vernünftig, überlegte, bevor sie handelte. Aber in solchen Momenten wie diesen konnte sie nicht tatenlos zusehen, sondern musste etwas tun.
    Gerade jetzt war sie dabei das Gebäude zu betreten. Von außen hatte es fast wie jedes andere Haus gewirkt. Noch nicht einmal besonders groß, doch schnell wurde ihr klar, dass mehr dahinter steckte. Als sie drinnen war, wo keinerlei Sicherungen vorhanden waren, um Eindringlinge abzuhalten, fand sie schnell die Treppe nach unten. Dorthin musste der Dieb verschwunden sein, denn viel gab es im Erdgeschoss nicht zu sehen. Ohne zu zögern folgte sie der Treppe, wo noch einmal eine Tür war, die sie ohne Probleme öffnen konnte. Dahinter lag ein langer Gang, der kaum beleuchtet war. Sie erinnerte sich sofort an Illumina und ihr kleines Abenteuer unter der Stadt, als sie zum ersten Mal Soul begegnet war. Da haben sich auch Pokémon-Diebe herum getrieben! Ob das hier so etwas ähnliches war?
    Ein Geräusch hinter ihr alarmierte sie und sie drehte sich abrupt um. Sie blickte in zwei dunkle Augen. Überrascht erkannte sie den jungen Mann von vorhin, den Chiari offenbar so gemocht hatte. Er war ihr gefolgt? Sie hatte das gar nicht mitbekommen, aber das war vermutlich auch besser so, dass er hier war. So war sie nicht ganz allein. Auch wenn sie zugeben musste, dass seine Erscheinung etwas seltsam auf sie wirkte. War er wirklich barfuß? Louna fragte ihn nicht, welche Gründe er dafür hatte. Es gab genug seltsame Menschen in dieser Welt. Außerdem musste das noch nicht heißen, dass er nicht ein anständiger Kerl war. Schlussendlich kannte sie ihn nicht. Welches Urteil durfte sie sich da also erlauben? Solange er ihr nicht plötzlich in den Rücken fiel … Sie hatte keine Zeit zum Zweifeln! Mit vorsichtigen Schritten ging sie weiter, versuchte sich trotzdem zu beeilen, um nicht zu viel Zeit zu vergeuden. Mit ihrem Begleiter wechselte sie kein Wort. Weder fing er von sich aus an etwas zu sagen, noch wollte sie sich groß mit einer Unterhaltung ablenken.
    Den Dieb hatte sie schon vorhin aus den Augen verloren. Aber sie hatte gesehen, dass er in dieses Gebäude gerannt war. Irgendwo musste er hier sein! Sie würde ihn finden und stellen, auch wenn ihr Herz wieder runter in die Kniekehlen rutschte, weil sie Angst hatte. Allerdings war das noch lange kein Grund für sie aufzugeben. Sie würde auf ihre Pokémon vertrauen, sie würde auf A…
    Arcus war nicht da.
    Fast hätte sie vergessen, dass ihr Freund nicht mehr bei ihr war. Nervös biss sie sich wieder auf die Unterlippe, eine Gewohnheit, die sie schon als kleines Kind gehabt hatte, wenn sie ängstlich oder nervös gewesen war.
    »Hast du es?«, hörte sie eine Stimme, die von weiter vorne kam. Sie sah keine Person, aber sie erkannte einen schmalen Lichtstrahl, der unter einer Tür hervor blitzte, die nur angelehnt war.
    Der Gang war lang und unscheinbar. Hier gab es nicht viel, aber er passte auch nicht wirklich zur Architektur des Gebäudes. Es wirkte so, als wenn dieser unterirdische Bereich später ausgebaut worden wäre. Die Tür, die sie weiter vorne erkennen konnte, war die erste, an der sie vorbei kommen würde. Bevor sie diese jedoch erreichte, trat auf einmal eine Person hervor. Sie blickte noch in den Raum zurück, weil da offenbar noch jemand anderes war. Hoffentlich waren es nur zwei, denn wenn hier eine ganze Bande im Spiel war, könnte es definitiv gefährlich werden. Louna und der junge Mann, dessen Namen sie nicht kannte, blieben stehen.
    »War viel zu einfach. Die Alte hat gar nicht so schnell gucken können, wie ihr Vieh weg war.« Dreckiges Lachen erklang aus der Kehle des Mannes, der auf den Gang getreten war. Er war in schwarz gehüllt und besaß dunkelbraune Haare, die aber durch das schlechte Lichtverhältnis hier fast schwarz aussahen. Sollte Louna ihn sofort zur Rede stellen? Selbst wenn sie etwas hätte sagen oder anderweitig handeln wollte, so kam er ihr doch zuvor. Denn der schwarzgekleidete Mann bemerkte die beiden Eindringlinge und starrte deshalb direkt zu ihnen rüber.
    »Hey, wer seid ihr denn?«, wollte er wissen. Seine Stimme war tief und bedrohlich, aber davon wollte sich Louna nicht einschüchtern lassen. Ermutigt, weil sie nicht allen hier war, bot sie ihm Parole.
    »Diebe! Ihr habt Pokémon gestohlen, gebt sie zurück!« Wie viele Pokémon tatsächlich gestohlen worden waren, wusste sie nicht. Es spielte auch keine Rolle! Allein seine Aussage von eben hatte bestätigt, dass er ein Pokémon geklaut hatte. Das reichte ihr aus, um ihn stellen zu wollen, damit die Frau von vorhin ihr Pokémon zurück bekam.
    Der Mann knurrte und nuschelte ein »Verdammt!«, statt aber nun auf sie los zu gehen, drehte er sich um und rannte den Gang weiter.
    »Hey, bleib sofort stehen!«, rief Louna ihm nach. Wollte er etwa fliehen? Das durfte sie nicht zu lassen! Sofort nahm sie die Verfolgung auf und hörte noch ihren Namen hinter sich rufen: »Louna!«
    Sie reagierte nicht darauf und konzentrierte sich darauf dem fliehenden Kerl zu folgen. Er würde nicht damit durchkommen, das schwor sie sich.


    Es war schön wieder bei Louna zu sein, aber auch sehr verwirrend. Für mich stand es außer Frage, ob ich an ihrer Seite bleiben wollte oder nicht, deswegen zögerte ich auch nicht, als sie die Verfolgung eines vermeintlichen Diebes aufnahm. Wir kamen gemeinsam an einem Gebäude an, das wir betraten. Wenn wir zusammen blieben, konnten wir alles schaffen. Dieses Gefühl hatte ich während unserer Reise bekommen, denn wir hatten schon einiges erlebt gehabt. Doch diesmal war es ein wenig anders. Ich war ein Mensch und noch war mir nicht klar, dass mir etwas sehr Entscheidendes fehlte.
    Als wir die Treppe nach unten gingen, schien sie sich daran zu erinnern, dass ich auch noch da war. Sie wirkte jedenfalls sehr überrascht mich zu sehen, als sie sich zu mir umdrehte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sonst hatte ich nie Worte gebraucht, dafür war ich um ihre Beine gelaufen oder sie hatte sich zu mir hinab gekniet und gestreichelt. Unsere Verbindung war tief, aber irgendwie fühlte es sich momentan anders an. Ob ich das nun zugeben wollte oder nicht. Ich fühlte mich zwar immer noch zu ihr hingezogen, doch aufgrund der Tatsache, dass sie mich nicht erkannte, schien sie mir gegenüber distanzierter zu sein. Es gab kein Lächeln, keinerlei Berührungen. Gerade die vermisste ich schrecklich. Ich war es nicht gewohnt solange ohne damit auskommen zu müssen.
    Langsam folgte ich ihr den dunklen Gang entlang. Zum ersten Mal begriff ich, wie sich Louna in solchen Momenten fühlen musste. Als Fukano hatte ich mit der Dunkelheit keine Probleme gehabt, jetzt war es anders. Das wenige Licht, das hier vorhanden war, ließ eine insgeheim bedrohliche Atmosphäre aufkommen. Man erwartete regelrecht, dass auf einmal ein Monster aus einem dunklen Schatten hervor gesprungen kam, um uns anzugreifen. Das Monster würde dann wohl ein Pokémon sein, aber unter denen gab es auch Exemplare, denen man lieber nicht begegnen wollte.
    Statt eines Pokémons tauchte allerdings ein Mensch auf. Er kam aus einem Raum weiter vorne und Louna stürzte sich gleich voran, als der Mann versuchte abzuhauen. Ich rief ihr noch nach, aber sie wartete nicht auf mich. Das alles ging mir auf einmal viel zu schnell, weil ich damit nicht gerechnet hatte. Ich wollte ihr hinterher laufen, doch da tauchte ein zweiter Mann aus dem Raum auf, der selbst alarmiert wurde durch den Tumult, der im Gang entstanden war.
    »Wer bist du?«, fragte er brüllend, aber er schien keine ernsthafte Antwort zu erwarten. Ehe ich mich versah, warf er schon nach mir einen Pokéball. Ich weiß nicht wieso, aber ich dachte gerade ernsthaft er wollte mich damit fangen. Was sehr dreist wäre, schließlich gehörte ich zu Louna! Ich würde sie niemals verlassen! Diese Sorge war allerdings unbegründet, wurde aber durch eine andere abgelöst.
    Aus dem Pokéball tauchte ein Granbull auf mit ziemlich gefährlich aussehenden Zähnen und besonders ausgeprägten Hauern. Davon erwischt zu werden, könnte extrem schmerzhaft sein. Ich machte mich bereit zu kämpfen und bereitete mich darauf vor meinen feurigen Atem auf es los zu lassen. Im Nahkampf wollte ich mich nicht mit diesem Pokémon messen, um den Schaden weitestgehend einzudämmen. Mein Feueratem würde ausreichen, um es in Schach zu halten. Davon war ich überzeugt! Das Problem, was mir nun jetzt bewusst wurde, war, dass ich weder die heiße Flamme in mir spüren konnte, die sonst immer anstieg, wenn ich eine Feuerattacke los schmetterte, noch überhaupt irgendeine Fähigkeit meines fukanischen Daseins einsetzen konnte. Ich war ein Mensch, kein Pokémon mehr. Weder besaß ich scharfe Zähne und Krallen noch konnte ich mein Feuer einsetzen, um den Gegner anzugreifen. Diese Erkenntnis erschütterte mich. Der Mann mir gegenüber schien meinen Gesichtsausdruck so zu interpretieren, als hätte ich Angst bekommen oder als wäre mir bewusst, dass ich keine Chance gegen sein Pokémon hatte.
    Im Grunde genommen hatte er mit dieser Annahme auch Recht. Was konnte ich als Mensch denn schon ausrichten? Erstaunlich wie schwach man sich als Mensch fühlen konnte! Mir war das niemals klar gewesen, dass im Prinzip die Stärke am Ende bei den Pokémon lag, auch wenn die Menschen uns trainierten und zeigten, wie wir kämpfen konnten. Sie selbst waren dazu aber nicht wirklich in der Lage, weil sie keine besonderen Fähigkeiten vorzuweisen hatten.
    Ich schluckte meinen Unmut hinunter, wusste aber dennoch nicht, wie ich mit Granbull umgehen sollte. Ich könnte mich auf es stürzen, ahnte aber insgeheim, dass ich unterliegen würde. Gefährlich knurrend kam mir das Pokémon näher, bereit dazu seine Zähne in meinen Körper zu rammen.
    »Jetzt siehst du, was passiert, wenn man sich in unsere Angelegenheiten mischt!«, ließ mich der Dieb wissen. Ja, ich sah es und wünschte mir ein Pokémon zu sein. In diesem Augenblick wäre ich lieber wieder Fukano statt ein Mensch. Dann könnte ich kämpfen, könnte das Pokémon vor mir besiegen und Louna zu Hilfe eilen.
    Louna!
    Mit Schrecken fürchtete ich, dass ihr etwas zustoßen könnte, wenn ich nicht bei ihr war. Verdammt! Als ich schon drauf und dran war mich einfach auf das Granbull zu stürzen, tauchte ganz unerwartet Flabébé auf ihrer roten Blüte auf. Ich weiß nicht, woher sie kam oder wie sie hier hinein gekommen war. Sie tauchte scheinbar einfach aus der Dunkelheit auf und ließ einen starken Blütenwirbel auf Granbull und den Dieb los. Die beiden taumelten zurück, der Mann suchte sogar kurzzeitig Schutz im Nebenraum, um nicht weiter getroffen zu werden. Diese Ablenkung gab dem Flabébé Zeit, um zu mir zu kommen. Ich hörte tatsächlich wieder ihr helles Kichern und Lachen und starrte es verwundert an. Ob sie zu mir etwas sagte, wusste ich nicht, allerdings verteilte sie wieder ihren Blütenstaub über mich.
    »Hey, was soll das?« Natürlich beschwerte ich mich, weil ich das gar nicht mochte. Außerdem kitzelte dieser verfluchte Staub in meiner Nase, weshalb ich heftig niesen musste. So heftig, dass ich mein Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel. Das war nicht nett! Ich stieß ein Knurren Richtung Flabébé aus und hörte doch nur wieder das amüsierte Lachen von ihr.
    »Hör auf mich immer auszulachen!«, beschwerte ich mich, wurde aber abgelenkt, weil Granbull sich gefangen hatte und nun selbst heftig knurrte. Es schien extrem wütend zu sein und diese Wut würde es an mir auslassen wollen. Weil Flabébé viel zu weit oben war, erreichte Granbull es nicht. Und wer war der Sündenbüßer? Natürlich ich. Das ließ ich mir allerdings nicht gefallen! Noch während Granbull auf mich zu gerast kam, atmete ich tief ein, sammelte die Hitze in mir und entließ meinen mächtigen Feueratem. Ich besaß genug Training und war in den letzten Monaten immer stärker geworden. Die Wucht des Feuers traf das andere Pokémon und ließ es aufbrüllen. Die Flammen waren schmerzhaft und zwangen es zum Rückzug. Das gab mir die Gelegenheit an ihm vorbei zu laufen, den Gang weiter, um nach Louna zu suchen.
    Ha! So macht man das!
    Mir war gar nicht klar, dass ich mich auf vier Pfoten bewegte. Ich war so sehr darauf fixiert Louna zu finden und ihr gegebenenfalls zu helfen, dass ich meine Rückverwandlung in ein Pokémon gar nicht wahrgenommen hatte.


    »Tja Mädchen, hier kommst du nicht mehr weg«, verhöhnte die tiefe Stimme des Diebes Louna, die wie eine Bogensehne angespannt war. Sie war dem Dieb bis in einen größeren Raum gefolgt. Es schien eine Art Lagerhalle zu sein. Überall gab es Kisten, Regale, Kartons und diverse andere Gegenstände, um was auch immer zu lagern. Was ihr allerdings zusätzlich aufgefallen war, stand in einer Ecke des Raumes weiter hinten. Drei Käfige, die drei Pokémon gefangen hielten. Darunter ein Eneco, welches der Dame aus Cromlexia gehörte. Louna wollte sie alle retten, doch das würde schwieriger werden, als ihr lieb sein konnte.
    Der Dieb, dem sie gefolgt war, war nicht mehr allein. In dieser kleinen Halle war ein weiterer gewesen, der sie nun natürlich ebenfalls bedrängte. Sie hatte Dael und Chiari gerufen, um zu kämpfen, da die beiden Diebe ihre Pokémon auf sie gehetzt hatten. Nun standen sich die Parteien gegenüber. Leider sah es nicht besonders gut für Louna aus. Chiari war bereits angeschlagen. Sie hatte einige Kratzer von dem Kleoparda zugefügt bekommen, die Chiari Schmerzen erleiden ließen. Am liebsten würde sie Chiari zurückrufen, aber würde Dael allein mit dem Kleoparda und dem Arbok fertig werden? Sie wollte ungern riskieren, dass Dael zu sehr in die Mangel genommen wurde. Wie sollte sie das sonst Soul erklären, wenn sie ihm sein Hundemon zurück gab und es verletzt war?
    Louna war hin und her gerissen und hatte keine andere Wahl, als weiter zu kämpfen. Ob nun mit oder ohne Chiari, wenn sie es nicht schaffte die beiden Diebe außer Gefecht zu setzen, sah es eng für sie aus. Wo war eigentlich der Typ von vorhin abgeblieben? Ungern gab sie es zu, aber sie würde sich durchaus über Verstärkung freuen. Oder gehörte er auch zu dieser Bande an dreckigen Dieben?
    »Los Arbok, spei deine Säure auf diese Biester!«, brüllte der zweite Dieb. Louna musste etwas dagegen unternehmen!
    »Dael, Chiari, passt auf!« Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Pokémon zu sehr verletzt wurden, allerdings war es auch gefährlich die beiden Diebe an sich näher heran kommen zu lassen. Der erste Dieb, dem sie vorhin gefolgt war, versuchte um die Pokémon herum zu laufen, um zu ihr zu gelangen. Daher wies Louna Chiari an sich ihm in den Weg zu stellen. Fauchend sprang ihr kleines Evoli ihm in den Weg, so dass er inne halten musste. Aber schon rief er sein Kleoparda, das angerast kam, um sich erneut auf Chiari zu stürzen. Der Kampf war sehr hektisch. Louna wusste gar nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Sie musste quasi an zwei Fronten gleichzeitig kämpfen. Dabei den Überblick zu behalten, war gar nicht so einfach! Wenn ihr nicht langsam eine Lösung einfiel oder sie es nicht schaffte die beiden gegnerischen Pokémon zu besiegen, wusste sie nicht, wie das hier im Guten für sie enden sollte.
    Schon in der nächsten Sekunde hörte sie Chiari aufschreien. Kleoparda hatte sich in den kleineren Körper verbissen. Blut tropfte zu Boden, da der Biss des Pokémon Chiari eine Wunde zufügte. Louna musste etwas unternehmen! So ging das nicht weiter!
    »Hört sofort auf, ihr dreckigen Diebe!« Sie war wütend. Wie konnten diese Typen so ohne Gewissen andere verletzten, in dem sie Pokémon stahlen und ohne Rücksicht ihre eigenen Pokémon auf andere los gehen ließen? Das war skrupelhaft!
    »Dreckig sagst du?«, kommentierte der zweite Dieb pikiert. Er hatte längeres Haar als der Erste und warf es schwungvoll hinter die Schulter wie eine Diva. Das war ein sehr skurriles Bild und zeugte von Arroganz. Die Nase hätte er kaum höher halten können.
    »Wir sind Black Flare, merk dir das, Püppchen! Mit unserer schwarzen Eleganz wird uns bald schon die ganze Welt gehören!«
    Okay, spätestens jetzt war sie sich sicher, dass nicht nur Arroganz, sondern auch Größenwahnsinn diese Typen überfallen hatte.
    »Mir egal, wie ihr euch nennt! Diebe und Verbrecher seid ihr trotzdem! Damit kommt ihr nicht durch!«, rief Louna zurück. Sie würde nicht klein beigeben. Das konnte sie einfach nicht.
    »Ach ja?«, hörte sie den ersten Dieb und wandte ihre Aufmerksamkeit zu ihm. Erschrocken sah sie, wie das Kleoparda die kleine Chiari achtlos wegwarf, als wäre sie nur ein Stück Müll, was man nicht mehr brauchte. Das Pokémon landete unsanft auf dem Boden und gab ein gequältes Geräusch von sich.
    »Oh nein … « Louna hätte los schreien und heulen können. Mit Mühe versuchte sie sich zusammenzureißen, rannte aber wie von Voltula gestochen zu Chiari und kniete sich neben sie hin.
    »Meine Kleine … « Sie traute sich kaum ihr Pokémon zu berühren wegen der Befürchtung, dass sie ihr noch mehr Schmerz zufügen konnte.
    Dann hörte Louna auch noch das drohende Zischen des Arboks. Es war näher heran geschlängelt, aber Dael kam herbei und stellte sich diesem Pokémon in den Weg, ja es griff dieses direkt an. Arbok und Hundemon rangelten wieder, doch das Schlangen-Pokémon schaffte es ein paar Mal Dael zu beißen. Louna fürchtete bereits, dass Arbok sein Gift verteilen würde.
    »Dael!«, rief sie das Pokémon. »Flammenwurf!« Sie hielt sich nicht mit langen Sätzen auf, sondern gab einfach den direkten Befehl. Von Soul wusste sie, wie gut das Hundemon trainiert war und wie gehorsam es sein konnte. Zwar war sie nicht sein richtiger Trainer, aber da Soul ihr Dael anvertraut hatte, hatte er auch gleichzeitig Dael klar gemacht, dass es eine Zeit lang auf Louna hören sollte. Statt dass nun aber Dael seinen Flammenwurf einsetzte, um ihn gegen Arbok zu werfen, kam diese Feuerbrunst aus einer völlig anderen Richtung. Verwundert und gleichzeitig auch verängstigt, dass noch ein weiterer Gegner aufgetaucht war, drehte sich Louna zu der Ursache um. Was sie sah, hätte sie nicht erwartet.
    Ein roter Blitz schoss herbei und warf sich direkt auf das Arbok. Sowohl die Diebe, als auch die Pokémon waren nicht darauf vorbereitet gewesen. Das Arbok ließ von dem Hundemon ab, weil es zurück geworfen wurde. Es zischte auf und schlängelte sich, war aber in dem Biss gefangen. Das Feuer hatte es vorhin nur knapp verfehlt, aber das hatte ausgereicht, um abgelenkt gewesen zu sein.
    »A-arcus?« Louna traute ihren Augen nicht. Was sie sah, konnte sie nicht fassen. War es wirklich ihr Arcus oder war es nur ein anderes Fukano, was plötzlich auftauchte? Dael kam frei, aber nur für kurze Zeit, denn die Diebe hetzten Kleoparda auf das Hundemon. Wieder wurde gekämpft. Hundemon gegen Kleoparda und Fukano verbiss sich in Arbok, das versuchte dieses los zu werden. Die Rangeleien wurden über den ganzen Raum ausgebreitet. Das Kleoparda versuchte einem Angriff von Dael auszuweichen und rannte vor diesem davon. Dael setzte sofort zur Verfolgung an. Dadurch wurden einige Kisten und Kartons umgeworfen. Teilweise wurde dabei auch einiges zerstört oder schlichtweg angefackelt, denn Dael nutzte natürlich auch seine feurigen Attacken.
    Die Diebe waren zu sehr von den Kämpfenden abgelenkt, dass Louna die Chance nutzte und Chiari behutsam auf ihre Arme hob. Ihr armes kleines Evoli! Es würde so schnell wie möglich verarztet werden müssen, aber sie konnte noch nicht weg von hier.
    Als es erneut polterte, sah Louna wieder auf und in die Richtung der Pokémon. Arbok und Fukano lieferten sich immer noch einen Kampf. Arcus knurrte wild und unnachgiebig. Seine Zähne blitzten auf und feurige Funken glühten im Maul. Arbok zischte. Es hatte einige Bisse, Kratzer und sogar Verbrennungen abbekommen, aber das war teilweise nur oberflächlich. Außerdem trieb sein diebischer Trainer es an, also zog es sich bisher auch nicht zurück.
    Arcus wich einer weiteren Säurespeier-Attacke aus. Die Säure verteilte sich über den Boden, wo Arcus bis eben noch gestanden hatte. An dieser Stelle zischte und dampfte es leise auf. Kein gutes Zeichen. Besser man wurde von dieser Attacke nicht getroffen. Durch das Ausweichmanöver rempelte Arcus versehentlich ein Fass an, was ins Wanken geriet und umfiel. Es schien nicht viel zu enthalten, wenn es durch diesen Zusammenprall so schnell umgeworfen werden konnte. Aber auf dem Fass hatte sich ein kleiner Karton befunden. Er war nicht richtig verschlossen gewesen, weswegen nun mit einem klirrenden Geräusch alle Steine darin sich auf den Boden verteilten, als der Karton von dem Fass herunter fiel.
    Lounas Herz bebte. Erst recht als sie ein Knurren hinter sich vernahm, sich umdrehte und das dazu gehörige Granbull entdeckte. Nun war sie von drei Dieben umzingelt, denn sie trugen alle schwarz und wirkten alles andere als vertrauenswürdig. Wie sollte sie aus dieser Situation nur wieder heraus kommen?




  • Hallo Alexia,


    wie ich sehe hast du für deine Fanfiction noch keinen Kommi erhalten, was mich doch schon sehr wundert. Deshalb sehe ich mich dazu verpflichtet dir eins da zu lassen. Nicht nur deswegen sonder auch, weil mir deine Geschichte bis hierher sehr gut gefällt. Ich muss sagen am Anfang hatte ich schon ein wenig meine Probleme mich in die Geschichte einzufinden. Ich sage es mal so, es war ein sehr ruhiger einstieg, nicht "besonderes". Es wird halt viel erzählt. Noch keine Handlung. Mit der Zeit aber habe ich weiter gelesen, auch im das erste Kapitel fängt sehr ruhig an mit einem nicht sehr spektakulären Kampf, eher Training. Die Szene mit den Evolis fand ich jedoch schon sehr süß und schön beschrieben und als sie dann im Unterholz abgetaucht sind und die Suche im Wald losging, hattest du mich, seit diesem Punkt habe ich deine Geschichte verschlungen und finde es toll wie du die Gefühle und Umgebung beschreibst. Hin und wieder habe ich ein paar Tippfehler entdeckt die ich dir im Anschluss aufzeige. Auch die Eifersucht von Arcus auf Dash finde ich sehr lustig :D
    Du beschreibst diese kleinen Sticheleien und die Gefühle von diesem Fukano sehr gut.


    Als er sich dann in einen Menschen verwandelte war ich echt erstaunt da ich nicht wusste das sich die Geschichte in diese Richtung entwickelt und es hat mich ein wenig an meine Fanfiction erinnert. Auch die Probleme die er anfangs hatte mit dem Laufen und Sprechen fand ich sehr interessant. Im Nachhinein habe ich mir eine weiter Szene gewünscht mit Louna und Arcus als Mensch. Aber ich vermute das wir irgendwann wieder ein solche Situation bekommen, bzw ich hoffe es. Es war für mich unglaublich spannend seine Gedanken und ersten Eindrücke zu hören. So plötzlich wie er ein Mensch geworden ist, hat er sich auch schon wieder in ein Fukano verwandelt und man stellt sich die Frage warum? Warum verwandelt das kleine Flebebe in um, welcher Grund. Ich vermute das da noch etwas größeres dahintersteckt. Ich kann mir für das nächste Kapitel gut vorstellen das er genauso verwirrt ist und sich die selben Fragen stellt. Mit Sicherheit auch wieder Erleichterung auf vier Pfoten zu stehen. Als Mensch hat er bislang keine guten Erfahrungen gemacht. Ich bin echt gespannt wie es weitergeht und freue mich auf weitere Kapitel deinerseits !


    LG Rehabed


    PS: Die Tippfehler editiere ich dir bei Gelegenheit in diesen Kommentar rein und sorry, dass es kein längeres Kommi ist.

  • Hallo wertes Flamara,


    um Rehabed etwas Gesellschaft zu leisten, bekommst du noch einen Kommentar und vielleicht ein paar Anmerkungen, die in Zukunft hilfreich sein könnten. Mal sehen, wie viel ich finde.


    Generell finde ich ja die Idee, Arcus aus der Hauptgeschichte in den Fokus zu setzen, wirklich niedlich und die Welt aus seinen Augen kennenzulernen hat etwas Spannendes für sich. Bei Trainerreisen liest man sehr oft eben nur aus der Trainersicht und die Pokémon geraten meist in den Hintergrund; daher kann man das auch sehr auflockernd sehen, indem auch andere Pokémon ins Rampenlicht gelangen und ihre Sternstunden zeigen. So etwa Chiari im späteren Verlauf.
    Besonders interessant ist hier einfach das Verhältnis zwischen Louna und Arcus zu beobachten, die ja ein enges Band der Freundschaft verbindet und ohne einander wohl nicht mehr auskommen würden. Das aber eben auch nur auf einer freundschaftlichen Basis und dass sich gegenüber Dash schnell Eifersucht entwickelt, mag zwar mit diesem Band zu tun haben, kann aber auch der Auslöser dafür gewesen sein, dass er mehr für Louna empfindet. Was eigentlich wegen des Pokémon-Seins seltsam ist, da sie unter Ihresgleichen wären. Daher hat die Geschichte auch von Anfang an eine etwas andere Rahmenhandlung und das macht es auch spannend zu beobachten, wie sich diese Jagd entwickelt. Nach den eigenen Gefühlen, nach dem eigenen Selbst und überhaupt, wer Arcus nun eigentlich sein möchte. Besonders die Verwandlung zum Menschen will ich Hervorheben; umgekehrt hat man es schon öfters gelesen und die neue Situation muss Arcus schließlich auch erst einmal kennenlernen. Ich frage mich dabei, was dieses Flabébé überhaupt dazu bewegt hat, ihm zu helfen. So scheint es ja mehr ein glücklicher Zufall gewesen zu sein, auch mit der späteren Begegnung im letzten Kapitel, als er wieder zurückverwandelt wurde. Aktuell sind noch einige Geheimnisse offen und auch, wie die Geschichte weiterlaufen wird und ob die Black Flares noch einen größeren Handlungsspielraum bekommen, ist nicht abzusehen. Ihre aktuellen ZIele gefallen mir aber schon wesentlich besser als die der alten Zusammensetzung.


    In diesem Sinne, man liest sich!

  • 6. Kapitel - Bange Hoffnung


    Mit stark klopfendem Herzen sah sich Louna drei Gegnern gegenüberstehen. Dael, ihr Hundemon, hechelte bereits schneller, was ein Anzeichen der Erschöpfung war. Die Auseinandersetzung mit dem Kleoparda hatte ihm viel abverlangt. Wenigstens war auch das andere Unlicht-Pokémon bereits an seine Grenzen gekommen. Beide würden nicht mehr lange durchhalten. Ebenfalls sah Arbok nicht mehr ganz so fit aus, aber dieses Pokémon war noch in der Lage sein Gift zu verspritzen und das machte es nur umso gefährlicher. Vor allem wenn sich Granbull mit einmischte und danach sah es gerade aus.
    Chiari konnte auf keinen Fall mehr weiter kämpfen. Noch immer hielt Louna ihr kleines Evoli auf den Armen, wollte sie vor allen weiteren Angriffen beschützen. Aber wenigstens war Arcus wieder da!
    So gern Louna ihren Freund in die Arme schließen wollte, um ihn Willkommen zu heißen und um sich einfach darüber zu freuen, dass er wieder bei ihr war, so konnte sie es dennoch nicht. Nicht jetzt.
    Arcus stand mit gesträubtem Fell und gebleckten Zähnen zwischen ihr und den Gegnern. Neben ihm war Dael, aber ihnen gegenüber reihten sich die Pokémon der Diebe auf, die sich Black Flare nannten.
    »Jetzt ist Schluss mit lustig!«, ließ der erste Dieb sie wissen. Der, dem das Kleoparda gehörte. Louna schluckte. Kleoparda war fast besiegt, Arbok würde auch nicht mehr lange durchhalten. Wenn sie Glück hatte und ihre Pokémon nicht von dem Gift getroffen wurden, könnten sie es schaffen … Wäre da nicht Granbull, was vermutlich von allen am energiereichsten war. Trotzdem stand es zwei gegen drei und dann war Dael auch schon fast am Ende. Es stand also äußerst schlecht.
    »Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ihr damit durchkommt? Man wird euch hier finden und dann werdet ihr für eure Verbrechen bezahlen!« Louna sprach mit fester Stimme, obwohl sie innerlich zerrissen vor Angst war. Diese Angst wollte sie aber nicht den Dieben zeigen. Egal was aus ihr selbst wurde, sie wusste, dass Dash früher oder später nach ihr suchen würde und dann hoffentlich die Spur bis hier hin verfolgte. Black Flare würde nicht entkommen! Man würde sie aufspüren und dann dingfest machen! So optimistisch wollte Louna denken. Dummerweise ließen sich die Gegner nicht beirren und lachten sie aus. Sie hatten selbst den Überblick über die Situation und egal, ob später noch jemand auftauchen würde, Louna würde unterliegen. Das stand schon jetzt fest. Wie sollte das Püppchen auch hier noch heraus kommen, wo ihre Pokémon fast besiegt waren? Gut, da war dieses dämliche Feuer-Pokémon aufgetaucht, aber trotzdem! Die Diebe waren sich sicher zu gewinnen.
    »Jetzt machen wir kurzen Prozess! Granbull!«, stieß der dritte Dieb aus, der vorhin noch mit seinem Pokémon dazu gekommen war und hetzte dieses auf die Pokémon von Louna. Auch Arbok und Kleoparda schlossen sich dem Kampf an.
    »Flammenwurf!«, schrie Louna und sie konnte nicht verhindern, dass in ihrer Stimme bereits ein Anflug von Panik zu hören war. Dael und Arcus reagierten augenblicklich und ließen ihren heißen Atem auf die anstürmenden Pokémon los. Kleoparda bekam die volle Ladung ab und kreischte vor Schmerz. Es sprang zurück und wirkte sehr mitgenommen. Damit waren es nur noch Arbok und Granbull. Letzteres war dem Feueratem ausgewichen und stürmte knurrend auf Arcus zu. Arbok warf sich hingegen wieder auf Dael, weswegen Louna sehr besorgt war.
    »Dael, nutze deinen Knirscher!«, gab sie die Anweisung. Das Pokémon musste sich im Nahkampf verteidigen und sollte hemmungslos die Zähne einsetzen. Anders waren die Gegner nicht abzuwehren. Leider besaß auch Arbok Zähne und dazu auch noch Gift. Mit Schrecken beobachtete Louna den Kampf der beiden Pokémon und fürchtete jedes Mal, wenn Arbok zuschnappte, dass es Dael schwer vergiften konnte. Aber Dael hielt sich wacker und wich geschickt immer wieder aus, kam allerdings nicht dazu einen Gegenangriff zu starten.
    Als Louna das Aufheulen von ihrem Fukano hörte, wandte sie ihren Blick zu ihrem besten Freund, der durch die halbe Halle flitzte, dicht gefolgt von Granbull. Dieses ließ einen hellen Lichtschein auf Fukano los, so dass jenes zurück geworfen wurde und gegen weitere Kisten prallte. Das musste die Feenattacke Zauberschein gewesen sein. Anders konnte es sich Louna nicht erklären. Granbull hatte dadurch versucht dem fliehenden Fukano Einhalt zu gebieten, denn die physischen Attacken würden weit mehr anrichten. Granbull raste auf Arcus zu, der sich gerade wieder aufrichtete. Er knurrte und obwohl Louna weiter weg stand, konnte sie erkennen, dass sich Arcus an der linken Vorderpfote verletzt haben musste. Sie war besorgt, konnte aber auch nicht einfach zu ihm laufen, da sie auch Dael im Auge behalten musste. Dadurch, dass ihre Aufmerksamkeit auf zwei Szenarien aufgespalten war, bemerkte sie nicht, wie der Dieb, dem das Kleoparda gehörte, sich von hinten an sie heran geschlichen hatte. Erst als die Arme von unten um sie herum geschlungen wurden, um sie festzuhalten, schrie sie erschrocken auf. Beinahe hätte sie Chiari fallen gelassen, doch dazu kam es nicht.
    »Lass mich los!«, brüllte sie und zappelte, so gut sie konnte. Die Männer, gegen die sie hier kämpfte, waren allesamt größer als sie, daher war auch derjenige, der sie nun festhielt, größer und vor allem stärker. Unbarmherzig hielt er sie in seinem Klammergriff fest und verhinderte jegliche Flucht. Schlimmer noch, er zückte ein langes Messer, was er an ihre Kehle hielt. Dadurch erstarrte Louna.
    »Jetzt hat es sich ausgespielt, Püppchen!« Sie konnte kaum schlucken, ohne dass das Messer über die Haut am Hals ritzte.
    »Ruf deine Viecher zurück oder es ist aus!«, forderte er sie auf.
    »Ich … « Sie musste aufgeben, wenn sie nicht Gefahr laufen wollte, dass er seine Drohung mit dem Messer an ihrem Hals wahr machte. Allerdings wollte sie es nicht. Wenn sie aufgab, was würde dann aus den Pokémon werden? Das Scheppern und Krachen, welches wieder von dem kämpfenden Granbull und Fukano kam, lenkte kurzzeitig ab. Leider nicht genug, um sich aus dem Griff des Verbrechers zu befreien, aber Louna gewann ein wenig Zeit ihre Gedanken zu ordnen.
    Oder um sich selbst ablenken zu lassen …


    Mein Körper prallte gegen die Kisten, aber egal wie sehr mir Granbull zusetzen wollte, ich würde standhalten und es zurück drängen! Mein Wille war ungebrochen und solange ich fähig war zu kämpfen, würde ich es tun. Erst recht, als einer dieser schwarzen Menschen meine Trainerin anfiel und angriff. Wut stieg in mir hoch, die mein inneres Feuer erst richtig zum Lodern brachte. Ich wollte am liebsten sofort zu diesem Kerl rennen, der es wagte Hand an Louna zu legen, doch noch stand mir das Fee-Pokémon gegenüber. Mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, und dabei die schmerzende Pfote ignorierend, rannte ich auf es zu und rammte meinen ganzen Körper gegen das Pokémon. Die Wucht katapultierte Granbull einige Meter weit zurück, doch ich setzte nach und ließ noch einen weiteren Flammenwurf auf es los. Es konnte nicht ausweichen und wurde direkt getroffen. Freuen konnte ich mich allerdings nicht darüber.
    »Ruf das Viech sofort zurück!«, hörte ich den Mann brüllen, der Louna festhielt. Seine Waffe war gefährlich nahe an ihrem Hals. Selbst wenn sie mir etwas zurufen wollte, könnte sie es nicht, sonst glief sie Gefahr durch die Klinge verletzt zu werden. Das regte mich dermaßen auf, dass ich auf ihn zustürmte. Natürlich versuchte er Louna als Schild zu missbrauchen, damit ich nicht an ihm heran kam. Doch an dieser Stelle musste man deutlich festhalten, dass er nicht zu den Menschen gehörte, die skrupellos einen Mord begingen. Noch nicht. Denn auch wenn er noch nicht mit seinem Messer zustach, so hieß das nicht, dass er es nicht noch tun würde.
    Da ich nicht an ihn sofort heran kam und um Louna herum laufen musste, der Verbrecher sich aber mit ihr immer wieder so drehte, dass sie mir gegenüber war, bemerkte ich viel zu spät, wie sich das verbrannte Granbull wieder aufgerichtet hatte. Es war noch nicht vollkommen besiegt oder es war zu sehr in seiner Wut gefangen, um aufzugeben. Was es auch war, zu spät sah ich es und wurde mit voller Kraft vom ihm gerammt. Die Kopfnuss hatte es in sich und beförderte mich nun einige Meter weit weg. Ich heulte schmerzerfüllt auf und prallte wieder gegen irgendwelche Gegenstände, die hier standen. Im Hintergrund hörte ich das triumphierte Auflachen der Diebe, außerdem auch das schmerzerfüllte Jaulen von Dael und das Zischen von Arbok. Es klang nicht gut, aber solange ich atmete, wollte ich nicht aufgeben.
    Ich öffnete meine Augen wieder, die ich wegen des Aufpralls zusammen gekniffen hatte und versuchte mich auf die Pfoten zu stemmen. Mein Körper schmerzte an vielen Stellen und ich konnte mein eigenes Blut riechen, was meine Flanke benetzte. Durch mein rötliches Fell fiel es nicht so sehr auf, aber spüren tat ich es trotzdem. Ein paar Tropfen fielen auch zu Boden.
    Als ich mich umsah und zu Louna blickte, konnte ich ihren ängstlichen und gleichzeitig besorgten Gesichtsausdruck erkennen. Sie war kurz davor einfach aufzugeben, in der stillen Hoffnung, dass ihren Pokémon nichts weiter geschah. Doch sie dürfte genauso gut wie ich wissen, was es wirklich bedeutete in diesem Fall aufzugeben. Solche Menschen, wie diese hier, nutzten jede Gelegenheit, um ihre Machenschaften auszuleben.
    Ich würde einfach für Louna stark sein, würde sie beschützen! Wie ich das anstellen wollte, wusste ich nicht. Dael war in die Enge gedrängt wurden. Nicht nur von Arbok, sondern auch von den beiden anderen Dieben, die ihn einfangen wollten. Er konnte mir also nicht helfen. Louna war selbst gefangen und wurde bedroht und Granbull war trotz der Treffer, die ich ihm eingeheimst hatte, noch immer tollwütig. Das verwirrte mich. Selten habe ich ein Pokémon getroffen, das dermaßen ausdauernd war, wenn es schon einiges hatte einstecken müssen.
    Ich würde mich erst um dieses kümmern, ehe ich Dael und Louna helfen konnte. Schon machte ich die ersten Schritte, blieb dann aber abrupt stehen. Was war das? Ich sah zu meinen Pfoten und entdeckte die zahlreichen Steine, die bereits vorhin runter gefallen waren. Dann erinnerte ich mich.


    Wisst ihr, in dieser Situation hatte ich tatsächlich befürchtet es nicht mehr schaffen zu können. Es stand schlecht um uns und der Kampf hatte bereits zu lange gedauert. Mit jeder weiteren Minute, die wir kämpften, würden wir schwächer werden. Es musste also schnell eine Lösung her, die uns zum Sieg führte. Als ich zu jenem Zeitpunkt zu meinen Pfoten sah, wurde mir bewusst, dass diese Diebe nicht nur Pokémon stahlen, sondern auch andere wertvolle Gegenstände zusammen raubten. In diesem Fall war mir das nur recht!
    Ich erinnerte mich in diesem Augenblick an ein Gespräch von Louna mit einer anderen Person. Da drehte sich das Thema um all diese Steine und was damit möglich war. Louna hatte nie wirklich die Entscheidung fällen wollen einen von ihnen zu verwenden. Sie hatte einfach warten wollen bis vielleicht einmal der Moment kommen würde. Ja, und genau in dieser verzwickten Situation war ich mir sicher: Das ist der richtige Moment!


    Meine Entscheidung war gefallen. In der Vergangenheit hatte ich schon viele Entwicklungen gesehen und mich gefragt, wie es wohl sein würde die Form zu wechseln. Manche Pokémon entwickelten sich nicht nur permanent. Sie wechselten manchmal einfach nur in verschiedene Formen durch verschiedene Einflüsse. Bei mir war das nie der Fall gewesen. Jetzt jedoch war ich bereit. Ich tat das Folgende nicht nur, weil die Situation so brenzlig war, sondern weil ich es wirklich wollte. Die einzige Frage, die noch übrig blieb: Welcher Stein war es denn nun genau?
    Wir Fukanos waren eine Art, die nicht die Fähigkeit besaßen sich von allein zu entwickeln. Woran das lag, konnte ich nicht sagen. Das war aber der Grund dafür, weshalb in der freien Natur so selten Arkanis anzutreffen waren. Denn nur dort, wo die mysteriösen Steine zu finden waren, war es für ein Fukano möglich die Form zu ändern, stärker zu werden! Doch diese Voraussetzungen waren selten erfüllt. Entweder lebten wir in Gegenden, wo keine waren oder wir lebten nicht dort, wo welche waren. Na ja, für mich hatte es nie eine Rolle gespielt. Im Prinzip wusste ich nicht einmal wie es war, frei draußen in der Natur zu leben und selbst um das Überleben zu kämpfen. Allerdings musste ich auch zugeben, dass mir das auch nie gefehlt hatte. Ich war zu sehr mit Louna verbunden und daher nie auf die Idee gekommen, woanders sein zu wollen.
    Kurz schüttelte ich meinen Kopf. Genug überlegt! Ohne noch mehr Zeit zu verschwenden suchte ich unter den daliegenden Steinen den richtigen. Ein Mensch hätte wohl eher gewusst, welcher es war, ich leider nicht. Aber das machte nichts. Denn unter all den Steinen fand ich genau den, der für mich bestimmt zu sein schien. Er strahlte eine Wärme aus, die mich anzog und noch ehe ich wirklich selbst realisierte, was ich tat, war es auch schon geschehen.
    Ich streckte meine Pfote aus und legte sie direkt auf den orange-rot leuchtenden Stein. Ein warmes Glühen ging von ihm aus und synchronisierte mit meinem inneren Feuer. Ich fühlte mich sprichwörtlich Coiffwaff-wohl. Die Wärme stieg an, wurde richtig heiß und um mich herum begann es zu leuchten. Nein, nicht um mich herum. Es begann aus mir heraus zu leuchten, nahm meinen ganzen Körper ein. Ich spürte die Kraft, die in mir anstieg, sich verdoppelte … verdreifachte … immer mehr wurde. Die Veränderung meines Körpers tat nicht weh. Stattdessen hatte ich das Gefühl mich zu erholen, mehr Kraft und Energie zu bekommen, als hätte ich lange genug geschlafen und damit ausgeruht.
    Erst als das Licht um mich herum wieder abflaute bis es gänzlich verschwand, nahm ich auch meine Umgebung wieder wahr. Der Blickwinkel hatte sich verändert, aber nicht so wie vor einiger Zeit, als ich zum Menschen geworden war. Diesmal bin ich auch größer geworden, aber auf eine andere Art und Weise. Meine kräftigen Pfoten spürten deutlich den kalten Boden darunter. Meine Krallen waren länger geworden und kratzten über den Boden. Meine Muskeln zuckten leicht durch die Nachbeben der Entwicklung, aber ich fühlte mich trotzdem gut. So richtig gut. Auf einmal kam mir das Granbull sehr viel kleiner vor. Auch das Arbok wirkte nicht mehr so einschüchternd wie vorhin noch.
    Die Gesichter der Diebe zeigten Erstaunen, genauso wie das von Louna, die mich einfach nur anstarrte. Ihre goldenen Augen waren weit aufgesperrt, ihre Mund ein wenig geöffnet. Ich schnaubte auf, schüttelte mein Fell und ging langsam los.


    »G-glaubst du, dass dir das was nützen wird? Dein Pokémon wird trotzdem keine Chance haben!«, versuchte der Dieb, der Louna festhielt, sie einzuschüchtern und seine eigene Befürchtung zu überspielen. Trotzdem konnte Louna das Beben in seiner Stimme hören. Sein Selbstbewusstsein war angeknackst. Entwickelte Pokémon galten allgemein hin als viel stärker. Deswegen wollten die meisten Trainer auch ihre Pokémon entwickeln, sofern diese dazu in der Lage waren. Louna selbst hatte das nie entscheiden wollen. Es war etwas, was ihre Pokémon für sich selbst entscheiden mussten. Natürlich war das bei solchen wie Fukano oder Evoli nicht einfach, wenn diese von einem Entwicklungsstein abhängig waren. Wobei Evoli sogar zahlreiche Entwicklungen besaß, aber das nur nebenbei.
    Dass sie Arcus’ Entwicklung mal erleben würde und dann auch noch in solch einer Situation, das hätte sie niemals für möglich gehalten. Sie war sich noch nicht einmal sicher, ob sie sich darüber freuen sollte. Arcus war jetzt viel größer und sie konnte sehen, wie die Kraft in diesem Pokémon nur so strotzte. Er wirkte wild und beinahe schon unzähmbar. Die Krallen und scharfen Zähne blitzten gefährlich auf. Sie sollte keine Angst vor ihrem eigenen Pokémon haben!
    »Halt es auf, Granbull! Zauberschein! Biss! Mach schon!« Lounas Ohren klingelten, weil der Dieb ihr regelrecht in die Ohren brüllte, als er seinem Pokémon Anweisungen gab. Aufgrund dessen, dass er alles durcheinander rief und eine Attacke nach der anderen brüllte, merkte man, dass seine Panik zunahm, je näher das Arkani kam. Dieses ging in eine geduckte Haltung über, die vom Angriff sprach.
    Arcus fixierte Granbull und sprintete dann los. Louna sog scharf die Luft ein. Dabei war sie nicht die einzige, die das tat. Auch die anderen waren überrascht von der Schnelligkeit, die Arkani zeigte. In rasender Geschwindigkeit hatte Arcus das Granbull erreicht und zurück geworfen. Es fiel zu Boden, gab keuchende und schmerzerfüllte Laute von sich und blieb auch liegen. Es sah nicht danach aus, als würde es jetzt noch weiter kämpfen können. Dieser eine Treffer hatte ausgereicht.
    Das schockte den Dieb, der hinter Louna stand. Und endlich besann diese sich auch darauf nicht mehr wie angewurzelt dazustehen. Sie hatte zwar Chiari auf dem Arm, löste aber einen und schlug dem Dieb das Messer aus der Hand. Da er nicht damit gerechnet hatte, weil er zu sehr auf Arcus und sein eigenes Pokémon fixiert gewesen war, kam dieser kleine Angriff von Louna zu abrupt. Das Messer fiel zu Boden und Louna kam frei.
    In der Zwischenzeit war Arcus zu den beiden anderen Dieben gerannt und hatte sich auf Arbok gestürzt. Das Schlangen-Pokémon hatte keinerlei Chance. Die Zähne von Arkani bohrten sich in den langen Leib und schüttelten es. Arbok kam nicht dazu einen Gegenangriff zu machen und wurde im hohen Bogen davon geschleudert. Unsanft kam es wieder auf und blieb verletzt liegen. Darum kümmerte sich Arcus schon gar nicht mehr. Sein Flammenatem zielte auf die Diebe, die sofort die Beine in die Hand nahmen und flohen. Sie versuchten auszuweichen. Ob es tatsächlich daran lag, dass sie geschickt genug zum Ausweichen waren oder ob Arcus insgeheim sie nicht direkt hatte angreifen wollen, würde niemand erfahren. Die Flammen verfehlten knapp ihr Ziel, aber das war vielleicht auch besser so. Trotzdem konnten die beiden Diebe die Hitze des Feuers deutlich spüren und rannten noch viel schneller davon.
    Der letzte der drei Männer sah sich nun in der Unterzahl und brauchte nicht lange, um groß zu entscheiden, was er tun wollte. Auch er lief auf und davon, nahm die gleiche Tür, wie die beiden anderen Diebe, um die Halle und auch das Gebäude zu verlassen. Louna eilte ihnen nicht nach. Sie war viel zu aufgewühlt und erleichtert, dass die Situation sich endlich entschärft hatte. Deswegen sank sie auch erschöpft zu Boden. Obwohl sie nicht direkt gekämpft hatte, wie ihre eigenen Pokémon, war sie völlig fertig.


    Jetzt, wo die Diebe weg waren, lief ich schnell hinüber zu Louna, die auf dem Boden saß. Als sie bemerkte, dass ich mich ihr näherte, sah sie auf und wirkte zuerst ein wenig … ängstlich? Vielleicht war es auch Sorge? Ich war mir nicht sicher. Eins wusste ich aber genau: Ich wollte endlich zu ihr und blieb knapp vor ihr stehen. Meinen Kopf senkte ich hinab und schmiegte ihn ohne zu zögern gegen ihre Wange. Ich hatte sie gestern und heute schrecklich vermisst und gab ein Winseln von mir. Mit Erleichterung und Genugtuung spürte ich kurz darauf ihre Hand, die durch mein Kopffell strich. Endlich!
    »A-arcus?« Ihr Stimme war leise, aber für mich deutlich zu hören. Ich löste mich von ihr und sah ihr direkt in die Augen. Sie erkannte mich als ihren Freund, oder? Zwar hatte ich mich entwickelt, aber ich bin doch trotzdem noch immer ich!
    »Arcus, mein Lieber … « Louna schniefte auf. Ihr standen Tränen in den Augen, die mich berührten. Es war meistens ein Zeichen der Traurigkeit. Das hatte ich schon lange verstanden, wo ich doch mein Leben lang bei ihr gewesen war. Es gab gute Zeiten und auch schlechte. Ich hatte sie manchmal traurig weinen sehen und war dann ganz nahe bei ihr geblieben, um ihr Trost zu spenden. Genau das wollte ich jetzt auch und drückte meinen Kopf wieder gegen sie. Vielleicht war es keine Traurigkeit, sondern Erleichterung? Eben solche verspürte gerade ich, als ich feststellen konnte, wie sie ihren einen Arm um meinen Hals legte und sich an mich drückte. Nun war ich nach der Entwicklung recht groß. Da würde sie mich nicht mehr einfach auf den Arm nehmen können, aber diese Umarmung war mir auch mehr als recht und spiegelte all das wider, was mir wichtig war. Die Zuneigung, die ich so sehr von ihr haben wollte.
    »Arcus, wo warst du nur? Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht! Zum Glück geht es dir gut!« Ich hätte ihr so gerne auf diese Worte geantwortet, aber meine Kehle konnte keine menschlichen Worte mehr aussprechen. Nur ein Brummen und Kläffen kam von mir, was sie zum Lächeln brachte.
    »Jetzt schau dich nur mal an wie du aussiehst!«, sprach sie weiter während sie sich von mir gelöst hatte und aufstand. Weil sie mich nun ganz genau musterte, setzte ich mich auf meinen Hintern, richtete mich gerade auf und wirkte damit mächtig stolz. War ich auch, wenn ich ehrlich war. Vor allem weil Louna mich so liebevoll und stolz anblickte. Das erfüllte mein Inneres mit einer Wärme, die sich von meiner Flamme unterschied, aber sich Tausend Mal wärmer anfühlte – auf eine andere Art und Weise und nicht heiß. Es war aufregend und wohltuend zugleich.
    Leider währte dieser Moment nicht ewig und Louna erinnerte sich daran, dass sie die Pokémon befreien musste. Nicht nur das! Auf ihrem Arm lag immer noch Chiari, die verletzt war. Ich stellte mich auf meine vier Pfoten. Da ich nun so groß war, hatte ich überhaupt keine Probleme damit meinen Kopf vorzuschieben und Chiari auf Lounas Armen zu erreichen. Ich leckte vorsichtig über den kleinen Körper und bekam als Antwort das leise Fiepsen, was Chiari manchmal von sich gab. Sie öffnete sogar die Augen! Auch wenn sie schwach wirkte, so war sie munter. Sie würde es überstehen, das war die Hauptsache. Louna war darüber ebenfalls erleichtert und rief Chiari vorerst in ihren Pokéball zurück. Sie hätte das schon vorhin tun sollen, aber …
    Dael kam zu uns hinüber. Er wirkte sehr erschöpft und hatte einige Verletzungen einstecken müssen, aber ihm ging es den Umständen entsprechend gut. Trotzdem hatte er sich mehr als redlich seine Erholung verdient und wurde ebenfalls von Louna zurück in den Pokéball gerufen. Übrig blieben also nur noch ich und die gefangenen Pokémon im Käfig. Zu eben jenen lief Louna, um sie endlich zu befreien. Das kleine Eneco war verängstigt in der hintersten Ecke des Käfigs. Louna entdeckte leider keinerlei Pokébälle. Vielleicht hatten die Diebe diese irgendwo weg geworfen, verstaut oder gar zerstört. Denn indem sie die Bälle entsorgten, war es nicht mehr so leicht nachzuweisen, dass diese Pokémon tatsächlich jemandem gehörten.
    Was blieb Louna anderes übrig, als vorerst das Eneco so aus dem Käfig zu lassen? Da es aber sehr verängstigt war, musste Louna es behutsam auf die Arme nehmen. Zum Glück gehörte es nicht zu den Exemplaren, die panisch um sich bissen oder kratzten. Viel mehr zitterte das arme kleine Ding. Ich selbst blieb ein wenig abseits und sah dabei zu, wie sie auch noch die anderen Käfige öffnete, wo ein Mähikel und ein kleines Leufeo gefangen waren. Mähikel waren in der Regel sehr zahm und zutraulich, weswegen es nicht so schwierig für Louna war, es bei sich zu halten. Schwieriger wurde es eher bei dem kleinen Leufeo. Es war noch sehr jung, fauchte aber wie verrückt. Da Louna schon Eneco auf den Armen hatte, trat ich vor. Das Leufeo sah mich mit großen Augen voller Angst an und duckte sich, als ich meinen Kopf zu ihm neigte. Es jammerte verängstigt auf, doch ich packte es lediglich im Nackenfell und klaubte es auf. Das Pokémon versteifte sich genauso, als wenn sein Mutter-Pokémon es tragen würde. Ich würde Leufeo einfach so mitnehmen, denn es wurde Zeit, dass wir diesen furchtbaren Ort hinter uns ließen. Daher vergeudeten wir auch keine Minute länger und verließen diesen Schauplatz.


    *Coiffwaff-wohl = pudelwohl
    *Anmerkung: Falls ihr irgendwo »Luna« seht und nicht »Louna« das war meine gemeine auto. Rechtschreibfehlerkorrektur. :( Bitte mich drauf hinweisen!



  • 7. Kapitel – Mein schlagendes Herz


    Die Freude war riesengroß, als die Frau ihr Eneco zurück bekam. Die beiden anderen vermissten Pokémon wurden der Polizei übergeben, die wiederum diese zu ihren Besitzern zurück bringen würden.
    Louna war selbst dankbar dafür, dass alles so glimpflich ausgegangen war. Nachdem sie alles mit der Polizei so weit geregelt hatte und sonst nichts mehr zu klären war, hatte sie sofort das Pokémon-Center aufgesucht. Dort war sie auf Dash getroffen, der sich Sorgen um sie gemacht hatte. Bevor sie ihm jedoch alles erklärte, übergab sie ihre verletzten Pokémon in die fähigen Hände der Schwester. Chiari brauchte ganz viel Ruhe und ihre Verletzungen würden behandelt werden müssen. Auch Dael musste versorgt werden. Die Pflegerin würde ihn zusätzlich darauf untersuchen, ob er Arboks Gift abbekommen hatte und ein Gegenmittel benötigte oder nicht, denn Louna erklärte mit ein paar Worten, wodurch ihre Pokémon zu Schaden gekommen waren. Obwohl Arcus nicht so wirkte, als müsste er unbedingt verarztet werden, bestand Louna darauf. Sie konnte sich daran erinnern, wie Arcus noch als Fukano an der Pfote verletzt worden war. Wie schlimm diese Verletzung gewesen war und wie sehr es ihrem Arkani nun gut ging oder nicht, konnte sie nicht genau einschätzen. Er hatte was abbekommen, so viel stand fest und daher würde auch er vorerst nicht bei ihr bleiben, sondern der Pflegerin übergeben werden.
    Während ihre Pokémon behandelt wurden, begann Louna Dash darüber aufzuklären, was passiert war. Sie hatte vor dem Café von dem Dieb gehört und war sofort los gestürmt. Natürlich war Dash darüber nicht begeistert gewesen und hatte gemeint, dass sie vorher ihm lieber hätte Bescheid geben sollen. Dann hätte er ihr nämlich geholfen. Louna hatte diesbezüglich auch ein schlechtes Gewissen, aber sie hatte es trotzdem allein geschafft die Pokémon zu retten. Dass der Kampf allerdings heftig gewesen war und es zwischendurch brenzlig ausgesehen hatte, noch dazu, dass Louna mit einem Messer bedroht worden war, das erzählte sie Dash lieber nicht. Nur das Nötigste, um ihn in Kenntnis zu setzen. Sie wollte nicht, dass er sich noch aufregte und ihr weitere Vorwürfe machte. Sie wusste selbst, wie gefährlich es gewesen war und würde so ein Risiko kein zweites Mal eingehen wollen.
    »Ich wäre schon gern dabei gewesen, als sich Arcus weiterentwickelt hat«, ließ Dash sie wissen und wirkte nachdenklich. Louna lächelte.
    »Es war unglaublich gewesen! Ich konnte es selbst kaum glauben.« Sie wollte sich ehrlich gesagt gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn Arcus sich nicht entwickelt hätte. Wäre der Kampf dann anders ausgegangen? Hätte sie verloren? Vermutlich schon. Arcus war stark gewesen und hatte ordentlich ausgeteilt, aber dennoch hätte er es nicht mit allen aufnehmen können. Nicht als Fukano. Da war sich Louna sicher. Sie konnte über den Zufall froh sein, dass es in der Halle Feuersteine gegeben hatte. Sie selbst besaß auch einen, den sie einmal bekommen hatte. Aber dieser befand sich in ihrer Tasche, die sie wiederum bei der ganzen Aktion bei Dash zurückgelassen hatte. Sie hätte daher Arcus keine Möglichkeit bieten können sich zu entwickeln.
    »Es ist alles gut ausgegangen, das reicht mir«, sagte Louna mehr zu sich selbst als zu Dash. Mittlerweile war genügend Zeit vergangen, so dass sie bei der Pflegerin im Pokémon-Center nachfragen wollte, wie es nun um ihre Lieblinge aussah. Arcus durfte sie sofort mitnehmen. Das Arkani hatte zwar ein paar Blessuren, waren aber nicht weiter dramatisch. Kein Grund ihn im Pokémon-Center zu behalten. Anders sah es mit Chiari und Dael aus. Letzterer hatte eine Vergiftung, die behandelt werden musste. Sie war zwar nicht allzu stark, aber zuerst musste diese eingedämmt und natürlich alle anderen Verletzungen weitestgehend behandelt werden, ehe Louna ihn wieder mitnehmen durfte. Ähnlich war es bei Chiari. Die Kleine war zu schwer verletzt worden. Die Pflegerin meinte deshalb zu Louna, dass sie dieses Pokémon wenigstens ein, vielleicht sogar zwei Tage bei sich behalten musste. Je nachdem wie die Erholung vonstattenging, würde man dann entscheiden, ob Chiari noch länger im Center bleiben musste, oder nicht. Louna war besorgt, durfte aber noch einmal kurz ihre Pokémon besuchen, ehe sie dann das Pokémon-Center verließ. Sowohl Dael als auch Chiari hatten geschlafen, weshalb sie sich nicht lange bei ihnen aufhielt. Sie wollte sie auch gar nicht zu sehr stören und würde einfach morgen wieder kommen.


    Nach zwei Tagen hatte Louna Dael wieder abholen können und auch Chiari war soweit wieder fit, dass sie sie wieder annehmen konnte. Allerdings hatte Louna der Ärztin versprechen müssen, dass sie die beiden Pokémon vorerst nicht kämpfen ließ, bis wirklich alle Wunden verheilt waren. Das war für Louna vollkommen in Ordnung. Falls sie unbedingt einen Kampf ausfechten musste, hatte sie noch immer Arcus. Denn dieser war wieder fit. Wenn man genau hinsah, konnte man an seiner Flanke noch einen Kratzer erkennen, der noch nicht ganz verheilt war, aber das war nur eine Kleinigkeit, die ihn nicht weiter störte.
    Das sah man auch sehr gut darin, als Louna dabei war sein Fell durchzubürsten. Arcus genoss es in vollen Zügen. Schon immer hatte er sich gerne kraulen und streicheln lassen und der Umgang mit der Fellbürste war ihm auch nicht fremd. Obwohl er jetzt als Arkani so groß war, benahm er sich fast wie ein Welpe, total verschmust und selig zufrieden ob der Zuneigung, die Louna ihm zukommen ließ. Die ganze Zeit musste Louna lächeln und war glücklich darüber, dass ihr Freund sich von der Persönlichkeit nicht großartig geändert hatte. Sie hatte schon von Berichten gehört, dass manche Pokémon nicht nur ihre Form während der Entwicklung veränderten, sondern das auch die Persönlichkeit manchmal anders wurde. Manchmal stärker, manchmal mit schwächeren Ausprägungen. Von einem Trainer, den sie während ihrer Reise getroffen hatte, erfuhr sie einmal, dass sein Pokémon nach der Entwicklung außer Rand und Band gewesen war und er nur mit Mühe es wieder soweit zähmen konnte, dass es, wie vor der Entwicklung, auf ihn hörte.
    Das war immer Lounas größte Sorge gewesen, dass das bei ihren Pokémon vielleicht auch passieren konnte, wenn sie sich entwickelten. Doch an Arcus sah sie, dass sie sich ohne Grund darüber den Kopf zerbrochen hatte.
    »Ja, das gefällt dir«, lachte sie leise auf, als sich Arcus völlig ergeben vor sie auf den Rücken hinlegte und sich am Bauch kraulen ließ. Wenn es nach ihm ging, so wusste sie, könnte sie das den ganzen Tag machen und er hätte immer noch nicht genug vom Streicheln.
    »Altes Schmusemauzi«, lachte sie wieder, als sie das zufriedene Brummen ihres Pokémon hörte. Arcus drehte sich wieder auf den Bauch und streckte den Hals, um mit seiner feuchten Nase ihre Wange zu berühren, über die er auch kurz darauf leckte. Er drückte seinen Kopf gegen sie, dass Louna ihre Hände in das weiche Fell seines Halses schob und ihn weiter kraulte. Diese ruhigen Momente, wo sie einfach nur mit ihrem Pokémon zusammen war, genoss sie sehr. Sie mochte es, vor allem wenn man ein so tolles Pokémon hatte wie sie! Niemals könnte sie sich vorstellen ohne ihren Arcus irgendwohin zu gehen. Er war ein Teil von ihr und das würde ewig so sein.
    »Morgen machen wir uns auf den Weg zurück nach Illumina City.« Gestern hatte sie bereits die Lieferung des Professors abgegeben, so dass es nicht länger notwendig war hier in Cromlexia zu bleiben. Außerdem hatte der Prof. gemeint, dass er sie in Illumina City brauchte, weshalb sie morgen weiter ziehen wollte. Heute hatte sie noch einige ihrer Vorräte aufgestockt gehabt. Da es aber mittlerweile zu spät war, um sich heute noch auf den Weg zu machen, wollte sie morgen früh weiterziehen. Heute Abend würde sie einfach ganz entspannt ausklingen lassen. Mit Arcus war das auch gar nicht schwer.
    Sie blickte ihm in die dunklen Augen. Den Blick erwiderte er. Auch wenn er jetzt ein Arkani war, am Ausdruck seiner Augen hatte sich immer noch nichts verändert. Sie waren ihr genauso vertraut wie vorher, genauso dunkel, wie sie es gewohnt war. Und sie wirkten genauso intelligent, was sie jedes Mal ein wenig verwirrte. Manchmal glaubte sie, dass Arcus sie besser verstand, als es eigentlich möglich sein durfte. Aber dann sagte sie sich, dass es umso besser war. Vielleicht lag es einfach auch nur an der Art dieser Pokémon. Sie galten nicht ohne Grund als die loyalsten Pokémon-Gefährten. Louna riss sich aus den Gedanken und gab ihrem Arcus einen Kuss auf die Seite seiner Schnauze und strich ihm noch einmal durch das Fell. Dass sie danach allerdings aufstand, mochte ihm nicht gefallen, aber sie wollte heute noch mit Dash klären, wie es weiter ging. Ob er mit zurück nach Illumina City kommen wollte oder ob er geplant hatte seinen Weg nach Petrophia einzuschlagen. Denn ursprünglich hatte er dorthin gewollt.
    »Arcus, du bleibst hier«, ließ Louna ihn wissen und wusste nur zu gut, dass er am liebsten mitkommen wollte. Er war schon aufgestanden, um ihr zu folgen, aber sie ließ ihn dennoch zurück in diesem Zimmer der Pension.


    Das war nicht fair! Ich wollte mitkommen! Einfach zurück gelassen zu werden, war nicht schön. Frustriert darüber schnaubte ich auf und starrte die Türe an, die mir den Weg versperrte. Ich hoffte, dass Louna schnell wieder zurück kam. Diese ruhigen Momente waren mir die liebsten. Einfach beisammen sein, war das schönste, doch zu wissen, dass sie womöglich Dash aufsuchte, ärgerte mich. Ich konnte es nicht verhindern, es regte mich innerlich einfach auf. Fast wäre ich dazu geneigt meinen Flammenatem einzusetzen, um mir einen Weg nach draußen zu suchen, aber ich ließ es sein. Louna würde wütend werden, wenn ich mich nicht benahm und das würde mir nicht gefallen. Also blieb mir nichts anderes übrig, als hier drinnen zu warten bis sie zurückkehrte. Etwas Langweiligeres konnte es kaum geben! Deprimiert legte ich mich auf den Boden, bettete meinen Kopf auf meine Vorderpfoten und döste ein wenig vor mich hin.
    Erst ein Geräusch von außerhalb ließ mich wieder aufsehen und dann auch aufstehen. Das Fenster des Zimmers war angekippt, damit frische Luft herein kam, aber dadurch brachte der Wind auch das Stimmengewirr derer zu mir, die draußen waren. Ich ging zum Fenster, um hinaus zu schauen und entdeckte Louna. Ha, wusste ich's doch, dass ich sie gehört hatte! Ich gab ein Winseln von mir, weil ich zu gern zu ihr wollte, aber nicht konnte. Was sie sagte, konnte ich nicht verstehen, dafür war sie zu weit weg, aber das war noch nicht mal das eigentliche Problem. Schlimmer fand ich es, dass neben ihr Dash stand! Sie unterhielten sich, wodurch ich mich noch mehr ärgerte, weil ich nicht verstehen konnte, was sie sagten. Ich konnte sie nur beobachten und was ich sah, gefiel mir ganz und gar nicht. Dash rückte ihr schon wieder so nahe auf die Pelle, er berührte sie sogar und gemeinsam lachten sie. Mein Knurren kam tief aus meiner Kehle, meine Ohren waren angelegt und mein Nackenfell sträubte sich. Meine Krallen kratzten über den Boden und meine Zähne knirschten aufeinander. Oh, wie konnte er ihr nur so nahe kommen? Er sollte weg gehen, Abstand halten! Louna schob ihn aber auch nicht weg. Das war das Schlimmste für mich! Sie ließ einfach zu, dass er ihr nahe war und ich musste mich insgeheim fragen, ob es nicht genau das war, was sie vielleicht wollte. Einem Menschen näher kommen, die Distanz auflösen, die sie sonst zu anderen ihrer Art meistens aufrecht erhielt. Reichte ich ihr denn nicht aus? Ich war schließlich ihr treuster Freund und Gefährte! War es denn notwendig die Nähe eines anderen Menschen aufzusuchen?
    Langsam fragte ich mich, was tatsächlich besser war. Pokémon zu sein, so dass man mit seinem Trainer stets zusammen war oder doch lieber ein Mensch? Unter Menschen gab es Dinge, die zwischen Pokémon und Menschen nicht vorhanden waren, oder? So war es doch, nicht wahr?
    Ich drückte meine Nase an der Fensterscheibe platt. Zu beobachten wie Dash und Louna vertraut miteinander umgingen, ließ in mir den Wunsch aufkommen, an Dashs Stelle zu sein. Wenn ich wie Dash wäre, würde das dann Louna ausreichen? Würde sie dann einfach mit mir zusammen sein, ohne sich nach anderen umzudrehen? Diese Gedanken verwirrten mich. Meine Trainerin mit jemand anderem zu teilen, kam für mich nicht in Frage, aber irgendwie ahnte ich, dass es eines Tages so kommen würde. Irgendwann würde jemand auftauchen und den Platz an ihrer Seite einnehmen, den ich nicht einnehmen konnte.
    Weil ich nur ein Pokémon war.
    Mein Kopf sackte hinab, dass er auf dem Fensterbrett lag. Meine Frustration wurde größer. Ich wollte doch nur ewig mit Louna zusammen bleiben und ihre Gunst allein für mich haben. War das denn zu viel verlangt?
    Ein helles Geräusch holte mich aus meinen Gedanken heraus. Es kam mir sehr bekannt vor. War das nicht … Flabébé? Schon tauchte das Pokémon direkt vor dem Fenster auf, dass ich einen Schritt zurück trat.
    »Was willst du denn hier?«, wollte ich von ihr wissen. Das helle Kichern war deutlich zu hören.
    »Kannst du dich nicht entscheiden, was du sein willst?« Statt mir zu antworten, stellte sie eine Gegenfrage. Nachdenklich sah ich das kleine Pokémon an. Ja, klein! Wo ich doch nun entwickelt war, wirkte Flabébé wie ein Winzling, den man schnell übersehen konnte. Das Pokémon konnte sich sogar ohne Mühe durch den Spalt des angekippten Fensters hindurch zwängen, um ins Innere zu kommen. Wäre ich so klein, hätte ich diesen Weg nutzen können, um raus zu kommen und zu Louna zu eilen. Aber ich war zu groß, mir stand dieser Weg nicht zu.
    »Ich will nur … «, begann ich und musste mir die Frage gedanklich noch mal vor Augen führen. Was wollte ich denn wirklich? Mein Blick huschte zurück zu meiner Trainerin, die draußen stand. Es gab nur Eines, was ich wollte, aber ich war mir nicht sicher, ob das möglich war. Normalerweise hatte ich zuvor nie gezweifelt, alles war gut gewesen, doch jetzt … ? Jetzt kamen in mir Zweifel hoch und die große Befürchtung, dass ich vielleicht mehr verlieren konnte, als mir anfangs bewusst gewesen war. Die Gefühle waren ziemlich wirr und nicht mehr so leicht zu besänftigen, wie es sonst gewesen war.
    »Also gut! Noch einmal, damit du dich entscheiden kannst!«, hörte ich die Stimme von Flabébé und sah, wie sie wieder über mich hinweg flog, um ihren Blütenstaub über mich rieseln zu lassen. Schon wieder kitzelte er in meiner Nase, dass ich niesen musste und zurück fiel. Deswegen schlug ich auch mit dem Hinterkopf auf dem Boden auf, was echt weh tat.
    »Autsch!«, gab ich zerknirscht von mir. Flabébé schwebte vor meinen Augen in der Luft und blickte mich erwartungsvoll an. Ich wusste nicht, was sie wollte, aber langsam begriff ich, was erneut passiert war. Ruckartig setzte ich mich auf und blickte meine Hände an, tastete danach meinen Körper ab.
    »Wieso machst du das?«, wollte ich von dem Pokémon wissen. Ich war wieder ein Mensch, zum zweiten Mal! Noch war Flabébé nicht verschwunden, weswegen ich hoffte, eine klare Antwort zu bekommen. Doch alles, was ich hörte, war das helle Kichern des Pokémon. Keine Worte mehr. Konnte ich sie also doch nicht mehr verstehen, wenn ich Mensch war? Ich sah zu, wie sie zum Fenster flog und sich erneut durch den Spalt quetschte, um dieses Mal nach draußen zu kommen. Schnell stand ich auf und sah nach draußen, um sie beim Wegfliegen zu beobachten. Nicht für lange, denn mein Blick wanderte automatisch wieder zu Louna, die dort draußen stand. Ich schluckte. Jetzt, wo ich ein Mensch war, könnte ich auch rausgehen, oder?
    Ich drehte mich um und sah die Tür an, dann ging ich auf sie zu. Mit klopfenden Herzen legte ich meine ungwohnte Hand auf die Klinke. So hatte es Louna oft getan, weswegen ich im Prinzip nur die Bewegung nachahmte, die ich oftmals beobachtet hatte. Es klappte auch! Ich konnte die Türe öffnen, da sie nicht abgeschlossen war. Jetzt konnte ich nach draußen gehen!


    Draußen angekommen, war ich mir nicht mehr sicher, was ich eigentlich tun wollte. Als Mensch war Louna mir gegenüber doch eher distanziert gewesen. Was sollte sich nun ändern? Außerdem stand Dash noch bei ihr, also besaß ich noch weniger Mut zu ihr hinzugehen. Wie sollte ich mich den beiden gegenüber auch verhalten? Ich würde ja auch irgendwas sagen müssen. Noch einmal blickte ich auf meine Hände und an meinem Körper hinab. Ich sah genauso aus, wie beim ersten Mal. Der einzige Unterschied war, dass ich vielleicht ein oder zwei Jahre älter wirkte. Aber das bekam ich nicht mit, weil ich nicht mein Spiegelbild gesehen hatte. Konnte ich Louna erklären, was mit mir passiert war? Beim ersten Mal konnte ich es nicht. Da haben mir einfach die Worte dafür gefehlt. Würde es dieses Mal anders ablaufen?
    Ich sah wieder auf und hinüber zu den beiden. Genau in dem Augenblick drehte sich Louna um und sah in meine Richtung. Ich war wie erstarrt, wie eine Steinstatue, die sich nicht bewegen konnte. Erkannte sie mich? Und wenn ja, welches Ich denn dann? Wahrscheinlich erinnerte sie sich nur an mein menschliches Äußere, als wir uns kurz auf diese Weise gesehen hatten. In mir ihren Pokémon-Freund zu erkennen, hielt ich nach alledem für unwahrscheinlich. Ob ich darüber erleichtert oder traurig sein sollte, konnte ich noch nicht einmal sagen.
    Louna drehte sich wieder weg, was mich ein wenig erschreckte. War das ein Zeichen dafür, dass sie mit mir nichts mehr zu tun haben wollte? Ich ließ die Schultern und den Kopf hängen. Was brachte mir schon diese menschliche Form, wenn ich nicht bei ihr sein konnte?
    Schritte, die sich mir näherten, ließen mich aufblicken und ich erkannte Louna, die auf mich zukam. Von Dash war nichts zu sehen. War er etwa gegangen? Ich sah mich kurz um, sah ihn aber nirgendwo. Deswegen richtete ich meine Aufmerksamkeit zurück auf Louna. Sie lächelte mich zaghaft an.
    »Hi.«
    »H-hi«, erwiderte ich ihre Begrüßung. Diese Unsicherheit machte mich fertig. Wo war nur mein Selbstbewusstsein? Als Pokémon würde es mir nicht einmal ansatzweise so schwer fallen mich ihr zu nähern!
    Mit gerunzelter Stirn betrachtete mich Louna sehr nachdenklich, ehe sie wieder mich ansprach.
    »Du warst letztens einfach verschwunden«, stellte sie fest. Sie ließ die Frage unausgesprochen, wohin ich vor zwei Tagen verschwunden war. Da mich das irgendwie verlegen machte, kratzte ich mich am Hinterkopf. Eine seltsame Eigenart, wenn ich mal ehrlich war …
    »J-ja ich … tut mir leid … « Ganz instinktiv hatte ich das Gefühl, das ich mich dafür entschuldigen musste. Dabei war ich gar nicht verschwunden, sondern hatte ihr sogar geholfen! Nur nicht als Mensch, sondern als Pokémon. Wie sollte ich ihr das begreiflich machen? Ihr musternder Blick über mein Anlitz irritierte mich.
    »S-stimmt etwas nicht?«, fragte ich nach. Erkannte sie mich nun vielleicht doch?
    »Dir geht’s gut, oder?«
    »Hä?«
    »Ich meine wegen diesen Diebe, dir ist doch nichts passiert, oder?« Überrascht stellte ich bei dieser Frage fest, dass sie sich Sorgen um mich gemacht hatte. Also um mein menschliches Ich, nicht nur um mich als Pokémon.
    »Nein! Mir geht es gut! Ich … ich habe nur einen Dieb verfolgt, deswegen … eh … « Eigentlich war das eine schlechte Ausrede. Warum sagte ich nicht einfach die Wahrheit? Zu gerne hätte ich es getan, konnte es aber aus irgendeinem Grund nicht.
    »Ach so! Hast du ihn geschnappt? Geht es deinen Pokémon gut?«
    »Äh, meinen … Pokémon?« Meine Verwirrung war deutlich in meinem Gesicht abzulesen. Das ließ auch in Louna Verwirrung aufkommen, ehe sie scheinbar etwas verstand.
    »Du hast gar keine? Ich hatte angenommen, dass … ach egal. Schön, dass es dir gut geht.« Sie lächelte, dass mir ganz anders zumute wurde. Ich musste einfach das Lächeln erwidern.
    »Wie geht es Chiari?«, fragte ich, obwohl ich das genau wusste. Allerdings hatte ich das Gefühl einfach danach fragen zu müssen und Louna schien sich auch darüber zu freuen, dass ich es tat.
    »Sie hat ziemlich was abbekommen, aber mittlerweile geht es ihr schon besser.« Damit ich mich davon überzeugen konnte, holte sie den Pokéball hervor und damit auch Chiari. Das kleine Evoli mit der weißen Ohrspitze fiepte freudig auf, als es mich sah. Trotz der Verletzungen, die teilweise noch verheilen mussten, aber nicht mehr ganz so schlimm waren, sprang sie mich an. Ich kniete mich zu Boden und nahm sie einfach auf die Arme, was die Freude des Pokémon noch größer werden ließ. Schon konnte ich mich gar nicht mehr vor ihr retten, als sie mein Gesicht erreichte und mich abschleckte. Ich kniff die Augen zusammen. Okay, jetzt wusste ich, wie das war! Es war zwar nicht unangenehm, aber doch sehr anders für einen Menschen als für ein Pokémon. Louna freute sich und lachte auf.
    »Du hast einen guten Draht zu ihr!«, stellte sie wieder fest und nahm mir Chiari aus den Händen, um sie selbst zu halten. Genauso wie das letzte Mal berührten sich sanft unsere Finger. Ein kurzer schweigsamer Moment enstand, ehe Louna schnell ihre Stimme wieder erhob und die aufkommende Verlegenheit weg drängte.
    »Kommst du hier aus Cromlexia?«, fragte sie mich und ich schüttelte den Kopf.
    »Nicht?« Ihr Blick wanderte an mir hinab und blieb an meinen Füßen hängen, die wieder barfuß waren.
    »Okay, ähm … läufst du immer ohne Schuhe umher? Also ich meine, es ist kein Vorwurf oder so, es ist nur … äh … « Louna schien peinlich berührt davon zu sein diese Frage ausgesprochen zu haben. Ich wackelte mit den Zehen und spürte das Gras darunter.
    »Ich mag es so lieber«, antwortete ich mit dem, was mir als erstes darauf einfiel. Wie sollte ich auch erklären, warum ich keine Schuhe hatte? Na ja, weil Flabébé mir keine dazu gezaubert hatte, was? Aber das wäre etwas komisch zu sagen, also musste ich mir etwas ausdenken. Andererseits war das gar nicht so falsch, denn ich mochte es wirklich, wenn ich den Boden und das Gras unter mir spüren konnte. So fühlte ich mich der Natur näher, als wenn etwas dazwischen wäre. Louna schien das zwar für seltsam zu erachten, hatte aber wohl auch nichts dagegen.
    Auf einmal glaubte ich das Kichern von Flabébé zu hören und wandte daher meinen Kopf in die Richtung, wo der kleine flache Brunnen stand und von dem immer wieder das leise Plätschern des Wassers zu hören war. Ich sah das Pokémon nirgendwo und glaubte schon mir eingebildet zu haben, es überhaupt gehört zu haben.
    »Alles okay?«, wollte Louna wissen und sah mich fragend an.
    »Ja, ich dachte nur … «
    »Mhm?« Ich sah in ihren fragenden Blick und schüttelte dann nur den Kopf.
    »Ach nichts.« Sie begann wieder zu lächeln.
    »Wie heißt du eigentlich?«, stellte sie mir eine weitere Frage. Ich antwortete ohne darüber nachzudenken.
    »Arcus.« Ihre Augen wurden groß und ich erschrak innerlich. Hätte ich das nicht sagen sollen? Hatte ich mich verraten? Aber genau das war es doch, was ich eigentlich begreiflich machen wollte. Dass ich nämlich der Arcus bin, der …
    »Wirklich? Mein Pokémon trägt auch diesen Namen!«
    »W-was?« Ich war sehr verwirrt darüber, was sie sagte. Gerade hatte ich geglaubt, dass nun alles klar wurde und dann sagte sie so etwas? Das bedeutete doch, dass sie mich gar nicht mit ihrem Pokémon in Verbindung brachte, nur dass wir gleiche Namen besaßen.
    »Ja, ich habe ein Fukano, das ich so genannt habe. Ach nein, es ist jetzt ein Arkani. Im Versteck der Diebe hat es sich weiterentwickelt.«
    »Oh?«
    »Ja, das war unglaublich!« Louna strahlte über das ganze Gesicht, als sie so von ihrem Arcus sprach, dass sich meine Wangen leicht rot färbten. Denn eigentlich redete sie ja da von mir und zu sehen, wie glücklich sie dabei war, ließ in mir auch das Glücksgefühl stärker werden.
    »Arcus war mein erstes Pokémon, wenn man so will.«
    »Du magst ihn sehr, oder?«, stellte ich die Frage und erwartete mit stark klopfendem Herzen ihre Antwort.
    »Ja, ich liebe ihn! Ohne ihn will ich nirgendwohin gehen. Ich bin froh, dass ich ihn hab, dadurch erscheint alles einfacher. Selbst bei den Dieben hat er mich buchstäblich aus einer brenzligen Situation gerettet. Ich wüsste gar nicht, was ich ohne ihn machen sollte.« So wie Louna redete und wie sie aussah, war ich sehr erleichtert, dass sie so empfand. Denn es bestätigte das, was ich immer gefühlt hatte und es machte mir noch einmal klar, dass sie mich wirklich bei sich haben wollte.
    »Das ist sehr schön!« Anders konnte man es gar nicht beschreiben.
    »Ja. Du solltest dich auch mit einem Pokémon anfreunden. Das kann nur dein Leben bereichern.« Sie grinste mich an und Chiari begann aufzufiepsen. Ich lachte leise auf, weil ich mir in etwa vorstellen konnte, was Chiari gerade gesagt hatte.
    »Hab ich doch schon«, meinte ich und streckte die Hand aus, um Chiari über den Kopf zu streicheln. Ich begegnete Lounas Blick und alles fühlte sich viel leichter an. Vorhin hatte ich mir noch den Kopf zerbrochen, wie ich mit ihr umgehen sollte, was ich sagen konnte, doch jetzt waren diese Sorgen wie weggeblasen. Ich fühlte mich befreiter und konnte nicht anders, als zu lächeln. Denn ihres war so ansteckend, dass es unmöglich war eine ernste Miene zu machen.
    »Die Frage ist … vielleicht jetzt ein wenig seltsam, aber hast du vielleicht Lust mit mir nach Illumina City zu gehen? Warst du schon mal dort? Also falls du nichts anderes geplant hast, meine ich … « Die Frage kam wirklich überraschend und angesichts dessen, dass wir uns eigentlich noch nicht lange kannten – wenn man das aus der Sicht der Menschen betrachtete – dann war es schon seltsam, dass sie mich so etwas fragte. Trotzdem ließ das mein Herz höher schlagen.
    »Ja gerne!« Die Antwort kam schneller, als erwartet, was auch Louna überraschte. Aber das war völlig egal. Sie lächelte, ich erwiderte es und wir waren uns einig. Chiari fiepste noch einmal auf und alles war gut. Ich war glücklich sie begleiten zu dürfen – egal, ob als Pokémon oder als Mensch.


  • 8. Kapitel – Schmerzhafter Zwiespalt


    Der Tag neigte sich dem Ende zu, aber Louna dachte noch nicht daran zurück in ihr Zimmer zu gehen. Lieber wollte sie den Sonnenuntergang betrachten, der die Welt in sanfte Rot-, Orange- und Lilatöne eintauchte. Sie wollte sich dafür an den Rand des Brunnens setzen und nahm daher Arcus einfach mit. Also Arcus der Mensch und nicht ihr Pokémon. Denn ihr Pokémon war schließlich in ihrem Zimmer zurück geblieben. Je näher sie dem Brunnen kamen, desto nervöser schien Arcus zu werden. Louna wusste nicht wieso, aber die dadurch leicht angespannte Stimmung wurde schnell wieder entschärft, als Chiari Flausen in den Kopf bekam. Trotz dass sie noch nicht wieder ganz fit war, sprang sie über den Boden und um ihre Beine herum. Die Kleine wollte spielen, aber da sie wie ein Flummi wirkte, versuchte Arcus ihr ein bisschen auszuweichen. Das Resultat des Ganzen war, dass er sein Gleichgewicht verlor. Weder Louna noch er selbst konnten so schnell reagieren und das Nachfolgende aufhalten. Mit einem lauten Platschen landete Arcus im Wasser. Der Brunnen war nicht sonderlich groß. Er war recht flach, dass man darin sitzen konnte, so wie Arcus nun. Allerdings wirkte er wie ein begossenes Coiffwaff, wodurch Louna einfach anfangen musste zu lachen. Das Bild war zu köstlich und das Lachen tat wirklich gut.


    Wisst ihr eigentlich, wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe? Wasser! Es störte mich nicht, dass Louna lachte, denn ich mochte es. Aber ich war sehr erschrocken, als ich in den Brunnen und damit in das Wasser fiel. Ihr wisst ja, Feuer-Pokémon konnten Wasser nicht ausstehen, einfach weil es Schmerzen zufügen konnte. So, als würde Arbok eine giftige Säureattacke auf einen schießen. Das Brennen wäre extrem unangenehm und würde uns verletzen. Während Wasser für die meisten anderen Lebewesen der Quell des Lebens war, war das Wasser für uns Feuer-Pokémon der Quell des Schmerzes. Warum sonst waren wir darauf anfällig?! Ich saß dort im Wasser, völlig geschockt und machte mich bereit den Schmerz zu spüren. Aber da war nichts. Kein Schmerz, kein Brennen. Mein Gesicht sprach Bände …


    Lounas Lachen verebbte. Arcus hatte sich noch kein bisschen gerührt, um aus dem Brunnen auszusteigen. Dafür saß er immer noch da und sah sehr bedröppelt drein. Er wirkte sogar etwas verwirrt und starrte auf die Wasseroberfläche, als würde er zum ersten Mal Wasser sehen.
    »Alles in Ordnung?«, wollte Louna daher wissen. Was hatte er denn auf einmal? Er sah zu ihr auf. Seine dunklen Augen hatten etwas an sich, was Louna nicht beschreiben konnte. Sie sprachen von Verwirrung ob der Situation, in der er steckte, aber gleichzeitig hatte sie das Gefühl auch etwas sehr Vertrautes darin zu erkennen. Das war merkwürdig, weswegen sie sich erst wieder von seinen Augen losreißen musste, ehe sie ihm die helfende Hand ausstreckte.
    »Na komm!«, forderte sie ihn auf. Einen Augenblick starrte er nur auf ihre Hand, als wüsste er nicht, was er damit anfangen sollte, doch dann nahm er sie an und sie half ihm wieder aus dem Wasser zu steigen. Erneut musste sie lachen, wenn auch nicht so heftig wie am Anfang.
    »Du bist ganz nass!« Es tropfte nur so von seinen Sachen und aus seinen nassen Haaren. Louna konnte nicht anders, sie strich unüberlegt einfach durch seine Haare, weil er sich gerade etwas vorgebeugt hatte. Besonders begeistert wirkte er nicht über seinen nassen Zustand, aber als sie ihn berührte, lächelte er sie auf eine Weise an, die sie verwirrte und in Verlegenheit brachte. Ihre Wangen erröteten und sie trat einen kleinen Schritt zurück.
    »Du … solltest dich trocknen und umziehen«, meinte sie zu ihm, um ihre eigene Verlegenheit zu überdecken.
    »Ich habe hier ein Zimmer in der Pension, dort kann ich dir ein Handtuch geben, wenn du willst.« Sie deutete auf das Gebäude, was in der Nähe stand. Arcus wusste das natürlich, sagte aber dazu nichts. Stattdessen nahm er das Angebot an, weshalb sie gemeinsam zurück in die Pension gingen. Die Besitzerin, die ihnen dort gerade entgegen kam, erkannte das kleine Problem und holte sogar ein großes Handtuch, damit sich Arcus abtrocknen konnte.
    »Wo schläfst du denn?«, wollte Louna von ihm wissen. Er hatte gesagt, dass er nicht aus Cromlexia kam, also ging sie davon aus, dass er sich auch in irgendeinem Gasthaus oder Hotel eine Unterkunft gesucht hatte. Er brauchte seine Wechselsachen, aber sie wollte ihn sich erst in ihrem Zimmer abtrocknen lassen, damit er nicht ganz so nass durch die Stadt laufen musste.
    »Da kannst du gleich Arcus kennenlernen«, sagte sie noch nebenbei. Auf ihre Frage hatte er noch nicht geantwortet, aber als sie die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, spielte das auch schon keine Rolle mehr. Sie vergaß es einfach wegen der aufkommenden Sorge, die sie gleich heimsuchen würde. In ihrem Zimmer erwartete sie ihr Pokémon, aber von diesem war nichts zu sehen. Abgesehen von Chiari, die mit herein gehuscht kam und auf das Bett sprang, um sich dort hinzulegen und einzurollen, war sonst kein Pokémon anwesend. Arcus blieb unter dem Türrahmen stehen und sah, wie Louna sich verwirrt umsah und dann zu der Kommode trat. Dort hatte sie Arcus’ Pokéball liegen. War er darin? Möglich wäre es, aber der Ball war leer.
    Panik stieg in Louna auf. Erst vor wenigen Tagen hatte sie nach Arcus, ihrem Pokémon, gesucht und im Versteck der Diebe wieder gefunden. Dass er jetzt wieder weg war, war mehr als nur besorgniserregend!
    »Arcus ist weg … «, sprach sie mehr zu sich selbst und drehte sich um. Sie wollte das Zimmer verlassen, aber da stand noch der andere Arcus. Der Mensch, der noch ganz durchnässt war und sie ansah, ohne etwas zu sagen oder zu tun.
    »I-ich muss mein Pokémon suchen.« Sie sagte es wohl nur, um zu erklären, warum sie so schnell ihr Zimmer verlassen wollte. Daher drängte sie sich auch an ihm vorbei, um nach draußen zu kommen. Ihr Arkani war zu groß, als dass es sich einfach unter dem Bett oder sonst wo im kleinen Zimmer verstecken könnte. Er musste also draußen sein. Ob sie wollte oder nicht, aber das Bild der Diebe kam wieder in ihr hoch. Wie hatten sie sich genannt? Black Flare? Was, wenn diese ihr Pokémon gestohlen hatten? Die Panik in ihr wurde noch viel größer und sie musste sich sehr zusammenreißen, um nicht einen hysterischen Anfall zu bekommen, als sie die Pensionsleiterin fragte, ob sie vielleicht ihr Pokémon gesehen hatte oder irgendwen, der in der Nähe ihres Zimmers gewesen sein könnte. Der Frau ist leider nichts aufgefallen.
    »Hast du die Tür offen gelassen, dass es raus gelaufen sein könnte?«, fragte die Dame, doch Louna schüttelte den Kopf.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich die Tür verschlossen hatte.« Aber je länger sie darüber nachdachte, desto unsicherer wurde sie. Hatte sie wirklich die Tür nach sich zugezogen oder war sie nicht doch offen geblieben, so dass Arcus heraus gekonnt hatte? Aber würde es nicht auffallen, wenn ein so großes Pokémon einfach durch die Gegend lief?


    »Arcus? Arcus!« Eine ganze Weile ging das so. Ich hörte meinen Namen rufen und mit jedem Mal klang die Stimme ein wenig panischer, ein wenig besorgter. Louna suchte in der Gegend um der Pension nach mir, aber sie konnte mich nicht finden. Natürlich tat sie das nicht. Ich stand schließlich hier, knapp hinter ihr! Als sie vorhin ihr Zimmer verlassen hatte, um nach mir zu suchen, war ich ihr gleich gefolgt. Ich wusste ganz genau, dass ich was sagen musste. Dass ich ihr erklären musste, wer ich wirklich war und dass ich nicht verschwunden war, sondern immer noch hier stand. Aber ich konnte es nicht. Ich traute mich einfach nicht und sah ihre größer werdende Verzweiflung. Sie vermisste mich. Mich als ihr Pokémon.
    »Das kann doch nicht sein. Arcus kann doch nicht einfach weg sein!« Louna wusste, dass ich bei ihrem Rufen stets zu ihr kommen würde. Wäre ich in der Nähe würde ich sofort angelaufen kommen. Aber ich kam nicht zu ihr und das schürte ihre Sorge nur noch mehr. Ich konnte mir in etwa vorstellen, was sie denken mochte. Wie sie glaubte, dass die Diebe aufgetaucht waren und mich in irgendeiner Art und Weise gestohlen hatten. Welchen Grund sollte es sonst geben, dass ich weg war? Weglaufen würde ich niemals! Aber wer würde schon auf die Idee kommen, dass sich ein Pokémon mal eben in einen Menschen verwandelte? Sie nicht, ich auch nicht – wäre mir das selbst nicht widerfahren.
    Louna drehte sich zu mir um. Ich stand nur da und sagte nichts. In ihren Augen sammelten sich Tränen der Verzweiflung, sie schien etwas sagen zu wollen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Ihr Körper zitterte und das Bedürfnis kam in mir hoch sie zu trösten. Ihr zu versprechen, dass alles gut werden würde. Statt ihr die Wahrheit zu sagen, um sie zu beruhigen, um ihr diese Last der Sorge von den Schultern zu nehmen, trat ich nur zu ihr hin und legte meine Arme um sie. Das hatte sie so oft bei mir getan und ich hatte es auch oft unter Menschen gesehen. Eine Umarmung war eine Begrüßung, war ein Zeichen der Zuneigung und konnte auch als Mittel des Trostes verwendet werden. Man zeigte dem anderen, dass man bei ihm war und er nicht allein war oder einfach, dass man ihn mochte. Für mich bedeutete das alles. Sowohl Zuneigung als auch Trost. Ich hielt sie instinktiv fest und Louna klammerte sich an mich, weil sie einen Halt brauchte, um nicht endgültig in die Verzweiflung hinab zu rutschen.
    »Er kommt wieder«, murmelte ich in ihr Ohr und gab ihr gleichzeitig das indirekte Versprechen, dass ich zu ihr zurückkehren würde. Ich könnte sie nicht allein lassen. Das brachte ich nicht übers Herz. Mir wurde bewusst, dass es für mich nur einen Platz geben konnte und trotz des Zuspruchs von ihrer Seite, dass sie mich als ihr Pokémon sehr liebte, hatte das für mich gleichzeitig auch einen bitteren Beigeschmack. Ich konnte es mir nicht erklären. Ich sollte glücklich darüber sein, dass sie so an mir hing und traurig war, wenn ich nicht bei ihr war. Aber was sagte das noch aus … ?
    »Er wird doch nicht einfach weggelaufen sein …?«, hörte ich Lounas Stimme leise. Sie schniefte auf und ich löste mich ein wenig von ihr, um meine Hände auf ihre Wangen zu legen. Sie waren bereits feucht von den Tränen. Ihre goldenen Augen sprachen von so viel Traurigkeit, dass es mir mein Herz zerriss.
    »Nein, ist er nicht. Er kommt wieder«, versprach ich ihr noch einmal mit sehr viel Zuversicht. Sie nickte zaghaft. Wir standen eine Weile so da. Louna versuchte sich zu sammeln und ich versuchte mich innerlich damit abzufinden nur ihr Pokémon-Gefährte zu sein. Nur? Ich hätte über mich selbst auflachen können. Was hätte ich auch sonst sein sollen, wenn nicht das?
    Sie löste sich von mir, weil sie weiter nach mir suchen wollte. Dieses Mal folgte ich ihr nicht. Während sie weiter suchte, nach mir rief und auch tiefer in den Wald ging, da das Auffinden in der Stadt für sie noch unwahrscheinlicher erschien, würde ich sie bald aus den Augen verlieren. Ich seufzte und schluckte schwer. In meiner Kehle hatte sich ein dicker Klos gebildet, den ich nicht los wurde.
    »Flabébé?« Mein Ruf war nicht laut, aber dieses Pokémon war immer irgendwie in der Nähe gewesen. Ich vertraute darauf, dass es dieses Mal auch so sein würde. Zwar verstand ich immer noch nicht, warum sie bisher all das getan hatte, warum sie mir die Möglichkeit gegeben hatte auch die menschliche Seite kennenzulernen, aber nur sie war imstande dazu mich wieder in das Pokémon zurückzuverwandeln, was ich nun einmal war. Und tatsächlich: Ich brauchte nicht lange zu warten und sie kam auf ihrer roten Blüte herbei geflogen. Ich hielt meine Handflächen nach oben, so dass sie darauf Platz nehmen konnte. Kein Kichern war zu hören, auch keine anderen Worte.
    »Mach es wieder rückgängig. Bitte«, bat ich sie darum. Dieses kleine Pokémon sah mich fragend an. Nicht, weil sie mich nicht verstand. Ich war mir sogar sehr sicher, dass sie wusste, was ich sagte. Sondern weil sie nachfragen wollte, ob ich mir da wirklich sicher war. Was blieb mir anderes übrig? Ich brachte es nicht über’s Herz Louna die Wahrheit zu sagen und ein Mensch durfte ich auch nicht sein. Nicht, wenn ich nicht wollte, dass Louna mich vermisste und voller Traurigkeit darüber war.


    Mit jeder Minute zweifelte Louna mehr an sich selbst. Dass Arcus nun das zweite Mal verschwand, konnte kein Zufall mehr sein. Entweder er war wirklich weggelaufen oder ein Dieb hatte seine Finger im Spiel. Beides fand sie eher unwahrscheinlich, aber man sollte niemals nie sagen. Irgendeinen Grund musste das Verschwinden ihres Pokémons haben. Aber egal welcher Grund dahinter steckte, keiner davon gefiel ihr. Das eine wäre genauso schlimm wie das andere.
    Sie hatte sich von Arcus – dem Mensch – gelöst und suchte weiter. Seine Nähe hatte sie ein wenig wieder beruhigt, seine Wärme hatte ihr ein wenig Kraft gespendet. Aber kaum war sie wieder auf Abstand hatte sie das Gefühl, das etwas fehlen würde. Sie konnte es nicht richtig in Worte fassen und war verwirrt darüber, hatte allerdings weder die Zeit noch die Kraft dazu jetzt darüber ernsthaft nachzudenken, welche Gefühle der junge Mann in ihr auslöste. Sie wollte zuerst ihr Pokémon wiederfinden!
    »Arcus!«, rief sie noch einmal und lauschte in den Wald hinein. Kein Bellen, kein Kläffen und auch kein Jaulen. Nichts, was auf ihr Pokémon hinweisen würde. Nur schwer konnte sie den aufkommenden Schluchzer zurückdrängen. Wenn sie heute Nacht ihr Pokémon nicht wieder fand, wie sollte es dann weiter gehen? Sie besaß keinerlei Spur. Es war, als hätte sich Arcus in Luft aufgelöst.
    Ein Winseln hinter ihr ließ sie ruckartig umdrehen. Ihre Augen trafen auf die dunklen Seelenspiegel, aber es waren nicht die von dem jungen Mann. Es war das Gesicht ihres Pokémons, das scheinbar wie aus dem Nichts hinter dem Dickicht hervor gekommen war und nun direkt vor ihr stehen blieb und sich hinsetzte. Erwartungsvoll sah das Arkani sie an, aber es schien auch verunsichert zu sein. Louna rührte sich nicht. Sie starrte nur zurück, bis Arcus seinen Kopf vorstreckte und ihre Hand mit seiner feuchten Nase anstupste. Es war wie eine Frage, ob sie sauer auf ihn war. Ob alles gut zwischen ihnen war. Jetzt war er ja wieder da! Er winselte auf, weil sie sich immer noch nicht rührte. Die Nervosität schlich sich in ihn und die ansteigende Unsicherheit wurde zunehmend deutlicher. Arcus konnte nicht still sitzen bleiben. Erneut winselte er auf und sah sie an, wartete auf eine Reaktion von ihr, stupste sie wieder an.
    Louna holte tief Luft ehe sie ihrem Pokémon um den Hals fiel und einfach nur erleichtert und glücklich war, dass er wieder zurück war. Wo auch immer er sich herum getrieben hatte, er war zurück.
    »Hör auf mir so einen Schreck einzujagen, Arcus!«, murmelte sie an seinem befellten Hals, an den sie sich drückte. Sie hörte noch einmal sein Winseln, als wollte er sich für seine Abwesenheit entschuldigen. Sollte er auch! Sie war in großer Sorge gewesen! Böse sein konnte sie ihm trotzdem nicht. Die Erleichterung war zu groß, dass er wieder bei ihr war. Nur das zählte. Außerdem war er nicht verletzt. Jedenfalls konnte sie keine Verletzungen an ihm ausmachen, als sie sich löste und ihn genau musterte. Das einzige, was sie entdeckte, war ein kleines Pokémon, was sich in seinem Nackenfell versteckt hatte und nun sichtbar wurde. Es war ein kleines Flabébé auf einer roten Blüte.
    »Nanu?« War das der Grund gewesen, weshalb ihr Arkani verschwunden war? Weil er sich mit einem kleinen Pokémon angefreundet hatte? Eben jenes stieg in die Luft, wirbelte noch einmal über sie hinweg und verschwand dann in den Baumkronen des Waldes. Fragend sah Louna ihren besten Freund an, aber erklären konnte er ihr das natürlich nicht.
    Sie wische sich über die Wangen, um den Rest ihrer Tränen los zu werden und zwang sich zu einem Lächeln. Obwohl sie froh war, dass Arcus wieder bei ihr war, fehlte das vollkommene Glücksgefühl. Sie wusste nicht warum. Vielleicht war es die unterbewusste Angst, dass Arcus wieder irgendwann verschwinden konnte.
    »Bleib bei mir, hörst du, Arcus? Du darfst nicht einfach verschwinden. Dann mache ich mir nur Sorgen um dich.« Louna wusste nicht, wie gut Arcus sie verstehen konnte, aber er neigte seinen Kopf zu ihr und war genauso schmusig, wie sie es von ihm gewohnt war. Einen längeren Augenblick kostete sie das noch aus, ehe sie aufstand und zurück zur Pension wollte. Doch als sie sich umsah, war von ihrem Begleiter keine Spur. Arcus, der Mensch, war nirgendwo zu sehen.
    »Mhm?« Das verwirrte sie. Er war doch vorhin noch direkt hinter ihr gewesen! Oder? Er hatte doch geholfen mit zu suchen. War er in eine andere Richtung gegangen?
    »Arcus?« Der einzige Arcus, der bei ihr war, war ihr Pokémon. Eben jenes sah sie wieder an und sie wurde sehr nachdenklich. Arcus saß da, neigte den Kopf zur Seite und erwiderte ihren Blick.
    Könnte es sein, dass … ? Sie schüttelte heftig den Kopf. Unsinn!
    Nach diesem aufwühlenden Abend wollte sie sich einfach nur noch hinlegen und schlafen, damit die Verwirrung mit dem Schlaf verschwand.


    Viel Schlaf hatte Louna diese Nacht nicht abbekommen. Egal wie sehr sie es versuchte, ihre Gedanken und Gefühle verwirrten sie so sehr, dass es ihr unmöglich erschien ruhig in den Schlaf hinweg zu driften. Irgendwann nach mehreren Stunden des Wachliegens war sie endlich eingeschlafen, aber am nächsten Morgen fühlte sie sich alles andere als erholt. Sie war unglaublich müde und musste öfters gähnen. Länger liegen bleiben, wollte sie trotzdem nicht. Sie packte schon früh ihre restlichen Sachen zusammen und war nach einem kleinen Frühstück aufbruchsbereit. Dash würde sie nicht nach Illumina City begleiten, da er nach Petrophia wollte. Das war einer der Gründe, weshalb sie Arcus gestern gefragt hatte, ob er vielleicht Lust hatte mitzukommen. Also der Mensch, nicht das Pokémon. Zusammen lässt es sich immer besser durch die Welt reisen. Sie mochte das lieber, auch wenn ihre Pokémon bei ihr waren. Einen anderen Begleiter zu haben, hatte schon was für sich. Gerade auch dann, wenn man mal in Schwierigkeiten geriet. Natürlich war das nicht der einzige Grund gewesen, weshalb sie Arcus gefragt hatte. Es war auch, weil … Nun, er war ihr sympathisch, obwohl sie so gut wie nichts über ihn wusste und er verhältnismäßig recht schweigsam war. Aber wenn sie sich zurück an Soul erinnerte, dann konnte man ihm das kaum zum Vorwurf machen. Soul redete auch nicht viel, nur das Nötigste. Louna kam damit zurecht und die Reise zurück nach Illumina City würde ihr die Gelegenheit geben Arcus besser kennenzulernen. Da sie ihn allerdings seit gestern Abend nicht mehr gesehen hatte und auch nirgendwo entdeckte, als sie die Pension verließ, fragte sie sich, ob er überhaupt noch Interesse daran hatte. Er hatte kein Wort verloren, war einfach verschwunden. Das war schon sehr merkwürdig. Was sollte sie denn davon halten?
    Ihr bester Freund, ihr Arcus, saß neben ihr und wartete mit ihr auf jemanden, der nicht kommen würde. Louna blickte ihr Arkani an. In der Nacht hatte sie sich viele Gedanken gemacht, vor allem über Dinge, die nicht sein konnten, weil sie zu absurd waren. Arcus wandte den Kopf zu ihr, so dass sie in seine Augen blicken konnte. Sie erinnerten sie an Arcus, den Menschen, aber das mochte nur Zufall oder Einbildung sein. Je öfters sie daran dachte, desto albern und dümmer kam sie sich vor.
    »Das ist völliger Schwachsinn!«, ermahnte sie sich außerdem selbst. So etwas auch nur in Erwägung ziehen, war doch bescheuert. Aber sie kam trotzdem nicht umhin sich darüber Gedanken zu machen, warum ihr Arcus einfach verschwand, der andere auftauchte und dann wieder andersherum. Das war verwirrend. Die Antwort mochte völlig klar sein, aber sie war dermaßen abwegig, dass man – oder besser gesagt sie – nicht daran glauben konnte. Louna schnaubte auf.
    »Er hat sich ohne ein Wort aus dem Staub gemacht, Pech gehabt!« Ein kurzer Anflug von Wut kam in ihr hoch. Wenn dieser eine Arcus keine Lust mehr hatte mitzukommen, dann sollte es ihr auch egal sein. Sie wusste nicht, wo er sein könnte und einfach so ohne ein Wort zu verschwinden, war richtig blöd gewesen. Daher entschied sie sich Cromlexia hinter sich zu lassen und den gleichen Weg zu nehmen, den sie hier her genommen hatte. Ihr Arcus folgte ihr langsam. Die sonstige Begeisterung, die er eigentlich immer ausgestrahlt hatte, wenn sie auf Reisen waren, blieb diesmal aus. Vielleicht hatte er auch nicht viel geschlafen und war genauso müde wie sie?
    Lounas Gedanken drehten sich im Kreis. Besonders wenn man unterwegs war und niemanden hatte mit dem man sich richtig unterhalten konnte oder irgendeine andere Ablenkung hatte, waren die Gedanken richtig fies. Denn sie ließen einem nicht los und so konnte Louna nicht aufhören an Arcus zu denken. Sowohl den Menschen als auch das Pokémon. Sie ärgerte sich darüber, dass alles so wirr war und sie stellte auch überrascht fest, dass sie sehr enttäuscht darüber war, dass Arcus, der Mensch, sie so sitzen ließ und nun nicht mit dabei war. Dabei kannte sie ihn kaum, es müsste ihr nicht so viel ausmachen, wie es tatsächlich tat. Das war doch zum Miltank melken!
    Arcus’ feuchte Nase berührte sie an den Fingerspitzen und sie sah ihren besten Freund wieder sehr nachdenklich an.
    »Ähnlichkeiten gibt es ja, aber … « Sie ermahnte sich erneut in Gedanken nicht so dumm zu sein. Ihre Phantasie ging da eindeutig mit ihr durch! Deshalb versuchte sie sich auf den Weg zu konzentrieren und all die verwirrenden Gedanken und Gefühle zurückzudrängen.
    Ein Pokémon, das zum Menschen wird, ja klar, wer’s glaubt!



  • 9. Kapitel – Tödliche Gefahr


    Der Weg zurück nach Illumina City führte wieder durch den Wald, den wir vor ein paar Tagen durchquert hatten. Daher durften wir teilweise auch wieder die Steingebilde begutachten, die vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten aufgerichtet worden waren. Mein Blick wanderte mal hierhin, mal dorthin, folgte den Geräuschen, die ich wahrnahm, doch die meiste Zeit lag er auf Louna. Sie war sehr schweigsam und in sich gekehrt. Manchmal runzelte sie die Stirn, dann wieder sah sie auf und gab der Umgebung mehr Aufmerksamkeit ehe sie zurück in ihre Gedanken versank. Irgendetwas war anders, aber ich wusste nicht was. Da mir die Stimme fehlte, um mit ihr darüber zu reden, blieb mir nichts anderes übrig, als die Stille hinzunehmen und darauf zu warten, bis sie irgendwann von sich aus etwas sagte. Denn ungewöhnlich wäre das nicht. Auf unseren Reisen, wo nur wir beide unterwegs gewesen waren, ohne Dash oder jemand anderem, hatte sie trotzdem manchmal mit mir gesprochen. Ich hatte ihr zwar nicht antworten können, nicht direkt, aber ich habe ihr stets gezeigt, dass ich ihr zuhörte und darauf reagierte, in welcher Form auch immer. Diese Stille, die jetzt herrschte, mochte ich ganz und gar nicht.
    Eine Stunde hielt sie an, vielleicht zwei. Ich war nicht so gut darin die Zeit einzuschätzen, die verging. Die Stille hätte vermutlich noch länger angehalten, wenn nicht ein mir bekanntes Pokémon aus dem Unterholz des Waldes hervor gekommen wäre. Zuerst hörte ich nur das zaghafte Rascheln, doch nach wenigen Augenblicken kam es hervor. Es war Flabébé, weshalb ich stehen blieb und es ansah. Eine Sekunde später ließ es sich auf meinen Kopf nieder und stieß einen tiefen Seufzer aus. War es Erschöpfung? Ich versuchte nach oben zu schielen, aber viel sah ich nicht. Louna, die noch ein paar Schritte weiter gegangen war, bemerkte zum Glück, dass ich nicht mehr neben ihr her ging und drehte sich um. In ihren Augen sah ich das kurze Aufblitzen der Angst, dass ich schon wieder verschwunden sein könnte, aber das war ich nicht. Ich stand nur ein paar wenige Schritte hinter ihr. Sie kam zu mir zurück und entdeckte ebenfalls das kleine Pokémon auf meinem Kopf.
    »Nanu? Ist das nicht das Flabébé von gestern Nacht?«, wollte sie wissen. Weder Flabébé noch ich gaben darauf eine eindeutige Antwort, aber Louna konnte es sich schon selbst denken.
    »Was machst du denn hier?«, wollte ich selbst wissen. Für Louna klang es so, als würde ich irgendwas vor mich hin brummeln.
    »Du musst mir helfen!«, ließ mich Flabébé wissen. Auf einmal wurde mir klar, dass ich von ihr kein einziges Mal das helle und amüsierte Kichern gehört hatte und sie auf mich eher einen niedergeschlagenen Eindruck hinterließ. Irgendetwas musste passiert sein, was mich ein wenig beunruhigte.
    »Wobei muss ich dir helfen?«, fragte ich nach.
    »Mein Freund wurde gefangen genommen. Ich brauche deine Hilfe! Du hilfst mir doch, ja?«
    »Dein Freund?« Das klang nicht gut. Gefangen genommen? Waren schon wieder Diebe unterwegs? Allein die Vorstellung machte mich wütend darüber und ich folgte Flabébé, als es wieder in die Luft stieg und voran flog. Nach wenigen Metern wartete sie auf mich, damit ich ihr folgen konnte. Ich wollte sie nicht aus den Augen verlieren, aber der Ausruf von Louna ließ mich kurz inne halten. Ich sah zu ihr zurück und kläffte auf. Sie sollte mir folgen, auch wenn Louna noch nicht begreifen konnte, was hier vor sich ging. Zumindest verstand sie, dass sie mitkommen sollte, weil irgendetwas passiert war. Wir beide eilten daher nun Flabébé hinterher, die uns tiefer in den Wald führte.
    Keine Ahnung, wie lange die Verfolgung dauerte, aber mir fiel immer mehr auf, dass die Gegend wilder wirkte. Natürlich war hier alles Wildnis, aber ich hatte das Gefühl, dass diese Gegend unberührter war als sonst. Nicht nur das … Alles wirkte … reiner und klarer. Ich wusste nicht, wie ich es genau beschreiben konnte. Der Wald besaß ein Eigenleben, das ich nicht richtig begreifen konnte und sich von den anderen Gegenden unterschied. Es wirkte auch friedlicher und ruhiger, wenn ich auch viele Pokémon-Stimmen im Hintergrund hören konnte. Das Zwitschern der Dartiris oder das Jaulen von Frizelbliz, das stets durch diesen Wald hallte. Aber mit Ruhe war weniger eine Stille gemeint, sondern eine unberührte Ruhe, wo keine störenden Geräusche zu hören waren. Baumfällen oder das Rufen von Trainern oder so etwas. Menschliche Einflüsse fehlten hier.


    Das hatte ich zuerst geglaubt, aber als wir am Zielort ankamen, musste ich meinen Eindruck überdenken. Keine menschlichen Einflüsse? Das stimmte nicht ganz. Wir kamen an einem großen Höhleneingang an. Um ihn herum wuchsen zahlreiche Ranken, Moose und Flechten und es sah so aus, als hätte man erst vor kurzem diesen Eingang von den Pflanzen befreit. Ich schnüffelte in der Luft und am Boden und konnte dadurch menschliche Fährten wahrnehmen, aber auch von anderen Pokémon.
    »Er ist da drin!«, ließ Flabébé mich wissen und wollte, dass ich die Höhle betrat. Noch zögerte ich und sah meine Trainerin an, die sich interessiert umsah. Hier draußen waren auch Fußspuren zu erkennen und das nicht nur von einem Paar Füße, sondern von mehreren. Ein ganzes Durcheinander an Spuren war auf den Boden zu sehen, so dass es schwieriger war sie von einander zu differenzieren.
    »Was ist das für ein Ort?« Leider konnte ich Louna auf ihre Frage keine Antwort geben, denn ich wusste es selbst nicht, noch hatte ich die Stimme dafür, um zu antworten.
    »Komm schon!«, forderte mich Flabébé auf und zog mir an meinem linken Ohr. Ich brummte auf, weil ich das nicht mochte, aber sie wollte unbedingt, dass ich weiter mitkam. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als die Höhle zu betreten. Louna kam hinterher, weil ihre eigene Neugier geweckt war.
    Die Höhle wirkte so, als wäre sie durch eine natürliche Ursache entstanden, allerdings konnte man in regelmäßigen Abständen Lampen sehen, die in der Dunkelheit für Licht sorgten. Menschen waren also definitiv hier drinnen gewesen und mussten irgendetwas gesucht haben. War das hier vielleicht ihr Versteck?
    »Hier lang!«, rief mich Flabébé und ich folgte weiter. Der Höhlengang zweigte sich schon bald, aber Flabébé wusste ganz genau, wo es lang ging. Sie war demnach nicht zum ersten Mal hier. Immer wieder kamen wir an Nebenhöhlen und -gängen vorbei, aber kein einziges Mal stoppte Flabébé. Ich spürte die ansteigende Nervosität von Louna und blieb dicht bei ihr. Das gab nicht nur ihr Halt und Vertrauen, sondern auch mir selbst.
    Irgendwann blieben die Lampen in den Gängen aus, aber das hieß nicht, dass wir deswegen im Dunkeln tappten. Die leicht feuchten Wände der Höhle hatten tiefer im Inneren leuchtende Kristalle ausgebildet. Sie waren in einem saphirischen Blauton und gaben uns so viel Licht, wie wir brauchten, um uns zurechtzufinden.
    »Wow!« Louna war von dem Anblick hin und weg. Der Anblick all der Kristalle war beeindruckend und wunderschön. Mir selbst wäre etwas Rotes lieber gewesen, weil ich zum Feuer neigte. Das Blau erinnerte mich zu sehr an Wasser, dem ich abgeneigt war. Aber trotzdem musste ich zugeben, dass es durchaus einen schönen Anblick hatte. Darauf konzentrieren konnte ich mich aber nicht, da Flabébé mich weiter drängte.
    »Mach schon, mach schon!« Sie hatte es ganz schön eilig. Ich musste mit meinen Zähnen an Lounas Ärmel ziehen, damit sie weiter kam, da sie am liebsten die Kristalle untersucht hätte und auch Fotos machen wollte. Den Professor hätte es sicher auch interessiert, doch dafür schien keine Zeit zu sein. Flabébé führte uns noch tiefer, bis eine der Höhlen eine immense Größe aufwies.
    »Nanu? Was ist das hier? Wow, ist die groß!«, hörte ich Louna sagen. Sie ging ein paar Schritte in die Höhle hinein. Der Anblick verschlug uns beiden die Sprache, als uns richtig gewahr wurde, was wir sahen. Nicht nur, dass diese Höhle eine beeindruckende Größe aufwies, nein, die Kristalle, die hier aus den Wänden, dem Boden und auch der Decke wuchsen, waren teilweise sogar riesig. Es gab kleine und große Kristalle und jeder von ihnen leuchtete in Saphir. So etwas hatten wir noch niemals gesehen gehabt.
    Ich spitzte meine Ohren, weil ich das bekannte leise Plätschern von Wasser vernehmen konnte. Mein Gesichtsausdruck hätte in meiner menschlichen Form noch mehr Abneigung gezeigt, als jetzt schon. Hätte ich mir ja denken können, dass es in dieser Höhle Wasser gab!
    »Hier hinten!«, rief Flabébé und flog auch schon weiter. Gerade wollte ich weiter gehen, als etwas hinter uns zu hören war. Alarmiert drehte ich mich um. Auch Louna war angespannt, aber wir beide waren zu langsam, um uns noch rechtzeitig zu verstecken. Wir wurden sofort entdeckt, als eine Gruppe von schwarzgekleideten Männern aufkreuzte. Sofort begann ich zu knurren, denn ich erkannte mit einem Blick einen der Kerle, die wir im Versteck der Diebe getroffen hatten. Es war der Typ mit dem Granbull! Nur wenige Augenblicke später erkannte ich auch den Dieb mit dem Kleoparda. Ihre Pokémon waren zwar noch nicht zu sehen, aber das musste nichts heißen.
    »Hey, das ist dieses verdammte Weib von letztens!«, rief einer der Diebe aus. Die anderen waren sofort alarmiert und machten sich bereit uns anzugreifen. Es waren fünf Männer, so weit ich das sehen konnte. Sie waren deutlich in der Überzahl, was für uns nur Ärger bedeuten konnte. Allein die drei von letztens hatte uns gereicht. Wie sollten wir uns gegen fünf wehren?
    »Nehmt sie gefangen!«, brüllte einer und die anderen liefen los, um sich auf Louna zu stürzen. Eben jene wartete nicht, bis die anderen bei ihr waren, sondern rannte los.
    »Arcus!«, rief sie mich, so dass ich ihr folgte.
    »Ihr müsst ihn befreien, ihr müsst ihn befreien!«, rief außerdem auch noch Flabébé und flog dicht neben meinem Kopf.
    »Wen denn?«, fragte ich, wandte meine Aufmerksamkeit aber zu den Dieben. Hektik war entstanden und mir wurde klar, dass wir hier ohne einen Kampf nicht heraus kommen würden. Ob die Höhle noch einen anderen Ausgang besaß, konnte ich so schnell nicht erkennen. Dafür war sie zu groß und wir hatten keine Zeit danach zu suchen. Das einzige, was mir richtig erschien, war mich den Dieben in den Weg zu stellen. Mit einem mächtigen Brüllen und Knurren sprang ich zwischen die Diebe und Louna. Dadurch blieben die Männer stehen, Louna allerdings auch.
    »Arcus!«, rief sie mich, sah aber wohl selbst, dass wir um einen Kampf nicht vorbei kamen. Bevor sie mir ein Kommando gab, handelte ich schon selbst und ließ einen Flammenwurf auf die Diebe nieder. Das führte dazu, dass sie zur Seite sprangen und nicht getroffen wurden. Dafür jedoch warfen sie ihre Pokébälle und entließen zwei eF-eM’s, das Granbull vom letzten Mal, ein Golbat und ein Magnayen. Die Diebe von Black Flare waren sich absolut sicher dieses Mal nicht zu verlieren, allerdings hatten sie auch nicht vor sich zurückzuhalten. Ich würde sie aufhalten müssen, auch wenn ich ehrlich gesagt noch keine Ahnung hatte, wie ich das allein schaffen sollte. Chiari durfte noch nicht kämpfen. Ihre Verletzungen würden sie beeinträchtigen und die Gefahr war groß, dass sie am Ende noch schlimmer verletzt wurde. Auch Dael brauchte seine Schonfrist! Ich würde daher so lange durchhalten müssen bis uns die Flucht gelang oder ich vielleicht doch als Sieger aus dem Kampf ging. Leicht würde dieses Unterfangen aber nicht werden. Die eF-eM’s schickten mir einen Windstoß und Golbat versuchte es auf Geheiß seines Trainers mit einem Superschall. Allen Attacken versuchte ich so gut es ging auszuweichen, doch mir war es nicht möglich der Kopfnuss von Granbull zu entgehen. Ich brüllte auf und taumelte zurück. Granbull knurrte mich an, auch Magnayen tat es, welches neben Granbull auftauchte. Die fliegenden Pokémon waren gleich zur Stelle, weshalb ich vorerst versuchte auf Abstand zu gehen.
    »Arcus! Versuchs noch einmal mit Flammenwurf«, rief mir Louna zu, wodurch ich sofort mein inneres Feuer einsetzte und meinen heißen Atem auf meine Gegner warf. Granbull war zu langsam zum Ausweichen. Es war noch von den Verbrennungen vom letzten Mal beeinträchtigt. So konnte ich es treffen, was ihm gar nicht gefiel. Magnayen, die eF-eM’s und Golbat entgingen meinem Flammenwurf, aber das war nicht weiter tragisch, denn ich erkannte, dass zumindest Granbull dieses Mal nicht lange durchhalten würde. Offenbar hatte sich sein Trainer nicht sonderlich intensiv um seine Wunden gekümmert, so dass es nicht viel Energie besaß. Das konnte ich zu meinem Vorteil ausnutzen! Leider war das gar nicht so einfach, denn nach wie vor war ich in der Unterzahl. Ständig musste ich aufpassen von den fliegenden Pokémon nicht getroffen zu werden. Andersherum schaffte ich es kaum sie zu treffen, weil sie so flink waren! Ich konnte auch nicht verhindern, dass drei der Diebe Louna verfolgten, weswegen diese schon wieder am Rennen war. Ob ich darüber erleichtert sein sollte, dass Flabébé gerade bei ihr war, wusste ich nicht. Ob es kämpfen würde? Darauf konnte ich nicht achten. Obwohl ich ungern von meiner Trainerin getrennt werden wollte, war es mir nicht möglich ihr zu folgen, denn Magnayen und die anderen Pokémon waren mir ständig im Weg. Das nervte tierisch! Ungehalten knurrte ich und stieß einen lauten Brüller aus. Die beiden eF-eM’s ließen sich dadurch vorerst in die Flucht schlagen und flogen ihren Trainern nach, die Louna verfolgten. Blieben also noch Magnayen und Golbat übrig. Granbull hatte sich lieber zurück gezogen. Die Schmerzen der Verbrennungen beeinträchtigten es zu sehr, so dass es nicht weiter kämpfen wollte und konnte. Dadurch sah die Situation für mich schon ein wenig besser aus.


    Louna rannte so schnell sie konnte, aber wohin sollte sie denn fliehen? Flabébé schwirrte die ganze Zeit um sie herum und wies ihr mehr oder weniger den Weg. Das Plätschern von Wasser, was sie vorhin ebenfalls gehört hatte, stellte sich nun als eine Art unterirdischer Fluss heraus. Dieser trennte die Höhle vom entlegensten Teil der Höhle, doch man konnte den Fluss überqueren. Notdürftig war eine schmale Brücke aus Holz darüber gebaut worden, weswegen Louna über diese eilte. Sie musste aufpassen darauf nicht ihr Gleichgewicht zu verlieren, aber sie schaffte es hinüber zu kommen. Leider waren die drei Rüpel von Black Flare dicht hinter ihr, so dass sie nicht stehen bleiben durfte, es aber trotzdem tat. Der Grund dafür lag ein paar Meter weiter vor ihr.
    Am Boden liegend und angekettet war ein Pokémon, welches sie noch nie zuvor gesehen hatte. Obwohl dieses Pokémon eindeutig in Not war, konnte Louna nur fasziniert auf jenes blicken. Es war so überirdisch schön und anmutig, dass sie für einen Augenblick vergaß, dass sie verfolgt wurde. Die Gliedmaße des Pokémons waren lang und grazil. Nur die Ketten knapp über den Hufen störten das Bild. Das Fell hatte einiges an Glanz verloren und trotzdem konnte sich Louna vorstellen wie schön es sein musste. Es war eher von dunkler Farbe, schwarz und ein dunkles schimmerndes Blau, welches sich über der oberen Körperhälfte des Pokémons ausbreitete. Auf dem Kopf wuchs ein mächtiges Geweih hinaus von einem schillernden Blauton, was an einen strahlenden blauen Sommerhimmel erinnerte. Leider war um seinen Hals ebenfalls eine stählerne Kette angebracht worden.
    Louna war von dem Anblick so gefesselt, aber auch berührt, weil die Augen des Pokémons voller Leid waren, dass sie zu spät bemerkte, wie sich die Diebe ihr genähert hatten. Zwei von den dreien griffen sie an und hielten sie an den Armen fest.
    »Nein! Lasst mich los!«, brüllte sie. Selbst wenn sie ihre Pokémon hätte einsetzen wollen, so war es ihr nun nicht mehr möglich. Der Dritte trat an sie heran und nahm ihre Tasche, wie auch ihre Pokébälle ab. Dadurch verhinderte er, dass sie ihre Pokémon rufen konnte, denn er steckte diese weg und brachte sie aus der Reichweite von Louna.
    »Gebt mir meine Tasche und meine Pokémon zurück!«, forderte sie, während sie versuchte sich zu befreien. Egal wie sehr sie zappelte und ihre Kräfte mobilisierte, sie war zu schwach, um gegen die beiden Männer anzukommen.
    »Du wirst schon sehen, was du davon hast, dich bei uns einzumischen!«, drohte der dritte Dieb. Er schien unter ihnen das vorzeitige Kommando zu haben.
    »Fesselt sie. Wir müssen fertig werden, bevor unser Boss kommt, aber zackig!«, knurrte er die Befehle. In seinen braunen Augen blitze es gefährlich auf.
    »Arc-!«, versuchte Louna noch zu rufen, aber man fesselte sie nicht nur, man knebelte sie auch. Unsanft wurde sie auf den Boden gedrückt, wo sie bleiben sollte und nicht weg konnte. Es stand äußerst schlecht um sie. Wer wusste, was diese Typen noch alles vor hatten?
    Das angekettete Pokémon einige Meter weit von ihr entfernt, begehrte auf und versuchte sich zu erheben, aber die Ketten hielten es davon ab. Wenn es nur das wäre, was es gefangen hielt, würde es sich befreien können. Doch Louna sah noch zwei weitere Pokémon, die in der Nähe des Gefangenen standen. Angestrengt versuchte sie sich zu erinnern, welche das sein könnten, denn sie wusste, dass sie solche schon einmal gesehen hatte. Erst als diese beiden Pokémon auf Befehl des einen Diebes ihre Lichtschildattacke wieder aktivierten, wusste es Louna. Es handelte sich um zwei Simsalas – Psycho-Pokémon. Das eine jedoch wirkte verändert, wodurch Louna darauf schließen musste, dass es sich sogar um eine Megaform handelte. Diese beiden Pokémon waren dafür verantwortlich, dass das gefangene Pokémon sich nicht befreien konnte. Denn selbst wenn es die Ketten hätte sprengen können, so wurde seine Kraft durch die Lichtschilder abgewehrt und eingedämmt. Es war ihm nicht möglich allein aus der Misere heraus zu kommen.
    »Mhm hmf-mph!« Louna versuchte zu sprechen, es war aber vergeblich. Der Rüpel, der am nächsten zu ihr stand, blickte sie verächtlich an und schnaubte. Sein dreckiges Grinsen hätte Louna ihm gerne aus dem Gesicht gefegt, aber sie war nicht einmal in der Lage sich richtig zu bewegen. Wieso musste sie auch in solche Schwierigkeiten geraten? Sie sah von dem gefangenen Pokémon und den Dieben weg, die an einer seltsamen Vorrichtung irgendetwas tun wollten. Energie von dem Pokémon absaugen? Was es auch war, Louna konnte nichts tun und sah über den Fluss hinüber zu ihrem eigenen Pokémon.
    Arcus kämpfte tapfer gegen Golbat und Magnayen und tatsächlich schaffte er es das Golbat mit einem sehr heißen Flammenwurf zu treffen, um es aus der Luft zu holen. Das Golbat stürzte ab und landete sehr unsanft auf dem Boden, wo es liegen blieb. Es war fürs Erste außer Gefecht gesetzt worden. Jetzt blieb nur noch Magnayen übrig. Das kleine Flabébé, welches alles bisher von oben und aus sicherer Entfernung beobachtet hatte, flog hinüber zu den beiden Pokémon.


    Flabébé landete direkt wieder auf meinem Kopf. Ich stand in einer geduckten und angriffsbereiten Haltung, die Zähne fletschend.
    »Arcus, Arcus!« Flabébé brüllte mich schon fast an, so dass ich vorerst inne hielt und mich nicht auf meinen Gegner stürzte.
    »Was denn?«, fragte ich ungehalten. Ich wollte zu meiner Trainerin, musste aber noch dieses Pokémon besiegen, ehe ich das konnte.
    »Dieses Magnayen wurde auch nur gestohlen, hörst du? Magnayen ist gar nicht böse!«, redete mir Flabébé ein, aber ich knurrte genervt auf.
    »Sag das ihm, nicht mir! Es stellt sich mir doch in den Weg!« Wenn es das nicht tun würde, müsste ich schließlich nicht kämpfen. Als wollte Flabébé genau das in die Tat umsetzen, flog es auf seiner roten Blüte hinüber zu dem Unlicht-Pokémon und versuchte zu ihm zu sprechen. Doch Magnayen wirkte nicht so, als würde es auf sie hören wollen. Außerdem brüllte sein Trainer Befehle zu ihm damit es mich angreift. Die beiden verbliebenen Diebe standen nämlich nicht unweit vor mir und wollten mich besiegt sehen.
    »Du musst nicht kämpfen!«, versuchte es Flabébé noch einmal.
    »Bitte, bitte! Tu das nicht!«, flehte sie Magnayen an. Noch führte es die Befehle seines diebischen Trainers nicht aus und tatsächlich konnte ich erkennen, dass Magnayen in Unruhe verfiel und darüber nachdachte, ob es wirklich so war. Ich wusste, dass Magnayen ähnlich wie wir Fukanos und Arkanis eine loyale Seite besaßen und auf ihre Trainer hörten. Aber trotzdem besaßen sie auch eine wilde Seite in sich, die stärker sein konnte, so dass sie sich durchaus auch gegen ihre Trainer wenden konnten, wenn sie der Meinung waren, dass diese nicht stark oder würdig genug waren.
    »Hey, ich muss nicht gegen dich kämpfen!«, versuchte ich es nun auch. Ganz diplomatisch, so wie Flabébé es wollte.
    »Diese Typen hier sind doch die, die anderen schaden. Willst du etwa wirklich zu ihnen gehören?« Ich versuchte zusätzlich Magnayen ein schlechtes Gewissen einzureden. Wollte es denn wirklich zu diesen Dieben gehören? Und wenn Flabébé Recht mit der Aussage hatte, dass Magnayen selbst gestohlen worden war, dann dürfte es doch gar nicht so viel Sympathie für diese dreckigen Diebe haben!
    »Magnayen, du dummes Vieh, setze endlich deinen Knirscher ein!« Das Rufen des Rüpels war ungehalten. Er wollte, dass Magnayen mich endlich angriff.
    »Überlege dir das gut!«, rief ich ihm extra noch hinzu. Er musste es nicht tun, wenn er das nicht wollte! Magnayen schüttelte den Kopf, als wollte er den Kopf frei bekommen, drehte sich um und knurrte auf einmal die Diebe an. Ja! Genau so! Ich lief an seine Seite und drohte ebenfalls, dass die Rüpel nichts Besseres zu tun hatten, als die Flucht zu ergreifen. Denn sie wollten sich nur ungern mit uns beiden anlegen. Innerlich jubelte ich auf und setzte gemeinsam mit Magnayen den beiden nach. Sie liefen zu der Brücke, die auf die andere Seite der Höhle führte. Mir war nicht wohl dabei den Fluss überqueren zu müssen, aber welche Wahl hatte ich denn? Einfach Augen zu und durch, oder wie das hieß. Die Augen schloss ich nicht, das wäre ziemlich fatal gewesen. Denn die anderen von Black Flare bekamen mit, wie ihre beiden Kollegen angerannt kamen, vor allem weil sie auch laut herum brüllten, da sie Hilfe benötigten. Diese Hilfe kam auch, aber anders, als ich vermutet hatte.
    Die beiden eF-eM’s von vorhin kamen herbei geflogen, griffen aber nicht Magnayen und mich an, sondern ließen einen gemeinsamen heftigen Windstoß auf die hölzerne Brücke los. Da sie nur provisorisch angelegt worden war, reichte die kombinierte Attacke aus und das Holz knarzte gefährlich auf, ehe es auch schon nachgab. Die Brücke wurde zerstört und mir war es nicht mehr möglich auf die andere Seite zu kommen. Wütend darüber brüllte ich auf, konnte aber dadurch natürlich keinen Weg erschaffen. Hinüber springen ging auch nicht, da die Entfernung zu groß war.
    Ich mochte als Arkani mehr Kraft, Ausdauer und stärkere Fähigkeiten haben, aber eine solche Sprungkraft, um so weit zu springen, besaß ich leider nicht. Magnayen konnte ebenfalls hinüber. Nicht mit einem Sprung, aber indem es durch das Wasser schwimmen würde. Doch er war nicht bereit dazu, vor allem nicht, wenn er ganz allein hinüber musste.
    Aufgebracht lief ich hin und her. Der Fluss hielt mich ab auf die andere Seite zu kommen, aber genau das wollte ich unbedingt! Louna war dort drüben und auch Flabébés Freund, der angekettet war. Beide mussten gerettet werden, nur wie? Nachdenklich betrachtete ich das Wasser. Es war nicht reißend, man könnte daher auf jeden Fall auf die andere Seite schwimmen. Aber wenn ich in den Fluss sprang, dann würde er mir schaden. Ich würde Schmerzen erleiden, Wunden davon tragen …
    Mein Blick huschte hinüber zu Louna, die gefesselt am Boden lag. Sie konnte sich nicht ohne Hilfe befreien. Und wenn ich zurück in die Stadt lief, um Hilfe zu holen? Nein! Dafür war zu wenig Zeit. Ich war kurz davor ernsthaft in Erwägung zu ziehen einfach in das Wasser zu springen, um auf die andere Seite zu kommen. Egal wie schmerzhaft es sein würde. Ich musste einfach … !
    Wäre ich ein Mensch, würde das natürlich alles anders sein. Das hatte ich erst letztens feststellen dürfen, als ich in den Brunnen gefallen war. Als Mensch machte mir das Wasser nichts aus. Aber ich war ein Pokémon, noch dazu vom Typ Feuer! Verzweiflung machte sich in mir breit. Wenn ich doch nur etwas tun könnte, was uns allen weiterhelfen würde. Flabébé schob sich in mein Blickfeld.
    »Kannst du nicht irgendetwas tun? Hinüber fliegen und sie befreien?«, fragte ich sie verzweifelt.
    »Ich bin nicht stark genug, sonst hätte ich es längst getan«, antwortete sie mir traurig.
    »Verdammt!« Ich knurrte auf, war wütend über meine eigene Unfähigkeit.
    »Arcus?«, meldete sich Flabébé wieder, dass ich sie erneut ansah.
    »Es … wäre eine endgültige Entscheidung.« Mehr sagte sie nicht. Das waren all ihre Worte und es reichte vollkommen aus, damit ich begriff, worauf sie hinaus wollte. Aber konnte ich darauf wirklich eingehen? Wenn es am Ende wirklich endgültig sein würde …



  • Hallo werte Wölfin,


    Bevor es bald zum großen Finale geht, möchte ich noch einmal kurz mit einem Kommentar vorbeischneien. Besonders, weil in der Zwischenzeit doch wieder einiges passiert ist, das Louna und Arcus noch mehr zusammengeschweißt hat. Nach der Rückverwandlung fand ich es ganz überraschend, dass du ihn entwickeln hast lassen, was bei den vielen Entwicklungssteinen aber fast abzusehen war. Immerhin hat es die Situation verlangt und dadurch konnte er Louna schützen.
    Ich finde es schon richtiggehend niedlich, wie er sich um sie Gedanken macht und in ihr auch mehr als nur seine Trainerin und die innige Freundschaft sieht. Auch wenn es natürlich seltsam ist, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass er immer noch ein Pokémon ist. Um das zu untermauern, lässt du Arcus ja erneut eifersüchtig werden, indem Louna sich mit Dash trifft. Eigentlich sieht man hier schon das eigentliche Problem: Dass er sich nicht recht entscheiden kann, wer er sein möchte und was er eigentlich erreichen möchte. Dafür ist dann auch Flabébé da, um ihm die Entscheidung zu erleichtern - oder auch nicht, wie sich herausgestellt hat. Die Gespräche mit Louna waren eher verhalten, er selbst hat auch mit dem Wasser etwas ganz Neues kennengelernt und im Endeffekt hat es wieder dazu geführt, dass er zu einem Arkani wurde.
    Diesen Zwiespalt treibst du im letzten Kapitel ja noch etwas weiter, nur dass sich Arcus nun in einer angespannten Situation entscheiden muss, in der er unter Druck steht. Wie möchte er Louna helfen? Was möchte er machen? Ich bin einmal gespannt, ob er mit seiner letzten Entscheidung auch zufrieden sein wird. So war es vermutlich auch die beste Wahl, um ihn diese treffen zu lassen, weil es sonst nur ein weiteres Hin und Her gewesen wäre.
    Schreiberisch bekommt man gewohnte Kost von dir; sehr ausführlich, viele Gedanken und allgemein ein tolles Gesamtpaket, wobei die Kämpfe etwas kürzer treten mussten. Der erste war ohnehin recht schnell vorbei und der zweite war hauptsächlich darauf ausgelegt, den Gegner zur Besinnung zu bringen. Ich bin hier zwar der Meinung, dass Magnayen trotz allem etwas hätte sagen können - man erwartet von seinem Gegenüber zumindest, dass er spricht -, aber nachdem er wieder recht schnell in den Hintergrund gelangte, ging das in Ordnung. Bei de eF-eM denke ich dasselbe, weil Flabébé ja auch spricht, aber gut. Ich mochte überhaupt, dass die kleine Fee gegen Ende doch noch wichtig wurde, weil Xerneas eingesperrt wurde und sie Hilfe brauchte. Dadurch hat sich noch ein kleiner Handlungsstrang entwickelt, der das Ganze wohl bald zu einem Abschluss bringt.


    In diesem Sinn: Wir lesen uns nächste Woche wieder!

  • 10. Kapitel – Mein Herzenswunsch


    Ruhig plätscherte der unterirdische Fluss vor sich hin und verhöhnte mich auf diese Weise, weil ich nicht auf die andere Seite kam. Meine Krallen kratzten über den steinernen Boden unter mir. Wenn ich mit einem beherzten Spring so weit in den Fluss hinein sprang, um die andere Seite schneller zu erreichen, könnte ich vielleicht den Schaden minimieren. Aber ich wusste nicht, wie gut ich danach in der Lage war gegen die Diebe anzutreten. Meine Zähne knirschten aufeinander. Viel Zeit blieb mir nicht, um mich zu entscheiden, welche Option ich nehmen wollte. Denn einfach zusehen wie Black Flare ihre Machenschaften auslebten, konnte ich nicht. Ich schüttelte den Kopf und blickte Magnayen neben mir sehr ernst an.
    »Wirst du mir helfen sie aufzuhalten?«, wollte ich von ihm wissen. Er war selbst Opfer dieser Verbrecherbande geworden. Ob er nun aus der Wildnis und damit aus seiner Heimat oder von einem Trainer gestohlen worden war, spielte keine Rolle. Man hatte ihn entführt, damit er ihnen dabei half anderen Schaden zuzufügen. Ich war froh, dass sich Magnayen von ihnen los gesagt hatte. Dass er die Chance genutzt hatte, als er eine bekommen hatte sich gegen sie zu stellen. Aber wie bereit war er nun einen Schritt weiter zu gehen? Statt zu fliehen – denn der Weg des Rückzugs stand für ihn offen – zu kämpfen und diesen Dieben das Handwerk zu legen?!
    Magnayen sah von mir weg und hinüber zu Black Flare, dem gefangenen Pokémon und auch zu Louna, die gefesselt am Boden saß und nichts tun konnte. Ich wusste, dass sie helfen wollte. Dass sie die Diebe aufhalten wollte, aber ihr war es nicht möglich. Es lag an mir die Situation zum Guten zu ändern, aber alleine würde ich es nicht schaffen. Ich brauchte Magnayen dafür!
    »Also gut«, hörte ich ihn sagen. »Ich helfe dir! Geh voran und ich werde dir folgen. Aber … wie willst du dort hinüber kommen? Du kannst nicht ins Wasser, richtig?« Diese Frage war sehr berechtigt. Magnayen kannte die Schwäche der Feuer-Pokémon, so dass er sich nicht vorstellen konnte, wie ich den Fluss überwinden sollte. Es gab schließlich keinen Weg darüber. Die Brücke war zerstört und das einzige, was man hätte tun können, wäre zu schwimmen.
    Ich sah wieder auf den Fluss. Schwimmen – in meinem ganzen Leben hatte ich das noch nicht tun müssen. Mir würde diese Erfahrung so oder so nicht erspart bleiben. Aber eines konnte ich noch: Nämlich entscheiden wie ich diese Schwimmerfahrung machen wollte. Mein Blick traf Flabébé. Er war intensiv und ich brauchte keine Worte mehr, um ihr klar zu machen, was ich wollte. Es nützte alles nichts, es musste sein. Für Louna und für das gefangene Pokémon. Was anderes zählte in diesem Moment nicht.


    »Wir haben es fast geschafft. Die Prozedur kann gleich starten«, sagte einer der Rüpel, der sich bisher als der Kommando-verteilende-Anführer entpuppt hatte. Ein richtiger Anführer war er nicht, denn der Boss von Black Flare war nicht hier. Aber unter den fünf Männern war er es, der das vorzeitige Sagen hatte. Sein Kollege neben ihm schnaubte verächtlich auf. Er hatte über den Fluss zu den zurückgebliebenen Pokémon geschaut. Magnayen hatte nicht mehr auf ihn gehört. Schade drum, mit diesem Pokémon hatte er durchaus was anfangen können. Aber es nützte alles nichts, würde er sich eben ein neues Pokémon besorgen müssen.
    »Was machen wir mit dem Weib?«, wollte er dafür wissen und sah hinüber zu Louna, die einen ernsten Gesichtsausdruck hatte. Sie wollte nicht aufgeben und dachte angestrengt nach, wie sie dieses Problem lösen konnte. Aber die Fesseln hinderten sie daran irgendetwas zu machen und sie bekam sie einfach nicht los.
    »Wir werden sie später entsorgen. Jetzt müssen wir erst einmal Xerneas Energie absorbieren, damit wir es von hier fort schaffen können!«, antwortete der Anführer der Truppe und tippte unentwegt auf die Einrichtung vor sich. Was auch immer das für eine Maschine war, sie bedeutete nichts Gutes.
    »Die Energie von diesem Pokémon ist enorm. Sie wird uns weiterhelfen … «, murmelte er vor sich hin. Seine Kollegen hatten sich um ihn herum versammelt und beobachten alles Weitere. Dabei beachteten sie weder die Pokémon, die eh nicht zu ihnen hinüber kommen konnten, noch sahen sie zu Louna, die sich nicht befreien würde können.
    Louna warf einen Blick hinüber zu Arcus. Sie wünschte sich, dass ihr Freund bei ihr wäre, aber andererseits wäre es vielleicht besser, wenn er davon laufen würde. Wer weiß, was Black Flare sonst mit ihm anstellte? Sie wollte nicht riskieren, dass er verletzt wurde. Vor allem aber wollte sie nicht, dass ihr Arkani in den Fluss sprang, um zu ihr hinüber zu gelangen. Sie wusste, dass er Schmerzen und Schaden davon tragen würde. Trotzdem wirkten Arcus und das Magnayen so, als wären sie kurz davor ins Wasser zu springen. Das kleine Flabébé war bei ihnen. Es sollte besser auch fliehen anstatt hier zu verweilen.
    Nachdenklich legte Louna die Stirn in Falten. Black Flare beachtete sie nicht, da sie eh nichts gegen sie derzeit ausrichten konnte. Egal wie sehr es sie ärgerte. Was Louna eher verwirrte, war das Verhalten der Pokémon auf der anderen Flussseite. Bei Arcus war klar, dass er unbedingt zu ihr wollte. Das überraschte sie nicht, aber was machte das Flabébé dort? Es flog mehrmals über Arcus hinweg und verteilte seinen Blütenstaub über ihn. Machte das Sinn? War das eine Attacke? Wenn ja, dann verstand Louna nicht, warum Flabébé ihr Pokémon angriff. Es hatte ihr oder Arcus gegenüber eigentlich nicht feindlich gewirkt gehabt. Sehr seltsam.
    »Gleich haben wir es … «, hörte Louna einen der Diebe sagen, aber sie sah nicht zu ihm. Ihre Aufmerksamkeit lag ganz auf ihrem eigenen Pokémon. Sie war wie gebannt und glaubte nicht, was sie zu sehen bekam. Der Blütenstaub von Flabébé legte sich auf Arcus, leuchtete aber auch in zahlreichen kleinen Minilichtern auf. Dieses Licht nahm Arcus für kurze Zeit ein. Fast glaubte Louna, dass eine Entwicklung ausgelöst wurde, was völliger Unsinn war. Ihr Arkani war bereits endgültig entwickelt. Es gab keine weitere Möglichkeit mehr. Bisher war auch nicht bekannt, dass Arkanis eine Mega-Entwicklung besaßen, daher konnte auch das nicht der Fall sein. Zumal dafür besondere Voraussetzungen erfüllt sein mussten, die Louna aber nicht hatte. Sie besaß weder einen Megastein für Arcus noch einen Schlüsselstein, der mit dem Megastein sich synchronisieren konnte, um eine solch besondere Entwicklung auszulösen. Ob Pokémon sich von allein mega-entwickeln konnten? Gute Frage, die Louna nicht beantworten konnte.
    Um eine Entwicklung handelte es sich bei Arcus auch gar nicht. Jedenfalls nicht um so eine, wie man es erwarten würde. Seine Gestalt änderte sich trotzdem und das auf so eine skurrile Art und Weise, dass Louna es nicht glauben würde, wenn sie es nicht gerade mit eigenen Augen sehen würde! Wäre sie nicht geknebelt, hätte ihr Mund vor Erstaunen offen gestanden, so aber konnte sie nur die Augen aufreißen und glaubte zu träumen. Das konnte einfach nicht möglich sein!


    »Kommst du hier aus Cromlexia? Nicht? Okay, ähm … läufst du immer ohne Schuhe umher?«
    »Ich mag es so lieber.«
    Es war seltsam gewesen. Nicht, weil er die ganze Zeit barfuß umher lief, sondern sein Verhalten an sich. Dieses Unbeholfene, als wüsste er nicht so recht, was er mit sich anfangen sollte oder sich verhalten musste. Sie hatte geglaubt sich das einzubilden oder vielleicht zu viel zu interpretieren. Er könnte auch einfach nur schüchtern sein, schließlich kannte sie ihn doch nicht!
    »Alles okay?«, fragte sie ihn, weil er so in Gedanken verloren schien. Was er sich wohl überlegt hatte?
    »Ja, ich dachte nur … «, begann er und brach doch wieder ab. Er wirkte so, als wollte er etwas sagen. Als würde ihm etwas auf der Seele brennen, dass er unbedingt los werden musste. Doch dann machte er einfach einen Rückzieher, was Louna verwirrt hatte.
    »Ach nichts.« Sie ließ es dabei beruhen, denn sie wollte ihn nicht bedrängen. Solange sie ihn noch nicht so gut kannte, stand es ihr auch nicht wirklich zu, all seine Gedanken zu kennen.
    »Wie heißt du eigentlich?«, wollte sie dafür wissen, lenkte sich wie auch ihn ab. Hatte sie zumindest geglaubt.
    »Arcus.« Die Antwort war sehr überraschend gewesen, aber es war ein Name, der auf jeden Fall öfters vorkommen konnte. Nur weil sie ihr eigenes Pokémon so genannt hatte, bedeutete das nicht, dass nicht jemand anderes so heißen konnte. Selbst wenn es sich dabei um einen Menschen handelte.
    »Wirklich? Mein Pokémon trägt auch diesen Namen!«, hatte sie daher gemeint, trotz der leichten Verwirrung, die sich in ihr breit machte. Er hieß so, was für ein Zufall war das denn? Und dann diese dunklen Augen …
    »Arcus war mein erstes Pokémon, wenn man so will«, erklärte sie, um sich von seinen Augen abzulenken. Sie zogen sie auf eine Art und Weise an, die schwer zu begreifen war. Sie verfiel ihnen regelrecht, aber das war es auch, was sie innerlich so aufwühlte. Sie kannte ihn nicht … Wirklich?
    »Du magst ihn sehr, oder?« Eine Frage, die sie verlegen machte, aber sie stand zu ihren Gefühlen. Außerdem sollte sie sich nichts darauf einbilden, nur weil er sie an ihr eigenes Pokémon erinnerte. Was für abwegige Gedanken das doch gewesen waren …
    »Ja, ich liebe ihn! Ohne ihn will ich nirgendwohin gehen. Ich bin froh, dass ich ihn hab, dadurch erscheint alles einfacher. Selbst bei den Dieben hat er mich buchstäblich aus einer brenzligen Situation gerettet. Ich wüsste gar nicht, was ich ohne ihn machen sollte.« Warum erzählte sie ihm so viel? Warum war sie so offen mit ihren Gefühlen für Arcus? Um ihn zu beruhigen, um ihn deutlich zu zeigen, wie sehr sie ihn mag? Aber es ging um ihr Pokémon … nicht um den Menschen, der vor ihr stand. Das wäre aber auch schön peinlich – als hätte sie eine Liebeserklärung abgeben. Himmel hilf! War es aber nicht trotzdem genau das gewesen?
    »Das ist sehr schön!«, hatte er darauf nur erwidert und dann sie so sanft angelächelt, so glücklich, als wäre ihm ein großer Felsbrocken vom Herzen gefallen. Als wäre es das gewesen, was er gebraucht hatte, was er hatte hören müssen, um sich innerlich wieder zu beruhigen. Das machte doch alles keinen Sinn …

    »Alles in Ordnung? Na komm! Du bist ganz nass!« Er war ins Wasser gefallen und hatte so schrecklich erschrocken und verwirrt drein gesehen, dass sie gelacht hatte. Aber es hatte sie auch berührt und gleichzeitig hatte es Fragen in ihr aufgeworfen. Er wirkte, als wäre er noch nie im Wasser gewesen und wenn doch, als hätte er schlechte Erfahrungen gemacht. Ein Erstaunen, das Wasser keine Schmerzen zufügte, sondern sehr angenehm war. Es erfrischte, machte sauber, es war fürs Trinken da. Menschen brauchten das Wasser, um zu überleben, wie viele andere Lebewesen auch. Wie Pokémon, abgesehen vom Typ Feuer. Denn diese hatten arge Probleme mit dem nassen Element. Allein deshalb waren Feuer-Pokémon für Louna etwas ganz Besonderes.
    Sie half ihm aus dem Wasser zu steigen und nahm ihn mit, nur um festzustellen, dass ihr geliebter Arcus verschwunden war. Dabei war er das gar nicht. Er hatte nur ein anderes Aussehen angenommen. Arcus war zum Mensch geworden.

    Arcus war zum Mensch geworden. Einfach so! War es der Blütenstaub von Flabébé oder welcher Zauber steckte dahinter? Louna erinnerte sich an die wenigen Male, als sie Arcus als Mensch begegnet war. Das erste Mal vor dem Café in Cromlexia. Er hatte dort gestanden, weil … Hatte er sie beobachtet? Weil er ihr Arcus war? Jetzt, wo Louna so darüber nachdachte, machte es vermutlich mehr Sinn, dass Chiari ihn so gemocht hatte. Dass sie sich gefreut hatte, weil sie ihn erkannte. Sie war von Anfang an hin und weg gewesen und Louna wusste, das Chiari schon immer Arcus mochte. Seitdem sie beide hatte, war Chiari sehr anhänglich gewesen. Arcus war so was wie der große Bruder, wie derjenige, der auf die kleine Chiari aufpasste. Und die Kleine mochte ihn, was es Louna einfacher gemacht hatte Chiari zu trainieren, weil die Kleine sich ein Beispiel an ihm genommen hatte. Dann waren die Diebe aufgetaucht, sie hatte sie mit Arcus verfolgt, aber er war zwischenzeitlich verschwunden. Dafür war ihr Pokémon zu ihr gekommen, nämlich ihr Arcus, wie sie ihn immer gekannt hatte. Wenn der eine da gewesen war, war der andere weg und umgekehrt. Das war es gewesen, was sie auch so verwirrt hatte, aber was sie nicht hatte wahrhaben wollen. Denn wer würde denn schon glauben wollen, dass sich ein Pokémon in einen Menschen verwandelte und andersherum? Machte das überhaupt einen Sinn?
    Anscheinend schon, denn als sie das laute Platschen vom Wasser hörte, sah sie, wie der menschliche Arcus hinein gesprungen war. Ohne Schmerzen zu erleiden, ohne vom Wasser abgehalten zu werden. Natürlich war es schwierig für ihn sich über der Wasseroberfläche zu halten. Er schwamm zum ersten Mal und man konnte erkennen, dass er es so machte, wie es Pokémon eben tun würden. Sie paddelten mit allen Gliedmaßen und versuchten voran zu kommen. Louna befürchtete, dass er gleich unterging, aber zum Glück war da Magnayen. Das Unlicht-Pokémon hatte erst gezögert und ziemlich erschrocken und zurückhaltend gewirkt, war dann aber Arcus ins Wasser gefolgt. Flabébé flog einfach über sie hinweg während Magnayen Arcus dabei half auf die andere Seite zu kommen. Der Instinkt verleitete beide Pokémon dazu sich zu schütteln, was bei Arcus komischer aussah als bei Magnayen. Denn Arcus war gar kein Pokémon mehr.
    »Hey, wer ist das denn?« Die Diebe wurden aufmerksam auf die beiden, da ihre eF-eMs aufgeregt über sie herum flatterten. Sie hatten nicht mitbekommen wie sich das Pokémon in einen Menschen verwandelt hatte, sahen aber auch nirgendwo das Arkani. Vielleicht hatte jenes diesen Mensch hergeholt? Es war ihnen egal. Der Anführer bellte Befehle, damit die anderen Vier Arcus und Magnayen aufhielten. Sie stürmten voran, so dass Arcus wenig Zeit hatte, um sich etwas zu überlegen, was er tun sollte. Er sprang selbst einfach in die Presche und ging in den Frontalangriff. Das konnte unmöglich gut gehen!
    Lounas Herz raste, sie begann wieder zu zappeln, hatte aber keinen Erfolg dabei sich selbst zu befreien. Vielleicht aber war es anders möglich, denn das kleine Flabébé kam zu ihr geflogen und setzte eine Rasierblattattacke ein, die Lounas Fesseln an den Händen durchschnitt. Das gab ihr endlich die Möglichkeit sich von den Fußfesseln und dem Knebel zu befreien. Da sie keine weitere Zeit verlieren durfte und die vier Männer gerade auf Arcus und Magnayen los gingen, eilte Louna zu ihrer Tasche, die man aus ihrer Reichweite abgelegt hatte.
    »Flabébé, bitte hilf Arcus!«, rief sie dem kleinen Pokémon zu. Ob es sie nun verstand oder nicht, es flog hinüber zu Arcus und Magnayen und setzte einen Blütenwirbel ein, was kurzzeitig die Diebe aufhielt. Louna fand ihre Pokébälle und entließ Dael.
    »Dael, setzt deinen Flammenwurf gegen diese Diebe ein!« Sie zeigte direkt auf die vier Männer, die sich gerade wieder fingen, nachdem der Blütenwirbel nachgelassen hatte. Schon ereilte sie die Feuerattacke, was sie auseinander trieb. Arcus nutzte dieses Durcheinander und warf sich auf einen der Diebe. Beide gingen zu Boden und rangelten dort weiter. Arcus mochte keine Attacken mehr einsetzen, aber er war immer noch fähig zu kämpfen! Und genau das ließ er den Dieb auch spüren. Magnayen hingegen griff einen anderen Dieb an, aber die beiden eF-eMs wurden auf ihn gehetzt, so dass sich das Pokémon gegen diese wehren musste.
    Louna konnte ihnen nicht helfen. Nicht, indem sie sich selbst ins Getümmel warf. Stattdessen versuchte sie anderweitig zu helfen, indem sie das gefangene Pokémon befreien wollte. Aber dort bestand ein weiteres Problem: Die Simsalas, die sie überwinden musste.


    Dael war an ihrer Seite, doch bevor sie das gefangene Pokémon erreichen konnte, würde sie erst die Simsalas irgendwie von jenem weg scheuchen müssen. Nur wie? Eins gegen zwei war nicht einfach. Außerdem sollte Dael sich eigentlich erholen und nicht kämpfen. Sollte sie Chiari ebenfalls in den Kampf schicken? Aber gerade die Kleine hatte viel abbekommen und musste sich erst recht ausruhen.
    »Verdammt«, fluchte Louna, die gerade etwas unsicher wirkte. Sie musste etwas tun, aber da kam der Anführer ihr zuvor.
    »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du uns aufhalten kannst? Mega-Simsala! Psychokinese!« Louna erschrak, als sie den Befehl des Angriffs hörte. Das nicht mega-entwickelte Simsala blieb zurück und hielt den Lichtschild aufrecht. Das Mega-Simsala hingegen wandte sich vom Gefangenem ab und Dael und ihr zu. Es zögerte nicht, streckte seine Arme nach vorn aus, seine Augen leuchteten und es wollte seine Psychoattacke einsetzten. Dael knurrte ungehalten und stellte sich dem Gegner entgegen.
    »Dael!« Louna war mehr als besorgt, aber es passierte nichts. Rein gar nichts. Obwohl sie zu wissen glaubte, dass das Mega-Simsala seine Psychoattacke einsetzte, um Dael zu attackieren, wurde Dael davon nicht beeinflusst.
    »Natürlich! Unlicht-Pokémon sind gegen Psychoattacken immun!« Erleichtert erinnerte sie sich an diesen Vorteil. Dael war nicht nur vom Typ Feuer, sondern eben auch vom Typ Unlicht! Das gab Louna wieder mehr Mut.
    »Los geht’s, Dael! Knirscher auf Mega-Simsala!«, rief sie und Dael preschte voran. Es warf sich auf jenes Pokémon, das besser darin war seine psychischen Attacken einzusetzen. Die körperliche Kraft war dahingehend doch eher unterentwickelt. Außerdem waren Unlichtattacken sehr effektiv gegen Psycho-Pokémon und so war nicht das Mega-Pokémon im Vorteil, sondern das Hundemon, was sich auf es stürzte. Es gab eine kurze Rangelei und Louna dankte in Gedanken Soul dafür, dass er sein Pokémon so gut trainiert hatte. Dael hatte viel Erfahrung im Kämpfen und schaffte es ohne nennenswerte Schwierigkeiten Simsala außer Gefecht zu setzen. Das lag aber auch nur daran, dass die Diebe diesem Pokémon nur die Psychoattacken beigebracht und trainiert hatten und die Lichtschildattacke konnte Dael nicht wirklich aufhalten. Das ging auch dem Black Flare Rüpel auf, der sich von dem Apparat vor sich löste und auf Louna los gehen wollte. Diese jedoch rannte selbst los, um sich dem gefangenem Pokémon zu nähern. Sie wollte es befreien, weshalb sie Dael dazu anwies sich um das verbliebene Simsala zu kümmern. Daels Bewegungen mochten nicht so geschmeidig wie sonst sein, aber als er das Simsala angriff, zeigte sich auch hier die Sinnlosigkeit der Psychoattacken! Louna konnte dadurch das gefangene Pokémon erreichen, da das Simsala durch Dael bedrängt wurde. Trotzdem musste sie sich beeilen, denn der Dieb kam auf sie zu gerannt und wollte sie aufhalten.
    »Verdammt, wie löst man denn diese Ketten?« Sie war nicht sicher, wie sie das Pokémon befreien konnte. Mit bloßer Kraft natürlich nicht, aber es gab auch keinen Schlüssel und erst recht kein Schlüsselloch, um die Ketten zu öffnen. Der Mechanismus war anders, den Louna erst nach kurzem ausprobieren erkannte.
    »Dael!«, rief sie, weil der Dieb fast bei ihr war. Sie brauchte den Flammenwurf von Hundemon, um den Dieb aufzuhalten, aber Dael war noch in einer Rangelei mit dem Simsala verstrickt. Louna würde in einer direkten Auseinandersetzung unterliegen.
    »Neinneinnein!« Das durfte doch alles nicht wahr sein! Überraschenderweise kam Hilfe von einer völlig unerwarteten Seite. Eine helle silberfarbene Lichtkugel flog auf den Dieb zu und hielt ihn auf, da dieser Energieball direkt vor den diebischen Füßen aufschlug und eine kleine Rauchwolke entstehen ließ. Es war wie ein Warnschuss nicht näher zu kommen.
    »Was war denn das?« Louna sah in die Augen des gefangenen Pokémon.
    »Du etwa?« Mit großer Verwunderung betrachtete sie dieses anmutige Pokémon, erinnerte sich aber daran, dass sie es auch noch befreien musste! Sofort fummelte sie weiter an dem Schließmechanismus der stählernen Kette herum, die um dem Hals des Pokémons lag. Es dauerte einen längeren Moment ehe Louna ein Klicken hörte. Im Prinzip war es recht einfach diese Ketten zu lösen, wenn man Finger hatte, um den Mechanismus zu bedienen. Genau das tat Louna. Die Kette am Hals löste sich und fiel mit einem Klirren zu Boden. Das Pokémon, mit dem mächtigen Geweih auf dem Kopf, stand auf. Auch die Beine waren noch angekettet, aber auch darum wollte sich Louna kümmern.
    »Naaah, nun mach schon … «, murmelte sie vor sich hin, weil es nicht sofort funktionieren wollte.


    Vier gegen einen war ganz schön gemein. Magnayen hatte mir zwar ein wenig helfen können, aber es hatte auch gegen die eF-eMs kämpfen müssen. Daher war es nicht einfach sich gegen die Männer zu wehren, trotzdem teilte ich gehörig aus. Leider musste ich auch selbst einiges einstecken. Einer der Diebe verpasste mir einen heftigen Fausthieb, dass ich zurück fiel und mein eigenes Blut schmecken durfte. Mir schmerzte die Nase, aber das durfte mich nicht davon abhalten gegen die Diebe zu kämpfen. So oft hatte ich gegen stärkere Gegner gekämpft und trotzdem es irgendwie geschafft zu gewinnen. Vielleicht nicht immer, aber ich hatte solange durchgehalten, wie ich konnte. Das würde ich jetzt auch, denn vorhin hatte ich bemerkt, wie Flabébé Louna von den Fesseln befreit hatte und die beiden dann Richtung Xerneas gelaufen waren. Ich hoffte, dass sie klar kam, konnte mich aber nicht darum kümmern oder mich vergewissern, dass es ihr noch ging. Ich lag nämlich auf dem Boden, einer der Diebe über mir, der mich aufhalten wollte. Ich wehrte mich, indem ich mit meinen Händen sein Gesicht zurückhielt und versuchte ihn von mir wegzudrücken, aber das war nicht einfach. Besonders weil da zwei weitere Rüpel zu mir kamen, um mich ebenfalls festhalten wollten. Böse knurrte ich auf. Sie durften nicht gewinnen, sie durften einfach nicht!
    Die Luft begann zu knistern und dann sah ich im Augenwinkel etwas Helles aufleuchten. Mir taten mittlerweile ziemlich viele Körperstellen weh, trotzdem setzte ich mich so schnell auf wie ich konnte, als das Gewicht auf mir nachließ, weil der Dieb von mir runter sprang. Was war denn jetzt los?
    »Nein!«
    »Verdammt!«
    »Weg hier!«
    Das hörte ich sie rufen und sie stoben auseinander so schnell sie konnten. Das Licht war heller geworden und traf, nur ein paar Meter von mir weiter weg, den Boden. Ich hielt meine Arme schützend vor meinem Gesicht und sah erst dann wieder auf, als ich glaubte, dass es nachgelassen hatte.
    »Was war das?« Verwundert darüber hievte ich mich in die Höhe. Magnayen kam in diesem Augenblick angelaufen, winselte und duckte sich weg. Er schien nervös zu sein und der Grund waren nicht die Diebe. Nebenbei bemerkt, war ich erleichtert, dass Magnayen keine schweren Verletzungen aufwies. Zumindest nichts, was ich mit einem flüchtigen Blick hätte erkennen können.
    Meine dunklen Augen wanderten durch die Höhle. Die Diebe wirkten wie aufgescheuchte Taubsis und suchten ihr Heil in der Flucht. Das lag einzig und allein an dem befreiten Pokémon! Mit Staunen stellte ich fest, dass das Geweih von Xerneas in mehreren Farben schillerte. Anders als vorhin, als es nur blau ausgesehen hatte. Außerdem fiel gerade die letzte Fußkette von dem Pokémon ab, weil Louna es davon befreite. Sie hatte es geschafft! Dael war ebenfalls an ihrer Seite!
    Ich war so glücklich darüber, wurde aber auch sehr nervös, als ich erkannte wie Xerneas Energie zwischen seinen Astgabeln seines Geweihs sammelte und diese dann in einer hellen Lichtkugel los schickte. Wieder bedeckte ich instinktiv mein Gesicht, wollte mich schützen, aber nicht ich wurde von dem Licht getroffen. Die Explosion war weiter hinter mir zu hören, dort wo die Dieb entlang rannten. Sie konnten nur knapp der Attacke entkommen und rannten, was das Zeug hielt. Jetzt, wo Xerneas befreit war und es seine ganze Energie einsetzen konnte, wussten sie, dass sie keine Chance hatten. Zuvor hatten die Simsalas die Kraft des Feen-Pokémon eingedämmt und die stählernen Ketten hatten verhindert, dass es sich befreite. Doch jetzt sah es anders aus. Ich sah wieder zu ihm. War der Kampf jetzt etwa vorbei?
    »Ihr habt es geschafft, ihr habt es geschafft!«, hörte ich eine klare Stimme rufen. Ich sah auf und erkannte Flabébé, die um mich herum wirbelte und sich unendlich freute. Bei dem Anblick musste ich einfach lächeln. Scheinbar hatten wir es tatsächlich geschafft. Da ich zusammen mit Magnayen die Diebe abgelenkt hatte, war es Louna möglich gewesen Xerneas zu befreien. Allerdings merkte ich jetzt noch intensiver, was ich alles eingesteckt hatte und sog scharf die Luft ein.
    »Autsch!« Ich rieb mir über meine Schulter und schluckte den Blutgeschmack hinunter.
    »Oh?« Flabébé schien besorgt zu sein, aber ich schenkte ihr schnell wieder ein Lächeln. In der nächsten Sekunde jedoch war ich überrascht.
    »Moment, ich kann dich ja verstehen!« Die ganze Zeit hatte ich geglaubt, als Mensch die Pokémon nicht verstehen zu können. Hatte ich mich geirrt? Ich glaubte im Gesicht von Flabébé ein Lächeln zu sehen. Dann flog das kleine Pokémon rüber zu Xerneas und ließ sich auf seinem mächtigen, mittlerweile wieder blauen Geweih nieder. Die Freude darüber, dass wir es geschafft hatten, ließ nach, als ich Louna betrachtete. Denn mir wurde eines wieder bewusst: Ich war ein Mensch und Flabébé hatte gemeint es sei endgültig. Diese Tatsache wäre nicht halb so schlimm, wenn ich nicht wüsste, wie sehr Louna mich als ihr Pokémon liebte. Das Gefühl, das in mir hochkam, ließ meinen Magen zusammenziehen. Außerdem wusste Louna nun wer ich war. Also dass ich Arcus war. Nicht irgendeiner, sondern ihr Pokémon nur in Menschengestalt. Ich sah weg. Vor dieser Offenbarung hatte ich die ganze Zeit Angst gehabt, weil ich nicht wusste, wie Louna darauf reagieren würde. Könnte sie damit klar kommen, dass ich nicht mehr ihr Pokémon sein konnte?
    Eine feuchte Nase berührte meine Finger. Da ich eh schon zu Boden sah, brauchte ich nur ein wenig zur Seite zu schauen, um Magnayen zu erkennen. Ich erkannte seinen fragenden Blick, konnte aber nicht antworten. Wie sollte es jetzt weiter gehen?


    Xerneas’ Kraft war erstaunlich gewesen. Da fragte man sich, wie es den Dieben möglich gewesen war dieses Pokémon zu fangen! Eben jenes kam langsam auf Louna zu geschritten und neigte den Kopf nach unten und zu ihr. Louna traute sich gar nicht es zu berühren, aber da es sich ihr selbst näherte, hob Louna die Hände und berührte vorsichtig die Nüstern des Pokémon. Es war ganz weich und sie strich ihm sanft über das Fell.
    »Ein Glück, dir scheint es gut zu gehen!« Und sie war auch darüber froh, dass dieses Pokémon unter den Menschen unterscheiden konnte und nicht sie auch noch als Feind ansah und angriff.
    »Ich danke dir.« Kaum hallten die Worte zu Louna, da erschreckte sie sich und gab ein kleines schrilles Kieksen von sich.
    »Oh mein Gott, woher … ? Was … ? A-aber … Hast du etwa … ?« Eine Stimme, die einfach zu hören war und der intensive Blick des Pokémons auf sich? Da konnte man nicht anders, als zu denken, dass es zu einem gesprochen hatte. So verrückt das auch war, aber wenn man bedachte, dass Pokémon auch zu Menschen werden konnten …
    »Ja, ich war das«, bestätigte Xerneas ihr und Louna sah das Pokémon mit großen Augen an.
    »Wow, das ist unglaublich. A-aber wenn du solche Kräfte hast, wieso wurdest du gefangen genommen?« Gut, Black Flare hatte ein paar Pokémon gehabt, aber hatte das ausgereicht um dieses Pokémon so zu überwältigen?
    »Lange Zeit habe ich geschlafen«, begann Xerneas zu erklären. Das kleine Flabébé mischte sich einfach ein.
    »Jaaa und ich habe über deinen Schlaf gewacht!«
    »Ja, das hast du getan und ich danke auch dir, dass du Hilfe geholt hast.« Leise hörte Louna das helle Kichern von Flabébé. Unglaublich, einfach nur unglaublich. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie denken, dass sie träumte.
    »Dann … dann haben dich die Diebe also überrascht gehabt? Mhmm … « Das würde erklären, warum Xerneas gefangen genommen worden war. Traurig, dass es solche Menschen gab, die so rücksichtslos handelten.
    Da Xerneas Blick hinüber zu Arcus wanderte, tat es auch Louna. Nun, wo die Aufregung vorbei war, wurde es Zeit sich damit auseinanderzusetzen. Obgleich der Nervosität, die in Lounas Körper steckte, setzte sie sich in Bewegung und ging langsam zu Arcus hinüber. Er rührte sich nicht, sah nicht einmal auf. Er mied den direkten Blickkontakt und wirkte auf sie unendlich traurig.
    »Arcus?«, sprach sie ihn leise an. Es war nicht irgendein Arcus, er war ihr Arcus. Ihr geliebtes Pokémon, welches sie niemals missen wollte. Selbst als sie seinen Namen sagte, blickte er nicht auf. Ja, er wirkte fast so, als wollte er lieber Abstand zu ihr nehmen, was sie innerlich verletzte. Daher stellte sich Louna auch einfach vor ihn und blickte ihn direkt an.
    »Arcus? Du bist es wirklich, nicht wahr?« Endlich sah er auf und sie an, aber er wirkte immer noch nicht sehr glücklich. Dabei sollten sie sich beide darüber freuen, dass sie Xerneas gerettet hatten. Dass sie es geschafft hatten!
    »Warum hast du es mir nicht schon früher gesagt?«, wollte Louna wissen. Irgendetwas würde er sagen. Irgendwas! Er durfte nicht einfach schweigen!
    »Ich … «
    »Ja?« Arcus schien keine wirkliche Erklärung abgeben zu wollen oder zu können. Louna war nicht sicher, was der Grund dafür war. Sie hatte gehofft, dass er ehrlich zu ihr war, aber wenn er nichts sagen wollte …
    »Wie ist das überhaupt möglich?«, ging sie zur nächsten Frage über, die dafür sorgte, dass Flabébé zu ihnen hinüber geflogen kam und sich auf die Schulter von Arcus sinken ließ.
    »Ist das deine Kraft, Flabébé? Hast du ihn vorhin in einen Menschen verwandelt?« Louna erinnerte sich an den Blütenstaub, den das Pokémon über Arcus verstreut hatte und dann hatte er sich verwandelt!
    »Es ist die Kraft von Xerneas! Dadurch konnte ich Arcus’ Wunsch erfüllen, jawohl!«, erklärte Flabébé. Louna war nicht sicher, ob sie das so richtig verstand.
    »Arcus’ Wunsch? Welcher Wunsch?« Die letzte Frage stellte sie direkt an ihn. Er war derjenige, der die Antworten geben sollte, der sie am besten kannte!


    Es war eine endgültige Entscheidung gewesen, die ich gefällt hatte, um zu helfen. Um Louna zu befreien wie auch Xerneas. Doch jetzt im Nachhinein war ich mir nicht mehr sicher, ob es das Richtige gewesen war. Würde ich nun Louna verlieren, weil sie nicht akzeptieren wollte oder konnte, dass ich jetzt ein Mensch war? Sie wollte mich zur Rede stellen und irgendwie vermochte ich es auch nachzuvollziehen, was in ihr vorgehen musste. Was ich glaubte, was in ihr vorging. Aber was würde das am Ende für mich bedeuten?
    »Arcus’ Wunsch? Welcher Wunsch?«, hörte ich sie sagen. Als ich aufsah, konnte ich in ihre goldenen Augen sehen. Es waren die gleichen Augen, die mich sonst immer mit so viel Zuneigung angesehen hatten. Ich würde es nicht ertragen, wenn es eines Tages anders wäre. Jetzt konnte ich hauptsächlich die Frage in ihren Augen erkennen. Meine Kehle war auf einmal trocken und ich hatte wieder diesen Kloß im Hals, der verhindern wollte, dass ich etwas sagte. Trotzdem musste ich es. Ich konnte nicht einfach hier schweigend dastehen, schließlich war ich ihr nun eine Erklärung schuldig.
    »Ich … wollte nur bei dir sein«, murmelte ich. Sie hörte es trotzdem und ich sah, wie sie die Stirn in Falten legte und mich noch nachdenklicher betrachtete.
    »Aber … du bist doch bei mir. Die ganze Zeit! Na ja, abgesehen von den wenigen Male, als du verschwunden warst. Aber das lag wohl … daran.« Louna hatte die Hand ausgestreckt und zupfte an meinem Oberteil. Sie meinte nicht meine Sachen, sondern mein menschliches Ich.
    Ich schlug die Lider nieder. Ja, die ganze Zeit war ich bei ihr, da hatte sie schon Recht damit gehabt.
    »Wolltest du lieber … ein Mensch sein? Nicht ein Pokémon?«, hörte ich ihre Stimme. Sie war selbst leiser geworden, fragte vorsichtig nach und wirkte besorgter, als ich wieder meine Augen öffnete und sie ansah.
    »Ich … ja, nein … ich meine … Ich will doch nur … « Wie erklärte man dieses Gefühl, das in einem inne wohnte? Wenn ich zurückdachte an die zahlreichen Situation, wo es mich aufgeregt hatte, wenn jemand Louna zu nahe kam, ganz besonders Dash, der einen so guten Draht zu ihr besaß … Ich mochte das nicht. Dann wäre ich lieber derjenige gewesen, der an ihrer Seite war, ja, tatsächlich als Mensch. So absurd es auch erschien.
    »Arcus?«, hörte ich ihre leise Stimme.
    »Die Entscheidung war endgültig«, mischte sich Flabébé noch einmal ein und löste sich von meiner Schulter.
    »Bereust du sie?«, wollte es von mir wissen. Bereute ich? Vermutlich schon. Das Menschsein war neu für mich und ja, ich wusste teilweise nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich würde dazu lernen müssen, dafür war ich mehr als bereit. Aber das war auch nicht der Grund, weshalb ich die Entscheidung bereuen würde, sondern nur, wenn es hieß, dass ich nicht bei Louna mehr sein durfte. Wenn dieses menschliche Ich dafür sorgte, dass ich mich von Louna trennen musste. Das wäre mein Untergang, das würde ich nicht ertragen!
    »Ich will nur … «, begann ich wieder und sah Louna an.
    »Bei mir sein?«, beendete sie meinen Satz. Ich nickte.
    »Bereust du deine Entscheidung? Bereust du Mensch zu sein? Wärest du lieber ein Pokémon?« Eine Frage, die wichtig war, aber für mich nur eine Bedeutung im Bezug auf Louna hatte.
    »Ja. Wenn ich nicht bei dir sein darf, dann ja«, gestand ich offen. Ich hörte und sah wie Louna tief ausatmete, die Augen schloss und mich dann erneut ansah.
    »Gut«, sagte sie und begann zu lächeln. Jetzt war ich derjenige, der fragend drein sah. Es war gut? Wieso war das gut? Wollte sie etwa, dass ich bereute?
    »Du bist Arcus, nicht wahr? Ob nun Pokémon oder Mensch, du bist und bleibst mein Arcus, ist das richtig?«
    »Ja!«, bestätigte ich.
    »Siehst du, das ist gut! Es ist egal, ob du Pokémon oder Mensch bist, solange du mein Arcus bleibst. Ganz einfach. Ich liebe dich trotzdem! Kein Grund also irgendwas zu bereuen, da ich dich niemals wegschicken würde.«


    Junge, Junge, als ich Lounas Worte in diesem Augenblick hörte, sah ich sie wie ein Enton an. Ich konnte erst gar nicht begreifen, was sie mir da versuchte zu sagen. Mein Gehirn war nicht schnell genug, um diese Informationen zu verarbeiten, was vielleicht auch daran lag, dass ich Lounas Lippen auf meinem Mundwinkel spürte. Das brachte mich schon, ehrlich gesagt, etwas durcheinander. Aber nachdem mir das klar geworden war, freute ich mich. Mein Herz ließ eine ganze Steinlawine los, ich fühlte mich befreiter! Wie hatte ich die ganze Zeit nur glauben können, dass mich Louna nicht mehr haben wollte? Dass sie mich wegschicken würde, nur weil ich anders aussah? Spielte denn das Aussehen überhaupt eine Rolle, wenn man jemanden liebte? Nun, ein paar Besserwisser unter euch würden wohl jetzt kritisieren wollen, dass die Liebe von einem Mensch zu einem Pokémon anders war, als die Liebe zwischen zwei Menschen. Ich sage euch: In diesem Fall irrt ihr euch gewaltig!


    »Jetzt hör endlich auf so eine traurige Schnute zu ziehen. Freu dich lieber darüber, dass wir gemeinsam es geschafft haben die Diebe zurückzuschlagen! Noch besser, wir haben die Pokémon befreien können!« Louna versuchte mich aufzumuntern und es funktionierte. Jetzt, wo sie mir gesagt hatte, dass ich bei ihr bleiben konnte, egal welche Form ich hatte. Ich lächelte und das aus ganzem Herzen. Ich war noch nie so glücklich gewesen. Neben mir hörte ich das kurze Winseln von Magnayen, der zu mir aufsah. Er schien eine stumme Frage an mich zu richten, die Louna sehr viel besser und schneller verstand, als ich. Dabei war ich derjenige, der mal ein Pokémon gewesen war und diese besser verstehen sollte!
    »Sieht so aus, als wenn du dein erstes Pokémon bekommen hast!«
    »Äh, mein erstes … ?« Ich sah zwischen Louna und Magnayen hin und her und entschied mich dazu es einfach auf mich zukommen zu lassen. Wir wussten sowieso nicht, wo Magnayen hin gehörte und wenn er bei uns – bei mir – bleiben wollte, dann wollte ich ihm diesen Wunsch nicht verwehren! Sah so aus, als wenn in diesem Augenblick mein neues Leben beginnen würde. Mein Leben als Mensch!
    Ob ich es später etwas vermisste? Auf jeden Fall!
    Ob ich es bereute? Mitnichten! Denn auch wenn es manche Dinge gab, die ich als Pokémon vermisste, so fand ich später ziemlich schnell heraus, dass es als Mensch Dinge gab, die man eben nur als Mensch tun konnte.
    Eines der Dinge, war, als Louna meine Hand nahm und gemeinsam mit mir die Höhle verließ. Ich spürte ihre Nähe, anders als ich es als Pokémon wahrgenommen hätte.
    Diese Dinge machten alles wieder wett, so dass ich zwar auf ein schönes Pokémonleben zurückblicken konnte, aber mich auch sehr über mein menschliches Leben freute. Denn ich blieb an der Seite von Louna und gab diesen Platz nie wieder her!
    Niemals!





  • Epilog


    Menschsein war gar nicht so einfach. Irgendwie konnte ich es immer noch kaum glauben, dass ich ab sofort kein Pokémon mehr sein sollte. Könnt ihr euch das vorstellen? Schon erstaunlich, nicht wahr? Aber ich hatte mich so entschieden und glaubte nicht, dass ich es je bereuen würde. Auch wenn es ungewohnt war, weil ich viele Dinge dazu lernen musste. Zwar war ich mein Leben lang bei Louna gewesen und hatte sie beobachtet, hatte mit ihr gelebt. Aber … mich jetzt selbst anzuziehen, mich sogar zu waschen oder auch nicht mehr so viele Gerüche wahrzunehmen, geschweige denn etwas zu hören, war schon sehr ungewohnt. Die feineren Sinne fehlten mir, allerdings hatte ich auch recht schnell festgestellt, dass Menschen besonders Gerüche anders wahrnahmen. Was für mich als Fukano oder Arkani einfach nur ein Geruch ohne Wertung gewesen war, konnte für die menschliche Nase sehr … unangenehm sein. Es gab wirklich viele Dinge, die ich noch lernen musste, aber ich würde es schaffen.
    »Arcus?«, Louna rief mich und ich sah aus meinen Gedanken auf. Wir hatten uns vor kurzer Zeit von Flabébé und Xerneas verabschiedet und Louna wollte zurück nach Illumina City. Da allerdings so viel Zeit vergangen war, hatte sie sich dazu entschlossen wieder nach Relievera City zu gehen, um nicht unter dem freien Himmel zu schlafen. Mir war das einerlei, ich würde ihr überall hin folgen. So auch jetzt, als sie sich mit der Pensionsleiterin geeinigt hatte und sie die Schlüssel für unser Zimmer bekam. Wir gingen den schmalen Gang entlang, der früher für mich als Fukano eher groß gewirkt hatte. Nun besaß ich einen anderen Blickwinkel. Sogar Louna war ein Stück kleiner als ich, was schon seltsam war, wenn ich bedachte, dass ich sonst immer zu ihr aufgesehen hatte. Stören tat es mich aber nicht. Warum auch immer, es war nicht schlimm größer als sie zu sein. Oder war es vielleicht für sie ein Problem?
    »Arcus? Hey, wo bist du denn mit deinen Gedanken?« Louna wedelte mit einer Hand vor meinen Augen und ich riss mich zusammen. Meine Gedanken teilte ich nicht mit ihr, was daran lag, dass sie auch gleich fortfuhr.
    »Das ist dein Zimmer«, sagte sie und deutete auf den Raum hinter der Tür, die sie gerade geöffnet hatte. Kurz sah ich mich um, ohne den Raum betreten zu haben, ehe mir etwas klar wurde.
    »Mein Zimmer?«, fragte ich nach. Louna war schon dabei gewesen sich umzudrehen, um ein anderes Zimmer aufzusuchen. Sie blieb stehen und sah mich verwirrt an.
    »Ja?« Sie verstand nicht ganz, was mich so erschütterte, weswegen ich weiter sprach.
    »Wir sind getrennt voneinander?« Noch nie hatte ich in einem anderen Zimmer schlafen müssen als sie! Das traf mich wirklich hart und ich wollte das einfach nicht glauben. Louna blinzelte mich an, öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne was gesagt zu haben. Ich konnte ihr förmlich beim Denken zu schauen, wie sie sich eins und eins zusammen zählte und begriff, worauf ich hinaus wollte. Was ich allerdings nicht verstand, war die aufkommende Verlegenheit. Nicht, dass ich wirklich begriff, dass sie verlegen war. Ich wunderte mich einfach nur über ihre zunehmende rote Gesichtsfarbe.
    »N-natürlich, du bist doch jetzt ein Mensch«, sagte sie nuschelnd und konnte mich nicht direkt ansehen. Ich war schockiert!
    »Moment! H-heißt das etwa … weil ich jetzt ein Mensch bin, dass ich nicht mehr bei dir sein darf?« Meine Entrüstung darüber konnte man sowohl in meinem Gesicht erkennen, als auch in meiner Stimme hören. Ich wurde nicht zum Menschen, um mich von ihr zu trennen! Das konnte doch nicht ihr Ernst sein, oder?
    »A-aber … «, begann sie wieder und sah mich nun doch an. Was auch immer sie in meinem Blick erkennen konnte, es schien sie umzustimmen. Ihre Gesichtsmiene wurde sanfter, sie lächelte, was mich einerseits beruhigte, zum anderen aber auch innerlich aufwühlte. Ich wusste nicht warum, aber mein Herz begann so schnell zu schlagen, als würde ich mich mitten in einem Kampf befinden. Das änderte jedoch nicht meine Meinung. Ich wollte bei ihr bleiben. Das war immer mein Wunsch gewesen.
    »Na schön«, sagte sie nur, lächelte noch immer und ging dann in das Zimmer, was für sie gewesen war. Hieß das jetzt, ich durfte ihr folgen und bei ihr bleiben?


    Keine zwei Stunden später saß ich in ihrem Zimmer. Louna hatte das zweite Zimmer abbestellt, wir hatten etwas gegessen und nun war sie noch duschen. Der Tag war schnell vorbei gegangen. Nach all der Aufregung mit Flabébé und diesem seltsamen Black Flare war viel Zeit vergangen. Außerdem merkte ich selbst, wie müde ich war. Gegen Schlaf hatte ich nichts einzuwenden und war kurz davor einfach im Sitzen einzuschlafen. Dass ich mich noch wach hielt, lag nur daran, dass ich auf Louna warten wollte. Trotzdem gähnte ich und meine Augenlider wurden immer schwerer.
    Als ich ein Geräusch von der Tür hörte, ruckte mein Kopf nach oben. Dabei wurde mir bewusst, dass ich offenbar doch kurz weggenickt war. Jetzt blinzelte ich ein wenig und erkannte Louna, die ins Zimmer gekommen war, frisch geduscht, frisch riechend und … und … und …
    »Ich bin ganz schön müde«, sagte sie, huschte an mir vorbei und krabbelte ins Bett unter die Bettdecke.
    Was hatte ich gerade noch gedacht? Meine Gedanken waren durcheinander geraten, ohne dass ich es gewollt hatte. Louna war in den Raum gekommen und obwohl ich sie bestimmt schon Tausende Male in ihrem dünnen Nachthemd gesehen hatte, war ich irgendwie …
    Ehrlich gesagt, wusste ich nicht, was ich war. Schockiert konnte es nicht sein, das klang zu negativ. Sprachlos? Angesichts dessen, dass mir wirklich die Worte fehlten, könnte das schon eher zutreffen.
    »Arcus? Willst du etwa auf dem Boden schlafen?«, hörte ich Lounas Stimme und sah zu ihr rüber. Sie lag unter der Decke, sah aber zu mir rüber. Ein fragender Ausdruck in ihren Augen sagte mir, dass sie auf eine Antwort wartete, denn ich hockte noch immer auf dem Boden.
    »Äh … « Mir fiel nichts anderes ein. Wortgewandt war ich nach wie vor nicht, also stand ich vom Boden auf und schlurfte zum Bett rüber. Es war echt komisch, aber auch das Bett wirkte jetzt viel kleiner, als ich es in Erinnerung hatte. Louna war ganz bis zur Wand zurück gerückt und ich stand davor und hatte zum ersten Mal den Gedanken, dass es falsch sein könnte in ihr Bett zu hüpfen. Dabei war das immer etwas gewesen, worauf ich mich gefreut hatte. Gemeinsam zu ruhen, zu kuscheln, ihre Finger durch mein Fell zu spüren … Was ich nicht mehr besaß, weil ich nun ein Mensch war. Wieso war auf einmal alles komplizierter? Ja, man könnte sogar sagen verkehrt?!
    »Willst du lieber doch ein eigenes Bett haben?«, fragte sie mich und riss mich aus meinen Zweifeln heraus, die ich nicht haben sollte.
    »Nein!« Die Antwort kam so schnell aus mir heraus gesprungen, dass ich nicht einmal Zeit hatte richtig darüber nachzudenken. Vor allem darüber, was das bedeutete. Ihre Bernsteinaugen lagen immer noch fragend auf mir und ich schüttelte den Kopf über mich selbst, dass ich mich so blöd anstellte. Es war nichts dabei, ich habe immer bei ihr geschlafen, so! Also krabbelte ich zu ihr ins Bett unter die Decke und suchte mir eine bequeme Liegeposition. Einrollen wie ich es als Fukano oder Arkani getan habe, ging nicht mehr. Aber das war nicht weiter tragisch.
    »Gute Nacht Arcus«, sagte Louna und beugte sich über mich. Mir blieb fast das Herz stehen und ich hielt unabsichtlich den Atem an. Louna schaltete nur die kleine Lampe auf dem Nachtschränkchen aus, so dass es dunkel wurde und ich nichts mehr sehen konnte. Dann kuschelte sie sich zurück ins Kissen und es wurde ganz still. Sie sagte nichts mehr und ich konzentrierte mich darauf wieder normal zu atmen. Die Nähe, die kurzzeitig entstanden war, hatte mich völlig verwirrt. Woran lag das nur? Niemals hätte ich gedacht, dass Menschsein so kompliziert und verwirrend sein konnte!


    Wie lange ich da lag, wusste nicht nicht zu sagen. Ich hörte nur das leise Ticken der Wanduhr und die ruhige Atmung von Louna, die recht schnell eingeschlafen war. Ich hingegen war wach und spürte rein gar nichts mehr von meiner Müdigkeit. Mein Kopf war voller Gedanken und Fragen, auf die ich keine Antwort wusste und dadurch, dass ich nichts in der Dunkelheit sehen konnte, förderte das nur noch mehr mein Denkvermögen. Ja, ich dachte viel nach, allerdings kam ich jedes Mal ins Straucheln, wenn sich Louna bewegte. Sei es nur, weil sie sich von einer Seite auf die andere rollte und sich nur ein bisschen bewegte, um eine gemütlichere Position einzunehmen. Nie hatten mich ihre Bewegungen im Schlaf gestört, meistens habe ich mich sogar ihr angepasst gehabt.
    Störte es mich jetzt? Ich wusste darauf keine genaue Antwort, denn ich würde nicht sagen, dass es etwas mit Stören an sich zu tun hatte. Lounas leises Brummeln erregte meine Aufmerksamkeit, so dass ich meinen Kopf etwas zur Seite legte, um sie anzusehen. Das Problem daran war, dass ich immer noch nichts sehen konnte. Dennoch spürte ich, wie nahe ich ihr war. Sachte Atemzüge kamen von ihr, die ich auf meiner Haut spürte. Es verursachte mir eine Gänsehaut, die ich zuvor nie auf diese Weise bekommen hatte. Als Pokémon mit Fell eine Gänsehaut zu bekommen, war sowieso etwas … na ja, unnormal.
    Ich schloss meine Augen und versuchte einzuschlafen, aber es wollte nicht klappen. Als ich dann auch noch mehr als nur Lounas Atem spürte, war es komplett mit meinem Versuch vorbei einschlafen zu wollen. Denn ich spürte ihren Arm um mich herum liegen. Je weiter die Nacht voranschritt, umso näher schien sie mir zu kommen und desto weniger konnte ich schlafen. Mich machte diese Nähe nervös und das nicht, weil ich es unangenehm fand. Das war ja das Problem! Es machte mich … kribbelig? Konnte mir nicht irgendwer erklären, wie man dieses Gefühl nannte, dass in meiner Bauchregion ausgelöst wurde?
    Eine ganze Weile blieb ich liegen ohne mich auch nur einen Millimeter zu rühren, aber selbst als ich mich irgendwann doch rühren musste, damit mir meine rechte Körperregion nicht einschlief, weckte ich Louna dadurch nicht. Das fand ich erleichternd und drehte mich noch mehr zu ihr. Auch wenn ich immer noch nichts sehen konnte, so konnte ich sie erahnen und die Nähe, die sie automatisch zu suchen schien, machte es recht einfach zu wissen, wo genau sie lag. Nämlich sehr nahe bei mir, eigentlich schon auf der Seite des Bettes, auf der ich lag. Ich traute mich meine Hand zu heben und ihr eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Ihre Haut war ganz weich, was ich so nie wahrgenommen hatte. Haut auf Haut fühlte sich sowieso ganz anders an als Haut auf Fell oder Fell auf Haut. Ich war fasziniert davon und irgendwie beruhigte mich zunehmend diese Erkenntnis wie auch die Nähe zu ihr. Die anfängliche Nervosität ließ langsam nach und wann ich dann doch noch eingeschlafen war, wusste ich nicht. Nur, dass ich ein Lächeln auf den Lippen hatte und mein Arm ganz automatisch um ihre Hüfte lag.


    Am nächsten Morgen war ich trotzdem extrem müde und gähnte herzhaft, als Louna schon bereits dabei war aus dem Bett zu steigen. Ich saß aufrecht im Bett, war aber trotzdem noch zu müde, um wirklich aufzustehen. Eher würde ich aus dem Bett fallen, was ich aber vorerst so gut wie es ging vermied.
    »Du hast Recht«, sagte ich statt eines guten Morgens. Louna sah mich fragend an, die meinen Gedankengängen nicht folgen konnte. Trotz dessen, dass ich es am Ende nicht mehr so schlimm gefunden hatte bei ihr zu liegen und nach wie vor gerne bei ihr war, verstand ich im Ansatz langsam, warum sie sich gestern Abend erst geziert hatte im selben Bett zu schlafen.
    »Wir sollten lieber doch getrennt sein. Also was die Zimmer angeht … « Zwar gab ich es nur ungern zu, aber ihre Nähe hatte mich sehr aufgewühlt und bevor ich nicht so recht wusste, was ich mit diesen Gefühlen in mir anfangen sollte, wollte ich lieber auf Abstand gehen. Das würde Louna vermutlich auch bess- »Was?«
    Ihr schockiert ausrufendes kleines Wörtchen unterbrach mich in meinen Gedanken und ich sah verwirrt zu ihr. Ihr Gesichtsausdruck zeigte etwas völlig anderes, als ich es erwartet hätte. Schock? Warum war sie darüber schockiert? Kurz darauf glühten ihre Wangen in einem kräftigen rot, was mich nur noch mehr verwirrte.
    »A-aber … du willst nicht mehr mit mir zusammen sein?«, sagte sie und sah mich dabei nicht an. Betreten sah sie weg, guckte auf den Boden, konnte nicht zu mir schauen. Ich verstand erst nicht, was das zu bedeuten hatte, ehe ich auch noch ihren traurigen Ausdruck in den Augen erkennen konnte. Sofort stand ich auf und stolperte dabei und wäre fast auf die Nase gefallen. Gerade so fing ich mich ab, um das Schlimmste zu verhindern, kam aber gleichzeitig auf sie zu und stellte mich vor ihr.
    »So meinte ich das nicht!«, sagte ich schnell, hob die Arme und wusste nicht, ob ich sie berühren durfte. Ich wollte nicht, dass sie dachte, dass ich nicht mit ihr zusammen sein wollte. Ganz im Gegenteil! Ich wollte es mehr als alles andere auf dieser Welt. Ich hätte nur gedacht, dass ihr es lieber sein würde, wenn wir doch getrennt voneinander schliefen … Das war schon wieder ganz verwirrend für mich.
    »Ich will mit dir zusammen sein! Auf jeden Fall!«, platzte es aus mir heraus und ahnte nicht, dass man diesen einen Satz auch anders interpretieren konnte. Viel intensiver.
    Louna hob den Blick und sah mir direkt in die Augen. Nicht nur ihre Wangen waren rot, auch meine und das, wo ich es noch nicht einmal richtig verstand. Dabei war es eigentlich so einfach. Die Zuneigung, die ich für sie empfand, war durch mein Menschsein viel intensiver geworden, hatte sich verstärkt und in Gefühle umgewandelt, die mich quälten, wenn ich nicht bei ihr sein durfte.
    »Wirklich?«, fragte sie mich mit einer Mischung aus Hoffnung und Angst.
    »Wirklich!«, bestätigte ich voller Selbstvertrauen. Das löste ein Lächeln auf ihren Lippen aus, was mich beruhigte. Mir fiel ein Stein vom Herzen, von dem ich gar nichts gewusst hatte, dass er da gewesen war.
    »Gut«, sagte sie noch und legte ihre Hand auf meine Wangen. Sie zog dadurch meinen Kopf näher zu sich heran. Was sie vorhatte? Spätestens als ihre Lippen meine trafen, wusste ich es. Ein Sturm von verwirrenden Gefühlen wurde in meinem Inneren ausgelöst, aber das stärkste Gefühl darunter war Glück oder eben auch Freude. Ich war glücklich und fühlte mich gut und ein bisschen fühlte sich mein Kopf auf eine sehr gute Art und Weise benebelt an. Wahrscheinlich konnte mir Louna das ansehen, denn ich hörte ihr Kichern, als sie sich wieder von mir löste, mir noch einen kleinen Kuss auf die linke Wange drückte und dann an mir vorbei ging, um zu allererst das Bad aufzusuchen.


    Ja, ich war glücklich und solange ich bei ihr sein durfte, würde sich daran nichts ändern.


  • Huhu Alexia o/.
    Da ich ein hobbyloses Wesen ohne jegliches Leben bin, beantworte ich einfach mal deine Fragen so ausführlich wie möglich x3. Die Fragen, auf die ich mit "nein" antworten würde, habe ich dann aber weggelassen.
    Ich glaube, das war ich dir nach dem ewig langen Schwarzlesen fällig ;A;. Es tut mir leid, haha. Dafür habe ich jetzt ausschließlich ja nur positives geschrieben.


    Wie hat dir die gesamte Geschichte gefallen?
    Tja, was soll ich schon sagen? Nachdem ich deine Geschichten ja eigentlich schon die ganze Zeit stalke und auch nicht aufgehört habe zu lesen, wird ja wohl kaum was dran sein, was mich sonderlich gestört haben sollte. Denn FFs/Bücher, denen etwas fehlt, breche ich meistens ab. Selbst deine ziemlich langen Kapitel haben mich nicht abschrecken können, was bei einigen Storys durchaus der Fall sein kann, wenn sie sich zu zäh gestalten. Das kann ich allerdings nicht behaupten, dafür war ich mit jedem neuen Kapitel viel zu sehr gefesselt, als dass ich es in Erwägung gezogen hätte, das nicht bis zum Ende durch zuziehen x3.
    Allgemein finde ich deinen Schreibstil und deine Art, die Leser in deine eigene Welt zu locken, erstaunlich. Das Meiste beschreibst du mit so viel Liebe zum Detail, dass ich bis zum Ende hin mehrere Male lächeln und schwer schlucken musste, wenn besonders gewichtige Szenen stattfanden.
    Du hast dir auch schön viel Zeit gelassen, um wichtige Details und Szenerien ausführlich zu gestalten und bist nicht wie ne Irre durch die Gegend gehuscht, um fertig zu werden. Allgemein hast du ein Händchen dafür, die richtige Länge für deine FFs zu finden. Egal ob kurz oder lang, was ich wirklich zu schätzen weiß, da es doch eine gewisse Professionalität ausstrahlt.


    Wie fandest du die Idee hinter der Geschichte?
    Wie du es bereits mitbekommen hast, fand ich die Idee und den Plot unglaublich gut. Vor allem den Kern hinter der Geschichte und wie du alles um Arcus und seinen Zwiespalt herum aufgebaut hast. So hast du auch die ideale Mische zwischen guten und schlechten Ereignissen gefunden, was eine schön lesbare Realitätsnähe hergestellt hat, da man durchaus alle Handlungsstränge und Gefühle gut nachvollziehen und verstehen konnte. Allgemein der Spannungsaufbau ist dir besonders gelungen und auch die endgültig Entscheidung Arcus' hätte man durchaus erwarten können, brachte aber dennoch einen Überraschungseffekt, da dies eigentlich durchaus drastische Maßnahmen waren, welche nicht unbedingt jeder Autor so gewählt hätte.
    Die Situationen wurden trotz dessen wunderbar und realistisch beschrieben. Nichts daran war zu Friede-Freude-Eierkuchen. Ich mochte es besonders, wie Arcus die Vor- und Nachteile von Pokemon- und Menschenleben verglichen hat und die aufgezeigten Probleme, als er dann doch im neuen Körper ankam x3. So hatte man durchaus mitfühlen können, dass er vor allem an einigen Stellen maßlos mit den Situationen überfordert war, was ich dann doch teils unglaublich niedlich fand. Vor allem die Bettszene im Epilog ist dir gut gelungen, da man richtig gespürt hat, wie die Nervösität durch seine Knochen kriecht und ihn verwirrt, haha.


    Wie fandest du die einzelnen Kämpfe, die vorgekommen waren?
    Wie schon in deiner Hauptreihe, sind die Kämpfe durchaus realistisch und gut vorstellbar beschrieben. So kam es einem bei bedrohlichen Momenten definitiv nicht so vor, als wäre dies wie im kinderfreundlichen Anime nur nebensächliches Geplänkel, welches eh gut ausgeht, sondern man hat die ernste Lage durchaus gut aufnehmen und realisieren können. Man wusste also auch nicht, ob das Ganze nun im Endeffekt gut ausgehen oder in einem riesigen Desaster enden würde, was mir hierbei auch unglaublich gut gefallen hat, da es den Spannungsbogen schön ausgeschmückt und gespannt haben ^.^ .
    Man hatte auch somit nicht das Gefühl, als wären die auftretenden Kämpfe nur sinnlose Zeitverschwendung, sondern auch reelle Gefahren für Gesundheit bzw Leben der Trainer und des Pokemons.


    Haben dir Arcus bzw. Louna als Protagonisten gefallen?
    Oh ja, definitiv. Beide haben sowohl ihre Makel, als auch ihre Stärken und kommen somit sympatisch gegenüber dem Leser rüber. Allgemein habe ich beobachten können, dass deine Charaktere ihre Entwicklungen haben und auch eine gewisse Tiefe besitzen, die sie nicht langweilig oder öde werden lassen.
    Vor allem Arcus hat mir hier in der FF besonders gut gefallen. Man hat richtig von all seinem Trubel erfahren und fast lebendig spüren können, wenn ihn etwas bedrückte, er sich freute oder einfach nur verwirrt war.
    Vor allem gefiel mir aber, dass er durchaus über seine Entscheidung nachgedacht und es nicht einfach hingenommen hat, als wäre es das Natürlichste der Welt, sich zwischen Mensch und Pokemon hin und her zu verwandeln. Aber auch die Gefühls- und Wahrnehmungsunterscheidungen zwischen seinem Leben als Pokemon und dem als Mensch, hast du wirklich gut getroffen und präzise herübergebracht o/.
    Aber auch Louna darf man nicht außer Acht lassen. Ihre Sorgen und Entscheidungen waren allesamt gut vorstellbar und haben mich durchaus überzeugt. Ich denke, dazu brauche ich nicht mehr weiter ausholen xP.


    Wie hat dir am Ende vor allem der Epilog gefallen?
    Am besten gefiel mir der Bettteil bzw auch der Kuss am Ende. Ich denke, damit hast du einen schönen Abschluss gebracht, der mehr als zufriedenstellend war. Auch, dass die Beziehung zwischen Louna und Arcus nun ein festes Band in Richtung Romantik hat, war nach den ganzen Spannungen und dem Knistern nur mehr als realistisch, weshalb es sogar ziemlich enttäuschend gewesen wäre, wäre dort dann doch nix passiert.
    Vor allem die Gedankengänge und die Aufregung unseres Arcus' hat mir, wie oben schon erwähnt, unglaublich gut gefallen x3. Ich glaube, das hat der ganzen Geschichte am Schluss noch mal diesen besondern Touch gegeben, sozusagen das I-Tüpfelchen. Auch wenn ich nicht der größte Romantik-Fan bin, fand ich es einfach nur Zucker. Vielleicht, weil ich auch während der FF ein kleiner Shipper geworden bin ;P.


    Würde dir eine weitere Geschichte gefallen, bei der das Konzept auf ähnliche Weise aufgegriffen würde?
    (Pokémon verwandelt sich in einen Menschen oder umgekehrt, wobei ich hier nicht von Mystery Dungeon rede.)
    Solange man mit dem Konzept nicht übertreibt, kann ich mir vorstellen, dass du es wieder so schön rüberbringen wirst, wie bei "Der Wunsch meines Herzens". Allgemein weißt du ja seit heute, dass ich vor allem die Thematiken, welche du rüberbringst und einbaust, sehr schätze, weshalb ich mir gut vorstellen kann, dass du dir sicher irgendwas gutes für eine weitere FF dieser Art ausdenken würdest, ohne dich großartig zu wiederholen oder Sachen kopieren zu müssen :').
    Von dem her, nur her damit, falls dir wieder solch ein Geistesblitz kommen sollte o/.


    Hast du evt. Lust bekommen mehr von mir zu lesen? Und wenn ja, wirst du es auch tun? :grin:
    Das werde ich ja so oder so tun xD. Darauf kannst du dich verlassen und das weißt du auch! Von dem her, denke ich, dass ich da nicht weiter etwas erläutern muss :3.



    ~Adurna

  • Hallo Lexi,


    zum Abschluss möchte ich auch noch gerne ein paar Worte da lassen und vor allem mal erwähnen, wie unglaublich niedlich Arcus besonders im Epilog erscheint! Da sollte man eigentlich glauben, dass ihn gar nichts mehr erschüttern oder beeindrucken kann nach seinen bisherigen Erlebnissen und dann wird er noch einmal von einer Menge Gefühle quasi erdrückt, die er so noch nie gespürt hat. Ich find's interessant, wie du hier eigentlich diesen Instinkt für ihn als völlig fremd dargestellt hast und wie er anfangs gar nicht mal wusste, worauf er sich eigentlich einließ. Louna ja offenbar schon. Die Szene in der Nacht war trotz allem etwas ungewohnt, wie auch Lounas Verhalten ihm gegenüber, dass sie in ihm nun eben auch wirklich den Menschen sah und nicht mehr ihren langjährigen Begleiter. Mag an der Stelle etwas zu schnell vorangeschritten sein, aber über den schlussendlichen Kuss bin ich doch sehr froh und ich hoffe doch, dass die beiden auch in Zukunft noch vieles verbinden wird und sie noch viel sehen!


    Davon abgesehen: So schön dann eigentlich der Epilog geworden ist, war ich mit der Richtung, die du im letzten Kapitel eingeschlagen bist, nicht ganz konform. Nicht dass du es schlecht umgesetzt hättest; ich glaube, recht viel besser hättest du den abschließenden Kampf, die Probleme und allgemein das Chaos, das sich mit der Zeit entwickelt hat, gar nicht auflösen können und ich mag es, wie du da deiner Linie einfach treu geblieben bist. Nur hätte ich eben erwartet, dass er als Arkani bei ihr bleibt und sich so das Band stärkt. Im Endeffekt ist das dann wohl auch einfach Geschmackssache und Adurna über mir scheint dieses Ende ja mehr angesprochen zu haben.
    So oder so, wenn du schon mal dabei bist, kannst du ja vielleicht irgendwann einmal ein Special zu Arcus schreiben, wie er einmal Pokémon trainiert.


    In diesem Sinn, danke für die Geschichte und die Zeit, die du reingesteckt hast. Mich hat sie sehr unterhalten und wir lesen uns dann beim nächsten Projekt wieder!