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    Fachwissen


    Ihr sucht nach Tutorials zum Thema Fotografie? ihr wollt mehr über Fotos lernen, als ihr bisher schon wisst? Dann werdet ihr hier vielleicht fündig!


    Inhaltsverzeichnis

  • Festbrennweiten
    Vor- und Nachteile von Objektiven ohne Zoom



    Fotos: Canon / Montage: @Godfrey



    Was ist eine Festbrennweite?


    Die Brennweite eines Festbrennweitenobjektivs ist, wie der Name schon sagt, von der Bauart vorgegeben. Im Gegensatz zu einem Zoomobjektiv ist es also nicht möglich, den Bildausschnitt mithilfe der Brennweite zu ändern.


    In der Zeit der analogen Fotografie gab es nur Festbrennweiten, der Zoom kam erst sehr viel später (1959) hinzu. Aus diesem Grund scheiden sich bei diesem Thema die Geister: Die einen Fotografen wollen auf den Komfort eines Zoom-Objektivs nicht verzichten, mit dem sie gleich mehrere Brennweiten (zum Beispiel 18-50mm) abdecken können, ohne sich dafür gleich zwei oder drei Objektive kaufen zu müssen. Die anderen schätzen die Festbrennweiten aufgrund ihrer Vorzüge (höhere Lichstärke bei geringerem Kaufpreis und kompakterer Bauweise) gegenüber Zoom-Objektiven und schwören darauf.



    Wofür werden Festbrennweiten verwendet?


    Festbrennweiten gibt es für jede Art der Fotografie. Ob Weitwinkel, Makro, Normal- oder Teleobjektiv, das Spektrum ist groß. Sehr beliebt sind Festbrennweiten in klassischen Brennweiten-Bereichen wie 35mm (der klassische “Reportage-Bildwinkel”), 50mm (“Normalbrennweite“) und 85mm (“Portrait-Brennweite“).


    Besonders die 50mm-Brennweite wird gerne verwendet, da ihr nachgesagt wird, dass der Bildausschnitt dieses Objektivs etwa dem menschlichen Blickfeld entspricht – die Bilder wirken dadurch besonders natürlich.



    Festbrennweiten mit 35mm Brennweite (an einer Vollformatkamera) eignen sich perfekt für Reportageaufnahmen. Foto: @Wolkenhase


    Der Vorteil dieser Objektive ist primär die große Lichtstärke. Im Gegensatz zu Zoom-Objektiven wird weniger Material benötigt, die Objektive bleiben in der Regel kleiner und leichter. Das nutzen die Hersteller dann, um die Festbrennweiten auf eine hohe Abbildungsqualität sowie die hohe Lichtstärke, also eine große offene Blende, zu optimieren. Das bedeutet, dass man mit einer Festbrennweite kürzere Verschlusszeiten bei schlechten Lichtverhältnissen verwenden und meist auch den ISO-Wert verringern kann. Verwacklungen werden so vorgebeugt und auch ein Stativ ist bei vielen Aufnahmen nicht zwingend notwendig. Konkret bedeutet das, dass man zum Beispiel bei Sportaufnahmen in einer Halle oder bei einer Städtereise nach der Dämmerung mit einer Festbrennweite sehr gut bedient ist. Die Resultate im Vergleich zu einem Zoom-Objektiv sind beeindruckend.



    Ein Beispiel für die große Lichtstärke. Selbst bei vollkommener Dunkelheit ist das Bild scharf und ohne Bildrauschen abgebildet. Foto: @Wolkenhase



    Vor- und Nachteile von Festbrennweiten


    Neben der großen Lichtstärke gibt es noch diverse andere Vorteile:

    • Die Abbildungsqualität einer Festbrennweite ist der eines Zooms in vielen Fällen überlegen. Optische Fehler, wie Objektivverkrümmung, chromatische Aberration oder Farbsäume am Rand des Bildes kommen hier seltener vor
    • Bei schlechten Lichtverhältnissen kommt es seltener zu Bildrauschen, da man den ISO-Wert geringer halten kann
    • Preislich sind sie oft günstiger als Zoom-Objektive mit ähnlichem Brennweitenbereich, da die Konstruktion weniger aufwändig ist
    • Sie sind in der Regel leichter als Zoom-Objektive der gleichen Preisklasse und um einiges kompakter
    • Die Freistellung des Motives vom Hintergrund (Bokeh) bei Festbrennweiten ist durch die große mögliche Blendenöffnung sehr einfach. Deshalb sind diese Objektive besonders in der Portrait-Fotografie sehr beliebt
    • Die geringe Flexibilität, die man mit diesem Objektiv hat und anfangs vielleicht als Nachteil sieht, entpuppt sich schnell auch als Vorteil: Der Fotograf ist gezwungen, sich mit seinem Motiv intensiver auseinanderzusetzen. Anstatt einfach herauszuzoomen, muss er ein paar Schritte zurückgehen und sich seinen Bildausschnitt dementsprechend gut überlegen. Das Auge lernt schnell, Entfernungen im Voraus abzuschätzen und der etwas größere Zeitaufwand, der mit dem Fotografieren verbunden ist, sorgt (in der Regel) für bessere Ergebnisse, da man als Fotograf kurz innehalten und sich sein Vorgehen überlegen muss, anstatt einfach wild draufloszuknipsen.


    Allerdings gibt es auch ein paar Nachteile:

    • Wie schon angesprochen: aufgrund der starren Brennweite ist der Fotograf gezwungen, den „Zoom“ durch das Vor- und Zurückgehen zu ersetzen. Nicht immer ist das Möglich, zum Beispiel weil Absperrungen oder Wände den Weg versperren. Eine Zoom-Optik hat hier einen klaren Vorteil. Alternativ bleibt nur der Wechsel des Objektivs
    • Mehr Gepäck für mehr Brennweiten: Auf Reisen reicht vielen theoretisch ein Objektiv mit einem hohen Brennweitenbereich. Wer allerdings auf Festbrennweiten schwört, muss hier mehrere Objektive für verschiedene Situationen einpacken
    • Leider nicht immer Stabilisiert: Gerade die klassischen Festbrennweiten oder jene des gehobeneren Preissegments besitzen keine Bildstabilisierung. Zoom-Objektive hingegen werden mitlerweile fast nur noch mit Bildstabilisator gebaut, Festbrennweiten hinken oft noch etwas hinterher. Nicht zuletzt, weil die Optimierung auf (sehr) große Blenden plus Bildstabilisator wieder aufwendiger wird. Ausgenommen sind Kamerasysteme mit kamerainterner Stabilisierung, wie Sony sie verwendet



    Dank einer großen Blende wird das Model perfekt vom Hintergrund freigestellt. Foto: @Wolkenhase



    Unterschiede bei der Ausstattung


    Es gibt inzwischen eine Vielzahl an unterschiedlichen Festbrennweiten für alle Kamerasysteme - die Unterschiede (und Preise) teils enorm. Die Hauptunterscheidungsmerkmale sind die Brennweite, die größtmögliche Blendenöffnung, die Verarbeitung und Qualität und weitere Merkmale wie ein Stabilisator oder Makrofähigkeiten. Auch der Crop-Faktor ist eine nicht zu unterschätzende Größe. Die folgenden Punkte sollen etwas zur Orientierung beitragen.


    Was will ich und was brauch ich?


    Zunächst ist es sinnvoll, sich darüber im Klaren zu werden, was man eigentlich am Liebsten fotografiert. Davon hängt nämlich ab, für welche Festbrennweite man sich entscheiden sollte. Portraitliebhaber greifen zu Normal- oder leichten Telebrennweiten, also 50mm beziehungsweise 85mm. Typische Objektive sind 50mm f/1.4 (in der Regel um ca. 300 Euro) oder 85mm f/1.8 (oft um ca. 350 Euro).


    Da die Werte auf das Kleinbildformat gerechnet werden, also „Vollformatkameras“, müssen Besitzer von Amateurkameras auf Objektive mit geringerer Brennweite zurückgreifen. Ein Beispiel: Sowohl die Canon EOS 650D (oder auch 1200D) als auch die Nikon D5x00er-Serie haben einen um den Faktor 1,5 kleineren Sensor. Der bewirkt eine optische Verlängerung der Brennweite (siehe „Crop-Faktor“ [+LINK]) um eben jenen Faktor. Entsprechend sollte eine 35mm-Festbrennweite für die Wirkung eines 50mm-Objektives benutzt werden oder ein 50mm-Objektiv für den Effekt einer 85mm-Linse.


    Wer auf Landschafts- oder Architekturfotografie steht, sollte sich Weitwinkelfestbrennweiten anschauen: 14mm, 24mm und 35mm sind gängige Objektive. Für Makros gibt es verschiedene Brennweiten: um 60mm, 100mm und 180mm. Der Unterschied ist der Abstand zum Motiv sowie die Ausstattung der Modell (maximale Blende, Bildstabilisator usw.). Tierfotografen greifen oft zu exorbitant teurer Festbrennweiten jenseits der 400mm – diese sollen hier aber nur am Rande und der Vollständigkeit halber erwähnt werden.



    Für Architekturfotografien wie diese Aufnahme eines Treppenhauses eignen sich besonders extreme Weitwinkelfestbrennweiten wie hier ein Zeiss Milvus 15mm f/2.8. Foto: @Godfrey


    Es gibt auch Spezialisten unter den Festbrennweiten, die hier aufgezählt werden sollen: sogenannte Tilt-&-Shift-Objektive, die ihr Haupteinsatzgebiet in der Architektur- und Produktfotografie haben.


    Bei vielen Herstellern gibt es für eine Brennweite manchmal auch mehrere Modelle. Auch hier finden sich die Unterschiede in Ausstattung und Preis – je höher die Lichtstärke (große Blende), desto teurer. Mit Bildstabilisator gibt es auch einen Aufschlag. Doch ist eine größere Blende immer besser? Nicht unbedingt, denn mit zunehmender Blendengröße nimmt die Schärfentiefe rapide ab – und Abbildungsfehler wieder zu, trotz aller Optimierungen. Das 85mm f/1.2L von Canon zum Beispiel hat nur einen hauchdünnen Schärfebereich – und der will kontrolliert werden. Das Fotografieren ist alles andere als einfach. Zudem zeigen die extremen Vertreter ihrer Art oft starke Farbsäume (chromatische Abberation) und allgemein eine nachlassen Auflösungsqualität und Gesamtschärfe im Bild.


    Was bedeutet das für den Fotografen – also euch? Wägt gut ab: Oft ist das teuerste nicht das geeignetste und selbst die günstigen Vertreter hinterlassen manchmal einen überraschenden Eindruck, wie ihr im nächsten Abschnitt erfahren werdet!


    Beispiel: verschiedenen Versionen des 50mm-Objektivs


    Die in der Portraitfotografie gerne eingesetzte Brennweite von 50mm gibt es mit verschiedenen Blendenöffnungen. Canon bietet Blenden von f/1.8, f/1.4, f/1.2 und früher auch mit f/1.0 an, wobei der Preis mit jeder Öffnung deutlich steigt.



    Unterschiedliche 50mm-Objektive von Canon im Vergleich: f/1.8 II, f/1.8 STM, f/1.4 USM, f/1.2L USM, f/1.0L USM (v.l.n.r.). Fotos: Canon


    Das Canon 1.8/50mm-Objektiv gibt es in zwei Ausführungen (50mm f/1.8 II sowie 50mm f/1.8 STM) ist bereits um die 100€ zu haben und damit das günstigste Objektiv dieser Marke. Von Profifotografen wird es aufgrund seiner leichten und vergleichbar günstigen Bauart gerne als „Kinderspielzeug“ abgetan und nicht weiter beachtet. Tatsache ist allerdings, dass dieses Objektiv erstaunlich gute Ergebnisse in Sachen Auflösungsleistung liefert und als Einsteigerfestbrennweite perfekt ist. Es ist leicht, günstig und bietet einen guten Einblick in die Arbeit mit Festbrennweiten. Die STM-Version (ca. 120€) bietet sogar eine bessere Verarbeitung sowie einen schnellen und leisen Stepping-Motor, der besonders für Filmaufnahmen geeignet ist. Die Preise bei Nikon sind minimal höher, doch das Prinzip bleibt natürlich gleich.


    Das f/1.4-Objektiv deckt alles ab, was dem f/1.8 noch fehlt. Die Verarbeitung ist deutlich hochwertiger, das Objektiv wiegt auch mehr und klappert beim Schütteln nicht. Was beim günstigeren Modell lediglich aus Plastik besteht, ist hier aus Metall und Gummi gearbeitet. (Anmerkung: das neuere EF 50mm f/1.8 STM besitzt ebenfalls schon einen Anschluss aus Metall). Das 50mm f/1.2 entspringt der Profi-Linie im Canon-Portfolio und kostet deutlich über 1000 Euro, ebenso das sehr seltene 50mm f/1.0, dessen Preis selbst gebraucht noch weit über 2000 Euro hinausgeht. Neben der noch einen Ticken größeren Blende punkten beide vor allem durch noch höhere Auflösungsleistungen. Für Amateurfotografen steht dieses Plus an Leistung aber kaum in Relation zum Kaufpreis, weshalb wir beide im Weiteren außen vor lassen.


    Weitere Unterschiede im direkten Vergleich:

    • Verarbeitung:Wie schon gesagt, das f/1.4 ist besser verarbeitet und besitzt zudem noch eine Entfernungsskala, die beim 50mm f/1.8 II weggelassen wurde. Zudem ist der Anschluss (Bajonett) beim f/1.4er aus Metall – das f/1.8 kann nur Platik vorweisen (Ausnahme: 50mm f/1.8 STM). Insgesamt wirkt das f/1.4 stabiler, fester und einfach wertiger.
    • Autofokus:
      Der Autofokus des f/1.8 ist nicht besonders treffsicher, wobei es, was das betrifft, offenbar eine große Serienstreuung gibt. Das bedeutet, dass es gut vorkommen kann, dass das eine f/1.8 einen guten Autofokus hat, er beim nächsten aber kaum zu gebrauchen ist. Deshalb empfiehlt es sich, ihn gleich nach dem Kauf auf Herz und Nieren zu prüfen und dann ggf. ein neues anzufordern. Das f/1.4 hat einen Ultraschallmotor und einen deutlich präziseren Autofokus, der eine bessere Nachjustierung bei falscher Fokussierung erlaubt. Man kann jederzeit nachfokussieren, ohne erst in den manuellen Fokus wechseln zu müssen. Zudem ist der Autofokus des f/1.4 deutlich leiser, als der des f/1.8, der wirklich extrem laut ist und deshalb teilweise ziemlich stört.
    • Bokeh:
      Das Bokeh ist natürlich oft ein wichtiger Faktor, der entscheidet, ob das Objektiv gekauft wird. Beide Objektive haben ein sehr schönes Bokeh, das sich deutlich von dem eines Zoomobjektivs abhebt. Das f/1.8 hat fünf Blendenlamellen, das f/1.4 acht. Das führt zu minimalen Unterschieden im Bokeh, die sich in bestimmten Situationen bemerkbar machen können. Die Lichtkreise beim f/1.8 sind durch die wenigen Lamellen oft eckig, während acht Lamellen sie sehr rund abbilden. Das führt allgemein zu weiniger Unruhe im Bild.



      Dieser Vergleich zwischen dem 50mm f/1.8 (links) und dem 50mm f/1.4 zeigt ein weicheres Bokeh bei der f/1.4-Variante. Fotos: @Wolkenhase


    • Weitere Ausstattungsmerkmale:
      Einige weitere Ausstattungsmerkmale sind eine Entfernungsskala zum manuellen Fokussieren (fehlt beim f/1.8) und Spezialglas, das zum Beispiel Farbsäume reduzieren soll (asphärische Linsen) oder der Stabilisator. Da es bei Canons 50mm-Objektiven keinen Bildstabilisator gibt, soll hier ein anderes Beispiel herhalten - das Canon 100mm f/2.8 Macro USM gibt es in zwei Versionen: die ältere Fassung besitzt keine optische Stabilisierung, das neuere 100mm f/2.8L IS USM hingegen ist stabilisiert.


    Schwierige Entscheidungsfindung


    Was andere Festbrennweiten betrifft, sollte man sich – wie schon oben gesagt – vorab überlegen, welche Art von Linse am sinnvollsten ist. Wenn man gerne Landschaftsaufnahmen macht, eignet sich ein Weitwinkel, wenn man gerne Makro fotografiert, dann eignet sich ein Makroobjektiv. Die maximale Blendenöffnung zeigt die Lichtstärke an und beeinflusst auch den Preis. Es gibt zudem eine Vielzahl an Modellen mit nur geringen Unterschieden in der Brennweite und alle haben ihre Besonderheiten, sodass die Auswahl oft schwer fällt.



    "Richtige" Makro-Objektive sind immer Festbrennweiten, hier das EF 100mm f/2.8L IS USM. Foto: @Godfrey


    Sinnvoll ist es natürlich immer, sich eingehend beraten zu lassen und sich dann zu entscheiden - die erfahrenen Fotografen hier im Bereich helfen euch gern weiter: Kaufberatung


    Meine persönliche Empfehlung für den Einstieg in die Welt der Festbrennweiten ist das 50mm f/1.8 (STM), das aufgrund seines niedrigen Preises super als Einsteigermodell geeignet ist und einem sehr schnell zeigt, ob man überhaupt mit einer Festbrennweite arbeiten möchte oder ob man nach wie vor den Zoom vorzieht.


    Ich hoffe, dieses Thema war informativ und hat vielleicht dem ein oder anderen geholfen. Solltet ihr weitere Fragen haben, könnt ihr sie mir gerne stellen, oder in dieses Topic schreiben! (:



    kleine Fotos: @Wolkenhase, @Godfrey

    Einmal editiert, zuletzt von Godfrey () aus folgendem Grund: Überarbeitete und erweiterte Fassung von Wolkenhase und Godfrey

  • Objektiv-Guide



    Foto: Canon


    Was sind Objektive?


    Objektive sind ein essentielles Zubehör für das Fotografieren – man könnte sie gar als das „Auge der Kamera“ bezeichnen. Sie werden entweder auswechselbar vorne an der Kamera (am Bajonett, Spiegelreflex- und spiegellose Kameras) befestigt oder sind fest verbaut (Kompakt- und Bridgekameras). Sie leiten das einfallende Licht auf den Sensor weiter und ermöglichen eine scharfe Abbildung. Qualität, Güte und Ausstattung eines Objektives ist maßgeblich von den verbauten Linsen und anderen Bauteilen abhängig. Dabei unterscheidet man verschiedene Arten von Objektiven – eine feste Klassifizierung gibt es dabei aber nicht. Jedoch haben viele Objektive spezielle Einsatzgebiete und eignen sich für manche Motive besser als andere. Im Folgenden sollen die Merkmale von Objektiven beschrieben werden.




    Aufbau eines Objektives

    • Frontlinse (1)
    • Filtergewinde (2)
    • Fokusring (3)
    • Zoomring (4)
    • Blende (5, innenliegend)
    • Fokusmotor (6)
    • Bildstabilisator (7)
    • Platine (nicht in Grafik)
    • Bewegungssensoren (nicht in Grafik)
    • Bajonett (8)
    • Schalter für Auto- bzw. manuellen Fokus (9)
    • Ein-/Ausschalter für Bildstabilisator (10)


    Brennweite und Bildwinkel


    Die Brennweite des Objektives bestimmt den Ausschnitt des Bildwinkels. Dabei ist prinzipiell festzuhalten, dass eine längere Brennweite den Winkel kleiner werden lässt, dadurch den Ausschnitt verengt. Durch einen kleiner werdenden Ausschnitt werden ferne Objekte optisch „herangeholt“. Im Gegenzug lässt eine kürzere Brennweite den Bildwinkel breiter werden – es passt mehr Motiv in den Bildausschnitt.


    Technischer Hintergrund: Die Brennweite gibt den Abstand zwischen Bildebene (Sensor, Film) und der Hauptebene im Objektiv in Millimetern an. Dabei kann man jedoch nicht von der Baulänge des Objektives auf die Brennweite zurückschließen. Angaben der Brennweite werden immer auf das Kleinbild (Vollformat, 36 x 24 mm Sensoren/Filme) bezogen, um eine Vergleichbarkeit zu erreichen. Bei Kameras mit kleineren Sensoren muss entsprechend umgerechnet werden (siehe Abschnitt Crop-Faktor).


    Einteilung der Brennweite:

    • Ultraweitwinkel:
      < 20 mm Brennweite
      Objektive dieser Brennweitenklasse zeigen extrem weite Ausschnitte. Objekte im Vordergrund werden oft stark vergrößert gegenüber dem Hintergrund dargestellt. In den Bildecken kommt es meist zu starken Verzerrungen. Typische Abbildungsfehler: Chromatische Aberration, Vignettierung und tonnenförmige Verzeichnung.
    • Weitwinkel:
      ca. 20 – 35 mm
      Objektive dieser Klasse zeigen einen breiteren Ausschnitt als wir es vom Sehen gewohnt sind. Verzerrungen halten sich jedoch in Grenzen. Die Bildausschnitte eignen sich besonders gut für Übersichten und Reportagen.
    • Normalobjektiv:
      ca. 50 mm
      Normalobjektive haben einen Bildwinkel von etwa 46°, was dem menschlichen Sehen entspricht. Daher werden Bilder dieser Brennweite als besonders angenehm empfunden, da sie sehr realistisch zeichnen. Empfehlenswert für Reportagen.
    • Tele:
      50 – 300 mm
      Oberhalb der 50 mm Brennweite verengt sich der Bildwinkel, entfernte Objekte werden optisch näher heran geholt. Vorder- und Hintergrund scheinen optisch verdichtet. Leichte Telebrennweiten sehr geeignet für Portrait, längere Brennweiten für Sport- und Tierfotografie.
    • Supertele:
      > 300 mm
      Objektive dieses Brennweitenbereiches zeichnen sich durch extreme Verdichtung von Vorder- und Hintergrund aus und durch extrem enge Bildwinkel. Entfernte Motive werden stark herangeholt. Objektive sind meist als Festbrennweiten konzipiert und sehr groß und schwer. Typische Abbildungsfehler: Vignettierung und kissenförmige Verzeichnung.
    • Sonderfall Fisheye:
      meist 8 – 15 mm, Ausnahmen
      Fisheye-Objektive sind Spezialobjektive mit kürzesten Brennweiten um 10 mm, allerdings ohne die Korrektur der stark tonnenförmigen Verzeichnung. Dadurch bilden sie eine Hemisphäre und damit ein rundes Bild. Horizontale und vertikale Motivlinien, die nicht genau durch das Bildzentrum verlaufen, werden gekrümmt. Der Bildwinkel beträgt meist 180°, teils sogar darüber, und das entstehende Bild ist kreisförmig.


    Der Crop-Faktor – Vollformat, APS-C, Four-Thirds,...


    Das Verständnis des „Crop-Faktor“ trägt in großem Maße zum Verstehen verschiedener Sensor-Größen bei und ihren Auswirkungen auf die physikalische Brennweite.


    Ausgehend von der Digitalisierung der Fotografie haben sich verschiedene Größen bei den Bildsensoren der Kameras durchgesetzt:


    Bezeichnung Sensorgröße Verwendung (Auszug) Crop-Faktor Format
    Kleinbild (Vollformat, FX) 36 x 24 mm Sensorfläche entspricht dem analogen Rollfilm 1,0 3:2
    APS-H ca. 28 x 19 mm lediglich einige Canon-Profi-Kameras 1,3 16:9
    DX-Format ca. 23,2 x 15,4 mm Nikon und weitere Anbieter 1,5 3:2
    APS-C ca. 22,5 x 15 mm v.a. Canon-Amateur-DSLRs 1,6 3:2
    Micro FourThirds (MFT) ca. 17,3 x 13 mm z.B. Olympus und Panasonic-DSLMs 2,0 4:3
    1“-Sensor 13,2 x 8,8 mm v.a. kleinere DSLMs und Bridge-Kameras 2,7 3:2
    weitere kleinere Formate z.B. Mobiltelefone > 3,0 div.


    Verwendet man nun einen kleineren Sensor mit einer beliebigen Brennweite, so wird die lichtempfindliche Fläche (Sensor) gegenüber dem Ausgangsformat (Kleinbild) kleiner. Daraus resultiert ein geringerer Bildwinkel. Auch wenn sich die physikalische Brennweite nicht ändert, so bewirkt der kleinere Winkel einen Ausschnitt aus dem Motiv – es wirkt wie eine längere Brennweite. Man spricht somit von der Kleinbildformat-äquivalenten Brennweite (abgekürzt „mm KB“).


    Beispiel:

    • Ausgangspunkt
      Ein 100-mm-Objektiv an einer Vollformatkamera besitzt einen Bildwinkel von etwa 24°. Ein Objekt von einem Meter Breite, das bildfüllend fotografiert wird, ist vollständig sichtbar.
    • DX/APS-C
      Das selbe Objektiv wirkt hier wie ein 150-mm-Objektiv (Nikon) bzw. 160-mm-Objektiv (Canon), der Bildwinkel beträgt nun um 15°, das1-Meter-Objekt wird nun vergrößert dargestellt und ist nur noch zu 67% sichtbar!
    • MFT
      Das selbe Objektiv wirkt nun wie ein 200-mm-Objektiv, der Blickwinkel beträgt etwa 12°. Von dem Motiv ist nur noch die Hälfte sichtbar.

    Unterm Strich muss also gerechnet werden: Wer sich beispielweise eine Einsteiger-DSLR wie die Nikon D5500 oder eine Canon EOS 1300D kauft, sollte wissen, dass sich die Kit-Objektive 18-55 mm dann wie 28-80 mm verhalten.


    Weiterhin gilt zu beachten, dass es Objektive speziell für Crop-Kameras gebaut werden. Diese sind durch Zusätze wie „EF-S“ (Canon), „DX“ (Nikon) oder „DC“ (Sigma) gekennzeichnet. Diese Objektive können NUR an Crop-Kameras verwendet werden, trotzdem beziehen sich die Brennweitenangaben immer auf die physikalische Brennweite, nicht die effektive, und müssen umgerechnet werden.



    Blende und Lichtstärke


    Die Blende besteht aus mehreren Lamellen, die vorne im Objektiv eine annähernd kreisrunde Öffnung ergeben. Die Blende kann geöffnet (aufblenden) oder geschlossen (abblenden) werden und den Lichteinfall in das Objektiv regulieren. Außerdem wird dadurch die Schärfentiefe für kreative Bildgestaltung gesteuert.


    Dabei gilt: je größer die Blendenöffnung, desto mehr Licht fällt in die Kamera und desto kürzer ist die Schärfentiefe. Analog: je geschlossener die Blendenöffnung, desto weniger Licht fällt hinein und desto größer die Schärfeebene.


    Weiterhin gilt: ein einfaches Abblenden reduziert den Lichteinfall um die Hälfte. Die Werte der Blende sind als Bruch angegeben, es bedeutet das Verhältnis „Länge der Brennweite zur Öffnungsweite der Blende“: Beispiel „f/2.8“, wobei das f stellvertretend für die gewählte Brennweite steht. Daraus ergibt sich logisch, dass folgende „Blendenreihe“ (in ganzen Stufen):


    f/1.0 – f/1.4 – f/2 – f/2.8 – f/4 – f/5.6 – f/8 – f/11 – f/16 – f/22 – f/32
    ( <-- Bild wird heller --- Bild wird dunkler --> )


    Die größtmögliche Blende wird oft auch als „Lichtstärke“ bezeichnet. Das bedeutet nichts anderes als den größtmöglichen Lichteinfall mit diesem Objektiv, denn mit der Maximierung der Blende können andere Belichtungs-Parameter reduziert werden: die Belichtungszeit verkürzt, um ein scharfes Bild zu erhalten, oder der ISO-Wert reduziert, um Rauschen zu minimieren.


    Die Blende trägt also als einer von drei Faktoren zur Regulierung der Belichtung bei. Zum anderen ist sie wesentliches Element zur kreativen Schärfegestaltung.


    Ein letzter Punkt ist erwähnenswert: Die Schärfeleistung eines Objektives ist auch von der Blende abhängig. Dabei erhöht das Abblenden nicht nur die Schärfentiefe, sondern prinzipiell auch die Gesamtschärfe bzw. „Abbildungsleistung“ des Objektives. Die optimale Schärfe (hier ist von der tatsächlichen Schärfeleistung die Rede, nicht von der Schärfentiefe!) erreicht ein Objektiv in der Regel bei zweimaligem Abblenden. Anschließend sinkt die Abbildungsleistung wieder aufgrund des physikalischen Effektes der Beugungsunschärfe.



    Objektivtypen – Möglichkeiten der Unterscheidung

    • Festbrennweite oder Zoom
    • Weitwinkel-, Normal- und Tele-Objektive
    • Standard-Zoom (Bezeichnung für Objektive mit Brennweiten um die Normalbrennweite, z.B. 24-70 mm)
    • Reise-Zoom (Objektive mit sehr großem Brennweitenbereich zulasten von Abbildungsfehler, z.B. 18-270 mm)
    • Spezialobjektive

      • Makro/Lupen-Objektiv (für Aufnahmen mit maximalem Abbildungsmaßstab)
      • Tilt&Shift-Objektive (zur Korrektur von stürzenden Linien [Tilt] und Verlagerung der Schärfeebene [Shift])
      • Fisheye (kreisrunde Abbildung mit 180° Bildwinkel für Effektaufnahmen)


    Typische Objektivfehler

    • Chromatische Aberration
      Farbsäume an Motivkanten, entstehen durch die Brechung unterschiedlicher Wellenlängen des Lichten an den Linsen; Korrektur mithilfe der Bildbearbeitung
    • Vignettierung
      Randabschattung, erzeugt von ungleichmäßiger Ausleuchtung des Linsenrandes; Korrektur oft schon in der Kamera, sonst in der Bildbearbeitung
    • Verzeichnung
      in der Regel erzeugt durch extreme Brennweiten, lässt eigentlich gerade Linien krumm wirken; Korrektur teils schon in der Kamera oder später in der Bildbearbeitung (Bild wird dadurch beschnitten)
    • Abfallende Schärfe in Bildecken
      Bauartbedingt; kann bei hochwertigen Objektiven durch Einsatz hochwertigen Glases minimiert werden
    • Fehljustierung des Autofokus’
      Fokus trifft leicht daneben; kann teils kameraintern für jedes Objektiv festgelegt werden oder muss durch Kundendienst oder Werkstatt behoben werden


    Weitere wichtige Objektiveigenschaften

    • Abbildungsmaßstab
      gibt an, wie groß (oder klein) ein Objekt auf den Sensor projiziert wird, ist abhängig von Brennweite und Naheinstellgrenze; je größer der Abbildungsmaßstab, desto stärker kann ein Objekt vergrößert werden; ab einem Abbildungsmaßstab von 1:1 spricht man von Makro
    • Naheinstellgrenze
      gibt an, wie nah man sich der Kamera dem Motiv nähern kann, der Abstand wird immer von der Sensorebene aus gemessen (dafür gibt es ein kleines, weißes Symbol auf der Oberseite der Kamera), ist aber nur vom jeweiligen Objektiv abhängig
    • Innenfokus oder Außenfokus
      bei einem Außenfokus drehen sich Teile des Objektives oder gar die gesamte Frontlinse beim Fokussieren mit, bei einem Innenfokus (IF) bleibt der vordere Aufbau unbewegt – wichtig für den Einsatz von Pol- oder Verlaufsfiltern, die sich sonst beim Scharfstellen verdrehen
    • Bokeh
      Bezeichnung für einen durch Unschärfe weichgezeichneten Hintergrund, vor dem ein scharfes Objekt „freigestellt“ wird, vor allem in der Portraitfotografie erwünscht; für die „Schönheit“ eines Bokehs gibt es keine festen Parameter, sondern ist oft sehr subjektiv; über die Steuerung dieser subjektiven Schönheit gibt es keine gesicherten Erklärungen, jedoch wird Anzahl, Form und Beschaffenheit sowie das Material der Blendenlamellen dafür verantwortlich gemacht
    • Auflösungsvermögen
      ist abhängig von der Glasqualität der verbauten Linsen und bezeichnet, wie detailliert das Objektiv Objekte darstellen kann. Die Angabe erfolgt oft in Linienbildpaaren (LBP), welche wiederum ausdrücken, wie dicht zwei gedruckte Linien aneinander stehen können, bis sie nicht mehr unterscheidbar sind. Praktisch (und laienhaft) bedeutet es: Wieviel der Auflösung einer Kamera (Megapixel) kann ein Objektiv tatsächlich nutzen und in scharfe Pixel umsetzen
    • Strahlenkranz
      entsteht an den Blendenlamellen bei Spitzlichtern (z.B. Sonne, Straßenlaternen), wenn eine kleine Blende eingestellt ist und vor allem mit kurzen Brennweiten, von besagten Spitzlichtern gehen Strahlen ähnlich illustrativer Sonnenstrahlen ab
    • Flares – Lichtflecke
      entstehen bei direktem Gegenlicht und in Abhängigkeit von der Vergütung der Frontlinse, meist helle farbig Flecken über dem Motiv; lässt oft nur schwer oder mit Montagetricks verhindern


    Praktisches Zubehör

    • Streulichtblende (Licht, Schmutz)
      wird vorne auf das Objektiv geschraubt, blockt seitliches Streulicht und schützt vor Schmutz (v.a. bei Wind); kann bei starkem Wind jedoch zu Reißen des Windes am Objektiv und damit Verwackelungen führen
    • Telekonverter
      verlängert die Brennweite des Objektives (um 1,4-faches oder 2,0-faches), reduziert aber auch die Lichtstärke (um eine bzw. zwei Blenden)
    • Objektivbeutel und –köcher
      zur Aufbewarung und zum Transport
    • Filter (Effekt- und Schutzfilter)
      für spezielle Effekte im Fotos, zur Aufbesserung des Bildes oder einfach nur zum Schutz der Frontlinse (z.B. UV-Filter, sollten aber für hochwertige Objektive vergütet sein!)
    • Stativschelle
      bei großen und schweren Teleobjektiven wird Befestigung auf einem Stativ über die (separate) Schelle unter dem Objektiv gelöst, um das große Gewicht besser auszubalancieren und zu großen Druck auf dem Bajonett zu verhindern
    • Reinigung
      z.B. Blasebalg für groben Schmutz oder Linsenstift zur Reinigung von Schmierspuren sollten regelmäßig verwendet werden, auch Mikrofasertücher sind geeignet (außer bei Schmutzkörnern – die zunächst wegpusten)
  • Fotografenschule - Lektion 1
    Die Kamerabedienung



    Foto: @Godfrey


    Jede digitale Kamera verfügt über diverse Modus-Einstellungen - manchen bieten dem Fotografen kreativen Freiraum, andere orientieren sich an bestimmten Motivsituationen und wählen die Einstellungen automatisch. Der Fotograf entcheidet, wieviel Freiraum er sich selbst zugesteht. Dieses Tutorial soll euch nicht nur einen Überblick geben, sondern euch ebenso dafür sensibilisieren, was ihr selbst könnt und was ihr mit eurer Fotografie erreichen möchtet...



    Ein Wahlrad - viele Variablen


    Für verschiedenste Motivsituationen und Prioritäten gibt es einen Modus, der sich über das Wahlrad auf der Oberseite einer Digitalkamera einstellen lässt. Ihr bestimmt mit eurer Wahl, wie viel Kontrolle ihr selbst über die bildgebenden Einstellungen zulasst: Belichtungszeit, Blende, ISO-Wert, Fokus-Feld-Wahl, Nachführungsmodus, Belichtungsmessung. Wählt euren Kameramodus mit Bedacht - je mehr Freiraum über die Einstellungen ihr euch selbst überlasst, desto mehr könnt ihr das Endergebnis beeinflussen und euer kreatives Potenzial entfalten. Im Folgenden lernt ihr alles über die kryptischen Buchstaben, die ihr auf dem Wahlrad findet.


    Die Vollautomatik


    In der sogenannten "Grünen Welle" (aufgrund der Farbe des Symbols) wählt die Kamera alle Parameter selbst: von der Belichtungszeit über die Blende, den ISO-Wert bis hin zu Fokus-Einstellungen und Blitz. Dadurch verschenkt ihr jedwedes kreatives Potenzial, euer Motiv selbst zu gestalten, denn die Kamera nimmt euch alles ab. Was für absolute Einsteiger zunächst eine Möglichkeit darstellt, überhaupt zu fotografieren (das heißt Schnappschüssen zu erstellen), sollte für all jene, die mehr von ihren Bildern erwarten, kein Maßstab sein. Die Vollautomatik mag bei guten Lichtverhältnissen gute Ergebnisse erzielen, doch bleibt kaum Möglichkeit, das Motiv herauszuarbeiten (z.B. durch selektive Schärfeneinstellungen). Gegenlicht überfordert die "Grüne Welle" meist komplett. Zwar bieten viele moderne Kamera eine sogenannte "Kreativ-Automatil", bei der sich zumindets gewisse Prioritäten wie Freitellung vor dem Hintergrund festlegen lassen, doch verschenkt ihr euer fotografisches Potenzial, wenn ihr mit der Vollautomatik arbeitet.


    Motivprogramme


    Die sogenannten Motivprogramme lassen sich nur bei Einsteiger- und Amateurkameras finden und sind für schnelle Ergebnisse bei bestimmten Motiven konzipiert. Dennoch wählt die Kamera auch hier alle Einstellungen automatisch, auch wenn gewisse Prioritäten gegeben sind:

    • im Portrait-Modus wird vorzugsweise eine offene Blende gewählt, um den Hintergrund in Unschärfe versinken zu lassen
    • im Sport-Modus wird der Fokus auf "nachführend" gestellt und der ISO-Wert prinzipiell erhöht, um eine schnellere Verschlusszeit zu ermöglichen (siehe kleines Foto rechts)

    Dennoch habt ihr keinerlei Einfluss auf das, was die Kamera selbst einstellt. Das nimmt euch die Möglichkeit, auf ungewöhliche Situationen zu reagieren. Die Kamera führt weiterhin ein Eigenleben und nimmt euch die Kontrolle.


    Ein typisches Beispiel für das Motiv-Programm "Portrait". Foto: @Godfrey


    Programmautomatik [P]


    Zwar wird über die Programmautomatik gewitzelt, das [P] stehe für "P, wie Profi", doch habt ihr in diesem Modus schon etwas mehr Kontrolle über vielerlei Einstellungsmöglichkeiten - der Modus bietet damit einen guten Übergang von der Automatik hin zu kreativeren Einstellungen.


    Die Kamera wählt nach wie vor Blende und Belichtungszeit selbstständig (wobei die Einstellungen zu verhindern versuchen, Verwackler zu vermeiden, indem Belichtungszeiten länger als 1/60 Sekunde vermieden werden), doch könnt ihr den ISO-Wert, Fokus-Einstellungen und die Bleichtungsmessmethode (siehe unten) selbst einstellen. Dadurch erhaltet ihr ein erstes Stück Kontrolle über eure Technik.


    Drückt ihr den Auslöser halb durch, schaltet ihr die Belichtungsmessung ein und die Kamera bestimmt Blende und Zeit. Durch Drehung am Wahlrad eurer Kamera könnt ihr diese "shiften", das heißt, ihr verschiebt die Parameter, um z.B. die Blende zu öffnen (und die Belichtungszeit zu verkürzen) oder zu schließen (und die Belichtungszeit zu verlängern). Habt ihr allgemein wenig Licht zur Verfügung, könnt ihr den ISO-Wert jederzeit manuell erhöhen, um die Licht-Ausbeute zu vergrößern.


    Ihr könnt manuell in die Belichtung eingreifen, indem ihr die Belichtungskorrektur einstellt: Optisch wird diese durch eine kleine Skala auf dem Display und im Sucher dargestellt. Verschiebt ihr die Skala in positive Bereiche, wird das Bild heller. Verschiebt ihr sie in negative Bereiche, wird das Bild dunkler. Ob diese Korrektur mithilfe der Belichtungszeit oder der Blende erreicht wird, entscheidet jedoch die Kamera.


    Die Programm-Automatik ermöglicht euch also bei erhöhtem Maß an Kontrolle über die Ergebnisse schnelle Ergebnisse. Einziger Nachteil: Die Ergebnisse des Belichtungs-"Shifts" werden nur kurzzeitig gespeichert. Nach einigen Sekunden müsstet ihr diese neu einstellen.


    Zeitvorwahl / Blendenautomatik [T] / [Tv] / ['S]


    Die Zeitvorwahl (oder auch Blendenautomatik) verbirgt sich hinter den Symbolen [T], [Tv] ("Time Value" bei Canon und Pentax) oder ['S] ("Speed" bei Nikon, Sony und Olympus) auf dem Wahlrad. Gemäß des Namens könnt ihr hier die Belichtungszeit einstellen. Die Kamera misst die Belichtung beim halben Durchdrücken des Auslösers und wählt selbstständig eine passende Blendeneinstellung, damit eben jene Belichtung ausgeglichen ist. ISO-Wert, Weißabgleich, Fokus usw. müssen selbstständig eingestellt werden (oder auf Automatik eingestellt werden).


    Die ermöglicht euch, ein Belichtungszeit passend zum Motiv zu wählen:

    • wählt eine kurze Belichtungszeit (z.B. 1/1000 Sek.), um ein bewegtes Motiv einzufrieren und dieses scharf auf das Foto zu bannen - z.B. spritzende Wassertropfen, ein Auto oder ein Tier in Bewegung
    • wählt eine lange Belichtungszeit (z.B. 1/2 Sek.), um Bewegungen dynamisch festzuhalten, also um Wasser zu einem Nebel zerfließen zu lassen, eine Menschenmasse in Bewegung festzuhalten oder Verkehr bei Nacht zu Strichen werden zu lassen

    Natürlich ist es hierbei wichtig, mithilfe des ISO-Wertes eine passende Belichtung zu wählen. Legt ihr die Belichtungszeit fest, habt ihr mithilfe der Blendeneinstellung nur begrenzte Einstellunsgmöglichkeiten. Der ISO-Wert erweitert diese. Sollte also, aufgrund einer sehr langen Belichtungszeit, die Blende nicht weit genug geöffnet werden können (im Display blinkt die Einstellung dann!), könnt ihr den ISO-Wert heraufsetzen, um die grundelegende Belichtung zu gewährleisten.


    Ist euer Bild dennoch zu dunkel oder zu hell, ermöglicht euch die Belichtungskorrektur (durch Drehen am Wahlrad), die Belichtung zu beeinflussen, indem die Blende weiter geöffnet (Einstellungen auf +) oder geschlossen (Einstellungen auf -) wird, als es die Halbautomatik errechnet.


    Um die Bewegung von Fahrgeschäften festzuhalten, ist eine längere Belichtungszeit (hier 0,8 Sekunden) die richtige Methode. Foto: @Godfrey


    Blendenvorwahl / Zeitautomatik [A] / [Av]


    Im Kontrast zur Zeitvorwahl lässt euch die Blendenvorwahl den genauen Gegenpart selbstständig festlegen: Die Blende. Die Kamera wählt dadurch die Belichtungszeit selbst aus. Der Modus wird deshalb auch "Zeitautomatik" genannt und verbirgt sich hinter dem Kürzel [A] oder [Av]. ISO, Weißabgleich und Fokuseinstellungen müssen weiterhin von euch selbst festgelegt oder auf Automatik eingestellt werden. Das lässt euch folgende kreatie Möglichkeiten:

    • eine offene/große Blende (kleiner Zahlenwert, z.B. f/2.8) lässt euch das Motiv "freistellen", der Hintergrund (oder der nahe Vordergrund) wird unscharf dargestellt und ihr lasst mehr Licht in das Objektiv einfallen - besonders praktisch für Portraits oder in dunklen Umgebungen
    • eine geschlossene/kleine Blende (hoher Zahlenwert, z.B. f/16) ermöglicht eine hohe Schärfentiefe, d.h. von vorn bis hinten könnt ihr in eurem Bildausschnitt alles scharf abbilden, dabei begrenzt ihr jedoch die Menge des einfallenden Lichts.

    Der verdrehte Zusammenhag zwischen "großer/kleiner" Blende und "kleinem" bzw. "großem" Zahlenwertwert ergibt sich dadurch, dass die Blende immer als Verhältnis der Brennweite zum Durchmesser der Blendenöffnung angegeben wird. Für f/16 bedeutet das beispielsweise, dass die Brennweite 16-mal länger ist als der Durchmesser der Blendenöffnung. Aber das nur zum technischen Hintergrund...


    Wozu das Ganze? - Möchtet ihr euer Motiv besonders hervorheben, könnt ihr es mit einer "großen" Blende (kleiner Zahlenwert, z.B. f/2.8) vom Hintergrund mithilfe der Schärfe ablösen. Der Hintergrund wird unscharf. Oder aber, ihr habt nur sehr wenig Licht zur Verfügung - in dunklen Räumen oder in der Abenddämmerung - könnt ihr die Blende weit öffnen, um so viel Licht wie möglicht zu nutzen. Fotografiert ihr jedoch zu Mittagszeit mit extrem viel Sonnenlicht, kann eine geschlossene Blende helfen, wenn ihr doch eine etwas längere Belichtungszeit nutzen möchtet, um ein Motiv in seiner Bewegung darzustellen. Oder aber ihr fotografiert eine Landschaft, die vom Vordergrund bis zum Hintergrund scharf abgebildet sein soll.


    Ist euer Bild dennoch zu dunkel oder zu hell, ermöglicht euch die Belichtungskorrektur (durch Drehen am Wahlrad), die Belichtung zu beeinflussen, indem die Belichtungszeit verlängert (Einstellungen auf +) oder verringert (Einstellungen auf -) wird, als es die Halbautomatik errechnet.


    Ein kleiner Tipp am Rande: seine größte Schärfeleistung erreicht ein Objektiv, wenn man ungefähr zweifach abblendet, d.h. die Blende um zwei Stufen schließt (siehe auch "Objektiv-Guide"). Bei einem "Canon EF 24-105 f/4 L IS USM" beispielsweise würde das die Blende f/8 darstellen.


    Durch eine geschlossene Blende (hier f/13) wird das Motiv in seiner ganzen Tiefe scharf dargestellt. Foto: @Godfrey


    Manuell [M]


    Der manuelle Modus lässt euch alle(!) Einstellungen selbst wählen und bietet euch damit maximale Kontrolle über euer Motiv. Ob ihr das nun aus Eigeninitiative wollt oder gleichbleibendes Licht eines Motives dies euch kontinuierliche Ergebnisse beschert - ihr habt die perfekte Kontrolle über eure Bildergebnisse und erhaltet euch ebenso die volle Kontrolle über die Bildwirkung - ob durch eine kurze oder lange Belichtungszeit und/oder eine offene oder geschlossene Blende. Ihr gleicht die Belichtung mit dem ISO-Wert aus. Auch der Weißabgleich und die Fokuseinstellungen werden von euch manuell getroffen, können jedoch auch hier auf eine "Automatik"-Einstellung festgelegt werden.


    Natürlich verlangt dieser Modus auch einiges von euch ab: Ihr müsst das Motiv "lichtmäßig" einschätzen können - oder ihr erarbeitet euch die Einstellungen durch das bewährte "Try-&-Error"-Prinzip. Doch solltet ihr euch bewusst sein, dass schnelle Schnappschüsse schwierig werden können.


    Vor allem Motive mit nicht variablem Licht (z.B. unter Studio-Bedingungen mit festem Licht) eignen sich perfekt für manuelle - und damit feste - Belichtungseinstellungen. Foto: @Godfrey


    Bulb ['B]


    Der Bulb-Modus (bei Einsteiger-Kameras ist dieser in den manuellen Modus integriert, indem man die Belichtungszeit auf Werte jenseits der 30 Sekunden einstellt) dient der komplett manuellen Wahl der Belichtungszeit. Die Kamera belichtet, solange man den Auslöser gedrückt hält. Bei Verwendung eines Infrarot-Fernauslösers fungiert das erste Drücken des Auslösern als "Start" der Belichtungszeit, das zweite als "Stopp". Besonders praktisch bei der Nachtfotografie (siehe Foto rechts), erfordert jedoch exakte Kenntnisse der Belichtungsparameter (Zeit, Blende und ISO) und ihres Zusammenspiels.


    Schärfentiefe-Priorität [A-Dep]


    Diesen Modus findet man nur bei einigen Canon-Modellen. Er funktionert wie der Modus [P] Programm-Automatik, legt jedoch besondere Priorität auch eine hohe Schärfentiefe. Die Kamera misst dabei die Entfernung der Motivinhalte und wählt in der Regel eine kleine Blende (hoher Zahlenwert).


    Benutzer-Modi [C]


    Die Benutzer-Modi lassen sich nur bei Kameras ab dem Semi-Profi-Segment finden. Sie erlauben dem Nutzer, bestimmte Einstellungen der Kamera als einen separaten Modus abspeichern. Das kann praktisch sein, um zum Beispiel Belichtungsreihen als extra Modus abzulegen und bei Bedarf schnellstmöglich abzurufen. Dabei werden nicht nur die Einstellungen für Belichtungszeit, Blende und ISO-Wert fix abgelegt, sondern auch jedwede weitere Einstellungen wie Weißabgleich, Fokuseinstellungen, Belichtungsreihe und Belichtungsmessung. Diese benutzerspezifischen Einstellungen eignen sich daher besonders für wiederkehrende Motiv- und Lichtsituationen.



    Autofokus-Einstellungen


    Der Autofokus ist eines der hilfreichstes Features bei modernen Kameras, um das Motiv scharf darzustellen. Mit halbem Durchdrücken des Auslösers wird der AF aktiviert und die Kamera sucht sich das "Ziel", welches scharfgestellt werden soll. Doch sobald das Motiv nicht planar ist, also verschiedene Elemente in der Tiefe beinhaltet, wird es auch für den Autofokus schwierig, "richtig" zu entscheiden. Was dabei richtig ist, bestimmt natürlich der Fotograf. Mit den Kenntnissen über die Einstellungsmöglichkeiten könnt ihr sehr präzise vorbestimmen, welche Teile eures Motivs scharf dargestellt werden sollen.


    AF-Feld-Wahl


    Die Kamera verfügt über eine eigene Einheit im Inneren, die für das Fokussieren zuständig ist, oder nutzt den Bildsensor selbst (Live-View). Dabei könnt ihr der Kamera gestatten, selbstständig einen Punkt im Motiv auszuwählen, auf den fokussiert werden soll, oder selbst bestimmen. Überlasst ihr der Kamera die Wahl, wird sie bevorzugt immer den dichtesten Teil des Motivs nehmen. Fotografiert ihr aber z.B. durch ein Fenster hindurch, solltet ihr selber einen Punkt festlegen.


    Dafür hat eine Spiegelreflex feste Punkte, mithilfe derer fokussiert wird, die sogenannten Fokuspunkte oder AF-Punkte. Dabei besitzen Kameras höherer Preisklassen in der Regel mehr AF-Punkte als Kameras in der Einsteigerklasse. Diese Punkte werden von einem separaten Prozessor angesteuert. Bei Spiegellosen, Bridge- und Kompaktkameras hingegen übernimmt der Bildsensor den Fokus. Ihr könnt dabei einen einzelnen Punkt und dessen Größe über die Bedienungstasten einstellen und somit die fokussierfähige Fläche im Motivausschnitt begrenzen, um zielgerichtet scharfzustellen.


    Bei Spiegelreflexkameras funktioniert es ein wenig anders. Ihr könnt in der Kamera einstellen, ob ein beliebiger einzelner Fokuspunkt für das Scharfstellen verwendet werden soll, beispielsweise nur der mittlere AF-Punkt. Doch gibt es auch die Möglichkeit, einen Teil der Fokuspunkt als Automatik arbeiten zu lassen (z.B. nur die linken oder oberen Fokuspunkte) - "Zonen-AF".


    Um durch Äste hindurch auf ein Motiv zu fokussieren, ist einer einzelner AF-Punkt empfehlenswert. Foto: @Godfrey


    AF-Betriebsmodus


    Bei den Betriebsmodi habt ihr in der Regel vier Optionen zur Auswahl, die das Verhalten des Autofokus' bestimmen.


    Der einfache Modus, "One Shot" / "Single Shot" / "AF.S" stellt das Motiv einmalig beim halben Durchdrücken des Auslösers scharf und hält die Schärfe, solange der Auslöser halb gedrückt bleibt. Nach der Aufnahme (durch komplettes Durchdrücken des Auslösers) kann wieder in den halbgedrückten Zustand zurückgekehrt werden - der Fokus wird weiterhin auf der eingestellten Entfernung gehalten.


    Dagegen wird der nachführende Autofokus ("Servo AF" / "C") aktiv bleiben, solange der Auslöser halb durchgedrückt gehalten wird und fortlaufend auf dem/den gewählten AF-Punkt(en) scharf stellen. Dieser Modus ist für bewegte Motive gedacht, welche jedoch scharf bleiben sollen, um mehrfach auszulösen. Ändert sich also der Abstand des Motives zur Kamera, wird der AF den Fokus anpassen. Dabei errechnet die Kamera die Richtung und Geschwindigkeit und versucht, die Abstandsänderungen vorauszuberechnen. Bei sich gleichmäßig bewegenden Motiven klappt das logischerweise besser als bei solchen, die abrupt die Richtung wechseln. Allerdings sollte dieser Modus des Autofokus' nur bei bewegten Motiven verwendet werden, da er bei statischen Motiven zu Fehlern führt und das Bild unscharf wird.


    Motive, die sich auf euch zubewegen, lassen sich recht einfach mit dem "Servo-AF" scharfstellen. Foto: @Godfrey


    Einige Kameras bieten eine Zwischenlösung zwischen "One Shot" und "Servo AF". Die hört meist auf den Namen "AI Focus". Bei diesem Modus erkennt die Kamera (so die Theorie) selbstständig, ob sich das Motiv bewegt und schaltet zwischen den beiden Modi um.


    Die letzte Möglichkeit, den Fokus zu bedienen, ist der manuelle Fokus ("MF"). Dieser muss meist am Objektiv eingestellt werden, manchmal nur in der Kamera und bei älteren Modellen am Objektiv und in Kamera. Hier wird der Fokus nun durch Drehen am Fokusring des Objektives selbstständig gewählt. Es empfiehlt sich, hierfür den Live-View-Modus der Kamera zu aktivieren und den wichtigsten Motivausschnitt zu vergrößern.



    Belichtungsmessung


    Die Belichtungsmessung der Kamera sorgt dafür, dass die Fotos korrekt belichtet werden, d.h. dass möglichst viele Motivteile Zeichnung besitzen - also weder über- noch unterbelichten. Nicht immer ist dies möglich, vor allem wenn der Dynamikumfang des Motives die technischen Limits des Kamerasensors überschreitet. Dann muss der Fotograf selbst entscheiden, welchen Motivbereichen er Priorität einräumt. Die verschiedenen Belichtungsvoreinstellungen können dabei helfen, sicher zu belichten. Die folgenden Messmethoden sind nur in den Automatiken und Halbautomatiken (P, Av, Tv) verfügbar, da im manuellen Modus keine Belichtungsmessung notwendig ist. Dennoch misst die Kamera im Hintergrund und gibt euch auf einer kleinen Skala einen Hinweis, ob eure Belichtung zu hell oder zu dunkel ist.


    Mehrfeldmessung


    Bei der Mehrfeldmessung, auch "Matrix-Messung" genannt, wird das gesamte Bild für die Berechnung der korrekten Belichtung zur Rate gezogen. Dabei wird die gesamte Bildfläche in viele Teilbereiche untergliedert und die Kamera ermittelt für jeden Bereich die korrekte Belichtung. Abschließend werden alle Teilbereiche mit gleicher Gewichtung verrechnet und die Kamera stellt passende Belichtungsparameter ein. Bei gleichmäßig ausgeleuchteten Motiven funktioniert dies meist ohne Anstand. Eine sehr helle Lichtquelle wie Sonne wird die Belichtung beeinflussen, auch wenn sie in einer der Bildecken zu sehen ist.


    Spotmessung


    Bei der Spotmessung wird nur ein sehr kleiner Teil der Bildfläche für die Belichtungsmessung herangezogen, in der Regel sind dies etwa 2-4% der Bildfläche in der Bildmitte oder um den gewählten Fokuspunkt herum. Alle übrigen Motivbereiche werden ignoriert und damit auch Störquellen wie eine helle Straßenlaterne.


    Selektivmessung


    Die Selektivmessung findet sich nur bei Canon und arbeitet wie die Spotmessung, jedoch mit einer etwas größeren Bildfläche von 5-9% im Bildzentrum.


    Integralmessung


    Die Integralmessung ist eine mittenbetonte Messmethode, d.h. sie wird mittige Motivbereiche stärker in die Belichtungsberechnung einfließen lassen als jene, die seitlich davon liegen. Die äußersten Randbereiche des Bildausschnitts werden gar nicht mehr erfasst. Die ist bei zentralen Motiven wie z.B. Portraits praktisch, da hier den relevanten Bildbereichen eine höhere Priorität bei der Belichtungsermittlung eingeräumt wird.



    Der ISO-Wert


    Die Empfindlichkeit des Kamerasensors wird umgangssprachlich als "ISO-Wert" bezeichnet. Technisch geht es dabei um die elektrische Spannung, die an jede einzelne Fotodiode ("Pixel") auf dem Bildsensor angelegt ist. Wird diese Spannung erhöht, steigt die Empfindlichkeit der Pixel an und das Signal wird verstärkt. im praktisch Sinne bedeutet das, dass die Helligkeit der Pixel erhöht wird. Eine Verdopplung des ISO-Wertes entspricht einer Belichtungsstufe und hat somit z.B. den gleichen Effekt auf das Bild wie das Verdoppeln der Belichtungszeit oder das einfache Aufblenden.


    Der große Nachteil ist, dass mit dem Verstärken des Signals eines Pixels ebenso Störsignale verstärkt werden - so beeinflussen sich nebeneinanderliegende Pixel gegenseitig, was einfach gesagt zu Bildrauschen führt.


    Faktoren für Bildrauschen


    Es gibt mehrere Faktoren, die das Bildrauschen verstärken.

    • Eine lange Belichtungszeit führt zum Erwärmen des Sensors durch andauernden Stromfluss. Das erhöht Schwankungen in der Signalverarbeitung, weil die Pixel empfindlicher werden.
    • Hohe Außentemperaturen führen ähnlich wie eine lange Belichtungszeit zur Erwärmung des Sensors.
    • Eine hohe Pixeldichte (wenn z.B. auf einem kleinen Sensor besonders viele Pixel untergebracht sind - besonders bei Kompaktkameras) führt durch einen sehr engen Abstand zwischen den einzelnen Fotodioden zu starken Störungen untereinander und damit zu Bildrauschen und unsauberer Signalverarbeitung.

    ISO extrem: Dieses Foto zeigt eine unbrauchbare Aufnahme mit ISO-409.600. Foto: @Godfrey


    Nutzen & Kosten


    Pro: Ein Erhöhen des ISO-Wertes dient in erster Linie der Erhöhung der Lichtausbeute und ermöglicht das Fotografieren mit kürzeren Belichtungszeiten, beispielsweise wenn man extrem schnelle Motive einfrieren möchte. Auch das Fotografieren in dunklen Umgebungen mit immer noch kurzen Belichtungszeiten wird durch erhöhte ISO-Werte möglich.


    Kontra: Hohe ISO-Werte erzeugen Bildrauschen - je nach Kameraklasse mehr oder weniger. Kompaktkameras sind wesentlich anfälliger als Systemkameras, doch auch bei diesen gibt es Unterschiede: So rauschen Vollformatkameras allgemein weniger als Kameras mit Crop-Faktor (z.B. APS-C).
    In allen Fällen leiden bei (sehr) hohen ISO-Werten die Kantenschärfe, die Farbbrillanz und die Detailtreue der Aufnahmen. Daher sollte die Verwendung sehr hoher ISO-Wert bewusst abgewegt werden und nach Möglichkeit auch mit dem Öffnen der Blende kombiniert werden.


    Der Vergleich einer Canon EOS-1D X Mark II zeigt im Ausschnitt links eine scharfe, detaillierte Abbildung bei ISO-800, im rechten Ausschnitt die Ansicht bei ISO-51.200. Der Verlust von Details und das Bildrauschen sind deutlich sichtbar. Foto: @Godfrey



    High-ISO & Blitz


    Bei Verwendung eines Blitzes kann der ISO-Wert zusätzlich angehoben werden, um für eine ausgeglichene Belichtung des Hintergrundes zu sorgen. Lässt man den Blitz im automatischen Modus (E-TTL), wird die Blitzstärke bei höheren Empfindlichkeiten automatisch abgesenkt, die Gesamt-Ausleuchtung bleibt homogen, doch der Hintergrund erscheint heller.



    Fotos: @Godfrey

  • Fotografenschule - Lektion 2
    Was gute Motive ausmacht



    Foto: @Godfrey


    Eine der wichtigsten Fragen, die sich ein jeder Fotograf immer wieder aufs Neue stellen muss, ist diese: "Was macht eigentlich ein gutes Foto aus?". Diese Frage wird sich im Laufe der fotografischen Entwicklung immer wieder verändern - genau darum ist es auch so wichtig, sie nie zu vergessen und sie sich immer wieder erneut zu stellen. Die eigenen Fähigkeiten verbessern sich, persönliche Erfahrungen wachsen und neue Ziele werden immer höher gesteckt. Und darum sollten auch die Ansprüche an sich selbst mitwachsen. Um diese jedoch festzusetzen, muss sich jeder Fotograf darüber im Klaren sein, was ein gutes Foto ausmacht. Das ist eine sehr subjektive Betrachtungsweise, die immer wieder angepasst werden muss. Es gibt kein Universalrezept, lediglich Faktoren, an denen sie ein jeder für sich selbst festmachen muss. Und mit dem wachsenden eigenen Fotowissen und Können dürfen die Zügel der eigenen Anforderungen auch immer etwas fester angezogen werden...



    Subjektive Grundfragen


    Einer der wichtigsten Faktoren, die aus Bilder „gute“ Fotos macht, ist die Bildaussage, ganz allgemein. Ein Bild, das eine Geschichte erzählt und Emotionen vermittelt, wird vom Betrachter auch als gutes Foto wahrgenommen – und damit ist auch eine zentrale Frage bereits aufgetan: Welche Rolle spielt der Betrachter?


    Das Zielpublikum spielt eine große Rolle. Hat dieses eher einfache Anforderungen, reicht vielleicht schon eine hübsche Fotografie mit warmen Farben und einfacher Gestaltung, um es glücklich zu machen. Ist das Publikum doch eher anspruchsvoll, wird die Bildaussage immer wichtiger.


    Was will der Fotograf mir mitteilen? Was will ich als Fotograf meinem Publikum mitteilen?


    Diese Fragestellungen als allgemeingegenwärtiges Mantra können helfen, die eigene Ausrichtung festzulegen. Dennoch greifen sie zwei grundverschiedene Dinge auf: 1. Sind meine Gedanken beim Erstellen der Fotografie verständlich? Trägt mein Foto diese Aussage auch wirklich? Und 2. Was möchte ich überhaupt aussagen? Welchem Zweck dient mein Foto?



    Bildaussage als zentrales Element


    Das wichtigste Mittel, um Bilder wirken zu lassen, ist in jeder Hinsicht der Inhalt! Bilde ich lediglich ab oder rege ich die Fantasie und die Erfahrung des Betrachters an? Bloße Abbildungen können hübsch wirken und den Betrachter inspirieren. Doch verbirgt sich hinter dem Bild eine größere Geschichte oder eine Emotion, rege ich die Gefühle des Betrachters an – und er beschäftigt sich mit dem Inhalt wesentlich länger. Doch gerade darin liegt auch eine große Herausforderung!


    Emotionen


    Menschliche Emotionen sind für den Betrachter meist gut greifbar und verständich, vorausgesetzt er besitzt Empathie. Daher erzeugen emotionale Fotos die größte Wirkung. Ob nun ein trauernder Mensch darauf abgebildet ist, ein Tier in amüsanter Pose oder eine Landschaft mit warmen Farben (Stichwort Farbpsychologie!), Emotionen zu erzeugen kann einfacher sein, als man denkt. Gerade der Umgang mit Menschen im Foto kann jedoch gewisse Hemmschwellen mit sich bringen und kann zuweilen viel Taktgefühl vom Fotografen abverlangen.


    Eine Geschichte erzählen


    Auf nur einem Foto eine Geschichte zu erzählen, ist schon ein Kunst für sich und greift stark die Elemente der Reportagefotografie auf. Handlungen können angedeutet werden, indem nicht nur der Akteur zu sehen ist, sondern auch weitere beteiligte Menschen oder Elemente (z.B. Objekte), die für die Handlung relevant sind. Dabei muss dem Betrachter klar werden können, was vor dieser Momentaufnahme passiert sein muss und/oder was nach der Momentaufnahme geschehen könnte. Der Fotograf muss sich also bereits vor der Aufnahme bewusst sein, was er mit dem Betrachter später übermitteln möchte. Soziale Themen bieten hervorragende Möglichkeiten, ganz realen Inhalt fotografisch zu erzählen.


    Beim Betrachten eines Fotos soll der Betrachter die Geschichte hinter dem Foto erkennen. Foto: @Wolkenhase


    Vergänglichkeit


    Besondere Fotos sind auch solche, die einen Moment zeigen, der nie wieder kommt. Sie bieten dem Betrachter einen Einblick, den er womöglich nie hätte erleben können. Vergängliche Momente zielgenau einzufangen, erfordert in jedem Fall gutes Timing, ein waches Auge und ebenso ein sicheres Beherrschen der eigenen Kameratechnik - wer erst an den Einstellungen rumfummelt, verpasst womöglich den Moment. Auch vorausschauende Beobachten kann helfen, einen besonderen Moment vorauszuahnen, wobei natürlich auch Erfahrung hilft. Mit der Zeit werdet ihr merken, dass es euch leichter fallen wird, solche Momente zu erkennen und sicher im Bild festzuhalten. Typische Beispiele für nicht wiederkehrende Momente sind die Tierfotografie oder auch die Straßenfotografie.


    Einblicke


    Der Blick hinter die Kulissen ist ebenfalls eine gute Möglichkeit, dem Betrachter neue Welten zu erschließen. Dabei spielt euch das "Unbekannte" als verstärkender Faktor in die Hände. Was euer Publikum nicht kennt, erregt Neugier und Interesse. Versucht also, auch mal um die Ecke zu denken und wortwörtlich zu schauen.


    Kontraste aufzeigen


    Unterschiede begleiten uns überall, doch nehmen wir sie selten wahr. Ob sie nun direkt sichtbar sind (Größenunterschiede, Farben oder Formen) oder inhaltlicher Natur (z.B. soziale Umfelder), ist euch überlassen. Solche Kontraste in Bildern sichtbar zu machen, erzeugt wiederum eine inhaltliche Spannung, die eure Bilder interessanter wirken lassen. Dabei könnt ihr als Fotograf natürlich aktiv mitgestalten: Durch gezielten Einsatz von Perspektive und Schärfe könnt ihr den Kontrast herausarbeiten und womöglch sogar überspitzen. Als Fotograf könnt ihr manchmal vielleicht sogar eingreifen und das Motiv formen, also die kontrastierenden Elemente so platzieren, wie es euch nutzt.


    Größenverhältnisse aufzuzeigen ist eine einfache Methode, um Kontraste zu verdeutlichen. Foto: @Godfrey


    Nicht zu platt!


    Gebt euch nicht mit durchschnittlichen Ergebnissen zufrieden. Solltet ihr nicht zufrieden sein, versucht es erneut (okay, außer bei nicht wiederkehrenden Motiven - doch sucht euch neue Momente!). Wichtig ist, dass ihr mit der Bildwirkung zielgenau abbildet, was ihr ausdrücken möchtet. Offensichtliches macht kein gutes Foto aus. Verstärkende Faktoren müssen manchmal erst gesucht und manchmal auf gepusht werden. Der besondere Moment zählt. Viel eigene Erfahrung hilft! Bildung hilft – zum Beispiel die Erfahrung anderer Fotografen. Besucht Fotoausstellungen, schaut euch Bildbände an und lest Artikel in (Fach)Zeitschriften - oftmals findet ihr in der Arbeit anderer gute Ideen, die ihr für euch ganz persönlich abwandeln und weiterentwickeln könnt. Gebt euren Ideen eine persönliche Würze - dann werden eure Fotos automatisch besser und wirken nicht so platt. Denn bedenkt: vieles hat man im digitalen Zeitalter womöglich schon hundert Mal gesehen...



    Neu & Originell


    Alles, was wir nicht kennen, fasziniert uns. Ein jeder Mensch ist neugierig – das liegt in unserem Wesen. Für die Fotografie können wir uns das zunutze machen. Doch dank Facebook, Instagram, 500px und co hat man vieles schon gesehen – zumindest wir als Fotografen. Jedoch sollten wir nicht immer davon ausgehen, dass das auch auf unser Publikum zutrifft, oder sollten wir uns davon entmutigen lassen. Das WWW ist voll von unbedeutenden Schnappschüssen. Das Ziel eines jeden Fotografen sollte sein, es besser zu machen. Manchmal hilft das Verändern des Standpunktes, um ein bekanntes Motiv originell erscheinen zu lassen. Oder näher heranzugehen.


    Ein anderer Ansatz ist es, kleine Momente einzufangen, zu denen der Betrachter keinen oder nur einen erschwerten Zugang hat. Und hierin liegt ein großes Potenzial: Nicht jeder hat die Möglichkeit, z.B. die Innenstadt des Heimatortes zu einer bestimmten Jahreszeit zu sehen, oder den kleinen Altar vor der Kirche, oder das Eisbärenbaby im lokalen Tierpark, oder die Stimmung in den Bergen im Winter, wenn seine Anreise hunderte Kilometer beinhalten. Was für uns selbst ganz gewöhnlich ist, kann für jemand anderes eine unvergleichliche Stimmung zeigen.


    Wer hat schon mal die Möglichkeit, Pinguine hautnah (im Gehege des Zoos) zu erleben? Solche Momente faszinieren eure Zuschauer! Foto: @Godfrey/BILD München


    Manchmal ist es auch der ganz individuelle Ansatz, ein Motiv umzusetzen, sei es eine ungewöhnliche Bildbearbeitung oder auch nur ein leicht veränderter Blickwinkel auf ein bekanntes Motiv, das eben jenes in neuem Licht erstrahlen lässt. Viele Motive sind hundertfach abgelichtet worden, doch kann eine schwarzweiße Interpretation ein ganz neuer Ansatz sein.


    Sucht das Ungewöhnliche, geht neue Wege, fragt euch – habe ich das selbst schon so gesehen? Wie kann ich es anders machen? – Und ihr findet euren ganz persönlichen Zugang zu einem Motiv!



    Der Verwendungszweck ist oft entscheidend


    Es gibt Momente, in denen ist es weniger wichtig, was ihr erreichen wollt, sondern was jemand anderes empfinden soll. Zwei gute Beispiele sind der Journalismus und die Auftragsfotografie. Im (Foto-)Journalismus geht es mehr darum, möglichst viele Menschen zu erreichen, die die Bildaussage verstehen müssen. Besonders tiefgründige Aussagen oder Stilmittel sind dabei fehl am Platz. Sollen bestimmte Personen abgebildet werden, weil sie für die Geschichte wichtig sind, so müssen diese auch im Bild im Vordergrund stehen (siehe Bild rechts, Produktionsleiter von Apassionata). Bei Auftragsarbeiten geht es ebenso weniger darum, was ihr wollt, sondern vielmehr darum, was euer Kunde erwartet. Hier ist es besonders wichtig, vorher zu ergründen, was euer Zielpublikum erwartet – und wie ihr genau das erreichen könnt. Das bedeutet ebenso, dass ihr selbst flexibel bleiben müsst.


    Genauso funktionieren Online-Communitys. Bewegt ihr euch in einem Forum für professionelle Fotografen, wird der Anspruch ein ganz anderer sein als in einem Forum für Pokémon. Jedoch könnt ihr auch dort auf anspruchsvolles Publikum treffen. Die Frage, der ihr euch stellen müsst – wen wollt ihr erreichen? Wie weit wagt ihr euch vor? Und: seid ihr bereit eure Arbeit zu erklären und zu verteidigen?


    Fotografiert ihr für eine Zeitung, müsst ihr gestalterische Mittel denen der Bildaussage unterordnen. Ebenso gilt das für Auftragsarbeiten: Möchte euer Kunde ein Foto von sich und seinem Haustier in häuslicher Umgebung, könnt ihr schlecht darauf pochen, immer draußen zu fotografieren.


    Bleibt flexibel und stellt euch auf eine andere Umgebung und neue Herausforderungen ein. Erkundet eure Umgebung, bevor ihr euch auf euer Hauptmotiv stürzt, und schaut, ob ihr nicht die vorhandene Umgebung einbinden könnt, um neue fotografische Erlebnisse zu schaffen. Nicht jede Wohnung ist gleich. Nicht jede Stadt ist gleich. Nicht jede Landschaft ist gleich. Nicht jedes Motiv ist gleich. Nutzt eure Chancen und beobachtet, schaut über das Hauptmotiv hinweg und lasst euch inspirieren.


    Motive können allein durch Zeitpunkt und Ort einzigartig sein. Seid also immer bereit, eure aktuelle Umgebung aktiv einzubinden. Foto: @Mogelbaum



    Gestalterische Sicherheit


    Eine Grundvoraussetzung, um gute Motive in besondere Fotos zu verwandeln, ist die Sicherheit in der Bildgestaltung. Wenn ihr die Standard-Regeln sicher beherrscht, müsst ihr euch weniger Gedanken um die Gestaltung eurer Motive machen. Natürlich gelingt das manch einem besser als anderen - wer den fotografischen Blick im Blut hat, der macht sich automatisch weniger Gedanken. Wem die Regeln in Bildaufbau, Farblehre und Schärfeplatzierung nicht geläufig sind, der tut gut daran, sie zu verinnerlichen. Das schafft ihr aber kaum, indem ihr Fachbücher auswendig lernt - die Praxis ist der Schlüssel zum Erfolg. Nehmt euch eine Lektion vor, schnappt euch eure Kamera und geht raus!


    Bildgestaltung im Hinblick auf die Bildaussage


    Das blinde Anwenden von Goldenem Schnitt und Komplementärkontrast führt jedoch selten zum Erfolg, vielmehr müsst ihr euch auf euer Motiv einlassen und flexibel reagieren. Fotografiert ihr symmetrische Motive, macht die Drittelregel keinen Sinn - vielmehr steigert ihr hier mit der Zentralperspektive die Tiefenwirkung. Komplementärkontraste lassen sich darüber hinaus steigern, wenn nur ein kleiner Teil des Motives den komplementären Kontrast definiert - ihr kombiniert dann mit einem Quantitätskontrast. Das sind nur zwei Beispiele. Wichtig ist, dass ihr nachdenkt, bevor ihr den Auslöser drückt - welches Mittel hilft euch, eure Bildaussage zu stärken oder den Blick noch gezielter zu lenken? Denkt an euer Endziel: was wollt ihr mit dem Foto aussagen?


    Reduktion auf’s Wesentliche


    Eine einfache Methode, den Blick eures Betrachters zu lenken, ist die Reduktion. Je weniger störende Elemente im Hintergrund oder neben eurem Motiv auftauchen, desto weniger ist euer Publikum abgelenkt. Habt ihr einen unruhigen Hintergrund - öffnet die Blende und verwendet Telebrennweiten. Stört ein benachbartes Objekt neben eurem Motiv - entfernt es per Hand oder verändert euren Standpunkt. Versucht, nur das Notwendigste in eurem Bildausschnitt festzuhalten, dann werden eure Bilder automatisch klarer.


    Weiter weg oder nah heran?


    Dies ist eine Grundfrage, der ihr euch immer stellen müsst - aber ihr braucht euch nicht zu entscheiden, wenn euer Motiv stillhält. Ein Überblick verschafft eurem Publikum Orientierung: Wo findet das Ganze statt, was in der Umgebung hat Einfluss, oder ganz einfach: was passiert drumherum? - Oder das Gegenteil: Alles, was nicht wichtig ist, kann abgeschnitten werden. Robert Capa sagte einst: "Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran." Und darin liegt eine große Wahrheit. Entscheiden müsst am Ende ihr? Was ist wichtiger? Der Kontext oder das Detail? Stellt ihr eine Handlung dar (Stichwort "Reportage") oder wollt ihr einen einzelnen, isolierten Moment zeigen?


    "Nah dran" lässt sich vor allem mit einem Weitwinkel-Objektiv sehr gut realisieren und besondere Tiefe erzeugen. Foto: @Godfrey


    Unikate erzeugen / Neue Blickwinkel


    Viele Motive wurden schon oft eingefangen. Ihr dürft davon ausgehen, dass in Zeiten der sozialen Netzwerke viele (ähnliche) Motive bereits gezeigt wurden. Sucht euch also neue Blickwinkel, neue Herangehensweisen. Manchmal generiert das Verändern der Perspektive oder des Standpunktes ein ganz neues Motiv. Versucht, ungewöhnliche Momente oder Blickweisen zu finden. Eine ungewöhnliche Bearbeitung oder andere Technik schafft hier Abhilfe. Beispiel: Portraits werden zumeist mit leichten Telebrennweiten aufgenommen. Also warum nicht mal einen fetzigen Hintergrund suchen, knackiges Licht setzen (z.B. mit einem kräftigen Blitz oder einem schmalen Sonnenlichteinfall) und mit Weitwinkel fotografieren? Auf jeden Fal ungewöhnlicher. Versucht, etwas Neues zu schaffen - dadurch überrascht ihr!


    Farbe oder Schwarzweiß?


    Die Frage stellt sich oft und ihr solltet euch über die Wirkung bewusst sein. Farben generieren Stimmungen - bunt erzeugt Fröhlichkeit, gediegene Farben eher Tristesse und Melancholie. Jede Farbe an sich erzeugt eine ganz bestimmte Stimmung: Grün erzeugt Hoffnung, Rot ist eine Warnfarbe und auch Farbe der Liebe (Stichwort "Farblehre nach Johannes Itten"). Setzt die Farben zielgerichtet ein.


    Oder entscheidet euch für die Farblosigkeit. Doch dadurch reduziert ihr euer Bild - und zwar ganz konkret auf den Bildinhalt. Schwarzweiß setzt euch vor die Herausforderung, dass die Bildaussage ganz besondern und vor allem zielgerichtet ausfällt. Dadurch ist die Farblosigkeit ein perfektes Mittel, um Handlungen darzustellen. Reportagen werden nicht umsonst oft in Schwarzweiß gehalten.


    Monochromatische Bilder sorgen durch das Fehlen der Farben dafür, dass sich der Blick mehr auf den Inhalt konzentriert. Foto: @Wolkenhase



    Komposition und Perspektive


    Die Perspektive macht in vielerlei Hinsicht eure Intention bezüglich des Motives klar. Macht ihr euch klein, wird euer Motiv groß. Fotografiert ihr "von oben" wird euer Motiv klein. Fotografiert ihr aus der normalen "menschlichen Perspektive" wird es gewöhnlich, aber auch einfacher begreifbar. In manchen Momenten bewirkt ihr Wunder, indem ihr die "Augenhöhe" beherzigt - vor allem bei (Klein)Kindern und Tieren.


    Auch die Platzierung innerhalb des Bildausschnitts sollte gut überlegt sein: Ein Mensch in der Bildmitte (vielleicht kombiniert mit einer Froschperspektive) zeugt von Stärke, Standfestigkeit und Überlegenheit. Platziert ihr eine Person aber eher am Bildrahmen, schneidet ihr sogar an und fotografiert von oben, stellt ihr dessen Schüchternheit und Verlegenheit dar.


    Ein weiterer Faktor der Komposition ist das Umfeld - dieses kann inhaltliche Aussagen über das Hauptmotiv hinzufügen. Ein Tier in natürlicher Umgebung strahlt eine ganz andere Wirkung aus, als die Darstellung in einem Käfig. Die Kunst der Zoofotografie besteht aber darin, die Umgebung verschwimmen zu lassen - das bedeutet, ihr müsst genau die Blickwinkel finden, in der das Gehege verschwindet und natürliche Elemente das Tier einrahmen...


    Raus aus dem Stall und rauf auf die Wiese - die Ergebnisse erzielen gleich eine ganz andere Wirkung: nämlich die von Freiheit! Foto: @Wolkenhase



    Fotografieren mit Leidenschaft


    Einer der wohl wichtigsten Punkte bei der Fotografie ist vielleicht die Leidenschaft. Wer mit dem Herzen bei der Sache ist, macht sich weniger Gedanken um perfekte Umsetzung der fotografischen Regeln, sondern lässt sich mehr Raum für die eigene Kreativität.


    Selbstbewusstsein & Selbsteinschätzung


    Besonders wichtig ist nicht nur das eigene (sichere) Auftreten, wenn man mit Menschen vor der Kamera zu tun hat, sondern auch das Bewusstsein für die eigenen Fähigkeiten. Seid ehrlich zu euch selbst: Was könnt ihr und was nicht? Wo fühlt ihr euch sicher und nicht? Wo seht ihr Potenzial, euch selbst zu verbessern? Setzt euch ganz konkrete Ziele und eignet euch das nötige Wissen über alle möglichen Wege zielstrebig an (Fachbücher, Zeitschriften, Communitys im Netz oder einfach bei befreundeten Fotografen). Doch übernehmt euch nicht! Wählt kleine Schritte und selbst wenn ihr meint, ein Ziel erreicht zu haben - übt weiter daran und an euch! Und wenn ihr merkt, ein bestimmtes Feld liegt euch nicht - lasst es weg und geht die Wege, die euch liegen!


    Eigene Gedanken in Bildern ausdrücken


    Ein weiterer Ansatz, die eigenen Bilder inhaltlich aufzupolieren, ist das Verarbeiten eigener Gedanken und Emotionen. Dieser emotionale Zugang zur Fotografie zwingt euch, auch mehr auf den Inhalt als nur auf die Gestaltung zu achten. Zudem eignet ihr euch dadurch unbewusst einen ganz eigenen, subjektiven Blick an.



    Der eigene Stil


    Die Frage danach, wo man seine eigenen Maßstäbe setzt, mag sehr differenziert betrachtet werden können. Einerseits sollte man primär von sich selbst aus gehen. Wo liegen die eigenen Stärken und Schwächen, wie kann ich mich effektiv verbessern? Andererseits kann es gerade in der Anfangszeit helfen, sich Vorbilder zu suchen. Durch Nacheifern setzt man sich automatisch konkrete Ziele und lernt auf dem Weg dorthin zum Beispiel Umsetzungs- oder Bearbeitungstechniken.


    Am Ende wird euch dieser Weg jedoch nur in Sackgassen führen, denn das langfristige Ziel sollte stets sein, dass ihr euren eigenen Weg findet, euren eigenen Stil entwickelt. Diese persönliche Bildsprache lässt eure Bilder und damit auch euch wiedererkennbar werden. Das ist es letztlich, was einen wirklich guten Fotografen ausmacht und nicht nur das sture Anwenden des Goldenen Schnitts. In diesem Zusammenhang empfehle ich euch dringlichst die "Helsinki Bus Station Theory" (engl.).



    Was kann die Fotografie leisten?


    Ein nicht ganz zu unterschätzender Punkt ist auch, wozu wir fotografieren. Denn es gibt mehrere Anforderungen an die Fotografie sowie verschiedene Zugänge zu ihr. Im Folgenden mal ein kurzer Abriss.


    1. Erinnerungen


    Der einfachste Nutzen der Fotografie ist auch der ursprünglichste: Das Vergängliche soll im Bild festgehalten und (optimalerweise) für die Ewigkeit bewahrt werden. Private Momente werden heutzutage schon überwiegend mit dem Smartphone "geknippst", für die bloße Erinnerung reicht das meist auch. Natürlich spricht auch nichts dagegen, seine Kamera überall mit hin zu schleppen, doch ist hier die Anforderung nicht die stilistische Perfektion, sondern ausschließlich, beim Betrachten ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. Besondere Anlässe erfordern jedoch manchmal eine Überschneidung mit den Punkten 2 und 3, zum Beispiel eine Hochzeit.


    2. Dokumentation


    Nach der Erinnerung ist die Dokumentation eine weitere naheliegende Anwendung der Fotografie. Nicht nur im Journalismus wird dokumentiert (z.B. der Zustand nach einem Unfall oder der Auftritt eines Politikers), sondern auch im Privaten: die Reisefotografie ist hier ein gutes Beispiel - die besuchten Orte werden oft chronologisch abfotografiert und später ins Fotoalbum geklebt, meist mit den Reisenden darauf ("Ich war da"-Foto, bzw. heutzutage -Selfie).


    3. Kunst


    Der schwierigste Punkt dieser Auflistung, da sich an dem Begriff die Geister scheiden und den man wohl noch sehr breit auffächern könnte. Doch die Zielsetzung hierbei ist nicht allein das bloße Abbilden, sondern vor allem der Verstärken einer Bildaussage mit stilistischen Mitteln. Auch die Verfremdung mithilfe der EBV (elektronische Bildverarbeitung) kann hier rein gezählt werden, wenn sie über das reine Ausmerzen von Abbildungsfehlern hinaus geht. Die extremste Form ist das Composing, bei der Fotos lediglich noch als Grundlage verwendet und aus ihnen völlig neue Kunstwerke am Computer erschaffen werden.



    Schlusswort


    Das wichtigste kommt bekanntlich zu guter Letzt. Und auch ich möchte euch einen wichtigen Hinweis mit auf den Weg geben, vielleich der einfachste und wichtigste von allen:


    Nicht knipsen, sondern fotografieren!


    Denkt dran, dass unser Hobby aus mehr besteht als dem hirnlosen Betätigen des Auslösers. Nutzt euer Potenzial und das eurer Kameras und entführt eure Betrachter in eure eigene Welt. Das verstärkt nicht nur soziale Bindungen, sondern gibt euch auch ein Stück mehr Selbstvertrauen. Arbeitet an euch und setzt euch Ziele. Sucht die Herausforderung und seid mit ganzem Herzen bei der Sache. Findet euren Stil und - am wichtigsten - habt Spaß am schönsten Hobby der Welt!



  • Fotografenschule - Lektion 3
    Der Bildaufbau



    Foto: @Godfrey


    Auch wenn man primär betonen muss, dass der Inhalt das Bild ausmacht, so ist eine gute Umsetzung mehr als nur Gold wert. Denn erst der bewusste Einsatz gestalterischer Mittel im Bildaufbau unterstützt die Bildaussage. Nicht nur wird dem Betrachter das Erschließen eines Bildes vereinfacht - vielmehr habt ihr als Künstler auch die Möglichkeit, den Blick des Betrachters gezielt zu lenken. Dafür stehen euch eine Reihe von Mitteln zur Verfügung.


    Diese Lektion soll euch diese Mittel erklären und näher bringen. Außerdem werdet ihr sensibilisiert, welche Fehler es zu vermeiden gilt.



    Gestaltungsrichtlinien


    Wozu eigentlich der ganze Aufwand? Ganz einfach: Macht eure Fotos spannender und lockt den Blick des Betrachters, macht euer Publikum neugierig. Es gilt, den Blick zu fangen, zu fesseln und anschließend durch das Bild zu führen. Ihr baut Spannung auf, indem ihr ein oder mehrere Motive mithilfe des Bildaufbau in Verbindung setzt und in einen Kontext einordnet - oder sie gänzlich ohne Kontext und damit isoliert darstellt.


    Die dafür vorhandenen Gestaltungsrichtlinien sind keine "Regeln" im eigentlichen Sinne, jedoch grundlegende Erkenntnisse der Kunstgeschichte. Sie beschränken sich ebenso wenig exklusiv auf die Fotografie, sondern haben ebenso in Malerei, Bildhauerei und Architektur ihre Daseinsberechtigung. Sie garantieren den grundlegend gelungenen Bildaufbau und erzeugen eine Grundspannung im Bild. Im Umkehrschluss kann man auch sagen, dass diese "Regeln" daher auch nicht bindend sind: Ein bewusstes Abweichen kann also überraschen und ein Bild besonders machen - oder eben auch "versauen".


    Mathematische Anordnung


    Die einfachste geometrische Anordnung ist die "Drittelregel". Mit ihrer Hilfe wird der Bildausschnitt entlang der Horizontalen und Vertikalen (gedanklich) in drei gleich lange Abschnitte gegliedert. Die Motive werden dann auf den Schnittpunkten und/oder entlang der Schnittlinien platziert. Die Grafik rechts sollte es euch verständlich machen. Durch diese Unterteilung erzeugt ihr ein bewusstes Ungleichgewicht und gebt verschiedenen Bereichen des Motivs eine Gewichtung. Die "Drittelregel" ist eine Vereinfachung des "Goldenen Schnitts".


    Viele Kameras bieten Funktionen, im Sucher oder auf dem Display Gitternetzlinien einblenden zu lassen. Ein Muster für die Drittelregel ist Standard. Diese Hilfslinien unterstützen euch, euer Motiv gemäß der Drittel-Regel anzuordnen. Darüber hinaus könnt ihr auch den Horizont mithilfe dieser Linien ausrichten.


    Das einfachste Mittel, um ein Motiv aus dem Bildzentrum auf eine spannendere Position zu verschieben: die "Drittelregel". Foto: @Godfrey


    Wie im vorherigen Absatz angedeutet, rührt die "Drittelregel" vom "Goldenen Schnitt" her. Dieser wurde bereits in der Antike in Malerei und Architektur verwendet und gilt als das Maß höchster Harmonie. Definiert wird der "Goldene Schnitt" mit einem mathematischen Verhältnis:
    "Eine Strecke a verhält sich zu einer Strecke b wie die Gesamtstrecke a+b zur Strecke a"
    Das entspricht einem Verhältnis von ungefähr 1 : 1,62 (siehe Grafik links). Ebenso wie bei der "Drittelregel" werden auch gedachte Schnittlinien gezogen und wichtige Motivpunkte auf diesen Geraden oder ihren Schnittpunkten platziert.


    Präziser als die "Drittelregel" ist der "Goldene Schnitt". Er gilt als Maß höchster Harmonie. Foto: @Godfrey


    Etwas komplexer wird es mit der "Fibonacci-Spirale", die ebenfalls eng mit dem "Goldenen Schnitt" verwandt ist. Sie stellt eine Visualisierung der Fibonacci-Zahlenfolge, beschrieben vom Rechenmeister Leonardo Fibonacci (ca. 1180-1241) in Pisa, dar.
    "Eine Zahl ergibt sich durch die Addition der beiden vorausgegangenen, ƒn = ƒn-1 + ƒn-2 ; ausgehend von ƒ0=0 und ƒ1=1 ergibt sich die Zahlenfolge 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, ... "


    Johannes Kepler (1571-1630) stellte bereits fest, dass sich die Quotienten zweier aufeinander folgender Fibonacci-Zahlen immer mehr dem Verhältnis des Goldenen Schnittes annähern: 1/1=1 - 2/1=2 - 3/2=1,5 - 5/3=1,67 - 8/5=1,6 - 13/8=1,625 - 21/13=1,615 - 34/21=1,619


    Auch wenn das ganze etwas sehr theoretisch klingt, ist es nicht verkehrt, die Theorie dahinter zu verstehen: Die Bildung der Spirale erfolgt nun über ein Kachelmuster. Dabei verbindet man die Eckpunkte des jeweils nächsten (größeren) Kästchens, wobei man eine sich öffnende Spirale erhält. Das Hauptmotiv liegt dabei am "Beginn" der Spirale, auf dem "Spiralarm" sollten Formen des Motiv liegen, die wiederum den Blickt zum Hauptmotiv führen.


    Die Fibonacci-Spirale ist jedoch kein rein mathematisches Gerüst. Auch die Natur nutzt Spiralformen, z.B. bei Schneckenhäusern, der Anordnung von Samen in einer Sonnenblumenblüte oder auch den Galaxien im Weltall. Ebenso folgt die Anordnung von Blütenblättern und Laubblättern an langen Halmen diesem System. Blickt ihr direkt von oben auf diese Halme, werdet ihr die Fibonacci-Spirale erkennen.


    Ein Beispiel für die Anwendung der "Fibonacci-Spirale" sind auch Treppenhäuser. Foto: @Godfrey


    Perspektive im dreidimensionalen Raum


    Um die Bewegung der Kamera im Raum besser zu untermalen und zu verstehen, behelfen wir uns wiederum eines mathematischen Systems: dem Kartesischen Koordinatensystem, welches aus dem Mathematikunterricht bekannt sein dürfte.


    Die Bewegung der Kamera kann sich auf jeder der drei Achsen verschieben - die Auswirkungen auf das Motiv haben jeweils unterschiedliche Wirkungen und Nutzen:

    • X-Achse (Abszisse): Seitliche Variation des Standpunkts
    • Y-Achse (Ordinate): Abstand zum Motiv
    • Z-Achse (Applikate): Höhe der Kamera

    Die seitliche Variation des Standortes bedeutet nichts anderes, als dass ihr euch parallel zum Motiv zur Seite bewegt. Dadurch könnt ihr einen anderen Blickwinkel auf euer Motiv erzeugen, z.B. um einen anderen Hintergrund zu erhalten oder um Objekte zwischen euch und eurem Motiv aus dem Blickfeld zu bekommen (ein Laterne, unerwünschte Personen,...) - ihr geht also einfach "aus dem Weg". Eine andere Anwendung ist auch das Eliminieren unerwünschter Störelemente im Bildausschnitt durch Überdeckung mit Vordergrundelementen, z.B. einem Strauch.


    Eine einfache Anwendung der Veränderung eures Standpunkts - ihr könnt unerwünschte Objekte wie die leeren Bänke einfach hinter einem Busch verstecken. Fotos: @Godfrey


    Die direkte Variation des Standortes verändert den Abstand zum Motiv. Die deutlichste Veränderung im Bildausschnitt ist die virtuelle Größte des Hauptmotivs: geht man dichter an ein Objekt heran, wird es größer, womit es eine dominantere Stellung im Bild bekommt. Außerdem kommt es zu einer optischen Verschiebung zwischen Vorder- und Hintergrund. Würde man hingegen einfach nur "zoomen", blieben die Größenrelationen zwischen Vorder- und Hintergrund gleich und die Größe aller Objektive im Bildausschnitt würde sich ändern. Beim Annähern an das Hauptmotiv jedoch wächst dessen Größe schneller als die Größe vorhandener Hintergrundobjekte.
    Der Nutzen einer Abstandänderung dient also dem Einräumen von Dominanz für ein Vordergrundmotiv, wenn man sich ihm nähert, oder aber dem Relativieren der Größenverhältnisse, wenn man sich entfernt. Ebenfalls kann man störende Objektive im Randbereich ausblenden sowie ein Motiv detailliert und formatfüllend ablichten oder die Gesamtszenerie darstellen.


    Von links nach rechts wurde der Abstand zum Torbogen verkleinert. Die Gebäude im Hintergrund wachsen kaum in der Größe, der Torbogen jedoch extrem. Fotos: @Godfrey


    Mit Höhe des Kamerastandpunktes ändert man die Perspektive sehr deutlich in ihrer Wirkung. Eine Aufnahme aus dem Stand ist der Normalfall und zeigt das Motiv aus der Sicht des Fotografen - dies wirkt in der Regel solide und gewohnt, kann zuweilen aber auch schnell langweilig werden. Verlagert man seinen Standpunkt nach unten, geht man in die sogenannte "Froschperspektive". Motive wirken dadurch optisch größer, Personen wirken mächtiger und dominant. Je weiter die Kamera sich dem Boden nähert, umso krasser wird der Effekt. Im Gegensatz dazu bewirkt die "Vogelperspektive", bei der die Kamera von oben auf das Geschehen blickt, dass Motive schmächtiger wirken und Personen verschüchtert und schwach. Die Vogelperspektive kann jedoch auch genutzt werden, um dem Betrachter eine "Übersicht" zu zeigen. Vor allem bei Landschaften und Städten ist dies ein gern genutztes Mittel.


    Bedenkt, dass sich diese Perspektiven beim Fotografieren von Menschen und Tieren immer Fotomotiv orientieren, nicht am Fotografen. Die Normalperspektive geht also von der Augenhöhe der Person oder des Tieres aus, egal wie groß oder klein der Fotograf ist!


    V.l.n.r.: Froschperspektive, Normalperspektive und Vogelperspektive. Fotos: @Godfrey


    Kameraneigung und Horizont


    Im Gegensatz zur Repositionierung des Kamerastandpunktes wird hierbei nur die Sichtachse der Kamera verändert, nicht die Perspektive im eigentlichen Sinne. Dadurch, dass ihr die Kamera jedoch nach oben oder unten neigt, gebt ihr der oberen oder unteren Hälfte des Bildausschnitts mehr Bedeutung und Einfluss auf das gesamte Motiv. Ausgehend von einem mittigen Horizont, bei dem Himmel und Vordergrund gleichberechtigt sind, kann der Horizont nach unten versetzt werden (Kamera nach oben neigen) und der Himmel (oder z.B. Gebäude) bekommt mehr Raum. Andersherum kann der Horizont auch nach oben versetzt werden (Kamera nach unten neigen) und der Vordergrund erhält mehr Beachtung. Die Neigung wird häufig mit Vogel- und Froschperspektive kombiniert, um eine größere Wirkung zu erzielen (siehe Foto rechts).


    Symmetrische Linienführung


    Strotzt ein Motiv vor Symmetrie, könnt ihr diese ganz bewusst für die Blickführung durch Linien nutzen - das bedeutet, das tatsächliche und virtuelle Linien das Auge des Betrachters lenken. Für eine starke Zentralsymmetrie, bei der die eine Bildhälfte quasi ein Spiegelbild der anderen ist, lohnt es sich, den Fluchtpunkt (also den Punkt, auf den alle Linien hinzustreben scheinen) genau in der Bildmitte zu platzieren. Der Blick des Betrachters wird dadurch in die Tiefe gezogen und euer Foto erhält eine sehr starke räumliche Wirkung. Eine beachtenswerte Option ist dabei auch das quadratische Bildformat, wenn die räumlichen Linien scheinbar durch die Bildecken verlaufen. Symmetrie schafft zusätzlich auch eine gewisse Ruhe und Stabilität im Bild.


    Durch die starke Symmetrie wird der Blick in die Tiefe gezogen, wo einer schließlich verweilt. Foto: @Godfrey


    Blickführung


    Jede tatsächliche Kante und lang gezogene Strukturen erzeugen Führungslinien im Bild. Sich wiederholende Objekte wie Straßenlaternen erzeugen ebenfalls "virtuelle" Linien. Diese Führungslinien sind ein starker Magnet für das Auge des Betrachters, da dieses sich an diese Strukturen anheftet und ihnen folgt. Als Fotograf kann man sich dies zunutze machen und bewusst solche Führungslinien einbauen (z.B. durch das Verändern von Perspektive und Blickwinkel), um das Auge des Betrachter bewusst auf bestimmte Bereiche des Motivs zu lenken. Dabei müssen die Führungslinien nicht zwangsweise starr und schnurgerade sein, sondern können auch Schlenker und Kurven besitzen.


    Dabei gilt es, regionale Besonderheiten im Hinterkopf zu behalten: Euren Betrachtern fällt es leichter, diesen Führungslinien zu folgen, wenn diese der natürlichen Leserichtung folgen - in Mitteleuropa und Amerika ist dies von links nach rechts. Arabische Länder verfolgen hingegen eine Leserichtung von rechts nach links, wiederum andere Regionen lesen von oben nach unten. Bilder, deren Blickführung anhand dieser Besonderheit aufgebaut sind, lassen sich einfacher vom Betrachter erschließen und fühlen sich "natürlicher" an. Besonders zu beachten gilt dies beim Fotografieren von Personen. Natürlich gibt es auch genug andere Faktoren, die den Blickwinkel beeinflussen (wie z.B. Lichteinfall oder Hintergrund), von daher ist diese Gestaltung oftmals zweitrangig.


    Ob die Blickführung von links nach rechts (erstes Foto) oder von rechts nach links verläuft (zweites Foto) hat einen Einfluss auf die Wahrnehmung des Motives. Fotos: @Godfrey


    Eine besondere Umsetzung der Blickführung kann auch über die Bildschärfe erzeugt werden. Das Auge sucht sich immer eine scharfe Stelle im Bildausschnitt - idealerweise sollte dies das Hauptmotiv sein. Durch einen weichen, aber deutlichen Schärfeverlauf kann der Blick des Betrachters auch dadurch durch das Bild "geführt" werden.


    Eine Besonderheit in Sachen "Blickrichtung" ist beim Fotografieren von Menschen zu beachten: der Blick braucht "Raum". Das bedeutet im Klartext: Schaut eine Person nach rechts, sollte die Person tendenziell in der linken Bildhälfte platziert werden. Andersherum gilt natürlich die Platzierung in der rechten Hälfte, sollte der Blick nach links gehen. Dies kann auch gut mit dem Goldenen Schnitt kombiniert werden.


    Bildformat


    Das Format des Bildes und das gezielte Arrangement (Platzieren) der Inhalte haben einen großen Einfluss auf Bildwirkung: Vertikale Linien wirken im Hochformat höher, horizontale im Querformat länger bzw. weiter. Gerade bei Portraits kann man sich dies zunutze machen und ein eher rundliches Gesicht durch die Wahl des Hochformates "schmaler" wirken lassen. Landschaften hingegen wirken im Querformat weit und offen, hohe Gebäude erreichen in hochformatigen Bildern ein noch größeres Streben gen Himmel.


    Das linke Bild im Querformat betont vor allem die breite Promenade, das rechte Foto im Hochformat hingegen betont die Kirche. Fotos: @Godfrey


    Tiefe erzeugen


    Zwar ist ein (normales) Foto immer zweidimensional, jedoch gibt es einige Gestaltungsmittel, die euch dabei helfen, eine räumliche Wirkung aufzubauen:

    • Raumstaffelung: Das Platzieren von Objekten hintereinander führt zu einer Verdeckung. Objektive im Vordergrund versperren die Sicht auf jene im Hintergrund.
    • Fluchtpunkte in der Tiefe: Habt ihr Führungslinien im Bild, die "in die Tiefe" gehen, werden Objektive entlang dieser Linien immer kleiner, je weiter sie entfernt sind. Der Betrachter nimmt dies ganz unbewusst als "entfernt" wahr.
    • Dunstwirkung: Diese Wirkung ist oft naturgegeben, kann aber auch mittels Bildbearbeitung erreicht werden. Gerade in der Landschaftsfotografie verschwimmen weit entfernte Punkte in einem natürlichen Dunst aufgrund der Luftfeuchtigkeit - Farben und Kontraste verblassen. Der Betrachter erkennt dies ganz automatisch als "weit weg".
    • Detailverlust in der Ferne: dieses Mittel erledigt eure Kamera ganz von alleine. Je weiter ein Objektiv von euch entfernt ist, desto schwächer wird seine Zeichnung.


    Strukturen und Muster


    Muster umgeben uns in Natur und Technik. Abstrakte Strukturen und Muster wirken aber noch viel ungewöhnlicher, wenn sie mit extremen Perspektiven, Blickwinkeln und Brennweiten aufgenommen wurden. Durch ein formatfüllendes Aufnehmen erhalten sie zusätzlich einen Hauch Minimalismus. Besonders reizvoll könnt ihr eure Aufnahmen machen, indem ihr beispielsweise mit einem bewusst falschen Weißabgleich besondere Farbstimmungen schafft und indem ihr die Muster unterbrecht, z.B. durch eine Anomalie in der Struktur


    Bewusster Regelbruch


    Die außergewöhnlichsten Aufnahmen entstehen nicht durch das strikte Befolgen von Regeln und Richtlinien, sondern durch das bewusste und v.a. gekonnte Umgestalten von Regeln. Um das jedoch stilsicher umzusetzen, sollte aber zunächst das „Regelwerk“ beherrscht werden.

    • Es muss nicht immer der Goldene Schnitt oder die Drittelregel sein, manchmal wirkt eine extreme Verschiebung ebenso zielführend (z.B. beim schüchternen Portrait).
    • Bei einem symmetrischen Bild muss der Fluchtpunkt nicht immer in der Bildmitte liegen, auch hier kann der Horizont verschoben oder der Fluchtpunkt auf einen Goldenen Schnittpunkt verlagert werden.
    • Prinzipiell sollte der Blick einer Person im Bildausschnitt Raum haben, der Blick aus dem Bild heraus kann jedoch auch als Mittel für Schüchternheit genutzt werden.
    • Auch die Wahl des Formates kann unter Umständen aufgrund prioritärer Faktoren entgegen der Regel gewählt werden: Soll z.B. die Breite einer Skyline gezeigt werden, wird man wohl kaum aufgrund eines hohen Gebäudes das Hochformat wählen.
    • Überlädt man ein Bild mit gleichen Motiven (bspw. Menschenmasse), kann man trotzdem den Fokus auf eine einzelne Person legen, in dem man die Schärfe entsprechend anlegt oder mit gezielter Langzeitbelichtung arbeitet.


    Gestalterische No-Go's


    Es gibt einige Fehler, die immer wieder auftreten, vor allem bei Anfängern und "Hobby-Knipsern". Es ist empfehlenswert, sich diese typischen Fehler bewusst zu machen und vor allem in der Anfangszeit der eigenen Fotografie konkret darauf achten, sich diese Fehler gar nicht erst anzugewöhnen. Auch hier gilt: bewusste Ausnahmen dürfen für eine bewusste Bildgestaltung gemacht werden.

    • Schiefer Horizont: entsteht häufig durch Unachtsamkeit und eine falsche Haltung der Kamera. Achtung: diese Fehlhaltung gewöhnt man sich sehr schnell an, wenn man nicht bewusst gegensteuert! Ein schiefer Horizont erzeugt Unruhe und eine "seltsame" Stimmung im Motiv, da der Betrachter sofort merkt, dass hier etwas "nicht stimmt". Setzt man den Horizont bewusst schief, um das Motiv dynamisch in Szene zu setzen, sollte man es wenn dann aber sehr deutlich machen.
    • Motiv in der Bildmitte: der Klassiker sind Sonnenuntergänge und Portraits. Gerade Anfänger neigen dazu, den mittleren Fokuspunkt als Quasi-Orientierungshilfe zu nutzen. Jedoch wird dadurch viel Raum verschenkt und sogar Negativraum ("toter Raum") geschaffen - die Bilder wirken dann flach und abgebildete Personen klein "gedrückt". Bei Landschaften fehlt Spannung und die Chance, den Vordergrund als starkes Element zu nutzen. Ein Hilfestellung bei vielen Kameramodellen sind Gitternetzlinien, die über das Menü eingeblendet werden können und welche als Orientierungshilfe für die Drittelregel dienen. Andernfalls bleibt nur der nachträgliche Beschnitt des Fotos (siehe Fotos rechts).
    • Störender Motivinhalt: Oftmals vergisst man im Eifer des Gefechts, auch den Hintergrund zu checken, vor allem, wenn man eh offenblendig arbeitet. Das kann schnell zum Verhängnis werden, wenn dort helle oder andersfarbige Flecken auftreten und stark vom Hauptmotiv ablenken. Das gilt natürlich auch ganz allgemein für die Farbgestaltung im gesamten Motiv.
    • Technische Einschränkungen: Gerade die sogenannten "Kit-Objektive" und allgemein billige Objektive ziehen teils starke Abbildungsfehler nach sich. Die geläufigsten Beispiele sind chromatische Aberration, Verzeichnung und Vignettierung. Wer sich keine teure Neuinvestition leisten möchte oder kann, dem bleibt nur das Korrigieren per Bildbearbeitung.


    Schlusswort


    Zu guter Letzt bleibt noch der Hinweis: Augen auf und versucht, eure Umgebung bewusst wahrzunehmen. Bei den tollsten Motiven kann es eben auch schnell vorkommen, dass man alles andere ausblendet. Was eurem Auge und Gehirn leicht gelingt, das verwehrt euch das Foto: Es bildet gnadenlos alles ab, was euch entfällt. Bleibt also aufmerksam. Wenn es euch hilft, könnt ihr die einzelnen Punkte dieser Lektion auch nach und nach üben, so dass sie schlussendlich in Fleisch und Blut übergehen. Dann werdet ihr die typischen Fehler bald ganz automatisch vermeiden... Viel Erfolg!



    Fotos/Grafiken: @Godfrey, Borb/CC BY-SA 3.0, Sakurambo/CC BY-SA 3.0


    Literatur:
    DeLaan, Corry: Auf der Suche nach dem Licht, Stimmungen fotografisch einfangen. 1. Aufl., Heidelberg: dpunkt.verlag, 2009
    Freeman, John: Fotografieren Analog und Digital. Das Universallehrbuch. 1. Aufl., München: Knaur Ratgeber Verlage, 2004
    Wagner, Reinhard: Foto-Workshops. 222 Profitipps für bessere Fotos. 1. Aufl., Poing: Franzis Verlag GmbH, 2010

  • Fotografenschule - Lektion 4
    Selektive Schärfe


    Einfach auf den Auslöser zu drücken macht noch lange kein gutes Foto. Viele Faktoren beeinflussen das Ergebnis - neben den motivischen eben auch die technischen. Kaum ein anderer technischer Faktor hat so eine tief gehende Auswirkung auf die Güte einer Fotografie wie der Fokus. Dieses Kapitel soll euch erklären, welche Grundlagen ihr beherrschen solltet und wie die "Schärfe" gekonnt und gezielt einsetzen könnt.



    Wozu Schärfe?


    Warum muss ein Foto eigentlich scharf sein? Klare Antwort: Weil man sonst nichts erkennt. Ein unscharfes Bild löst im schlimmsten Fall Ahnungslosigkeit und Kopfschmerzen beim Betrachter aus - und er stellt sich die Frage, warum er sich mit euren bildlichen Ergüssen beschäftigen soll. Jedoch gilt auch nicht unbedingt immer der Umkehrschluss, dass das gesamte Foto knackscharf sein muss.


    Schärfe darf gern selektiv sein, das bedeutet, dass ihr besonders die Motivbereiche scharf abbilden könnt, welche für eure Bildaussage wichtig sind. Ob und inwieweit andere Punkte im Bildausschnitt ebenfalls scharf sein sollen, bleibt euch überlassen. Doch diese Überlegung (und Entscheidung) wirkt sich auf das Gesamtbild aus - es lohnt sich also, wenn ihr euch vor dem Betätigen der Kamera ein paar Gedanken über die Wirkung macht.


    Primär dient die Schärfe dem Herausarbeiten des Hauptmotivs. Das, was in eurem Bild wichtig ist, sollte in aller Regel scharf sein. Der Kontext eures Fotos, z.B. Nebenmotive oder der Hintergrund, können ebenfalls scharf sein oder lediglich angedeutet bleiben (leicht unscharf) oder komplett in Unschärfe versinken, wenn sie keine Rolle in der Bildaussagen spielen. Ein clever platzierter Fokus lenkt als den Blick eures Betrachters - die gekonnt platzierte Schärfe im Bild hilft eurem Betrachter, eure Gedanken bei der Aufnahme zu verstehen.


    Wichtig für das Grundverständnis ist es, zu begreifen, dass sich die Schärfe nicht wie ein Fleckenteppich verhält. Schärfe lässt sich nicht an beliebigen Punkten im Bildausschnitt hin malen. Vielmehr ist Schärfe eine Ebene, die sich parallel zur Sensorebene bewegt und eine Tiefe besitzt. Alle Objekte, die sich innerhalb dieser befinden, werden scharf abgebildet. Objekte, die sich hingegen vor oder hinter dieser Ebene befinden, werden mit zunehmender Distanz zu dieser Ebene immer unschärfer und verwaschener. Das bedeutet auch, dass Objekte, welche an sich tiefer sind als die Ebene, nicht komplett scharf dargestellt würden. Die Tiefe dieser Schärfeebene ist jedoch ebenso flexibel, wie es eure Kamera dies zulässt.



    Den Fokus dem Motiv anpassen


    Wie schon im ersten Abschnitt angedeutet, ist das blinde Platzieren der Schärfe im Bild meist weniger erfolgversprechend. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten und Techniken, wie ihr die Schärfe modellieren und sie euch so zunutze machen könnt.


    Wohin fokussieren?


    In erster Linie sollte das Hauptmotiv auch den schärfsten Bereich des Bildes darstellen. Das muss aber weder zwangsweise in der Bildmitte sein, noch muss der schärfste Punkte dicht vor eurer Kamera liegen. Eine weniger offensichtliche Position kann unter Umständen zum Erkunden des Bildes einladen und zu überraschenden Momenten beim Betrachter führen, dennoch muss es in jedem Fall klar und deutlich bleiben, welches Element in eurem Motiv auch das wichtigste ist.


    Fallstricke


    Sucht der Betrachter zu lange nach dem Hauptmotiv und Hauptschärfebereich, verwirrt es ihn und er verliert das Interesse (ausgenommen sei hier die abstrakte Fotografie). Ebenso, wenn die scharfen Anteile im Bildausschnitt zu klein werden oder große unscharfe Bereiche den Vordergrund dominieren, kann das scharfe Hauptmotiv überschattet werden - die Bildaussage wäre unklar und der Betrachter hat keine Chance, die Intention des Fotografen nachzuvollziehen.



    Schärfentiefe


    Der Begriff Schärfentiefe beschreibt nichts anderes als die Ausbreitung des Schärfebereichs. Zum besseren Verständnis muss man sich erst einmal darüber klar werden, dass die Schärfe prinzipiell als eine Ebene im Raum liegt, parallel zur Sensorebene. Motive, die in dieser Ebene liegen, werden scharf abgebildet. Objekte vor oder hinter dieser Ebene werden unscharf dargestellt. Diese Schärfeebene hat jedoch eine Tiefe oder "Dicke" - das bedeutet, dass auch Objekte, die leicht vor oder hinter der eigentlichen Ebene liegen, immer noch scharf wahrgenommen werden. Die Tiefe dieser Schärfeebene kann durch mehrere Faktoren beeinflusst werden (siehe übernächster Absatz) - dadurch erhält man die Kontrolle darüber, welche hintereinander liegenden ("gestaffelten") Objekte im Bildausschnitt scharf werden sollen und welche nicht! Beschrieben wird dieser Zusammenhang mit dem Begriff "Schärfentiefe". In diesem Zusammenhang sei noch mal erwähnt, dass sich die Schärfentiefe vom Fokuspunkt aus zu einem Drittel vor dem Motiv und zu zwei Dritteln hinter jenem ausbreitet.


    Nutzen einer dünnen und tiefen Schärfeebene


    Die einfachste Nutzung einer sehr schmalen Schärfentiefe liegt darin, unwichtige Bereiche im Bildausschnitt auszublenden - quasi in Unschärfe versinken zu lassen. Portraits sind dafür ein gutes Beispiel: Der Fokus des Betrachters soll auf das Gesicht (konkreter: auf die Augen) gelenkt werden, der Hintergrund soll dabei nicht stören. Daher wählt man optimalerweise eine dünne Schärfentiefe. Jedoch sollte im Allgemeinen darauf geachtet werden, dass auch das ganze Gesicht - von der Nasenspitze bis zum Haaransatz - scharf bleibt. Daraus muss man schlussfolgern, dass die Schärfentiefe zwar schmal sein soll, aber eben auch nicht zu schmal - oder anders formuliert: Der Fotograf muss die Schärfentiefe seinem Motiv anpassen.


    Um umgekehrten Fall benötigt die klassische Landschaftsfotografie eine eher große Schärfentiefe. Zumeist liegt im Hintergrund eine landschaftliche Kulisse, die durch ein prägnantes Detail im Vordergrund ergänzt wird - beides sollte scharf sein. Entsprechend muss der Fotograf auch hier die passenden Einstellungen wählen, um diese Ziel zu erreichen.


    Faktoren, die die Schärfentiefe beeinflussen


    Die folgenden Möglichkeiten lassen euch die Schärfentiefe beeinflussen, jeder einzelne bringt auch Einschränkungen mit sich, manche Faktoren fallen auch schon aufgrund der Eigenheiten des Motivs weg - die Wahl der passenden Faktoren ist also der Schlüssel zum Erfolg. Es ist jedoch auch unabdinglich zu wissen, dass sich die einzelnen Faktoren untereinander beeinflussen!

    • Blende:
      Ist die Blende weit geöffnet (z.B. f/2.8 oder f/1.4), wird die Schärfentiefe geringer, euer Hintergrund verschwimmt in einem weichen Bokeh. Eine geschlossene Blende (z.B. f/16 oder f/22) hingegen erhöht die Schärfentiefe - der Nachteil dabei: Geschlossene Blenden verringern das einfallende Licht, entsprechend muss die Belichtungszeit verlängert oder der ISO erhöht werden.
    • Lange Brennweite:
      Je länger die Brennweite, desto schmaler die Schärfentiefe. Mit einem Tele (z.B. 200mm) erzeugt ihr also schnell ein weiches Bokeh - einer der Gründe dafür, dass Teleobjektive besser für Portraits geeignet sind. Ein Weitwinkel (z.B. 16mm) hingegen erzeugt schnell eine sehr große Schärfentiefe - daher sind sie bestens für Landschaftsaufnahmen geeignet. Mit einem Weitwinkel ein weiches Bokeh zu erreichen, ist entsprechend schwierig - ebenso wie mit einem Tele ein von vorn bis hinten knackscharfes Foto.
    • Geringer Motivabstand:
      Je dichter das Motiv, desto geringer(!) wird die Schärfentiefe. Euer Bokeh wird also weicher, je dichter ihr heran geht! Die Einschränkung erzeugt das Motiv - ihr könnt für ein Portrait natürlich nicht maximal nah heran gehen, da ihr dann eben nur noch einen Ausschnitt des Gesichtes hättet. Das Motiv schränkt den Spielraum also ein! Den Extremfall stellen logischerweise Makroobjektive dar: Da man mit diesen Objektiven im Normalfall extrem dicht an das Motiv herangeht (um einen größtmöglichen Abbildungsmaßstab zu erhalten), wird die Schärfentiefe extrem gering.
    • Sensorgröße:
      Je größer der Sensor, desto geringer die Schärfentiefe. Der Vollfomat-Sensor (36 x 24 mm) einer Spiegelreflex wird euch eher mit einem weichen Bokeh beschenken als ein 1-Zoll-Sensor einer Kompakten oder Bridge-Kamera (13 x 9 mm) oder gar ein 1/3,2-Zoll-Sensor einer Kompakten (4,5 x 3,4 mm). Mit der letzteren würde in aller Regel das komplette Bild von vorn bis hinten immer scharf sein - genauso funktioniert es im Übrigens mit Smartphones (das iPhone 7 Plus stellt eine Ausnahme dar), welche winzige Sensoren besitzen. Jeder Fotograf sollte sich dieser Tatsache bewusst sein - der Wechsel auf eine neue Kamera mit größerem Sensor bringt auch eine deutliche Umgewöhnung mit sich.

    Da bei jeder Aufnahme immer all diese vier Faktoren zusammentreffen, muss der Fotograf eine Priorisierung vornehmen. Je nach Motiv macht es mehr Sinn, eher mit der Blende zu arbeiten anstatt eine andere Brennweite zu nutzen. Oft ist der Motivabstand eingeschränkt (ihr kommt z.B. nicht näher heran), dann bleibt euch die Möglichkeit, ein längeres Tele zu verwenden oder die Blende zu öffnen. In dunklen Lichtverhältnissen hingegen müsst ihr womöglich die Blende sowieso weit öffnen, da ihr ansonsten eine zu lange Belichtungszeit hättet - wollt ihr dennoch mehr Schärfentiefe, bietet es sich an, ein Weitwinkel zu verwenden und hinterher den gewünschten Bildzuschnitt am Computer vorzunehmen.


    Es gibt ebenso Momente, in denen sich die Faktoren gegenseitig aufheben - einfachstes Beispiel: ihr erhöht die Brennweite für eine geringere Schärfentiefe - gleichzeitig müsst ihr aber ein paar Schritte zurückgehen, um euer Motiv noch ins Bild zu bekommen - eine Erhöhung des Abstandes erhöht wiederum die Schärfentiefe. Ob jedoch einer der beiden Faktoren eine stärkere Auswirkung hat, ist von der verwendeten Kamera-Objektiv-Kombination abhängig und kann nicht pauschal behauptet werden.





    Fortgeschrittene Technik - Die Hyperfokaldistanz


    Die Hyperfokaldistanz oder hyperfokale Entfernung gibt in Abhängigkeit der gewählten Brennweite und Blende an (ein dritter Faktor, der Zerstreuungskreis, wir der Einfachheit halber mal weggelassen), bei welcher Fokusdistanz sich die Schärfe von der halben Distanz bis in die Unendlichkeit erstreckt. Durch den Einsatz diesen Wissen kann man also sicherstellen, dass wesentliche Bildbereiche scharf genug dargestellt werden. Besonders hilfreich ist dies z.B. in der Landschaftsfotografie, bei der ein eindrücklicher Vordergrund mit einer in der Regel weit entfernten Kulisse kombiniert wird: liegt der Fokus nur auf dem Vordergrundmotiv, könnte der Hintergrund matschig wirken, oder anders herum. Wird jedoch hyperfokal scharf gestellt, sind sowohl Vorder- als auch Hintergrund scharf abgebildet.


    Berechnen der Hyperfokaldistanz


    Für die Berechnung der hyperfokalen Distanz gibt es eine relativ einfache Formel:



    d(h) - Hyperfokaldistanz
    f - tatsächliche Brennweite (nicht das KB-Äquivalent!)
    k - Blendenziffer (z.B. für f/2.8 wird k=2,8)
    Z - Zerstreuungskreis (für Vollformat Z=0,03; für APS-C Z=0,018; für Micro-FourThirds Z=0,015; Kompaktkamera Z=0,005)


    Blende und Brennweite sind in der Regel vorausgewählt und bekannt, den Faktor für den Zerstreuungskreis einfach entsprechend eurer Kamera einsetzen. Das Ergebnis (Achtung, ist in Millimetern!) ist die Distanz, auf die ihr fokussieren müsst, damit ab halber Strecke bis unendlich alles scharf abgebildet wird.


    Bei dieser Aufnahme mit 10mm Brennweite und Blende f/5.6 an einer Sony-Vollformatkamera beträgt die Hyperfokaldistanz 0,6m - das bedeutet zwischen 0,3m bis unendlich ist alles scharf abgebildet. Foto: @Godfrey


    Das Wissen nutzt euch nicht nur, wenn ihr bis in die Unendlichkeit scharf abbilden wollt. Vielmehr könnt ihr es in abgemilderter Form nutzen, um einen bestimmten Bereich zwischen euch und der Unendlichkeit scharf abbilden wollt, z.B. von einem Schild bis zu einem Baum im Hintergrund, dahinter breitet sich dann die Unschärfe aus. Dieses Prinzip folgt den gleichen Regeln, jedoch einer komplizierteren Berechnung. Um die zu umgehen, könnt ihr, wenn ihr die Hyperfokaldistanz verinnerlicht habt, die gleichen Ansätze nutzen: Abblenden und auf ca. 1/3 der Strecke zwischen Schild und Baum fokussieren. Da Probieren bekanntlich über Studieren geht (und einfach schneller ist als die Formel auszurechnen), ist das in diesem Fall für euch die einfachere Methode. Mit der Zeit erhält man jedoch auch genug Erfahrungswerte, um diese Regel sicher automatisch anzuwenden, ohne groß rumzurechnen.


    Die hyperfokale Distanz profitiert stark von Weitwinkelbrennweiten (hier 10mm APS-C), sodass auch mit offener Blende (hier f/4.5) eine enorme Schärfentiefe erzeugt werden kann. Foto: @Mogelbaum



    Fortgeschrittene Technik - Mitzieher


    Bei einem Mitzieher wird die Bewegung eines Objektes (z.B. ein Auto oder ein Tier) nicht dadurch verdeutlicht, dass das Objekt selbst verschwimmt, sondern lediglich der Hintergrund - das Objekt selbst oder wesentliche Teile dessen (bei einem Tier z.B. der Kopf) bleiben scharf. Um dies zu erreichen muss die Kamera in genau der Geschwindigkeit geschwenkt werden, mit der sich das Objekt bewegt, und gleichzeitig eine lange Belichtungszeit gewählt werden. Wie lang diese sein muss, ist abhängig von der Geschwindigkeit des Objektes, der Brennweite und der Entfernung zum Objekt. Die Belichtungszeit sollte umso länger sein, je

    • langsamer sich das Objekt bewegt
    • weiter entfernt man vom Objekt entfernt ist
    • kürzer die Brennweite ist

    Bei einem Mitzieher bleibt nur das Hauptmotiv (oder wesentliche Teile desselben) scharf abgebildet, während der Hintergrund verschwimmt. Foto: @Godfrey


    Wie lang genau die Belichtungszeit sein sollte, ist also ein sehr spezifischer Faktor und extrem von den Motivumständen abhängig, daher kann man hier schlecht pauschalisierte Werte vorgeben. Gleichsam ist etwas Erfahrung notwendig, Üben ist also Pflicht.


    Hinweise für Mitzieher

    • lange Brennweiten sind einfacher zu handhaben, auch mit großen und schweren Kameras habt ihr es leichter, da diese aufgrund ihrer Trägheit weniger verruckeln; Kompaktkameras sind fast hoffnungslos unterlegen
    • Kamera und Objektiv sollten sich abgestützt sein (linke Hand unter dem Objektiv platzieren und den Ellenbogen auf dem eigenen Brustkorb abstützen); bei der Verwendung von Stativen sollte nur die horizontale Achse komplett gelöst sein
    • Die Drehung sollte am besten aus der Hüfte erfolgen, nicht aus den Armen, damit die Bewegung gleichmäßig ist
    • das Auslösen sollte nicht am Beginn der Drehung erfolgen; verfolgt das Objekt einen Moment lang mit Blick durch den Sucher, bis ihr euch mit der Drehung an die Geschwindigkeit des Objektes angepasst habt und drückt dann mehrfach ab
    • Viele Tele-Objektive haben mehrere Modi der Bildstabilisierung, unter anderem einen, der speziell für Mitzieher konzipiert ist (und dann nur vertikale Bewegungen stabilisiert). Insgesamt ist die Verwendung des Stabilisators ratsam.
    • probiert verschiedene Verschlusszeiten aus, um ein Gefühl für das Verwischen zu bekommen



    Fotos/Grafiken: @'Godfrey', wikipedia.org


  • Recht für Fotografen


    Für alles im Leben gibt es Regeln - so auch für die Fotografie. Dieses Thema soll euch helfen, im rechtlich sicheren Rahmen zu bleiben, denn das Fotografieren ist an viele Gesetze gebunden, die ein jeder Fotograf kennen sollte.


    Zunächst einmal sollte man Abstand vom Begriff "Fotorecht" nehmen, denn ein solches gibt es nicht. Die Gesetze, die das Fotografieren beeinflussen, sind insbesondere das Urheberrechtsgesetz, das Kunsturheberrechtsgesetz sowie das Grundgesetz der Deutschen Bundesrepublik - so wir denn in Deutschland fotografieren. Auch das Strafgesetzbuch kann bedeutend werden. Doch der Reihe nach...


    Dieses Thema gliedert sich in mehrere Abschnitte. Zunächst einmal werde ich wichtige Passagen aus den Gesetzestexten notieren. Diese sollte man wenigstens einmal gehört haben. Im zweiten Abschnitt sind wichtige Begriffe kurz erläutert. Dahinter folgt eine Liste mit kritischen Motiven, die man besser meidet, wenn man sich über die Verwendung nicht im Klaren ist. Der letzte Abschnitt dient als FAQ mit euren Fragen und Fallbeispielen - postet also eure Fragen und Probleme und wir diskutieren darüber.



    Wichtige Gesetze


    Grundgesetz (GG)


    § 1 (Würde des Menschen)
    § 2 - Freie Entfaltung der Persönlichkeit
    § 5 - Freie Meinungsäußerung
    § 13 - Unverletzlichkeit der Wohnung
    § 18 - Verwirken von Grundrechten


    Urheberrechtsgesetz (UrhG)


    § 12 Veröffentlichungsrecht
    § 13 Anerkennung der Urheberschaft
    § 14 Entstellung des Werkes
    § 15 Allgemeines
    § 16 Vervielfältigungsrecht
    § 17 Verbreitungsrecht
    § 18 Ausstellungsrecht
    § 19 Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht
    § 19a Recht der öffentlichen Zugänglichmachung
    § 20 Senderecht
    § 21 Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger
    § 57 Unwesentliches Beiwerk
    § 59 Werke an öffentlichen Plätzen
    § 60 Bildnisse


    Kunsturhebergesetz (KUG)


    § 22 - Recht am eigenen Bild
    § 23 - Ausnahmen vom Recht am eigenen Bild
    § 24 - Ausnahmen im öffentlichen Interesse
    § 33 - Strafvorschrift
    § 37 - Vernichtung


    Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)


    § 8 - Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens



    Wichtige Begriffe und Rechte


    Panoramafreiheit


    Die Panoramafreiheit garantiert im Allgemeinen, dass von öffentlichen Plätzen, Wegen und Straßen Objekte, Gebäude und Tiere fotografiert werden dürfen, ohne dass Gesetze oder Rechte verletzt werden. Eingeschränkt wird diese ggf. durch ein Hausrecht (z.B. Sony Center am Potsdamer Platz Berlin) oder andere Schutzrechte. Im Zuge der Panoramafreiheit darf man keine Sichtschütze mit Hilfsmitteln überwinden. Die Panoramafreiheit gilt in den meisten europäischen Ländern, in einigen eingeschränkt, in anderen Ländern gibt es keine solche Panoramafreiheit.


    Hausrecht


    Das Hausrecht ist das Recht, welches ein Besitzer auf seinem Grundstück ausübt. Dieses kann auch an "öffentlichen" Orten gelten (bestes Beispiel: Sony Center am Potsdamer Platz in Berlin). Im Hausrecht kann das Fotografieren einschränken oder verbieten.


    Markenschutz


    Marken- und Designrechte können Einschränkungen oder Verbote bedeuten. In der Regel gibt es hier aber nur Probleme bei der Veröffentlichung von Fotos.


    Gesetzliche Fotografierverbote


    In Deutschland gibt es einige Regelungen, die das Fotografieren an besonderen Orten verbieten. Hier gilt es, sich strikt an die Regeln zu halten! Dies betrifft militärische Anlagen (jedoch nur, wenn die Sicherheit der Bundesrepublik oder die Schlagkraft der Militärverbände gefährdet sind - im Zweifelsfall also das Fotografieren unterlassen ;) ), Gerichtsverhandlungen und das Abbilden besonders geschützter Tierarten (vgl. § 42 BNatSchG) in sensiblen Situationen (z.B. Fortpflanzung und Brut). Luftaufnahmen sind seit 1991 prinzipiell gestattet, jedoch nur, wenn sie keine Militäranlagen abbilden oder das Fotografieren in private Grundstücke, welche zu ebener Erde sichtgeschützt sind.


    Model Release


    In einem Model Vertrag oder Model Release wird geregelt welche Aufnahmen zu welchem Zweck und Umfang angefertigt werden. Die Nutzung wird sowohl für den Fotografen (in der Regel umfassende bis unlimitierte Nutzungsrechte) als auch für das Model (i.d.R. private Nutzung inkl. Eigenwerbung und Internetnutzung) geregelt. Weitere Punkte sind die Namensnennung, Vergütung und zeitliche und räumliche Limitierung der Nutzung. Honorar-Listen findet man unter den Suchmaschinen-Stichworten "MFM-Liste" und "KöGa-Liste". Bei Minderjährigen Models ist zwingend die Unterschrift der Erziehungsberechtigten notwendig!
    TFP - Time for Pictures - ist eine Sonderform dieses Vertrages, bei dem auf eine Honorierung verzichtet wird und der "Lohn" in Form der angefertigten Fotografien übergeben wird. Hintergrund sind i.d.R. Übungszwecke (Posing, Testen neuer Ausrüstung,...), die kommerzielle Nutzung ist normalerweise ausgeschlossen (Veröffentlichung nur zu Eigenwerbung).


    Property Release


    Hierbei wird es dem Fotografen gestattet, auf einem durch Hausrecht geschützten Grundstück oder Raum, vorrübergehend Fotos anzufertigen. Hierbei steht die Nutzung des privaten Raumes im Vordergrund. Dies gilt unabhängig davon, ob man Objekte/Menschen/Motive auf diesem Grundstück fotografiert oder ob man nur die Position/Perspektive vom Grundstück aus nutzt. Möchte man also einen Festumzug aus einem höheren Stockwerk eines Hauses fotografieren, benötigt man die Erlaubnis des Eigentümers der Wohnung bzw. des Hauses. Geregelt werden sollten ggf. eine Zahlung und die Haftung.



    Liste kritischer Motive


    Die folgenden Listen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sollen aber für das Thema sensibilisieren. Insbesondere die Liste der konkreten Motive stellt zumeist Bauwerke und Objekte dar, die unter Urheberrechts-, Design- oder Markenschutz stehen.


    [align=right]Quelle: Wolfgang Rau: "Recht für Fotografen - Der Ratgeber für die fotografische Praxis". Galileo Press, Bonn 2013, 2. Auflage 2013