Rainbow Squad
Heeeeeeeeeeeeey what's up guys? Es ist mal wieder der Zeitpunkt gekommen, an dem ich eine spontane Idee in eine Geschichte umsetze.
Das, meine Lieben, ist meine Antwort auf die Trillionen von Akademie- und Schulgeschichten im Pokémonfandom. Fuffzigtausend Stück gibt es von denen, viele kaum auseinanderzuahteln. Aber es gibt noch mehr Genres aus der Animesparte! Von den typischen Magical-Girl-Serien haben nämlich zumindest alle mal gehört. Manche vielleicht auch gesehen und geliebt. Eine Gruppe jugendlicher Mädchen, die ihre Stadt vor einem Haufen unterschiedlichster Bösleute schützen, und genau das mache ich in dieser Geschichte auch, nur eben etwas anders. Teilweise ist das Ganze eine parodistische, ironische Sichtweise auf einige Gegebenheiten dieses Genres und natürlich auch um die Welt drum herum, sei es die echte Welt, wie hier hauptsächlich das moderne Japan (wobei einige Episoden auch im Ausland spielen könnten und Bezug zu anderen Kulturen bringen) oder eben die Pokémonwelt, die ich gleichgesetzt habe. Die Städte bleiben bei ihrem realen Vorbild (zum Beispiel Dukatia City als Osaka), nur eben mit Pokémon. Diese Welt ist selbst voller unlogischer Dinge, die ich ebenfalls gerne auf die Schippe nehme. Inspiration bei Sailor Moon, Pretty Cure, Totally Spies und Co.? Kann gut sein!
Wer Interesse an einem dieser Berührungspunkte (siehe Tags) hat oder sich einfach etwas komplett Unbekanntes anschauen möchte, ist gerne dazu eingeladen, einen Blick hinein zu werfen. Es wird keine große Geschichte mit 20+ Kapiteln, sondern etwas unregelmäßiges, fast schon Episodenhaftes, wo immer wieder ein neues Malheur verhindert werden muss - deswegen auch kein Prolog, denn diesen findet man in Serien nicht. Kann auch sein, dass eine Episode aus mehreren Kapiteln bestehen muss, das hängt von der Wortzahl ab. Ansonsten wünsche ich viel Spaß, Leser, Likes und vielleicht sogar Ansichten und Kommentare würden mich sehr freuen~ ^_^
Episode 1-1 How to be a Rainbow
28-3. Achtundzwanzig zu Drei führten die Atlanta Falcons kurz nach der Halbzeit gegen den Favoriten, die New England Patriots. Dies war der Beginn eines unvergessenen Moments, der mein Leben völlig auf den Kopf stellen würde. An und für sich war es mir relativ egal, dass der 51. Super Bowl, das Finale der American Football-Saison, nach Verlängerung letztlich dank einer irren Aufholjagd doch an die Pats ging, wäre da nicht … ja wäre da nicht unser jugendlicher, fast schon naiver Übermut gewesen.
„Oh Mann, wenn die Falcons das noch verlieren, dann lassen wir uns die Haare kunterbunt färben und gehen als Magical Girls auf Verbrecherjagd! Süße Outfits mit Röckchen und Schleifchen natürlich inklusive! Bis zum nächsten Super Bowl! Naaa, wer wettet dagegen?”, johlte Mara laut im Stimmungsrausch der atmosphärischen kleinen Party im Hause meiner Eltern, auf unsere Zustimmung wartend. Niemand wäre bei diesem klaren Spielstand auf die Idee gekommen, sich mit einer gegenteiligen Meinung zu isolieren und ein Jahr lang das Kreuz des Verlierers durch die Gegend tragen zu müssen.
Ganz ohne Proteste und Kritik blieb der Vorschlag allerdings nicht: „Was? Sag, mal, ist das dein Ernst? Schleifchen? Never ever Schleifchen, okay? Mit allem anderen könnte ich leben! Auch wenn so ein bisschen Individualität nice wäre ...” Yuzu strich sich energisch durch ihre grün gefärbte Haarsträhne, als sie ihren Unmut über die Schleifchen zum Ausdruck brachte. Immerhin waren wir bereits alle zwanzig Jahre alt und auch wenn das Mysterium des „Kawaii”, der ultimativen Niedlichkeit, in Japan ganz sicher keine wirkliche Grenze besaß, so war dies nicht unbedingt der Stil einer Nietenträgerin.
„Thehe, klingt doch nach einem fairen Kompromiss”, entgegnete Cheerleaderin Nanako, deren Herz in erster Linie für Baseball schlug, als sie vergnügt mit ihren Beinen wippte. Auch ich nickte zustimmend und hatte nicht einen Gedanken an einen anderen Spielausgang als vermutet verschwendet. Warum auch? Pappteller mit Knabbergebäck, Mais, Hotdogs und Corndogs, eine ganze Armada an Coca-Cola-Flaschen und zum krönenden Abschluss hausgemachte Burger, Popcorn und Zuckerwatte sorgten für einen unvergleichlichen Montag Morgen in Japan. Wir alle waren im Stars and Stripes-Fieber, und ich natürlich ganz besonders, was nicht auch zuletzt an meinem amerikanischem Vater lag. Um das Organisatorische hatten sich meine Eltern bereits im Vorfeld gekümmert, sodass wir uns voll und ganz zurück lehnen konnten … bis das Spiel kippte … und kippte … und kippte … und die Verlängerung erreichte.
Als der Ausgleich fiel, blieb uns allen fast das leckere Essen im Halse stecken, lediglich Sakura fand ein paar Worte zur Situation: „Das darf nicht wahr sein! Wenn die noch gewinnen, dann ist unsere Wette … ähm … umm …” Plötzlich stotterte sie, nach Worten ringend, unfähig, den Satz zu Ende zu führen. Wenn sie dies vielleicht gar nicht erst erwähnt hätte, hätte jede von uns sich wahrscheinlich gedrückt und die „Strafe” vor sich hergeschoben, schulterzuckend, als ob nie etwas vorgefallen wäre. Wer würde in einem solchen Moment nicht daran denken? Aber es kam, wie es kommen musste. Das spannendste Spiel der Super Bowl-Geschichte ging an die Mannschaft von der Ostküste und wir?
„W-wann ist denn der nächste Super Bowl?”, fragte uns Aoi, ungläubig blinzelnd: „Mikan, du weißt das doch. Sicher in einem halben Jahr, oder?” Sie war zu intelligent, um diese Frage aus wirklichem Unwissen heraus zu stellen. Viel mehr klammerte sie sich an die latente Hoffnung, dass dem so wäre – warum auch immer solche Events halbjährlich stattfinden sollten. Immer noch unter Schock stehend schüttelte ich den Kopf. Es würde ein ganzes Jahr dauern.
„Tja, und dann habe ich gesagt: ‚Entweder wir ziehen das alle gemeinsam durch oder wir lassen es unter den Tisch fallen.’ Vielleicht war unser persönliches Ehrgefühl selbst für unseren Beruf etwas zuuuu ausgeprägt?”, versuchte Mara unserem Chef und Ausbilder irgendwie diese Situation zu erklären. Sechs junge Frauen an einer Akademie für Spezialermittlung und Verbrecherjagd, Agentinnen sozusagen, deren dunkle Haarfarbe in Schwarz- und Brauntönen sich vorher kaum voneinander unterschied, mussten sich nun vor ihrem Boss verantworten – jede von uns hatte sich ein Färbemittel in verschiedenen Regenbogenfarben ausgesucht, denn uns schwebten ein paar schicke Strähnen vor. Unsere Halb-Uruguayerin Yuzu, die bereits welche besaß, würde sich in einer anderen Farben weitere ergänzen lassen müssen. Das war so weit unser Plan, den wir unserem Chef gemeinsam erläuterten. Sakura spielte nervös an ihren Fingern, ich biss mir auf die Lippe, Nanakos Blick huschte aufgeregt hin und her, Mara wippte mit mit ihrem Fuß, Aoi kam zu spät und lediglich Yuzu saß noch relativ locker in ihrem schwarzen Ledersessel.
„Strähnen … ihr seid alle verrückt in euer Kopf … damit ihr aussieht wie so ein Blaudagei. Solche Dummköpfe seid ihr, ey!”, entgegnete der Chef, den wir nur unter seinem Codenamen Floyd kannten, kopfschüttelnd und mit verschränkten Armen: „Du tuscht genau was ich sage und lässt den Scheiß mit den Strähnen, hasch du mich verstanden?” Ein leichter Hauch von Erleichterung lag in der Luft, trotz des herablassenden Tonfalls, den unser Boss insbesondere Mara entgegenbrachte. Von einem Mann Stylingkritik anzunehmen, der gerne Jogginganzüge trug und sich seinen Schnurrbart blondiert hatte, weil er diesen Stil bei irgendeinem Z-Promi abgekupfert hatte, war beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Ich hatte gar nicht erst so weit gedacht, dass er uns die Wette durchkreuzen könne, aber wer immer diese Idee vorgebracht hatte … Hut ab. Einfach zu Floyd gehen, er würde uns schon die Suppe versalzen.
Unser stark gebräunter Ausbilder sorgte in seinem nicht immer leicht verständlichen Dialekt aus irgendeinem südjapanischen Kuhkaff jedoch nicht nur dafür, dass er sie versalzte, sondern dass wir sie statt auszuschütten komplett selbst auslöffeln mussten: „Aber hey! Hey! Ich hab’ eine andere Idee. Ihr färbt euch die ganz. Mit euer Uniform. Jede in ein andere Farbe. Ich hab da nämlich an etwas gedacht, des fand ich lustig. Euer Namen sind fast wie die von Obscht oder Gemüse. Stell dir vor … stell dir mal vor, hey … du heisch Sakura, des heisch Kirsche. Du nimmsch also Rot.” Das Vorurteil, dass Sakura ein für japanische Mädchen besonders häufiger Name war, stimmte so nicht ganz. Auf die Jüngsten mochte das zutreffen, aber ansonsten waren es vor allem Katzen, die diesen Namen trugen.
Floyd fuhr ohne mit der Wimper zu zucken fort und richtete nun den Blick auf mich: „Mikan? Du bisch so ein Art Orange, also nimmsch du Orange.”
„W-was?”, stammelte ich mit geweiteten Augen, nachdem ich erst einmal kräftig geschluckt hatte – ich hieß wirklich mehr oder weniger wie diese Frucht, aber … orange als Haarfarbe? Wenn ich Halb-Niederländerin gewesen wäre, ja gut, meinetwegen, aber so?
„Du hälsch dein Schnauze. Yuzu, du bisch ein Zitrone, also nimmsch du Gelb!”
„Ich hasse Gelb, Gelb ist absolut kacke!”, tobte unsere leicht aufbrausende Freundin, die ihren Oberkörper energisch mit den Armen nach vorne zog und unseren Boss wütend anfunkelte.
Der jedoch ließ sich von seinem Plan nicht abbringen: „Du hälsch auch dein Schnauze, sonscht machst du Hundertdaosend Klimmzüge, hasch du des kapiert? Nanako, du heißt fascht wie Banane, also nimmsch du Grün.”
„Bananen sind aber Gelb”, intervenierte Aoi etwas zu gutgläubig, ihr Fingerchen leicht hebend. Je länger der Blick Floyds jedoch auf der dürren Stange Haut und Knochen lastete, desto mehr knickte sie ein. Eine beachtliche Entwicklung des Respekts, die er mit seinem Wesen bis zum heutigen Zeitpunkt in die Wege geleitet hatte, denn anfangs hatten wir ihn aufgrund seines Dialekts kein bisschen ernst genommen. Dass dies ein Fehler gewesen war, wussten wir damals nicht.
„Du lässcht mich ausreden! Die isch grün weil die ein unreife Banane isch! … Okay wartet, Nanako nimmt jetzt gelb und Yuzu grün, dafür schuldet ihr mir dann was. Aoi, du bisch ein Blaubeere. Mara, du heisch wie ein Maracuja, also nimmsch du violett! Jetzt könnt ihr alle Regenbogen scheißen.”
Lautes Gekicher.
Floyd schaffte es, die Attribute „autoritär” und „kompromissbereite Vaterfigur” immer wieder irgendwie zu vereinigen, so grotesk es auch sein mochte.
Schulterzuckend entfuhr Aoi, deren Name wortwörtlich „Blau” bedeutete, ein tiefer Seufzer: „Oh Gott, ich habe schon gedacht, dass Sie das ernst meinten! Da bin ich ja erleichtert.” Zurücklehnen. Den Rücken im Leder versinken lassen. Aufatmen, Mikan, aufatmen.
Auch Floyd begann zu lachen, doch je länger er lachte, desto überheblicher und falscher wurde es: „Hahaha! Des isch lustig. Ja, ich hab euch immer gesagt, ich sei ein witziger Typ. Ihr seid solche Dummköpfe, ey.” Plötzlich verzog er keine Miene mehr, und auch unsere Gesichtszüge erstarrten augenblicklich.
„Ich mein des ernscht. Ihr macht des, des isch ein Befehl, sonst werf’ ich euch von der Akademie. Hört gut zu, denn jetzt erklär’ ich euch den Sinn dahinter”, holte unser Boss nun aus: „In letschter Zeit werden immer wieder neue Agenten enttarnt, abgehört und keine Ahnung was noch alles. Die Verbrecher haben die fescht im Blick – und da kommt ihr ins Spiel. Ihr färbt eure Haare bunt, spielt Sailor Moon und sorgt für Furore, sodess die ganzen Idioten ihre Aufmerksamkeit auf euch richten. Die Verbrecher. Die Medien. Team Rocket und andere Yakuza-Banden. Von mir aus auch die Kinder, die sind auch alle dumm. Währenddessen werden die voll ausgebildeten Agenten besser infiltrieren und aufdecken können als je zuvor.”
Sakura war geschockt: „Wir sollen die Köder spielen? Und was sollte uns dazu bewegen, diesem Plan zuzustimmen?” Keine von uns konnte abschätzen, wie durchdacht dieser Plan war.
Die Antwort war denkbar einfach, lag sie doch wie für so viele Fragen im Berufsleben auf der Hand: „Ihr bekommt des Doppelte an Kohle. Ihr seid ja schließlich wie Töchter für mich.” Natürlich.
„Und wenn ihr des nicht macht, schmeiß ich euch raus”, ergänzte er, als wäre es das Normalste auf der Welt: „Ihr tut so als wärt ihr unabhängig von allem, dass ihr das ganz für euch selbscht macht. Ihr müsst komplett ohne die auskommen. Und wenn einer nach mir fragt – ich bin euer Sotschel Meddia Agent.”
Social Media.
Wusste mal wieder keiner.
Und so war unser fruchtiges Schicksal für die nächsten 12 Monate besiegelt.
In und um Osaka herum gab es immer viel zu tun für die Gesetzeshüter und ihre Verbündeten, denn der Statistik nach zu Folge war dies der gefährlichste Ort Japans. Einige dubiose Personen waren ganz besonders skurrile Gestalten, wie zum Beispiel ein anderer Halb-Amerikaner namens Frank. Blondierte, dichte Haare, großkotziges Auftreten und skandalöse Aussagen am laufenden Band sorgten unter anderem dafür, dass kaum noch eine Eigenschaft des reichen Geschäftsmanns mit Japan zu tun hatte. Wenn man nur noch seine zusammengekniffenen Augen betrachtete, dann kam das völlig unabhängig seiner Gene denen eines Sumoringers schon nahe, reichte aber nicht aus. Zwei Meister der Flucht waren Slot Machine und Roulette. Diese bekannten Verbrecher liebten den Nervenkitzel und ließen immer den Zufall über ihre Ziele und Angriffsarten entscheiden, waren reich an Pokémon und waren bis auf Aussehen und Geschlecht somit absolut identisch. Wer wen abgekupfert hatte, war unbekannt, aber zwei miteinander verfeindete Antagonisten mit dem gleichen Theme, die dem anderen nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnten, waren nur der Gipfel einfallsloser Kriminalität im Jahre 2017. Dass sich an dieser Lage nichts änderte, wenn eine Bande Mädels mit bunten Haaren und hübschen Kostümchen aufkreuzte, war den meisten von uns bewusst, nur Floyd nicht. Wir alle kannten und liebten Sailor Moon und auch ähnliche Shows mit teils noch jüngeren Protagonistinnen waren uns nicht unbekannt – aber wie stellte er sich vor, wie wir sechs angehenden Agentinnen nun das Böse zu Fall und seine Handlanger hinter Schloss und Riegel bringen sollten? Mit der Kraft von Liebe und Freundschaft? Was that a real thing?
Außerhalb der süß-bunten Glitzerwelt unter Zuckerwattewölkchen geschah dies mit Energiestrahlen, metallischen Waffen, körperlicher Gewalt und ein kleines bisschen die Macht des Kawaii – zum Bezirzen und Ablenken. Eiskalte Fakten, denn schließlich waren wir keine naiven 14 mehr wie jedes andere x-beliebige Magical Girl.
Wer hatte das gewusst? Mal wieder keiner.
Mein Blick im Spiegel war mehr als gewöhnungsbedürftig. Orangene Haare … eine Mikan mit orangenen Haaren … und wie sah das denn überhaupt aus? Meine fünf Freundinnen, die rote Sakura, die blonde Nanako, die grüne Yuzu, die blaue Aoi und die lila Mara, traf es nicht weniger kurios. Trotzdem – mein Hobby, den hawaiianischen Hulatanz vor dem großen Spiegelschrank einzuüben, konfrontierte mich öfter als mir lieb war minutenlang ohne Pause mit meinem neuen Erscheinungsbild. Nanako, passionierte Anhängerin des gelb-schwarz gestreiften, ansässigen Baseballteams Hanshin Tigers, teilte als Cheerleaderin mein Schicksal, während wir zusammen bei mir zuhause übten. Ihre Bewegungen waren schnell, energisch und wild, während meine gemächlich, sanft und wellenartig wie die bequeme Ruhe eines hawaiianischen Strandes waren, an dem man unter Palmen seinen leckeren, bunten Cocktail schlürfen konnte. Ich musste einfach optimistisch sein: Dass auch Tänzerinnen gute Pokémon-Trainer sein konnten, hatten die Kimono-Girls und allen voran die junge Geisha Touka Fujiwara, die sogar zum Champ der Johto-Region aufgestiegen war, schon lange bewiesen. Auch wenn ein Curelei zum Hula besser gepasst hätte, hatte ich ein pflanzenähnliches Pokémon an meiner Seiten, nämlich ein kleines Irrbis mit süßen, kleinen Vampirzähnchen. Nanako hingegen besaß passend zu ihrem Tanzstil ein Cheer-Choreogel, bei dem sie den Mangel an schwarzen Farbbestandteilen monierte. Fast schon stereotypisch trainierte Sakura das Kirsch-Pokémon Kikugi, Mara gehorchte die züngelnde Schlange Rettan und Aoi war Besitzerin eines flauschigen Vulpix aus der Alola-Region, das sich durch sein weiß-blaues Fell und seine Liebe zu Eis und Kälte von den einheimischen Füchsen abhob. Yuzu jedenfalls kümmerte sich um die schüchterne Mahiru, ein Trasla, das in der Obhut der selbstbewussten jungen Frau immer mehr aufgetaut war.
„Weißt du, Mikan, was ich am wenigsten verstehe, wenn ich über diese Roulette und diesen Slot Machine nachdenke?”, fragte mich Nanako aus heiterem Himmel, während wir uns mit einem kühlen Erfrischungsgetränk eine kleine Pause gönnten. Immerhin warteten wir auch noch darauf, dass unsere Uniformen endlich fertig genäht wurden!
Nach einem großen Schluck erfrischender Zitronenlimonade versuchte ich mich an der Raterei: „Wieso die beiden Witzfiguren noch nicht geschnappt wurden?”
„Nein! Ich meine ja, das teilweise auch, aber ich wundere mich über die Leute, die so überrascht sind, dass ein Trainer mehr als ein Pokémon hat!”
„Sind die das?”
„Ja! Dabei ist es relativ einfach: ins hohe Gras gehen und so viele Pokémon fangen wie man möchte. Als Verbrecher muss man sich wegen Pokébälle klauen oder Vernachlässigung zu vieler seiner neuen Haustiere keinen allzu großen Kopf machen. Aber die meisten finden die Idee, mehr als sechs Pokémon zu besitzen, absurd. Dabei ist das ja eigentlich nur eine Frage des Geldes und des Wohnraumes, Futter zum Beispiel, wie bei uns … ein Verbrecher mit nur einem einzigen Nagelotz oder Rattfratz ist nicht besser wie ein Bankräuber, der mit einer Gabel bewaffnet ist!”
Das stimmte natürlich, aber trotzdem hatte ich jetzt einfach Lust, Nanako zu necken: „Oder die Tigers, die nur gute Fans, aber keine guten Spieler haben!”
„Hey! Wie fies! Na warte!”, rief die Neu-Blondine, als sie aufstand, um mir eine Kopfnuss zu verpassen. Ich flitzte schnell weg, sodass sie gnadenlos scheiterte, doch das nahm ein jähes Ende, als wir durch das Fenster Mara, Aoi, Yuzu und Sakura angetrottet sahen. Halb-Italienerin Mara zog einen hölzernen Bollerwagen hinter sich her, in der ganz offensichtlich unsere neue „Dienstkleidung” untergebracht war. Als wir den Außenbereich des Hauses meiner Eltern erreichten, sah ich, wie Yuzu genervt das „SMOKE FREE ENVIRONMENT”-Schild an unserer Holzveranda anstarrte, ihre eigene Zigarette beinahe zerbeißend. Wie ein Rudel gieriger Magnayen stürzten wir uns auf die Kleidung, die noch keine der anderen Mädchen anprobiert hatte – wir wollten das gleichzeitig erleben! Das Oberteil bestand aus einer Art Mischung zwischen Top und Brustpanzer wie in Sailor Moon oder Wedding Peach, nur mit unsichtbar integrierter schusssicherer Weste in der jeweiligen Haarfarbe sowie zu kleineren Teilen Silber. An den Seiten gab es keine Puffärmelchen, sondern zugespitzte Schulterklappen in Regenbogenstil, die eher an eine Kapitäns- oder Offiziersuniform erinnerten. Für den Unterkörper gab es ein Duo aus kurzer Hose und einem knappen Faltenrock, unter dem ein noch kürzeres, aber flauschiges Stufenminiröckchen namens Petticoat, ebenfalls in Silber, versteckt war. Während wir Haarschmuck, Ohrschmuck, Socken und Schuhwerk beziehungsweise Bestiefelung bis auf die Farbwahl unabhängig davon auswählen konnten, war uns Sechsen doch ein ausreichend zufriedenstellender Kompromiss zwischen mädchenhaft und cool gelungen.
„Wuhu, ich kann es kaum erwarten!”, sprang Sakura vor Freude in die Luft, während Aoi mit einem Glitzern in den Augen stillschweigend unsere neuen Kostüme bewunderten. Privat war das natürlich noch eine ganz andere Situation, als in der Öffentlichkeit skeptische Blicke zu ernten, zumindest solange, bis wir genügend Beliebtheit gewonnen hatten. Dafür würden wir mit unseren Pokémon-Partnern sorgen müssen. Die Uniformen saßen zumindest perfekt, als wir sie und auch uns selbst vor der großen Spiegelwand gegenseitig bewunderten.
„Und ein Name? Wir brauchen einen Namen! Für jedes Mitglied! Wir haben ja schon mal etwas mit Regenbogen!”, drängte die blauhaarige Aoi, die eine kleine Piourette drehte.
Mara, unsere Violette, konnte die Hektik gar nicht verstehen: „Mach mal halb lang, du Kraut. Wir haben ja schon mal Rainbow Irgendwas. Zum Beispiel 'Squad', das erinnert jeden an eine Art Polizei.” Aoi, deren Mutter aus Deutschland kam, schmollte bei dieser eigentlich mir vorbehaltenen Bemerkung. Aber da wir alle ein ausländisches Elternteil hatten, war das Ganze sowieso eher scherzhaft unter Freundinnen gemeint.
Sakura erinnerte uns derweil an Floyds Worte, während sie ihre Haare um ihren Zeigefinger wickelte: „Überlegt mal, was haben wir alle gemeinsam? Zumindest teilweise eine Referenz nach Früchten. Wir können uns jetzt den Kopf zerbrechen und krampfhaft nach etwas suchen, zu dem mindestens eine von uns keinen Bezug hat. Aber ich denke da an Rainbow Cherry für mich, Orange für Mikan, Banana für Ba-nanako, Lemon für Yuzu, Blueberry für Aoi-berry und Passion für Mara … die Passionsfrucht oder Maracuja eben.”
„Rainbow Steak wäre mein Favorit, aber Lemon ist auch okay ...”, entgegnete die in das weiche Sofa versunkene Yuzu etwas unmotiviert, während sie an ihrem Nietenarmband herumspielte: „Ich meine, was haben wir für Alternativen? Mit meinen Girls von der Band habe ich Jahrhunderte nach einem passenden Namen gesucht, und das, obwohl wir alle mehr oder weniger einen ähnlichen Geschmack hatten. Und die ganzen anderen Magical Girlies tragen jetzt auch nicht viel kreativere Namen.” Da war natürlich eine gewisse Wahrheit nicht zu verleugnen.
Ich versuchte, das Thema schnell zu einem Abschluss zu bringen: „So lange uns noch niemand kennt, ist es ja sowieso nicht in Stein gemeißelt, oder?” Alle nickten zustimmend. Wir kannten das Gefühl, im Visier von Schurken zu sein, nicht. Weder als Opfer und schon gar nicht als ebenbürtige Gegnerinnen, die wir mit unseren unterentwickelten Pokémon momentan gewiss nicht waren. Aber man brauchte uns – so hieß es zumindest. Super Sandro war Fiktion, die Powerpuff Girls ebenso. Aber wir, wir wollten eine wirkliche Bedrohung für die niederträchtigen Schufte werden. Je mehr ich darüber nachdachte, dass uns diese Art der praktischen Ausbildung lästiges Büffeln für Klausuren, nervenaufreibende Referate und nie enden wollende Seminararbeiten ersparte, desto mehr Gefallen fand ich an meiner neuen Rolle als Rainbow Orange.
Zwei Halb-Nationalitäten sind mit Absicht noch nicht enthüllt worden - irgendwo muss ich cliffhangern. Der Dialekt ist so gewollt, vielleicht erkennt ihn jemand. :3 Ciao Kakao~!
PS: Eventuell füge ich für die Hauptcharaktere Kurze Steckbriefe in Spoilern ein, nur für Farbe, Name, Herkunft, Hobbies, Größe und Pokémon, der Übersicht halber.