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    Vorwort:
    Ich habe mir gedacht, ich lade erst einmal den zweiten Teil von Teamgeist hoch, damit ich die Geschichte bis nächster Woche komplett online habe, da AHAW Vol. 1 ansonsten Spoilern würde. ^^


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    Teamgeist


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    Teil 2


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    Kyras Gedanken sollten sich bestätigen, als sie weiterfuhr um mit den anderen Spielerinnen zu sprechen.
    Als nächstes besuchte sie Eleanor Anderson, diejenige von der die Bellschwestern behauptet hatte, Russel hätte ihr einen Freund ausgespannt. Eleanor derweil schwor, sie hätte es nur versucht, wäre aber nicht damit durchgekommen. Dennoch beschwerte auch sie sich über Russel und darüber, dass diese einfach keine Teamspielerin gewesen sei.
    Was hatte sie dann in einer Fußballmannschaft gemacht?
    Ms. Anderson erzählte zudem, dass Maia – Kyra schloss mit Blick auf die Liste, dass es sich um Maia Kerr handeln müsste – auf einer Feier nach einem Spiel vor knapp zwei Wochen sich ziemlich mit Russel gestritten hatte. Außerdem meinte sie beiläufig, dass Russel hätte Marcel, den Teammanager, vor einer Weile abblitzen lassen. Zumindest – so ihre Worte – „sagte man sich das“.
    Die nächste Spielerin, Miley Bruce, war schon etwas erschütterter von Russels Tod, war laut eigenen Aussagen jedoch auch nicht mit ihr befreundet gewesen. Auch sie erzählte von dem Streit zwischen Russel und Irene Duncan und dass Irene ihr nur hatte helfen wollen, immerhin hätte Russel seid einer Weile bedrückt gewirkt.
    Danach besuchte Kyra Kelsi Craig – oder versuchte dies zumindest. Am Ende jedoch stand sie nur fünf Minuten vor einer geschlossenen Wohnungstür.
    Das war der Moment, wo sie beschloss, das mit der mehr oder minder alphabetischen Reihenfolge sein zu lassen und als nächstes Regina Hunter zu besuchen, da sie nur eine Straße von Craig entfernt lebte.
    Ms. Hunter wiederum wirkte eher mitgenommen. Von ihr bekam Kyra zum ersten Mal das übliche Unverständnis, das sie erwarten würde, zu hören. „Aber wer würde so etwas tun?“ Sie war sich mehr als sicher, dass es niemand aus der Mannschaft gewesen sein könnte und auch sie erwähnte diesen „Jamie“ ohne einen Nachnamen zu wissen. Allerdings stimmte sie nach einer Weile zu, dass Russel vor allem im letzten Jahr immer wieder angeeckt sei.
    Danach beschloss Kyra erst einmal den aktuellen Tag zu beenden – nicht zuletzt da sie auf der letzten Seite ihres Notizblocks angekommen war. Sie fuhr nach Hause, schrieb ihren Bericht, schickte diesen Sutherland und war danach froh ihre Beine ein wenig hochlegen zu können.
    Am nächsten Tag machte sie bei Abbey Crawford weiter. Auch sie konnte sich nicht vorstellen, dass es jemand gewesen war, den sie kannte. Allerdings war sie offenbar auch jene Art von Tratschtante, die gerne noch dies und jenes erzählte. So erfuhr Kyra von ihr, dass das Team aktuell keinen eigenen Trainer hatte, da sich vor zwei Monaten herausstellt hatte, dass der letzte Trainer eine Beziehung mit einem Mannschaftsmitglied geführt hatte und seither suspendiert war – wie auch das Mannschaftsmitglied, eine Veronica Hearth. Irgendwas, irgendwas, offenbar hatte er sie bevorzugt behandelt. Weiter ging es mit der Geschichte die Kyra schon am Vortag gehört hatte: Offenbar hatte „Marcel“ Interesse an Russel gehabt und diese hätte ihn abblitzen lassen. Einfach so. Aber wahrscheinlich war dies ja auch besser für ihre Karriere. Noch eine Spielerin an sowas zu verlieren, das brauchte man ja nicht, so Crawford.
    Auch wenn Kyra kein Fan von Klatsch und Tratsch war schrieb sie bereitwillig mit. Immerhin lag vielleicht in genau diesen Dingen gerade etwas, das man gebrauchen konnte.
    Danach schaffte sie es Kelsi Craig endlich in ihrer Wohnung aufzufinden, die erklärte, dass sie nach den Neuigkeiten am Vortag zu ihren Eltern gefahren war. Neues hatte sie jedoch auch nicht zu erzählen.
    Im Alphabet kam Irene Duncan als nächstes, die allerdings auch in der Nähe von Ishita Javinja und Isabelle Lee lebte. Die drei Is, dachte Kyra sich selbstironisch, als sie in der Straße vorfuhr. Sie lernte hier noch ganz neue Gegenden der Stadt kennen.
    Alle drei lebten in der Nähe der botanischen Gärten und da Watson auf dem Rücksitz langsam etwas verzweifelt wirkte, machte sie mit ihm – bevor sie mit den Befragungen fortfuhr – einen kleinen Spaziergang am Rand des Parkgeländes entlang. Immerhin war das Wetter heute bewölkt und kühl, aber nun gänzlich trocken.
    Ironischer Weise war es hier, ein ganzes Stück von Silverglow entfernt, dass sie der Person, mit der sie am wenigsten zu tun haben wollte über den Weg lief. Während sie mit Watson an der Leine einen der Wege entlang lief, kam ihr eine auf den zweiten Blick vertraute Gestalt entgegen. Wright. Großartig.
    Der Kleidung und Fortbewegungsart nach zu schließen, kam er hierher um zu joggen.
    Schon spannte sie sich an, darauf gefasst, dass er irgendeinen Blödsinn machte, doch er nickte ihr nur mit einem grimmigen Gesichtsausdruck zu und lief weiter, während Watson sich einmal mehr an Kyras Beine drückte und zwischen Knurren und Winseln schwankte.
    Nun, zumindest hatte Wright sie nicht erneut bedroht. Zumindest etwas. Arschloch.
    Bald darauf machte sie sich auf den Rückweg zur Straße in der Duncans Wohnung lag. Überraschung, sie war nicht da. Zumindest schloss Kyra das nach mehrmaligem Klingeln.
    Entsprechend entschloss sie sich mit einem Seufzen es erst einmal mit Javinja und Lee zu probieren. Vielleicht war Duncan ja nur einkaufen. Ansonsten … Am nächsten Tag – so viel hatte sie mittlerweile erfahren – würde das Training wieder stattfinden. Also sollte Duncan ja da sein, oder?
    Während sie in der Küche der beiden offenbar nicht miteinander verwandten Fußballspielerinnen saß, die ebenso wenig neues erzählten, fragte sich Kyra, ob die beiden nur befreundet waren oder in einer Beziehung waren. Sie fühlte sich unwillkürlich an diesen Mädchen-Fußball-Film mit Keira Knightley erinnert, in dem die Hauptcharaktere ursprünglich hatten lesbisch sein sollen. Immerhin war der Hauptcharakter in dem Film auch indischer Abstammung gewesen.
    Natürlich waren die beiden einander das Alibi und waren am entsprechenden Abend offenbar mit anderen Freunden unterwegs gewesen, die man wohl auch fragen könne. Allerdings hatten auch sie wenig mit Russel zu tun gehabt. Lee gab offen zu, nicht besonders gut mit ihr ausgekommen zu sein, aber das nur, weil sie selbst meistens auf der Ersatzbank saß und wie Russel eine Verteidigerin war. So sagte sie. Dennoch schienen beide angemessen über den Todesfall schockiert.
    Als sie die Wohnung der beiden verließ, machte sie noch einmal einen Abstecher zu dem Haus in dem Irene Duncan lebte, doch erneut ohne Erfolg. Vielleicht war auch sie irgendwo anders hin gefahren?
    Eventuell sollte sie bei Sutherland nachfragen. Technisch gesehen hatte sie auch die Handynummer von Duncan und noch immer hatte sie die Möglichkeit einfach am nächsten Tag beim Training zu schauen.
    Abwarten, sagte sie sich.
    Der Nachmittag war durch all die Gespräche und die Herumfahrerei erstaunlich weit voran geschritten, als Kyra schließlich noch Aleesha Murphy besuchte. Diese lebte mit ihrem Freund und dessen Bruder zusammen und warf Watson einen bösen Blick zu, als dieser ihre Katze anknurrte und jagen wollte. Nachdem Kyra Watson ins Auto zurück gebracht hatte, froh, dass das Wetter kühl war, sprach Ms. Murphy am Ende jedoch mit ihr.
    Sie schien mehr wütend als irgendetwas anderes über den ganzen Vorfall zu sein und begann nach einer Weile vor allen Irene Duncan zu beschuldigen. Immerhin hätte sie sich oft mit Russel gestritten, das eine Mal vor zwei Wochen war – laut ihr – nur die Spitze des Eisbergs gewesen.
    Auch das notierte sich Kyra und beschloss am kommenden Tag andere Spielerinnen des Teams dazu zu befragen. Was blieb ihr auch anderes übrig?
    Kurz überlegte sie noch ein oder zwei weitere Befragungen durchzuführen, doch dann beschloss sie es für diesen Tag sein zu lassen. Immerhin wäre es am nächsten Tag ohnehin einfacher durchzuführen – mit all ihren „Opfern“ an einer Stelle.
    Außerdem hatte sie Hunger, da sie seit dem Frühstück nicht mehr als ein wenig Teegebäck gegessen hatte.
    Entsprechend fuhr sie nach Haus, machte sich daran Spaghetti zu kochen und schrieb schmatzend – und unfreiwillig die ein oder andere Nudel mit Watson teilend – ihren Bericht für den Tag mit einer Zusammenfassung aller Befragungen. Nach einem Bad, das sie sich eindeutig verdient hatte, legte sie sich schließlich, auch wenn es noch früher Abend war, ins Bett, um noch ein wenig zu lesen.


    Am nächsten Tag stand sie – für ihre Verhältnisse – früh auf. Das Training begann laut den Informationen, die Sutherland ihr gegeben hatte, bereits um 10 Uhr in der Früh und da das Trainingscenter in East Lothian lag, also gut eine halbe Stunde bei guter Verkehrslage entfernt, während sie auch mit dem morgendlichen Rushhour-Verkehr rechnen musste. Da sie die Zeit optimal nutzen wollte, wollte sie nicht riskieren zu spät zu kommen. Sie konnte sich immerhin denken, dass es wesentlich schwerer werden würde, Leute zu befragen, wenn sie diese aus dem Training herausnehmen musste.
    Sie stand gerade vor einer Ampel, als ihr Handy klingelte. Molly, sagte ihr der Bildschirm. Na wunderbar. Was wollte Molly nun von ihr?
    Für einen Moment überlegte sie nicht dran zu gehen. Immerhin saß sie gerade am Steuer und sie wollte doch keine Ordnungswidrigkeit begehen oder gar riskieren, dass sie einen Unfall baute. Dennoch. Vielleicht war es was wichtiges. Oder Molly wollte nur sicher gehen, dass sie nichts „falsches“ machte.
    Grummelnd ging Kyra dran. „Was gibt es, Molly?“, fragte sie direkt, ohne sich zu melden.
    „Nichts besonderes“, erwiderte ihre Exfreundin. „Ich wollte eigentlich nur hören, wie du voran kommst.“
    „Hat Sutherland nichts gesagt?“
    „Ich arbeite nicht an dem Fall“, entgegnete Molly nur tonlos.
    Kyra konnte nicht anders: Ein leichtes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Na so etwas. „Dann weißt du, dass ich dir auch nichts sagen darf.“
    Ein kurzes Schweigen, dann eine sehr gepresste Antwort: „Ja. Ich wollte nur sicher gehen, dass …“
    „Ich keinen Unsinn mache?“, versuchte Kyra genervt den Satz zu beenden.
    „Dass alles in Ordnung ist“, entgegnete Molly mit Nachdruck. „Wenn du Hilfe brauchst …“
    „Dann rufe ich Sutherland an“, antwortete Kyra. Sie zuckte mit den Schultern, auch wenn Molly es nicht sehen konnte. „Entspann dich mal. Es ist alles in Ordnung. Ist rede mit ein paar Leuten, mehr nicht.“
    „Uhum“, machte ihre Exfreundin nur, als wolle sie das nicht so ganz glauben.
    Kyra seufzte leise. „War das alles?“
    Für einen Augenblick zögerte Molly. „Ja“, sagte sie dann schließlich. „Du weißt, wenn etwas ist …“
    Natürlich wusste Kyra, was sie sagen wollte, doch sie kam nicht umher sich wieder einmal ob des vermeintlichen Misstrauens verletzt zu fühlen, weshalb sie antwortete: „Dann wende ich mich an Chief Inspector Sutherland.“
    Wieder ein kurzes Schweigen, dann: „Ja, genau.“ Ein halb unterdrücktes Seufzen folgte. „Mach das.“
    „Werde ich“, erwiderte Kyra. „Mach dir nicht so viele Gedanken.“ Dann fügte sie hinzu: „Ich muss auflegen. Ich bin fast da.“
    Wieder zögerte Molly. „Okay“, sagte sie schließlich ehe Kyra auflegte.
    Was musste Molly nur alles so kompliziert machen? Konnte sie nicht einmal darauf vertrauen, das alles nach Plan lief?
    Kyra schüttelte den Kopf und sah sich an der nächsten Ampel zu Watson um, der entspannt auf der Rückbank lag. „Was soll ich nur wegen ihr machen?“, fragte sie ihn.
    Überrascht hob der den Kopf und sein Schwanz begann zu wedeln. Er bellte kurz auf.
    „Ich versuch's“, murmelte sie und seufzte noch einmal, ehe sie sich wieder auf die Straße konzentrierte.
    Zumindest kam sie ohne große Zwischenfälle an dem Trainingsplatz an und parkte auf dem kleinen Parkplatz vor dem Center, das offenbar die Umkleiden und wahrscheinlich auch ein paar andere Einrichtungen behauste. Immerhin teilte sich die Damenmannschaft das Center sowohl mit der U20 Herrenmannschaft, als auch der normalen Herrenmannschaft. Kyra hatte sich das ganze auf Google Maps angesehen, wo man gut erkennen konnte, dass eine ganze Hand voll Spielfeldern zu dem Center gehörte, das vor knapp zehn Jahren gebaut worden war.
    Zugegebener Maßen war sie ein wenig unsicher, was sie nun genau machen sollte. Immerhin war sie nicht angekündigt und war sich nicht sicher, ob sie überhaupt herein gelassen werden würde. Nun, sie hatte alles Recht hier zu sein und wenn es ein Problem gab, würde sie genau das machen, was sie Molly gesagt hatte: Sutherland anrufen.
    Also musste sie es einfach probieren.
    „Komm, Watson“, sagte sie und klappte den Fahrersitz vor, damit Watson hinter ihr herausspringen konnte.
    Natürlich hing auch hier einmal wieder ein „keine Hunde erlaubt“ Schild. Wirklich. Was sollte Watson denn schon in einem Trainingscenter kaputt machen können? Er war ja immerhin gut genug erzogen, um sich nicht in irgendwelchen Zimmerecken zu erleichtern.
    Sie seufzte und sah sich dann um. Gerade als sie die Hand auf den Türgriff gelegt hatte, hörte sie Schritte hinter sich und sah eine junge, dunkelhäutige Frau, deren Haare in dünne Zöpfe geflochten waren, welche wiederum von einem Haarband zurückgehalten wurden, auf sich zukommen. Die Frau sah übermüdet aus, ihre Augen rot unterlaufen, sah Kyra aber mit so etwas wie Freundlichkeit in den Augen an. „Guten Morgen“, sagte sie und musterte Kyra.
    „Guten Morgen“, erwiderte Kyra. Wenn sie nach den Bildern auf der Webseite der Mannschaft ging, musste dies Charleigh Aitken sein, diejenige, die die Leiche gefunden hatte. Derweil wartete sie selbst nur auf eine Frage, die fraglos kommen würde – und natürlich kam sie, wenngleich nicht ganz so, wie Kyra gedacht hatte.
    „Sie sind die Detektivin, ja?“
    „Ähm, ja.“ Etwas nervös hielt Kyra ihr die Hand hin. „Kyra Hare.“
    Ms. Aitkin schüttelte ihr die Hand. „Charleigh Aitkin.“
    Kyra nickte. Sie wollte nicht sagen, dass sie sich das gedacht hatte. Wäre das nicht rassistisch gewesen, wenn man bedachte, dass Charleigh das einzige Mannschaftsmitglied mit so dunkler Haut war.
    „Sie sind wegen der Befragungen hier?“, schloss Ms. Aitkin.
    Erneut nickte Kyra. „Ja. Ich habe mir gedacht, ich werde heute niemanden bei sich zuhause finden“, erwiderte sie.
    „Da könnten Sie recht haben“, erwiderte Aitkin und schien sich um ein Lächeln zu bemühen.
    Kyra musste zugeben überrascht zu sein, dass die junge Frau überhaupt hier war. Wenn man einen Freund von ihr ermordet hatte, wäre sie wohl kaum in der Lage zwei Tage darauf wieder normal arbeiten zu gehen. Entsprechend zögerte sie. Was sollte sie sagen? Zumal sie Ms. Aitkin ja nicht befragen sollte. „Ähm …“ Ach, verdammt noch mal! „Sie waren es, die …“ Sie hielt sich davon ab „die Leiche“ zu sagen. „Sie waren es, die Ms. Russel gefunden hat, nicht wahr?“
    Aitkin nickte. „Ja.“ Sie seufzte und sprach mit eher tonloser Stimme weiter. „Wir … Normal gehen wir jeden Morgen gemeinsam joggen. Aber vorgestern … Sie ist nicht zur Tür gekommen, als ich geklingelt habe. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte und bin nachsehen gegangen. Und als ich durch das Küchenfenster geschaut habe lag sie da.“
    Kyra nickte, unsicher was sie dazu sagen sollte. Dagegen hatte Watson eine recht gute Idee. Er machte einen Schritt auf die junge Frau zu und stupste ihr Bein mit seiner Schnauze an. Dann sah er sie an.
    Wieder zeigte sich ein mattes Lächeln auf dem Gesicht Aitkins und sie strich über Watsons Kopf, woraufhin dieser mit den Schwanz wedelte. „Ihr Hund?“, fragte sie.
    „Ja“, erwiderte Kyra. „Das ist Watson. Mein treuer Assistent.“
    Aitkin nickte und lächelte erneut ob des Namens. „Ich verstehe.“ Dann sah sie zur Tür. „Eigentlich sind keine Hunde erlaubt.“
    „Er jagt schon keine Fußbälle“, meinte Kyra halb scherzend. „Wie sollte ich ohne ihn arbeiten?“
    Daraufhin nickte die andere. „Nun, ich werde nichts sagen. Sie sollten sich eher Gedanken um Marcel machen …“
    „Der Manager?“
    „Genau“, erwiderte Aitkin. „Er nimmt ein paar Sachen in letzter Zeit zu genau … Wahrscheinlich seit der Sache mit Victoria und Johnny.“
    „Der alte Trainer?“, schloss Kyra.
    Zur Antwort nickte Aitkin nur.
    „Ich glaube, Marcel …“ Sie brach ab und schüttelte den Kopf. „Das hat nichts mit all dem zu tun.“ Sie holte tief Luft, während sie einen Flur, der Kyra an die Sporthalle ihrer Schule erinnerte, hinabliefen.
    Irgendwie hatte sie sich das ganze glamouröser vorgestellt.
    „Ich kann es immer noch nicht ganz glauben“, meinte Aitkin schließlich und blieb stehen, da sie offenbar vor der Umkleide angekommen waren.
    Unsicher sah Kyra zu Watson, in der Hoffnung, dass er etwas machen würde. Natürlich tat er das nicht sondern sah nur mit leicht aufgestellten Ohren zu ihr hinauf.
    „Ich …“, begann sie, hielt aber noch rechtzeitig inne. „Ich bin mir sicher, die Polizei wird den Täter ausfindig machen.“
    Aitkin nickte. „Wenn ich irgendwie helfen kann …“
    Nun, eigentlich war sie nicht hier um zu ermitteln. Es sei denn natürlich, es ergab sich eine gute Möglichkeit. „Dann komme ich darauf zurück“, meinte sie mit einem – so hoffte sie – sanften Lächeln. Selbst wenn sie nicht angeheuert worden war um zu ermitteln, kam es ihr unfair vor, dies der jungen Frau so zu sagen.
    Erneut bekam sie nur ein Nicken zu Antwort und fühlte sich ein wenig unwohl, ehe sie sich etwas anderes überlegte.
    „Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass Sie heute schon wieder hier sind“, meinte sie.
    Daraufhin zuckte die junge Frau hilflos mit dem Schultern. „Es bringt mich auf andere Gedanken“, murmelte sie. „Außerdem … Es ist für die Mannschaft. Wir dürfen deswegen doch nicht …“ Sie wich ihrem Blick aus und seufzte. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich sollte mich umziehen gehen.“ Sie machte eine Kopfbewegung in Richtung der Tür. „Aber … Ja, wenn es irgendwas gibt, das ich tun kann, um zu helfen.“
    Kyra nickte nur. „Schon gut.“
    Dann seufzte sie und sah sich um, während Ms. Aitkin in den Raum ging.
    Was also sollte sie nun tun?
    Sie sah sich um. Irgendwie musste sie ja auf das Spielfeld kommen. Also dahin, wo trainiert wurde. Sie war echt froh, dass das Wetter mittlerweile besser war.
    Immerhin hätte sie wenig Lust darauf gehabt, bei strömenden Regen, wie in den vergangenen Tagen draußen rumzustehen für die Befragungen.
    Tatsächlisch stellte sich das Innere des Gebäudes als halbes Labyrinth heraus. Sie war sich zwar sicher, dass es durch die Umkleiden auch irgendwie nach draußen ging, aber man würde es ihr wohl übel nehmen, würde sie gerade jetzt dort hindurch marschieren. Selbst wenn sie sich sicher nicht beschweren würde, dachte sie sich halbherzig.
    Am Ende jedoch fand sie einen Gang der in Richtung der Spielfelder führte und fand dort bereits die ersten paar Spielerinnen mit Aufwärmübungen beschäftigt.
    Kyra holte ihr Handy hervor, um die Gesichter der jungen Frauen besser zuordnen zu können. Neben den Bell-Schwestern, die sie bereits kannte, sowie auch Eleanor und Aleesha, waren vier weitere Spielerinnen hier draußen. Sie identifizierte sie als Abbey Crawford, Madleine MacKey, Rebecca Rowell und Maia Kerr. Es war letztere, die Kyra bemerkte und sowohl ihr, als auch Watson einen beinahe schon feindseligen Blick zuwarf.
    Sie hörte mit den Streckübungen, die sie gerade machte, auf, und kam zu ihr hinüber gejoggt.
    „Hunde sind hier nicht erlaubt“, meinte sie kühl.
    Die junge Frau – wenn Kyra nicht irrte war sie laut den Akten 23 Jahre alt gewesen – hatte recht kurzes, braunes Haar und sonnengebräunte Haut. Auch sah man noch deutlich verblassende Sommersprossen auf ihrer Nase, während sie ebenso Kyra musterte.
    „Wer sind Sie überhaupt?“, fügte sie dann hinzu. „Das hier ist keine öffentliche Veranstaltung.“
    Wunderbar, dachte sich Kyra. Zumindest konnte sie so die Anmerkung zu Watson ignorieren. „Mein Name ist Kyra Hare,“ spulte sie ihre Vorstellung herunter. „Ich bin Privatdetektivin und wurde von der Scottland Police beauftragt die Mitglieder dieser Mannschaft ob des Todes von Talia Russel zu beauftragen.“ Ohne eine große Pause zu machen fügte sie hinzu: „Und Sie sind Maia Kerr, liege ich da richtig?“ Sie hielt ihr mit einem gekünstelten, professionellen Lächeln eine Hand hin, die prompt ignoriert wurde. Hatte dem Mädel niemand Manieren beigebracht?
    „Und?“, war die einzige Antwort, die sie bekam.
    Okay, die Göre war ihr unsympathisch. „Kann ich Sie kurz zu der Verstorbenen befragen?“, fragte Kyra, die sich so leicht nicht verunsichern lassen wollte.
    „Ich habe keine Zeit“, erwiderte Kerr und wandte sich zum Gehen.
    „Ich werde sie so früher oder später befragen müssen“, meinte Kyra nüchtern. „Ich dachte, es würde Sinn ergeben, dies vor dem Anfang des eigentlichen Trainings zu machen.“
    Kerr gab ein genervtes Stöhnen von sich. „Gut. Okay.“ Sie drehte sich wieder zu Kyra um und legte eine Hand in die Seite, um sie beinahe herausfordernd anzusehen. „Was wollen Sie wissen?“
    „Wie war ihr Verhältnis zu Ms. Russel?“, fragte Kyra gerade heraus.
    Ein Schulterzucken war die Antwort. „Konnte sie nie wirklich leiden. Sie war unverschämt, hat Leute, die sie nicht leiden konnte, wie Scheiße behandelt und konnte sich generell nicht benehmen.“
    Dann hättet sie ja wunderbar miteinander auskommen müssen …
    „Okay“, meinte Kyra nur, ihre Gedanken für sich behaltend, und notierte sich die Aussage. „Haben Sie irgendwelche Vermutungen, wer etwas gegen sie gehabt haben könnte?“
    „Alle?“, erwiderte Kerr nur genervt. „Mal ehrlich, so wie die sich aufführen konnte, würd' es mich nicht wundern, wenn sie jemand im Affekt abgestochen hat.“
    „Also niemand konkreten?“, fragte Kyra.
    Ein erneutes Schulterzucken. „Keine Ahnung.“ Sie überlegte kurz. „Ich mein', ich glaub' ja eigentlich nicht, dass es jemand von uns war. Aber wie gesagt … Talia hat doch echt jeden auf die Palme bringen können.“ Sie sah sich um. „Sie hat sich häufig mit den Zwillingen gezofft und mit Eleanor. Und in den letzten Wochen hatte sie oft Streit mit Irene. Das heißt Irene Duncan.“ Letzteres fügte sie in einem beinahe besserwisserischen Tonfall hinzu, als könnte Kyra das nicht wissen. Dann hielt sie kurz Inne. „Wobei … Sie sollten mal mit Abbey sprechen, wenn sie da ist. Ich meine, Irene wollte Talia besuchen. K A, Friedensangebot oder so.“ Ein weiteres Schulterzucken, während Kyra sich alles notierte. Dann fragte sie genervt. „War das alles?“
    Kyra seufzte. „Nur eine Sache noch. Wo waren sie an dem Abend?“
    „Kino“, erwiderte Kerr wie aus der Pistole geschossen. „Mit einem alten Schulfreund von mir. Jonas Schumer. Ich habe das Ticket und Sie können ihn fragen.“
    „Ich bin nicht die Polizei“, meinte Kyra nur.
    Noch ein genervtes Schulterzucken.
    Während sie mit Kerr geredet hatte, hatte Kyra nicht bemerkt, wie ein anderes Mädchen – nun, eine andere junge Frau, zu ihnen hinüber gekommen war. Madleine MacKey.
    Mittelfeldspielerin, nach ihren Akten. Gerade 20 Jahre alt und mit einem noch recht kindlichen Gesicht. Sie war ziemlich blass und wirkte auf Kyra beinahe etwas ängstlich. Die Assoziation mit einem gejagtem Reh kam ihr in den Kopf.
    „Was ist los, Maia?“, fragte sie zurückhaltend.
    „Nichts wirklich“, erwiderte Kerr genervt. „Das ist die Detektivin, die von der Polizei beauftragt wurde oder so.“ Sie sah zu Kyra. „Kann ich jetzt gehen?“
    Kyra nickte. „Ja.“ Eigentlich hätte sie sie die ganze Zeit nicht dran hindern können. „Darf ich dafür nun mit Ihnen sprechen, Ms. MacKey?“
    Überrascht sah das blasse Mädchen sie an. „Sie kennen meinen Namen?“
    „Ich habe die Unterlagen der Polizei durchgearbeitet“, erklärte Kyra nur. „Da waren alle Mannschaftsmitglieder enthalten.“
    Unsicher sah MacKey zwischen ihr und Ms. Kerr hin und her. Kyra kam nicht umher, den Blick, den sie der anderen Frau zuwarf, als Hilfesuchend zu interpretieren.
    „Red' einfach mit ihr“, meinte Kerr in einem beinahe herrischen Ton und joggte dann zu den anderen Spielerinnen – mittlerweile hatten sich ein paar mehr versammelt – hinüber.
    MacKey nickte. „Was … Kann ich Ihnen sagen, Ms.  …?“ Fragend brach sie ab.
    „Hare“, erwiderte Kyra. „Mein Name ist Kyra Hare.“
    „Okay“, flüsterte das Mädchen. „Was kann ich Ihnen erzählen, Ms. Hare?“
    Kyra bemerkte, dass MacKey ihr nie ganz in die Augen sah und immer, wenn sie ihren Blick suchte, diesem auswich. Nun gut. Also gut. „Nun, ich soll die Teammitglieder zu Ms. Russel befragen. Wie standen Sie zu ihr und würde Ihnen jemand einfallen, der ein mögliches Motiv gehabt hätte?“
    „Nein!“, sagte die junge Frau vielleicht ein wenig zu schnell.
    Irgendetwas stimmte hier nicht. Sie verbarg etwas, soviel war deutlich zu sehen. MacKey verhielt sich wie ein Charakter in einem dieser Detektiv-Computerspiele, in die Kyra vor einer Weile aus purer Langeweile geschaut hatte. Dort verhielten sich Täter, Mittäter oder bedrohte Zeugen immer etwas übertrieben, doch genau so erschien MacKey.
    Kyra musterte sie und wartete darauf, dass die junge Frau weitersprach.
    „Nun“, murmelte MacKey mit leiser Stimme. „Nun … Talia hatte ein paar Probleme mit ein paar Leuten. Aber deswegen würde sie niemand umbringen, oder? Ich meine, sie war vielleicht ein wenig …“ Sie pausierte kurz und sah offenbar nach einem passenden Wort. „Sie war ein wenig grob und unhöflich, aber sie meinte es doch meistens nicht so. Und das wussten die meisten, oder?“ Die Frage schien beinahe erst gemeint zu sein.
    „Ich weiß es nicht, Ms. MacKey“, erwiderte Kyra. „Ich habe Talia Russel nie kennen gelernt.“
    „Natürlich.“ MacKey wich ihrem Blick wieder aus und wandte den Kopf zu Seite, was Kyra aufmerken ließ.
    Die junge Frau trug die Haare offen, was sie bereits die ganze Zeit verwundert hatte, doch nun glitt eine Strähne des Haares weit genug zur Seite, um eine Rötung der Haut an ihrem Hals zu zeigen.
    Beinahe instinktiv, wohl wissend, dass es unhöflich und nicht besonders respektvoll war, streckte Kyra die Hand aus und hob das Haar des Mädchens an. Die Rötung war der Rand eines Strichs an ihrem Hals, der in der Mitte bläulich war. Würgemale. Wenn Kyra nicht irrte von einem Seil oder vielleicht einem Gürtel. Fuck.
    MacKey schreckte zurück, instinktiv eine Hand zum Hals hebend.
    „Wer war das?“, fragte Kyra vorsichtig und bemüht einfühlsam zu klingen.
    „Was?“ Die Frage klang eher panisch als etwas anderes. Sie sah sich um, beinahe als suche sie nach Hilfe.
    „Das ist ein Würgemal“, sagte Kyra leise. „Wer war das?“
    Wenn sie nicht irrte, wurde MacKey etwas rot. Ihre Augen richteten sich zu Boden, doch leichte Bewegungen ihrer Pupillen verrieten Kyra eine gewisse Unruhe. Das war keine bloße Verlegenheit.
    „Ich …“, meinte das Mädchen. „Ich habe einen neuen Freund und …“ Sie trat unwillkürlich zwei Schritte zurück. „Das geht Sie nichts an!“ Dabei bemühte sie sich ihren Blick zu festigen.
    Kyra biss sich auf die Unterlippe, sagte aber nichts.
    Was sollte sie auch sagen?
    „Sonst noch etwas?“, fragte MacKey schließlich und schien sich zu bemühen ihrer Stimme denselben ungeduldigen Klang zu geben, wie Kerr zuvor, woran sie jedoch glorreich scheiterte.
    „Wo waren Sie vor drei Nächten?“
    „Zuhause“, sagte MacKey schnell. „Mit meinem Mitbewohner.“
    Kyra musterte sie. Sie kam nicht umher so etwas wie Mitleid zu verspüren. Dann gab es da noch eine weitere Frage: Hatte das Würgemal etwas mit dem Mord zu tun? Ein Bauchgefühl sagte ihr, dass es so war. Vielleicht wegen der Art, wie das Mädchen sich verhielt. Natürlich war ein Bauchgefühl kein besonders guter Beweis, aber zumindest sollte sie es vielleicht notieren.
    „Das wäre alles“, sagte sie schließlich langsam. „Aber … Sie wissen, dass es Stellen gibt, an die man sich als Opfer häuslicher Gewalt wenden kann, ja?“ Sie wusste, dass es gestelzt klang, doch sie war sich nicht sicher, wie sie sonst mit dem Mädchen reden sollte, das sie ja kaum kannte.
    Das Mädchen jedoch schien gar nicht richtig zuzuhören. Stattdessen sah sie auf einen Punkt hinter Kyra, wo diese, als sie sich selbst umsah, einen Mann – etwa Mitte 30 – erkannte. Das musste Marcel Reilly sein. Der Manager. Und nun kam er genau auf Kyra zu, die kurz zu der erstarrten MacKey sah.
    Sie zog ihre eigenen Schlüsse. Das war so oder so etwas, das Sutherland interessieren konnte.
    „Sie sind die Detektivin“, schloss nun auch Reilly, als er noch etwa acht Schritte von ihr entfernt war und musterte sie.
    Er wirkte durchaus athletisch gebaut. Nicht wirklich muskulös, aber auch nicht zu schlaksig und war gute eineinhalb Kopf größer als Kyra. Sein Haar war braun, seine Augen grau und das müde Lächeln auf seinen Lippen wirkte falsch. Okay, vielleicht war das auch nur ein Vorurteil zu dem sie gerade gekommen war.
    „Ja, die bin ich“, erwiderte sie steif und streckte ihm nach kurzem Zögern die Hand entgegen. „Kyra Hare.“
    „Inspector Sutherland hat Sie bereits erwähnt.“ Er ergriff ihre Hand und schüttelte sie kurz und ohne wirklich zuzugreifen.
    „Gut“, antwortete Kyra schnell und bemühte sich wieder um ihr professionelles Lächeln. „Nun, ich wollte Sie eigentlich fragen, ob Sie mir auch noch ein paar Fragen beantworten können.“
    Der Mann zog eine Augenbraue hoch. „Ihnen?“ Er musterte sie. „Ich dachte, ich hätte alles, was ich wusste, der Polizei gesagt.“
    „Ja, schon“, antwortete Kyra. „Ich … Wollte jedoch noch ein paar Dinge abklären.“
    „Nun, vielleicht nachher“, erwiderte Reilly schließlich. „Ich muss mich zuerst um das Training kümmern. Sie verstehen …“ Er musterte sie noch einmal von oben bis unten und warf dann Watson, der die Ohren angelegt hatte einen kurzen Blick zu. „Eigentlich sind hier keine Hunde erlaubt.“
    Kyra sagte nichts.
    Für einen Moment schwieg auch er, ehe er sagte: „Nun, ich würde Sie bitten, das Training nicht zu sehr zu stören.“ Er zögerte. „Ich denke, es wäre auch im Sinne von Talia, wenn wir weiterhin unser bestes geben.“ Dabei wirkte seine Stimme reuevoll oder – dachte Kyra – vielleicht versuchte er zumindest, sie so klingen zu lassen.
    Verdammt. Vielleicht machte sie wieder ihren üblichen Fehler. Sie neigte dazu, zu schnell und ohne jeglichen Beweis zu voreiligen Schlüssen zu springen, aber verdammt noch mal, der Typ wirkte so verdächtig. Und das letzte Mal, als sie jemanden verdächtig gefunden hatte, hatten diese Leute sie darin auch irgendwo bestätigt. Also … Nein, sie konnte ihn nicht einfach konfrontieren. Immerhin war es nicht ihre Aufgabe. Allerhöchstens konnte sie schauen, ob sie noch irgendwelche Beweise finden konnte, um diese dann an Sutherland zu leiten.
    „Keine Sorge“, meinte sie nur. „Ich würde nur gerne mit den anderen Spielerinnen sprechen. Ich soll den vollständigen Bericht bis heute Abend anfertigen.“
    Ein Zögern. „Nun, gut …“ Er seufzte. „Tun Sie das. Solange sie keins meiner Mädchen zu lange vom Training abhalten.“
    „Das wird wohl nicht vorkommen“, erwiderte Kyra. Sie sah sich auf dem Spielfeld um, wo sich mittlerweile mehr oder weniger die gesamte Mannschaft versammelt hatte, als ihr noch etwas einfiel: „Übrigens. Ich sehe Irene Duncan nicht. Wissen Sie, wo sie ist?“
    „Irene hat sich krankgemeldet“, antwortete Reilly nur. „Soweit ich weiß, ist sie bei ihren Eltern.“
    Kyra nickte. „Danke.“ Noch einmal zögerte sie. MacKey hatte sich mittlerweile zu den anderen gesellt und sprach, wie sie feststellte, nun leise am anderen Ende des Spielfelds mit Kerr. „Könnten Sie mir Abbey Crawford herüber schicken?“, fragte sie dann.
    Und so sprach sie einige Minuten später auf einer Bank am Rand des Spielfelds sitzen mit Ms. Crawford, einer sehr kräftigen, blonden Frau, während Watson aufmerksam den anderen Frauen zusah, die nun Runden um das Spielfeld liefen.
    Crawford erzählte Kyra erneut, was sie schon wusste: Ja, es hatte diesen Streit mit Irene Duncan gegeben. Irene hatte ihr helfen wollen, sagte Crawford. Russel hätte vorher für gute zwei Wochen sehr bedrückt und angespannt gewirkt, wäre auch beim Training nicht richtig dabei gewesen.
    „Und dann ist Talia einfach explodiert“, schloss sie dann. „Einfach so. Hat Irene beleidigt und all das. Obwohl sie nur helfen wollte.“ Sie seufzte. „Na ja, vielleicht hat sie ja wirklich etwas belastet. Ich meine, vielleicht hat sie jemand bedroht oder erpresst? Ich meine, ich komme die ganze Zeit nicht drum herum sowas zu denken, wissen Sie?“
    „Haben Sie eine Ahnung wer?“, fragte Kyra.
    Natürlich hatte sie das nicht. Niemand schien das zu haben. Für jemand, der so viele Streitereien und Rivalitäten gehabt hatte, gab es angeblich doch sehr wenig mit einem Mordmotiv, dachte sich Kyra. Doch wer war sie darüber zu urteilen.
    Zumindest eine Sache kam aus ihrem Gespräch mit Crawford. Eine Bestätigung von Reillys Worten: „Ja. Irene ist bei ihren Eltern in Dalkeith. Sie macht sich solche Vorwürfe, weil sie nicht weiter nachgehakt hat. Ich meine … Meinen Sie wir hätten es verhindern können?“ Aus der Frage klangen ernsthafte Selbstvorwürfe hervor.
    „Wahrscheinlich nicht“, erwiderte Kyra mit einem matten Lächeln. Sie legte der Frau eine Hand auf die Schulter. „Denken Sie nicht zu viel darüber nach.
    Aber auch ihre nächsten drei Gespräche brachten wenig neues. Cailyn Hughes und Jess Munro, mit denen sie als nächstes sprach, waren beides Freunde von Talia gewesen und wirkten entsprechend erschüttert und wütend. Gerade die rothaarige Munro wirkte verweint und war Kyra auch beim Training soweit alles andere als konzentriert erschienen, auch wenn sie wenig Ahnung von Fußball hatte.
    Auch wenn niemand direkt jemanden beschuldigen wollte – natürlich nicht – beschuldigte Munro indirekt Eleanor, die die Sache mit ihrem Freund oder viel eher Exfreund zu genau genommen hatte. Offenbar war es nur ein Partyspiel nach dem zu viel Alkohol geflossen war gewesen. Wahrheit oder Pflicht, wenn man so wollte. Jemand hatte mit Talia gewettet, dass sie sich nicht trauen würde, Eleanors Freund zu küssen. Sie hatte sich getraut und darüber war es – wenig überraschend – zum Streit gekommen. Das erklärte zumindest diese Gerüchte, doch da das ganze nun mehr als zwei Monate her war, fragte sich Kyra, ob es wirklich ein Grund für einen Mord war.
    Hughes derweil beschuldigte – erneut indirekt – Kerr und merkte an, wie oft diese ohne jedwede Provokation Streitereien mit Russel angefangen hätte. Vor allem in den letzten vier Wochen wäre es schlimm gewesen.
    Dies konnte sich Kyra zumindest vorstellen. Immerhin hatte Kerr wie eine äußerst reizbare und auch allgemein eher unangenehme Person auf sie gewirkt. Außerdem war sie nicht drumerherum gekommen, sich zu fragen, ob Kerr nicht irgendetwas verborgen hatte. Sie schüttelte den Kopf. Nicht ihre Aufgabe.
    Außerdem erfuhr sie, dass der bereits erwähnte Freund von Talia, oder viel mehr Exfreund, auf den vollen Namen James Swan hörte, kurz Jamie. Ja, Swan war ein nicht so unüblicher Nachname, aber dennoch hätte Kyra bei der Nennung des Namens beinahe aufgelacht.
    Nun, zumindest war Mr. Swan mittlerweile unter „Exfreund“ zu verbuchen. Außerdem war er wohl selbst ein Student der angewandten Physik. Das würde Sutherland fraglos ebenfalls interessieren.
    Dann sprach sie mit Lara Yates, doch auch diese wollte von nichts wissen. Sie hatte wenig Zeit mit Russel direkt verbracht, meinte sie nur. Auch wenn sie mit Munro befreundet war und daher öfter mal mit ihr „abgehangen hatte“, aber etwas neues erzählte sie Kyra nicht. Nur dieselben Dinge, die sie schon gehört hatte.
    Unter anderem erwähnte sie allerdings den Streit mit Irene Duncan, was Kyra feststellen ließ, dass sie wirklich mit diesem Mädchen sprechen musste.

  • Soooo viele Namen!!!!



    Nun pass auf, ich mache mal was neues. Ich wende die Macht der Bürokratie an, um die ganzen Aussagen zu sortieren.


    Eleanor Anderson
    Bestätigt die Aussage, dass die Tote ihr den Freund ausspannen wollte.
    Zeigt offen Antipathie.
    Sagt aus, Maia hätte mit der Toten gestritten.
    Gibt an, die Tote hätte den Manager abblitzen lassen.
    Kein Motiv, da der Streit 2 Monate her ist und der Freund inzwischen ein Ex ist.
    Wäre er noch mit ihr zusammen und es wäre raus gekommen, dass sie wirklich
    eine Affäre geführt hätten, wäre das was anderes.


    Milley Bruce
    Zeigt Betroffenheit.
    Gibt an Irene Duncan hätte mit der Toten gestritten.
    Gibt an, die Tote sei seit einiger Zeit bedrückt gewesen.
    Wegen fehlender Persönlichkeit stufe ich sie vorerst zum Sidecharakter ein und schließe sie damit von den Verdächtigen aus.


    Kyra Kelss Craig
    War zuerst nicht zuhause.
    Ihr Gespräch wurde nur flüchtig abgehackt.
    War bei ihren Eltern als sie nicht da war.
    Genau wie Milley nicht verdächtig.


    Javinja & Isabelle Lee
    Befr., oder in einer Beziehung.
    Geben sich gegenseitig ein Alibi. Bis dahin hält dieses nicht unbedingt stand.
    Waren allerdings noch mit anderen zusammen, was das Alibi untermauert.
    Beide wirken geschockt.
    Lee spricht offen ihre Antipathie aus.
    Das Alibi ist nicht perfekt, aber gut genug, die Beiden haben kein Motiv und es wirkt nicht so, als würden sie etwas verbergen.
    Deshalb schließe ich sie aus.


    Aleesha Murphy
    Reagiert mit Zorn auf den Fall.
    Vermutet, Irene Duncan wäre involviert.
    Nimmt an, dass die Streitereien einen tieferen Ursprung haben.


    Charleigh Aitken
    Mochte die Tote.
    Hat die Leiche gefunden, war also da und hatte die Gelegenheit.
    Anm. ich weiß nicht mehr genau ob es Angaben gab, ob eingebrochen wurde und wie lange sie tot war, deshalb kann ich mich hier verrechnen.
    Bekommt eine positive Watsonreaktion.
    Wollte etwas über den Manager erzählen, ließ es aber.
    Glaubt an Marcels Unschuld.
    Verschweigt definitiv etwas über Marcel. Eine Charaktereigenschaft, oder ein Ereignis in der Vergangenheit?


    Regina Hunter
    Reagiert betroffen und zeigt Unverständnis wie das passieren konnte.
    Stimmt ungerne zu, aber stimmt zu, dass die Tote kompliziert war.
    Erwähnt "Jamie", den Ex. In welchem Kontext habe ich aber zu ungenau aufgeschrieben und die Stelle finde ich gerade nicht mehr.
    Zeigt kein wirkliches Motiv und wirkt wie ein Sidecharakter, ich schließe sie vorerst aus.


    Abbey Crawford
    Klatschbase.
    Bestätigt das Marcel bei Russel abgeblitzt ist.
    Erzählt, der ehem. Trainer hätte eine Beziehung mit einer ehem. Spielerin gehabt.
    Hatte Russel vielleicht dieses Detail ausgeplaudert und wurde deshalb von einer Freundin der beiden ermordet?
    Abbey spricht zu selbstsicher. Sollte der Mörder kein Psychopath sein, fällt sie raus.


    Irene Duncan
    Die ganze Zeit abwesend.
    Seltsame Koexistenz, oder Lüge wonach sie kurz nach dem Mord zu ihren Eltern gefahren ist.
    Irgendwas steckt dahinter.


    Maia Kerr
    Stritt laut Eleanor mit der Toten.
    Gibt an, Eleanor wäre im Streit mit der Toten gewesen.
    Gibt offen an, die Tote nicht zu mögen.
    War mit Schulfreund unterwegs.
    Seltsam ist, dass sie das Ticket aufgehoben hatte.
    Laut Kyra könnte sie etwas verbergen.
    Möglicherweise hat sie einen bestimmten Grund sie nicht zu mögen.


    Madlen MacKey
    Extrem nervös.
    Möglicherweise in einer Beziehung mit dem Manager
    Wird möglicherweise von ihrem Freund misshandelt.
    Das könnte aber auch eine Ausrede sein. Möglicherweise stammen die Würgemale von der Toten.
    Gibt als Alibi ihren Mitbewohner an.
    Schwaches Alibi, würde ich schätzen.
    Reagiert nervös gegenüber Marcel. Das kann auf eine Beziehung hindeuten, oder auf Schuldbewusstsein.
    Wenn sie weiß, dass er die Tote noch liebt und sie umgebracht haben sollte...


    Marcel Reilly
    Gibt nicht wirklich etwas an.
    Bestätigt wo sich Irene D. befindet.
    Sehr aufs Training fixiert. Könnte ein Zeichen von Trauer sein?


    Crawford
    Untermauert das Irene Streit mit ihr hatte und das die Tote sehr angespannt war.
    Wegen der schwachen Streamtime und dem fehlenden Motiv würde ich sagen unschuldig.
    _________________________________________________________________________________________


    Auswertung:

    Die Verdächtigen, nachdem ich einige Leute streichen konnte:
    Marcel Reilly
    Madlen MacKey
    Maia Kerr
    Irene Duncan
    Charleigh Aitken
    Aleesha Murphy
    Eleanor Anderson


    Dann hätten wir noch einzelne Aussagen, deren Richtigkeit man prüfen kann.


    Irene behauptet bei ihren Eltern zu sein. Das wird vom Manager und von einer Kollegin bestätigt. Das heißt, diese Information wurde bestätigt. Sie muss sich nicht wirklich bei ihren Eltern befinden, aber es ist wahrscheinlich, dass sie aus freiem Willen weggefahren ist.


    Elenoar Anderson und ihr Streit mit der Toten.
    Diese Information ist sehr sicher. Sie wurde von Maia und ihr selbst bestätigt.


    Irene Duncan und ihr Streit mit der Toten.
    Wurde durch Aleesha Murphy und Crawford bestätigt. Laut Ersteren könnte mehr dahinterstecken.


    Maia Kerr und ihr Streit.
    Hier habe ich nur Eleanors Aussage, aber ich glaube gegen Ende haben noch ein paar bestätigt dass das stimmte.


    Marcel und das Gerücht er wäre abgeblitzt.
    Wird durch zwei Personen unterstützt, Abbey und Eleanor.


    Die Tote selbst.
    Möglicherweise wurde sie erpresst, oder bekam Angst, dass jemand etwas erfährt, was er nicht wissen sollte.
    Ihre Nervosität wurde von Miley Bruce und Crowford bestätigt, die bis dahin selbst nicht verdächtig waren und deshalb sehr glaubhaft sind.



    Eine Liste von offenen Fragen.
    Aitken hat eine Angabe über Marcel Reilly verschwiegen.
    Maia Kerr verschweigt auch etwas. Möglicherweise war sie nicht grundlos mit der Toten befeindet.
    _____________________________________________________________________________________


    Zu guter Letzt muss man noch festhalten, dass die meisten Morde aus privaten Motiven heraus geschehen.
    Ich glaube zwar die Ermittler sind manchmal zu faul und nehmen sich sofort den Freund vor, aber na ja.
    Als mögliche Motive liegen vor, dass sie möglicherweise versucht hat, der Stürmerin die Position wegzunehmen, sie den Freund einer anderen Angemacht haben soll und verletzter Stolz, da sie jemanden abblitzen ließ. Das alles klingt aber wenig überzeugend.
    Die normalen Streits dürften erstmal keine große Rolle spielen. Sonnst wäre sie schon viel früher erschlagen worden, im Affekt.
    Das hier erfordert, dass der Mörder es überhaupt erst in die Küche geschafft hat.
    Also entweder ein Einbrecher, oder ein Freund der Toten.



  • Guten Abend,


    also, ich hatte es ja bereits an anderer Stelle gesagt: Teamgeist ist einfach sehr interessant zu lesen. Ich mag Krimis einfach und diese Situation mit dem Mordfall in der Fußballmannschaft finde ich toll, auch wenn oder vielleicht gerade weil es so viele Verdächtige gibt. In der Realität würde ich natürlich nicht so reden, aber ich liebe es einfach, mich bei einem Krimi auf die Fährte des Täters zu begeben, hihi. Naja, ich hatte hier eigentlich stehen, dass ich das Relevante herausfiltern wollte; tatsächlich ist es jetzt doch wieder ein Haufen unausgegorener Theorien geworden, wobei vielleicht einige der ihnen zugrundelegenden Informationen zumindest relevant erscheinen könnten.


    Ich mache jetzt mal keinen allzu peniblen Rechtschreibcheck, allerdings habe ich wohl doch noch ein paar Fragen bzw. Anmerkungen. Das erste betrifft Folgendes:

    Sie öffnete die Mappe und fand darin eine Liste mit 14 Namen.

    Okay, ich bin mal durchgegangen, wen sie alles interviewt hat bzw. interviewen wollte; wobei ich Aitkin/Aitken (Nebenbemerkung: Du verwendet beide Versionen des Namens, wobei du im zweiten Teil mehr zu "Aitkin" wechselst, als sie schließlich auch vorkommt) und Reilly sowie auch den noch nicht selbst in Erscheinung getretenen Swan rauslasse, weil die wohl ohnehin nicht in ihre Zuständigkeit fallen. Es sind dann ja die Folgenden, wenn ich nicht irre:


    Und, naja, das sind jetzt mehr als 14. Ich weiß jetzt nicht, vielleicht interviewt Kyra auch zwei Spielerinnen, die sie nicht interviewen soll (keine Ahnung, vielleicht die beiden Freundinnen von Russel), aber sonst wären das halt zu viele. Ansonsten wird Abbey Crawford auch insgesamt zweimal interviewt, was allerdings natürlich insofern Sinn ergibt, als dass Kerr das noch beim Training ja empfohlen hat. Ich würde dann nur vielleicht eher die äußerliche Beschreibung von Crawford eher zur ersten Befragung hinzutun, aber ist vielleicht auch Geschmackssache. Dann gibt es hier die Stelle:

    „Halt Charleigh. Charlyn und Willow. Also das waren die in der Mannschaft, mit denen sie abgehangen ist.“

    Also, die beiden Namen sind bisher nicht wieder aufgetaucht; vielleicht kommen sie noch, aber dann wäre es eigentlich auch komisch, dass an der Stelle nicht noch Munro und Hughes erwähnt wurden. Also würde ich eigentlich vorsichtig nachfragen, ob die Namen vielleicht später geändert wurden und diese Stelle dann aus Versehen nicht geändert wurde ... Nun ja. Dann:

    „Sie hat sich häufig mit den Zwillingen gezofft und mit Eleanor.

    Also, ich habe bisher keine Personen gesehen, bei denen die Bezeichnung "Zwillinge" angebracht scheint - kann natürlich sein, dass sie damit die Bell-Schwestern meint und einfach ein bisschen ungenau ist, aber ... Ja. Wollte ich auch nur mal anmerken.
    Dann muss ich sagen, dass ich beim zweiten Teil kurz ein wenig verwirrt war, weil eben der Streit mit Maia Kerr erwähnt wurde

    Ms. Anderson erzählte zudem, dass Maia – Kyra schloss mit Blick auf die Liste, dass es sich um Maia Kerr handeln müsste – auf einer Feier nach einem Spiel vor knapp zwei Wochen sich ziemlich mit Russel gestritten hatte.

    und kurz danach der Streit mit Irene Duncan, wobei eine "auch"-Formulierung verwendet wurde:

    Auch sie erzählte von dem Streit zwischen Russel und Irene Duncan und dass Irene ihr nur hatte helfen wollen, immerhin hätte Russel seid einer Weile bedrückt gewirkt.

    Also, da dachte ich halt zunächst wieder an eine Namensverwechslung - aber ich nehme an, das "auch" bezog sich hier auf die Erwähnung des Streits aus dem vorherigen Teil, also wo Lilly Bell von dem Streit mit Irene sprach. Ich schiebe meine Verwirrung mal darauf, dass ich den ersten Teil eben nicht mehr so gut im Kopf hatte (und dass beide Streits "vor zwei Wochen" waren), ist aber natürlich jetzt kein Fehler oder so, ich wollte es nur mal erwähnen. Jedenfalls, es gab also zwei Streits, einen mit Duncan und einen mit Kerr, und das ist ja wohl wichtig.
    Sonst gibt es noch eine Rebecca Rowles, die beim Training war und noch nicht befragt wurde. Aber vielleicht kommt auch das noch oder sie soll gar nicht befragt werden.


    Gut, damit kann ich dann wohl auch zu den spannenderen Themen übergehen. Ach, vorher: Ich bin unzufrieden mit dem, was ich über die Leiche weiß. Aber gut, auf den Obduktionsbericht muss man wohl noch warten, seufz. Aber hätte man nicht wenigstens oberflächlich nach Abwehrverletzungen sehen können? Naja, wie dem auch sei ...
    Jedenfalls, es ist jetzt natürlich schwierig, sein Urteil über Verdächtige nicht durch "literarische Gründe" beeinflussen zu lassen; andererseits gibt es in der Tat einige Personen, über die noch nicht wirklich etwas geschrieben wurde und die daher nicht so verdächtig wirken. Andererseits kann es nun einmal immer sein, dass sie eben dann doch plötzlich in den Fokus rücken, weshalb man sie nie ganz ausschließen kann.
    Das eigentliche Problem ist für mich vorerst aber, dass ich noch bei niemandem ein wirkliches Motiv sehe, dass ich spontan für stark genug halten würde; das ist natürlich jetzt auch eher gefühlsbasiert, aber bisher hat man halt an gesicherten Erkenntnissen "nur", dass Russel generell mit vielen Streit hatte und mit einigen wenigen besonders. Aber ein Streit an sich ist mir noch zu schwach; was ja eigentlich interessiert, ist der Grund des Streits. Dieser ist allerdings derzeit in den meisten Fällen noch unklar. Nun, bei den Bell-Schwestern scheint der Grund klar zu sein - natürlich kann man ihrer Aussage aber auch nicht restlos trauen. Sollte aber Russel da neidisch gewesen sein, so würde es mich doch wundern, wenn das eine der Schwestern zum Anlass nehmen würde, sie abzustechen. Man sollte meinen, dass es eher umgekehrt wäre - dann könnten sich natürlich in einem Gerangel die Rollen vertauscht haben, aber naja, ich weiß nicht so recht, ob das so sinnvoll für Russel gewesen wäre, dann ihr Opfer zu sich nach Hause einzuladen, es sei denn, das sei der einzige Weg, sie von ihrer Schwester zu isolieren. Aber im eignen Haus halst man sich damit doch ein ziemliches Risiko auf wegen der Spuren, die zurückbleiben. Da wäre ein Treffpunkt irgendwo anders wohl besser gewesen. Nun, aber diese Möglichkeit ist ohnehin nur reine Spekulation. Die Gründe für die Streits mit Duncan und Kerr sind leider unklar und davon abseits würde ich noch ein etwas deutlicheres Motiv bei Reilly ausmachen, sofern die Gerüchte stimmen sollten. Wenn sich jemand abgewiesen fühlt, dann kann so etwas passieren - insbesondere ergibt sich hier doch die Möglichkeit, dass dann tatsächlich zwischen den beiden die Situation eskaliert sein könnte, wenn er es vielleicht an dem Abend noch einmal versucht hat. Dann gibt es noch Anderson - aber wenn die Sache damals wirklich "nur" ein Partyspiel war, wäre ihr Motiv eher schwach, zumal das auch zwei Monate her ist.
    Damit ist man aber auch wieder im Bereich der Spekulationen und nun wird es ganz lustig; denn obwohl ich mich damit schwertue, allzu viele eindeutige Motive zu finden, so gibt es genug Hinweise darauf, dass solche bestehen könnten, nur sind sie selbst eben noch nicht klar. Die erste Frage wäre eigentlich, wie ernst ich Russels Neid auf Lilly Bell nehmen soll, das heißt, ob es "nur" der Neid auf die Aufmerksamkeit oder auch der Neid auf die Stürmerposition war. Denn im ersteren Fall wäre sie vielleicht neidisch, aber würde eben trotzdem mit ihrer Position selbst zufrieden sein und nicht unbedingt etwas daran ändern wollen. Im zweiten Fall aber könnte man annehmen, dass sie wirklich gerne Druck auf die Schwestern ausüben wollen würde, um vielleicht die Position zu bekommen. Und, tja, wenn sie vielleicht irgendetwas wusste, dass da für die beiden oder für eine von ihnen unangenehm war, hätte sie das gegen sie verwenden können (evtl. Erpressung) - worauf man sie dann durchaus hätte zum Schwiegen bringen wollen. Das wäre natürlich auch im ersteren Fall möglich, also dass sie "nur" neidisch ist - aber dann hätte Russel selbst nicht von ihrer Aktion einen Profit erwartet und mehr allein aus Abgunst gehandelt - das würde ich für ein schwächeres Motiv halten.
    Aber vielleicht sind vorerst ein paar Dinge über Russel selbst festzuhalten: Hunter meinte, sie sei vor allem im letzten Jahr immer wieder angeeckt. Also kann es gut sein, dass Russel schon länger wegen irgendetwas beschäftigt war, vielleicht ist das aber auch eine von der Sache unabhängige Entwicklung. Nun, davon ab muss aber irgendetwas wohl zumindest in der letzten Zeit vorgefallen sein, jedenfalls will ich bei einigen anderen Dingen noch nicht so recht an Zufälle glauben. Crawford zum Beispiel erwähnt bei ihrer zweiten Befragung, dass Russel die zwei Wochen vor dem Streit mit Irene, der vor zwei Wochen war, also fing das vor vier Wochen an, schon angespannt, bedrückt und beim Training nicht richtig dabeigewesen sei. Die Zeitangabe von vier Wochen begegnet einem wieder bei der Aussage von Hughes, derzufolge Kerr besonders in den letzten vier Wochen mit Russel Streit angefangen habe. Hier mag vielleicht ein bisschen die Freundin aus ihr sprechen - vielleicht gingen die Provokationen auch von Russel aus oder es war ihre eigene generelle Einstellung, die streitfördernd war, dennoch scheint es so oder so zumindest wiederum darauf hinzudeuten, dass etwas vor vier Wochen war, auch wenn die Verbindung davon zu Kerr vielleicht noch nicht herzustellen ist. Dann aber wiederum gab es die beiden Streits vor zwei Wochen, einen in der Umkleide mit Duncan und einen auf der Feier nach einem Spiel mit Kerr. Kann sein, dass die am gleichen Tag waren, dann würde man wohl annehmen, dass der Streit mit Duncan zuerst erfolgte (aber vielleicht ist "zwei Wochen" hier auch eine ungefähre Angabe"). Ob die beiden Streits wiederum zusammenhängen - nun, es wäre möglich, muss aber nicht sein. Tja ...
    Auffällig ist dann auch das Verschwinden Duncans. Es kann gut sein, dass sie sich selbst Vorwürfe macht und eine Pause braucht oder vielleicht auch wirklich krank ist. Vielleicht weiß sie aber auch mehr, vielleicht versteckt sie sich sogar vor jemandem. Dieser Jemand wäre dann aber wohl weder Reilly noch Crawford, denn die wissen ja, wo sie steckt (es sei denn, sie hat diesbezüglich gelogen). Auch soll sie laut Maia die Absicht gehabt haben, die Tote zu besuchen ("Friedensangebot oder so"), dabei könnte sie natürlich etwas gesehen oder gehört haben oder auch selbst die Täterin sein - nun ist aber auch nicht klar, wann sie Russel besuchen wollte, das muss ja nicht an dem Abend gewesen sein. Generell wird gesagt, sie habe "nur helfen wollen" - sollte das stimmen, könnte sie vielleicht von einer konkreten Angelegenheit gewusst haben, also wirklich gewusst haben, was Russel bedrückte. Allerdings könnte das auch eine falsche Wahrnehmung seitens ihrer Kameradinnen gewesen sein und vielleicht hatte sie sogar selbst auch ein Motiv - wenn zum Beispiel Russel irgendetwas über sie gewusst hätte oder so. Überhaupt ist das so der Gedanke, der mir immer wieder kommt: Dass Russel irgendetwas über irgendjemanden wusste oder etwas gesehen hat (etwas, bei dem sie aber vielleicht nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte und deshalb bedrückt gewirkt hat; vielleicht hat sie dann schlussendlich entschieden, mit der betreffenden Person zu reden, was sich dann aber wohl als Fehler herausstellte) und deshalb zum Schwiegen gebracht wurde (diesbezüglich kommt mir auch immer das Wort "Doping" in den Sinn). Dann würden als Verdächtige generell alle Personen infrage kommen, mit denen sie sich gestritten hat, also auch Kerr. Und die Bell-Schwestern hatte ich ja auch schon abgehakt.
    Natürlich, wenn man aber meint, dass Russel irgendetwas in der Richtung wusste, dann war es vielleicht eben etwas, das wiederum mit der Mannschaft zu tun hatte. Also sollte man wohl nach Auffälligkeiten suchen und, nun, da landet man wohl erst einmal bei MacKey. Die hat diese Würgemale und wenn ich Kyra da mal für voll nehme, kommen die von einem Seil oder Gürtel. MacKeys Reaktion deutet auch darauf hin, dass die nicht zufällig entstanden sind. Allerdings - nun, wären sie das Ergebnis eines Mordversuchs, dann würde ich mich erstens fragen, warum es dann offensichtlich beim Versuch geblieben ist und zweitens, warum sie dann nicht selbst die Polizei gerufen oder sich zumindest verkrochen hat. Hingegen ist es dann leider wieder plausibler, dass sie tatsächlich das Opfer häuslicher Gewalt ist oder aber bedroht wurde - in beiden Fällen stellt sich die Frage, wer dafür verantwortlich ist und in letzterem insbesondere, warum eine Drohung hätte erfolgen können. Auffällig ist MacKeys Beziehung zu zwei Personen: Da ist einmal Kerr. MacKey interessiert sich gewissermaßen direkt dafür, was los ist und unterbricht ein wenig die Befragung mit Kerr - vielleicht nur Neugierde oder generelle Unsicherheit, vielleicht hat sie aber auch Angst davor, dass Kerr etwas Bestimmtes erzählen könnte. Kerr hingegen ist ihr gegenüber ein wenig herrisch, wirkt aber dabei nicht vollkommen unfreundlich. Nach ihrer eigenen Befragung redet MacKey dann auch mit Kerr. Die beiden scheinen also durchaus in einer Verbindung zu stehen, auch wenn es sein kann, dass sie einfach Freunde sind. Dann ist da natürlich noch Reilly, auf den MacKey eher panisch zu reagieren scheint. Es wäre natürlich möglich, dass er etwas mit den Würgemalen zu tun hat - den Grund müsste man wie gesagt noch klären. Dann wiederum kann es ja sein, dass Reilly sich am Ende vollkommen als falsche Fährte entpuppt. Ich meine nur, in manchen Krimis könnte er dann vielleicht der sein, der zwar unheimlich wirkt, aber MacKey eigentlich nur helfen wollte, weil sie tatsächlich ein Opfer häuslicher Gewalt ist, während sie aber davor zurückschreckt und ihm daher ausweicht. Andererseits stellt sich aus anderer Sicht die Frage, wie viel Platz noch für derartige Plottwists wäre. :whistling:
    Andere Dinge sind dann natürlich noch, dass Aitkin etwas über Reilly sagen wollte, aber den Gedanken nicht weiter ausführen wollte, weil es nichts mit der Sache zu tun habe - ja, nicht selten ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass es natürlich etwas mit der Sache zu tun hatte, seufz. Wobei man auch nicht ganz sicher sein kann, ob das etwas Neues gewesen wäre, was sie gesagt hätte, vielleicht hätte sie auch einfach das Gerücht betreffend Reilly und Russel wiederholt.
    Dann ist da der frühere Trainer und diese Victoria - es wäre jetzt auch recht leicht, da eine Verbindung herzustellen, also irgendetwas wie dass Russel vielleicht diese Sache aufgedeckt oder jemandem einen anonymen Tipp gegeben hätte o.ä., was sich dann jetzt gerächt haben könnte.
    Aber ich weiß nicht - also, ich muss es halt mal generell sagen, dass ich mich hier natürlich mal wieder auf nichts festlege, dafür sind mir die Informationen alle noch ein wenig zu dürftig und/oder zu unsicher. Es sind wie immer nur Möglichkeiten und ich habe sie auch nicht immer voll durchdacht. Was jedenfalls getan werden sollte, ist festzustellen, was genau mit Duncan und MacKey ist. Außerdem kann es wohl nicht schaden, dem Gerücht über Russel und Reilly noch weiter nachzugehen. Die Bell-Schwestern, Kerr und wohl auch Anderson sind sicher auch im Auge zu behalten; und Alibis traue ich grundsätzlich eher selten bzw. müssten die halt noch (genau) überprüft werden. Noch gar nicht erwähnt habe ich Swan, aber über den ist derzeit auch noch sehr wenig bekannt. Außerdem sollte geprüft werden, ob Aitkin wirklich durch das Fenster die Leiche hätte sehen können (wenn nicht, dann, tja ...), aber darum dürfte sich die Polizei sicher kümmern oder es auch schon getan haben. Und alle anderen verdienen zumindest noch eine gewisse Grundaufmerksamkeit.
    Ich habe ein wenig aufgehorcht, als Aitkin Hilfe angeboten hat - kann ja gut sein, dass Kyra darauf noch in irgendeiner Wiese zurückkommt, sofern Aitkin nicht selbst die Täterin ist. Spontan fällt mir hier auch die manchmal in Krimis genutzte Methode ein, jemanden als Köder zu benutzen, um den Täter zu überführen, aber naja, das ist nur eine Variante, wie jemand Kyra helfen könnte und eigentlich keine, die ich erwarten würde; Kyra schien meist motiviert zu sein, andere Leute nicht in Gefahr zu bringen, also müsste sie bei so etwas das Risiko schon als sehr gering einschätzen und selbst dann ... Naja. Es ist halt eine Möglichkeit, die mir irgendwie direkt in den Sinn kommt, ungeachtet, ob sie am Ende Sinn ergibt oder nicht.
    Uff, aber hier muss ich wohl aufhören, es wird definitiv wieder zu spekulativ und es gibt so viele Dinge, zu denen man etwas spinnen könnte. Wenn zum Beispiel Reilly etwas mit den Würgemalen von MacKey zu tun hat und vielleicht Russel wusste, dass da etwas ist, dann könnte Reilly sie umgebracht haben, gerade nach der jüngsten Sache mit dem Trainer müsste er ja auch um seine eigene Karriere fürchten. Dann wiederum kann es sein, dass diese Würgemale mit all dem nichts zu tun haben, aber ... Naja. Es ließe sich wie gesagt viel sagen; aber ich breche das hier mal ab, alle Möglichkeiten kriege ich sowieso nicht durchgespielt, auch wenn ich noch ein paar hätte. Ich warte aber mal lieber ab, was noch kommt, bevor ich mir da ein Urteil bilde. Wichtiger als die Theorien scheint es mir, die Informationen im Hinterkopf zu behalten, die bisher gegeben wurden - mal sehen, wie die noch ergänzt werden. Ich freue mich jedenfalls drauf.

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    [Blockierte Grafik: https://imgur.com/PHMHWJn.jpg]

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    Vorwort:
    Danke @Sunaki & @Thrawn für die Kommentare. Ich komme leider grade nicht dazu, sie ordentlich zu beantworten, da ich im Krankenhaus liege und es mir nicht so berauschend geht. ^^" Ich hoffe, das nehmt ihr mir nicht übel. Damit aber die Kapitel dennoch bis nächste Woche alle online sind, habe ich mich jetzt einmal entschlossen, das dritte der fünf Kapitel jetzt so online zu stellen!


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    Teamgeist


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    Teil 3


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    Seufzend saß sie da, wohl wissend, dass es noch zwei Anwesende gab, mit denen sie noch nicht gesprochen hatte: Erin Woodward und Rebecca Powell. Doch während sie darauf wartete, dass Yates eine der beiden herüberschickte, war es Charleigh Aitkins, die zu ihr hinüber kam.
    „Irgendetwas neues herausgefunden?“, fragte sie und blieb vor Kyra, die den Kopf auf einem Arm abgestützt hatte, während sie ihren Notizblock studierte, stehen.
    Kyra schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich“, murmelte sie in Gedanken versunken. „Außer, dass MacKey irgendetwas verheimlicht und außerdem einen Freund hat, der sie misshandelt …“
    Ein kurzes Schweigen. „Du meinst Madleine?“, fragte Aitkins dann.
    Überrascht sah Kyra auf. „Ja.“
    Aitkins sah sich zum Spielfeld um und folgte offenbar MacKey mit ihrem Blick. „Fuck“, murmelte sie dann, ehe sie sich wieder Kyra zuwandte. „Woran machst du das fest?“
    „Würgemale an ihrem Hals“, erwiderte Kyra. „Und sie wirkte verängstigt. Nicht so, als würde sie das ganze freiwillig mitmachen und einfach nur verlegen.“
    „Huh.“ Noch einmal sah sich Aitkins zu MacKey um. „Können wir irgendetwas für sie tun?“
    „Vielleicht“, erwiderte Kyra. „Ihr einfach anbieten, dass sie mit euch reden kann. Sie darauf aufmerksam machen, dass man ihr helfen kann. So etwas …“ Sie dachte noch immer darüber nach.
    Auch wenn sie wusste, dass es gar nicht ihre Aufgabe war, diesen Fall zu lösen, so frustrierte sie es doch, dass sie soweit keine wirklich konkreten Hinweise gefunden hatte, die darüber hinaus gingen, dass sie Marcel Reilly verdächtig fand und dass sie glaubte, dass Madleine MacKey etwas verbarg, dass vielleicht, vielleicht auch nicht mit dem Mord an Talia Russel zu tun hatte.
    Genau diesen Gedanken schien nun auch Aitkins zu haben. „Glaubst du, das ganze hat was mit Talia zu tun?“, fragte sie.
    Kyra zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht.“ Sie seufzte. „Ist auch nicht meine Aufgabe“, murmelte sie dann. „Ich soll euch nur zu der Sache befragen …“ Sie biss sich auf die Unterlippe und sah wieder auf ihren Notizblock.
    Für einen Moment sah Aitkins sie schweigend an. „Nun, wenn du noch etwas findest … Sag mir Bescheid.“
    „Ja. Mach ich“, erwiderte Kyra. „Sofern es die Ermittlung nicht behindert.“
    Aitkins nickte und lief wieder los, als sie sah, dass Rebecca Powell auf dem Weg zur Bank war.
    Also machte Kyra weiter mit ihren Befragungen, während die Mannschaft Dribbelübungen machte, wenig überrascht, dass auch Powell und Woodward nichts neues zu erzählen hatten.
    Vielleicht, so dachte sie sich, war es ja auch einfach niemand aus der Mannschaft gewesen. Vielleicht war es ja das Jamie Schwänchen gewesen oder irgendein anderer Liebhaber. Vielleicht war es ein Familienmitglied gewesen. Immerhin sagte niemand, dass sie ausgerechnet mit der Gruppe sprach, in der sich der Mörder aufhielt. Sicher, sie wollte, dass es so war, und ihr Bauchgefühl war davon de facto überzeugt. Aber wer war ihr Bauchgefühl schon?
    Es war wahrscheinlich viel eher ihr eigener Wunsch Molly und natürlich auch Sutherland zu beeindrucken, indem sie ihnen eine fertige Falllösung, hübsch verpackt und mit Schleife, auf den Tisch legte. Selbst wenn Molly nicht mal an dem Fall arbeitete. Aber hey, man konnte nicht alles haben im Leben und es würde absolut reichen, wenn sie ihre Aufgabe – die Befragungen durchzuführen – ordentlich erfüllte. Und das hatte sie hiermit. Also konnte sie genau so gut gehen.
    Und doch … Zumindest mit Reilly wollte sie reden. Ja, es war explizit nicht ihre Aufgabe, da Reilly bereits von der Polizei befragt worden war, aber sie sollte verdammt sein, wenn sie nicht ein paar Fragen stellte.
    Selbst wenn sie damit bis zur nächsten Pause warten musste.
    Es blieb die Frage, was sie bis dahin tun sollte.
    Geistesabwesend kraulte sie Watson, der aufmerksam neben ihr saß und den jungen Frauen zusah, am Hals. Sie selbst ging noch einmal ihre Notizen durch. Sie musste noch unbedingt mit Irene Duncan sprechen, vor allem wenn sie die Anschuldigungen gegen sie bedachte. Vielleicht sollte sie bis zur Pause zu ihr hinüber fahren? Ihre Eltern lebten von hier aus nicht so weit weg und sollte aktuell gut erreichbar sein.
    Oder aber …
    Ein Gedanke schlich sich in ihren Kopf, während sie nun auch die Fußballspielerinnen beobachtete, ohne sie wirklich zu sehen.
    Nein, sagte sie sich. Das war eine furchtbar blöde Idee. Sie würde sich nur in Probleme bringen und gerade jetzt wollte sie das gar nicht. Immerhin war es eine Sache wenn sie sich selbst in Probleme brachte, eine ganz andere, wenn sie es im Auftrag der Polizei tat. Es hatte nichts mit ihrem aktuellen Fall zu tun – glaubte sie – und vor allem hatte es nichts mit ihrer tatsächlichen Aufgabe zu tun.
    Es ging sie nichts an, herauszufinden, mit wem Madleine diese Probleme hatte. Klar, an sich sah das britische Gesetz es mittlerweile vor, dass man auch als außenstehender deswegen Anzeige erstatten konnte – weil es immerhin offenbar nicht mehr vorgesehen war, dass erwachsene Menschen einvernehmlichen Kink-Sex miteinander hatten … Doch auch wenn es die Medien so aufspielten, wurde es bei weitem nicht so stark durchgesetzt, wie manche zuerst befürchtet hatten.
    Also …
    Was aber, wenn es mit dem Fall zu tun hatte?
    Dann würde sie hier eine Chance verpassen. Eine Chance, die sie eigentlich der Polizei überlassen sollte.
    Verdammt.
    „Komm, Watson“, meinte sie dann leise. „Lass uns ein wenig die Beine vertreten.“
    Watson beobachtete das Spielfeld ein wenig, wandte sich dann aber ihr zu und bellte zwei Mal laut, ehe er ihr schwanzwedelnd folgte, jedoch nicht, ohne noch einmal kurz zum Spielfeld zu schauen.
    Kyra hätte viel dafür gegeben zu wissen, was er sich dabei dachte. Hatte er vielleicht auch eine Vermutung? Hatte er bei einem der Mädchen oder – ja, sie hatte sich zu schnell eine Meinung gebildet – bei Marcel ein Gefühl, dass etwas mit einem von ihnen nicht stimmte?
    Oder war er vielleicht nur um Madleine MacKey oder Aitkin, die er ja offenbar gemocht hatte, besorgt?
    Leider aber konnte sie nicht mit ihm reden. Entsprechend blieb ihr nichts anderes übrig, als ihren eigenen Instinkten zu folgen. Und so machte sie sich auf zum eigentlichen Gebäude des Trainingscenters. Natürlich nicht mit dem Ziel, sich die Beine tatsächlich zu vertreten, sondern viel mehr im Versuch etwas herauszufinden.
    Dankbarer Weise hatte sie vorher Aitkins begleitet, bis diese in die Umkleide gegangen war, und da sie davon ausging, dass die jungen Damen sich dieselbe Umkleide teilten, konnte sie hoffen, hier vielleicht etwas zu finden.
    Natürlich gab es da ein Problem, stellte Kyra fest, als sie in die Umkleide kam, die im Vergleich zur Umkleide in ihrer Highschool erstaunlich sauber roch: Es gab Schließfächer in denen auch ein guter Teil der Wertgegenstände sein würde. Und wenn sie hier irgendwo einen Hinweis finden konnte … Vor den Schließfächern standen nur die Schuhe und in ein paar Fällen vielleicht auch ein paar Hosen – in unterschiedlich ordentlichen Zuständen.
    Eigentlich machte sie es sich zu kompliziert, sagte sie sich und wies Watson mit einer Geste an, an der Tür stehen zu bleiben. Vielleicht sollte sie zuerst etwas anderes nachschauen.
    Sie holte ihr Smartphone heraus und fand sich schon sehr bald auf Facebook und Instagram, nur um ein, zwei Sachen zu überprüfen und außerdem eine andere Schlussfolgerung zu ziehen.
    Oh Gott, wenn jetzt jemand hier rein kam, würde sie so einen Ärger bekommen.
    Zumindest eine Sache konnte sie nach dem Checken von MacKeys relativ aktiven Facebook-Accounts feststellen: Von einem neuen Freund fehlte jede Spur. Tatsächlich gab es nur zwei Personen, mit denen sie Augenscheinlich sehr viel Zeit verbrachte: Maia Kerr und Thomas Hober, der offenbar ihr Mitbewohner war.
    Bildete Kyra sich das nur ein, oder wirkte MacKey wirklich in allem Bildern, die sie von sich und Kerr gepostet hatte, angespannt?
    Vielleicht hatten die beiden etwas damit zu tun?
    Vielleicht war es auch Kerr gewesen, die MacKey gewürgt hatte? Immerhin wusste Kyra nichts über die Sexualität der beiden.
    Sie ging die Schließfächer durch, auf die davor abgestellten Schuhe achtend. MacKey war relativ petit, Kyra schätzte ihre Schuhgröße nicht über fünf. Damit dürfte sie herausstechen. Wenn sie außerdem nach den Bildern auf Facebook sah, schien sie tatsächlich relativ hübsche Schuhe zu tragen – sie hatte sogar zwei Einträge in letzter Zeit zum Thema Schuhe geschrieben.
    Wie Klischee. Doch gerade half es Kyra.
    Sie fand ein Paar, das dazu passte.
    Aus ihrer Jackentasche fischte sie ein Paar Einmalhandschuhe hervor und zog es sich über.
    Nun, dankbarer Weise hatte sie zu viel Freizeit gehabt, während diese Schließfächer mit einfachen Vorhängeschlössern gesichert waren. Dabei noch jene Art, die nicht besonders schwer zu knacken waren, selbst wenn man nur eine stereotype Haarnadel dabei hatte. Natürlich war Kyra besser vorbereitet als das. Sie hatte ein Dietrichset dabei, dass sie die meiste Zeit in ihrer Innentasche mit sich herum schleppte, wohl wissend, dass es meistens nicht zum Einsatz kam, da es rein rechtlich gesehen das auch nicht durfte.
    Sie horchte kurz und dann machte sie sich daran, das Schloss zu öffnen, was ihr sogar – ihrer eigenen Meinung nach – recht elegant gelang.
    Noch einmal lauschte sie und sah prüfend zu Watson hinüber, dessen Ohren nicht aufgestellt waren. Sie hoffte, dass er ein guter Wachhund war.
    Vorsichtig öffnete sie das Schließfach und kramte vorsichtig MacKeys Handtasche heraus. Eine relativ handliche, aber sportliche kleine Umhängetasche.
    Sie ging die Handtasche durch, auf der Suche nach einem Foto oder irgendetwas, das entweder mit dem aktuellen Fall oder demjenigen, dem sie wohl die Würgemale zu verdanken hatte, zu tun hatte. Viel fand sie jedoch nicht. Keine Adressen, keine Fotos, nichts.
    War vielleicht auch ein zu weit gefasster Versuch.
    Eine Sache konnte sie jedoch noch machen. Eine Sache, die sie eventuell in noch mehr Schwierigkeiten bringen konnte, doch viel schlimmer konnte es gerade nicht mehr werden. Da war ihr Handy, das, wie sie feststellte, nicht einmal ordentlich mit einem Muster oder Entsperrungs-PIN gesichert war. Einfach ein Swipe nach rechts und das Handy war entsperrt. Wunderbar.
    Noch einmal lauschend, ob sie jemand näherte, öffnete sie die Chronik der vergangenen Telefonate. Diese war erstaunlich einseitig: „Mama“, „Maia“, „Marcel“, „Thomas“, „Anastasia“ und – zu Kyras Überraschung – auch zwei Telefonate mit „Talia“ vor knapp zwei Wochen kurz nacheinander.
    „Hmm“, machte Kyra unwillkürlich und schrieb sich das Datum auf.
    In der Nacht des Mordes hatte MacKey mehrfach versucht Marcel anzurufen, hatte ihn nach den Gesprächsdauern nach zu urteilen erst um drei Uhr erreicht.
    Auch über WhatsApp hatte sie vorrangig mit Maia, Marcel, Thomas und dieser Anastasia geschrieben, auch wenn es einen Gesprächsverlauf einer Mannschaftsgruppe gab, in der sie jedoch offenbar wenig geschrieben hatte.
    Sie ging den Verlauf der Dreiergruppe, in der sie mit Maia und Marcel war, durch, in der festen Erwartung irgendetwas zu finden, dass ihr einen Hinweis gab. Doch nichts dergleichen fand sich hier. Stattdessen nur kurze Anfragen, wie „Morgen Abend, 8 Uhr?“ und „Morgen nach dem Training?“. Ab und an ein paar durchaus kokett wirkende Nachrichtenabfolge zwischen Marcel und Maia, an denen sich MacKey jedoch selbst nicht beteiligt hatte.
    Zu schade.
    Sie hatte gehofft. Ja, was hatte sie eigentlich gehofft? Auf weitere Hinweise in ihrem Fall oder einen Hinweis darauf, wer sich an MacKey vergangen hatte. Wenn es unfreiwillig gewesen, merkte eine Stimme in ihrem Kopf an, der sie unwillkürlich Ruhe gebot.
    Da richtete Watson seine Ohren auf und gab einen leise knurrenden Laut von sich – dankbarer Weise kaum Hörbar.
    Kyra lauschte noch einmal und dieses Mal hörte sie Schritte.
    „Verdammt noch mal“, murmelte sie leise, beendete die aufgerufenen Programme auf den Smartphones und stellte es wieder in den Standby, ehe sie es in die Tasche und diese zurück in das Schließfach steckte. Dankbarer Weise war es nicht schwer, das Schloss wieder zu verriegeln, doch bis sie das getan hatte, hatten die Schritte beinahe die Tür erreicht.
    Also. Wohin?
    Ihr Blick viel auf die Tür zu den anliegenden Duschen. Nun, hoffentlich kam da niemand rein.
    Sie schnappte sich Watson am Halsband und zog ihn mit sich, um in den Duschen zu verschwinden.
    Keinen Moment zu früh, da sie einen Augenblick später ein Paar Stimmen hörte.
    „Alles okay?“, fragte jemand. Kyra glaubte, dass es Crawford war.
    „Ja“, erwiderte ein zierliches Stimmchen, das wiederum ohne Frage zu MacKey gehörte. „Nur Schwindelig.“
    Das wunderte Kyra nicht. Es brachte sie nur umso mehr in Verlegenheit. Was, wenn MacKey jetzt bemerkte, dass jemand an ihren Sachen gewesen war? Was, wenn sie jetzt duschen und nach Hause ging?
    Die zweite Stimme bestätigte sie darin: „Willst du nicht doch lieber gehen?“
    Ein kurzes Schweigen. Kyra meinte, dass das Schließfach geöffnet wurde.
    „Nein“, sagte MacKey dann. „Es geht schon. Nur ein bisschen Ruhe und etwas zu trinken.“ Eine Flasche wurde geöffnet, wie Kyra am Zischen entweichender Kohlensäure festmachte. „Danke, Abbey.“
    Also hatte sie richtig gelegen.
    Crawford schien zu zögern. „Bist du dir sicher?“
    „Ja …“ MacKeys Stimme klang matt. „Geh ruhig schon zurück.“
    „Ganz sicher?“
    Stille machte sich breit, ehe MacKey antwortete: „Ja. Schon gut.“
    „In Ordnung“, antwortete Crawford langsam und zurückhaltend. „Bis nachher …“ Dann öffente sich eine Tür und Schritte schienen sich zu entfernen.
    Kyra sah zu Watson. Was sollte sie jetzt tun? Wenn die Mannschaft bald Pause machte, kam sie hier nicht raus, um mit Marcel zu reden. Aber sie konnte auch nicht einfach rausgehen, während MacKey hier war. Es sei denn, sie konfrontierte sie direkt. Wenn sie mit ihrem Bauchgefühl – oder eher ihrem bestandslosen Verdacht – richtig lag, hatten entweder Kerr oder Reilly etwas mit den Würgemalen zu tun und vielleicht war es einfacher darüber zu sprechen, wenn die beiden nicht gerade in der Nähe waren.
    Dann wiederum konnte sie es dennoch in Probleme geben, wenn sie zugab, dass sie überhaupt hier gewesen war. Aus welchem Grund auch immer.
    Nervös sah sie Watson an, der dankbarer Weise genug verstand, um in dieser Situation still zu sein, während sie wartete.
    Sie holte ihr eigenes Handy heraus, um auf die Uhr zu schauen. Wenn sie nachdem ging, was ihr vorher gesagt worden war, würden es noch etwa 15 Minuten sein, ehe die Pause war.
    Also konnte sie noch hoffen, dass MacKey vorher wieder raus ging.
    Oder, kam ihr ein Gedanke, sie ging aufs Klo, wofür sie in den Duschraum, neben dem die Toiletten gelegen waren, musste.
    „Fuck“, flüsterte sie leise und zog Watson erneut mit sich, um ihn in eine der Duschkabinen zu ziehen. Diese hatten zwar keine Türen, boten aber zumindest etwas Sichtschutz, wenn man nicht gerade in den Raum ganz hinein ging, was für die Toiletten nicht notwendig war.
    So hockte sie hier auf dem Boden, mit einem Ohr lauschend, darauf wartend, dass MacKey die Umkleide verließ. Gleichzeitig sah sie auf ihr Handy, um die Zeit im Blick zu behalten.
    Sie hatte doch gewusst, dass es eine dumme Idee war.
    Was sollte sie jetzt tun?
    Was konnte sie überhaupt tun?
    Die ehrliche Antwort war: Nicht viel.
    Allerdings konnte sie darüber nachdenken, was sie erfahren hatte. Denn in einer Sache war sie sich sicher: Irgendetwas stimmte nicht mit MacKey und Kerr. Die einzige Sache, die sie nicht sicher sagen konnte, war, ob das ganze nur etwas zwischen ihnen und eventuell Reilly war, ob es mit einem Verbrechen zu tun hatte oder ob es tatsächlich auch mit Russels Tod in Verbindung stand.
    Sie ließ sich zu Boden gleiten und zog ihre Beine an sich heran, wobei sie es zuließ, dass Watson seinen Kopf auf ihre Knie legte und sie fragend ansah. Es war ja gar nicht ihre Aufgabe, sagte sie sich noch einmal. Nicht ihre Aufgabe. Alles was sie noch machen sollte, war zu Irene Duncan zu fahren, sie zu befragen und dann das ganze abzugeben. War es ihr Stolz, der sie davon abhielt, oder ihr Gerechtigkeitssinn? Vielleicht auch ein mangelndes Vertrauen in die Polizei. Schon ironisch, wenn sie ihre Situation bedachte.
    Ach, verdammt.
    Die Tür öffnete sich. und Kyra hielt den Atem an, als langsame Schritte zur Toilettentür gingen und diese öffneten.
    Angespannt stellte Watson seine Ohren auf, machte dankbarer Weise jedoch keinen Mucks.
    Kyra schloss die Augen und wartete angespannt, wohl wissendlich, dass sie ohnehin nichts tun konnte, während ihre Gedanken rasten.
    Dann auf einmal kam ihr ein Gedanke. Sie öffnete die Augen. Etwas, das mit Kerrs Aussage nicht gestimmt hatte. Sie hatte es bei der Befragung nicht bemerkt, aber sie hatte etwas gesagt, dass sie eigentlich – wahrscheinlich – nicht wissen sollte. Es sei denn man hatte es Marcel Reilly oder Aitkins gesagt und diese hätten ihr es weitererzählt … Das konnte sie nicht ausschließen, aber sie war sich beinahe sicher, dass es nicht so war.
    „Abgestochen“, hatte sie gesagt. Eigentlich hatte sie das nicht wissen sollen. Oder?
    Hmm. Vielleicht hatte sie es auch einfach nur so daher gesagt.
    Eine Toilettenspülung wurde betätigt, dann lief ein Wasserhahn, ehe sich noch einmal Schritte durch den Raum bewegten. Dann schloss sich die Tür.
    Rasch stand Kyra auf und lauschte. Auch in der Umkleide wurde eine Tür geöffnet und geschlossen, also war MacKey gegangen. Sehr gut.
    Vorsichtig schaute Kyra und den Raum, ehe sie schnellen Schrittes hindurch lief und auf demselben Weg, den sie gekommen war, zum Trainingsfeld zurückkehrte.
    Sie bemerkte, dass einige zu ihr hinübersahen, doch dankbarer Weise sprach sie niemand an. Sofern es also keine Sicherheitskamera gab, die sie übersehen hatte, war alles im grünen Bereich. Und hey, in der Umkleide selbst würde es schon keine Sicherheitskamera geben.
    Also wartete sie die letzten vier Minuten, ehe Alexa Bell, die das Training vorerst zu leiten schien, in eine Pfeife bließ und eine Pause ansagte. Sie ging kurz zu Reilly hinüber, der mit ihr sprach.
    Die Hände in ihren Jackentaschen vergaben, ging sie zu ihnen hinüber, gerade als sich Alexa Bell abwandte und den anderen jungen Frauen folgte, die teilweise zum Center gingen, teilweise zum Rand des Spielfeldes, wo ein Teil die Getränkeflaschen abgestellt hatte.
    „Mr. Reilly?“, fragte Kyra und wurde sich erst zu spät dessen bewusst, dass ihre Stimme unnötig kühl klang.
    „Ms. Detective“, erwiderte der Mann trocken und sah sich kurz um. „Was kann ich denn noch für sie tun?“
    „Wie gesagt“, begann sie, „ich wollte nur ein paar Dinge mit Ihnen abklären.“
    Er musterte sie, zuckte dann mit den Schultern. „Würde es Sie stören, mir ins Trainerbüro zu folgen? Dort haben wir ein wenig mehr Ruhe.“
    Unsicher zögerte Kyra für eine Weile. Der paranoide Teil ihres Gehirns warnte sie davor. Immerhin konnte sie nicht wissen, ob er nicht wirklich ein Mörder war und was würde er dann machen?
    Dann erinnerte sie sich daran, dass die wenigsten Mörder Serienkiller waren. Also sollte sie sich keine Sorgen machen. Wenn sie mit ihrer Paranoia so weiter machte, konnte sie ihren Job bald vergessen. Auf der anderen Seite hielt ein gesundes Maß Paranoia einen auch am Leben …
    Sie nickte. „Natürlich nicht. Gehen Sie voraus.“
    Auch er nickte kurz und ging los, wobei er sich jedoch zu bemühen schien, sie im Blick zu behalten.
    Gerade hatten sie den Rand des Spielfeldes erreicht, als er die Stimme erhob: „Sagen Sie, haben Sie überhaupt die Erlaubnis mich noch einmal zu befragen?“
    Kyra zuckte mit den Schultern. „Ich habe nicht die konkrete Aufgabe, aber sofern sie keine Einwände haben, spricht auch nichts dagegen, dass ich sie noch einmal befrage.“ Sie bemühte sich wieder einmal um ein profesionelles Lächeln, befürchtete aber, dass es dieses Mal reichlich kühl ausfiel. „Sie müssen nicht, aber ich wollte eigentlich nur ein paar Dinge, die ich gehört habe mit Ihnen abklären. Das würde mir und sicher auch der Polizei sehr helfen. Und ich bin mir sicher, dass es für Sie auch angenehmer ist, als morgen oder übermorgen noch einmal zur Polizeistation zu fahren.“
    „Ich habe keine Einwände“, erwiderte Reilly, wobei auch seine Stimme reichlich kühl klang. „Ich wollte nur nachfragen.“
    Kyra nickte nur noch einmal und folgete ihm weiter – in das Gebäude hinein und dort in einen Raum, von dem aus man einen guten Blick auf die verschiedenen Trainingsspielfelder hatte.
    Hier setzte Reilly sich an einen reichlich kleinen Schreibtisch, hinter dem die Wand mit Bildern der Mannschaft und einigen Urkunden geschmückt war, und sah sie an. „Also. Was kann ich für Sie tun?“
    Er bot ihr nicht an, sich auf den auf Sitzpolster und Lehne mit verblassten roten Stoff überzogenen Stuhl zu setzen, was sie jedoch dennoch tat. Watson hockte sich neben sie und sah zum Rand des Schreibtisches hinauf.
    „Nun, ich hatte gehofft, dass sie mir zu ein paar Dingen etwas sagen könnten“, meinte Kyra und holte ihren Block hervor. „Zum einen: Ich habe gehört, dass es vor einigen Wochen einen Streit zwischen Ms. Russel und Ms. Anderson gegeben hat. Wissen Sie darüber mehr?“
    Reilly lehnte sich zurück, die Arme vor der Brust verschränkt und musterte sie erneut ein, zwei Sekunden lang, ehe er antwortete. „Ich habe davon gehört, war aber selbst nicht dabei. Von allem, was ich gehört habe, hatte sich die Sache jedoch relativ schnell geklärt. Die beiden hatten zumindest keine ungewöhnlichen Probleme mehr.“
    Kyra notierte sich das. „Ungewöhnlich? Sie meinen, wegen Russels Art, sich oft mit anderen Mannschaftsmitgliedern zu streiten?“
    „Nun, Talia war halt eine Persönlichkeit.“ Die Stimme des Mannes klang matt und ein wenig reumütig. Er deutete ein Schulterzucken an. „Sie hatte oft eine Meinung und wollte nicht von dieser zurückweichen.“ Er pausierte und sah aus dem Fenster. „Aber wir haben ein paar Persönlichkeiten dieser Art, da sind Streitigkeiten nicht ausgeschlossen. Das ist normal in einem Team, oder?“
    „Vielleicht“, erwiderte Kyra unverbindlich.
    „Sie müssen sehen, Ms. Detective, dass es in letzter Zeit einigen Leistungsdruck gab“, meinte er. „Letztes Jahr haben wir in der Liga nicht besonders gut abgeschlossen und dann ist vor ein paar Wochen dieses … Malleur passiert mit unserem letzten Trainer. Sie haben davon sicher schon gehört?“
    „Ja, habe ich.“ Kyra musterte ihn. „Da wäre das letzte, was die Mannschaft gebrauchen konnte, noch eine Spielerin wegen ähnlichen Dingen zu verlieren, oder?“
    Reilly hob nun eine Augenbraue und lehnte sich noch weiter zurück. „Wollen Sie damit irgendetwas bestimmtes implizieren?“
    „Nein“, murmelte sie. „Ich meine nur. Ich habe ein wenig Klatsch in der Richtung gehört, wissen Sie?“ Sie sah ihn mit Absicht nicht direkt an, sondern musterte ihn viel mehr aus den Augenwinkeln, in der Hoffnung, dass er sich so weniger beobachtet fühlte.
    Für einen Moment wirkte er verunsichert. „Was für Klatsch?“
    Kyra zuckte die Schultern. „Einige Ihrer Spielerinnen haben gemeint, Sie hätten Ms. Russel Avancen gemacht.“
    „Ich versichere Ihnen, dass an diesen Gerüchten nichts dran ist“, antwortete er und setzte dann hinzu: „Sonst noch etwas?“
    „Tatsächlich“, erwiderte Kyra. „Zwei weitere Dinge: Können Sie mir etwas zu dem Streit zwischen Ms. Duncan und Ms. Russel von vor zwei Wochen erzählen? Und zum anderen: Was können Sie mir sagen, wie die Beziehung zwischen Ms. Kerr und Ms. Russel war?“
    „Von allem was ich gehört habe – das ganze ist wohl in der Umkleide passiert, wo ich natürlich nichts zu suchen habe“, begann Reilly, „war Irene Talia ein wenig zu besorgt gewesen und Talia war gereizt und hat deswegen einen Streit begonnen. Wie gesagt, wir stehen aktuell alle ein wenig unter Druck.“ Er ließ ein schweres Seufzen hören. „Nun natürlich umso mehr.“ Dann pausierte er. „Was die Sache mit Maia angeht … Maia ist halt auch so eine Persönlichkeit, wissen Sie? Sie und Talia haben immer eine explosive Mischung abgegeben.“
    „Wie explosiv?“, fragte Kyra kurz angebunden.
    Ein Schulterzucken. „So genau kann ich das leider nicht einschätzen.“
    Missmutig biss sich Kyra auf die Unterlippe, sagte aber nichts. Stattdessen schrieb sie sich auch das einfach nur auf und fragte dann langsam. „Was ist mit Ms. MacKey?“
    „Was sollte mit ihr sein?“
    „Sie wirkt irgendwie sehr abgelenkt und bedrückt“, erwiderte Kyra. „Beinahe verängstigt.“
    Er räusperte sich auf eine beinahe schon herablassende Art. „Ms. Detective …„
    Kyra unterbrach ihn: „Ms. Hare, bitte.“
    „Ms. Hare“, verbesserte er sich. „Ich mache Sie noch einmal darauf aufmersam: Eine Teamkollegin von Ms. MacKey und den anderen Damen ist vor drei Tagen ermordert worden. Natürlich sind sie alle angespannt und bedrückt. Was erwarten Sie?“
    Kyra musterte ihn. „Sie wirken nicht besonders bedrückt“, stellte sie dann trocken fest.
    Seine Stimme gewann an Anspannung. „Wollen Sie damit etwas implizieren?“
    Anstatt zu antworten, schüttelte Kyra nur mit dem Kopf und zuckte dann mit den Schultern.
    „Ich sage Ihnen etwas, Ms. Hare“ – dieses Mal sprach er ihren Namen mit übertriebenem Nachdruck aus – „ich bin um jede meiner Spielerinnen besorgt und natürlich trifft mich Talias Tod. Immerhin sind wir so etwas, wie eine Familie.“ Er funkelte sie an.
    „Eine Familie, in der jeder Missgunst gegen die Hälfte der anderen hegt?“, konterte Kyra.
    „Ist das nicht beinahe normal in einer Familie?“
    Erneut zuckte Kyra nur mit den Schultern, um abzuwarten, was er sonst noch zu sagen hatte.
    „Ich bin betroffen von Talias Tod, das können Sie mir glauben“, fuhr er schließlich fort. „Aber ich habe einen Job den ich dennoch zu tun gedenke. Vor allem nun, da wir zwei Spielerinnen und einen Trainer verloren haben.“
    „Gut, gut“, meinte Kyra nur. „Ich meine ja nur …“ Sie war sich dessen bewusst, dass sie provozierte. Nicht, dass es bei ihr je unktioniert hätte, aber rein theoretisch sollte es das ja. „Ich meine nur … Mir sind ein paar Dinge aufgefallen. Unter anderem, dass Ms. MacKey vor Ihnen Angst zu haben scheint.“
    „Woran machen Sie das fest?“, fragte er herablassend.
    „Sie ist merkwürdig steif geworden, als Sie auf das Spielfeld gekommen sind“, antwortete Kyra nüchtern. „Beinahe, als hätten Sie ihr etwas angetan.“
    Da war etwas. Er zuckte zusammen und für einen Moment wich er ihrem Blick deutlich aus, ehe er sich wieder fasste. „Sie gehen zu weit“, sagte er langsam, aber mit einer deutlichen Drohung in der Stimme.
    „Vielleicht“, meinte Kyra. Sie wusste, dass sie besser aufhören sollte, doch konnte sie sich einfach nicht beherrschen. Vielleicht schaffte sie es noch ein wenig mehr aus ihm heraus zu kitzeln, wenn sie weiter provozierte. Wenn nicht, würde es ihr zumidnest auf eine gewisse Art und Weise Genugtuung verschaffen, da es irgendetwas an diesem Kerl gab, dass sie auf die Palme brachte. „Soll ich Ihnen sagen, was ich glaube?“
    „Nein“, antwortete er kühl.
    Natürlich hörte sie nicht auf Ihn. „Ich glaube, dass Sie Ms. Russel und einigen anderen Spielerinnen sexuelle oder vielleicht auch romantische Avancen gemacht haben und einen Streit mit Ms. Russel hatten, da diese Sie bereits mehrfach abgewiesen hat. Deswegen haben Sie sie umgebracht.“
    Reilly sah sie mit verengten Augen an, doch als sie seinen Blick erwiderte, wich er dem ihren aus. Einige Male holte er tief Luft, dann zeigte er auf die Tür. „Das reicht, Ms. Hare“, sagte er langsam, leise, aber mit leicht zitternder Stimme. „Gehen Sie. Ich werde keine Fragen mehr beantworten und verweise Sie hiermit vom Gelände.“
    Kyra musterte ihn nur, nicht ganz schlüssig, ob es Wut oder Angst war, die sie in seinen Augen sah.
    Als sie sich nicht rührte, hob er die Stimme. „Raus!“
    Schließlich zuckte sie mit den Schultern, stand auf und verließ den Raum, hielt aber noch einmal Inne.
    „Verschwinden Sie!“, rief Reilly daraufhin. „Ich werde Ihr ungebührliches Verhalten melden.“
    „Tun Sie das“, erwiderte Kyra nur, bemüht ihre Stimme gleichgültig klingen zu lassen. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“
    Dann ging sie und wurde sich erst jetzt dessen bewusst, dass fünf der Spielerinnen im Flur standen – sie waren offenbar eigentlich wieder auf dem Weg nach draußen gewesen – und sie verblüfft anstarrten, während Kyra einfach nur an ihnen vorbei ging, um Selbstsicherheit in ihren Schritten bemüht.
    Sie durfte sich nicht anmerken lassen, dass sie unsicher war. Denn eigentlich war sie sich einer Sache bewusst: Sie hatte sich gerade massiv viel Ärger eingehandelt.

  • ^^" Ich hoffe, das nehmt ihr mir nicht übel. Damit aber die Kapitel dennoch bis nächste Woche alle online sind, habe ich mich jetzt einmal entschlossen, das dritte der fünf Kapitel jetzt so online zu stellen!

    Du musst aufhören dich so zu überanstrengen. Versuch dich auszuruhen. Was sagen denn die Ärzte, ist es Lebensgefährlich?
    Ich habe selbst meine Erfahrungen mit der Intensivstation gehabt und das weckt Erinnerungen.
    Und dann das Krankenhaus, es gibt so viele wirkliche Horrorgeschichten, da muss man gut aussuchen, in welches man geht.



  • .

    [Blockierte Grafik: https://imgur.com/PHMHWJn.jpg]

    .


    Vorwort & Antwort:

    Danke @Sunaki für den Kommentar. Ich dachte, ich packe jetzt das nächste Kapitel mal online. Ich weiß ja gar nicht, was ich hier groß sagen soll, da sich vieles ja jetzt auch mit diesem Kapitel einiges Beantworten und einige Spekulationen werden sich sicherlich neu gestalten. :P


    Was die Sache mit dem noch einmal nachlesen angeht: Ich versuche halt hier wirklich Kyras Gedankengänge darzustellen und natürlich denkt sie dann an diese Sachen noch einmal. Ja, ich weiß, ist nicht immer Optimal, aber zumindest ist das so meine Idee beim schreiben.


    Was Kyras Erfahrung mit diesen Dingen angeht ... Kyra ist Experimentierfreudig. So viel kann ich sagen ;)


    Hmm ... Und derweil überlege ich, wie ich den Rest der Geschichte am Besten aufteile ...


    .


    Teamgeist


    -

    Teil 4


    .



    Kyra war gerade auf dem Weg zu ihrem Wagen hinüber, als sie eine Stimme hinter sich rufen hörte: „Warten Sie, Ms. Hare!“
    Sie drehte sich um und stellte fest, dass Aitken ihr folgte. Die junge Frau hatte sie mit ihren langen Schritten schnell erreicht und stand nun vor ihr, sie kurz von oben bis unten musternd.
    „Was ist?“, fragte Kyra vorsichtig.
    „Ich wollte nur wissen, was gerade passiert ist“, erwiderte Aitken, die – natürlich – kein Bisschen von ihrem kurzen Sprint außer Atem war. Sie wirkte jedoch besorgt.
    Kyra zuckte einmal wieder nur mit den Schultern. „Ich habe nur ein wenig provoziert.“
    Die junge Frau schwieg kurz, ehe ihr offenbar etwas klar wurde. „Sie verdächtigen Marcel?“
    Unsicher biss sich Kyra auf die Unterlippe. „Vielleicht“, erwiderte sie. „Ich weiß es nicht.“
    Aitken holte tief Luft und sah so aus, als würde sie ernsthaft in Betracht ziehen, sich umzudrehen, und selbst in das Center zurückzulaufen, um den Manager zu konfrontieren.
    „Wie gesagt, ich weiß es nicht“, sagte Kyra noch einmal mit Nachdruck. „Aber ich habe das Gefühl, dass Madleine MacKey etwas wissen könnte.“ Sie seufzte. „Und sei es nur, wer sie gewürgt hat.“
    „Soll ich sie fragen?“, bot Aitken an und sah noch einmal zum Gebäude.
    Kyra seufzte. „Warten Sie lieber. Nicht während des Trainings. Zumal ich selbst gerne noch einmal mit ihr reden würde – aber wie Sie vielleicht mitbekommen haben, wurde ich gerade des Geländes verwiesen.“
    Daraufhin nickte Aitken, wenngleich sie unzufrieden wirkte. „Also was? Wann?“
    Für einen Moment dachte Kyra nach. Sie sollte das Mädchen eigentlich nicht mit hineinbeziehen. Eigentlich sollte sie sich selbst nicht einmal mit einbeziehen, doch der Zug war schon lange abgefahren. Fakt war, dass MacKey Aitken kannte und ihr vielleicht – anders als der fremden Detektivin – zumindest etwas Vertrauen entgegen bringen sollte. Sie seufzte. „Bis wann habt ihr Training?“
    „Alles in allem? Nachmittag. Gegen drei.“
    Kyra nickte. „Weißt du, wo MacKey lebt?“
    „Madleine?“, erwiderte Aitken. „Ja, sicher. Ich mein', wir sind nicht befreundet, aber ich war schon mal da. An ihrem Geburtstag letztes Jahr. Treffen wir uns da?“
    „Ja. Aber erst um sechs.“ In der Hoffnung, dass MacKey dann da wäre.
    Aitken lächelte matt. „Super. Dann kriegen wir das Arsch vielleicht dran.“
    Und einigen Ärger, dachte sich Kyra. „Ich bitte dich nur, das ganze erst einmal für dich zu behalten.“
    „Geht klar, Detective.“ Aitken nickte ihr zu.


    „Wir bringen uns wieder in Schwierigkeiten, Watson“, seufzte Kyra zwanzig Minuten später, als sie vor dem Gebäude, in dem laut ihren Unterlagen Irene Duncans Eltern lebten, stand.
    Watson bellte nur, stand auf dem Rücksitz auf und wedelte mit dem Schwanz, so dass dieser die ohnehin schon extrem haarige Decke der Kabine entlangwischte.
    „Du nimmst das ganze viel zu sehr auf die leichte Schulter“, murmelte Kyra, zog den Schlüssel aus der Zündung und öffnete die Tür. Sie ließ Watson wie immer nach sich aussteigen und ging dann zu dem Haus, froh, hier einen relativ nahen Parkplatz gefunden zu haben.
    Bei dem Haus handelte es sich um eins jener beinahe schon klischeehaften Vorstadthäuser. Ein relativer Neubau – vielleicht aus den späten 90ern oder frühen 2000ern – dessen Front mit weißen Steinen verklinkt war. Die Dachziegel glänzten silbrigschwarz und auch die Tür war aus dunklem Holz. Ein für Mittelstandsverhältnisse edles Haus, befand Kyra, oder zumindest eins, das möglichst Edel wirken wollte.
    Auch der Vorgarten, der durch eine niedrige Mauer von der Straße getrennt war, wirkte ordentlich und gepflegt.
    „Ach je“, murmelte Kyra, als sie über den gepflasterten Weg zur Haustür ging, Watson an ihrer Seite.
    Es war halt immer eine andere Sache, wenn Eltern mit im Haus waren. Jetzt würde sie wohl erst mit Duncans Eltern sprechen müssen und dann mit dem Mädchen, das von allem, was sie gehört hatte, noch weit verstörter war, als ihre Kolleginnen.
    Kurz sah Kyra zu Watson hinab, der gut gelaunt hechelte. Ja, er musste ja auch mit niemanden reden und Kyra zweifelte irgendwie auch, dass er ganz verstand, was es mit der ganzen Sache hier so auf sich hatte. Ein Hund würde kaum eine konkrete Vorstellung von Tod, Verlust und Mord haben, oder?
    Seufzend klingelte sie an der Tür und wartete.
    Tatsächlich hörte sie relativ bald stramme Schritte und durch die milchigen Fenster, die in der Mitte der Tür in einer senkrechten Reihe eingelassen waren, konnte sie eine Gestalt sehen.
    Die Tür wurde geöffnet. „Ja, bitte?“, fragte eine ältere Frau um die fünfzig mit gelockten Haaren, die in recht gemütlicher Kleidung – einem ausgeleiherten Wollpulli und einem recht weiten Rock, der ihr bis knapp über die Knöchel reichte – nun vor ihr stand.
    „Guten Tag“, sagte Kyra vorsichtig und bemüht höflich. „Mein Name ist Kyra Hare. Ich bin Privatdetektivin und um Auftrag der Scottland Police hier.“
    „Aha“, erwiderte die Frau und musterte sie einmal von oben bis unten. Kyra war sich recht sicher, dass ihr Blick kurz an ihrem Piercing hängen blieb. „Ist es wegen diesem Mord?“
    Kyra nickte mit einem Lächeln. „Ja, genau. Ich wurde beauftragt die Spielerinnen der Mannschaft zum Opfer zu befragen. Ich nehme an, Sie sind die Mutter von Irene Duncan?“
    „Ja, die bin ich.“ Zurückhaltend bot die Frau ihr die Hand an. „Josephine Duncan.“
    Kyra ergriff die Hand. „Erfreut Sie kennen zu lernen“, meinte sie dann, unsicher, was sie ansonsten sagen sollte. „Dürfte ich mit Ihrer Tochter sprechen?“
    Offenbar zögerte die Frau. „Nun, ja. Ja. Natürlich.“ Sie trat mit mehreren kleinen Schritten zur Seite und warf Watson dann einen Blick zu. Fast rechnete Kyra damit, dass sie etwas sagen würde, und war umso überraschter, als sie es nicht tat. „Seien Sie nur vorsichtig“, meinte Mrs. Duncan dann. „Irene ist … Sehr aufgelöst, wegen der Sache.“
    „Das kann ich verstehen“, erwiderte Kyra nur und log damit nicht einmal. Sie war tatsächlich noch immer überrascht, dass heute überhaupt Training stattgefunden hatte, selbst wenn sie rein rational verstand, dass auch ein Betrieb nicht freigeben würde, nur weil ein Mitarbeiter ermordet worden war.
    „Ja …“ Unsicher sah Mrs. Duncan zwischen ihr und Watson hin und her, schloss dann aber die Tür hinter ihnen. „Sie können ins Wohnzimmer gehen“, meinte sie dann. „Folgen Sie mir bitte.“
    Kyra nickte und fand sich wenig später in einem alten, mit karriertem Stoff bezogenen Ohrensessel wieder. Das hatte schon etwas Stil, dachte sie sich, und sah sich in dem im Kontrast zu dem eigentlich edel-modern gehaltenem Äußeren des Hauses eher klassisch dekoriertem Wohnzimmer um. Das Sofa war ebenfalls mit Stoff bezogen und wirkte älter – abgesessen. Die Möbel waren durchweg aus Massivholz.
    „Wollen Sie vielleicht einen Tee?“, fragte Mrs. Duncan unsicher.
    „Ähm.“ Kyra zögerte. „Ja, gerne.“ Eigentlich wollte sie nur mit Irene sprechen. Aber gut, gegen einen guten Earl Grey hatte sie selten etwas einzuwenden.
    Watson warf ihr einen beinahe vorwurfsvollen Blick zu, als sie fünf Minuten später einen Tee, inklusive Gebäck serviert bekam, während die Mutter unschlüssig am Rand des Zimmers stehen blieb.
    „Nun“, sagte sie langsam. „Ich … Ich hole dann Irene.“
    Kyra nickte. Sie war sich nicht ganz sicher, was sie vom Verhalten der Mutter halten sollte. Lag sie vielleicht doch falsch? Lagen die anderen Spielerinnen wie Kerr richtig? Immerhin wirkte es beinahe so, als wolle die Mutter etwas verheimlichen?
    Während sie wartete, dass Mrs. Duncan mit ihrer Tochter zurückkehrte, spann ihr Gehirn von ganz alleine diesen Gedanken weiter. Es konnte auch sein, dass Kerr, MacKey und Reilly nichts damit zu tun hatten, dass sie nur ihr eigenes Ding gehabt hatten, das vielleicht auch nicht ganz – wie sagte man so schön – „koscher“ gewesen war, aber eben kein Mord. Wenn die Sache mit dem Streit zwischen Irene Duncan und Talia Russel stimmte, dann konnte es auch sein, dass Duncan eventuell Russel besucht hatte, vielleicht, weil sie wirklich besorgt gewesen war. Dann war die Situation irgendwie eskaliert und es hatte eine Affekthandlung gegeben?
    Von allem, was sie gehört hatte, klang Duncan nicht nach einer gewalttätigen Person, aber sie hatte auch schon mit anderen eigentlich harmlos wirkenden Damen und Herren zu tun gehabt, die mit dem richtigen Trigger zur Furie werden konnten.
    Vorsichtig nippte sie an dem heißen Tee, während Watson noch immer auf das Gebäck sah.
    Kyra seufzte. „Hier.“ Damit gab sie ihm einen der Kekse, vorsichtig, dass er danach nicht wieder ihre Hand abschlabberte. Sie wollte immerhin Irene Duncan keine speicheltriefende Hand reichen.
    Watson tat mit einem kurzen, gedämpften Bellen und einem Schwanzwedeln seine Anerkennung der Geste kund, ehe er sich hinlegte und zusammen mit ihr zu warten schien.
    Schließlich, etwa acht Minuten später, hörte Kyra Schritte auf den Flur und eine junge Frau, die Kyra von den Fotos als Irene Duncan erkannte, trat in Begleitung ihrer Mutter in das Zimmer. Sie wirkte verweint und unausgeschlafen und kam nun mit unsicheren Schritten zu Kyra hinüber.
    „Sie sind die Detektivin“, stellte sie heiser fest.
    Kyra nickte und stand auf, um ihr die Hand zu geben. „Genau. Kyra Hare ist mein Name.“ Sie zögerte für einen Moment. „Es tut mir leid“, fügte sie dann hinzu.
    Das Mädchen nahm ihre Hand, ohne wirklich zuzudrücken, sah sie an und ließ sich dann mit einer fahrigen Bewegung auf das Sofa fallen.
    Noch immer stand ihre Mutter in der Tür des Wohnzimmers und zwang so Kyra dazu, sich ihr zuzuwenden. „Könnten Sie uns bitte für fünf Minuten allein lassen?“, bat sie betont freundlich.
    Auch die Mutter wirkte fahrig, als sie nickte. „Ja“, sagte sie nur wieder. „Ja. Natürlich.“ Noch einmal warf sie ihrer Tochter einen besorgten Blick zu und verließ dann, hörbar seufzend, den Raum.
    Nachdem die Tür geschlossen war, wandte sich Kyra Irene Duncan zu. „Es tut mir leid, dass ich Sie belästigen muss, Ms. Duncan“, sagte sie vorsichtig. „Ich bin beauftragt, mit allen Kolleginnen Ms. Russels zu sprechen. Verstehen Sie das bitte.“
    Ein stummes Nicken war die Antwort.
    Irene Duncan trug einen labbrigen, grauen Jogginganzug, an dessen Ärmelenden Kyra feuchte Spuren erkennen konnte. Abgewischte Tränen, schloss sie. „Was wollen Sie wissen?“, fragte Irene schließlich heiser.
    Kyra holte ihren Notizblock hervor. „Eigentlich will ich nur wissen, wie Ihr verhältnis zu Ms. Russel war und ob Sie jemanden kennen, der vielleicht Probleme mit ihr gehabt hatte.“
    Noch einmal nickte Irene, blieb aber wieder für einige Sekunden still. „Talia und ich waren nie Freunde“, sagte sie dann. „Wir waren auch keine Feinde oder so. Aber nie Freunde.“ Tränen quollen in ihren Augen hervor. „Sie war … Wählerisch was Freunde anging.“ Sie wischte sich die Tränen mit ihrem linken Ärmel fort. „Entschuldigen Sie.“
    „Kein Problem“, meinte Kyra und wartete geduldig.
    „Ich meine“, begann Irene Duncan dann, doch ihre Stimme versagte ihr auf halben Weg, so dass sie schluckte und dann noch einmal begann: „Ich meine, Talia konnte fies sein, aber ich hatte nie etwas gegen sie. Verstehen Sie? Im Gegenteil … Ich fand es teilweise unfair, wie die anderen mit ihr umgegangen sind. Und jetzt …“ Sie schüttelte den Kopf, wischte sich erneut Tränen weg und sah dann für einige Sekunden aus dem Fenster.
    „Hätten Sie irgendeine Ahnung, wer ein Problem mit Ms. Russel gehabt haben könnte?“, fragte Kyra und spürte so etwas wie Mitleid in ihrer Brust.
    „Ja, natürlich“, flüsterte das Mädchen. Nun, Mädchen. Eigentlich war auch sie 23 Jahre alt, doch so verweint und das braune Haar unordentlich auf ihrem Kopf liegend, hatte sie wirklich etwas kindliches an sich. „Ich meine … Sie hatte mit so vielen Streit. So viele mochten Sie nicht … Aber deswegen würden sie sie doch nicht töten, oder?“ Ihre Stimme wurde bei den letzten Worten lauter.
    Watson gab ein leises Jaulen von sich und stand auf. Er sah zu Kyra und dann zu Irene Duncan.
    Wenn sie nur wüsste, was er ihr sagen wollte.
    Kyra seufzte. Es gab da noch eine Frage, die sie wohl oder übel stellen musste: „Ich habe gehört, dass Sie sich vor zwei Wochen ziemlich mit Ms. Russel gestritten haben.“
    Ms. Duncan nickte. „Ja“, flüsterte sie dann. „Habe ich. Ich weiß gar nicht, wie es dazu gekommen ist.“ Ihre Stimme klang verzweifelt. „Talia war schon seit einer Weile so … Komisch. Sie hat immer so abwesend gewirkt und gar nicht konzentriert und ich habe mir Sorgen gemacht, dass irgendetwas nicht stimmt.“ Sie schüttelte den Kopf und holte nun ein bereits gebrauchtes Taschentuch aus ihrer Tasche hervor, um sich die Nase zu putzen. „Ich wollte mich gar nicht streiten, aber als sie mich abgewiesen hat, habe ich sie irgendwie noch mehr bedrängt. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht“, versicherte sie. „Und dann ist sie auf einmal wütend geworden und hat mich angeschrien. Und ich … Ich habe zurückgeschrien, weil es so unfair war und dann … Dann haben wir uns halt gestritten.“
    Wie immer schrieb Kyra das mit.
    „Aber Sie müssen mir glauben“, sagte Ms. Duncan dann auf einmal, „ich war nicht wütend auf Talia. Nur auf mich selbst, dass ich sie so bedrängt habe. Das war nicht richtig. Aber ich habe mir doch Sorgen gemacht!“
    Daraufhin nickte Kyra. Zu gerne hätte sie „Ich glaube Ihnen“ gesagt, doch sie wusste, dass sie das in dieser Situation vermeiden msuste. „Schon gut“, sagte sie stattdessen nur und tätschelte zurückhaltend die Hand des Mädchens.
    „Ich mache mir solche Vorwürfe“, brach es dann aus Irene Duncan hervor. „Was auch immer sie bedrückt hat, es hatte sicher damit zu tun! Vielleicht hatte sie einen Stalker oder jemand hat sie bedroht und sie jetzt umgebracht!“ Sie schüttelte den Kopf. „Hätte ich das ganze anders angegangen, hätte sie vielleicht geredet. Vielleicht mit einer ihrer Freundinnen. Und dann hätte man etwas tun können.“ Sie seufzte leise und sah Kyra verzweifelt an. „Ich meine, ich hätte es wissen müssen. Ich meine, ich kenne sie doch. Sie ist immer so stolz und dann wollte sie sicher nicht mehr …„
    Nun begann Kyra sich zunehemnd unwohl zu fühlen. Sie biss sich auf die Unterlippe und wartete für einen Augenblick. „Seit wann war Ms. Russel denn so 'anders'?“, fragte sie.
    Ms. Duncan zögerte. „Ich weiß es nicht genau“, sagte sie dann kleinlaut. „Ich weiß es nicht. Seit … Etwa fünf Wochen? Aber vor etwas mehr als zwei Wochen ist es schlimmer geworden. Sie wirkte immer so als würde sie über etwas nachdenken. Und … Sie müssen wissen, Talia hat manchmal dumme Sachen gemacht. Wenn sie einmal etwas beschlossen hatte … Und ich dachte, vielleicht würde sie darüber denken, die Mannschaft zu wechseln oder so. Verstehen Sie?“
    Kyra nickte nur höflich.
    „Deswegen … Aber vielleicht war es ja eben doch was anderes“, murmelte Ms. Duncan. „Vielleicht hatte sie darüber nachgedacht zur Polizei zu gehen oder so.“ Sie sah zu Kyra. „Was glauben Sie?“
    Na, großartig. „Ich weiß es nicht“, erwiderte Kyra und fühlte sich schlecht. „Es tut mir leid.“ Noch einmal zögerte sie kurz. „Gab es irgendein besonderes Ereignis, nachdem das Verhalten von Ms. Russel sich verändert hat?“
    Ms. Duncan schwieg und schien nachzudenken. „Ich weiß es nicht … Ich glaube … Es müsste nach der Geburtstagsfeier von Maia gewesen sein. Sie hatte die ganze Mannschaft eingeladen. Sie und Talia hatten sich dort auch ein wenig gestritten …“ Sie schien auf ihrer Zunge zu kauen, als sie nachdachte. „Ich weiß aber nicht wieso.“
    Kyra nickte und tätschelte noch einmal die Hand. „Das soll die Polizei heraus …“ Herausfinden, hatte Kyra sagen wollten, doch genau in diesem Moment schellte die melodische Türklingel durch das Haus und ließ sie innehalten.
    Sie sah zur Tür und wartete.
    Wieder erklangen die Schritte von Mrs. Duncan und dann hörte Kyra Stimmen aus der Diele, jedoch zu gedämpft, um Worte auszumachen.
    Der Blick von Irene Duncan wirkte verschreckt, doch sie stand langsam auf. „Entschuldigen Sie mich“, murmelte sie leise und ging zur Tür hinüber.
    Kyra folgte ihr. Sie hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache.
    Als sie zur des Wohnzimmers kam, die Irene gerade geöffnet hatte, konnte sie zwei Polizisten in der Tür sehen. Einer von ihnen war – und das überraschte Kyra schon beinahe etwas – Sutherland. Sie ahnte, was es hieß, doch selbst dann war es unüblich, dass Sutherland selbst hier war.
    Nun sah Sutherland zu Irene hinüber. „Sie sind Irene Duncan?“, fragte er und musterte sie. Dann bemerkte er Kyra. „Ah, sie sind auch hier, Ms. Hare.“
    Kyra nickte nur.
    „Ja“, beantwortete Irene Duncan derweil seine Frage zurückhaltend und sah eingeschüchtert zu ihm hinüber.
    „Ich muss Sie bitten, mit mir mitzukommen“, sagte der Inspektor. „Sie stehen unter Verdacht, Talia Russel ermordet zu haben.“
    Kyra wusste, dass sie neutral bleiben sollte. Doch in diesem Moment sah sie ihn genau so schockiert an, wie es auch Mrs. Duncen tat.


    Positiv war zu bemerkte, dass Reilly sein „Versprechen“ offenbar doch nicht eingehalten hatte, Kyras Fehlverhalten bei der Polizei zu melden. Negativ jedoch war, dass Kyra ein furchtbares Gefühl in der Magengegend hatte.
    Sie hatte mit Sutherland gesprochen und von ihm erfahren, dass am Tatort Führerschein von Irene gefunden worden war. Außerdem hatte man daraufhin festgestellt, dass das Messer, das irgendwo in der Küche Russels gefunden worden war, zu einem Set gehörte, dass auch Duncan besaß. Ein Messerblock. Offenbar hatte es bereits eine Durchsuchung von Duncans Wohnung am Morgen gegeben, schloss Kyra, nach allem was sie hörte, denn Sutherland deutete an, dass ausgerechnet das Messer, was man gefunden hatte, aus Duncans Block gefehlt hatte.
    Natürlich konnte Kyra nicht mit aufs Revier kommen. Um genau zu sein, war alles, was sie tun konnte, anzumerken, dass sie kein gutes Motiv auf der Seite Duncans für einen Mord sah. Schon gar nicht für einen berechneten Mord und ein Messer von ihrer Küche mit zu Russel zu nehmen, sprach für Berechnung. Sicher, sie konnte nicht ausschließen, dass das Mädchen im Affekt etwas dummes getan hatte, doch war sie sich sicher, dass sie in diesem Fall ein Messer aus Russels Küche genommen hätte.
    Ganz so, sagte sie es jedoch nicht.
    Sutherland wirkte unsicher, sagte ihr am Ende jedoch nur, sie solle einfach ihren Bericht abgeben.
    Also fuhr Kyra am Ende missmutig nach Hause und verbrachte die Zeit, bis zu ihrem Treffen mit Aitken damit, ihren Tagesbericht zusammen zu tippen.
    Beweise hin oder her. Das ganze wirkte ein wenig zu passend. Wer würde bitte seinen Führerschein am Tatort verlieren. Zur Hölle, wenn Duncan wirklich dort gewesen war: Was für einen Grund hätte sie haben sollen, ihren Führerschein hervor zu holen?! Das schrie doch nach gefälschten und absichtlich dort gelassenen Beweisen.
    Wahrscheinlich wusste das Sutherland auch, aber es gab Protokolle, denen er folgen musste.
    Kyra war nicht an Kontrolle gebunden. Sehr wohl aber an das Gesetz. Ja, sie wusste, wenn sie jetzt einen Fehler machte, konnte das dem eigentlichen Täter zu gute kommen, aber verdammt noch mal, sie wollte das ganze nicht so stehen lassen.
    Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass Irene Duncan unschuldig war. Ihr Bauchgefühl sagte ihr auch, dass MacKey, Kerr und Reilly viel eher etwas damit zu tun hatten. Jedoch war es eben nur ihr Bauchgefühl, was kaum als Beweis reichen musste. Also brauchte sie etwas konkretes. Einen Beweis. Irgendetwas, dass die drei damit in Verbindung brachte. Eine Aussage von einem der drei würde natürlich auch reichen. Zumindest für den Anfang. Danach sollte sich dann die Staatsanwaltschaft oder wer auch immer drum kümmern.
    Ha ha. Wenn sie wirklich das ganze so gut vorbereitet hatten, wie es schien, hatten sie sich auch perfekte Alibis besorgt. Natürlich hatten sie das.
    Aber das einzige, was sie soweit dagegen tun konnte, war, zu sehen, ob einer der drei gegen die anderen beiden aussagte.
    Und genau deswegen fuhr sie am Abend – wie mit Aitken verabredet – zu der Wohnung in der Madleine MacKey und ihr Mitbewohner lebten. Immerhin hatte MacKey so gewirkt, als wäre sie nicht ganz freiwillig bei was auch immer dabei.
    Nun, mal sehen, was sie sagte.
    Sie zählte die Hausnummern, ehe sie endlich das Apartmentgebäude fand, in dem MacKey lebte.
    Etwa zwei Minuten später hatte sie auch einen Parkplatz gefunden und war zusammen mit Watson auf dem Weg zurück zu dem Haus.
    Da es später Oktober war, war die Sonne mittlerweile untergegangen und Kyra suchte im Licht der Eingangsleuchte nach der richtigen Klingel.
    Watson hob ein Ohr und auch Kyra kam es für einen Moment so vor, als hätte sie etwas gehört. Sie lauschte. Irgendetwas war da. Stimmen, die zu streiten schienen, meinte sie, aber genaueres konnte sie nicht hören.
    Nun, sie würde sehen.
    Sie zögerte. War Aitken schon da? Es wäre besser auf sie zu warten, wenn nicht. Immerhin kannte MacKey sie, Kyra, ja nicht.
    Sie sah auf ihr Handy. Es war etwa fünf vor Sechs. Also vielleicht sollte sie noch warten. Oder … Ach, sie konnte einfach versuchten Aitken anzurufen. Wenn sie im Wagen war, würde diese wahrscheinlich nicht dran gehen, wenn sie aber schon da war …
    Sie wählte die Nummer und war überrascht, das Aitken bereits nach dem ersten Klingeln dran ging. „Ms. Hare?“ Dabei klang sie leicht außer Atem.
    „Ja“, erwiderte Kyra. „Ich bin jetzt bei MacKeys Haus. Wo …“ Weiter kam sie nicht, da Aitken sie unterbrach.
    „Moment. Ich buzz dich rein.“
    Und tatsächlich erklang etwa drei Sekunden später der Buzzer und Kyra betrat das Treppenhaus.
    „Zweite Etage“, sagte Aitken und Kyra hörte ihre Stimme durchs Treppenhaus echoen, ehe sie auflegte. Nun gut. Hier waren sie.
    Vorsichtig sah sie zu Watson, der Aufmerksam, aber nicht über die Maßen angespannt wirkte. Dann sollte sie wohl sehen, was da oben los war. Denn ein Gefühl sagte ihr, dass bereits etwas los war.
    Vier Treppen später kam sie auf einen Absatz, von dem zwei Türen abgingen. Aitken stand in der einen, der schmale Flur hinter ihr von Licht geflutet.
    „Hey“, meinte sie mit angespannten Gesicht und nicht ohne leichte Wut in der Stimme.
    Kyra hob eine Augenbraue. „Hey“, erwiderte sie dann vorsichtig. „Hast du schon mit MacKey gesprochen?“
    „Nein.“ Aitken trat zur Seite, um sie reinzulassen und schlug dann – mit weit mehr Kraft als notwendig – die Tür zu. „Sie will einfach nicht mit mir reden!“
    Damit ging sie zu einer der vier Türen, die vom Flur abführten, und begann an diese zu hämmern. „Komm jetzt endlich daraus, Madleine! Die Detektivin ist da! Die kann dir helfen!“
    Großartig, kommentierte Kyra in Gedanken. Einfach nur großartig.
    Ihr Gehirn rekonstruierte, was sich hier seit Aitkens Auftauchen abgespielt haben musste. Ganz offenbar war MacKey alleine hier gewesen und Aitken hatte sie offen konfrontiert. Und wahrscheinlich hatte MacKey sich daraufhin in ihrem Zimmer eingeschlossen – etwas, das Kyra durchaus verstehen konnte, wenn sie die kalte Wut in Aitkens Gesicht sah. Doch auf der anderen Seite: Ihre beste Freundin war erstochen worden, also vielleicht hatte sie ohnehin schon seit einer Weile für ein Ventil für diese Wut gesucht.
    „Madleine! Mach endlich auf!“, brüllte sie nun.
    Eine brüchige Stimme antwortete aus dem Zimmer: „Geht weg.“ Ein halb ersticktes Schluchzen. „Das geht euch nichts an!“
    „Du bist eine Kollegin also geht uns das was an!“, erwiderte Aitken laut und erneut gegen die Tür hämmernd. „Wenn es etwas mit Talias Tod zu tun hat umso mehr!“
    „Geht weg!“, war nur wieder die Antwort.
    Aitken schnaubte. „Verflucht noch mal, Madleine! Mach diese verdammte Tür auf oder ich mache sie auf!“ Sie trat einen Schritt zurück, ganz so als wolle sie Anlauf nehmen.
    „Lass mich einfach in Ruhe!“, schluchzte es hinter der weißen Zimmertür hervor.
    „Erst wenn du mir verflixt noch mal sagst, wer Talia umgebracht hat!“, schrie Aitken. „Ich zähle jetzt bis drei und …“
    Kyra legte ihr die Hand auf die Schulter. „Ruhig“, sagte sie, auch wenn sie wenig Hoffnung hatte, dass es etwas brachte. „Ms. Aitken, bitte. Mit Gewalt können sie hier nichts erreichen.“
    „Ich kann's versuchen“, grummelte Aitken und wollte an ihr vorbei zur Tür.
    „Bitte“, erwiderte Kyra, halb verzweifelt, und hielt ihr entgegen. Sie überlegte kurz, ehe sie sich entschloss, auf eine persönlichere Ebene zu wechseln. „Lass mich mit ihr reden, Charleigh. Lass es mich versuchen, ja?“
    Aitken schien die Zähne zu fletschen, doch am Ende verschränkte sie nur die Arme und zeigte ein kurzes, missmutiges Nicken, ehe sie sich an die gegenüberliegende Wand in dem nicht allzu breiten Flur lehnte.
    Erleichtert seufzte Kyra, ehe sie sich an die Tür stellte und ihrerseits leicht klopfte. „Ms. MacKey, sind Sie da drin?“ Natürlich war es eine dumme Frage, da sie es bereits wusste. Jedoch erschien es ihr als halbwegs höflich.
    Keine Antwort. Nur ein leises Schluchzen war zu hören.
    Watson wimmerte leicht, so als würde ihm diese Situation ebenfalls so gar nicht gefallen.
    Also holte Kyra tief Luft und klopfte noch einmal. „Ms. MacKey? Machen Sie bitte auf. Wir wollen Ihnen nur helfen.“
    Weiteres Schluchzen, ehe eine leise Stimme erwiderte: „Das könnt Ihr nicht.“
    Nur schwerlich unterdrückte Kyra ein genervtes Seufzen und biss sie kurz auf ihre Unterlippe, um sich zu beruhigen.
    „So kommst du nicht weiter“, meinte Aitken harsch und wollte wieder auf die Tür zugehen, doch Kyra bat sie mit einer knappen Geste noch zu warten.
    „Ich bitte Sie, Ms. MacKey“, sagte sie erneut. „Lassen Sie uns reden. Wenn Sie etwas wissen, dann können Sie nur helfen – uns, der Polizei und auch sich selbst. Wenn es sie beruhigt: Ich glaube nicht, dass sie direkt in den Mord von Ms. Russel verwickelt waren, aber ich glaube, dass Sie dennoch mehr darüber wissen, was vorgefallen ist und das jemand sie erpresst.“ Okay, der Teil war nur geraten, aber sie wollte – auch wenn es vielleicht so nicht unbedingt professionell war – nicht den Anschein erregen, MacKey zu beschuldigen. „Also reden Sie bitte mit uns.“
    Wieder waren Schweigen und ein unterdrücktes Schluchzen ihre einzige Antwort.
    Nun drehte sie sich zu Aitken, Charleigh, um. „Versuch du es noch einmal. Aber vielleicht … Ein bisschen weniger zornig und gewaltsam.“
    „Aber sie …“, begann Aitken.
    „Sie ist vielleicht auch nur ein Opfer und verängstigt“, meinte Kyra. „Und wenn es so ist, wollen wir ihr nicht noch mehr Angst einjagen, oder?“
    Für einige Sekunden musterte Charleigh sie, dann holte sie tief Luft und ließ die Schultern etwas hängen. „In Ordnung“, stimmte sie dann – sehr langsam – zu.
    Sie trat erneut vor die Tür und atmete noch einmal, zwei Mal tief ein und aus, ehe sie die Stimme wieder erhob. „Madleine?“
    Natürlich gab es wieder keine Antwort.
    „Madleine?“, fragte Charleigh noch einmal. Es schien sie einige Anstrengung zu kosten, ruhig zu bleiben und Kyra konnte sehen, wie ihre Hände leicht zitterten. „Hör' mal. Wir wollen dir wirklich helfen, ja? Also bitte rede mit uns.“
    „Ihr könnt mir nicht helfen“, erwiderte MacKey kleinlaut von der anderen Seite der Tür.
    „Woher willst du das wissen?“ Trotz ihrer augenscheinlichen Mühen schwang noch immer etwas Wut, aber auch Verzweiflung in Charleighs Stimme mit.
    Keine Antwort.
    Ratlos sah Charleigh zu Kyra mit einer unausgesprochenen Aufforderung, noch etwas zu sagen.
    Kyra brauchte einen Moment um ihre Gedanken zu ordnen. Sie konnte relativ deutlich sagen, dass jemand MacKey bedroht hatte, auch wenn sie sich nicht sicher war, womit. Sie seufzte. „Ms. MacKey“, begann sie und stellte eine Vermutung an. „Wenn Sie etwas darüber wissen und vom eigentlichen Täter bedroht werden, gibt es Dinge, die die Polizei tun kann, um Sie zu beschützen. Sie müssen uns da vertrauen. Hören Sie?“ Als erneut nur Schweigen herrschte, fuhr sie fort. „Wenn Sie uns nicht helfen, könnten noch andere Leute zu schaden kommen und das wissen Sie.“ Kurz zögerte sie, ehe sie noch eine wesentlich größere Vermutung anstellte. „Vielleicht sogar andere Mitglieder ihrer Mannschaft. Freunde von Ihnen sogar!“
    Fragend sah Charleigh sie an, doch Kyra zuckte nur mit den Schultern. Das ganze war kaum mehr als ein Bluff. Sie versuchte zu erraten, was hier vor sich ging und es konnte sehr gut sein, dass sie meilenweit daneben lag.
    Dies schien auch Charleigh zu verstehen, spielte nun aber mit. „Genau. Komm, Madleine. Bitte. Ich will nicht, dass sowas noch jemanden anderen passiert! Ich will wissen, was mit Talia passiert ist, und ich will dir auch wirklich, wirklich helfen!“ Sie klopfte noch einmal gegen die Tür und nun klang doch wieder Verzweiflung in ihrer Stimme mit. „Bitte, Madleine.“
    Und wieder herrschte Stille, doch am Ende hörten sie ein Scharren, offenbar von einem Stuhl oder dergleichen, der zur Seite geschoben wurde. Dann wurde der Schlüssel in der Tür umgedrehte und wenige Sekunden später stand eine vollkommen verweinte Madleine, in T-Shirt und Leggins gekleidet, vor ihnen.
    Für einige Sekunden stand sie da, während Kyra und offenbar auch Charleigh absolut unschlüssig waren, was sie tun sollten. Dann machte Watson einen Schritt nach vorn und quetschte sich an Charleigh vorbei zu MacKey, um ihre Hand zu lecken. Als sie nicht zurückschreckte, stellte er sich auf seine Hinterbeine und schleckte ihr zwei Mal über das Gesicht, was ihr zumindest kurzzeitig so etwas wie ein mattes Lächeln entlockte.
    Sie hockte sich vor ihn und vergrub am Ende ihr Gesicht im Fell des Hundes – eine Geste die Kyra nur zu gut nachvollziehen konnte. Watson hatte einfach die besten Schultern zum Ausheulen.
    Für einen Moment hielt sie Inne, ehe sie meinte: „Wenn Sie nichts dagegen haben, mache ich Ihnen einen Tee.“ Dabei konnte sie nur hoffen, dass es in diesem Haushalt Tee gab. Immerhin sollte es sogar Briten geben, die keinen Tee im Haus hatten. Blasphemie.
    Sie meinte, ein Nicken von MacKey zu sehen, was sie als „Okay“ interpretierte und die Tür am Ende des Flurs probierte, in der Hoffnung dahinter die Küche zu finden. Es war das Klo, doch mit der Tür zu ihrer rechten lag sie schließlich korrekt. Sie fand einen Wasserkocher und – dankbarer Weise – auch Tee.
    [UP]

    Die Küche war ausgesprochen klein, mit der gesamten Arbeitsfläche auf der einen Seite und nur einem kleinen Tisch auf der anderen, direkt unter einem Fenster. Es gab auch nur zwei Stühle.
    Sie brühte den Tee auf und gab nach einer kurzen Überlegung eine ordentliche Portion Honig dazu. Sie war kein großer Fan von Honig – schon gar nicht in ihrem Tee – doch hatte sie einmal gehört, dass Honig eine beruhigende Wirkung haben konnte. Also war es einen Versuch wert, oder?
    Als sie fertig war, kam schließlich auch MacKey in Begleitung von Charleigh und Watson in die Küche.
    Charleigh manövrierte das andere Mädchen auf den Stuhl und hockte sich dann neben sie, während Watson einmal wieder den Kopf in den Schoß des Mädchens legte und sich bereitwillig streicheln ließ.
    Kyra stellte MacKey einen Pott Tee hin, ehe sie sich nach kurzem Zögern ihr gegenüber auf den anderen Stuhl setzte.
    Sie wartete eine Weile, dass das Mädchen etwas trank, ehe sie schließlich fragte: „Ms. MacKey?“
    Langsam nickte MacKey und stellte den Pott ab. Sie sah weder Kyra, noch Charleigh direkt an, sondern versuchte sich erst auf die Augen des Hundes zu konzentrieren, ehe sie aus dem Fenster sah. „Es war Marcel“, flüsterte sie schließlich leise.
    „Was?“, fragte Charleigh und machte Anstalten aufzustehen, hielt aber inne, als Kyra den Kopf schüttelte.
    Eine ganze Weile herrschte Schweigen, ehe MacKey sagte. „Zumindest … Glaube ich das.“
    Erneutes Schweigen, das Kyra schließlich mit einer vorsichtigen Nachfrage beendete: „Warum glauben Sie das?“
    Mit glasigen Augen und noch immer weinend, sah MacKey aus dem Fenster. Wahrscheinlich unbewusst schlang sie ihre Arme um sich. „Er … Er und Maia wollten, dass sie bei uns mitmacht. Also Talia.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Er und Maia … Haben irgendwas am laufen. Schon eine Weile. Ich glaube … Ich glaube für Maia ist es mehr, aber für Marcel … Er hat angefangen mich zu erpressen.“ Sie hob ein Bein, um es an sich heran zu ziehen und wischte sich abwesend die Augen.
    Kyra wie sich Charleighs Blick bei diesen Worten immer weiter verdunkelte. „Hat das Arsch dich etwa vergewaltigt?“
    Wieder biss Kyra sich auf die Unterlippe. Das war nicht die beste Frage gewesen und es überraschte sie nicht, dass MacKey nicht antwortete.
    Einige Sekunden vergingen, ehe Kyra eine andere Frage stellte: „Womit hat er sie erpresst?“
    MacKey sah weiter aus dem Fenster. Ein leichtes Schluchzen durchlief ihren Körper. „Er hat gedroht, mich aus der Mannschaft zu werfen.“
    „Aber das kann er nicht so einfach!“, protestierte Charleigh und wollte sie an der Schulter greifen, um sie zu zwingen, sie anzusehen, doch MacKey zuckte zusammen.
    „Das kann er“, flüsterte sie. „Er weiß Dinge … Damit könnte er das.“
    „Aber was …“, begann Charleigh, hielt dann aber inne.
    Als MacKey nicht wieder sprach, setzte Kyra mit einer Vermutung an: „Er hatte auch irgendetwas über Talia Russel herausgefunden und hatte sie erpressen wollen, ebenfalls“ – sie zögerte kurz – „Sex mit ihm zu haben?“
    „Mit ihm und Maia“, kam die sehr leise Antwort.
    „Aber Ms. Russel hat das nicht mit sich machen lassen“, schloss Kyra.
    „Natürlich nicht!“, unterbrach Charleigh sie wütend. „So etwas würde sie nicht tun.“
    Auch MacKey nickte leicht. „Ja. Sie … Ich habe nicht alles mitbekommen. Aber sie hat gewusst, was er macht und hat wiederum ihn damit erpresst, dass er, Maia und ich … Dass wir …“ Sie führte den Satz nicht zu Ende.
    Fuck. Das war auf gewisse Weise weit düsterer, als erwartet. Vielleicht war Kyra gegenüber Morden auch nur dank zu vielen Krimis abgestumpft worden.
    Sie wusste nicht, was sie dazu groß sagen sollte. Das Mädchen brauchte mehr als nur eine Schulter zum Ausheulen, aber das war etwas, womit sie nicht würde helfen können.
    Da war allerdings noch etwas anderes, dass ihr durch den Kopf ging: Wenn Talia Russel wirklich gewusst hatte, was vor sich ging, und nichts getan hatte, dann war sie doch eine ziemlich Bitch gewesen – jedenfalls wenn man Kyra fragte. Sie behielt den Gedanken allerdings für sich.
    „Und deswegen hat Marcel Talia umgebracht?“, fragte Charleigh.
    MacKey schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht. Vielleicht … Vielleicht auch Maia. Ich glaub', sie hat Gefühle für ihn. Für Marcel. Er erpresst sie auch, glaube ich. Aber sie würde auch so …“ Sie schluchzte. „Sie war sauer auf mich, wenn ich …“, flüsterte sie. „Wenn ich … Nicht wollte. Sie hat mich bedroht. Und ich glaub', sie war eifersüchtig auf Talia.“
    Wieder vergingen zwei, drei Sekunden, in denen niemand etwas sagte. Dann richtete Charleigh sich auf.
    „Okay, es reicht“, verkündigte sie. „Ich fahre jetzt zu Marcel!“
    Kyra sah sie mindestens genau so überrascht und schockiert an, wie es MacKey tat. Doch während sie noch die junge Frau anstarrte, die sich nun auf dem Absatz umdrehte und in Richtung der Wohnungstür losmarschierte, sprang MacKey auf und hielt sie am Arm fest.
    „Bitte, warte!“, rief sie verzweifelt aus. „Das darfst du nicht! Wenn du das tust, dann … Dann …“
    „Dann schlag' ich ihm die Fresse ein“, erwiderte Charleigh nur wütend und – wie Kyra feststellte – ebenfalls mit einigen Tränen in den Augen. „Das Arsch hat Talia umgebracht und wenn ich mit ihm fertig bin, fahre ich zu Maia!“
    „Die bringen mich um!“, erwiderte MacKey.
    Okay, die Situation war am eskalieren. Und Kyra war nicht gut darin, so etwas zu deeskalieren. Auch sie stand auf. „Können wir nicht erst in Ruhe darüber reden?“
    „Ich habe keine Lust mehr auf reden“, schrie Charleigh und fuhr zu ihr herum. „Wenn das stimmt, dann hat der Bastard Talia auf dem Gewissen, hat sie vergewaltigen wollen und hat Madleine wirklich vergewaltigt!“
    „Weshalb ich Inspector Sutherland anrufen sollte“, erwiderte Kyra. „Wir überlassen das der Polizei.“
    „Nicht die Polizei!“, warf MacKey verzweifelt ein. „Ich kann nicht zur Polizei gehen!“
    Kyra bemühte sich ihrer Stimme Ruhe zu verleihen – und scheiterte. „Warum nicht?“
    MacKey wurde wieder klein und zog sich unbewusst ein Stück zur nächsten Wand zurück.
    „Warum nicht?“, wiederholte Kyra voller Anspannung.
    Wieder wich MacKey ihrem und auch Charleighs Blick aus. Sie stand mit dem Rücken zur Wand und noch immer liefen Tränen über ihre Wange. Schließlich flüsterte sie: „Als ich noch in der U20 war … Ich hatte ein paar Probleme und hab … Na ja … Marcel hat herausgefunden, dass ich … Dass ich gepusht habe.“ Sie verstummte für einige Sekunden. „Wenn das herauskommt, fliege ich nicht nur aus der Mannschaft, sondern kriege auch noch Probleme mit der Polizei.“ Verzweifelt sah sie die beiden an. „Deswegen können wir deswegen nicht zur Polizei gehen!“
    Einige Sekunden vergingen, ehe Kyra verstand, was sie genau sagen wollte, doch während sich noch in ihr Unverständnis ausbreitete, machte Charleigh ihrer Wut bereits Luft:
    „Und deswegen soll das Arschloch weiter frei herum laufen? Ernsthaft, Madleine!“ Sie machte einen Schritt auf sie zu und packte Madleine an der Schulter. „Der Typ hat Talia umgebracht!“, fuhr sie das verstörte Mädchen an. „Und du willst ihn davonkommen lassen, um deine Karriere zu retten?“
    „Ich …“ MacKey wich ihrem Blick weiter aus. Sie hatte mittlerweile ihren Körper gänzlich an die weiß tapezierte Wand gedrückt und wirkte, als wäre sie am liebsten mit dieser verschmolzen.
    „Du?“, fragte Charleigh gereizt. „Was?!“
    Die Kiefer fest zusammengedrückt, sah Kyra zu den beiden hinüber. So würden sie nicht weiter kommen. Also, was sollte sie tun? An sich konnte sie Charleighs Reaktion irgendwo verstehen – aber hey, wieso sollte sie über all das urteilen? Sie hatte ihre Meinung und würde diese für sich behalten. Wenn irgendetwas, dann würde sie dafür Sorgen, dass dieser Mord auch von Seiten der Polizei aufgeklärt wurde und Marcel und wer auch immer sonst noch daran beteiligt war, vor Gericht kommen würde.
    „Ich …“, setzte MacKey erneut an und sprach doch wieder nicht weiter.
    Kyra trat vor und legte eine Hand auf Charleighs Schulter. „Beruhige dich. Wir sollten jetzt andere Prioritäten haben.“
    Zumindest drehte sich Charleigh zu ihr um, noch immer mit Tränen der Wut und Verzweiflung in den Augen. „Die da wären?“, zischte sie.
    Ja, eine ausgezeichnete Frage. „Ähm.“ Ohne Beweise konnte sie nicht zur Polizei. Gut, sie und Charleigh hatten die Aussage MacKeys gehört, doch sie vermochte nicht zu sagen, ob man ihnen glauben würde, wenn MacKey die Aussage verweigerte. „Wir könnten Mr. Reilly, also Marcel, konfrontieren?“, schlug sie schließlich unsicher vor.
    Sie wusste, dass es am Ende zu demselben Problem führen würde, denn auch wenn Reilly ihnen gegenüber etwas zugab, brachte es ihnen nichts, solange sie es nicht aufnahm – und das war technisch gesehen ohne entsprechenden richterlichen Beschluss illegal.
    „Gern“, meinte Charleigh mit Verachtung in der Stimme.
    Kyra seufzte. „Wenn möglich ohne Gewalt.“

  • So, so, so.
    Irene Duncan.
    Sie leitet die ganze Aufmerksamkeit auf MacKey, den Trainer und Maia.
    Der Reaktion nach, hat sie sich wirklich etwas aus der Toten gemacht.
    Demnach ist das wohl die einfachste Erklärung. Sie hatte vermutlich
    Gefühle für das Opfer und reagierte demnach stärker als die anderen.
    Deshalb brauchte sie die Auszeit mit ihren Eltern.


    Der Hinweis in dieser Episode ist eigentlich sehr, sehr offensichtlich. Die Tote hat etwas gesehen, was sie nicht hätte sehen sollen und das in Maia Kerrs Haus. Ein Bild vielleicht?
    Vielleicht ist sie mit dem Manager über ein paar Ecken verwandt? Oder sie hatte etwas mit jemandem, vielleicht dem Trainer?
    Oder sie verhielt sich besonders freundlich dem Manager gegenüber? Sofern der ebenfalls eingeladen war.
    Irgendwas übersehe ich noch. Insbesondere da ich noch nicht sagen kann, warum Key erpresst werden sollte.


    Nach dem Ausscheiden des Trainers hat der Manager klar gestellt, dass Beziehungen innerhalb des Teams nicht mehr erlaubt sind.

    Hier muss ich sagen, dass ich deutlich mehr aus der Handlung herauslesen hätte können, wenn ich mehr über Sport wüsste.
    Beispielweise ob es über dem Manager jemanden gibt, der Fehlverhalten innerhalb der Mannschaft bestraft. Der Fußballbund, oder so was? Hier wäre es hilfreich gewesen, mehr über die Regeln zu wissen.

    Sie hatte mit Sutherland gesprochen und von ihm erfahren, dass am Tatort Führerschein von Irene gefunden worden war. Außerdem hatte man daraufhin festgestellt, dass das Messer, das irgendwo in der Küche Russels gefunden worden war, zu einem Set gehörte, dass auch Duncan besaß. Ein Messerblock.

    Ein Messer? Unwahrscheinlich, wenn auch nicht unmöglich. Ein Führerschein? Unmöglich.
    Ob es einen Grund gibt, warum exakt sie als Sündenbock herhalten muss?

    Wer würde bitte seinen Führerschein am Tatort verlieren.

    Jemand, der Zugang zu ihrem Führerschein hat, also jemand aus der Mannschaft.
    Es könnte natürlich auch ein gefälschter sein, aber dann könnte Duncan den aktuellen vorzeigen und nachweisen, dass sie keinen nachmachen lassen hat.
    Ich denke die Polizei ist nicht so dumm und hat sie nur festgenommen, damit es so aussieht als ob.


    Oh und der Satz bracht ein ? am Ende.

    Immerhin sollte es sogar Briten geben, die keinen Tee im Haus hatten. Blasphemie.

    Dafür ist sie streng genommen auch Schottin, außerdem es mag Briten geben die Geschmack haben und so ein grässlich wässriges Zeug nicht anrühren. ^^

  • Okay, ich weiß diesmal nicht, ob ich so viel schreiben werde. Vielleicht wird sich das zwar so oder so am Ende erledigen (Nachtrag: Hat es), aber ich habe meine Notizen leider für die nächsten Tage nicht zur Hand, daher fehlt mir leider ein wenig der Überblick (ich hätte wohl einfach die Notizfunktion hier im Forum nutzen sollen, aber egal).
    Nun, seit meinem Kommentar gab es zwei neue Kapitel und zunächst einmal ist wohl kurz etwas zu Kerr und ihrer Bemerkung zu sagen, wonach jemand Russel bestimmt "abgestochen" hätte. Ich muss gestehen, dass ich das - nun, nicht wirklich überlesen habe. Es ist mir, glaube ich, beim Lesen schon aufgefallen, aber ich habe dieser Stelle nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt, weil ich wohl davon ausgegangen bin, dass das die Spielerinnen einfach wüssten, weil sie ja sonst auch alle über den Mord Bescheid wissen und darüber, dass eine Privatdetektivin auftauchen wird. Nun ist es aber natürlich schon ein wenig auffällig, wenn da jemand so präzise wird. Dafür gibt es freilich mehrere Erklärungen: Sie könnte es tatsächlich einfach nur so daher gesagt haben, wie Kyra ja auch kurz vermutet. Desweiteren könnte natürlich diese Information aus irgendeinem Grund die Runde in der Mannschaft gemacht haben - Kyra vermutet da ja auch Aitkin und oder Reilly als Informationsquelle. Letzterer sollte das natürlich auch nur wissen, weil die Polizei es ihm gesagt hat - andernfalls wäre er selbst ja auch verdächtig. Aitkin hingegen könnte es entweder von der Polizei erfahren oder selbst gesehen haben, wobei sie halt bezüglich Letzterem "nur" durch das Küchenfenster sehen konnte - da ist nicht ausgeschlossen, dass sie die Verletzungen nicht genau hätte sehen und ihre Schlüsse draus ziehen können. Die andere Erklärung wäre natürlich, dass Kerr etwas mehr mit der Sache zu tun hat, als sie zugibt. Damit käme sie als Täterin oder Komplizin in Frage, könnte aber vielleicht auch die Tat beobachtet haben; oder aber von einer Person informiert worden sein, auf die eins davon zutrifft. Mit Letzterem wiederum wäre man wohl am ehesten bei MacKey - es scheint sich ja bestätigt zu haben, dass die beiden recht engen Kontakt haben. Hier dann wiederum - die genaue Beziehung zwischen den beiden ist mir noch unklar. Kerr könnte sie unter Druck setzen, aber sie könnte vielleicht auch auf eine herrische Art helfen wollen. Ihr "Red' einfach mit ihr" in dem Kapitel, wo Kyra beide beim Training befragt, könnte man vielleicht auch als Code für "Erzähl' ihr, was dir passiert ist" oder so deuten - es könnte ja eben sein, dass Kerr weiß, was MacKey genau passiert ist, aber auch zum Beispiel meint, dass MacKey sich letztlich selbst entscheiden soll, darüber mit jemandem zu sprechen, während sie selbst - also Kerr - aus einem gewissen Rücksichtsgefühl heraus die entsprechenden Dinge nicht ohne MacKeys Zustimmung offenlegen möchte. Das wäre dann vielleicht noch eine eher freundschaftliche Beziehung; dabei allerdings stellt sich die Frage, ob Kyras Eindruck bezüglich der Fotos, auf denen MacKey angespannt wirkt, richtig ist, denn das würde da ja nicht so gut hineinpassen, sofern ... Naja, man kann Anspannung auf Fotos ja immer noch auf andere Personen beziehen, die darauf vielleicht zu sehen sind oder aber die Person, die die Fotos gemacht hat; da müsste man halt gucken, ob eine derartige Person, die auch mit all diesen Fotos auf die eine oder andere Weise in Verbindung steht, existiert. Ähm, ja, ich glaube, ich krieg's doch wieder hin, endlos hier was zu schreiben, haha.
    Jedenfalls, worauf ich eigentlich lange gewartet habe, sind neue Informationen über die Tatwaffe. Denn wäre es eben ein Messer aus Russels eigener Küche gewesen, wäre eine Tat im Affekt oder auch aus Selbstverteidigung nicht auszuschließen gewesen. Wenn der Täter allerdings die Waffe selbst mitbringt, wird das schon deutlich unwahrscheinlicher, da es schon auf eine gewisse Planung hindeutet. Der Führerschein tut da natürlich sein Übriges, um diesen Eindruck zu erhärten. Die Frage wäre jetzt eigentlich, wer die Gelegenheit hatte, sowohl das Messer als auch den Führerschein zu entwenden. Problem ist hier allerdings, dass Duncan wohl öfter Besuch von Mitspielerinnen hatte (zudem hätte ja auch jemand einbrechen können) und gerade was ihren Führerschein betrifft, hätte den vielleicht jemand auch aus der Umkleide klauen können, sofern Duncan den zum Training mitnimmt. Zwar würde er dann wohl eingeschlossen werden (wobei Duncan da auch hätte nachlässig sein können), dann hätte man natürlich auch den Spind knacken können, was ich aber nicht jedem zutrauen würde - nun, Kyra kann es zumindest, aber die hat ja berufliche Erfahrung. Sie ist hochverdächtig. Also ... Nun, insgesamt schränkt das leider noch nicht so den Kreis der Verdächtigen ein, auch wenn man ja Duncan mal fragen könnte, ob und wer vor dem Mord jemand bei ihr zu Besuch war, auch wenn das natürlich noch lange nicht bedeuten würde, dass diese Person dann dahinter stecken würde. Ansonsten ... Mir kam noch der Gedanke, dass Russel vielleicht auch selbst den Führerschein und das Messer geklaut und bei sich deponiert haben könnte - freilich wäre der Grund dafür noch zu klären; man könnte hier Theorien entwerfen, in denen der Täter sein Opfer selbst für den Mord eingespannt hat, aber das wird wohl ein wenig zu abgedreht ...
    Was mich übrigens auch immer noch beschäftigt, sind MacKeys Würgemale, weil sie - und ich nehme Kyras Eindruck da mal für voll - durch ein Seil oder einen Gürtel entstanden sind. Das hat mich unter anderem vor dem Hintergrund der Möglichkeit beschäftigt, dass ja ein Streit mit Russel hätte eskaliert sein und dann MacKey sich einfach nur verzweifelt zu wehren versucht hätte haben können. Aber normalerweise würde man annehmen, dass in so einer Situation Russel ihre Hände benutzt hätte. Nun ja, aber da es sich ohnehin nicht um eine Affekttat oder Notwehr zu handeln scheint, sind die Würgemale hierfür wohl nicht mehr so relevant. Aber die Tatsache, dass sie eben mit einem konkreten Gegenstand zugefügt wurden, lässt wieder auf ein Kalkül dahinter schließen. Jedenfalls, es kann natürlich sein, dass die Erklärung dafür harmlos wäre und schlicht mit ihrer Sexualität zu tun hat - andererseits kann es eben ein Akt gewesen sein, der sie einschüchtern sollte oder, naja, wenn es nicht mit ihrer eigenen Sexualität zu tun hat, kann es immer noch mit der Sexualität des Verursachers zu tun haben. Wobei das wiederum heißen kann, dass es mit der ganzen Sache nichts zu tun hat.
    Hm, ich habe irgendwie das Gefühl, immer noch fast nur über Dinge aus vorherigen Kapiteln zu reden. An auffälligen Dingen jedenfalls ist wohl noch festzuhalten, dass MacKey diese Telefonate mit Russel vor zwei Wochen hatte - schon wieder die zwei Wochen also. Außerdem hat sie versucht, Reilly in der Mordnacht zu erreichen (was erst recht spät gelang) und überhaupt scheint sie mehr zu ihm und eben zu Kerr engeren Kontakt zu haben. Irgendwas scheint also mit diesen drei zu sein, was auch immer das genau ist. Eine Beziehung zwischen Kerr und Reilly wäre ja möglich - dann könnten die auch MacKey bedroht haben und wenn Russel etwas darüber wusste, hätte einer von ihnen entscheiden können, sie zu beseitigen oder etwas in der Art. Aber ... Nun, irgendwie bin ich gerade nicht mehr so theoriefreudig; einfach weil eben MacKey jetzt wohl auspacken dürfte und somit sollte sich Einiges - wenn auch vielleicht nicht alles - schon klären. Dass Russel eine Zeit lang bedrückt war, weiß man ja schon, die Frage ist, warum. Und Duncan meinte, sie macht manchmal dumme Sachen - es wäre natürlich möglich, dass Russel jemanden mit etwas konfrontieren wollte und dann den Preis dafür bezahlt hat.
    Nun ja. Mal gucken, wie es weiter- bzw. ausgeht.

  • .

    [Blockierte Grafik: https://imgur.com/PHMHWJn.jpg]

    .


    Vorwort & Antwort:

    Auch hier wieder Danke @Sunaki und @Thrawn für die Kommentare :D Und ich stimme absolut zu: Kyra selbst ist total und 100% verdächtig! :)


    Ich möchte übrigens drauf aufmerksam machen, dass ich beim Uploaden vom letzten Kapitel einen Fehler gemacht habe und ein Teil des Kapitels fehlte. ^^" Ich habe das mittlerweile im letzten Beitrag editiert und noch ergänzt. Mir war in der Datei ein Formatierungsfehler passiert (also ich hatte eine neue Seite angefangen, durch Strg + ENTER), der dazu geführt hatte, dass ich die letzten eineinhalb Seiten des Kapitels nicht mit rein kopiert hatte. Sorry. Mea Culpa. :( Wie gesagt, es wurde ergänzt und ich habe extra mit [UP] markiert, wo der neue Teil losgeht! :3


    Davon abgesehen hier der de facto letzte Teil, auch wenn ich wohl morgen noch einen kleinen (neuen) Epilog hinterher setzen werde - einfach aus dem Grund, dass die Geschichte damit in sich abgeschlossener wirkt. ;)


    Viel Spaß!


    .


    Teamgeist


    -

    Teil 5

    .



    „Was genau ist los?“, fragte Maria leise über den Küchentisch hinweg.
    Kyra war einfach nichts besseres eingefallen.
    MacKey war in einem fürchterlichen Zustand gewesen. In einem Zustand, in dem Kyra sie nicht hatte allein lassen wollen. Zwar war sie sich nicht sicher gewesen, was sie genau befürchtete – die Topkandidaten waren wohl ein Selbstmordversuch und dass MacKey vielleicht versuchen konnte, Marcel Reilly vorzuwarnen – doch sie konnte zumindest sagen, dass es dumm und herzlos wäre, sie zurück zu lassen.
    Mitnehmen konnten sie sie allerdings aus schlecht. Zur Hölle, Kyra versuchte noch immer sich eine Möglichkeit zu überlegen, die sie nicht in Probleme bringen würde. Soweit jedoch erfolgslos.
    Letzten Endes war sie zu dem Ergebnis gekommen, dass es am intelligentesten wäre, MacKey irgendwo unterzubringen, wo sich jemand um sie kümmerte, da ihr Mitbewohner offenbar bei seiner Freundin war – oder zumindest so etwas in der Art, denn ihre Antwort war nicht gänzlich konsistent gewesen. Also hatte sie, da sie niemanden anderen kannte, dem sie zutraute, mit dem Mädchen umzugehen, letzten Endes Maria Turner angerufen.
    Immerhin hatte sie in den letzten Wochen sich ein paar mal mit ihr getroffen und Maria schien nett und vor allem verständnisvoll und empathisch, beides Dinge, die Kyra nicht unbedingt war.
    Nun saß MacKey auf dem Sofa in Marias Wohnzimmer, zusammen mit einer etwas kühlen Charleigh, einer neugierigen Kali und einem etwas verwirrten Watson, während Maria Kyra in die Küche gezogen hatte.
    „Na ja“, meinte Kyra und überlegte, wie sie es am besten erklären konnte. Sie hatte es am Telefon schon probiert, jedoch offenbar nur mit mäßigem Erfolg. „Also, ich sollte die Spielerinnen von der Damenmannschaft des Hibernian zu der ermordeten Spielerin befragen.“
    „Ja, das habe ich verstanden“, erwiderte Maria müde. „Aber wieso sind die beiden jetzt hier.“
    „Nun, von allem was ich verstehe, hat der Manager der Mannschaft zwei Spielerinnen – unter anderem Ms. MacKey die drüben sitzt – erpresst, Sex mit ihm zu haben, und hat dasselbe mit der ermordeten probiert, sie hat ihn dann damit erpresst, dass er versucht hat, sie zu erpressen und er hat sie dafür ermordert. Ms. MacKey drüben ist also ein Opfer und hat außerdem Angst ihren Job in der Mannschaft zu verlieren wegen der ganzen Sachen. Ich konnte sie schlecht allein in ihrer Wohnung lassen, aber ich weiß auch nicht, was ich sonst mit ihr machen soll, da sie sich weigert mit zur Polizei zu kommen.“
    Maria hörte ihr zu und musterte sie dabei, schließlich seufzte sie. „Aber ist es nicht auch eine Straftat, Informationen die zur Aufklärung eines Mordes oder so führen können, zurückzuhalten?“
    „Ja, ist es“, erwiderte Kyra. „Aber was soll ich gerade mit ihr machen? Die Polizei rufen und ihr auf den Hals hetzen? Dann sagt sie doch nichts.“
    Ein weiteres Seufzen war Marias Antwort und sie trank einen Schluck Tee. Kräutertee, da sie anders als Kyra offenbar kein so großer Fan eines gepflegten Earl Grey war. „Und was hast du dann vor?“
    „Ich habe darüber nachgedacht, den Manager zu konfrontieren und zu schauen, ihn dazu zu bekommen, sich zu stellen“, erwiderte sie, biss sich dabei jedoch auf die Unterlippe.
    „Ist das nicht auch illegal?“, fragte Maria.
    „Ja und nein?“, erwiderte Kyra unsicher. „Solange wir keine Gewalt anwenden oder androhen …“
    Für einen Moment sah Maria sie nur an. „Und wie willst du ihn dann zum Reden bekommen?“
    Kyra zuckte mit den Schultern. „Bluffen?“
    Darauf antwortete Maria nicht und Kyra seufzte nun selbst.
    „Die Sache ist, dass ich irgendwie nicht glaube, dass Aitken, also Charleigh, die andere Spielerin drüben, es schaft, dem Arsch nicht in die Fresse zu schlagen. Also rein unter der Annahme, dass was MacKey sagt stimmt.“ Ihr Bauchgefühl zumindest sagte, dass es zumindest im Groben stimmte. Ob dasselbe auf alle Details zutraf, konnte sie nicht sicher sagen. „Aber ja, das wäre es dann mit der Gewalt.“
    „Das klingt, als wäre das ganze eine echt dumme Idee“, meinte Maria.
    Wieder zuckte Kyra mit den Schultern. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich nicht einfach mit Chief Inspector Sutherland, also dem Verantwortlichen für den Fall, sprechen sollte. Ich meine, der könnte diesen Reilly verhören und hoffentlich so etwas herausfinden. Aber ich weiß nicht, ob er mir glaubt, vor allem wenn Madleine MacKey nicht aussagt. Ich kann ja nicht einfach sagen: 'Ja, ein Vögelchen hat mir gezwitschert', oder?“ Sie seufzte genervt und stand auf, da sie einfach nicht ruhig sitzen konnte, während sie über diese Dinge nachdachte. „Ich meine, echt. Der nimmt mich doch nicht mehr ernst!“
    Maria überlegte für eine kurze Weile. „Ich verstehe das Problem“, meinte sie dann. „Aber bringst du dich damit nicht nur noch mehr in Probleme.“
    Nachdem sie zwei Mal die recht kleine Küche auf und ab gelaufen war, lehnte sich Kyra gegen die Spüle und sah auf die recht alt wirkende Uhr über der Essensecke, laut deren Zeigern es bereits kurz nach acht war. „Ja, tue ich. Aber …“ Sie wich ihrem Blick aus. „Ich will auch nicht, dass so ein Arsch einfach so davon kommt.“
    „Also fängst du nun mit Selbstjustiz an?“, fragte Maria nur halb ernst.
    „Nein“, erwiderte Kyra. „Aber irgendetwas …“ Sie gab ein genervtes Stöhnen von sich. „Ich weiß nicht, was ich sonst tun soll, okay?“
    Im nächsten Augenblick ließ ein Klopfen an der Küchentür sie zusammenzucken. Sie fuhr herum, gerade als Charleigh – ohne auf eine Antwort zu warten – die Tür öffnete und sie ansah. Ihre Augen funkelten noch immer vor Wut, als sie fragte: „Was ist jetzt?“
    Hilfesuchend sah Kyra zu Maria. Sie wusste einfach nicht, was sie tun sollte. Auf der einen Seite, wollte sie ihren Job nicht verhauen, aber auf der anderen Seite … Sie hatte so etwas wie einen Gerechtigkeitssinn. Verdammt noch einmal, dieser war zumindest ein klein wenig auch ein Grund gewesen, warum sie hatte Detektivin werden wollen.
    Ihr Gerechtigkeitssinn teilte auf jeden Fall die Meinung Charleigh, dass man Marcel am besten einmal ordentlich – wie Charleigh es ausgedrückt hatte – die „Fresse polieren“ sollte. Doch der rationalere Teil ihres Hirns machte sie nur wieder und wieder darauf aufmerksam, was für eine dumme Idee das war. Es würde sie nicht weiter bringen!
    Ach, verflucht. „Lass uns noch ein halbe Stunde warten. Ich habe keinen Bock vorbei zu fahren, wenn die Nachbarn noch etwaig draußen unterwegs sind.“ Vielleicht konnte sie sich so ein wenig Zeit verschaffen.
    Wahrscheinlich durchschaute Charleigh sie. Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust, nickte am Ende aber grimmig und ließ sich auf die Eckbank der Essecke fallen. „Okay. Gut.“ Damit schlug sie ihr linkes Bein über das rechte.
    Eine unangenehme Stille breitete sich aus, ehe Maria schließlich fragte: „Wie geht es Ms. MacKey?“
    Charleigh zuckte mit den Schultern. „Dreckig. Glaub ich.“ Sie gab ein Grummeln von sich. „Ist mir auch egal.“
    Kurz sah Kyra zu Maria und seufzte. Was sollte sie auch groß sagen?


    Eine Stunde verging und Kyra war noch immer keine gute Lösung eingefallen. Verdammt. Sie hatte sich in dieser Situation irgendwie an eine Wand navigiert.
    Immer wieder sagte sie sich, dass sie einfach Sutherland anrufen könnte und dafür sorgen könnte, dass dieser sich MacKey und vielleicht auch Charleigh annahm. Immerhin schuldete sie den ebdien nichts. Und doch tat sie es nicht, wohl wissend, dass dies einfach nur dumm war.
    Doch was sollte sie tun?
    Ach, wenn sie ehrlich mit sich war, wollte sie selbst dorthin fahren, wollte sie selbst Reilly konfrontieren. Nicht nur aus einem fehlgeleiteten Trieb zur Selbstjustiz, sondern weil ein sehr unvernünftiger Teil in ihr hoffte, dass sie Reilly vielleicht dazu bringen konnte sich zu stellen. Und hey, wenn sie es dann richtig anstellte konnte sie die Lorbeeren einheimsen.
    Ja, natürlich wusste sie, dass es wahrscheinlich nicht passieren würdeu nd dass es viel wahrscheinlicher auf das genaue Gegenteil hinaus laufen würde. Doch am Ende stand sie doch auf und sagte: „Nun, wollen wir dann?“
    Noch immer saß sie mit Charleigh in der Küche, die mit kühlem Blick auf die Uhr starrte. Sie hatte nicht mehr im selben Raum sein sollen, wie MacKey, zumindest nahm Kyra das an und konnte es durchaus auch verstehen.
    Charleigh zuckte mit den Schultern. „Ja“, meinte sie düster.
    Oh, es war so eine dumme Idee. Dennoch ging Kyra ins Wohnzimmer, wo Maria, zusammen mit Watson und Kali gerade damit beschäftigt war, MacKey etwas zu trösten, da diese noch immer weinte. Zur Hölle, das Mädchen sollte wirklich in eine psychologische Ambulanz oder so – Kyra hatte nur keine Ahnung, wie sie sie dahin bekommen könnte. Also konzentrierte sie sich auf die Sachen, die sie aktuell wusste.
    „Maria“, flüsterte sie leise.
    Die andere Frau sah auf, nickte ihr zu, strich MacKey noch einmal über die Schulter und stand dann auf, um leise mit ihr zu reden, während Kali deutlich lauschte. „Was ist?“
    Kyra warf einen kurzen Blick zu Charleigh hinüber, die wieder die Arme verschränkt hatte. „Wir werden jetzt zu Reilly fahren.“
    „Ich habe darüber nachgedacht“, sagte Maria. „Ich komme mit.“
    „Was?“ Überrascht hob Kyra eine Augenbraue.
    „Ich komme mit.“ Damit ging Maria an ihr vorbei und holte ihre Jacke. „Damit ihr beide mir keine zu großen Dummheiten macht.“
    „Und was ist mit MacKey?“, fragte Kyra.
    „Kali passt auf sie auf.“
    „Kali?“ Kyra sah zweifelnd zu dem Mädchen, das mit MacKey auf der Couch saß. Sie wollte MacKey ungerne mit dem Teenager alleine lassen.
    Maria nickte nur. „Sie kommt damit schon klar.“
    Noch einmal wanderte Kyras Blick zu Kali, doch dann seufzte sie. „Okay, von mir aus …“ Sie wollte darüber jetzt nicht mehr streiten. Stattdessen ging sie zu Watson hinüber, der gerade in bester Tröstmanier seinen Kopf auf den Schoß von MacKey gelegt hatte und sie mit seinen großen, braunen Augen ansah.
    Kyra stupste ihn an, woraufhin er sich zu ihr umdrehte und sie mit aufgestellten Ohren ansah.
    „Watson“, sagte sie leise.
    Er gab einen leisen Laut, nicht ganz ein richtiges Bellen, von sich.
    „Ich habe eine Aufgabe für dich“, fuhr Kyra fort, auch wenn sie wusste, dass er sie kaum gut genug verstehen konnte dafür.
    Der Hund legte den Kopf schief und sah sie an. Er schien zu verstehen, dass sie etwas von ihm wollte.
    „Ich möchte, dass du hier bleibst und auf Madleine und Kali aufpasst“, sagte sie. „Verstehst du das?“
    Er gab ein leises Wimmern von sich.
    „Verstehst du?“, fragte sie und stand auf. „Pass auf, ja?“ Damit drehte sie sich um und ging ein paar Schritte zur Tür, was Watson offenbar als Aufforderung verstand, ihr zu folgen.
    „Nein, Watson“, sagte sie und wandte sich ihm noch einmal zu. Sie hob den Finger und zeigte auf dem Boden. „Bleib.“
    Dieses direkte Kommando verstand er sehr wohl. Er setzte sich hin und winselte, als wolle er sagen: „Lass mich nicht zurück.“ Doch viel konnte sie daran nicht machen.
    Sie wiederholte nur ihr Kommando. „Bleib.“ Dann zeigte sie zum Sofa. „Geh zu Kali.“
    Kurz sah sich Watson zu Kali um, dann noch einmal zu Kyra, doch als sie noch immer zeigte, wandte er sich mit angelegten Ohren ab und trottete tatsächlich zum Sofa hinüber.
    „Kommst du?“, fragte Charleigh. Sie stand mittlerweile in der Wohnzimmertür.
    Kyra seufzte. Jetzt oder nie.
    Sie fand die Idee noch immer nicht ideal, ging aber dennoch zur Tür hinüber und folgte dann Charleigh und Maria aus dem Haus hinaus.
    „Wir können meinen Wagen nehmen“, schlug Maria vor, als sie vor das Haus traten, und sah zu Kyras hellblauen Wagen hinüber. „Der Kombi ist weniger auffällig.“
    Kyra zuckte nur mit den Schultern und so fanden sie sich kurz darauf im Auto wieder, Maria am Steuer.
    Vielleicht war es gar nicht so schlecht. Immerhin würde es so nicht Kyra gewesen sein, die Charleigh zu Reilly gefahren hatte. Sie hatte sie nur durch Umstände begleitet. Ja, sicher, das würde ihr einen Vorteil bringen. Wie auch immer.
    Zumindest zu einem Ergebnis hatten ihre Überlegungen sie gebracht. „Charleigh?“
    Die Fußballerin, die mit ihr zusammen auf der Rückbank saß, blickte zu ihr hinüber. „Hmm?“
    „Folgendes: Ich würde vorschlagen, dass du mit Reilly sprichst. Ich bleibe versteckt und nehme das ganze auf.“ So war sie am wenigsten direkt involviert. Okay, das klang irgendwie feige. Aber es gab auch noch ein anderes Argument dafür: „Reilly kennt dich und vielleicht kriegst du ihn eher dazu, etwas zu gestehen.“ Kürz hielt sie inne, fügte dann aber noch hinzu: „Wenn möglich ohne die Anwendung von Gewalt.“
    Charleigh gab ein wütendes Schnauben von sich. „Ich kann nichts versprechen.“
    „Bitte?“, versuchte es Kyra.
    Nun war es Charleigh, die nur mit den Schultern zuckte.
    „Ich bin auch noch da, wenn etwas schief läuft“, bot Maria an.
    Kyra nickte nur.
    Nun, sie würde sehen, wie das ganze enden würde. Das positive war, dass sie sich damit zumindest nicht ernsthaft strafbar machte. Je nachdem wie es lief, würde Sutherland davon zwar nicht begeistert sein, aber es würde sie nicht in zu große Probleme bringen. Hoffte sie.
    Ganz vorbildlich, Kyra, kommentierte eine zynische Stimme in ihrem Kopf. Ganz professionell.
    Sie befahl der Stimme die metaphorische Klappe zu halten und starrte missmutig aus dem Fenster.
    Laut der Adresse, die Kyra in den Unterlagen gefunden hatte, lebte Reilly südlich der Innenstadt, relativ zentral in einem jener relativ alten Reihenhäuser, von denen es in Edinburgh so viele gab. In der Straße reiten sich relativ gleichförmige aus groben, grauem Stein behauene Häuser reih-an-reih. An sich keine konfortable Wohnsituation, soweit Kyra sagen konnte, doch wahrscheinlich zahlte man mittlerweile allein für die zentrale Lage viel.
    Die Häuser hatten allesamt geschätzte drei Quadratmeter Vorgarten – sprich: Einen sehr schmalen Grünstreifen, der von einer niedrigen Mauer von der Straße getrennt wurde.
    „Wo soll ich parken?“, fragte Maria schließlich und riss Kyra damit aus ihren Gedanken.
    „Was?“ Sie sah sich um und verstand erst dann, was Maria von ihr wollte. „Oh. Wahrscheinlich besser eine Straße entfernt. Außer Sicht. Du weißt schon.“
    Charleigh stöhnte genervt auf. „Man. Es ist nicht so, als wäre es illegal mal mit ihm zu sprechen.“
    „Ja …“, murmelte Kyra und fügte in Gedanken hinzu: Ihn zu bedrohen aber schon.
    Wie abgesprochen stellte Maria den Wagen eine Straße – und damit etwa zweihundert Meter entfernt – ab und Kyra seufzte. Sie sah auf ihr Handy, wo sie sich die Adresse abgespeichert hatte. Hausnummer 32. Nun gut.
    „Dann …“ Sie führte den Satz gar nicht erst zuende, ehe sie die Tür öffnete und aus dem Wagen ausstieg.
    Wortlos folgte ihr Charleigh und sah sich um. Ihre Muskeln waren angespannt und sie schien nervös zu sein. Kein Wunder, wenn man die Situation bedachte.
    „Und jetzt?“, fragte Maria.
    „Lass uns gehen“, murmelte Kyra missmutig und führte den Weg um die nächste Straßenecke an. Sie redete mit gesenkter Stimme, da sie immer noch das Gefühl hatte, etwas verbotenes zu tun. „Also, Charleigh …„
    „Ja, ja, keine Gewalt“, erwiderte Charleigh mit einer grimmigen Entschlossenheit in der Stimme. „Ich will nur die Wahrheit wissen … Wenn es wirklich stimmt …“ Kurz schüttelte sie den Kopf heftig, wobei ihre dünnen Zöpfe durch die Gegend flogen. „Verdammt, ich kann es echt kaum glauben, aber dann wiederum …“ Ähnlich wie Kyra es immer tat, wenn sie überlegte, biss sie sich auf die Unterlippe. „Ich meine, ich fand Marcel schon eine Weile etwas komisch.“ Noch einmal schüttelte sie den Kopf. „Ach verdammt. Wenn es echt einer von unseren Leuten war … Fuck, man. Echt, was für eine Scheiße!“
    Kyra schwieg und sah sie nur an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, war aber zumindest beruhigt, dass Charleigh zumindest etwas Zweifel zeigte. Sie hatte sich in der vergangenen Stunde echt gesorgt, dass sie Reilly die Tür eintreten würde, um ihn de facto zu verhören.
    Aber gut, sie würden sehen.
    Kyras Blick wanderte die Häuser entlang, ehe sie das Haus mit der Nummer 32 fand. Offenbar waren die Häuser, wenngleich nicht sehr groß Einfamilienhäuser, anstatt von verschiedenen Parteien bezogen zu sein. Jap, sehr wahrscheinlich nicht wirklich billig, aber das tat wohl kaum etwas zur Sache.
    Sie sah sich nach einem guten Versteck um, von dem aussie den Eingang von Marcels Haus beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden und entschloss sich schließlich für die Lücke zwischen einem abgestellten Transporter und dem dahinterstehenden Wagen, der beinahe genau so heruntergekommen aussah, wie ihr eigener.
    „Okay, Charleigh. Du gehst zu Reilly und versuchst vernünftig mit ihm zu reden, ja?“, meinte sie. „Maria und ich beobachten das und greifen im Notfall ein. Falls er, keine Ahnung, gewalttätig wird oder so. Ich meine, wenn es stimmt …“ Ja, wenn es stimmte und er der Mörder war, war die ganze Geschichte vielleicht eine noch dümmere Idee als ohnehin schon.
    Charleigh nickte nur kurz, ehe sie mit weiten, zielstrebigen Schritten vorweg und in Richtung des Hauses, neben dessen Tür in bronzenen Lettern die Zahl 32 angebracht war.
    „Und wir?“, fragte Maria leise und angespannt.
    „Dahin.“ Kyra nickte in Richtung des Transporters und lief voran.
    Am Transporter angekommen holte sie ihr Smartphone heraus. Es war nicht das beste Aufnahmegerät, aber es würde wohl für die notwendige, nicht ganz legale Beweisführung reichen.
    Sie seufzte und während Maria hinter ihr Stellung bezog, beobachtete sie Charleigh, da ihr ohnehin kaum etwas anderes übrig blieb.
    Diese lief zwei Mal, ganz offenbar nervös, vor Reillys Haus auf und ab, ehe sie sich schließlich überwandt, durch die Öffnung in der Gartenmauer ging und an der Tür klingelte.
    Es geschah nichts.
    Deutlich hörbar fluchte Charleigh und klingelte noch einmal. Dieses Mal, sofern Kyra sich nicht irrte, gleich drei Mal hintereinander.
    Wieder geschah nichts.
    „Verdammt noch mal“, zischte Charleigh und hämmerte mit der Faust gegen die Tür, ehe sie noch einmal klingelte. „Hey, Marcel, bist du da?“ Sie klingelte noch mehrfach.
    Ein Licht ging im Flur an, durch das kleine Fenster in der Haustür deutlich zu sehen, ehe die Tür geöffnet wurde.
    „Was soll das?“, grummelte eine raue Männerstimme, noch bevor die Tür ganz auf war. Dann schien er die Spielerin zu erkennen. „Charleigh? Was machst du hier?“
    Als er die Tür etwas weiter öffnete, bekam Kyra auch einen etwas besseren Blick auf Reilly, der im Bademantel in der Öffnung stand und Charleigh verwirrt und auch etwas erbost ansah.
    Beinahe damit rechnend, dass er ihr die Tür vor der Nase zuschalten würde, setzte einen Fuß nach vorn, um genau das zu verhindern. „Ich wollte mit dir über Talia sprechen“, sagte sie gerade heraus.
    Reilly starrte sie verwirrt an. „Was?“ Er schüttelte den Kopf, so als wolle er sicher gehen, klar bei Verstand zu sein und sie richtig verstanden zu haben. Dann wiederholte er die Frage noch einmal, dieses Mal mit mehr Nachdruck: „Was?“
    „Ich will mit dir über Talia sprechen“, sagte Charleigh erneut.
    Noch immer schien er nicht ganz zu begreifen. „Und deswegen kommst du um halb zehn hierher?“, fragte er. „Ich meine, ich verstehe, dass sie deine beste Freundin war oder so, aber … Ich meine … Warum genau kommst du hierher?“
    Daraufhin zögerte Charleigh für einen Moment, offenbar nicht ganz sicher, ob sie ihn direkt konfrontieren sollte. Sie schien sich am Ende für ein Mittelmaß zu entscheiden: „Ich wollte dich fragen, ob du irgendetwas über ihren Tod weißt.“
    Wenn Kyra sich nicht ganz irrte, schreckte Reilly kurz zurück, beinahe als hätte er mit dieser Frage nicht gerechnet. Vielleicht sah sie aber nur, was sie sehen wollte. Auf jeden Fall schien er sich nur eine Sekunde später wieder gefangen zu haben.
    „Nein.“ Er gab seiner Stimme ordentlich Nachdruck. „Nein. Charleigh. Verdammt, Mädel, wie kommst du darauf?“ Er schüttelte den Kopf und als sie nicht antwortete, fügte er hinzu: „Wenn ich etwas wüsste, hätte ich es der Polizei gesagt, oder?“
    Charleigh schwieg. Von ihrer aktuellen Position aus konnte Kyra ihr Gesicht nicht sehen.
    Schließlich überwandt sich Charleigh jedoch: „Es sei denn, du hattest etwas mit ihrem Tod zu tun“, gab sie zu bedenken.
    Für einen Moment war Marcel gänzlich still, ehe er – wie erwartet – damit begann, den implizierten Vorwurf abzustreiten: „Um Himmel Willen, Charleigh, wie kommst du auf die Idee? Ich meine, hast du sie noch alle? Warum sollte ich etwas mit ihrem Tod zu tun haben?“
    Charleigh zuckte mit den Schultern. „Das frage ich dich.“
    Er schüttelte den Kopf. „Das ist mir zu blöd. Ich habe keine Ahnung, was gerade mit dir los ist, Mädel. Ich meine, ich verstehe, dass die ganze Sache dich besonders trifft und alles, aber das gibt dir noch kein Recht mich um diese Zeit zu belästigen und mit grundlosen Anschuldigungen um dich zu werfen.“
    „Du hast versucht, Talia zu erpressen“, erwiderte Charleigh mit zitternder Stimme. „Du hast sie erpressen wollen.“
    Kyra war überrascht, dass sie nicht erwähnte, dass sie diese Information von MacKey hatte. Aber vielleicht war es besser so. Immerhin konnte er annehmen, dass sie es vielleicht von Talia selbst erfahren hatte.
    „Was redest du da?“ Reilly schien sie zu mustern. Er schüttelte den Kopf. „Charleigh. Ich muss darauf bestehen, dass du von hier verschwindest. Wenn du mich weiter belästigst, rufe ich die Polizei, verstehst du?“
    „Dann tu das doch“, fauchte Charleigh und packte ihn am Arm. Ihre Stimme wurde lauter, als sie ihre Wut kaum noch unterdrücken konnte. „Dann ruf doch die Polizei! Dann können sie gleich hören, was für ein perverses Arschloch du bist!“
    Er schien sich zu bemühen, ruhig zu bleiben. „Lass mich los“, sagte er sehr langsam und mit warnendem Tonfall. „Ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Von allem was ich gehört habe, wird Irene aktuell verdächtigt, also wie kommst du …„
    „Wer war es außer Talia und Madleine?“, unterbrach Charleigh ihn mit lauter Stimme. „Und Maia, aber ich nehme an sie zählt nicht richtig, oder?“ Aus ihrer Stimme waren Tränen hervor zu hören. „Wer war es noch? Sag es mir? Oder hast du erst angefangen an deinem persönlichen Harem zu arbeiten.“
    Nun schien auch er sich nicht mehr beherrschen zu können. „Jetzt reicht es!“, rief er aus. „Verschwinde hier!“ Er griff nach ihrer Hand, um sie von seinem Arm zu lösen und schubste Charleigh dann zurück. Er griff nach der Tür und wollte sie zuschlagen, doch erneut hatte die junge Frau ihren Fuß im Weg.
    „Verschwinde!“, erwiderte Reilly erneut.
    „Erst wenn du mir sagst, was passiert ist!“, schrie Charleigh und schien sich nur schwerlich beherrschen zu können.
    Okay, vielleicht eskalierte die Situation gerade zu sehr.
    „Es ist nichts passiert, okay?“, entgegnete Reilly und trat vor, um sie erneut zurück zu schubsen. „Also hör endlich auf …„
    „Madleine hat es mir erzählt“, rief sie. „Madleine hat mir erzählt, was du ihr angetan hast. Und dass du versuchst hast Talia auch dazu zu bekommen und dass sie dich erpresst hat! Madleine hat mir alles erzählt!“ Sie versuchte ihn daran zu hindern, sie noch einmal zu schubsen und brachte ihn dazu, noch etwas weiter aus dem Haus zu kommen.
    Für einen Moment hielt er inne, sein Atem deutlich schwerer. „Ich warne dich ein letztes Mal. Verschwinde. Lass mich in Ruhe, Charleigh. Das geht dich nichts an.“
    „Also gibst du es zu?“, erwiderte sie nun leiser.
    „Hau ab. Oder …„
    „Oder was?“, entgegnete Charleigh und wurde wieder lauter. „Oder was?!“
    „Oder ich werde dafür sorgen …“ Doch weiter kam er nicht, ehe die junge Frau ihm einen gepfefferten Kinnhaken verpasste, der ihn beinahe zu Boden gehen ließ.
    Ehe er sich versah, drängte sie ihn an die Hauswand. „Sag mir die Wahrheit, du Arsch!“, rief sie aus.
    Dieses Mal erwiderte er nichts, sondern schaffte es stattdessen sich loszureißen. Sie war vielleicht athletisch, doch er war noch immer einen halben Kopf größer als sie und ganz offenbar auch nicht unsportlich. Er schaffte es ohne Probleme, sich aus ihrem Griff zu winden und hatte sie einen Moment später selbst gegen die Hauswand geworfen, ihren Arm hinter ihrem Rücken.
    Charleigh schrie auf.
    Verdammt, das eskalierte wirklich.
    „Kyra?“, fragte Maria angespannt.
    „Ich weiß“, gurmmelte sie, die Zähne zusammengepresst. Mehr sagte sie nicht, ehe sie losrannte. „Es reicht!“, rief sie aus.
    Reilly fuhr überrascht zu ihr herum. „Sie?“
    „Lassen Sie Ms. Aitken los“, sagte Kyra und ahnte doch irgendwie, dass sie nur ihren Atem verschwendete.
    Reilly hatte Charleigh mit einer Hand bei der Schulter, mit der anderen am Handgelenk gepackt. Kyra erkannte den Griff, der auch von der Polizei angewendet wurde, um etwaige Flüchtige zu immobilisieren. Er schien also durchaus ein paar Grundlagen des Kampfsportes zu kennen – und damit wahrscheinlich mehr als sie.
    „Haben Sie ihr diesen Floh ins Ohr gesetzt?“
    Zu Kyras Überraschung, musste sie feststellen, dass Reilly vom Rand seines Mundes blutete. Ob es von der Lippe kam oder aus dem Mund konnte sie jedoch nicht sagen. Sie festigte sich und blieb gute drei Schrittlängen von den beiden entfernt stehen. „Madleine MacKey hat gegen Sie ausgesagt“, sagte sie schlicht. Er musste ja nicht wissen, dass MacKey nicht bei der Polizei aussagen wollte. Hey, immerhin konnte sich das noch ändern, bis es tatsächlich soweit war.
    Seine Miene wurde grimmiger und er schien den Druck auf Charleighs Schulter zu verstärken. „Was hat sie Ihnen gesagt?“, fragte er grimmig.
    „Sie hat von Ihren Sexspielchen erzählt und der Erpressung“, antwortete Kyra ruhig. „Sie hat außerdem erzählt, dass Talia Sie versucht hat im Gegenzug zu erpressen.“
    „Und Sie sind keine Polizistin“, erwiderte Reilly nur. Er musterte sie. „Würde Madleine vor der Polizei aussagen wollen, wären Sie nicht hier.“
    Volltreffer. Der Typ war doch nicht so dumm, wie Kyra gehofft hatte.
    Auch er schien das zu erkennen. Ein mattes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Doch schien er dabei – und sei es nur für einen Moment – seinen Griff zu lockern. Auf einmal warf sich Charleigh zurück und schaffte es damit, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie versetzte ihm einen Tritt vor das Schienbein und warf ihn so zu Boden.
    „Also ist es wahr!“, knurrte sie und warf sich auf ihn. „Also ist es wahr?“
    Er versuchte sie von sich herunter zu bekommen, doch hatte sie nun die Überhand gewonnen. „Selbst wenn“, keuchte er. „Dann könntet ihr mir …“ Er stöhnte auf, als sie ihm noch einmal ins Gesicht schlug. „Verdammt, du bist eine verrückte …“ Sie schlug noch einmal zu.
    Für einen Moment war Kyra in ihrer Position verharrt, doch dann erinnerte sie sich daran, dass Charleigh sich selbst und auch sie in Probleme bringen würde, wenn sie so weiter machte. Sie waren hergekommen, um mit Reilly zu reden, nicht um ihn krankenhausreif zu schlagen.
    Sie stürmte nach vorne und griff Charleigh unter den Armen, um sie zurück zu ziehen. „Es reicht, Charleigh!“
    „Lass mich los!“ Charleigh versuchte sich loszureißen, zuckte dann aber zusammen. Offenbar schien ihre Schulter noch immer deutlich zu schmerzen.
    Irgendwie schaffte es Kyra sie von Reilly runterzubekommen.
    Dieser stöhnte und rollte sich auf dem Bauch, um wieder auf die Beine zu kommen. „Ihr seid verrückt. Alle beide.“
    Kyra musterte ihn. „Mr. Reilly“, sagte sie dann langsam. „Haben Sie Ms. Talia Russel umgebracht?“
    Er lächelte sie auf eine seltsame Art und Weise an. „Nein“, erwiderte er. „Habe ich nicht.“ Er musterte sie abschätzig. „Das war alles Maia.“
    „Auf ihren Auftrag hin?“, fragte Kyra.
    Er zuckte mit den Schultern. „Selbst wenn, Spürnase. Was willst du tun? Du bist keine Polizistin. Und die Situation ist für dich so schon schlimm genug.“
    Kyra schwieg für einen Moment, holte dann aber ihr Handy hervor. „Das hier mag vor Gericht nicht gültig sein“, sagte sie dann langsam. „Aber Sie werden der Polizei dennoch erklären müssen, was Sie damit genau meinen.“
    Für einen Moment sah Reilly sie an. „Gib das her“, sagte er dann und machte einen Schritt auf sie zu.
    Kyra ihrerseits ließ Charleigh gänzlich los und machte einen Schritt zurück.
    Sirenen erklangen in der Ferne. Waren sie hierher unterwegs? Wenn ja: War das gut oder schlecht?
    „Gib das her“, wiederholte Reilly nun noch einmal.
    Kyra hob ihr Handy. „Oder was?“, fragte sie.
    Er funkelte sie an und auf einmal kam ihr ein Gedanke.
    „Wieso eigentlich?“, fragte sie dann. „Wenn Sie doch nichts damit zu tun haben? Wieso wollen Sie das Video, wenn es doch nur uns selbst belastet?“
    Reilly musterte sie. „Diese Sache geht niemanden etwas an.“
    Die Sirenen kamen definitiv näher.
    „Lassen Sie mich meine Vermutung erzählen“, sagte sie langsam und war froh, dass Charleigh nicht wieder auf ihn losstürmte. „Talia hat Sie erpresst und dann haben Sie Maia Kerr ausgenutzt, da Ms. Kerr immer zu gerne getan hat, was Sie wollten, oder?“ Sie musterte ihn und hielt ihr Handy weiter vor sich. „Sie haben veranlasst, dass Ms. Kerr Talia Russel umgebracht hat und die Beweise gegen Ms. Duncan positioniert.“
    „Gib das her, Mädchen!“, rief er aus und sprang auf sie zu, doch Kyra schaffte es mit einem Schritt zur Seite auszuweichen.
    „Was ich mich frage“, fuhr sie fort und bemühte sich dabei ruhig zu bleiben, „ist, warum ausgerechnet Irene Duncan? Was hat Irene damit zu tun?“
    Erneut versuchte er ihr das Handy wegzuschnappen, doch dieses Mal hielt Charleigh ihn wieder fest.
    „Rede!“, rief sie aus – und Kyra wusste, dass das auf dem Video nicht gut für sie aussehen würde.
    Reilly funkelte Kyra an. Blut tropfte von seinem Kinn zu Boden. Dann fuhr ein Polizeiwagen um die Straßenecke und blieb mit blinkendem Blaulicht vor dem Haus stehen.
    Zwei Polizisten sprangen heraus. „Auseinander!“, rief einer.
    Kyra ließ ihr Handy sinken und trat demonstrativ einen Schritt zurück. Das war es dann wohl – mehr würde sie nicht machen können. Noch einmal sah sie zu Reilly, froh, dass auch Charleigh von ihm zurückgetreten war und nun langsam die Hände hob.
    Jetzt konnte sie nur hoffen, dass sie nicht in zu großen Problemen waren.

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    Vorwort:
    Uh, ich muss dringend Antworten nachholen. Aber ja, ich habe noch nicht diesen Epilog nachgereicht. Mir fehlt eine gute Idee und ... Ähm, ja. *hüstel*


    Da ich für Halloween eine Kurzgeschichte vorgeschrieben habe, die dann online gehen wird, gibt es heute nur eine kleines, gruseliges Double Drabble aus der Momente Sammlung. Die Geschichte geht um eine Mutprobe und eine meiner liebsten Legenden :D




    Der Tunnel


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    Der Tunnel wurde von Lampen erhellt und doch wirkte er dunkel auf ihn. Eine unausgesprochene Gefahr schien von dem Pfad vor ihm auszugehen, als Deng den ersten Schritt machte.
    Verdammt, er war kein Feigling. Er würde es ihnen beweisen. Würde zeigen, dass er kein Feigling war.
    Das hier war nur eine alte Eisenbahnunterführung. Eine Eisenbahnunterführung und nichts weiter. Er brauchte sich nicht zu fürchten. Die Geschichten, die man sich erzählte waren nur das: Geschichten und nichts weiter.
    Ein Schritt, noch ein Schritt.
    Hier gab es keinen Aswang. Ach. Die anderen wollten ihn doch nur rennen sehen. Wahrscheinlich hatten sie sich die Geschichte nur ausgedacht.
    Hier gab es keinen Aswang.
    Es wusste doch jeder, dass Aswangs wenn draußen in dunklen Höhlen lebten. Nun gut, vielleicht nicht in Höhlen, aber halt eben draußen, in der Wildnis. In Wäldern. In kleinen Dörfern. Halt draußen. Nicht in Bangkok. Nicht in der Großstadt.
    Er war sicher. Er würde den Tunnel, der eigentlich nicht mehr war, als eine verlassene Fußgängerunterführung, durchqueren und ihnen zeigen, dass er kein Feigling war.
    Also ging er weiter. Schritt für Schritt.
    Hier gab es keinen Aswang!
    Und doch kam er nur halb durch den Tunnel, ehe kalte Hände nach ihm griffen.

  • OK... Leider ist die Geschichte so kurz.
    Erstmal gefällt mir das Motiv. Die Lampen und die Schatten sehen zusammen aus, als würden sie ein Gerippe bilden, das schafft Erwartung. Das Setting scheint wieder aus deinem eigenen Universum zu stammen.
    Nur wird er am Ende von hinten überrascht? Oder greifen sie von Vorne nach ihm, denn dann wäre der Weg doch etwas weit.
    Und wenn die Ghouls von hinten kamen, von wo kamen sie wenn er doch einen beleuchteten Tunnel entlanggeht. Haben sie ihn von der anderen Seite ausgemacht, oder haben sie sich beim Vorbeigehen versteckt?


  • _____
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    Vorwort:
    Ich hatte ja versprochen, dass es zu Halloween eine spezielle, kleine Gruselgeschichte posten werde, die ich erst kürzlich geschrieben habe :3
    Ähm, ja. Und hier ist sie. Um ein wenig den Hintergrund zu erklären: Ich habe im Sommer einige Grusel-Podcasts auf Youtube gehört, unter anderem diese Beiträge von einem vermeintlichen SAR-Typen in einem der amerikanischen Nationalparks, wo angeblich einige seltsame Dinge vor sich gehen. In diesen Geschichten erzählte er unter anderem von den Treppen, die sie manchmal mitten in den Wäldern finden würden, die dort eindeutig nicht hingehören und um die herum seltsame Dinge geschehen ...
    Mich hat die Geschichte fasziniert und inspiriert. Daher die Kurzgeschichte! :D


    VIEL SPAß!





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    [Blockierte Grafik: https://imgur.com/cCTGE8B.jpg]
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    „Stefan? Armin?“ Seine Stimme schallte ungehört durch den dunklen Wald.
    Was war denn passiert? Er war sich nicht einmal sicher. Wahrscheinlich spielten sie ihm nur einen Streich. Er war sich beinahe sicher gewesen, dass es so kommen würde. Es war zu erwarten gewesen. Sie würden warten, bis er panisch würde, würden aus irgendeinem Gebüsch hervorspringen und ihn dann auslachen.
    Ruhig bleiben, sagte er sich und leuchtete mit der Taschenlampe in alle Richtungen.
    Gefallenes Laub lag nass am Boden. Feuchtigkeit hatte die Baumstämme dunkel verfärbt. Dabei war der letzte Regen mittlerweile einige Stunden her.
    Sein Atem bildete dünne Wölkchen über seinem Mund. Es war verdammt kalt, jedenfalls für Oktober. Aber die Kälte, das rief er sich in den Kopf, war die einzige wirkliche Gefahr. Sicher, der Wald war groß, aber es gab hier keine gefährlichen Tiere. Genau, selbst wenn er sich wirklich verirrt haben sollte oder die beiden Arschlöcher geplant hätten, ihn für den Rest der Nacht hier allein zu lassen, würde ihm wohl kaum etwas passieren. Das gefährlichste hier im Wald waren Füchse, die Menschen ohnehin nicht angriffen, und Wildschweine, die im Herbst normaler Weise ja auch nicht auf Ärger auswahren. Zumindest hatte sein Vater ihm das früher immer gesagt, wenn er sich im Wald gefürchtet hatte.
    Ihm konnte also nichts passieren. Spätestens am Morgen würde man nach ihm Suchen, würde sein Handy Orten oder so und dann wäre alles okay.
    Doch verflucht. Der Schleier der Dunkelheit schien seine Welt zu jeder Seite zu begrenzen. Sein Blickfeld reichte dort, wo er mit der Taschenlampe hinschien, vielleicht zwanzig Meter in das Dickicht hinein. Abseits des Lichtkegels endete seine Welt schon nach zwei Metern.
    Er merkte, wie ein Schauer seinen Rücken hinab lief.
    „Stefan? Amin? Leute? Wo seid ihr?“ Er wollte nicht zu verzweifelt klingen, doch ganz konnte er die Angst nicht unterdrücken. „Verdammt noch mal, es ist nicht mehr lustig!“
    Was sollte er jetzt tun?
    Er sah nach links. Er sah nach rechts. Eigentlich sollte es reichen, würde er dem Weg zurück zum Parkplatz folgen. Selbst wenn die anderen ihn zurückgelassen hatten – und einmal ehrlich, er glaubte kaum, dass sie solche Arschlöcher wären – könnte er dort einfach auf den Morgen warten.
    Ja, genau. Das könnte er tun.
    Wenn er nicht irrte hatte er auf der Fahrt hierher eine Tankstelle gesehen. Wahrscheinlich fünf Kilometer oder so vom Waldparkplatz entfernt. Vielleicht sollte er dorthin gehen.
    Oder vielleicht war auch genau das eine schlechte Idee.
    Logisch gesehen wusste er es: Er war 16, hager und nie besonders kräftig gewesen. Würde jemand versuchen, ihn zu überwältigen, würde es demjenigen sicher gelingen. Ja, logisch gesehen, war die Wahrscheinlichkeit größer, dass ein Mensch ihn entführte, tötete oder sonst etwas mit ihm machte, als dass ihm hier im Wald etwas passierte.
    „Armin? Stefan?“ Warum versuchte er es überhaupt? Arschlöcher!
    Er würde Parkplatz zurückgehen. Wenn sie da waren: Gut. Wenn nicht würde er dort warten. Genau.
    Tief holte er Luft, im Versuch seine Nerven zu beruhigen. Vergebens. Noch immer spürte er die Angst wie einen schweren Stein im Magen sitzen und kämpfte, auch als er die ersten Schritte machte, gegen den Drang an, über die Schulter zu schauen. Waren das Schritte, hinter ihm?
    Es konnte nichts sein. Es lohnte sich nicht zu schauen. Wenn waren es Armin und Stefan. Dann sollten sie ihn erschrecken. Doch wahrscheinlich war er hier allein. Vollkommen allein. Was sollte er schon sehen?
    Er schaute doch. Natürlich war da niemand. Der Weg lag vollkommen verlassen dar.
    Er ging weiter, beschleunigte seine Schritte. Es war alles in Ordnung. Es konnte ihm nicht passieren. Es gab keinen Grund sich zu fürchten. Es konnte nicht passieren!
    Menschliche Instinkte. Es waren nur irgendwelche Urinstinkte, die Alarm schlugen, weil er im Dunklen im Wald war. Doch einmal ehrlich: Diese Instinkte hatten ihren Ursprung in einer Zeit, zu der Säbelzahntiger oder vergleichbare Ungeheuer einem Menschen im dunklen Wald auflauern konnte. Hier gab es ja nicht einmal Wölfe. Er hatte keinen Grund zur Furcht. Keinen Grund …
    Dennoch raste sein Herz.
    Verdammt. Sollte er nicht langsam zum Parkplatz kommen? Vielleicht nicht zum Parkplatz, aber waren sie nicht erst auf einem weiten Schutterweg gelaufen, ehe sie den kleinen Pfad, auf dem er immer noch lief, benutzt hatten?
    Wahrscheinlich waren es nur seine Nerven, die dafür sorgten, dass die Zeit sich länger anfühlte. Ja. Wahrscheinlich war es so.
    Er fischte sein Handy aus der Hose, klappte den Bildschirmschutz zur Seite, machte es an. Vielleicht sollte er seinen Vater anrufen. Er wäre sauer, aber er könnte ihn holen fahren. Und wenn die beiden Arschlöcher ihn wirklich allein gelassen hatten, würde sein Vater ja ohnehin etwas von der doofen Mutprobe erfahren. Genau. Es würde seine Nerven beruhigen, die Stimme seines Vaters zu hören.
    Er sah auf den Bildschirm, der vertrautes, bläuliches Licht in die Dunkelheit strahlte. Natürlich hatte er keinen Empfand.
    Was war mit GoogleMaps? Er hatte Karten der Gegend lokal gespeichert. Sofern er GPS Signal hatte … Doch natürlich, so erklärte ihm die App keine Minute später, hatte er kein GPS-Signal.
    Er fluchte leise.
    Es war nicht besonders ungewöhnlich im Wald keinen Empfang zu haben, sagte er sich. Wenn er am Parkplatz zurück war, ja, wenn er wieder dort war, dann würde er wahrscheinlich jemanden erreichen können. Und es würde nicht schwer sein, den Parkplatz zu finden. Er war er dem geschotterten Weg gefolgt, dann dem Trampelpfad. Nun lief er den Trampelpfad zurück und würde dann dem Schotterweg folgen. Kein Problem. Er musste nur ruhig bleiben!
    Aber was, wenn er vorhin in seiner Panik in die falsche Richtung gelaufen war? Was, wenn er sich geirrt hatte und nun weiter in den Wald hinein lief? Was … Ach, er verunsicherte sich nur selbst!
    Er schloss die Augen. Atmete. Ein. Aus. Ein. Aus. Sein Herz wollte nicht aufhören, ihm bis zum Hals zu schlagen. Er musste ruhig bleiben. Einfach weiterlaufen. Dann konnte nichts passieren. Einfach weiterlaufen.
    Vielleicht sollte er Musik anmachen, um seine Nerven zu beruhigen. Oder sollte er besser Akku sparen?
    Wieder heulte eine Windböe zwischen den kahlen Bäumen hindurch. Er hörte Rascheln. Er hörte das Knistern von brechenden Ästen. Nichts weiter als die Tiere der Nacht. Vielleicht der Wind. Der Wald. Nur der harmlose Wald.
    War das ein Lachen gewesen? Eine Stimme in der Ferne? Die Stimme eines kleinen Kindes.
    Sein Gehör spielte ihm einen Streich! Es wollte etwas vertrautes hören, wo nur Fremdes war! Es war niemand hier, schon gar kein Kind. Und doch, da klang es wieder so.
    Ein Fuchs? Sicher nicht mehr, als ein Fuchs.
    Ganz automatisch beschleunigte er seine Schritte, joggte nun fast. Der Schotterweg musste bald kommen. Bald. Bald. Hätte er nicht schon kommen müssen? Wieso war der Boden unter seinen Füßen noch immer uneben? Wieso schien es, als würde auch der Trampelpfad dem Dickicht weichen? Hatte er eine Abzweigung verpasst? War er doch in die falsche Richtung gelaufen?
    Er blieb stehen. Sah sich um. Er bildete sich das alles nur ein. Er musste ruhig bleiben. Ruhig! Er durfte nicht panisch bleiben. Waren das Tränen, die in seinen Augen brannten? Er war doch kein Feigling. Kein Feigling … Doch er wollte nach Hause. Er wollte nicht länger hier sein?
    „Stefan? Armin?“ Beinahe kroch ein Schluchzen in seiner Kehle hervor. Nein, nein, er durfte nicht nachgeben! Er durfte sich der Furcht nicht hingeben. Er durfte nicht …
    Er wollte zurück. Zurück nach Hause. Er hätte nicht herkommen sollen. Er hätte wissen müssen, dass so etwas passiert. Natürlich würden die anderen ihn nicht mitnehmen, wenn nicht, um ihm einen Streich zu spielen. Sie konnten ihn doch nicht einmal leiden. Wieso sollten sie ihn da mitnehmen, wenn nicht, um ihm eins auszuwischen. Er war so ein Idiot.
    „Bitte! Irgendwer! Armin? Stefan?“
    Stille. Das Rauschen des Windes. Der ferne Ruf eines Tieres. Einer Eule? Knistern von Laum. Knarzen von Bäumen. Wieder das Lachen. Eine Stimme. „Hallo?“ Sie klang fragend.
    Vielleicht war doch jemand hier. Ein Jäger? Eine Jägerin wohl eher. Die Stimme klang weiblich.
    Wieso wurde er noch panischer. „Hallo? Ist da wer?“
    Die Stimme wiederholte ihre Frage nur. „Hallo?“
    Sie kam irgendwo von seiner linken Seite. Vielleicht ein anderer Weg? Vielleicht sogar ein Parkplatz? Sollte nicht irgendwo hier auch ein Waldcafé sein? Oder halt eine Jägerin. Es gab auch Jägerinnen.
    Er leuchtete in den Wald. „Hallo?“ Da waren nur Büsche und Bäume. Nur Büsche und Bäume. Nein! Da war auch ein Licht. Ein fernes Licht. Ja, jetzt wo er lauschte hörte er auch etwas anderes. Musik. „Hallo?“
    Sicher war es das Waldcafé. Er war nie da gewesen, aber er war sich sicher, davon gehört zu haben. Seltsam, dass noch jemand da war. Aber vielleicht gab es ja eine Feier. Eine Hochzeit? Da feierten die Leute doch bis in den Morgen hinein.
    „Ist da wer?“ Das war die Frauenstimme.
    Ja, sie war deutlich zu hören. Auch die Musik.
    Ganz automatisch wandte er seine Schritte in den Wald hinein. Er hatte ein Ziel: Das Licht. Da waren Menschen. Sicher würde ihn jemand nach Hause fahren können. Dann wäre alles in Ordnung. Armin und Stefan würden schon schauen, wenn er am Montag nichts weiter erwähnen würde. Er könnte so tun, als wüsste er nicht, wovon sie redeten.
    „Hallo?“, erklang die Frauenstimme erneut.
    „Ich bin hier!“ Er hastete durch das Unterholz, das dankbarer Weise licht genug war, als das er laufen konnte. „Ich komme zu Ihnen! Warten Sie!“
    „Komm her!“
    Es war nicht weit. Vielleicht dreihundert Meter. Pah. Da musste er in Sport doch mehr zum Aufwärmen laufen. Ja, vielleicht waren es auch vierhundert. Aber nicht mehr. Selbst wenn der Boden uneben war. Er konnte hier laufen. Um die Pflanzen, die er dabei zertrat, machte er sich im Moment keine Gedanken. Da war Licht, Wärme, Leute.
    Doch warum wurde das Licht nicht größer. Warum wurde die Musik nicht lauter?
    „Wo bist du?“ Die Stimme klang dünn. Sie klang wirklich, wie die eines Kindes.
    Seine Sinne spielten ihm einen Streich. Gleich wäre er da. Gleich, nur noch ein wenig. Schon lichtete sich der Wald – nur ein Haus sah er hier nicht. Kein Café, keine Menschen. Kein Licht.
    Und doch war hier etwas auf der Lichtung, die er hier betrat. Etwas, dass hier nicht hergehörte.
    Seine Taschenlampe flackerte. Da war wieder das Licht. Auf dem Absatz der Treppe, die dort mitten im Wald stand. Eine alte, schöne Wendeltreppe. Und das Licht schwebte über der fünften Stufe. Laub hatte sich auf den Blättern abgelegt.
    Wie kam die Treppe hierher?
    Das Licht schwankte zur Seite, als wäre es eine Laterne, die jemand hielt. Dann bewegte es sich drei Stufen empor. Es wartete. Eine Sekunde, zwei, drei. Dann bewegte es sich weiter hoch.
    „Warte.“ Die Worte kamen ihm automatisch über die Lippen. Er verstand nicht, was er sah. Doch eine Sache wusste er: Das Licht wollte ihn wohin führen. An einen Ort, wo man ihm helfen konnte. An einem Ort, wo es ihm besser ging. Er konnte diesem Wald entkommen, wenn er dem Licht nur folgte. Er konnte entkommen.
    Seine Taschenlampe erlosch gänzlich, als er sie fallen ließ, doch er hatte sie beinahe vergessen. Er machte einen Schritt. Dann noch einen.
    „Hallo?“ Das war die Stimme. Von wo kam sie?
    Es war egal. Er würde sie finden.
    Noch ein Schritt, dann noch einer. Er hatte die erste Stufe erreicht.

  • Hey Alaiya,


    wollte eigentlich grad off und schlafen, aber auf dem Dashboard habe ich gesehen, dass du eine Halloween-Geschichte geschrieben hast und hatte dann spontan Lust drauf. Wenn man schon liest, dann kann man ja einen kurzen Kommentar hinterlassen :3


    Erstmal Tipp-&Grammatikfehler und Ähnliches, das mir aufgefallen ist:


    Der Schleier der Dunkelheit schien seine Welt zu jeder Seite zu begrenzen. Sein Blickfeld reichte dort, wo er mit der Taschenlampe hinschien, vielleicht zwanzig Meter in das Dickicht hinein. Abseits des Lichtkegels endete seine Welt schon nach zwei Metern.

    Ich liebe diese Formulierungen hier so sehr. Wollte das deshalb extra nochmal erwähnen.


    Generell mag ich es, wie du hier die Panik aufbaust. Wirkt auf mich sehr authentisch, zumindest, wenn ich da an mich selber denke. Habe mich zwar nie im Wald verlaufen, aber schon in dunklen Gassen fremder Städte bei Nacht (ohne GPS und Internet). Der Aufbau ist sehr menschlich, von der ganz leichten Panik zu Beginn, die dann aber immer durch beruhigende Worte noch im Zaum gehalten wird, bis hin zur Paranoia, die dann immer größer wird. Vor allem dieses vernünftige Zusprechen "das wird schon nichts sein, kein Grund hinter zu schauen" und dann trotzdem hinter schauen, ist typisch. Das Gefühl ist also sehr gut rüber gekommen und hat den Weg durch den Welt spannend gehalten. Interessant ist auch, dass du mit wenig Beschreibung doch ein klares Bild geweckt hast. Liegt womöglich am Setting, da Wald und Dunkelheit jedem Leser was bedeuten, aber nichtsdestotrotz positiv anzumerken.
    So wirklich wusste man auch nicht, was noch kommen wird. Das hat natürlich auch zum Gruselfaktor beigetragen. Die Irrlicht-Thematik ist mir persönlich erst in den Sinn gekommen, als das Licht und die Stimme keine Veränderung zeigten, obwohl er näher kam. Liebe btw. Irrlicht-Geschichten so sehr, weil ich eine Schwäche für diese naiv und harmlos wirkenden Geister/Monster habe. Die Treppe war dann nochmal ein kleines Highlight. Weiß nicht wieso, aber Treppen im dunklen haben generell etwas sehr grusliges an sich. Vor allem Wendeltreppen, weil man da weder "nach vorne" noch hinten wirklich sehen kann. Mag auch das offene Ende, weil es einfach der Phantasie ihre Spielchen erlaubt, aber gleichzeitig auch ein Happy End ausschließt, weil es am Ende auch klar wurde, dass das Licht etwas übernatürliches ist. Insgesamt gelungen; kann mir das grad für Lagerfeuergeschichten gut vorstellen. Gerade dann, wenn man mit Taschenlampen am Ende zurück durch die Dunkelheit gehen muss.


    .: Cassandra :.

  • Normal beschwerst du dich, dass meine Geschichten zu lang sind
    Die Geschichte ist halt ein Double Drabble. Genau 200 Wörter.

    Ja, ich bin ein alter Nörgler.

    Aswang werden allerhand magische Fähigkeiten nachgesagt - manche können sich unsichtbar machen, üblicher ist es aber, dass sie Gestaltwandler sind, die sich in alles von Insekten, Fröschen, hin zu Hunden und Katzen verwandeln können.

    Stupid Demonzombies.


    Ich liebe diese Formulierungen hier so sehr. Wollte das deshalb extra nochmal erwähnen.

    Ich weiß nicht recht, den ersten Satz in dem Zitat fand ich etwas zu lyrisch für diese Stelle.
    Das "nach 2 Metern endete seine Welt" war hingegen eine nette Idee die Sache zu umschreiben und hat mich mehr angesprochen.


    Vor allem Wendeltreppen, weil man da weder "nach vorne" noch hinten wirklich sehen kann

    Das klingt fast schon als wäre die Symbolik beabsichtigt. Ein ungewisser Weg, man kann das Ziel nicht sehen.


    Ich muss sagen, bis auf Dracula kann ich mich nicht an irgendwelchen Gebrauch von Irrlichtern erinnern.
    Irrlichter sind eine interessante Sache und du hast sie durchaus ganz gut eingesetzt.
    Schade, dass sie ganz allgemein mal nicht häufiger vorkommen.


    Also was halte ich von der Story? Ich denke sie ist ganz gut, aber sie hätte mir besser gefallen können.
    Ich weiß, dass du vor hattest seine Angst richtig aufzubauen. Das ständige Wiederholen, in dem Fall was er von seinen Begleitern hält und das es in dem Wald ja total ungefährlich wäre, ist eine gängige Methode Stimmung aufzubauen. Ich habe das selbe vor um die Monotonie in meiner Story zu verdeutlichen. Aber ich glaube es wäre besser gelungen, wenn er weniger Text gehabt hätte und an manchen Stellen einfach gelauscht hätte.
    "Eine Kinderstimme und dann lange nichts. Die Geräusche des Waldes, ein knacken, ein Luftzug, dann wieder lange nichts, dann denkt er sich nochmal, was war das?"
    Was ich wirklich gut fand war die Stelle, als er dachte er sei gerettet.
    An solchen Stellen baut sich der Horror beim Leser sehr gut auf. Das war auch hier der Fall.

  • Ach je, jetzt habe ich hier ewig nicht geupdated, weil ich so viel Stress in den letzten Wochen hatte.
    Mea Culpa.


    Update kommt wahrscheinlich morgen dann mal. Für die Adventszeit habe ich eh ein paar Sachen eingeplant. (Ich habe immerhin so viele Weihnachtsgeschichten geschrieben.) Unter anderem wird es vom 18. bis 24. tägliche Updates mit einer kleinen, humoristischen Urban Fantasy Geschichte geben. (Anders gesagt: Alaiya und Seki haben Spaß mit ihren Charakteren, die arg drunter leiden. Kek.)


    Erst einmal allerdings die Antwort an Cassandra und @Sunaki, nachdem ich mich doch so sehr über die beiden Kommentare gefreut habe! :)


    Danke! :D


    wollte eigentlich grad off und schlafen, aber auf dem Dashboard habe ich gesehen, dass du eine Halloween-Geschichte geschrieben hast und hatte dann spontan Lust drauf. Wenn man schon liest, dann kann man ja einen kurzen Kommentar hinterlassen :3

    Das freut mich! Wirklich! :D


    Bin sehr empfindlich, was Wortwiderholungen angeht und sowas bringt mich immer total aus dem Lesefluss. Würde das zweite Mal umschreiben Richtung "er hatte es fast geahnt/gewusst/sich gedacht" etc.

    Ich sehe was du meinst. Ich gebe offen zu, ich habe mir mit der Zeit abgewöhnt zu sehr auf Wortwiederholungen zu achten und bemerke sie daher oft nicht. Ich schaue mal, dass ich es da noch abänder.


    Ich liebe diese Formulierungen hier so sehr. Wollte das deshalb extra nochmal erwähnen.

    Danke!


    Generell mag ich es, wie du hier die Panik aufbaust. Wirkt auf mich sehr authentisch, zumindest, wenn ich da an mich selber denke. Habe mich zwar nie im Wald verlaufen, aber schon in dunklen Gassen fremder Städte bei Nacht (ohne GPS und Internet). Der Aufbau ist sehr menschlich, von der ganz leichten Panik zu Beginn, die dann aber immer durch beruhigende Worte noch im Zaum gehalten wird, bis hin zur Paranoia, die dann immer größer wird. Vor allem dieses vernünftige Zusprechen "das wird schon nichts sein, kein Grund hinter zu schauen" und dann trotzdem hinter schauen, ist typisch

    Danke. Freut mich, dass es gut herübergekommen ist. Ich versuche aktuell vermehrt mit Erzählstimmen zu arbeiten. :3


    Interessant ist auch, dass du mit wenig Beschreibung doch ein klares Bild geweckt hast. Liegt womöglich am Setting, da Wald und Dunkelheit jedem Leser was bedeuten, aber nichtsdestotrotz positiv anzumerken.

    Ich arbeite aktuell daran, die richtige Menge an Umgebungsbeschreibung zu geben. Also nicht zur viel, nicht zu wenig. Ich bin nämlich mit älteren Umgebungsbeschreibungen von mir unglücklich.


    Die Irrlicht-Thematik ist mir persönlich erst in den Sinn gekommen, als das Licht und die Stimme keine Veränderung zeigten, obwohl er näher kam. Liebe btw. Irrlicht-Geschichten so sehr, weil ich eine Schwäche für diese naiv und harmlos wirkenden Geister/Monster habe.

    Das ganze ist so eine interessante Sache: Irrlicht. Hmm, ja, es ist effektiv ein Irrlicht, nicht? Aber es ist tatsächlich ein Phänomen, das - laut der Urban (oder eher weniger Urban) Legend - mit diesen Waldtreppen in Verbindung gebracht wird. Was es damit auf sich hat ... Wer weiß! :wacko:


    Vor allem Wendeltreppen, weil man da weder "nach vorne" noch hinten wirklich sehen kann. Mag auch das offene Ende, weil es einfach der Phantasie ihre Spielchen erlaubt, aber gleichzeitig auch ein Happy End ausschließt, weil es am Ende auch klar wurde, dass das Licht etwas übernatürliches ist. Insgesamt gelungen; kann mir das grad für Lagerfeuergeschichten gut vorstellen. Gerade dann, wenn man mit Taschenlampen am Ende zurück durch die Dunkelheit gehen muss.

    Die Originalgeschichten, die mich inspiriert haben, waren ursprünglich auch so etwas, wie Lagerfeuergeschichten, glaube ich! :)


    Ja, ich bin ein alter Nörgler.

    Ja, also wirklich! (Darf ich übrigens anmerken, dass @'Yasha_Wolf_Seki' und ich, wie du es prophezeit hast, sprichwörtlich im Bett liegen und weinen? q.q)


    Stupid Demonzombies.

    Jap. Und davon gibt es so viele! :verwirrt:


    Ich muss sagen, bis auf Dracula kann ich mich nicht an irgendwelchen Gebrauch von Irrlichtern erinnern.
    Irrlichter sind eine interessante Sache und du hast sie durchaus ganz gut eingesetzt.

    Siehe oben. Ich habe mich nicht einmal konkret auf Irrlichter, sondern vor allem auf die Treppenlegenden bezogen. Aber ja, effektiv sind es Irrlichter, oder?


    Aber ich glaube es wäre besser gelungen, wenn er weniger Text gehabt hätte und an manchen Stellen einfach gelauscht hätte.

    Erfahrungsgemäß gibt es effektiv zwei Arten bei so einer Situation zu reagieren. Die einen Rufen, allein damit sie den Wald nicht hören müssen, die anderen sind ganz Still.


    Was ich wirklich gut fand war die Stelle, als er dachte er sei gerettet.

    Danke :)

  • .

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    Vorwort:
    Ich habe mir überlegt, dass ich heute eine Geschichte poste, die ein wenig den Hintergrund von den neu dazugestoßenen Charakteren aus A Hare Among Wolves beleuchten: Den Hintergrund von Andrew und seinen beiden Frauen Lilly und Luna. Um genau zu sein geht es in dieser Geschichte um das erste Treffen der drei. :)


    Ich dachte, das könnte @Sunaki, @Thrawn, @Aprikose und wahrscheinlich noch zwei, drei andere Interessieren! ;)


    Plus: Wir haben heute ersten Schneefall und die Geschichte spielt im Winter. (Ja, ganz tolle Verbindungen!)


    Viel Spaß!


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    Verlobte wider Willen
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    [Blockierte Grafik: https://imgur.com/HDHupCp.jpg]


    .



    Vorsichtig öffnete Andre die Tür, wie immer halb mit einer plötzlichen Attacke rechnend.
    Vor der Tür jedoch stand kein Angreifer. Nur zwei Mädchen, junge Frauen, etwa in seinem Alter. Beide schlank, beide dunkelhaarig, beide etwas feucht vom nieselnden Regen und beide ausgesprochen hübsch. Sie waren das perfekte Ebenbild der jeweils anderen.
    Etwas ging nicht mit richtigen Dingen zu.
    Unsicher musterte er sie. „Was kann ich für Sie tun?“
    „Andrew Sterling?“, fragten beide, wie aus einem Mund.
    Wer waren sie? Hatten sie nach ihm gesucht? Was sollte er ihnen sagen? „Ähm, ja,“ meinte er vorsichtig.
    Die beiden lächelten.
    „Ah, gut,“ meinte die eine.
    „Wir haben dich gesucht,“ fügte die andere hinzu.
    „Okay.“ Etwas anderes fiel ihm nicht ein. Wer waren sie? Die Frage bohrte sich förmlich in seinen Geist. Wer waren sie und was wollten sie von ihm? Hatte jemand, der es auf ihn abgesehen hatte, sie zu ihm geschickt?
    Erwartungsvoll sahen sie ihn an.
    Was sollte er tun?
    „Wer sind Sie?“, fragte er schließlich.
    „Die Nettigkeiten sind nicht erforderlich,“ versicherte die eine.
    „Du kannst uns dutzen,“ meinte die andere.
    Schon wollte er einwerfen, dass dies seine Frage nicht beantwortete, doch schien dies der nächste Punkt zu sein, zu dem sie kamen.
    „Wir sind Lilly,“ begann die eine.
    „Und Luna,“ endete die andere.
    „Können wir reinkommen?“, fragten sie dann beide.
    Wer oder was auch immer die beiden waren: Sie waren Andre gruselig. Er spielte mit dem Gedanken, ihnen die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Doch das kam nicht in Frage. Immerhin hatten sie – von ihrer Seltsamkeit einmal abgesehen – ihm keinen wirklichen Grund gegeben, sie als Gefahr anzusehen. Sicher, es hielt ihn nicht davon ab, dies zu tun, doch wusste zumindest der rationale Teil seiner selbst, dass dies kaum ein Grund war, sie so zu behandeln. Sie waren, zumindest des Anscheins nach, junge Frauen. Und es schneite.
    Reinlassen wollte er sie dennoch nicht. „Was wollt ihr von mir?“, fragte er vorsichtig.
    Nun tauschten die beiden einen verwirrten Blick, ehe sie ihn wieder ansahen, nun ganz offenbar selbst etwas verunsichert. „Solltest du nicht wissen, dass wir kommen?“, meinte die erste der beiden, die sich als Lilly vorgestellt hatte, zu ihm.
    Er schüttelte sprachlos den Kopf.
    „Wir sind deine Verlobten“, erklärte daraufhin die andere. Luna.
    Andre brauchte einen Moment, um diese Aussage zu verarbeiten. Alles in allem war er sich recht sicher, nicht verheiratet zu sein. Immerhin war man bei solchen Sachen normaler Weise anwesend. Normaler Weise …
    Doch was in seinem Leben war schon normal?
    Seine Familie hatte doch nicht … Oder?
    „Wartet bitte einen Moment,“ murmelte er und wandte sich der Wohnung zu, um nach dem Telefon zu suchen.
    „Dürfen wir reinkommen?“, fragten sie nun wieder.
    Nein. Es konnte eine Falle sein. Doch das konnte er ihnen so kaum sagen. Wenn es wirklich stimmte, was sie sagten … „Ja,“ brachte er schließlich gezwungen heraus.
    „Danke.“
    Während er nach seinem Telefon suchte, dass er schließlich auf dem Sofa liegend fand, kamen die beiden herein, ihre Bewegungen beinahe synchron, auch wenn es Lilly war, die die Tür schloss. Zumindest glaubte er, dass es Lilly war. Er hatte sie kurz aus den Augen gelassen und egal wie er es betrachtete: Die beiden sahen vollkommen identisch aus.
    Dieselben dunklen Mäntel, die sie nun auszogen, als sie sich auf seinem Sessel niederlegten. Dieselben Blusen darunter. Dieselben hellen Hosen. Derselbe Geruch nach einem dezente Parfum.
    „Wartet,“ meinte er noch einmal und wählte die Nummer seine Mutter, wenngleich er die beiden im Auge behielt.
    Sie saßen nun beide auf den Armlehnen des Sessels und sahen sich neugierig in der kleinen Wohnung um. Die Unordnung schien sie nicht zu stören oder vielleicht ließen sie es sich auch nicht anmerken.
    Das Freizeichen erklang aus dem Telefon, während eine der beiden ihr eigenes Handy hervor holte, nur um es einen Augenblick später wegzustecken.
    Was waren die beiden? Definitiv keine Gestaltwandler, da war er sich sicher. Doch ansonsten? Magier? Fae?
    Seine Mutter ging ans Telefon. „Andrew?“
    Wie sollte er anfangen? „Hier sind gerade zwei Frauen bei mir aufgetaucht,“ erklärte er daher nervös. „Sie haben sich als Lilly und Luna vorgestellt.“
    „Ah, deine Frauen,“ antwortete seine Mutter.
    Natürlich hatten sie. „Was?“

  • Die beiden Zwillinge machen es ihm auch nicht leicht, nicht? Dafür haben sie Sinn für Humor.
    Ich hoffe aber sie lassen die Tricks, wenn sie miteinander sprechen, das wäre in der Lage etwas taktlos.
    Außerdem hoffe ich, dass Andrew zu dem Zeitpunkt Singel ist.

  • Antwort:


    Danke, wie immer, für deinen Kommentar, @Sunaki! :D

    Die beiden Zwillinge machen es ihm auch nicht leicht, nicht? Dafür haben sie Sinn für Humor.
    Ich hoffe aber sie lassen die Tricks, wenn sie miteinander sprechen, das wäre in der Lage etwas taktlos.
    Außerdem hoffe ich, dass Andrew zu dem Zeitpunkt Singel ist.

    Hehe, nein, sie machen es ihm nicht leicht. Wobei es mittlerweile (diese Geschichte spielt immerhin vor etwas mehr als zehn Jahren bevor Kyra Andrew trifft) natürlich anders ist. Sie haben sich aneinander gewöhnt, wenn man so will ;) Aber ja, Andrew war zu dieser Zeit Single. Alles in allem war er generell ein Spätstarter. ;)



    Vorwort:


    Okay, jetzt haben wir wieder eine Geschichte, bei der ich täglich Kapitel hochladen werde und zwar bis zum 23. (es sind 6 Kapitel gesamt). Wer sich mit mir einmal über meine anderen Geschichten unterhalten hat, wird die Charaktere hier kennen: Es sind Joanne und Co. aus Mosaik, allerdings in der Timeline (und auch global gesehen) dieses Mal in deutlicherer Nähe von Kyra und einem gewissen Werwolfsrudel.


    Die Geschichte ist etwas humoristischer, was nicht zuletzt einem gewissen Affengott zu verdanken ist, der sich in alles einmischen muss. Der Klassenclown unter den Göttern, wenn man so will. *hüstel*


    Es geht übrigens um einen Einbruch in eine Bank.


    Viel Spaß!


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    __________________________________


    Teil 1
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    Die weihnachtlich geschmückte Innenstadt lag verlassen im frühen Morgenlicht, als Joanne vor der Zentralbank vorfuhr. Sie wusste nicht, was Officer Richards von ihr wollte, doch da es früher Morgen war und hatte zu einer Bank kommen sollen, war die Liste klein. Die Bank öffnete offiziell erst um zehn, also gab es zwei Möglichkeiten: Entweder, man hatte in der Bank oder bei der Bank eine Leiche gefunden, oder jemand hatte eingebrochen. Und da die Special Devision von Scotland Yard beteiligt war und man sie dazu gerufen hatte, war etwas an der Leiche oder an dem Einbruch seltsam – möglicher Weise magisch.
    Sie nahm ihren Kaffee aus dem Tassenhalter zu ihrer Linken, rückte die Jacke zurecht und stieg aus. Es war frisch. Über Nacht hatte es geschneit und ihre Atemluft kondensierte über ihrem Mund.
    Joanne war vierzig, auch wenn man ihr das Alter nicht ansah. Ihr blondes Haar war kurz geschoren, ihre blaugrauen Augen wirkten kühl und berechnend. Für eine Frau war sie ungewöhnlich groß und kräftig, verfügte kaum über weibliche Rundungen, auch wenn man dank der weiten Lederjacke davon wenig sah.
    Zwei Polizeiwagen standen zusammen mit einem schwarzen Kombi mit verdunkelten Fenstern, der wohl zur Special Devision gehörte.
    Ein Polizist, ein dunkelhäutiger Mann mit müdem Gesicht, stand vor der Schiebetür, die in die Bank führte und sah sie an. Noch bevor er etwas sagen konnte, fischte sie ihren Einsatzausweis heraus. Eine einfache Plastikkarte, die sie als Konsultantin der Polizei auswies.
    „Seargent Richards hat mich herbestellt“, sagte sie, noch bevor der Mann fragen konnte.
    Der Mann nickte. Er hob die Hand, um ein Gähnen zu verbergen und zeigte in das Gebäude. „Mrs. Anderson, ja?“, fragte er, als er es endlich schaffte, das Gähnen zu unterdrücken.
    Sie nickte stumm und folgte dem Fingerzeig ins Gebäude.
    Die Bank war alt. Eine der ältesten Liverpools. Auch wenn der Vorraum modern eingerichtet war, mit Geldautomaten und Kontoauszugsmaschinen in dafür vorgesehenen Wandkuhlen, so war die Haupthalle noch alt. Sandstein, über den man Teppich gelegt hatte, formte den Boden. Die Beratungsplätze waren noch immer mit verzierten Holzwänden getrennt. Es wirkte wie ein altes Filmset, auch wenn man an jedem Arbeitsplatz Computer sehen konnte. Der Wandel der Zeit war unaufhaltsam – zumindest aus der Sicht der Menschen.
    Sie sah sich um, konnte Richards nicht sehen, sehr wohl aber zwei weitere Polizisten, die an der Tür am anderen Ende des Raums waren, wo ein Portal wahrscheinlich zu den Safes führte.
    Mit langen Schritten ging sie zu ihnen hinüber.
    Beide hoben den Kopf, doch erneut kam Joanne ihnen voraus: „Joanne Anderson. Seargent Richards hat mich herbestellt.“
    „Er ist unten. Bei den Safes“, meinte eine junge Polizistin, nicht älter als fünfundzwanzig.
    Joanne nickte. „Danke.“ Damit ging sie zwischen den beiden hindurch und eine breite, alte Treppe hinab, die in den Keller führte. Hier fanden sich fraglos die Safes und ganz offenbar – wie sie feststellte – ebenfalls ein Tresor. Dabei hatten die wenigsten Banken mit Kundenverkehr noch lokale Geldvorräte.
    Bereits auf dem Weg nach unten hörte sie die Stimmen zweier Männer in gemäßigter Diskussion. Die eine – eine dröhnende, tiefe Stimme – klang amüsiert, die andere – eine etwas brüchigere Stimme – verärgert.
    Seargant Richards, ein Mann Anfang fünfzig mit licht gewordenem grauen Haar, stand hier. Er trug wie immer einen dunklen Trenchcoat, ausgewaschene Jeans und festes Schuhwerk. Er leitete die örtliche Niederlassung der Special Devision, auch wenn er selbst keinerlei magische Begabung hatte. Doch das konnte man so über die meisten seiner Kollegen sagen.
    Er stand bei einem groß gewachsenen hageren Mann, der kurz vor seiner Pensionierung zu stehen schien und ein längliches, humorloses Gesicht hatte. Seine Augenbrauen waren buschig gewachsen, sein Schädel beinahe kahl. Er trug ein Hemd mit Krawatte, dazu eine dunkelgraue Anzugshose. „Und ich sage Ihnen, dass es ein schlechter Scherz ist“, empörte er sich, als Joanne näher kam.
    Richards schien amüsiert. Also war es kein Mordfall.
    „Wenn Sie das wirklich glauben würden, dann hätten sie uns wohl kaum endlich angerufen“, meinte Richards und winkte sie zu sich hinüber.
    Der andere Mann drückte seine Lippen aufeinander, bis sie zu einem einzigen dünnen Strich zu verschmelzen schienen. „Nun, was machen Sie jetzt damit?“
    „Das werden wir sehen, mein Guter.“ Er zwinkerte. „Es fehlt ja nichts, oder?“
    Der dünne Strich zitterte.
    „Darf ich Ihnen unsere Konsultantin Vorstellen?“, meinte Richards übergangslos. „Mrs. Anderson. Sie betreibt eine private Sicherheitsfirma und Detektei, die sich auf solche seltsamen Fälle spezialisiert hat.“ Er nickte ihr zu und zeigte dann auf den Herrn. „Joanne, das ist Mr. Blackburn, der Inhaber dieser Filiale.“
    Sie streckte ihm die Hand mit einem zynischen Lächeln entgegen. „Freut mich, Mr. Blackburn.“
    „Ja“, war die einzige Antwort, die er hervorbrachte, als er ihre Hand ergriff. Er fühlte sich nicht ernst genommen.
    „Also, Owen, worum geht's?“ Sie wandte sich dem Seargent zu, der bis vor zwei Jahren ihr Vorgesetzter gewesen war.
    Owen Richards wirkte noch immer sehr amüsiert. Seine Stimme klang, als müsse er ein Lachen unterdrücken. „Nun, eigentlich ist es eine recht interessante Geschichte. Wenn du mitkommen würdest?“ Er wandte sich von Mr. Blackburn ab und ging zu der dunklen Tür hinüber, die fraglos zum Tresorraum führte.
    Wie zur heutigen Zeit üblich, war dieser gleich dreifach geschützt: Durch die Tür, die die Treppe vom oberen Bereich der Bank abtrennte, eine weitere Feuerschutztür am Eingang des Kellers, und diese dunkle Doppeltür, bei der es sich um eine moderne Sicherheitstür handelte. Dahinter lag der Vorraum, in der man die eigentliche Tresortür fand.
    Kurzum: Der Tresor selbst war lächerlich gut geschützt.
    Hier im Raum waren drei weitere Polizisten, die Spurensicherung betrieben. Zwei missmutig wirkende Sicherheitskräfte der Bank beobachteten sie dabei.
    Als Owen und Joanne den Raum betraten, sahen die Sicherheitskräfte gleich noch etwas unglücklicher aus, doch einer von ihnen ging zum Tresor, als Blackburn hinter ihnen den Raum betrat und nickte.
    Die schwere Tresortür wurde geöffnet und gab damit den Blick auf ein interessantes Bild frei.
    Im Tresor befanden sich Schließfächer, wie es üblich war. Ein gutes Drittel der Schließfächer stand offen. Aus manchen hingen Gold- oder Perlenketten. Andere Inhalte waren auf dem Boden gelandet. Auf dem Tisch in der Mitte des Raums lag ein juwelenbesetztes Smartphone. Das war jedoch nicht der skurrile Teil. Denn zwischen all den ausgeräumten Wertgegenständen auf dem Boden und bei dem teuren Smartphone lagen kleine Formen. Papierkraniche, wie Joanne erkannte. Zumindest sah es aus, als hätte derjenige, der die stark eingedellten Formen gefaltet hatte, versucht, Papierkraniche zu falten. Gelungen war es nur teilweise. Die Kraniche, die auf dem Tisch standen, waren als solche zu erkennen, doch andere Papierstücke, die auf dem Boden um den Tisch herum lagen, ließen den Versuch des Faltens bloß erahnen.
    Das verwendete Papier ließ es noch seltsamer wirken: Es waren Geldscheine.
    Joanne zog sich Latexhandschuhe über und hob einen der Kraniche auf, der offenbar aus einer Hundert-Dollar-Note gefaltet worden war. Seinesgleichen fanden sich daneben. Andere waren aus Fünfzig-Pfund-Noten entstanden. Fünfzig-Pfund-Kraniche? Sie musste leicht grinsen.
    Mr. Blackburn räusperte sich. „So haben wir es heute morgen vorgefunden.“
    „Es hat aber nichts gefehlt, korrekt?“, fragte Owen. Er wusste es offenbar bereits, fragte nur noch einmal für sie.
    „Ja“, presste der Bankdirektor hervor. „Es hat nichts gefehlt.“ Er räusperte sich. „Genau so wenig, wie in den letzten beiden Nächten.“
    Joanne drehte sich zu ihm um. „Die letzten beiden Nächte?“
    „Das ist eine lustige Geschichte, Joanne“, erwiderte Owen. „Der gute Mr. Blackburn sagte nämlich, dass es bereits zwei Einbrüche gegeben hat, aber da nichts gefehlt hat, hat man darauf verzichtet, die Polizei zu rufen.“
    Um den guten Ruf der Bank zu bewahren, ergänzte Joanne gedanklich.
    Blackburn sagte nichts dergleichen, räusperte sich nur. „Wir sahen kein Grund zur Besorgnis. Wir gingen davon aus, dass einer unsere Angestellten sich einen Scherz erlaubt hat. Eventuell als Reaktion auf den neuen Gehaltsplan.“ Die letzten Worte murmelte er.
    Joanne musterte ihn. Sie konnte ihn nicht leiden und er hielt von ihnen genau so wenig. Sie konnte sich die meisten Fragen, die ihr in den Sinn kamen, bereits selbst beantworten. Dennoch holte sie kurz eine Bestätigung ein. „Und es gibt keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens?“
    „Ja“, krächzte der Bankdirektor. „Keine.“
    „Wer hätte normal Zugang zum Tresor?“, fragte sie.
    „Ich, mein Stellvertreter Mr. Johanson, Erik Fuller, Morgan Brady und Courtney Lamb. Aber selbst von uns hat nur Zugriff auf manche der Schließfächer.“ Natürlich. Einige Kunden, die Schließfächer gemietet hatten, bestanden darauf, alle Schlüssel und Kopien zu behalten.
    Joannes Blick wanderte die Decke des Tresorraums entlang. Sie erkannte insgesamt vier Überwachungskameras, die alle Ecken beleuchteten. „Was zeigen die Überwachungsvideos?“
    „Nichts“, antwortete der Mann. „Gar nichts. Die Kameras sind in allen drei vergangenen Nächten ausgefallen.“
    Aha. Ja, es wurde langsam klar, warum die Special Devision an diesem Fall arbeitete. Und auch, warum sie hergerufen worden war, denn das klang ganz nach einem magischen Eindringling. Sie tauschte Blicke mit Owen. „Kann ich die Videos dennoch sehen?“
    Blackburn gab einen unzufriedenen Laut von sich, der an eine verstimmte Katze erinnerte. „Ja. Kommen Sie mit.“
    Und so folgten sie und Owen dem Direktor zwei Treppen empor in ein Büro. Ein Sicherheitsbüro, wie sie es aus ihrer frühen Karriere noch gut kannte.
    Ein Mitarbeiter der Banksicherheit saß hier in seinem Stuhl und wirkte so gelangweilt, wie Sicherheitsbedienstete auf Monitordienst es meistens waren. Er sah missmutig in seinen Kaffee, setzte sich dann aber gerade hin, als Blackburn in den Raum kam.
    „Zeigen Sie den beiden bitte die Videos von der letzten Nacht, Mr. Fox“, meinte Blackburn.
    „Sicher, Sir“, erwiderte der Mann, der einen dichten Schnauzbart trug, und begann auf seinem Hauptbildschirm zu klicken.
    Mr. Blackburn blieb bei der Tür stehen. „Kann ich Sie vorerst mit Mr. Fox allein lassen?“
    Owen lächelte freundlich. „Natürlich, Mr. Blackburn.“
    Der Bankdirektor nickte und ging – wortlos.
    Joanne lehnte sich an die Wand und nippte an ihrem Thermosbecher. Sie wartete, dass Mr. Fox die Videos eingelegt hatte, und sah dann zu den vier Bildschirmen, zu denen er gestikulierte.
    „Viel gibt es nicht zu sehen“, meinte er mit einem Seufzen. Er stellte die Videos alle gleichzeitig an. Sie liefen auf zehnfacher Geschwindigkeit.
    Ein Timer in der unteren Ecke verriet, dass das aktuelle Bild, das einen verlassenen Raum zeigte, um kurz nach acht am Vorabend aufgenommen wurde. Der Timer tickte voran, bis er schließlich zwanzig nach acht erreichte. Zu diesem Zeitpunkt begann das Bild erst zu rauschen, ehe es gänzlich Schneegestöber wich.
    Der Sicherheitsbeamte seufzte und stellte die Geschwindigkeit schneller. „So geht das dann bis kurz nach sechs“, kommentierte er.
    Sie sahen auf die vier rauschenden Bildschirme, die seine Worte bestätigten. Die Timer rasten voran. Das Datum änderte sich. Doch erst, als die Uhrzeit viertel nach sechs erreichte, wich das Schneegestöber einem verrauschten Bild, das sich schließlich langsam stabilisierte.
    Der Raum war so chaotisch, inklusive Fünfzig-Pfund-Kraniche, wie sie ihn zuvor auch vorgefunden hatte.
    „Was ist mit den Kameras vom Vorraum?“, fragte Joanne, als der Sicherheitsbedienstete das Bild anhielt und mit den Schultern zuckte.
    „Nichts besonderes. Man sieht kurz ein Rauschen, aber dann ist alles normal.“ Er rief das Video auf einem Bildschirm auf, um es ihnen zu zeigen. Und tatsächlich: Um Zwanzig nach acht rauschte das Bild für einige Sekunden, stabilisierte sich dann jedoch wieder und blieb offenbar normal. „Bis kurz nach sechs“, meinte Mr. Fox
    Natürlich.
    Sie wechselte einen Blick mit Owen. Sicherlich könnte sie sich auch die Videos der vergangenen Nächte ansehen, doch ahnte sie sehr wohl, was hier vor sich ging. Mehr musste sie nicht wissen.
    „Vielen Dank“, meinte Owen freundlich zu dem Sicherheitsbediensteten. Damit machte er einen Schritt in Richtung der Tür des kleinen, schmalen Büros, das dank der vielen Rechner stickig roch.
    Joanne folgte ihm und gemeinsam gingen sie in den Flur hinaus.
    „Musst du das Ding mit dir rumschleppen?“, fragte Owen, als sie draußen waren, und sah neidisch zu ihrem Kaffeebecher.
    „Du solltest dir selbst eins kaufen“, meinte sie süffisant. „Aber mich bekommst du um die Zeit garantiert nicht ohne Kaffee aus dem Haus.“
    „Dann bring mir das nächste Mal welchen mit“, grummelte er.
    „Wenn du lieb Bitte sagst, dann denke ich drüber nach.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Du bist Amy übrigens noch etwas schuldig. Ich hatte ihr eigentlich versprochen, bis Montag daheim zu bleiben.“
    „Ich habe keinen Magier bekommen“, erwiderte er. „Und … Nun, du siehst es ja.“
    „Sag es Amy, nicht mir.“ Ihre Tochter hatte auf ihre übliche Art und Weise geschmollt, als Joanne sie zu Jack gebracht hatte. Immerhin hatte sie ihr erst beim Frühstück versprochen, mit ihr Cartoons zu schauen.
    „Ach je“, murmelte er. „Nun. Wie dem auch sei. Was meinst du? Geist?“
    Technisch gesehen sah sie drei Möglichkeiten: Ein Geist, wahrscheinlich ein Poltergeist. Irgendeine Art von Fae oder Dämon. Oder etwas mächtigeres. Geister und Poltergeister konnten willentlich die Technologie manipulieren. Bei mächtigen magischen Wesen gab es teilweise durch ihre reine Anwesenheit Interferenzen. Eine Sache, die sie im Tresorraum gesehen hatte, ließ sie jedoch zu einer der Möglichkeiten tendieren: „Ich glaube nicht, dass es ein Geist war. Eher etwas physisches. Da waren kleine Fingerabdrücke auf dem Handy.“
    „Also eine Fee?“, meinte Owen.
    „Irgendeine Art von Fae. Fee. Pixie. Puck. So etwas in der Art.“
    Owen nickte. „Nun …“ Er sprach es nicht aus, doch sie wusste, was er meinte: Es hatte einen Grund warum er sie herbestellt hatte und dieser Grund war nicht, dass er ihr Weihnachtsgeld erhöhen wollte. Es mochte ein Grund gewesen sein, war aber nicht der Hauptgrund.
    „Wo sind die Toiletten?“, fragte sie.
    „Die Mitarbeitertoiletten findest du den Gang hinab“, meinte er. „Die Damentoilette hat sehr große Spiegel.“
    „Wunderbar“, erwiderte sie. „Wundere dich nicht, wenn ich für eine Stunde bleibe.“
    „Sicher. Ich rede noch einmal mit Blackburn, um herauszufinden, ob sie irgendetwas getan haben, um das kleine Volk zu verärgern.“
    Joanne lächelte ihn mitleidig an. Die Fragen würden interessant ausfallen. Immerhin schätzte sie Blackburn nicht als jemanden ein, der einer Frage nach verkohltem Brot oder vergorener Milch viel Sinn beimessen würde. Der alte Banker würde nicht einmal wissen, wer die Special Devision überhaupt war. „Viel Spaß.“
    „Dir auch“, murmelte Owen spitzt und sah ihr nach, als sie den Gang hinab ging.
    Der Gang wirkte weniger klassisch, so wie die Halle unten. Viel eher wirkte er wie ein Gang in einem modernen Bürogebäude und ließ sie sicher sein, dass abseits des Erdgeschoss ein Großteil des Gebäudeinneren schon vor längerer Zeit komplett erneuert worden war. Die Wände waren weiß gestrichen. Dunkler Teppich lag auf dem Boden. Die Türen waren weiß und unterschieden sich nur durch die Namensschilder neben dem Rahmen.
    Doch sie fand was sie suchte: Das WC am Ende des Flurs. Die letzte Tür auf der rechten Seite beherbergte das Damenklo.
    Sie öffnete die Tür und atmete erleichtert auf, als sie feststellte, alleine hier zu sein. Das machte einiges einfacher.
    Zu ihrer linken waren die Waschbecken. Zwei flache Becken, die in dunklen Stein gemeißelt und mit Edelstahlamaturen bestückt waren. Viel wichtiger aber: Hinter den Waschbecken lag ein großer Spiegel – etwa eineinhalb Meter hoch und vielleicht eins-zwanzig breit. Groß genug, als dass sie bequem würde hindurch gehen können.
    Kurz lauschte sie, um sicher zu gehen, dass niemand zur Toilette ging, dann kletterte sie auf die steinerne Oberfläche, die sie dankbarer Weise trug.
    Sie stellte sich auf, auch wenn sie sich etwas ducken musste, da die Decke tief hing. Dann konzentrierte sie sich. Sie schloss die Augen und erspürte die magische Energie, die ihrer Umgebung inne lag. Sie konnte den Geist des Gebäudes selbst spüren. Ein alter, müder Geist. Wahrscheinlich würde es sich lohnen, mit ihm zu sprechen. Nun aber streckte sie die Hand aus, um die glatte Oberfläche des Spiegels zu berühren, die sich unter ihren Fingern in eine eisige Flüssigkeit zu verwandeln schien. Sie streckte die Hand hindurch, ehe sie einen Schritt nach vorne machte und mit dem Fuß beinahe im Waschbecken landete.
    Sie öffnete die Augen und fand sich im Astralraum wieder. Jener geisterhaften Spiegelung er physischen Welt, die man durch Spiegel am einfachsten erreichen konnte.
    Der Astralraum sah nicht viel anders aus, als der physische Raum auch. Sie stand im selben kagen Toilettenvorraum, den sie eben auch verlassen hatte. Dennoch wirkte alles etwas anders. Hier gab es keine leuchtenden Deckenlampen. Viel eher schienen es die Wände selbst zu sein, von denen das Licht ausging. Auch schienen sie, wenn man genauer hinsah, nicht gänzlich fest zu sein. Man konnte durch sie hindurchsehen, selbst wenn die Räume jenseits der Wände verschwommen wirkten.
    Es reichte jedoch um die Lichter, die von lebenden Personen ausgingen, die sich dort in den Büros langweilten, irgendwelche Dokumente bearbeiteten und taten, was auch immer Bankmitarbeiter ihre Arbeit nannten. Das sollte sie nicht interessieren.
    Viel eher suchte sie Zeugen, die ihr sagen konnten, was in der vergangenen Nacht hier passiert war.
    Dankbarer Weise war das Gebäude alt, weshalb sie beinahe sicher war, dass sie ein paar Geister würde finden können, die sich hier herumtrieben und vielleicht auch in der vergangenen Nacht hier gewesen waren.
    Also verließ sie das WC, trat auf den Flur hinaus. Wenn sie geisterhafte Zeugen suchte, so waren diese wohl eher im Erdgeschoss anzutreffen. Also machte sie sich auf den Weg zur Treppe und fand sich bald in der Eingangshalle wieder. Diese noch immer leer. Die Bank würde bis auf weiteres geschlossen bleiben. Es gab allein in einem halben Kilometer Umkreis zwei weitere Filialen. Es würde den meisten Leuten wohl wenig Mühe machen.
    Ganz verlassen war die Halle jedoch nicht, denn hinter einem der Beratungsplätze stand der Geist einer älteren, müde wirkenden Frau. Im Astralraum war es schwer zu erkennen, welche Farbe ihr Haar einmal gehabt hatte, doch sie hatte es zu einem Knoten gebunden. Sie schien ein Papier, das neben einer Maschine lag genauer zu begutachten.
    „Hallo?“, fragte Joanne und ging zu ihr hinüber.
    Die Geisterfrau sah auf und hob eine Augenbraue. „Oh, hallo.“ Sie sah sich verwirrt um. „Sie können mich sehen? Oh, sie sind hier?“ Sie betonte das hier auf eine Art, die klar machte, dass sie den Astralraum meinte.
    „Ja“, erwiderte Joanne. „Ich arbeite für die Polizei und suche Zeugen.“
    „Wegen dem kleinen Wicht, der letzte Nacht im Tresorraum war?“, schloss die Frau. Sie setzte eine Brille auf, als würde sie diese brauchen.
    Joanne nickte. „Genau. Haben Sie ihn gesehen?“
    Die Frau lächelte wissend. „Oh, ja, gesehen habe ich ihn. Kurz. Ganz kurz nur. So ein kleiner Wicht.“ Sie gestikulierte knappe fünfzehn Zentimeter mit den Händen. „Ist hier durchgehuscht und nach unten.“
    „Hier? Durch den Eingangsraum?“, fragte Joanne.
    „Ja, sehr wohl“, meinte die Frau. „Habe nicht gesehen, wie er reingekommen ist.“
    Wäre ja auch zu schön gewesen. „Können Sie ihn genauer beschreiben?“
    „Na ja, klein war er halt.“ Die Frau zuckte mit den Schultern. „Ich habe ihn nur kurz gesehen, als ich hier etwas aufgeräumt habe. Der ist an mir vorbei geschossen und war dann auch schon wieder weg. Mehr kann ich nicht sagen, fürchte ich.“
    Joanne verkniff sich ein Seufzen. „Schon gut.“ Sie zögerte. „Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich den Geist des Hauses finde? Er könnte vielleicht mehr wissen.“
    „Oh. Der Alte.“ Die Frau verdrehte die Augen. „Ja, sicher, der ist ganz oben. Aber glauben Sie nicht, dass er viel weiß. Er ist nur ein alter Griesgram.“
    „Ich werde dennoch mit ihm reden.“ Joanne lächelte. „Vielen Dank.“
    Wieder ging sie die Treppe hoch. Dieses Mal bis in das zweite und damit oberste Geschoss des alten Gebäudes. Wo sollte sie hier den Geist finden? Sie sah sich um. Ja, wo?
    Wahrscheinlich dort, wo eigentlich Mr. Blackburns Büro war, schloss sie. Am Ende des Gangs? Es war einen Versuch wert. Sie folgte dem Gang bis zum Ende und fand eine Tür, deren Beschriftung im Astralraum nicht auszumachen war. Sie konnte dahinter jedoch den hellen Schein einer magischen Kreatur erkennen. Sie war richtig.
    Mit einem Räuspern klopfte sie und sah das helle Schimmern näher kommen, um die Tür zu öffnen. Ein alter Mann mit einem länglichem Kinnbart und einer dünnen Brille sah sie an. Er trug einen alten Anzug, wie er heute nur auf Steampunk-Conventions zu sehen war, mit einem langen Jacket. „Ja, bitte?“, fragte er in einem Dialekt, den man hätte aus Queen Victorias Zeiten erwarten können.
    Hielt er sich für einen menschlichen Geist? War er vielleicht sogar ein menschlicher Geist? Es wäre nicht gänzlich unbekannt, dass ein Architekt oder ein Teil dessen Geistes in einem von ihm entworfenem Gebäude als Patron verblieb. „Sie sind der Geist des Gebäudes“, schloss sie sachlich.
    „Ja, sehr wohl“, erwiderte der Geist. „Und mit wem habe ich die Ehre?“
    „Joanne Anderson, ich arbeite für die Polizei“, antwortete sie förmlich.
    „Können Sie das auch beweisen?“ Der Geist sah sie misstrauisch an.
    Sie holte ihre Dienstkarte aus der Jackentasche hervor, froh, ihre Kleidung an sich gebunden zu haben. „Natürlich, Sir.“ Sie zeigte ihm die Plastikkarte, die ihr auch zuvor schon Einlass gewehrt hatte und die im Astralraum leicht bläulich glühte.
    Der Geist nahm sie ihr ab und studierte sie für einen Moment. „Sehr wohl, sehr wohl.“ Er räusperte sich. „Das scheint ja seine Richtigkeit zu haben. Wieso wollten Sie mit mir sprechen?“
    „Die Einbrüche der letzten Nächte.“
    Der Geist ließ ein frustriertes Stöhnen hören. „Ach, erinnern Sie mich nicht daran. Es ist eine Schande, ist das!“
    Joanne schwieg.
    „Sehen Sie doch nur. Diese Menschen, die hier arbeiten, haben keinerlei Ahnung. Haben diese Pfade nicht gesichert. Furchtbar.“
    Joanne nickte – bemüht verständnisvoll. „Ich verstehe Ihren Ärger. Deswegen bin ich ja hier.“
    „Sehr spät, möchte ich anmerken“, grummelte der Geist.
    „Ich weiß, ich weiß.“ Am liebsten hätte sie ihn bei der Schulter gegriffen. Sie beherrschte sich jedoch und wartete seinen Ärger nur ab.
    „Dieser Blackburn kriegt gar nichts auf die Reihe“, murmelte der Geist. „Aber gut. Sie sind hier. Mehr kann ich wohl nicht erwarten.“
    Kurz wartete sie, ob noch weitere Beschwerden folgten. Dann räusperte sie sich. „Was können Sie mir über den Einbrecher sagen?“
    „Der Einbrecher? Ein ganz kleiner Wicht war das. Roch dreckig. Nach Erde oder so etwas.“
    Also ein Fae der Erde. „Wissen Sie, wie er reingekommen ist?“
    Der Geist des Hauses verschränkte die Arme und musterte sie mit hochgezogenen Lippen. Ihm schien das Thema gar nicht zu behagen.
    Als er nach einigen Sekunden nichts gesagt hatte, half sie nach. „Sehen Sie, alles was Sie mir erzählen bleibt unter uns. Die Allgemeinheit wird es nicht erfahren.“ Nicht das irgendjemand glauben würde, dass ein Feenwesen den wachsamen Augen eines geisterhaften Gebäudewächters entkommen war. „Wir können einen weiteren Einbruch effizienter verhindern, wenn Sie mir erzählen, was geschehen ist.“
    Scharf zog der Geist die astrale Luft ein. Dann seufzte er schwer. „Sehr wohl“, meinte er spitz. „Sehr wohl. Kommen Sie mit.“ Dann ging er mit langen Schritten an ihr vorbei. Gemeinsam gingen sie zur Treppe, runter in den Keller, der im Astralraum ein gänzlich anderes Bild bot.
    Die Umrisse der eigentlichen modernen Wände waren zu erahnen, doch waren sie kaum mehr als ein blasser Schatten, der ganz anderen Strukturen gewichen war: Einer alten, gesicherten Tür in einem Raum, der vorrangig von Gitterstäben geschützt wurde. Kurzum: Das, was vor vierhundert Jahren vielleicht einmal als Sicherheit gedient hatte.
    Doch wieso? Genug Leute kamen hierher, sahen all die moderne Sicherheit und ihre Gedanken, ihre Wahrnehmung der Sicherheit formte das heutige Bild im Astralraum. Es sah sicher nicht so aus.
    „Der kleine Wicht hat die Wände an die gute alte Zeit erinnert“, grummelte der Geist des Gebäudes. „Ich konnte nichts dagegen tun.“
    Joanne runzelte die Stirn. Der Fae war fähig gewesen, den Ort selbst – ohne Einfluss auf den Patron zu nehmen – daran zu erinnern, wie er einmal ausgesehen hatte? Das war höhere Magie. Aber es erklärte, wie er in den Tresorraum gekommen war.
    „Was ist mit dem Gebäude selbst? Hat er dort dasselbe gemacht?“, fragte sie.
    Der Geist seufzte schwer. „Nein. Schlimmer.“ Er wandte sich von dem Trauerspiel der alten Sicherheitsvorkehrungen ab und ging die Treppe hinauf. Oben angekommen ging er in die Haupthalle hinein, wo der Geist der alten Dame ihm missmutig zunickte.
    Er ging zur nördlichen Wand des Gebäudes und hob ein hölzernes Regal an, setzte es zur Seite. „Da.“ Er zeigte anschuldigend auf ein etwa fünfzehn mal zehn Zentimeter großes Loch in der Wand, das beinahe aussah wie ein Tunnel.
    Der Fae hatte sich also durch die äußere Wand gearbeitet, die – anders als die inneren Wände – auch im Astralraum solide war und keinen Weg nach außen ließ.
    „Und, was machen Sie daraus?“, fragte der Geist.
    „Wir haben es mit jemanden mit handwerklichem Geschick zu tun“, erwiderte Joanne und besah sich das Loch genauer. Es wirkte, als hätte sich jemand mit Hammer und Meißel durch die Wand gearbeitet. Wie auch immer der Fae das geschafft hatte. Und warum? „Ich werde mir das ganze genauer ansehen“, versprach sie dann. Sie schloss ihre Augen und konzentrierte sich auf eine bekannte, warme Energie. „Pukk?“, rief sie dann.
    Die Energie kam auf sie zugeschossen, war wenige Sekunden später bei ihr und hatte die Gestalt eines kleinen, jugendlich wirkenden Mannes – fast noch ein Kind – der an einen eingeborenen Amerikaner erinnerte. „Sehr wohl, Chefin! Was kann ich für dich tun?“
    Der kleine Geist hatte ihr vor einigen Jahren Treue geschworen und befasste sich seither meistens damit, ihren Kaffee zu wärmen. Er freute sich jedoch über jede Hilfe, die er bieten konnte.
    „Dreh dich um“, meinte sie sanft.
    Er tat, wie ihm geheißen und stand vor dem Tunnel, der genau die richtige Größe für ihn hatte. „Bei Whope!“, rief er aus. „Wer hat das denn gemacht?“
    „Jemand, der Ihnen sehr ähnlich sieht“, murmelte der Patron.
    „Ich garantiere Ihnen, dass es Pukk nicht war“, meinte Joanne gutmütig. „Aber er wird mir helfen, den eigentlichen Täter zu finden.“
    „Natürlich werde ich das!“, versicherte der kleine Feuergeist mit Begeisterung.
    „Kannst du dem Gang bitte folgen und am anderen Ende auf mich warten?“, fragte sie. Immerhin konnte sie auch im Astralraum nicht durch einen so schmalen Durchgang kriechen. Sie würde außen um das Gebäude gehen müssen.
    „Natürlich, Chefin!“ Er salutierte, hielt dann aber inne. „Du weißt schon, dass es draußen schneit, ja?“
    „Ich werde ganz schnell da sein“, versprach sie, woraufhin er entschlossen nickte.
    Und so ging Joanne durch die Eingangshalle zur Ausgangstür, verließ das Gebäude durch den Vorraum und ging draußen durch den Schnee, der im Astralraum keine Feuchtigkeit brachte, sondern viel eher die Idee der Kälte und das Versprechen von Schneeballschlachten.
    Sie fand Pukk schon sehr bald vor einem zur Seite gerollten Stein stehen, die Arme verschränkt. „Hierhin führt der geheime Pfad, Chefin.“
    Sie kniete sich hin und besah die Außenwand, wo sich ein Loch in ähnlichen Abmessungen am Boden befand.
    Hier war der Eindringling also rein und raus gekommen. Er musste durchaus Kräfte haben, wenn er die Wand so hatte durchdringen können, von dem Trick im Tresorraum ganz zu schweigen. Wahrscheinlich waren seine Kräfte jedoch rein auf die Umgebung bezogen, wie es bei vielen Fay war.
    Sie kniete sich hin und bot Pukk eine Hand an, damit er auf ihre Schulter klettern konnte und in ihrer Wärme ein wenig vor der astralen Repräsentation des Schnees geschützt war. Dann schloss sie die Augen und versuchte die Magie des Eindringlings zu erspüren. Er war hier mehrfach durchgekommen, hatte einige Energie darauf aufgewendet, den Durchgang zu schaffen. Vielleicht hatte er so eine Spur hinterlassen.
    Das Schlurfen eines Strohhalms in einem halbleeren Getränkebechers riss sie jedoch aus ihrer Konzentration. Sie sah auf.
    Ein Mann stand neben ihr. Groß gewachsen. Abstehendes Haar. Kurze Daumen. Mit dem Gesicht eines asiatischen Affen und einem dazu passenden Schwanz. Gekleidet in eine buddhistische Mönchsrobe, aber mit einer Sonnenbrille auf der dicken Affennase. In der Hand hielt er einen Getränkebecher, der offenbar einem McDonalds entstammte.
    „Da war jemand sehr entschlossen“, kommentierte der Affenkönig.
    Er musste sich gelangweilt haben, dass er bei einer solchen Sache herkam. Normal war er erst dann bei ihr, wenn sie in einen Kampf verwickelt war. Oder, wenn er eine Aufgabe für sie hatte.
    Sie seufzte. „Das kann man wohl sagen. Ich nehme an, es war ein Fae.“
    „Ja, das könnte gut sein“, stimmte der Affenkönig zu.
    „Und was machst du hier?“
    „Langeweile“, bestätigte er ihre Vermutung. Er drückte ihr den Becher in die Hand, machte einen Handstand und besah sich das Loch aus dieser Perspektive. Er legte den Kopf schief und lief dann – auf den Händen – etwas in Richtung der im Astralraum praktisch leeren Straße. „Da schau mal einer an.“
    „Was?“, fragte sie.
    Er sah sie schweigend an. „Schau selbst!“
    Sie verdrehte die Augen. Von allen Schutzgeistern hatte sie den Clown erwischen müssen. Doch sie sah zu Boden, da, wo er langgegangen war und konnte tatsächlich etwas erkennen. Einen grünlichen Schimmer, der wie ein Nebel über dem Boden hing und zur anderen Straßenseite führte. Also lief sie los.
    „Gern geschehen!“, rief Wukong ihr hinterher. Doch sie ignorierte ihn. Meistens war es besser, ihn zu ignorieren.
    Auf der anderen Straßenseite verlief die Spur in Richtung Westen, ehe sie bei einer Straßenkreuzung Richtung Süden fortfuhr. Sie folgte. Vielleicht war der Einbrecher ja noch in der Nähe. Auch wenn sie nicht wirklich daran glaubte. Wenn sie eine Sache in ihrem Leben gelernt hatte, dann war es: Nichts ist so einfach, wie man es gerne hätte. Nichts.

  • Seargant Richards, ein Mann Anfang fünfzig

    An dieser Stelle hätte ich mir so gerne die Namen notiert, um sie mit den Polizisten in der Haupthandlung zu vergleichen.
    Ich habe nämlich keinen Plan wie die nochmal hießen.

    Fünfzig-Pfund-Kraniche? Sie musste leicht grinsen.

    Ist das ein Pun?
    Vielleicht möchte der Geist/Kobold/was auch immer ja 1000 falten und sich dann was wünschen?

    „Irgendeine Art von Fae. Fee. Pixie. Puck. So etwas in der Art.“

    Laut Overly Sarcastic kann das alles mögliche sein. Wenn man sich die Darstellung von Feen im ursprünglichen Sinn ansieht.
    Kann nicht schlimmer sein als Tinkerbell, die permanent versucht Irgendwen umzulegen.

    Sie öffnete die Augen und fand sich im Astralraum wieder. Jener geisterhaften Spiegelung er physischen Welt, die man durch Spiegel am einfachsten erreichen konnte.

    Wie gesagt, gut dass der Spiegel kein Silberspiegel war. Nett dass man sich nun dieser Methode widmet.

    ohne Einfluss auf den Patron zu nehmen – daran zu erinnern, wie er einmal ausgesehen hatte?

    Das klingt nach einer interessanten Mechanik.
    Und der Geist des Gebäudes erinnert mich an die Sagen der russischen Domoviye (Name musste ich nachschlagen) und des Wichtelmänchens.
    Wobei dieser Geist vielmehr das Gebäude selbst zu sein scheint. Was mit ihm wohl passiert, wenn man ihn abreißt? Auf jedenfall sehr interessant, ich nehme an dass es auch seinen Ursprung in irgendeiner Irischen, oder englischen Sage hatte.

    Auf der anderen Straßenseite verlief die Spur in Richtung Westen

    lol

  • Antwort:


    Ich antworte jetzt schon einmal kurz.


    Danke für den Kommentar, Sunaki! :D


    [SPOILER=Antwort]

    An dieser Stelle hätte ich mir so gerne die Namen notiert, um sie mit den Polizisten in der Haupthandlung zu vergleichen.
    Ich habe nämlich keinen Plan wie die nochmal hießen.

    Kek. Na ja, die Polizisten hier sind alle Scotland Yard Special Devision. Die kommt später noch vor, kamen bisher aber nicht bei Kyra vor.



    Ist das ein Pun?
    Vielleicht möchte der Geist/Kobold/was auch immer ja 1000 falten und sich dann was wünschen?

    Jap. Das ist ein Pun ;)
    *hüstel* Ja, so in etwa. Wart's ab!



    Laut Overly Sarcastic kann das alles mögliche sein. Wenn man sich die Darstellung von Feen im ursprün

    (Meh, meiner Laptop und Sachen markieren. Du weißt, was ich zitieren wollte)
    Ja, Feen können teilweise tückisch sein. xD


    Wie gesagt, gut dass der Spiegel kein Silberspiegel war. Nett dass man sich nun dieser Methode widmet.

    Warum sollte Joanne ein Silberspiegel schaden? ;) Sie ist kein Shapechanger.


    der Geist des Gebäudes erinnert mich an die Sagen der russischen Domoviye (Name musste ich nachschlagen) und des Wichtelmänchens.
    Wobei dieser Geist vielmehr das Gebäude selbst zu sein scheint. Was mit ihm wohl passiert, wenn man ihn abreißt? Auf jedenfall sehr interessant, ich nehme an dass es auch seinen Ursprung in irgendeiner Irischen, oder englischen Sage hatte.

    Das siehst du absolut richtig. Seki freut sich, dass du den erkannt hast ;)


    lol

    Gut bemerkt xD