>>Stille Wasser gründen tief<<
Guten Tag, Menschen und andere Wesen - herzlich willkommen in meinem Kurzgeschichten & Gedichte Topic! Ich freue mich, euch hier am Meeresgrund begrüßen zu dürfen und hoffe, ihr schaut euch noch etwas um (:.
Beginnen wir doch mit einer kleinen Vorstellung meinerseits; ich bin Naoko, auch bekannt als das Nao, und aktuell sechszehn Jahre alt (Aktualisierung ggf. fehlend). Ich schreibe bereits seit meiner Kindheit kleinere Geschichten, doch wirklich gut waren diese nie. Im Laufe meiner BisaBoard-"""Karriere""" habe ich mich auch das ein oder andere Mal an einem Wettbewerb im Fanfiction-Bereich versucht, doch immer erfolglos. Oktober 2015 startete ich dann eine Fanfiction mit dem Namen "Princess" auf Fanfiktion.de. Diese erfreute sich großer Beliebtheit und ich erhielt eine menge positiver Kommentare, weswegen ich neuen Mut fasste und 2016 an einigen Wettbwerben im Bereich teilnahm. Ich gewann sogar den ein oder anderen dieser. Bereits damals wollte ich ein Topic erstellen, doch schob ich es immer wieder auf und so kam es nie dazu. Am Ende schaffte ich es sogar, am Saisonfinale teilzunehmen und erreichte den neunten Platz.
2017 entschied ich mich dagegen, wieder an Wettbewerben teilzunehmen, da ich 2016 sehr viel Zeit in Kurzgeschichten und Fanfictions investiert und mich die Motivation verlassen hatte. Innerhalb der letzten Monate schrieb ich auch kaum. Doch in den letzten Tagen habe ich aufgrund der BBO wieder etwas Lust bekommen zu schreiben und dieses Mal werde ich auch alles in diesem Topic veröffentlichen <:.
Nun, was schreibe ich so? In erster Linie Kurzgeschichten mit Fandombezug oder Slice of Life. Fantasy, das keinem Fandom entspringt, finde ich in kurzen Erzählungen immer etwas schwierig, da man sehr viele Details unterbringen muss - davon wird es also nicht viel geben. An Dramen möchte ich mich auch mal versuchen, da ich diese recht interessant finde, aber da muss ich mich noch einarbeiten. Gedichte hingegen wird es weniger geben - ich kann einfach keine Gedichte schreiben ^^'.
Bevor ich weiterhin langweilige Dinge erzähle, kommen wir doch zu meinen Werken!
► [KG] Bird Set Free
► [Drabble] #01 - #09
► [Drabble] #10 - #16
► [Elfchen] Schneematsch
► [Gedicht] Die Geschichte der Unendlichkeit
► [KG] Die Geschichte des ganz wunderbaren Frederick
► [KG] Beernachten
► [KG] Puzzlestück
► [KG] Keine Rückkehr
► [Gedicht] Sternenlied
► [200 Zeichen] #01 - #06
► [Drama] Weltuntergangsbesprechung
>>I'll shout it out like a bird set free!<< (Bird Set Free, Sia)
Kurzgeschichte #01
Fandom: /
FSK: 6
Meine Abgabe zur vierten Runde der BBO mit dem Thema "Ein großer Erfolg" (:. Insgesamt konnte ich den echsten Platz erreichen, was doch gar nicht so schlecht ist, haha.
Shotout an @'Galileo' für's Betalesen und Verbessern der furchtbaren Grammatik ♥.
Es ist kalt und regnerisch – ein ungemütliches Wetter, bei dem niemand unterwegs ist. Gut, wenn man es genau nimmt, dann ist hier auch bei strahlendem Sonnenschein nie jemand zu sehen. Die einzigen Personen, denen man begegnet, sind Hundebesitzer, die es sich mit der Anschaffung ihres Haustieres auch zur Pflicht gemacht haben, bei Wind und Wetter spazieren zu gehen.
Ich wollte schon seitdem ich klein war immer einen Hund. Sie faszinierten mich, doch auch all das Betteln und Flehen brachte nichts – meine Mutter kaufte mir nie einen. Eigentlich könnte ich mir jetzt einen kaufen – einen kleinen, der sich immer wie ein Wahnsinniger freut, wenn ich heim komme.
Ich erreiche das Zentrum, wenn ein so kleines Örtchen so etwas überhaupt besitzt. Eine Kreuzung, eine Bäckerei und die kleine Bar – diese Elemente bilden die Dorfmitte, die nicht mal wirklich zentral liegt. Jeden Morgen ging ich auf meinem Weg zur Bushaltestelle hier über den Zebrastreifen. Ich verließ das Haus genau um sieben Uhr und dreißig Minuten und stand zwei Minuten später an der Bushaltestelle. Der Bus kam immer um Punkt sieben Uhr und sechsunddreißig Minuten. Er kam nie später. Wenn er um diese Uhrzeit noch nicht da war, dann kam er auch nicht mehr. Und da in diesem kleinen Dorf am Ende der Welt kein anderer Bus fuhr, bekamen wir frei. Wie oft schauten wir wohl nervös auf unsere Uhren hofften, dass er heute nicht kommen würde? Die Freude war groß, wenn die fünf Minuten, die niemand jemals festgelegt hatte, um waren und alle wie auf ein unsichtbares Kommando hin nach Hause gegangen waren. Genauso groß war auch die Enttäuschung, wenn der Bus pünktlich um die Kurve kam.
Was hassten wir es, jeden Tag zur Schule zu gehen. Oder zumindest taten wir so, denn eigentlich hatte keiner von uns eine schreckliche Zeit dort. Es stimmt mich etwas melancholisch, daran zurück zu denken und irgendwie vermisse ich die Schulzeit. Uni ist doch etwas ganz anderes als der Schulalltag.
Da der Wind stärker wird, knöpfe ich meinen Mantel zu. Ich habe mir einen wirklich furchtbaren Tag ausgesucht, um nochmal meine Mutter zu besuchen. Doch ich hatte tatsächlich Heimweh und war dem Drang, mein Heimatdorf zu besuchen, einfach gefolgt ohne mir größere Gedanken zu machen.
Hätte man meinem fünfzehn-jährigen Ich gesagt, dass es irgendwann freiwillig von der Stadt ins Dorf zurückkehren würde – sei es auch nur für einen Nachmittag – so hätte ich die Person wohl für verrückt erklärt. Damals fühlte sich das Leben auf dem Dorf an, als sei man eingesperrt. Man kam nicht weg ohne gefahren zu werden. Es sei denn, man wollte zwei Stunden zur nächsten Kleinstadt spazieren. Außer dem Schulbus gab es keine öffentlichen Verkehrsmittel, es gab keinen Supermarkt, nicht mal eine Bibliothek. Wenn man nicht in der Schule war, dann verbrachte man seine Freizeit damit, die Zeit irgendwie tot zu schlagen. Ich wünschte mir damals nichts sehnlicher, als in einer Großstadt zu wohnen.
Mein Weg führt mich die Straße hinauf. Eigentlich gehe ich immer weiter von meinem Haus weg, doch ich möchte die Chance nutzen, um mich nochmal etwas umzusehen. Es wirkt, als habe sich nichts verändert. Als wäre die Zeit all die Jahre, die ich fort war, über eingefroren gewesen. Auch jetzt ist sie weiterhin eingefroren.
Ich erreiche den kleinen Platz, an dem wir abends tranken und rauchten. Jugendsünden eben. Dinge, die man ausprobierte und danach bereute, aber man war jung und wollte das Leben genießen. Es war die Zeit im Leben, in der man das Nest verließ, in welchem man wie ein Nestling großgezogen wurde. Manche tasteten sich vorsichtig heran, andere sprangen einfach hinaus, doch eine Regel blieb für alle die gleiche: fliegen oder stürzen.
Aus meinem Mund stößt eine weiße Atemwolke aus. Was wohl aus den anderen geworden ist? Was haben sie aus ihrem Leben gemacht? Zu den meisten habe ich schon lange keinen Kontakt mehr. Er brach ab, als ich mit dem Abitur fertig war und meine Sachen zusammenpackte, um Umzuziehen. Ich ließ damals alles einfach hinter mir, ohne mir Gedanken darüber zu machen. Ich wollte einfach nur weg – weg von der Enge des Dorfes, wo jeder jeden kennt.
Ich setze meinen Weg fort. Der Regen hat nachgelassen und es nieselt inzwischen nur noch leicht, weswegen ich meine Kapuze zurückstreife und meine blonde Haarpracht aus dem Kragen ziehe. Ich färbte sie mir damals kurz nach meinem Umzug rein aus einem Impuls heraus. Vielleicht war es, weil alle immer sagten, dass meine roten Haare so schön seien, dass ich die Haare meiner Mutter hätte. Die Haare meiner Mutter und das Gesicht meines Vaters – die perfekte Tochter mit der perfekten Persönlichkeit vom Land. Eigentlich fehlte nur noch ein Bauernhof mit Tieren und Gemüsefeldern und eine perfekte Kleinfamilie. Allerdings besaß ich nie einen Bauernhof und auch keine perfekte Familie.
Die Straße steigt an und ich mache größere Schritte, um besser vorwärts zukommen. Der Wind reißt an meinen Haaren und raubt mir den Atem. Ich komme an den Häusern mit den kleinen gepflegten Vorgärten vorbei, in denen früher die älteren Leute lebten. Einige waren freundlich und schenkten einem Süßigkeiten, wenn man sich mit ihnen unterhielt, andere beobachteten einen garstig von ihrer Küchenbank durchs Fenster und sahen nach, ob man auch nicht ihren hübschen Garten zerstörte. Zumindest war das früher so, doch auch jetzt sehe ich ein aufmerksames Augenpaar, das mich mustert.
Eine gute Zeit lang folgt Haus auf Haus, während an meiner linken Seite hin und wieder ein kostspieliges Auto vorbei rauscht. Sicher verbarg sich in dem ein oder anderen Gefährt ein alter Bekannter, der hier zurück geblieben ist und jeden Tag mit dem von Opa gesponserten Audi zur Universität oder zur Ausbildung fährt. Zugegebenermaßen habe ich mir auch ein Auto gegönnt. Ein altes, bei dem man Angst haben musste, dass es jede Sekunde auseinander fallen könnte.
Ich lasse die Häuserreihe hinter mir und folge weiterhin dem Straßenlauf. Obwohl ich ohne wirkliches Ziel drauflosging, war es kein Wunder, dass ich gerade diese Straße aussuchte. Ich bin sie früher oft entlang spaziert, um meinen Onkel zu besuchen. Von der Straße, in der ich wohnte, mal abgesehen, ist das die Straße, die ich mit Abstand am besten kenne.
Der schicke Wagen meines Onkels steht in seiner Einfahrt, doch das offene Garagentor lässt vermuten, dass er gerade mit seinem Motorrad unterwegs ist. Schade, ich hätte gerne die Chance genutzt, um ihn nochmal zu treffen. Ich bleibe noch etwas in der Einfahrt stehen – so als würde ich darauf hoffen, dass er jeden Moment zurückkommt, doch nur seine Nachbarn kommen nach Hause. Ich nicke ihnen kurz zu bevor ich meinen Weg fortsetze.
Ich laufe an dem alten, verwitterten Bushäuschen vorbei, oder, besser gesagt, eher seinen Überresten. Früher konnte man zumindest noch erahnen, was es darstellen sollte, doch jetzt sind es nur noch ein paar Bretter, die fast magisch zusammenhalten. Es ist mir ein Mysterium wie dieses Konstrukt hält.
Direkt hinter den Ruinen biege ich links in eine kleine Seitenstraße ein. Inzwischen wird es mit der Zeit immer dunkler und kälter. Meine Mutter wartet sicherlich schon auf mich, doch irgendwie will ich noch nicht umdrehen.
Die Häuser, die hier stehen, sind eine ganz andere Liga als alle anderen Häuser im Dorf. Kleine Villen mit riesigen, elektronischen Gartentoren, damit der Porsche, der nicht mehr in die Garage passte, nicht von betrunkenen Jugendlichen zerkratzt wird. Dazu der platonische Rottweiler und das dazu gelieferte „Hier wache ich!“-Schild im gepflegten Vorgarten und das Bild ist perfekt. Früher empfand ich genau zwei Gefühle für die Bewohner dieser Häusern; Hohn, weil sie fast schon lächerlich perfekt waren und Neid, weil ich auch so perfekt sein wollte wie sie oder vielmehr dieses scheinbar perfekte Leben leben wollte, das diese Menschen führten. Wie reiche Menschen unglücklich sein konnten, war mir ein Rätsel.
Das Einzige, was ich früher wie heute für sie empfinde, ist Unverständnis. Wie kann man nur in dieses Örtchen am Ende der Welt ziehen, wenn einem die ganze Welt offen steht? Hätte ich das Geld, würde ich schon längst in New York oder Tokio leben, aber doch nicht hier am Ende der Welt.
Es beginnt erneut zu regnen, dieses Mal heftiger als zuvor. Es schüttet geradezu. Ich ziehe mir die Kapuze hastig über den Kopf und eile in der Hoffnung dem Schlimmsten noch zu entgehen, in Richtung Heim los. Als ich am Haus meines Onkels vorbeilaufe, ruft jemand plötzlich meinen Namen.
Eine ehemalige Klassenkameradin hat das Fenster geöffnet und blickt zu mir auf die Straße. Ich habe ganz vergessen, dass sie direkt neben meinem Onkel wohnt. Sie winkt mir zu, deutet auf die Haustür und sie verschwindet wieder. Ihrer Anweisung folgend erklimme ich die Stufen zur Tür, die sich wenige Sekunden später öffnet.
Es fühlt sich an, als wäre ich Ewigkeiten nicht mehr hier gewesen. Doch auch hier ist die Zeit eingefroren; alles ist, wie es vor Jahren auch war. Ich folge ihr die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Ich weiß wieder genau, wo es ist. Ich war früher oft hier, wenn ich Streit mit meiner Mutter hatte und mein Onkel arbeitete. Hier gab es immer eine offene Tür für mich. Ich fiel tief in meinem Leben. Ab einem gewissen Punkt wartete ich eigentlich nur noch auf den Aufprall auf den harten Boden, doch bewahrte man mich vor diesem Erlebnis. Ich habe in meiner Abwesenheit ganz vergessen, was manche Menschen für mich taten – was ich alles Gutes in meinem Leben erleben durfte.
Zu zweit sitzen wir nun auf ihrem Bett.
„Ganz wie früher, was?“ Sie lächelt mich an.
Ich nicke. „Das bringt Erinnerungen zurück.“
„Gute oder schlechte?“ Obwohl ihre Stimme ernst ist, grinst sie.
Ich denke kurz nach, ehe ich antworte.
„Beides“, erwidere ich, füge dann jedoch mit einem Grinsen hinzu, „aber eher schlechte.“
„Pubertät ist eine furchtbare Zeit.“ Sie kichert etwas.
„Die Schlimmste von allen; aber hey – wir haben sie hinter uns gebracht!“ Ich überschlage meine Beine und lehne mich etwas zurück; meine anfängliche Anspannung ist verschwunden.
„Und du hast dir deinen Traum erfüllt und bist in die Großstadt gezogen, was?“ Gut zu wissen, dass meine Familie auch nach meinem Umzug das Dorf über mein Leben auf dem Laufenden hält.
„Genau.“ Ich lasse mich auf den Rücken fallen. „Ich bin so froh hier raus zu sein.“
„Ich glaube, ich folge deinem Beispiel. Ich halte das so langsam nicht mehr aus! Diese ganzen alten Leute machen mich richtig depressiv mit ihren komischen Geschichten!“
Ich lache. Sie steigt mit ein, sodass wir nun wie früher zusammen lachen.
In einem Dorf, in dem die Zeit stehen geblieben ist, doch dieses Mal ganz ohne Fesseln, denn mir sind Flügel gewachsen, als ich wie ein Nestling mein Nest verließ und ich lernte, zu fliegen.