Geschichten aus Killyganard
Vorwort
Liebe LeserInnen. Dies ist meine Geschichte. Vor rund zwei Jahren begann ich damit, einen Fantasy-Roman zu schreiben, und habe nach und nach Kapitel geschrieben. Vermutlich werde ich die ersten paar Kapitel hier veröffentlichen.
Die Geschichte handelt von Ilyana und ihrer Rolle und Werdegang in Shorehams Armee. Ihre Erlebnisse, ihre Taten, ihre Liebeleien, etc
Über Feedbacks, sowohl negativer als auch positiver Art, freue ich mich sehr
Charaktere:
Ilyana: Ilyana ist die Hauptfigur der Geschichte. Anfangs sehr schüchtern, findet sie ihren Platz nach und nach in den Reihen der Armee. Sie ist sehr talentiert in der Magie und sehr intelektuell.
Rita und Ruby: Die eine Stur und kühl, die andere etwas verrückt und sehr emotional. Die Walbeisser Zwillinge könnten unterschiedlicher nicht sein. Zusammen bilden sie ein unschlagbares Duo.
Bersi: Bersi ist der Anführer aus Einheit 13 und ein Magier. Er ist streng, sehr hübsch, und ein wahres Wunderkind. Sein Verhalten ist eher reserviert, doch zeigt er grosses Interesse an Ilyanas Entwicklung.
Iolan: Iolan ist ein einfacher Soldat und eine sehr ausgeglichene Person. Er hat einen starken Ehrgeiz und ist sehr loyal gegenüber Shoreham.
Victor: Ein Rekrut in jungen Jahren. Gutaussehend, aber auch sehr hitzköpfig. Was ihm an Klugheit fehlt, macht er durch Stärke weg.
Gabriel: Ein erfahrener Scout und guter Freund von Fred. Gabriel hat schon viel in seiner Dienstzeit erlebt und ist stets für Scherz zu haben.
Fred: Ein ausgezeichneter Spion und Schurke. Er gibt nie mehr Informationen von sich als nötig. Er verspührt eine starke Loyalität gegenüber Bersi.
Abigail: Eine aufstrebende Magierin, die eine tiefe Freundschaft zu Ilyana entwickelt. Wird von ihrer Familie oft als Schwarzes Schaf bezeichnet, da sie die einzige Nicht-Kämpferin ist.
Allgemeine Informationen
Copyright:
Die Geschichte, mitsamt aller Charakteren und Orten, gehören mir und sind mein geistiges Eigentum. Das Weiterverbreiten ohne meine Einverständnis ist zu unterlassen.
Altersempfehlung:
18+ (Gewalt, Sexualität, Drogen unterschiedlicher Art)
Genre:
Fantasy / Drama
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Akt 1: Die drei Reiche
Kapitel 1 – Neue Freundschaften
Da saß sie nun. Der Grüne Goblin war leer, abgesehen von ihr selbst. Noch war sie sich unsicher, ob es wirklich eine gute Idee war nach Shoreham zu gehen. Es waren die Elfen, die es ihr geraten haben. „Gehe nach Shoreham, Ilyana“, erinnerte sie sich, „nur so kannst du deine Fähigkeiten verbessern.“ Ilyana war eine Magierin. Sie war talentiert, allerdings hauptsächlich in der Theorie. Sie wusste nur wenig davon wie sie mit Magie umgehen sollte im Ernstfall. Da Elfen hunderte von Jahren leben konnten, studierten viele von ihnen lange Zeit nur die Theorie der Magie. Ihre ersten Zauber machten die meisten erst in einem Alter von 200 Jahren – und so viel Zeit hatte Ilyana schlicht nicht.
Sie seufzte und dachte wieder an die Elfen. Wie war sie überhaupt zu ihnen gekommen? Der Elfenhain liegt irgendwo in den Wäldern von Stroud, nur auffindbar von jenen die bereits wissen wo er sich befindet. Doch irgendwie stolperte Ilyana vor 17 Jahren als kleines Mädchen direkt in den Elfenhain. Keiner wusste, wie ihr dies gelingen konnte. Doch nahmen sie die Waise bei sich auf.
Schon früh erkannten sie Ilyanas Talent für die Magie und lehrten sie, diese Fähigkeiten zu verbessern. Sie verließ den Hain nicht gerne, doch folgte sie dem Rat ihrer Lehrer …Noch hatte sie kein klares Ziel vor Augen, abgesehen von der Weiterentwicklung ihrer magischen Fähigkeiten.
Die Taverne Grüner Goblin hatte ihren Namen durchaus verdient. Dunkle Tannenhölzer zierten den Boden und weißer Pflaster formten die Wände. Die Tische und Stühle allerdings waren allesamt aus Eichen gezimmert und mit dunkelgrüner Farbe bestrichen. Im Elfenhain kannte sie keine Tavernen, aus Büchern jedoch wusste sie, dass diese oft Sammelpunkt von jeden mengen Leuten war, wo gespielt, gelacht, getrunken und gegessen wurde, alles in Begleitung von lauter Musik aus Fiedeln, Trommeln und Lauten.
Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen als plötzlich die Tür des Grünen Goblin aufgerissen wurde. Vor Ilyana stand nun ein großer, kräftiger Mann, Mitte 40, mit braunem Pferdeschwanz und einem verschmitzten Lächeln. Es war kein geringerer als Kommandant von Shorehams Armee, Raiden Morana. Ilyana erhob sich von ihrem Barhocker und verbeugte sich. „Ich habe gehört hier soll sich ein neuer Rekrut befinden, bist du das, kleines Mädchen?“, sagte Raiden, während er auf sie zukam. „J-ja, mein Herr“, erwiderte Ilyana mit zittriger Stimme. „Raiden setzte sich neben sie und gab ihr ein Handzeichen, es ihm gleich zu tun. Er holte einige Papiere aus seiner Tasche und musterte Ilyana von Kopf bis Fuß. Sein Lächeln verschwand. „Bist du sicher, dass du das Zeug dazu hast, Mädchen? Du siehst aus als ob du mit Leichtigkeit von einer Ziege in der Luft zerfetzt werden könntest.“
In der Tat. Ilyana war alles andere als eine kriegerische Gestalt. Sie war mager, ihre Nägel brüchig und der Blick müde. „Ich bin keine Kriegerin, Herr, sondern eine Magierin.“ „Ah, hätte ich mir denken können wegen dem Haar.“ Ilyana hatte sanft blau-violettes Haar. Viele Magier hatten eine außergewöhnliche Haarfarbe und Ilyana war da keine Ausnahme.
„Nun denn“, fuhr Raiden fort, „Dann wollen wir uns mal um die Formalitäten kümmern, nicht? Also, vollständiger Name?“ „Ilyana Ashelia Susannah Lyn Melior.“ „Und dein Alter, Ilyana?“ „Ich bin 24.“ „Dein Geburtsort?“ „Ich stamme ursprünglich aus Durrun.“ „Aus Durrun, eh? Du bist doch nicht etwa eine Spionin?“ Ilyana schüttelte den Kopf. „Ich wurde in Durrun geboren, lebte aber beinahe die letzten zwei Dekaden unter Elfen, mein Herr.“ „Elfen… Naja, immerhin etwas besser als Durrun.“, lachte Raiden etwas abwertend.
Die Republik Durrun und die Baronie Shoreham waren zwei von den drei nördlichen Reichen Killyganards. Seit dem Machtkrieg um Steggerhult, in dem Shoreham als Sieger hervorging, waren Durrun und Shoreham in einem sehr angespannten Klima. Jedoch verfügte keine der beiden über die Mittel den anderen anzugreifen. „Nun, sieht so aus als ob wir du- Nein, das ist noch eine Frage.“ Raiden schaute über die Papiere und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Da steht: Falls weiblich, dringend nach Masse fragen. Hah! Da handelt es sich wohl um eines von Bersis Papieren. Wie dem auch sei, mach dein Zeichen bitte hier, Ilyana.“ Raiden übergab ihr seine Feder und zeigte auf eine Linie ganz unten auf den Papieren. Er nickte zufrieden und gab ihr die Hand. „Willkommen in der Armee von Shoreham, junge Magierin! Ein Leben voller Abenteuer oder ein kurzer schmerzhafter Tod erwartet dich. Wie fühlst du dich?“ „Nun, ich bin etwas hungrig. Ich habe seit über dreißig Minuten nichts mehr gegessen.“ Raiden lachte laut und gab ihr einen Klaps auf den Rücken, so dass sie beinahe umkippte. „Das ist die richtige Einstellung.“ Raiden war es noch nicht ganz klar, aber Ilyana war es todernst mit dem Hunger. Sie hatte nämlich die Angewohnheit niemals satt zu sein. Egal wie viel sie aß, und das war normalerweise sehr viel, sie hatte stets Hunger.
„Nun denn, Ilyana. Dann wollen wir dich mal ordentlich ausrüsten. Ich teile dich in Einheit 13 ein. Sie wird derzeit von Bersi angeführt und kann nach dem letzten Scharmützel neue Rekruten gebrauchen.“ Raiden gab ihr zu verstehen ihm zu folgen und die beiden verließen den Grünen Goblin, jene Kneipe, in der sich Ilyana oft aufhalten würde. Die beiden gingen durch Shoreham und wann immer ihnen jemand entgegenkam, verbeugten sich die Menschen in großer Ehrfurcht vor Raiden. In der Tat, Raiden war ein großer Mann. Seine Taten rangen weit über Shorehams Grenzen hinaus. Selbst die Elfen kannten ihn gut.
Als sie endlich bei der Kaserne ankamen, dem Hauptquartier von Shorehams Armee, salutierten zwei Wachposten Raiden zu: „Gegrüßt sei Kommandant Morana!“ Raiden erwiderte den Salut und gab ihnen Anweisung sich zu rühren. Die Kaserne bestand aus steinernen Wällen und diversen Holzverkleidungen zur Verstärkung. Sie gingen die steinerne Treppe hoch und betraten eine große Halle, geschmückt mit Tischen und Stühlen und Flaggen von Shoreham, ein schwarz-braunes Karomuster mit dem Kopf einer Ziege, die nach Westen schaute, an der Wand. In der Halle selbst standen mehrere Soldaten, die Raiden auf dieselbe Weise grüßten wie die beiden Wachposten. „Bersi, komm mal her.“ Raiden rief den Mann zu sich. Bersi war ebenfalls ein Arkanist, genauer gesagt Arkanist Korporal. Arkanisten waren eine der drei Elitetruppen von Shoreham. Ilyana würde der Truppe ebenfalls eines Tages beitreten, sobald ihre Mitstreiter ihren strategischen Intellekt erkennen würden. Bersi hatte braunes Haar, tiefbraune Augen, und ein sehr schönes Gesicht. „Ja, Kommandant?“, sagte Bersi, während er auf Raiden zuging und sein Blick auf Ilyana fiel. „Ein neuer Rekrut?“ Raiden nickte. „Das ist Ilyana, eine Magierin. Sei doch so gut und nimm sie heute auf den Grenzgang mit.“ Bersi nickte und streckte Ilyana die Hand zum Gruß aus. „Freut mich sehr Ilyana. Ich bin Bersi, Arkanist Korporal und momentaner Anführer von Einheit 13.“ Während er die sagte, deutete er über seinen Rücken und zeigte auf einige Gesellen. „Wie du siehst, sind wir über jede Verstärkung froh.“ „Nun denn“, fiel Raiden ein, „ich habe noch jede Menge Papierarbeit vor mir. Gutes Gelingen! Ich hoffe gutes von dir zu hören, Ilyana.“
Raiden verließ die große Halle und überließ Ilyana ihrer neuen Einheit. „Nun“, begann Bersi, „dann wollen wir dich mal allen vorstellen, nicht? Die beiden hier sind Ruby und Rita Walbeisser.“ Er zeigte dabei auf zwei rothaarige Frauen, offensichtlich Zwillinge. „Ruby ist etwas verrückt und weis sich nicht zu benehmen, während Rita sehr kalt und distanziert ist“, flüsterte Bersi Ilyana ins Ohr. „Freut mich euch kennen zu lernen. Ich bin Ilyana.“, begann sie und salutierte vor ihnen. Rita würdigte ihr nur einen kurzes nicken, während Ruby auf sie ging und begann an ihr zu schnüffeln. „Du riechst nach Magie. Bist du auch so eine Flammenwerferin wie Bersi?!“, fragte Ruby und fuhr sofort weiter, „Moment! Ich rieche noch etwas! Du hattest kürzlich Schinken! Wo ist der Rest des Schinkens und warum gibst du mir nichts davon ab?!“ „Ich, ähm…“
„Ignorier sie.“, fiel ihr ein junger Mann ins Wort. „Ruby ist manchmal etwas sehr forsch. Ich bin Iolan Grimsditch aus Altmere. Freut mich sehr, dich kennen zu lerne.“ Iolan salutierte und Ilyana tat es ihm gleich. „Ruby“, begann Bersi nun wieder, „sei doch so gut und richte Ilyana ordnungsgemäß ein. Ach übrigens, wo ist der Rest?“ „Du hast sie doch losgeschickt die Orks im Süden im Auge zu behalten.“, entgegnete Rita. Bersi kratze sich am Kinn und brachte nur ein kleines Uh huh aus sich raus. „In zehn Minuten will ich alle unten sehen!“
Mit diesen Worten ging Bersi nach draußen, während Ilyana und Ruby in die Rüstkammer gingen. Ruby musterte Ilyana kurz und legte den Kopf auf die Schultern. „Viel Speck ist ja nicht grad an dir. Aber ich glaube ich habe hier noch was, was dir passen könnte.“ Ruby öffnete eine Truhe und nahm ein komplettes Set nach vorne. Dazu gehörte eine schwarze Lederrüstung für Magier, für Männer und Frauen natürlich unterschiedlich geschnitten, dunkelbraune Stiefel, ein leicht gebräunter Kilt, eine Schärpe mit Rang und Abzeichen in derselben Farbe, so wie ein Bandana für tiefranginge Soldaten. Die Uniformen unterschieden sich von Truppe zu Truppe, wie auch von Waffennutzung und Rang. „Ich denke du willst mal Arkanistin werden, stimmt’s?“ fragte Ruby ohne eine Antwort abzuwarten. „Dann wirst du irgendwann solche rötlichen Stulpen und Lederhandschuhe wie Bersi kriegen. Ich selber bin ja eher der rumschleichende Typ. Mein Ziel ist es, der beste Scout zu werden, den Shoreham je gesehen hat. Dann krieg ich endlich meine grasgrüne Lederrüstung und bin erst recht unsichtbar, wenn ich mich durch den Dreck schleichen kann“, erwähnte Ruby mit einem breiten Grinsen. „Und deine Schwester?“ fragte Ilyana. „Sie ist ein Grenadier, die selbsterklärten Helden Shorehams. Grenadiere sind meistens gute Schützen und gleichzeitig für den Nahkampf trainiert. Wie du gesehen hast, trägt sie eine schwarze Plattenrüstung mit bronzenen Plattenarmen und -handschuhen. Sie glitzert wie Schnee in der Sonne und ich denke, sie könnte sich nicht mal an jemanden ran schleichen, selbst wenn dieser taub und blind wäre.“
Die Karriere eines Soldaten begann jeweils als Rekrut und weiter als Wachmann. Diese beiden Ränge trugen eben genanntes Bandana. Jene, die lange genug lebten um sich Shorehams Kappe zu erwerben, waren Junioren. Junioren wurden einer Truppe zugeteilt oder aber als Kerneinheit beibehalten, sollten sie nicht zuteilbar sein. Weitere Ränge waren Regular, Senior, und Hardner, wobei letzter nur die wenigsten wurden und selbst als Legende zählten.
Ilyana legte ihre alten Kleider ab und lies sich von Ruby die Uniform geben, wobei sich keiner der beiden für den nackten Körper genierte. Ilyana passte die Uniform wie angegossen und als sie sich das Bandana straff anzog, wandte sie sich Ruby zu, die ihr mit einem Daumen nach oben zu verstehen gab, dass es ihr stand.
Außerhalb der Kaserne reihten sich die drei Frauen und Iolan vor Bersi auf. Während Ilyana versuchte nach vorne zu schauen und gleichzeitig die Haltung der anderen zu kopieren, fing Bersi an zu reden: „Sehr schön, dass ihr zwei es auch noch geschafft habt. Wie ihr wisst, ist das Volk von Altmere voller weinerlicher Bauern. Sie jammern ständig darüber, dass die Steuern zu hoch sind, sie nicht genug Schutz erhalten, oder ihr Vieh zu wenig Wasserstellen hätten. Es ist, als ob sie sogar darüber jammern würden, dass sie nichts zu jammern hätten, wenn es nur so wäre. Wie dem auch sei. Wir werden an die südliche Grenze von Altmere gehen und den Grenzposten verstärken. Alle verstanden?! Dann geht’s im Eilmarsch los!“
Bersi rannte voran und der Rest ihm nach. Ilyana war es nicht gewohnt, sich körperlich groß zu bewegen, da sie die meiste Zeit damit verbrachte, ihre Nase in irgendwelche Bücher zu stecken, worauf hin sie auch starke Atemprobleme bekam. „Nicht das du mir zusammen klappst, ja?“, wandte sich Iolan an sie. Sie antwortete mit einem leichten Kopfschütteln. Nach etwa einem einstündigen Marsch kamen sie am Außenposten zu Altmere an. Ein kleiner Steinturm mit einigen Betten im Inneren und einer Leiter um auf das Dach zu gelangen. „Rita!“, begann Bersi, „Sei doch so gut und unterrichte Ilyana darüber, wie wir normalerweise unsere Grenzen verstärken.“ Rita hob ihre Axt über ihre Schulter und schaute leicht seitlich zu ihr: „Mittels Holz und Fellen.“ „Korrekt. Wir errichten eine kleine Palisade um diesen Außenposten im Falle eines Falles die inneren lange genug zu schützen, bis die Haupteinheit von Süden her eintrifft. Rita und Iolan, ihr geht Holz sammeln, während Ruby und Ilyana sich um die Felle kümmern.“ „Und woher soll ich die Felle herkriegen?“, fragte Ilyana. Bersi schaute sie schief an und schmunzelte. „Was glaubst du denn? Geh ein paar Hirsche erledigen und nimm dir ihre Felle. Du weißt doch hoffentlich wie man Tiere häutet, oder?“ Ilyana wurde bleich und schüttelte den Kopf. „Na schön, dann lass es dir von Ruby zeigen. Und jetzt los alle! Ihr habt drei Stunden Zeit!“
Ruby und Ilyana verschwanden im nahegelegenen Wald. Während sie in der Ferne die Äxte von Rita und Iolan hörten, die unnachgiebig gegen Bäume donnerten, schlichen Ruby und Ilyana auf leisen Sohlen durch den Wald. Ilyana war keine Jägerin, das war ihr deutlich anzusehen. Ruby jedoch hatten einen äußerst starren Blick, stets einen Pfeil bereit in der Sehne des Bogens. Direkt vor einer Lichtung blieb Ruby stehen und hob die Hand um Ilyana klar zu machen, sich nicht zu bewegen. Im hohen Gras ragte der Kopf eines Hirsches hervor, der seine Widersacher nicht witterte. Sie spannte den Bogen und Ilyana schaute dabei auf Rubys Haltung. Sie wirkte gleichzeitig entspannt und konzentriert. Eine fließende Bewegung und sie feuerte einen Pfeil, der sich mitten in das Herz des Hirsches bohrte. „Mahlzeit!“, rief sie und rannte auf den Kadaver zu. „Komm her jetzt Kleine. Ich zeig dir wie das mit dem häuten geht. Zuerst schneidest du hier rein, siehst du? An allen vier Hufen. Dann ein sauberer Schnitt an den Waden entlang.“ Ruby erklärte weiter und Ilyana versuchte dabei ihren ohnehin schon leeren Magen nicht noch einmal leerer zu gestalten. Obwohl es kein schöner Anblick war, war es dennoch einer der saubersten Wege an die Felle zu kommen, ohne alles zu verbluten.
Als Ruby fertig war, nahm sie als letztes den Skalp des Hirsches an sich und setzte es sich auf den Kopf – noch völlig ungewaschen. Bersi hatte Recht, als er sagte, Ruby sei etwas verrückt. „Das soll meine Trophäe sein, jawohl!“ Ruby grinste breit und stopfte die Felle in ihre Tasche. „Also gut, hier hast du ein Messer!“, sagte sie und warf dabei das blutige Messer vor ihre Füße. „Ich geh weiter jagen. Ich denke wir kriegen mehr Felle zusammen, wenn wir getrennt jagen. Schau einfach gen Himmel hin und wieder. Wenn die Sonne ganz oben steht, solltest du langsam zurück zum Außenposten.
Während Ruby begann durch den Wald zu hüpfen und Ilyana ihr noch nach schielte, fragte sie sich bereits, ob sie taff genug war für die Armee. Sicher, Ilyana hatte schon ihre Stärken, vor allem Taktik und Strategie gehörte dazu. Doch eine solche Position musste sie sich erstmal erarbeiten. Shorehams Einwohner waren stolze Frauen und Männer die sich in erster Linie auf ihre körperliche Kraft verließen. Da passten Magier mit ihrer Besserwisserei überhaupt nicht rein. Auch wenn ein solcher den Rang eines Offiziers hatte, so bedeutete dies noch nicht, dass damit auch der Respekt der anderen Soldaten automatisch kam. Gewiss, Rekruten und Wachmänner konnten es sich nicht leisten ihnen zu wiedersprechen, aber gleichrangige Soldaten hatten beim Kommandant stets einen Vorteil, wenn es sich um Grenadiere oder Scouts handelte.
Ilyana lief einige Zeit umher, doch war sie natürlich nicht annährend so geschickt wie Ruby. Mit ihrem Messer musste sie nah heranschleichen, was es für die vorsichtigen Hirsche und Rehe einfach machte. An Zauber war in dieser Situation nicht zu denken. Die meisten Zauber eines Magiers beinhalteten Feuerzauber, und Ilyana hatte nicht vor an ihrem ersten Diensttag einen Flächenbrand zu erzeugen.
Als ihr der sechste Paarhufer entwischte und ihr Magen immer lauter knurrte, wuchs ihr Frust. Bei den ersten drei Hirschen stolperte sie während der Hetzjagd über ihre eigenen Füße, während die restlichen ihr nicht mal die Chance gaben, in die Nähe zu kommen. Sie kramte ihr Zauberbuch hervor und suchte eine Lösung. Nachdem sie einige Zeit umblätterte erspähte sie einen Zauber, der sie für kurze Zeit unsichtbar machen konnte. Blutmoos und Nachtschattengewächs waren dafür notwendig. Blutmoos war eine sehr häufig gebrauchte Reagenzie, deshalb war es klug immer ein paar davon dabei zu haben. Nachtschatten wurde vor allem für Gift- und Illusionszauber verwendet. Glücklicherweise deckte sich Ilyana mit allen acht Magierreagenzien ein, bevor sie sich in den Grünen Goblin begab.
Erneut schlich Ilyana durch die Haine und versuchte ein wildes Tier zu erspähen. Als sie ein potentielles Opfer sah, wandte sie den Zauber an. „An Lor Xen“, flüsterte sie, und während die Reagenzien sich in kleine Funken auflösten, wurde Ilyana tatsächlich unsichtbar. Sie entledigte sich für den Moment ihren Stiefeln um möglichst leise voran zu kommen. Der Hirsch, welcher ihr Ziel sein sollte schien zwar misstrauisch zu sein, als er einen fremden Geruch roch, jedoch konnte er weder einen Feind sehen noch hören. Und so geschah es, dass er das Messer nicht kommen sehen konnte, als es sich ihm direkt in die Kehle bohrte. Er zappelte und wehrte sich noch eine Weile und traf dabei auch Ilyana, welche sogleich den Boden küsste. Der Hirsch war schwer verletzt und so war sein Überlebenskampf ein sehr kurzer.
Mit etwas Schulterschmerzen, wo sie vom Hirsch getroffen wurde, machte sie sich an die Arbeit das Tier zu häuten. Bei Ruby sah er sehr einfach aus, aber die ledrige Haut zu durchschneiden brauchte sehr viel Kraft, welche der mageren jungen Frau schlichtweg fehlte.
Als sie ihre Arbeit mit Mühe beendet hatte, war es bereits Zeit für den Rückweg. Wirklich erfolgreich war ihre Jagd nicht. Ein einziger Hirsch in drei Stunden war eine magere Ausbeute. Sie schlüpfte in ihre Stiefel zurück, warf sich das schwere Fell über die Schultern und versuchte in hastigem Schritt den Weg zurück zum Außenposten zu gehen.
Zurück am Außenposten angekommen, waren Rita und Iolan bereits fertig damit, die Holzstämme rund um den Wachturm aufzubauen, und auch Bersi war nicht untätig, der in der Zwischenzeit einen schmalen Graben aushob. Bersis blick fiel auf Ilyana, welche nur mit einem einzelnen Hirschfell zurückkehrte. Er hob die Augenbraue und brummte: „Das nächste Mal teilen wir dir wohl eine andere Arbeit zu, hm? Hoffentlich hatte Ruby etwas mehr Glück.“ Und wie aufs Stichwort trat auch Ruby aus den Wäldern – den Kopf immer noch mit dem Skalp des Hirsches verziert, den Rücken beladen mit Fellen und sogar einem jungen Hirsch zum Verspeisen. „Melde mich zurück zum Dienst, Bersi!“ Dieser hob den Daumen und gab weitere Anweisungen: „Also gut, benutzt die Felle um die Palisaden zu verknoten, verstärken wir das Ganze ein wenig.“
Nachdem sich die vier um die Palisaden gekümmert hatten, war Bersi auch damit fertig geworden den jungen Hirsch mit seinen Feuerzaubern zu rösten. Ilyana war völlig entkräftet und konnte es kaum erwarten zu essen. „Also gut!“, rief Bersi, „Das sollte erstmal reichen. Machen wir eine Pause und essen erstmal etwas.“ Die fünf setzten sich in einen Kreis, während Bersi jedem einen gerechten Teil der Beute zuteilte. Während Rita, Iolan und Bersi langsam aßen und immer wieder Geschichten austauschten, wobei es sich hauptsächlich um Seemannsgarn handelte, waren Ilyana und Ruby völlig auf das Essen fixiert. Ilyana schlang ihren Anteil in kurzer Zeit hinunter und blickte traurig auf die Platten der anderen, welche noch so viel hatten. Sie wurde von Iolan aus ihren Gedanken gerissen, als dieser sie anstupste: „Hast du etwa immer noch Hunger?“ „Ja, und wie. Ich hatte heute noch fast gar nichts.“ Iolan schien etwas verdutzt wegen dieser Aussage. „Na ja… Du siehst schon etwas blass aus. Wenn du willst kannst du meinen Rest noch haben, ich habe ohnehin genug.“ Ilyana setzte ihr breitestes lächeln als er ihr seine Platte hinhielt. „Ah, sie sich mal einer dieses Lächeln an.“ Ilyana bedankte sich und fing sofort wieder an zu essen. Nachdem auch der Rest mit dem Essen fertig war, oder besser gesagt, ihren Teil an Ruby und Ilyana weitergaben, war es Zeit für den Weg zurück in die Kaserne.