Literarisches Tarot

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Und dann hab ich da noch @Venelia:



    Die Liebenden: Liebe(sbeziehungen), Selbstliebe, Entscheidungen
    Das Rad des Schicksals: Glück, äußere Umstände, Erinnerung an Eigenverantwortung
    Die Sonne: Positivität, Freude, Spaß, Lebensgenuss




    „You better lose yourself in the music, The moment, you own it, you better never let it go…“, dröhnt die Stimme von Eminem aus meinen Kopfhörern, während ich etwas gedankenverloren und erschöpft am Ende einer langen Arbeitswoche in der U-Bahn sitze, die mich nach Hause bringt. Ich habe mir jetzt den Urlaub in der nächsten Woche verdient, denke ich mir mit einem müden Grinsen auf den Lippen. Eine turbulente und anstrengende, letzte Zeit liegt nun hinter mir, aber keineswegs im negativen Sinne. Nein, im Gegenteil. Überall scheint im Moment die Sonne auf mich hinab zu scheinen. Beruflich bin ich vor einem guten Monat zum Abteilungsleiter befördert worden und privat läuft alles perfekt. Plötzlich vernehme ich ein kurzes Vibrieren und blicke auf das Handy in meiner Hand, auf welchem rasch das Bild meiner wundervollen Herzdame mitsamt einer WhatsApp Nachricht von ihr erscheint.


    „Hey Schatz, komm unbedingt so schnell wie möglich heim, ich habe sehr tolle Nachrichten“


    Neugierig setze ich mich motiviert daran zu antworten, doch halte kurz vorm Abschicken ein. Wäre es nicht schöner, diese Neuigkeiten von ihr persönlich zu erfahren, und den kurzen Heimweg noch gespannt zu warten? Lächelnd lösche ich die angefangene Nachricht und lege mein Smartphone auf meinen Schoß. Mein Blick bleibt leer an dem rot-gelb gestreiftem Muster der U-Bahnsitze hängen, doch meine Gedanken schwirren in ganz anderen Gefilden, nämlich um meine Liebste. Ihre wundervolle sanftmütige und liebevolle Art, bei der ich mich immer so sehr wohlfühle, ihr hübsches Gesicht, die vollen, roten Lippen, die tiefen, braunen Augen und die in meinen Augen perfekten Nase. Ihre langen, leicht gewellten, dunkelbraunen Haare und ihr fantastischer Körper. Vorsichtig streiche ich ein widerspenstiges Haar aus meinem Gesicht, welches nicht mehr durch das Wachs zusammengehalten wird und denke weiter lächelnd an die, in meinen Augen tollste Person auf dieser Erde. Diejenige, die mich immer so glücklich macht und mit der jeder Tag aufs Neue das Paradies ist. Und das auch schon seit so vielen Jahren. Seit wir in der Abschlussschulklasse ein Paar geworden sind und nach der Hochzeit im vergangen Jahr noch mal mehr. Zum vollkommenen Glück allerdings, fehlt noch irgendetwas … oder irgendjemand. Schon seit einigen Jahren haben wir den gemeinsamen Kinderwunsch, jedoch ist uns bisher die Erfüllung, trotz zahlreicher versuche, verwehrt geblieben. Selbst alle Ärzte die wir aufgesucht haben sagten, dass wir uns eher keine großen Hoffnungen auf einen Erfolg machen sollen. Doch meine Liebe zu meinem Engel, mindert dies kein kleines Stückchen. ‚Wie habe ich sie bloß verdient?‘, frage ich mich nicht zum ersten Mal, von meinem Glück erstaunt, sie an meiner Seite zu haben. Meine Musikplaylist wandert weiter nach unten und nun ist statt Eminem die Stimme von Ahmed Chawki zu hören „Habibi, I love you, I need you“, doch dies bemerke ich nur nebenbei, da sich meine Gedanken noch immer um meine Liebsten dreht.


    „Nächste Station … Goethestraße“, reißt mich die maschinelle Stimme der Lautdurchsagen aus meinen Gedanken. Meine Zielhaltestelle; von hier ist es nur ein sehr kurzer Fußweg, bis ich daheim, bei meiner Frau an unserem Haus angekommen bin. Zügig verstaue ich mein Handy in meiner Hose, greife, während ich aufstehe, an meine Umhängetasche, laufe die geringe Distanz zur Tür und halte mich an der stabilen, gelben Stange fest.
    Die metallenen Räder quietschen laut auf, als sie auf den Schienen zum Stehen gebracht werden, und die Tür vor mir öffnet sich, sodass ich auf den semihellen Bahnsteig der kleinen U-Bahnhaltestelle übertreten kann, auf dem ich kurz stehenbleibe, um meine Tasche erneut einen sichereren Halt auf meiner rechten Schulter zu gewähren. Einmal atme ich tief durch, ehe ich mich umdrehe und zielstrebig zu der Rolltreppe, die zurück in die Oberwelt führt, laufe. Nach und nach komme ich weiter hoch und aufgrund des verhältnismäßig hellen Lichts, kneife ich meine Augen zusammen, damit sich meine Augen der Helligkeit anpassen können. Auch wenn die abendliche Frühlingssonne schon einiges an Intensität verloren hat, so erwärmt sie die Umgebung dennoch in milder Temperatur und erhellt sie die Umgebung dennoch mit einem wunderschönen, goldenen Schein. Doch auch dieser verblasst neben dem Anblick meines Schatzes. Mit ihr in Gedanken beginne ich den letzten, kurzen Weg zu beginnen, vorbei an einigen Lebensmittel und Drogeriemärkten, zahlreichen Häusern und durch den kleinen Park mit einem Ziel vor meinen Augen, mein Zuhause und meine Frau.


    „Haaaaaaaaaaaaaaaaallo“, rufe ich singend, nachdem ich das Haus betreten habe und ziehe mir meine Schuhe und das dünne Jäckchen aus.
    „Naaaaa du“, schallt es hell flötend zurück und ich folge lächelnd der Stimme in die Küche, in der es schon wundervoll nach leckerem Essen riecht. Nachdem ich mir auf dem Platz neben ihr Platz genommen habe, drehe ich mein Gesicht zu ihrem und wir teilen einen innigen Begrüßungskuss.
    „Na, wie war dein Tag heute so?“, fragt sie mich lächelnd.
    „Ganz gut, dennoch auch anstrengend, der Chef hatte viele Aufgaben heute“, meine Antwort mit einem leicht gequälten Ausdruck auf den Lippen. „Und bei dir?“
    „Bei mir ebenfalls, auch wenn der Tag wahrscheinlich nicht so intensiv wie deiner war.“
    „Vielleicht, aber jetzt haben wir uns den Urlaub nächste Woche sehr verdient, ich freue mich schon auf die Zeit mit dir“, entgegne ich grinsend, als mir die Nachricht von vorhin einfällt. „Was wolltest du mir denn vorhin schreiben, mein Schatz?“
    „Hmm, wie wärs, wenn wir es uns später bequem machen und ich es dir dann verrate?“, spricht sie geheimnisvoll, woraufhin ich mit einem Lächeln auf den Lippen nicke und mich wieder meinen Nudeln widme.


    Dicht aneinander und unter einer warmen Wolldecke gekuschelt, schweifen unsere Blicke auf den Bildschirm des Fernsehers, auf welchem unser Lieblingsfilm kommt. Der fruchtige Duft einiger angezündeter Kerzen steigt mir in die Nase und bildet mit dem meiner Frau eine wunderbare Harmonie, meiner Meinung nach, die beste der Welt.
    „Du Schatz? Ich wollte dir ja etwas sagen“, sagt mir meine Frau plötzlich, mit ihrem Gesicht noch immer zum TV gewandt.
    „Jaa, schieß los“, antworte ich ihr entspannt. Rasch dreht sie ihr Gesicht zu mir und ich gerate kurz ins Stocken. In ihrem Gesicht, das herzschmelzendstes Lächeln auf den Lippen, was ich je gesehen habe und ihr Ausdruck volles, purstes Glück. Mit zittriger Stimme verkündet sie die Wörter, die mich zum allerglücklichsten Mann auf dieser Welt machen.
    „Ich bin schwanger.“

  • Und damit schließt diese Aktion so langsam ihre Türen - okay, nein, sie lässt sie irgendwie angelehnt. Offiziell ist zwar vorbei und es kriegt auch niemand mehr neue Karten, aber wenn ihr in den nächsten Tagen eure Story noch dazuschummelt, reiße ich dafür auch niemanden den Kopf ab ;)
    Während für euch die Arbeit ja nun auch vorbei ist, geht sie für mich noch etwas weiter, wie gesagt, bekommt ihr alle noch einen Kommentar von mir, das wird dann in den nächsten Tagen/Wochen/Jahren passieren (ich hoffe @Alexia verzeiht mir, wenn ihr ihr Monsterwerk mal hintenan stelle :D )


    Ansonsten hoffe ich, dass sich alle - auch die, die es zeitlich nicht geschafft haben - von den Karten inspiriert gefühlt haben und dass ich euch zeigen konnte, dass ein bisschen mehr dahinter steckt als bloßes Mumbojumbo und sie sich nicht ausschließlich zum Vorhersagen der Zukunft eignend.
    Damit euch dieser Thread auch in Zukunft noch nutzt, werde ich die Beschreibungen aller Karten morgen hier noch einmal posten, so dass ihr auch eine Art Nachschlagewerk bekommt.


    Ich möchte mich noch einmal für das entgegengebrachte Interesse und die vielen Abgaben bedanken und hoffe, dass wir uns auch weiterhin in unserem schönen FF-Bereich sehen werden o/

  • Hi na, hoffe es ist nicht schlimm, dass ich etwas zu spät bin, die Technik steht in letzter Zeit nicht auf meiner Seite (mir sind literally 2 PCs gestorben, mit denen ich die Story schreiben wollte, weswegen ich sie am Handy schreiben musste und dann musste der PC, mit dem ich sie nur heute posten wollte, einfach auch noch gestorben, da er jetzt aber wieder lebt, kann ich endlich posten, yay!)
    FunFact: Mir ist beim schreiben der Thoughts die Tastatur leer gegangen und weil ich keine Batterien gefunden habe, habe ich den Rest mit einer AZERTY-Tastatur die als QWERTZ eingestellt ist geschrieben. Das war definitiv zu viel Stress und Arbeit für diese Aktion xd.





    XI Die Gerechtigkeit: Gerechtigkeit, Fairness, Wahrheit, Konsequenz, Verantwortung, Gesetze/Jura
    VI Die Liebenden: Liebe(sbeziehungen), Selbstliebe, Entscheidungen
    XIII Der Tod (umgekehrt): Fehlende Akzeptanz von Veränderung, sich an die Vergangenheit klammern


    Leftover
    Naomi steht am Fenster, den Blick hinaus gerichtet auf das Häusermeer, das sich unter ihr erstreckt. Die roten Haare, die sie wie gewohnt offen trägt, wehen im Wind und kräuseln sich nach allen Seiten. Für einen Moment erscheint es mir, als würde die alte Naomi dort am Fenster stehen, doch dann fällt mir auf, wie spröde ihre Haare und wie schwach ihre Haltung ist, sie muss sich am Fensterrahmen abstützen. Ich schließe die Tür hinter mir so leise wie möglich, doch sie bemerkt mich dennoch. Der Blick, der mich trifft, als sie ihren Kopf dreht, ist schwach und leblos. Auch das Lächeln, das auf ihren Lippen erscheint, istnur angedeutet, kaum sichtbar.
    „Schön, dass du hier bist.“
    Lügnerin.
    Ich lehne mich an die Tür und halte ihrem Blick stand, suche ihre Stärke, ihre Lebensfreude, doch finde nur Leere.
    „Willst du nicht mit mir reden?“ Ihre Stimme istdas Einzige, das nicht zitterte an ihr. „Auch gut.“ Als sie sich wieder zum Fenster windet, denke ich, sie wolle mich ignorieren, doch sie schließtes nur, um sich dann wieder mir zuzuwenden.
    „Weißt du, ich verstehe deine Gefühle. Das tue ich wirklich. Ich habe dir nicht Bescheid gesagt, wo ich bin, habe deine Anrufe und Nachrichten ignoriert. Es ist nur natürlich, dass du wütend bist.“ Sie wandert zum Bett und lässt sich darauf fallen. „Meine Mutter hat mir erzählt, dass du versucht hast, mich daheim anzutreffen. Es hat mich gefreut, das zu hören. Ich war glücklich, wirklich glücklich in dem Moment.“ Sie dreht nur ihren Kopf zu mir. Dieses Mal scheint sie etwas in meinem Blick zu
    suchen. Vielleicht Mitleid oder Verständnis, doch ich weiche ihren Augen aus. Ich will ihr nicht die Möglichkeit geben, mich zu durchschauen.
    „Kann ich dich etwas fragen?“ Ich antworte nicht, doch sie fährt einfach fort: „Denkst du, es ist Karma? Kriege ich jetzt zurück, was ich verdient habe?“ Ich höre das Rascheln das Kissens unter ihrem Kopf. Ob sie wieder weg sieht?
    „Ich habe jemanden umgebracht und dafür bestraft das Leben mich jetzt. Fast schon romantisch, nicht wahr?“
    „Sag so etwas nicht“, meine Stimme bebt aus Wut und Trauer gleichermaßen. „Du hast Dai nicht umgebracht. Er hat sich das Leben genommen, es war seine Entscheidung. Und er hat sie getroffen.“
    „Das ist eine Lüge und das weißt du“, erwidert sie müde. „Ich war der Grund für seine Tat. Ich habe ihm das Herz wegen meines Egoismus gebrochen und ihn ignoriert. Ich habe ihn verletzt und weiter gemacht, obwohl ich wusste, was ich ihm antue.“ Sie stößt einen Seufzer aus. „Ich bin kein unschuldiges, kleines Mädchen mehr, das keine Ahnung hat, wie verletzten Worte sein können. Ich muss lernen, Verantwortung zu über nehmen.“
    Wer ist diese Person?
    „Weißt du, als mir die Ärzte sagen, dass ich nicht mehr viel Zeit habe, war ich zuerst wütend. Wütend auf diese Welt, wütend auf meinem Körper, der einfach krank wird. Aber dann habe ich angefangen es zu akzeptieren und mir ist klar geworden, dass es das Nachspiel für meine Taten ist.“
    Wo ist Naomi?
    „Ich finde das Prinzip von Karma sehr faszinierend. Alles bekommst du im Leben zurück. Für gute Taten wirst du belohnt, für schlechte bestraft. Es macht das Leben gerecht. Ich habe Schlechtes getan und bekomme nun Schlechtes zurück. Es ist nur logisch.“
    „Wer bist du?“, stoße ich dann aus und sehe wieder zu ihr, nur um in ihrem Blick auf Verwunderung zu treffen. „So etwas hätte Naomi niemals gesagt. Naomi hätte sich nicht damit zufrieden gegeben hier zu sitzen bis sie stirbt. Sie wäre abgehauen, hätte Mist gebaut, um ihr Leben zu genießen. Warum hast du dich so verändert?“
    Ihr Blick wird sanft, als sie bemerkt, dass ich meine Tränen kaum zurückhalten kann. Sie steht auf, kommt auf mich zu und schließt mich in ihre Arme. Ich will mich wehren, doch mein Körper will mir nicht mehr gehorchen.
    „Ich“ sie stockt und ich merke, wie sich ihre Hände an meinem Rücken verkrampfen. „Ich habe das Gefühl, mit mir selber endlich im Reinen zu sein, weißt du? Das Wissen, dass du bald sterben wirst, verändert deine gesamte Denkweise.“ Sie lacht schwach.
    „Warum musst du gehen?“, flüstere ich in ihre Schulter, „warum erst Dai und jetzt du? Warum können wir nicht einfach für immer beisammen bleiben? Warum nicht?“
    Ich merke an ihrem Schluchzen, dass auch sie weint. „Ich weiß, es ist nicht leicht. Aber das Leben geht weiter mit jeder Sekunde, die verstreicht. Du solltest aufhören, dich nach Verlorenem zu sehnen.“
    Ich drücke sie näher an mich. Ich will nicht, dass dieser Moment endet. Die Zeit soll warten, bis ich bereit bin. Bis ich bereit bin, mich zu verabschieden. Bis ich bereit bin, die Vergangenheit los zu lassen. Denn, wenn sie nicht auf mich wartet, werde ich wahrscheinlich bis zum Ende nicht loslassen können.


  • Da ich echt gut mit Deadlines bin und natürlich immer viel Pufferzeit einbaue, konnte ich den Tag, den ich mich verplant hatte, natürlich problemlos aufholen und poste jetzt gar nicht erst einen Tag später. Nein, wer würde sowas denn tun :rolleyes:


    Vorab erst mal meine Karten:
    Die Hohepriesterin (umgekehrt) - Keine Verbindung zum inneren Ich, kein tieferes Verständnis, Lügen und Intrigen
    Der Turm - Desaster, einschneidende Veränderung, Neuausrichtung, Erneuerung
    Der Tod - Veränderung, Transformation, neue Lebensabschnitte, die Vergangenheit hinter sich lassen

    Mit der Karte 'Der Tod' wurde mir freundlicherweise die folgende Szene mitgeliefert: 'Der Tod ist schon fast so eine Klischeekarte, wenn er irgendwo dargestellt wird: Wahrsagerin Olga legt den Tod, schreit lauf auf und fünf Minuten später stirbt jemand.' Da ich bereits durch @[SPG] Creon wusste, dass dieser Satz dabei stehen würde, und ihr versprach, sollte ich diese Karte erhalten, über jene Olga zu schreiben, stand zumindest meine Hauptfigur von Anfang an fest. Was daraus geworden ist, dürft ihr euch jetzt anschauen.




    Die Herkunft der Wahrsager
    "Und nun...", sprach eine rauchige Stimme. Davon abgesehen herrschte absolute Stille in der abgedunkelten Kammer. Man konnte hören, wie sich die große Hand auf die Karte legte, sie langsam bewegte und umdrehte...
    Plötzlich durchdrang ein hoher, hysterischer Schrei die Finsternis. "Der Tod!", krächzte die Stimme entsetzt, nur um quasi sofort wieder gefasst einen Tod im Umfeld ihres Gegenübers zu verkünden, ehe sie komplett verstummte. Während sich der Raum langsam mit mehr und mehr Licht füllte, erhoben sich zwei Personen. Eine der beiden ging tiefer in das Zelt in einen weiteren Raum, die andere trat geschockt zum Ausgang und entpuppte sich im Tageslicht als ein Mann mittleren Alters, der wohl der Kunde der Wahrsagerin gewesen ist.
    Kurz nach dem Mann trat eine weitere Gestalt aus dem Zelt. Sie war gigantisch groß und enorm breit gebaut. Mehr konnte man durch ihren Umhang nicht erkennen. Nach einem schnellen Blick hinter dem Mann her huschte sie in eine kleine Gasse - die Art Gasse, in die sich kaum eine rechtschaffene Person wagen würde. Doch Olga wusste, dass niemand auf die Idee käme, jemanden von ihrer Statur anzugreifen. Schließlich gab es kaum Diebe oder ähnliches auf der Welt, die auch nur annähernd genug Kraft hätten um sich mit ihr zu messen. Schließlich trug nicht jeder Tag für Tag ganze Baumstämme als Muskeltraining quer durch die Stadt.
    Wenig später stand Olga vor dem Haus ihres Kunden. Ein kurzer Blick genügte und sie hatte die perfekte Position gefunden: Das Dach gegenüber würde den perfekten Aussichtspunkt abgeben...
    Als der Mann wenige Minuten später sein Haus betrat, geschah dies unter dem aufmerksamen Blick der Frau ein Dach weiter. Diese allerdings war nur noch zum Beobachten da, ihr Handwerk war bereits ausgeführt, sie wartete nur noch auf das Ergebnis. Als wenige Sekunden später der Mann aufschrie, stieg sie mit einem zufriedenen Lächeln vom Dach. "Und wieder eine Prophezeihung erfüllt", murmelte sie und verstaute die Armbrust wieder unter ihrem Umhang...


    Am nächsten Morgen blieb das Zelt von Olga geschlossen – mehr noch, es war komplett verschwunden. Stattdessen konnte man an jenem Tag eine große Gestalt über die Straßen in Richtung Wüste gehen sehen, Schritt um Schritt auf das unwirtliche Land zu, aus dem alle fähigen Wahrsager – oder eher Sager, wie man sie damals nannte - stammten. Jene Sager waren als Volk von Geburt an mit der Fähigkeit ausgestattet, die Zukunft vorhersehen zu können. Doch ihre Visionen deuten konnten nur die wenigsten. Diese Leute wurden Wahrer genannt, nach ihrer Fähigkeit, die Wahrheit zu erkennen. Allerdings gingen die Fähigkeiten nicht unbedingt Hand in Hand in denselben Personen – viel eher waren es zwei unterschiedliche Völker, die gemeinsam durch die Wüste streiften und nur sehr selten in Kontakt traten. Demnach war natürlich auch ein Mensch, der beide Talente vereinte, extrem selten.
    Olga... Olga war keiner dieser Menschen. In Wahrheit wurde sie einst von ihrer Familie verstoßen, da in ihr aus unbekannten Gründen keine Anzeichen für Sagerei zu erkennen waren. Verstoßen hieß in ihrem Fall jedoch nicht, dass sie bei ihren Eltern unerwünscht wäre, im Gegenteil. Nur der Gesellschaft der Sager durfte sie nicht beitreten, solange sich die Gabe ihrer Familie nicht bei ihr offenbarte. Dies war auch der Grund dafür, dass Olga durch die Länder nördlich der Wüste zog und sich als wandernde Sagerin ihr Geld verdiente. Natürlich trafen ihre Vorhersagen nicht immer zu, doch Olga hatte schnell einen Weg gefunden, dieses Problem zu beseitigen: Was auch immer sie vorhersagte, sie selbst sorgte schon dafür, dass es auch eintraf. So manch einer würde sie für eine kaltblütige Mörderin halten, wüsste er doch von den Taten der Sagerin – und siehe da, er hätte absolut recht. Doch Olga war das egal. Sie wollte ihren Platz in ihrer Familie, ihrem Volk, und den bekam sie nur, wenn diese glaubten, ihre Gabe sei endlich erwacht.


    Eine lange Zeit schon arbeitete Olga als Sagerin, Wahrerin und gelegentlich Diebin oder Mörderin, doch noch immer war sie nicht als Teil ihres Volkes akzeptiert. Viel mehr begannen diese, ihr mit steigender Abneigung zu begegnen. Den Grund dafür erfuhr sie allerdings erst Monate nach Beginn dieser Veränderung.
    Olga war mal wieder in ihrem Heimatdorf in der Wüste, kurz nach einem gewissen Attentat auf die Frau eines Mannes mittleren Alters, als sie versuchte, sich erneut der Prüfung der Sager zu unterziehen. Als sie jedoch das Ratsgebäude betrat, konnte sie ein Gespräch vernehmen, das ihr die grausame Wahrheit offenbarte: Die Wahrer hatten die Sager aufgespürt, da sich letztere zunehmend das Recht herauszunehmen schienen, ihre kryptischen Vorhersagen auch zu deuten. Der Rat allerdings konnte nicht eine der Taten zuordnen – Olga jedoch erkannte jeden einzelnen der Orte, an denen solcher Frevel stattgefunden hatte, und ihr war auch sofort klar, was der Grund dafür war: Sie selbst. Und wenn sie so darüber nachdachte, so hatten die Wahrer recht. Olga hatte in der Tat die Übersetzung ihrer Prophezeiungen gleich mitgeliefert. Das gemeine Volk kannte kaum den Unterschied zwischen einem Wahrer, einem Sager und jenen seltenen Fällen, die über beide Gaben verfügten, also konnte ihren Kunden dieser Fehler nicht wirklich auffallen. Doch die Gesellschaft der Wahrer selbst? Wenn jemand wusste, dass da etwas nicht stimmte, dann wohl sie. Olga stand nun vor der Wahl. Wollte sie sich ausliefern, dabei beiden Parteien ihre Vergehen gestehen und noch dazu ihre letzte Chance auf einen Platz als Sagerin aufgeben, oder einfach still und leise versuchen, ihren Fehler nicht zu wiederholen und im Idealfall dadurch sogar auszubügeln? Das war natürlich keine ernsthafte Entscheidung für sie, dennoch stand sie kurz still und überlegte. Sie würde ihre Familie verlassen, ohne ein Wort zu sagen. Vielleicht würde man sie suchen, doch hinter der Wüste kannten sich die wenigsten Sager aus. Das Risiko, ertappt zu werden, war also nicht sonderlich hoch. Also machte sie auf dem Absatz kehrt und trabte zurück durch die Wüste, in Richtung der bewohnteren Lande. Schlimmer als ihre jetzige Lage konnte es ja schlecht werden... dachte sie zumindest.


    Bereits nach ungefähr einem Monat fiel Olga zurück in ihr altes Muster. Erklärungen wurden gegeben, Prophezeiungen erfüllt, und zu allem Überfluss war sie dabei so in Gedanken, dass ihr die Wache auf die Schliche kam. An dieser Stelle war klar, dass Olgas altes Leben für immer vorbei wäre. Nirgendwo würde sie mehr sicher wahrsagen können, und vermutlich hatten die Sager bereits davon gehört und würden sie erst recht nicht mehr in ihre Kreise lassen. Dennoch war ihre Heimat wohl gerade ein deutlich sichererer Aufenthaltsort als die Ländereien im Norden.
    Als Olga nun wieder durch die Wüste zog, Schritt für Schritt auf ihr Heimatdorf zukommend, war sie überrascht, wie ruhig es auf den weiten, sandigen Ebenen war. Sie konnte zwar ein paar Tiere vernehmen, doch nicht ein Mensch kreuzte ihren Weg. Natürlich, es war eine Wüste, aber normalerweise zogen regelmäßig Nomadenstämme über diese Route, und auch reisende Sager waren keine Seltenheit. Doch diesmal schien davon niemand unterwegs zu sein...
    Nach wenigen Tagen wurde ihr Heimatdorf sichtbar, und Olga war sehr erleichtert, von dort Rauch und Stimmen wahrzunehmen. Trotz ihrer Vergehen ging sie also freudig auf ihr Dorf zu... um auch hier nicht eine Menschenseele zu sehen. Jeder Einzelne schien verschwunden zu sein, und doch konnte sie ganz klar Stimmen vernehmen – bekannte Stimmen, selbst die ihrer Eltern waren darunter. Nach einer kurzen Suchaktion wurde sie auch im Ratsgebäude fündig, doch nicht ein Dorfbewohner würdigte sie auch nur eines Blickes. Olga jedoch konnte nun verstehen, wovon sie redeten. Es ging um Krieg. Krieg mit den Wahrern, wie es schien. Und der Grund dafür war Olga selbst. Wie es schien hatte sich der durch ihre Taten ausgelöste Konflikt zwischen beiden Völkern so weit hochgeschaukelt, dass sie jeden Moment aufeinander losgehen würden. Die Wahrer hatten sich so sehr auf ihre Position versteift, dass sie das Geständnis der Sager inzwischen mit Gewalt herausprügeln wollten...
    Olga konnte dies nicht länger mit ansehen. Sie erhob sich, trat in den Konferenzraum und begann zu sprechen. „DIE WAHRER KOMMEN!“, schallte es just in diesem Moment von draußen. Ihr Volk bemerkte erst jetzt Olgas Anwesenheit, und angesichts der körperlichen Qualitäten der Frau machte sich Erleichterung breit. Wenn ihnen jemand zum Sieg verhelfen konnte, dann wäre es Olga. Ohne eine Erklärung zuzulassen wurde sie also bewaffnet und in die Schlacht geschickt – schließlich hatten die Wahrer inzwischen das Dorf erreicht.


    Dank Olgas schlagkräftiger Unterstützung wurde die vernichtende Niederlage der Sager vermieden. Das Ergebnis war allerdings kein Stück erfreulicher – der Kampf entpuppte sich als ein wahres Gemetzel, in dem am Ende kaum noch ein Mensch stehen konnte. Alles in allem überlebten von den rund 1000 Wahrern und 600 Sagern ungefähr 20, ausgewogen verteilt auf beide Völker. Die kläglichen Überreste beider Sippen einigten sich notgedrungen auf ein Unentschieden, Olga kam erneut um ihr Geständnis herum, da sich keiner mehr um derartige Belange kümmern konnte. Viel mehr stand nun das nackte Überleben im Vordergrund, und unter der Führung Olgas gelang es beiden Gruppen, zusammen ein kleines Dorf entstehen zu lassen, in dem sie mehr oder weniger friedlich, zumindest aber ohne Blutvergießen Seite an Seite leben konnten. Auch Olga bekam, was sie sich immer gewünscht hatte: Sie war ein zentraler Teil der neuen Gemeinschaft, und auch wenn sie bis zu ihrem Lebensende keine Sagerfähigkeiten entwickeln konnte, so entdeckte sie ihre Begabung zur Wahrerei – eine spontane Mutation ihrer vererbten Fähigkeiten, ganz wie bei den ersten Wahrern in grauer Vorzeit, schien es.
    Viele Jahre später erblühte die Wüste in neuem, zuvor unbekanntem Glanz. Aus dem kleinen Dorf, bestehend aus einer Handvoll Überlebender der Schlacht, war ein gigantisches Reich entstanden, das die halbe Wüste ausfüllte. Olga, die Königin der Wahrsager, regierte über die Unmenge begabter Wahrer, Sager und – durch die Verbindung der Völker – eine unglaubliche Menge talentierter Wahrsager. Auch die umliegenden Länder waren überfüllt mir pilgernden Wahrsagern – und ebenso vielen Scharlatanen, die versuchten, sich am Ruf der Wüstenbewohner zu bereichern. Wenn sie erwischt wurden, bekamen sie schlimme Strafen in den Kerkern der Wahrsager auferlegt, jedoch war dies nur äußerst selten der Fall. Ihre Meisterin war nun Mal eben jene Olga, die nun auf dem Thron saß, an dem sie verdienten. Ihre Fluchtmethoden waren noch Jahrzehnte danach für die Ordnungshüter kaum nachvollziehbar.

  • So, ich habe noch was nachzureichen. Und zwar von @Hariboschaf, deren Abgabe aus technischen Gründen leider nicht rechtzeitig gepostet werden konnte.




    Ich bin fertig.
    Endlich.
    Das Ende der Reise.


    13 Jahre meines Lebens habe ich hier verbraucht. Am Anfang habe ich noch gespielt und gelacht, die Stunden war spaßig, die Pausen waren lang, die Aufgaben leicht und die Welt in Ordnung. Das größte worum ich mir Sorgen machen musste waren die Blumen unseres Gartens.


    Vier Jahre später sah die Welt schon anders aus. Ich habe einen neuen Ort betreten – naiv wie ich war, dachte ich, alles wäre das gleiche. Die Freunde noch klein und lebhaft, die Lehrer freundlich und hilfsbereit. Ich freute mich auf die neuen Menschen.
    Doch dann traf mich die Erkenntnis – von wegen alles sei so wie es war.
    Die Lehrer waren fies und nicht im geringsten daran interessiert uns zu helfen. Die alten Freunde waren wie verwandelt – sie hatten sich dem coolen Stil angepasst. Ohne mir etwas zu sagen.


    Aber, wie das so ist im Leben, es geht darum Hürden zu überwinden und es auszuhalten.
    Ich redete mir ein, dass, wenn ich fertig wäre würde mich das im Leben weiter bringen, ich müsste diese ganzen Leute nicht mehr sehen, ich müsste dieses mir verhasste Gebäude nie mehr betreten – ich könnte frei sein.
    Ich hielt durch.


    Und nun, am Ende meiner schrecklichen Reise weiß ich nicht was sie mir gebracht hat.
    Ja, ich kann Gemälde analysieren, ich kann über Texte philosophieren, ich kann Politik verstehen und Biologie erklären. Aber hat es mir etwas gebracht?


    Oder war die Zeit die ich dort verbrachte nur Mittel zum Zweck nun das zu tun was ich will?
    Einen Tapetenwechsel habe ich schon immer angestrebt.



  • So, ich bin ein bisschen später dran als geplant, hab euch aber nicht vergessen (war nur furchtbar beschäftigt und gesundheitlich angeschlagen). Bevor es nun also weiter geht mit der Kommentierung eurer Werke, kommt erstmal ein Überblick über alle Arkana und ihre Bedeutungen - in ausführlich.
    Im Endeffekt sind das nichts anderes als die Texte, die ihr alle gekriegt habt, auf einen Schlag.
    Eine beqeume Übersicht der Motive findet hier auf Wikipedia.
























    Wenn ihr euch darüber hinaus noch über das Thema Tarot informieren wollt, empfehle ich die Seite biddytarot.com.

  • Dann wollen wir mal weitermachen mit den Kommentaren (damit diese Aktion noch vor 2020 ihr Ende findet ;) )



  • Und es geht weiter. Heute für @Zaffre (ich hab deinen Beitrag nicht übersehen, sondern am Mittwoch nur Obi mal eben vorgezogen). Sehr interessanter Text!


  • So, ein Kommentar for @O-mega, der ja nur noch heute aktiv ist und daher noch unbedingt einen kriegen sollte.


  • Und weiter geht es heute mit @Flameheart


  • Entschuldigt die Stille, ich hatte euch nicht vergessen, mein Zeitplan ist nur leider etwas voll. Trotzdem soll es hier natürlich weitergehen. Heute mit @Raichu-chan


    [spoiler=Raichu-chan]
    Ich muss ja sagen, Ace Attorney ist bei mir n bisschen was her und ich hab den Bezug zum ersten Spiel nicht erkennen können – wäre aber neugierig :D (darfst mir gern ne PN schreiben und mich erinnern, wie das nochmal war xD)
    Ansonsten: Sehr clever! Gerechtigkeit+Eremit = Gefängnisinsasse – finde ich toll, das greift doch glatt auf allen Ebenen, wie du schön zeigst. Konsequenzen der eigenen Taten sind drin, Rechtssysteme sind drin, Einsamkeit und Zurückgezogenheit ist drin und bei jemandem wie Simon Blackquill natürlich auch die nötige Kontemplation.
    Interessant fand ich, wie du zum Tod jetzt betont hast, damit sei eher die Veränderung im Leben als die Morde gemeint – kann man natürlich so sehen, aber natürlich ist auch da, wo realer Tod ist, auch der Tarot-Tod (umgekehrt nicht unbedingt) – denn wenn jemand stirbt, ist das ja IMMER eine einschneidende Veränderung. Man kann also sagen: Der Tod ist in deiner Geschichte omnipräsent – und wenn wir ehrlich sind, könnte ich mir auch Simon super auf so ner Karte vorstellen – gruselig genug ist er allemal :D [/spoiler

  • So, ich hab mal wieder ne Ladung Kommentare dabei




  • Langsam, aber es geht voran! Heute habe ich Kommentare für:



  • Auch wenn ich ständig erkältet bin, wird es mal wieder Zeit, hier zu posten! Muss ja vorwärts gehen!


  • Wartezimmer sind toll! Man kommt so viel zum Lesen!





    So und damit bin ich FAST durch. Fehlt nur noch @Alexia, die ich nicht vergessen habe! Ich habe mir deinen Post schon auf stolzen 19 A4-Seiten ausgedruckt, ich hoffe, du gestattest mir, dass ich noch nen Moment brauche, das alles zu sichten :D

  • Sooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo.

    Zeit für meinen voraussichtlich letzten Post hier. Hätte sicher keiner gedacht, dass sowas im Mai noch kommt. ich möchtge mich auch dafür entschuldigen. Ich war entweder im Prüfungsstress oder krank oder (besonders toll!) beides. Zudem war das zu begutachtende Werk besonders lang. Ja, ich spreche mit dir @Alexia ! Ich habe dich nicht vergessen und wie alle anderen, sollst auch du deinen Kommentar haben - auch wenn er im Vergleich zum Originaltext vllt kurz ausfallen mag, weil ich hier nur aufs Tarot, nicht auf den gesamten Text selbst eingehe :D


  • Big Time Uff

    Hat das Thema geschlossen.
  • Caroit

    Hat das Label Offen hinzugefügt.
  • Caroit

    Hat das Label Siegerehrung entfernt.