Moralische Dilemmata [Neue Dilemmata hinzugefügt im Beitrag #90]

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Leute, warum wird gerade ein so dermaßen großes Fass aufgemacht, nur weil ich gegen die Menschen bin und nicht für sie.


    Weil es absurd ist zu glauben, dass man in einer Notfallsituation wider seine Instinkte handeln kann. Das geht einfach nicht und wer es behauptet, unterschätzt die menschliche Psyche und den Überlebensdrang eines Lebewesens.


  • Weil es absurd ist zu glauben, dass man in einer Notfallsituation wider seine Instinkte handeln kann. Das geht einfach nicht und wer es behauptet, unterschätzt die menschliche Psyche und den Überlebensdrang eines Lebewesens.


    Trotzdem ist es nunmal eine Tatsache, dass hier jeder die Dilemmata in seinem gemütlichen Sessel sitzend und mit einem Glas gekühlter Cola in seiner Reichweite angeht. ;) Also kann und darf man das durchaus aus der momentanen Sicht schildern. Was man in einer eventuellen Extremsituation tut, kann sich davon durchaus unterscheiden. Genauso kann aber niemand vorher wissen, dass jeder exakt genauso reagiert und funktioniert bzw. automatisch bestimmte Instinkte die Oberhand gewinnen.

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

    Per aspera ad astra!

    Momentan kein Partneravatar mit Missy!


  • Weil es absurd ist zu glauben, dass man in einer Notfallsituation wider seine Instinkte handeln kann. Das geht einfach nicht und wer es behauptet, unterschätzt die menschliche Psyche und den Überlebensdrang eines Lebewesens.


    Dann könnten wir das Topic hier ja gleich schließen. Hier geht es nicht darum, wie man instinktiv in dieser Situation handeln würde - das wäre ja dann mehr oder weniger gleich - sondern darum, welche Handlung man am besten mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Und das geht wohl am besten, wenn man die Sache distanziert betrachtet und sich von irgendwelchen Instinkten loslöst. Die kann man ohnehin nicht vorhersagen, da der Mensch es ja offensichtlich recht gut schafft, diese Insitinkte zu unterdrücken. Zwar nicht immer aber doch recht oft.

  • Trotzdem ist es nunmal eine Tatsache, dass hier jeder die Dilemmata in seinem gemütlichen Sessel sitzend und mit einem Glas gekühlter Cola in seiner Reichweite angeht.


    Und die Idee ist es doch, das Dilemma irgendwie aufzulösen, irgendwie zu argumentieren, warum man nun grad Variante X und nicht Y wählt. Wenn dann die Argumentation gewisse Lücken aufweist, dann darf man diese wohl diskutieren, oder? Die menschenfeindliche Lösung, die @Foxhound`71 findet enthält nunmal das Problem, dass sie weder sich noch das Gegenmittel als Teil der Vorbestimmung betrachtet, welche sie zur Auflösung des Dilemmas heranzieht.
    Und in einem Topic, in dem es um Gedankenexperimente geht, sollte man wohl gewillt sein ein Thema auch weiter zu beleuchten. Sonst bleibt es bloßer Meinungs- statt Gedankenaustausch.


  • Weil es absurd ist zu glauben, dass man in einer Notfallsituation wider seine Instinkte handeln kann. Das geht einfach nicht und wer es behauptet, unterschätzt die menschliche Psyche und den Überlebensdrang eines Lebewesens.


    Ich stimme dir zu das man die menschliche Psyche nicht unterschätzen darf. Allerdings denke ich tust du genau dies mit der Behauptung das ein Mensch in einer extrem Situation nicht klar und vernünftig handeln kann. Menschen die in solchen Situationen eine klaren Kopf behalten und sich für das kleiner Übel entscheide statt einfach nichts zu tun nennen wir Psychopathen. Es muss absolut nichts schlechtes sein wenn ein Mensch psychopatisch veranlagt ist gerade in solchen moralischen Dilemmas ist es wohl sogar eher von Vorteil und um dem ganzen noch einen realistische Aspekt zu geben wie sieht es mit einem Chirurgen aus der gerade eine Herztransplantation durchführt will man da jemand der angst hat das er schuld am Tode eines Menschen ist oder jemand der einen kühlen Kopf bewahrt und einfach nur das richtige macht? Werde mich später auch noch zu den Dilemmas äussern ^^

    "If my mind can conceive it, and my heart can believe it - then I can achieve it." ("Wenn mein Kopf es sich ausdenken kann, wenn mein Herz daran glauben kann - dann kann ich es auch erreichen.") Muhammad Ali (1942-2016) RIP

    Einmal editiert, zuletzt von bonesschnupi ()


  • Und die Idee ist es doch, das Dilemma irgendwie aufzulösen


    Nö, ist es jedenfalls für mich persönlich nicht. Eben weil man soetwas nicht theoretisch klären kann und nur die Praxis zeigen würde, wie der jeweilige Mensch sich verhält. Und wenn als Gegenargument kommt:


    Weil es absurd ist... Das geht einfach nicht...


    ... dann sage ich, doch, das geht. Vielleicht gehts, eben weil es anderen absurd erscheint.



    Die menschenfeindliche Lösung, die @Foxhound`71 findet enthält nunmal das Problem, dass sie weder sich noch das Gegenmittel als Teil der Vorbestimmung betrachtet, welche sie zur Auflösung des Dilemmas heranzieht.


    Na und? Sehe ich nicht als Problem.

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

    Per aspera ad astra!

    Momentan kein Partneravatar mit Missy!

  • So ich habe mir ein paar Gedanken zu den Dilemmas und deren Fragen gemacht und will diese nun mit euch teilen.


    Ein Waggon rast völlig außer Kontrolle über das Gleis direkt auf fünf Gleisarbeiter zu. Du stehst an der Weiche und siehst den führerlosen Wagen heransausen. Wenn du die Weiche nach rechts umstellst, kannst du das Leben der fünf Männer in letzter Sekunde retten. Der einzige Haken dabei ist: Wenn der Waggon nach rechts abfährt, überfährt er ebenfalls einen Gleisarbeiter- allerdings nur einen einzige.



    Was würdest du tun?
    Ich würde die Weiche auf jeden Fall betätigen. Da die Entscheidungsmöglichkeiten relativ eingeschränkt sind und ich in jedem Fall mitschuld am Tod eines oder mehrere Menschen mitschuld wäre. Und deshalb würde ich mich für die 5 und nicht für den einen entscheiden.


    Was wäre, wenn einer der fünf Gleisarbeiter ein Mensch ist, den du liebst( Eltern, Freund, Geschwister usw.)
    In jedem Fall würde ich wider die 5 wählen. Auch hier währe die Entscheidung wohl eher ,,leicht", da man wider die Wahl zwischen 1 oder mehrer Leben hätte.


    Was wäre, wenn der eine Gleisarbeiter ein Mensch ist, den du liebst?
    Kommt auf den Menschen an. Bei der Großmutter würde ich die 5 wählen da die Großmutter bereits ein langes Legen gelebt hat, während bei den 5 zu hoher Wahrscheinlichkeit jüngere Menschen dabei sind.
    Ehepartner oder Kind würde ich retten da hier für mich die Wahl besteht 5 Fremde oder einen Teil meiner selbst zu retten.
    Was wäre, wenn der eine Mensch auf dem anderen Gleis, ein spielendes Kind ist?
    Ich würde mich für die 5 entscheiden da dies wider der Mehrheit entsprächen würde.

    Was wäre, wenn es ein Tier ist?
    Wahrscheinlich würde ich das Tier töten da ich auch hier die Mehrheit der Leben schützen könnte.
    Bei 6 Tieren würde ich jedoch die Tiere nehmen. Für mich besteht keinen Unterschied ob Tier oder Mensch, da beide ein Leben besitzen.


    Oder dein geliebtes Haustier?
    Selbe Begründung wie davor.


    Was wäre, wenn du weißt, dass die fünf Gleisarbeiter Sexualverbrecher auf Bewährung sind? Der eine Gleisarbeiter hingegen ein rechtschaffenden Bürger.
    Hier würde ich den rechenschffenden Bürger wählen, da die 5 der Gesellschaft wenige bis gar nicht von Nutzen wahren.

    "If my mind can conceive it, and my heart can believe it - then I can achieve it." ("Wenn mein Kopf es sich ausdenken kann, wenn mein Herz daran glauben kann - dann kann ich es auch erreichen.") Muhammad Ali (1942-2016) RIP



  • Ich stimme im fast allem mit dir überein da es tatsächlich so ist dass 5 Leben zu retten vor einem einzigen Vorrang hat. Allerdings habe ich in zwei Punkten eine andere Meinung.


    Zum einen würde ich die 5 Sexualität Straftäter retten wenn es die Mehrheit wäre denn es liegt auch hier wieder daran dass es nunmal mehr sind und ich habe nicht das Recht zu entscheiden ob sie den tot verdient haben oder nicht. Ganz egal wie ihre Vergangenheit ausschaut.


    Selbiges gilt für den Fall der Familie. Es sei denn es befindet sich ein Kind darunter.

  • Ich stimme dir zu das 5 Leben mehr Wert sind wie eines. Jedoch haben diese 5 ein Verbrechen begangen das in meinen Augen nicht nachvolziebahr oder zu rechtfertigen. Anders würde ich es mit Mördern oder Dieben handhaben, da dies Verbrechen sind die ich eher nachvollziehen kann.

    "If my mind can conceive it, and my heart can believe it - then I can achieve it." ("Wenn mein Kopf es sich ausdenken kann, wenn mein Herz daran glauben kann - dann kann ich es auch erreichen.") Muhammad Ali (1942-2016) RIP

  • woop woop ich hab in der Schule halb aufgepasst woop woop.
    Zum Zug-Dilemma:
    Die Antwortet bei mir in der Klasse sind alle relativ gleich ausgefallen. So ziemlich alle haben gesagt, das 5 Leben mehr Wert sind als 1. Doch als man dann weiter gedacht hat, hatten wir dann auch überlegt, wäre man auch in einem moralischen Dilemma, wenn man an der Situiation nichts ändern würde? Also z.B einfach auf seinem Platz im Zug sitzen bleibt, weil man nur ein einfacher Fahrgast ist?
    Die Diskussionen gingen dann so weit, dass wir uns eine andere Lehrerin dazu holten, die zudem auch Anwältin war und all dieses Kram studiert hatte. Sie hatte uns dann gesagt, dass es beim Gesetz immer zunächst so wäre, dass man die Tat vorsätzlich begangen hat, also das man die eine Person extra umgebracht hat, weil man die nicht mochte oder so. Dann werden noch ganz andere Punkte beachtet, zu den Zeitpunkt habe ich dann aber irgendwie nicht weiter zugehört, weil ich durch irgendetwas abgelenkt wurde.. Irgendwann konnte ich dann wieder zuhören, als sie meinte, man würde auf jeden Fall freigesprochen werden, wenn z.B die eine Person auf dem Gleis, dein eigenes Kind oder anderes Familienmitglied ist und man die anderen 5 überhaupt nicht kennt. Weil dann hat man wohl das Recht, die Familienangehörigen auf jeden Fall zu retten. Wobei ich sagen müsste, dass mir das vermutlich noch schwerer Fallen würde, weil dann würde ich ja daran erinnert, dass die Leute auch sterben und deren Familien es dann auch nicht gut geht. Aber von der Rechtslage wäre das eindeutiger geklärt als wenn man keine Person kennen würde.
    Aber generell finde ich es schwer, so eine Entscheidung zu treffen, ich persönlich würde vermutlich nichts machen und mich auf den Boden schmeißen. Wobei die Situation an sich auch relativ unrealistisch ist, wie ich finde, weil ich denke, keiner bleibt so lange auf Gleisen stehen, wenn der Zugfahrer sich noch entscheiden könnte wen er überfährt, da würde es glaube ich andere Möglichkeiten geben, die Personen von ihrem Picknick auf den Gleisen runter zu bekommen :(


    Zu dem Heinz-Dilemma:
    Das fande ich persönlich noch spannender als das mit dem Zug, weil ich fand, da waren noch mehr moralische Anhaltspunkte, wie z.B die von dem Mann, oder auch von dem Apotheker. Man konnte viel mehr mit der Moralentwicklung nach Kohlberg anfangen, was wir natürlich in der Schule machen mussten, was hier aber wohl eher wenigeren etwas sagen wird.
    Ich meine, wie viele Personen betrifft das. Zwar jetzt nicht genau so, aber wenn es z.B darum geht, bei einem Familienmitglied, den Stecker im Krankenhaus zu ziehen und somit diese Person eigentlich zu töten, wenn diese keine Patientenverfügung hat. Wenn die Person noch eine geringen Chance auf Heilung hat, lässt man doch meist die Geräte an, weil man dann immer noch hofft, dass es einmal besser wird.
    Als wir das Dilemma im Unterricht durchgenommen hatten, habe ich auch für mich selbst gesagt, dass ich vermutlich mein Familienmitglied hätte sterben lassen. Vielleicht hatte ja schon jemand anderes für das Medikament bezahlt und ich hätte es ihm geklaut. Ich meine, selbst wenn ich dann nachher im Gefängnis bin, ich glaube damit würde ich nicht klar kommen, nur weil ich so egoistisch war und wollte mein Leben wieder schön haben, glücklich und zufrieden wie es vorher war.


    Allgemein gesehen finde ich diese Dilemmata immer ganz schwer einzuschätzen, da es oftmals Aspekte gibt, die gar nicht beleuchtet werden, über die man sich dann aber Gedanken macht und dann schwer zu einer entgültigen Lösung kommt, aber diese Punkte werden ja auch unter anderem an der Theorie von Kohlberg kritisiert, dass er zu "schwamming" vorging etc.

  • Es passt vielleicht nicht so ganz in dieses Topic, ein passenderes habe ich aber nicht gefunden:


    Ich habe Gestern eine Serie gesehen, wo ein Mann in die Vergangenheit gereist ist und auf einer Insel von Einheimischen festgenommen, als Gefangener schlecht behandelt und mit dem Tod bedroht wurde. Ein 12-Jähriges Kind hat diesem Mann heimlich etwas zu essen gegeben, wurde deswegen von seinem Vater misshandelt. Irgendwann hielt es dieses Kind in der Siedlung nicht mehr aus, befreite den Gefangenen und wollte mit diesem fliehen. Als der Gefangene frei war hat er das Kind kaltblütig erschossen. Der Grund dafür lag in der Zukunft. Da der Gefangene aus der Zukunft kam, kannte er dieses Kind als erwachsenen Mann. Dieser war ein Soziopath und Massenmörder, der auch dem Gefangenen das Leben zur Hölle gemacht hat.


    Die Frage ist, ob es richtig ist ein unschuldiges und wehrloses Kind zu töten, für etwas das es in der Zukunft tun würde, von dem es selbst noch nichts weiß. Oder anders gefragt: Würdet ihr Hitler als Kind oder Baby töten, wenn ihr in die Vergangenheit reisen würdet?

  • Um an die Beantwortung der Frage heranzugehen, würde ich vorschlagen, den Aspekt der Zeitreise einfach erstmal aus der Gleichung herauszunehmen. Also, anders gefragt: Nehmen wir an, der Mann wäre gefangen genommen, und dann befreit ihn der Massenmörder und Soziopath (nachdem er seine Missetaten längst begangen hat), und DANN erschießt ihn der befreite Mann aufgrund der früheren Taten. Um es noch etwas mehr zu vereinfachen: Nehmen wir an, der Mann findet den Massenmörder, der frei herumläuft - hätte er das Recht, ihn einfach zu erschießen, bzw wäre das richtig? Die Beantwortung der Frage mit dem Zeitreise-Aspekt ergibt nur dann Sinn, wenn man diese beiden Situationen damit beantworten würde, dass der Mann tatsächlich das Recht hat, diesen Massenmörder einfach kaltblütig zu erschießen. Soweit ich weiß, erlaubt es geltendes Recht auch unter diesen Umständen nicht, einen Menschen zu ermorden, solange man selbst nicht in (akuter?) Gefahr schwebt. Nimmt man das als Basis für richtiges und falsches Verhalten, wäre induktiv nachgewiesen, dass der Mann auch nicht das Recht hat, in die Vergangenheit zu reisen und den Täter als Kind umzubringen.


    Nimmt man an, dass der Zeitreisende in beiden Fällen nicht in Gefahr schwebt, kommt bei dem genannten Fall, dass er das Kind tötet, der Aspekt hinzu, dass er dadurch ja spätere negative Effekte verhindert, die dieses Kind begeht, während es im anderen Fall um reine Rache gehen würde, die ich ohnehin verurteilenswert finde. Allerdings ist sehr zweifelhaft, dass der Mord am Kind der einzige Weg ist, die Zukunft abzuwenden, und was für andere negative Konsequenzen der Tod des Kindes haben könnte.


    Aber noch ein paar generelle Gedanken zu Zeitreisen:
    Ich finde, wenn jemand in die Vergangenheit reist, dann hat er keinen Grund, jemandem etwas anzutun für Dinge, die diese Person später tun könnte. Der Grund dafür ist, dass diese Ereignisse für den Zeitreisenden in der Vergangenheit liegen, also schon passiert sind, und daher auch nicht mehr abgewendet werden können. Man könnte argumentieren, dass man verhindert, dass diese Dinge »erneut« stattfinden, aber wie gesagt, ist das nicht sicher. Ein Zeitreisender steht in dem Fall quasi über der Moral der Zeitebene, in die er eingedrungen ist, und zwar in dem Sinne, dass ihn das Leid, das von dieser Zeitebene aus zukünftig passieren wird, nichts angeht. Er ist nicht schuld an schrecklichen Dingen, die in der Zukunft passieren würden, nur weil er von ihnen weiß. Es ist auch nicht seine Pflicht, daran etwas zu ändern, vor allem deswegen, weil er gar nicht alles ändern kann bzw. gar nicht weiß, wie er es ändern sollte. Sobald er sich einmischt, erhebt er sich als Richter über die Schicksale anderer Menschen. Daher finde ich, dass schon alleine das Zeitreisen an sich unmoralisch ist. Wer in die Vergangenheit reist, tut automatisch das Falsche, egal was er macht, auch wenn er einen Massenmord verhindert. Das gilt natürlich vor allem dann, wenn die Zeitreise bewusst und absichtlich stattgefunden hat. Wurde er ohne sein Zutun in die Vergangenheit geschickt, sollte er einfach nach ethischen Grundlagen handeln, die auch jetzt schon existieren (eine davon ist, dass man keine Morde begehen soll).

  • Die Frage ist, ob es richtig ist ein unschuldiges und wehrloses Kind zu töten, für etwas das es in der Zukunft tun würde, von dem es selbst noch nichts weiß. Oder anders gefragt: Würdet ihr Hitler als Kind oder Baby töten, wenn ihr in die Vergangenheit reisen würdet?

    Ich finde ja, dass das eine durchaus interessante Fragestellung ist, nur bin ich mir nicht sicher, ob sie in der Form zielführend ist. Das Problem, welches ich jetzt vorerst mit diesem Dilemma habe und hinter dem man sich ganz vortrefflich verstecken kann, ist einfach, dass zu viel daran ungewiss und nicht ausformuliert ist. Nun lässt sich natürlich nicht leugnen, dass ich einfach generell in solchen Fällen versuche, eine - sicher nicht unbedingt richtige - "Nutzen/Schaden-Abrechnung" durchzuführen. Und hier ist das einfach für mich erst einmal unmöglich, denn keiner von uns hat eine Ahnung, was so Zeitreisen anrichten können. Lassen wir eventuelle Paradoxien und Rückwirkungen mal weg und postulieren, dass es in der Tat möglich ist, Hitler zu töten, obwohl man durch diese Veränderung in seiner Zeitlinie ja eben nicht mehr zurückreisen und ihn töten könnte bzw. dafür ja kein Grund vorliegt (was in der Tat das erste Problem wäre, was ich jetzt anmerken würde).
    Dann stellt sich die Frage, wie sich denn die Welt entwickelt hätte, wenn Hitler als Kind getötet worden wäre und das kann man halt nicht sagen. Die Intuition mag hier diktieren, dass sie auf jeden Fall besser gewesen wäre, aber logisch betrachtet gibt es zu dieser Annahme nicht unbedingt Anlass. In der damaligen Zeit hätte sich auch durchaus jemand anderes aufschwingen und ähnliches Unheil anrichten können. Und auch wenn man das ausschließt, bleiben positive Entwicklungen wie die engeren Beziehungen zwischen den europäischen Staaten nach dem Krieg in dieser alternativen Zeitlinie aus, sodass die Unmöglichkeit des Krieges untereinander, wie wir sie heute in der europäischen Union gegeben haben, möglicherweise nicht existieren würde. Die "Ursache Hitler" hatte viel zu viele komplexe Wirkungen und einige sind in letzter Konsequenz eventuell sogar - so unglaublich es vielleicht jetzt klingt - positive Entwicklungen gewesen. Dass letztere natürlich mit dem Ziel durchgebracht worden sind, einen "zweiten Hitler" unmöglich zu machen, ist dabei vorerst irrelevant. Somit steht also der Tod eines Menschen gegen etwas absolut Ungewisses. Ich glaube nicht, dass ich hier die Katze im Sack kaufen wollen würde.
    Vielleicht war das auch schon die Antwort, auf die du hinaus wolltest, aber ich möchte noch zwei weitere Varianten des Problems durchdenken, die aber letzten Endes meiner Ansicht nach keine relevanten neuen Probleme darstellen.
    Man kann nämlich ferner einfach mal postulieren, dass diese alternative Welt ziemlich genau wie die jetztige wäre, nur eben die negativen Auswirkungen von Hitler ausgeblieben wären. Dann hat man, wenn man seine Tötung vornehmen will, schon eine recht gut Basis, jedoch: Man müsste ihn ja vielleicht nicht einmal töten. Wenn man zurückreisen kann, könnte man auch erst einmal versuchen, Einfluss auf ihn zu nehmen und seine Ansichten zu verändern. Alternativ wäre es auch möglich, seinen Aufstieg zu verhindern und so weiter. Das Problem wäre also auch ohne eine Tötung gelöst.
    Die letzte Fassung des Dilemmas wäre dann, dass eben genau diese Möglichkeit ausgeschlossen wird, heißt also: Er kann nur getötet werden oder nicht und wenn man ihn tötet, bleiben einzig und allein die positiven Fernwirkungen im Zeitverlauf erhalten, die über 60 Millionen Tote des Krieges aber gab es zum Beispiel nicht. Hier muss ich aber anmerken, dass sich das Beispiel dann nicht mehr von diversen anderen Dilemmata unterscheidet, es ist dann de facto "Einen Menschen töten, um viele zu retten" und davon sogar eine ziemliche Extremform, wenn man bedenkt wie viele Menschen gerettet werden würden. Unter diesen Voraussetzungen muss ich wohl bekennen, dass ich im Sinne der "Schaden/Nutzen-Abrechnung" ihn dann töten wollen würde (ob ich es letzten Endes kann, kann ich aber nicht mit letzter Gewissheit sagen und um auch hier ehrlich zu sein, ich tendiere intuitiv irgendwie zu nein). Aber ich sähe diese Handlung keinesfalls als moralisch gerechtfertigt an. Tatsache ist nämlich auch, dass Hitler als Kind unschuldig war. Er hat als solches nichts getan, was eine Strafe rechtfertigen würde (und gegen die Todesstrafe bin ich sowieso), zudem wird sogar der Erwachsene Hitler in dem Moment unschuldig, in dem ich das Kind umbringe, da seine Verbrechen ja auf einen Schlag gelöscht werden. Ich persönlich würde also damit leben müssen, dass ich einen unschuldigen Menschen getötet habe und das möglicherweise auch aus einem gewissen Egoismus und einer meiner Ansicht nach moralisch nicht zu verteidigenden Ansicht über "das, was getan werden musste" heraus.

  • Soweit ich weiß, erlaubt es geltendes Recht auch unter diesen Umständen nicht, einen Menschen zu ermorden, solange man selbst nicht in (akuter?) Gefahr schwebt. Nimmt man das als Basis für richtiges und falsches Verhalten, wäre induktiv nachgewiesen, dass der Mann auch nicht das Recht hat, in die Vergangenheit zu reisen und den Täter als Kind umzubringen.

    Ich verstehe zwar nicht ganz, was das mit der Fragestellung zu tun hat, weil es nur um Moral und nicht um Recht oder Unrecht geht. Aber unabhängig davon: wieso soll das geltende Recht eine Basis für die Vergangenheit sein? Wenn du in die Vergangenheit reist, dann bist du doch dem Recht der Zeit unterworfen, in der du gereist bist. Zumindest ist das naheliegend.


    Er kann nur getötet werden oder nicht und wenn man ihn tötet, bleiben einzig und allein die positiven Fernwirkungen im Zeitverlauf erhalten, die über 60 Millionen Tote des Krieges aber gab es zum Beispiel nicht. Hier muss ich aber anmerken, dass sich das Beispiel dann nicht mehr von diversen anderen Dilemmata unterscheidet, es ist dann de facto "Einen Menschen töten, um viele zu retten"

    Kann man so sehen. Ich sehe aber selbst dann einen Unterschied, der darin liegt dass Hilter zwar im Zeitpunkt seiner Tötung als Kind unschuldig wäre, man aber genau weiß, dass er in Zukunft ein Massenmörder sein wird. Ob dieser letztgenannte Aspekt, das Wissen über die Zukunft im Hinblick auf die Schuld, die Entscheidung beeinflussen würde, ist der ausschlaggebende Punkt dieser Fragestellung. Bei der Tötung Hitlers fällt dieser Aspekt vielleicht eher in den Hintergrund. Ganz anders sieht die Sache allerdings aus, wenn es nicht um Hitler ginge, sondern um einen einfachen Mörder. Wie würdest du reagieren, würdest du z.B. den Mörder deines Kindes in der Vergangenheit begegnen, als dieser Mörder noch ein Kind war?

  • Kann man so sehen. Ich sehe aber selbst dann einen Unterschied, der darin liegt dass Hilter zwar im Zeitpunkt seiner Tötung als Kind unschuldig wäre, man aber genau weiß, dass er in Zukunft ein Massenmörder sein wird. Ob dieser letztgenannte Aspekt, das Wissen über die Zukunft im Hinblick auf die Schuld, die Entscheidung beeinflussen würde, ist der ausschlaggebende Punkt dieser Fragestellung. Bei der Tötung Hitlers fällt dieser Aspekt vielleicht eher in den Hintergrund.

    Nun ja, das stimmt natürlich. Bei einer simplen Aufrechnung der Leben gegeneinander überwiegen natürlich locker die über 60 Millionen und dann spielt es bei einer derartigen Betrachtung für die Entscheidung auch keine Rolle, ob die zu tötende Person in einer bestimmten Form unschuldig, derzeit schuldig, oder halt in Zukunft schuldig ist. Die Tatsache, dass er in Zukunft eines Verbrechens schuldig ist, würde glaube ich für meine Entscheidung an sich keine Rolle spielen, aber es trotzdem möglicherweise erleichtern, damit zu leben. Insofern ist es fast schon doof, dass er schuldig ist, da ich finde, dass ich mit einem kaltblütigen Mord nicht leicht leben sollte.

    Ganz anders sieht die Sache allerdings aus, wenn es nicht um Hitler ginge, sondern um einen einfachen Mörder. Wie würdest du reagieren, würdest du z.B. den Mörder deines Kindes in der Vergangenheit begegnen, als dieser Mörder noch ein Kind war?

    Entgegen deiner letzten Frage habe ich eher den Eindruck, dass es nicht unbedingt darum geht, wie ich mich verhalten würde, sondern warum ich mich so verhalten würde. ;) Nun, bisher habe ich, wahrscheinlich auch da ich mich mit diesem Thema nicht oft beschäftigt und auch die Beiträge in diesem Thema nicht verfolgt habe (ich hatte mal irgendwann einen wunderbaren Anfängerbeitrag verfasst, aber das dürfte schon ewig her sein), hauptsächlich der mathematischen Betrachtungsweise gewidmet, in dem Sinne, dass einfach die Leben gegeneinander aufgerechnet werden. Neben dieser quantitativen Betrachtung spielen dann natürlich auch irgendwann die qualitativen Aspekte eine Rolle. Ich suche mal nicht die Schlupflöcher in deinem Beispiel, weil das ja zu einfach wäre (und trotzdem würde es meinem realen Vorgehen am ehesten entsprechen). Hier steht ein Leben gegen ein anderes Leben. Es mag sein, dass ich dem Leben meines Kindes dann auf der qualitativen Ebene eine höhere Relevanz einräumen würde, aber ich bezweifle, dass ich das auf der Basis tue, dass das Leben des Mörders generell als von geringerem Wert einzuschätzen sei, sondern eher, weil mir mein Kind halt so viel bedeuten würde. Auch hier spielt die Tatsache, dass dieses Kind, welches ich töten würde, mal ein Mörder sein wird, für mich persönlich keine Rolle, es geht mir nicht darum, jemanden (im Voraus) für etwas zu bestrafen, sondern darum, mein eigenes Kind zu retten. Nun kann man die Frage stellen, wie viel zu tun ich denn dafür bereit wäre. Oder was letzten Endes retten heißt. Angenommen, man geht nicht von einem Mörder, sondern "nur" von einem Vergewaltiger aus und postuliert verschiedene Formen von psychischem und physischen Schaden an meinem Kind, dann könnte man da vielleicht noch Grenzen abstecken. Aber darum geht es ja nicht (Gott sei dank, denn ich hätte nicht mal eine Antwort darauf), es geht ja darum, ob die (zukünftige) Schuld eines Menschen eine Rolle spielt. Das tut sie hier nun einmal auch nicht, was den Ausschlag gibt, ist die Bedeutung des zu rettenden Menschen für mich persönlich. Nun wird es leicht sein, sich einfach zu denken, dass der zu rettende Mensch eben keine Bedeutung für mich spielt, also ein für mich gesichtsloser Mörder einen für mich gesichtslosen Menschen umbringt. Oder man könnte sich denken, dass ich vor der Wahl stehe, entweder einen (zukünftigen) Mörder oder einen "anständigen" Menschen umzubringen. Im ersteren Fall würde ich einfach mal sagen, dass Morde halt passieren und ich ehrlich gesagt keine Veranlassung habe, einen Menschen umzubringen, den ich nicht kenne, um in der Zukunft einen anderen Menschen zu retten, den ich nicht kenne. Und ich würde es auch nicht tun. Das zweite Beispiel wäre dann so eins, wo ich eine Münze werfen würde (wenn mir die Option, nichts zu tun, verweigert wird), aber um es klar zu sagen: Ich würde niemanden umbringen, weil er in Zukunft eines Mordes schuldig wird. Es sind gänzlich andere Faktoren, die meine Entscheidung beeinflussen und die zukünftige Schuld gehört nicht dazu. Nun steht es dir frei, ein Beispiel zu finden, bei dem es absolut keine anderen Faktoren gibt, aber ich denke, es würde bei mir jedes Mal auf den Münzwurf herauslaufen.


    Dann muss ich allgemein noch sagen, obwohl mir klar ist, dass es hier ja nicht darum geht: Ich mag solche Gedankenbeispiele (trotz Philosophiestudium) nicht, was wohl nicht sonderlich überrascht, denn wahrscheinlich mag niemand sie. Das beurteilt natürlich jeder anders, aber ich suche in der Realität immer nach Schlupflöchern, um nicht so eine unbequeme Entscheidung treffen zu müssen. Man könnte auch sagen, ich laufe vor diesen Entscheidungen davon. Tatsächlich glaube ich, dass es solche Schlupflöcher für mich auch immer irgendwo geben wird (kann man natürlich bestreiten), aber vor allem mag ich es nicht, wenn sich die Gedankenbeispiele so weit von der Realität entfernen, dass sie über das reale Verhalten eigentlich nichts mehr aussagen. Gewiss ist diese Aussage nicht komplett unbedenklich und vielleicht auch am Thema vorbei, da dies ja gar nicht das Ziel dieser Dilemmata sein muss. Sind halt nur individuelle Gründe, warum ich das Zeug eigentlich nicht besonders mag. Was aber nicht heißen muss, dass es notwendigerweise ein Widerspruch wäre, wenn ich mich trotzdem damit beschäftige, wird später in meinem Studium sicher auch noch Thema, derzeit haben wir noch nichts so mit Ethik.

  • Die Frage ist, ob es richtig ist ein unschuldiges und wehrloses Kind zu töten, für etwas das es in der Zukunft tun würde, von dem es selbst noch nichts weiß. Oder anders gefragt: Würdet ihr Hitler als Kind oder Baby töten, wenn ihr in die Vergangenheit reisen würdet?

    Wie das doch gerade so gut passt, weil ich momentan etwas lese, das sich mit einem ähnlichen Problem beschäftigt. Und auch vor einer Weile ist mir das in anderer Form in einem Buch (Stephen King-Der Anschlag) begegnet.
    Ob es sich dabei um ein wehrloses Kind handelt spielt dabei wohl nur eine untergeordnete Rolle, bzw. soll es wohl nur das Dilemma ansich besser veranschaulichen. Und ich hoffe, dass Zeitreisen nie möglich sind und Menschen nie vor diese Entscheidung gestellt werden... wobei sie wohl ganz offensichtlich nicht möglich sind, sonst hätte es sicher schon jemand versucht Hitler zu töten und wir würden ihn demzufolge nicht kennen...
    Na jedenfalls ist das eigentliche Dilemma, dass wir nicht die Konsequenzen dieser Handlung absehen können. Jede Tat in der Vergangenheit würde die Zukunft verändern. Manches weniger, manchmal aber möglicherweise so massiv, dass man sich wünschte, es nicht getan zu haben. Was wissen wir denn, was passiert wäre, wäre der zweite Weltkrieg nicht zu genau diesem Zeitpunkt ausgebrochen, sondern durch irgendwelche andere Idioten zehn Jahre später, als erste Länder schon die Atombombe entwickelt hatten? Dass man nicht mit dem Einsatz solcher Waffen gezögert hat, hat man am Ende des Krieges gesehen...
    Um es kurz zu machen: ich persönlich würde jegliches Herumpfuschen in der Zeit vermeiden. Ausnahmen wären wohl, wenn irgendein Ereignis mich selbst emotional betreffen würde, dann würde ich mögliche Konsequenzen vermutlich ausser Acht lassen, aber das ist wohl wieder etwas anderes.

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

    Per aspera ad astra!

    Momentan kein Partneravatar mit Missy!

  • Ich mag solche Gedankenbeispiele (trotz Philosophiestudium) nicht, was wohl nicht sonderlich überrascht, denn wahrscheinlich mag niemand sie. Das beurteilt natürlich jeder anders, aber ich suche in der Realität immer nach Schlupflöchern, um nicht so eine unbequeme Entscheidung treffen zu müssen. Man könnte auch sagen, ich laufe vor diesen Entscheidungen davon. Tatsächlich glaube ich, dass es solche Schlupflöcher für mich auch immer irgendwo geben wird (kann man natürlich bestreiten), aber vor allem mag ich es nicht, wenn sich die Gedankenbeispiele so weit von der Realität entfernen, dass sie über das reale Verhalten eigentlich nichts mehr aussagen.

    Bei derartigen Gedankenspielen geht es doch hauptsächlich um die moralische Wertung. Wie realistisch die Beispiele sind spielt insofern keine Rolle, weil die Antwort in jedem Fall eine moralische Wertung beinhalten wird, die die Gesinnung desjenigen, der die Antwort gibt, widerspiegelt. Natürlich wird man in der Realität versuchen Schlupflöcher zu finden. Die Situation wäre aber kein Dilemma, gäbe es welche. Bei moralischen Dilemmata ist ja grundsätzlich jede Entscheidung falsch, daher auch Dilemma. Gefragt wird hier im Prinzip mit welcher Entscheidung man besser leben könnte, welche moralischen Werte man höher gewichtet. Könnte man der Entscheidung durch Schlupflöcher ausweichen, wären solche Gedankenspiele doch sinnlos.

  • Mein erster Instinkt war "Nein, würde ich nicht", weder im Fall des Kindes noch Hitler. Zu dem Zeitpunkt ist das Kind noch unschuldig und vor allem aber, zeigt es das Bedürfnis zur Veränderung an. Es rettet den Mann, weil es wohl selber nicht mehr in dieser Gesellschaft leben will. Das ist noch nicht der Mensch, der später tötet. Gerade weil es ein Kind ist, stehen der Entwicklung noch so viele Wege offen und dieses Kind könnte in seinem Potential auch der Mensch sein, der in Zukunft am meisten hilft, diese anti-soziale Gemeinschaft zu zerstören und Menschenleben zu retten (jetzt mal im positiven Extremfall). Auch Hitler ist nicht eines morgens aufgewacht und hat sich entschieden ganze Bevölkerungsgruppen auszulöschen. Es ist mir wirklich zuwider jemanden zu töten, nur weil man davon ausgeht, dass dieser Mensch sich negativ entwickeln wird. Dass man selber aus der Zukunft kommt und meint etwas zu wissen, ist für mich kein Beweis, weil das nur eine Zukunft von vielen ist.


    Jetzt habe ich nach einiger Zeit aber einen Haken festgestellt; wenn ich jetzt diese Person nicht töte und gar nichts mache, dann ist es ja irgendwo doch recht wahrscheinlich, dass sich meine Zukunft bewahrheitet. Dann kommt aber wieder die Situation ins Spiel, die Gucky beschreibt: Wir wissen nicht, was wir mit unseren Veränderungen anstellen. Nehmen wir an, ich bekehre das Kind/Hitler, wer sagt, dass durch das Fehlen dieses einen Tyrannen sich nicht ein anderer entwickelt? Und beim Film ist es noch irgendwie kontrollierbar, weil das Kind nicht diese Massen an Menschen tötet und recht unwahrscheinlich ist, dass die selben Menschen einem anderen zum Opfer fallen. Aber bei Hitler finde ich das insgesamt zu groß, um das wirklich abschätzen zu können. Er war nicht der einzige mit solchem Gedankengut. Er ist halt nur der, dessen Name jetzt in allen Geschichtsbüchern steht.
    Das ist etwas, das ich an so Zeitreisen-Geschichten nicht mag. Meistens wird das Töten als die einzige Option dargestellt. Aber es gibt doch so viele andere Wege, die man nutzen könnte. Wege, wo man vielleicht sogar die Konsequenzen für die eigene Zukunft besser kontrollieren kann (die richtigen Menschen irgendwie vorwarnen, Informationen hinterlassen, die zu einem früheren Ende der Tyrannei beitragen können, dafür sorgen, dass Hitler an der Kunstakademie angenommen wird und besseres zu tun hat).


    Nochmal zum Abschluss: Sagen wir, ich schaffe es irgendwie dafür zu sorgen, dass dieser junge Mensch sich nicht negativ entwickelt. Dann habe ich natürlich noch immer das Problem, das im Absatz vorher beschrieben wird. Dennoch ist es so, dass man wohl unbedingt etwas tun möchte, wenn man die Möglichkeit erhält, etwas so schlimmes zu verhindern. Deswegen gehe ich davon aus, dass ich durchaus etwas tun würde und im Endeffekt kann ich das eher mit meinem Gewissen vereinbaren, weil ich dann zumindest diesen einen Menschen davon abgehalten habe "böse" zu werden. Töten ist für mich aber keine Option zu diesem Zeitpunkt der Entwicklung.

  • Ich halte es nun recht naiv zu glauben, dass sich Menschen um 180 Grad drehen und sich ein Kind in jedem Fall bessern kann. "Jeder kommt "gut" auf die Welt" ist an sich schon vollkommen überholt.
    Im Gedankenspiel würde ich, in der Realität würde ich natürlich versuchen ein Schlupfloch zu finden.

  • Bei derartigen Gedankenspielen geht es doch hauptsächlich um die moralische Wertung. Wie realistisch die Beispiele sind spielt insofern keine Rolle, weil die Antwort in jedem Fall eine moralische Wertung beinhalten wird, die die Gesinnung desjenigen, der die Antwort gibt, widerspiegelt. Natürlich wird man in der Realität versuchen Schlupflöcher zu finden. Die Situation wäre aber kein Dilemma, gäbe es welche. Bei moralischen Dilemmata ist ja grundsätzlich jede Entscheidung falsch, daher auch Dilemma. Gefragt wird hier im Prinzip mit welcher Entscheidung man besser leben könnte, welche moralischen Werte man höher gewichtet. Könnte man der Entscheidung durch Schlupflöcher ausweichen, wären solche Gedankenspiele doch sinnlos.

    Das ist mir bewusst, aber Fakt ist, dass ich persönlich glaube, dass meine Entscheidung dabei meine Einstellung nicht dahingehend wiederspiegelt, dass ich eine Entscheidung als moralisch "richtiger" ansehen würde, denn das tue ich einfach nicht. Nun kann man natürlich einwenden, dass zum Beispiel diese reine Aufrechnung, die ich vornehme, ja eigentlich eine bestimmte moralische Betrachtungsweise darstellt, aber Fakt ist dabei nun einmal auch, dass ich Moral nicht dadurch definiere. Dass jede Entscheidung falsch ist, ist natürlich klar, aber ich stufe moralisch gesehen auch nicht eine über die andere. Dann besteht natürlich noch die Frage, mit welcher man besser leben könnte, und daran könnte man vielleicht messen wollen, welche Entscheidung ich, ob nun gewollt oder ungewollt, richtiger finde. Aber auch hier stellt sich das Problem, dass ich zwar eingestehen würde, dass es wohl eine gibt, mit der ich besser leben könnte, aber das ist eben eher eine gefühlsmäßige Sache, denn logisch betrachtet denke ich ebenfalls nicht, dass ich mich bei der einen Entscheidung besser fühlen sollte als bei der anderen bzw. will ich das auch gar nicht. Einen Menschen töten ist für mich nun einmal nicht moralisch zu rechtfertigen, selbst wenn dieser Tod ausschließlich positive Auswirkungen hätte (wovon man beim Hitler-Beispiel ja auch nicht zwangsläufig ausgehen kann, aber nehmen wir mal an, es wäre so und ferner, dass alternative Änderungsmöglichkeiten nicht existieren). Die Alternative ist, dass ich die Hände in den Schoß lege und Millionen Menschen sterben lasse. Die Sache ist halt, ich würde den Mann töten wollen, um die Millionen zu retten. Ihn dann als Kind töten können würde ich aber wahrscheinlich trotzdem nicht. Und da setzt es halt auch in anderer Hinsicht an: Wenn ich keinen töte, kann ich damit vielleicht sogar dahingehend besser leben, dass ich dann kein Mörder wäre. Allerdings wäre das dann auch wieder ein bisschen egoistisch, ich würde die Entscheidung nach dieser Betrachtung für meinen eigenen Seelenfrieden treffen, was ich aber nicht als unbedingt richtig ansehen würde. Natürlich würde ich bei einem Mord auch ein anderes Leben auslöschen und andernfalls eben Millionen passiv sterben lassen, das ist sicherlich auch ein Unterschied. Ich denke dennoch nicht, dass das eine unbedingt besser ist als das andere oder glaube eben, dass ich das nicht entscheiden sollte. Wie ich es mache, es ist aus meiner Sicht nicht falscher oder richtiger, sondern einfach falsch. Ich glaube nicht, dass ich das Recht hätte, mich mit der einen Entscheidung besser zu fühlen oder sie als moralisch richtiger anzusehen. Das einzig richtige wäre, und damit sind wir wieder beim anderen Thema, ein Schlupfloch zu suchen, also einen weiteren Weg, der wirklich richtig wäre. Im Hitler-Beispiel wäre das (vielleicht) dann einfach eine andere Einflussnahme auf dessen Persönlichkeit oder Lebenslauf. Aber solche Zeitreisesachen sind eben sehr komplex. Man müsste wahrscheinlich, wenn man wirklich konsequent was verändern will, sehr viele potentielle Nazis umdrehen und dadurch wird auf anderem Gebiet wieder das und das ausgelöst und so weiter halt. Den "besten" (was auch immer genau das heißen mag) Zeitverlauf zu finden wäre wahrscheinlich auch unmöglich und da wird es doch gleich viel verlockender, wieder an Gott zu glauben, damit wir in der besten aller möglichen Welten leben. Also existiert in der Hinsicht eigentlich auch kein wirkliches Schlupfloch, wenn man den Fall mal ausgedehnt betrachtet. Nur auf den einen Menschen (in dem Fall Hitler) bezogen (also wenn man die zeitlichen Konsequenzen und die Möglichkeit, dass die Veränderung dieses Einzelschicksals vielleicht gar keinen so großen Einfluss auf die Geschichte hätte, mal ausblendet) existiert dieses Schlupfloch natürlich trotzdem. Und der Punkt, dass solche Gedankenspiele sinnlos wären, wenn man einen Ausweg hätte, ist natürlich wahr, aber auch das, worauf ich hinaus will. Die meisten dieser Gedankenspiele sind eben oftmals so an der Realität vorbei, dass ich gelegentlich anzweifle, ob sie uns überhaupt einen Erkenntnisgewinn bringen. Klar, es ist für Gedankenspiele erst einmal egal, dass sie so in der Realität nicht vorkommen mögen (was ich aber natürlich auch nicht vollständig ausschließen kann). Konkret auf mich bezogen bin ich wie gesagt nicht der Ansicht, dass aus meiner Entscheidung zwangsläufig abzuleiten wäre (ich kann das ja selbst nicht einmal), was ich als moralisch richtiger ansehen würde oder womit ich besser leben kann (ebenso würde ich das eine nicht als Indikator für das andere ansehen) und daher denke ich, dass die Dilemmata zumindest an mich vorerst noch verschwendet sind. Wenn man jetzt ganz penibel philosophisch korrekt ist, kann man sicherlich auch darauf verweisen, dass ich im Grunde keine Ahnung habe, was Moral überhaupt ist bzw. dass das vielleicht auch keiner so ganz zweifelsfrei weiß. Wenn ich mich nicht irre, wurde so ein ähnliches Dilemma mal einem meiner Philosophie-Tutoren gestellt und der antwortete lapidar: "Kommt drauf an, nach welcher Sichtweise du da vorgehst." Und das ist auch irgendwie etwas, was meine Ansicht wiederspiegelt: Für das Hitler-Beispiel (nach wie vor gilt als Annahme, dass sein Tod als Kind ausschließlich positive Veränderungen der jetzigen Zeitlinie zur Folge hätte; ob man das so eindeutig bewerten kann, sei dahingestellt) würde ich also die Millionen Leben retten wollen (wie gesagt, wahrscheinlich kann ich das nicht), aber es wäre zum Beispiel falsch, deswegen zu sagen, dass ich mehrere Leben als wertvoller ansehe als ein Einzelnes (kann sein, dass ich das mal getan habe, jetzt gilt es auf jeden Fall nicht mehr). Auf diese Beispiele wäre wohl die einzige wirklich ehrliche Antwort von meiner Seite, dass ich - ungeachtet der Tatsache, dass ich die meisten Leben retten würde - die Entscheidung, die ich als "richtiger" ansehen würde, schlicht und einfach nicht kenne, was zwar nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass es sie für mich überhaupt nicht gibt und auch nie geben wird, aber mich das schon stark vermuten lässt.