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Zitat von AufgabenstellungAlles anzeigenPokémon-Entwicklung
Oh! Taubsi entwickelt sich weiter!
*dramatische Musik*
Glückwunsch, dein Taubsi hat sich zu Tauboga entwickelt!
Wer kennt es nicht? Der Hauptcharakter befindet sich gerade auf seiner Reise, um der Allerbeste zu werden oder ist in einer angespannten Situation und plötzlich meint sein Pokémon, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und sich zu entwickeln. Oder war es dem Pokémon doch lieber, sich während des Kampfes in seiner Mega-Entwicklung zu zeigen und den Gegner auf die Bretter zu schicken? Es kann aber auch einfach so passiert sein, als das Pokémon meinte, die Freundschaft zu seinem Trainer sei groß genug und jetzt könne es wichtig werden.
Was es auch ist: Schreibt eine kurze Geschichte über eine Pokémon-Entwicklung eurer Wahl in einer Situation eurer Wahl! Bis auf Formenwechsel wie bei Formeo oder Zygarde ist jede Entwicklungsart zugelassen.
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Der Vote läuft bis Sonntag, den 03.04.2016, um 23:59 Uhr.
Das weiße Licht hatte den Samen vollkommen umschlossen und strahlte heller als alle Sterne und die Sonne gemeinsam. Eine Entwicklung hatte begonnen. Die harte Arbeit der Pflanze hatte sich letztendlich gelohnt, da sie sich entwickelte. Aus dem kleinen Sonnkern war nun endlich ein Sonnflora geworden.
Das Pokémon war neidisch auf das Sonnflora. Vorher war es so hässlich und uninteressant gewesen, nun war sie eine der schönsten Sonnenblumen der Welt. Vorher, als Sonnkern, hatte man sie ignoriert, nun war sie auf einmal beliebt aufgrund ihrer atemberaubenden Schönheit. Wieso konnte das Pokémon nicht auch so hübch sein?
Vor einem Monat hatte ein Karpador den selbigen Pfad beschritten und hatte die Umarmung des warmen Lichtes am eigenen Leib gespürt. Aus einem einfachen Fisch war eine bedrohliche Seeschlange geworden.
Auch das Karpador hatte das Glück, vom Wunder der Entwicklung gesegnet zu sein. Zuvor war es eines der schwächsten Pokémon gewesen und konnte nichtmal gegen die schwächste Strömung ankämpfen. Nun war es dazu in der Lage, ein ganzes Dorf zu zerstören ohne aus der Puste zu kommen. Diese unbändige Stärke war unvergleichlich, und auch diese wollte das Pokémon haben.
Kindwurm, ein kleiner träumender Drache ist jeden Tag seines Lebens von Klippen gesprungen und hat hart trainiert, um seinen Körper zu stählen. Vor zwei Monaten hatte es seine erste Entwicklung durchlebt, und sechs Wochen später war es endlich zu einem Brutalanda geworden.
Es hatte sich gewünscht, fliegen zu können, und nun konnte es das. Ein Traum wurde wahr für das Wesen. Träume die in Erfüllung gingen waren das schönste Gefühl, dass je jemand haben konnte. Das Kindwurm hatte hart gearbeitet, so wie alle anderen auch. Das Pokémon wollte in die Fußstapfen des Sonnkerns, des Karpadors und des Kindwurms treten. Schönheit, Stärke und erfüllte Wünsche, alles verlangten die Gedanken des Pokémon vom Typ Normal.
Es trainierte. Bis an seine Grenzen kam es oft, aber nie wurden diese durchbrochen. Immer wieder versuchte das Pokémon, diese Grenzen zu zerschmettern, um sich endlich entwickeln zu können. Die Jahre vergingen, aber das Pokémon gab nie auf. Es würde sich entwickeln, das wusste es! Irgendwann, da musste es passieren, und dann war es stärker als die Götter! Jeder Trainer würde es fangen wollen, doch niemand würde je dazu in der Lage sein. Die Entwicklung würde kommen.
Doch das geschah nie. Denn ein Dummisel entwickelt sich nicht.
„Wach auf, Dämmerlicht!“ Eine sehr drängende und aufgeregte Stimme schrie mir ins Ohr. Pfoten auf meinem Rücken rüttelten mich durch, um mich aus dem Schlaf zu holen. Ich war ganz benommen und wusste erst nicht, was los war. Verwirrt über die Aufregung, die von Sternchen ausging, blinzelte ich sie an. Ihr schwarzes Fell mit dem braunen Brust- und Bauchfell war gesträubt und ihre blauen Augen musterten mich eingehend. Normalerweise hatten wir alle schwarze Augen, aber bei ihr war das anders.
„Lass mich, ich …“, begann ich zu protestieren, aber sie ließ mich nicht in Ruhe, gab mir sogar einen heftigeren Stoß mit ihrem Schädelknochen auf dem Kopf, den ich ebenso besaß.
„Dämmerlicht“, brüllte sie noch einmal meinen Namen, so dass ich mich in Bewegung setzte und aufstand.
„Sie sind da, komm schon, wir müssen unser Revier verteidigen!“, drängte sie mich zur Eile und lief daraufhin los. Ich verstand erst gar nicht, was sie mir damit sagen wollte. Sie sind da? Wer denn? Ich schüttelte zuerst den Schlaf von mir und bemerkte dabei, dass mir immer noch die Seite weh tat. In der letzten Nacht hatte ich mich bei der Jagd verletzt gehabt, was offensichtlich noch nicht ganz verheilt war. Aber es war nicht mehr so schlimm.
Ich folgte langsam Sternchen aus der Höhle, die für uns alle ein geschützter Schlafplatz war. Draußen angekommen, konnte ich sehen, dass bereits der Mond aufgegangen war und das nicht erst vor kurzem. Hatte ich etwa verschlafen?
„Dämmerlicht!“ Als ich noch einmal meinen Namen hörte, riss ich mich vom klaren Sternenhimmel weg und rannte selbst los. Noch mit müden Knochen lief ich Sternchen hinterher und konnte im Hintergrund das Jaulen meiner Brüder und Schwestern hören. Sternschnuppe, Nachtschatten und Nachtschwärmer konnte ich vernehmen und auch der starke Schattenklaue war zu hören. Das alarmierte mich umso mehr, weswegen ich meine stechende Seite ignorierte und gemeinsam mit Sternchen durch den Wald hetzte. Neben dem Brüllen und Knurren meines Rudels hörte ich noch etwas anderes, je näher ich dem Tumult an unserer Reviergrenze kam. Es waren Fiffyens und Magnayens, ein verfeindetes Rudel, welches es schon immer auf unser Revier abgesehen hatte. In unserem Waldstück gab es die besten Beute-Pokémon, die schönsten Plätze und natürlich auch die größte Höhle für ein großes Rudel. Ich wusste nicht, wie oft wir schon gegen das Rudel von Magnayen gekämpft hatten, um als Sieger hervorzugehen, doch heute war alles anders. Als ich das Kampfgewimmel erreichte, war es auf den ersten Blick schwierig zu erkennen, welches schwarze Fell zu wem gehörte. Ich brauchte einen Augenblick länger, um mir einen Eindruck zu beschaffen. Meine Hunduster-Kameraden legten sich hauptsächlich mit den Fiffyens an, während Schattenklaue von gleich drei Mangnayens umzingelt war. Seine gebogenen Hörner setzte er immer wieder als Waffen ein, genauso wie seinen peitschenden Schweif und seine Klauen und Krallen.
Ich traute meinen Augen kaum, denn das letzte Mal hatte es unter den verfeindeten Rudel nur ein Magnayen gegeben! Hatten sich welche entwickelt? Normalerweise brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, denn ich wusste wie stark Schattenklaue war. Doch dieses Mal sah es so aus, als würde er unterliegen. Kaum hatte er einen Angriff eines Magnayens abgewehrt, da bedrängten ihn die anderen beiden. Einer von denen warf sich sogar auf Schattenklaues Rücken und biss ihm heftig in die Schulter. Er jaulte vor Schmerzen auf, aber gleichzeitig entbrannte in seinen Augen die Wut. Er kämpfte wie ein wildes Tauros, doch ich fürchtete, dass er es dennoch nicht schaffen würde.
„Dämmerlicht, wir müssen etwas unternehmen!“, hörte ich Sternchen. Sie war nicht die Stärkste von uns, eher zart gebaut, wenn auch flinker und wendiger als wir anderen. Als sie los stürmte, um Schattenklaue zu Hilfe zu eilen, bekam ich einen Schrecken. Vor allem, als ich sah wie eines der Magnayen einfach hart austrat und sie im hohen Bogen davon katapultierte. Sie winselte vor Schmerzen auf und prallte gegen einen Baum.
„Sternchen!“, schrie ich und lief zu ihr. „Mein armes Sternchen“, winselte ich und schleckte ihr behutsam über die Flanke. Sie gab einen jämmerlichen Laut von sich, was mich unglaublich wütend machte. Wie konnten sie Sternchen so verletzen? Ich brüllte und knurrte auf, setzte mich in Bewegung und stürzte mich auf die Magnayen. Ja verflucht, ich war schwächer als sie, aber mein Wille war stark und so oft sie mich auch abschüttelten und davon stießen, ich rappelte mich immer wieder auf. Ich wollte kämpfen und mein Rudel wie auch mein Revier verteidigen. Schattenklaue war mit einem der Magnaten beschäftigt und warf ihm sein Feuer entgegen. Nur kurz war ich abgelenkt und bemerkte nicht, wie eines der Magnayens von hinten kam und mich mit seinen Klauen erwischte. Ich erhielt eine schlimme Fleischwunde an der Flanke, die mich fast lähmte. Wir mussten dieses Rudel zurückdrängen! Das war der einzige Gedanke, den ich fassen konnte. Was sollte sonst aus uns werden? Aus Schattenklaue, der niedergerungen wurde und aus meinem lieben Sternchen, die immer besorgt um mich war? Selbst dann, wenn ich sie harsch an maulte, ließ sie sich nicht von mir abschrecken. Sie war diejenige, die stets zu mir hielt und sich freute, wenn ich ihr ein bisschen Aufmerksamkeit schenkte.
Ich brüllte noch einmal auf und verbiss mich am Bein eines Magnayens. Es schnappte nach mir, schüttelte mich und ich flog davon. Mein ganzer Körper war nur noch ein einziger Schmerz und meine Energie war so gut wie aufgebraucht.
Ich durfte nicht … aufgeben! Nur mühsam rappelte ich mich auf, meine Beine zitterten und mein Blick war rot, weil mein eigenes Blut mir in die Augen lief. Ich knurrte immer wieder und stürmte voran.
Ganz gleich was aus mir wurde, ich musste meine Familie beschützen! Ich musste Sternchen schützen! Also warf ich mich erneut in den Kampf und wurde von einem heftigen Energieschub erfasst, der meinen Körper durchströmte. Mein Wille war so stark und unerschütterlich, dass er in mir die Energiewelle auslöste, die dazu führte, dass ich mich veränderte. Auf einmal wurde ich größer, meine Muskeln wuchsen an, mein Schweif wurde länger, aus meinem Kopf wuchsen Hörner. Ich begriff gar nicht, was genau mit mir geschah und stürzte auf die Magnayens vor mich, als es vorbei war. Meine Zähne bissen nach ihnen und das Feuer loderte so heftig in mir auf, dass ich eine wahre Feuerbrunst ihnen entgegen schleuderte. Ob das der Grund war, dass sie genug hatten, wusste ich nicht, aber einer nach dem anderen winselte auf und floh. Sie rannten, als wäre Giratina höchstpersönlich hinter ihnen her.
Ich sah noch immer blutrot und setzte ihnen nach, bis ich von ihnen nichts mehr sah oder hörte. Erst dann schaffte ich es mich langsam wieder zu beruhigen. Mein Körper bebte noch immer und der Schmerz kehrte langsam zurück. Der Wald lag totenstill da. Alle Pokémon darin schienen den Atem angehalten zu werden. Erst jetzt wurde mir diese Stille wirklich bewusst, denn vorher hatte es Kampflärm gegeben.
„Dämmerlicht?“ Eine zarte Stimme drang an mein Gehör und ich wandte meinen Blick vom dunklen Wald ab, wo die Magnayen verschwunden waren, und sah die blauen Augen von Sternchen.
„Sternchen, geht es dir gut?“, fragte ich frei heraus und auf einmal lief sie auf mich zu, sprang mich an und drückte sich gegen mich.
„Dämmerlicht!“, hörte ich sie noch einmal. Sie hatte sich Sorgen gemacht und war froh, dass alles vorbei war. Ich konnte mich gar nicht retten und ging zu Boden. Einerseits völlig erschöpft, andererseits von ihren Liebkosungen niedergerungen. Immer wieder winselte sie und leckte mir dabei über die Nase. Ganz langsam kamen auch die anderen zu uns. Ich spürte beim Aufsetzen erneut eine heftige Welle des Schmerzes und hechelte erschöpft. Der Kampf hatte mir einiges an Kraft gekostet und die Entwicklung … Unfassbar, dass ich nun ein Hundemon war! Sie hatte in mir so viel Energie ausgelöst, dass ich mich vorhin stark und mächtig gefühlt hatte, doch nun war ich matt und wollte mich einfach nur noch hinlegen. Hätte ich auch getan, wenn da nicht die anderen aus meinem Rudel wären. Schattenklaue humpelte und blieb wenige Meter vor mir stehen. Unsere Augen trafen sich, aber ich war mir nicht sicher, was ich in seinen Augen erkennen konnte. Er sagte nichts. Auch die anderen sprachen kein Wort. Sie sahen mich nur intensiv an. Irgendwann löste sich Schattenklaue, wandte sich ab und ging. Er verschwand zwischen den Bäumen, aber ich war mir nicht sicher, was das bedeutete. Erkannte er meine neu dazu gewonnene Stärke an? Würden wir später gegeneinander kämpfen müssen, um herauszufinden, wer von uns der Stärkere war? Allein dieser Gedanke löste Sorge in mir aus. Die anderen lösten sich ebenfalls und folgten Schattenklaue. Nur Sternchen blieb bei mir, weswegen ich mein Blick zu ihr wandte. Ich blickte ihr in die blauen Augen, nur einen kurzen Augenblick, dann schmiegte sie ihren Kopf wieder an den meinen und wirkte glücklich, dass alles so gut ausgegangen war.
Ob das hier wirklich ein gutes Ende genommen hatte, konnte ich zwar nicht beurteilen, aber ich war froh, dass es allen soweit gut ging und wir erneut die Magnayens und Fiffyens zurückgedrängt hatten.
Also war doch alles gut?
Ich würde niemals behaupten, es sei schlimm, ein Pokémon zu sein. Im Gegenteil. Es hat gewiss seine Vorzüge. Ich zumindest habe das Glück, einen mich liebenden Trainer zu haben, der sich stets mit viel Fürsorge um mich kümmert. Er ist immer gut zu mir und hat mir noch nie Unrecht angetan. Natürlich sind da die Pokémonkämpfe, die an meinen Kräften zehren und mich mal schwach, mal gestärkt zurücklassen. Doch das gehört dazu. Ich kämpfe eigentlich sogar recht gerne. Schließlich zeige ich so meine Zuneigung zu meinem Trainer. Und werde gleichzeitig stärker. Alles in allem bin ich also gerne ein Pokémon. Mein Trainer besitzt mich, seit er und ich klein waren. Doch seit einigen Wochen hat sich etwas verändert.
Er streichelt mich zwar noch immer mit derselben Zärtlichkeit wie zuvor, aber es hat sich etwas in seinem Blick verändert. Gewinne ich nun in einem Kampf, freut er sich, blickt gespannt auf mich hinab. Sonst war es immer so, dass er mich direkt in die Arme geschlossen hat, egal ob ich gewann oder verlor. Doch nun legt er seinen Kopf immer merkwürdig schräg, eine Art traurigen Schleier vor den Augen. Erst dann beugt er sich zu mir hinab und tätschelt mit sanft, aber irgendwie eindringlich den Kopf. An manchen Tagen lege ich meinen Kopf ebenso schräg, versuche ihn zu fragen, was los ist. Doch dann lächelt er - auch wenn sein Lächeln nicht seine Augen erreicht. Dann sagt er mit leiser, aber fester Stimme: "Wann entscheidest du dich nur, Evoli?" Und dann verschwinde ich meist genauso schnell zurück in meinem kleinen, runden Zuhause, sodass ich kaum Zeit habe, über sein merkwürdiges Verhalten nachzudenken.
Zugegeben, ich habe schon einige Evolis gesehen, die nicht ganz meine Gestalt hatten. Doch ich bin mir sicher, dass sie mir ähnlich waren - eines hatte samtiges, violettes Fell und konnte doch tatsächlich das gegnerische Pokémon mit einer Psychoattacke besiegen, welche ich selbst nicht imstande bin, einzusetzen. Ein anderes war heiß gewesen wie das Feuer selbst und hatte sogar Flammen gespuckt, als es eine Gefahr gewittert hatte. Doch auch dem Feuer bin ich nicht mächtig. Wieder ein anderes sah beinahe aus wie ein Fisch, hatte es doch aber trotzdem irgendwie Ähnlichkeit mit mir - genau wie die anderen beiden. Doch auch das Wasser kann ich in keinster Weise beherrschen. Ich hatte mich also gefragt, wie es sein konnte, dass ich Teile von mir in diesen fremden Pokémon sah und sie mir unheimlich bekannt vorkamen, wo sie doch in ihren eigenen Typen so anders aussahen als ich.
Natürlich hatte ich auch bereits von Pokémon gehört, die gewachsen waren. Die beinahe ihre komplette Form gewechselt, neue Attacken gelernt und mehr Stärke dazugewonnen hatten. Die Menschen hatten das "Weiterentwicklung" genannt. Und gewiss waren die drei Pokémon, denen ich begegnet war, stärker als ich gewesen. Doch wenn dies alles wirklich stimmte, und ich richtig lag - konnte ich auch so werden? Konnte ich mich weiterentwickeln und so meinen Trainer glücklich machen? So glücklich, wie er früher immer war? Das ist mein größter Wunsch - ihn wieder so strahlen zu sehen wie einst.
So geschah es dann ein paar Tage später, nachdem ich jede Sekunde über diese merkwürdige Welt nachgedacht hatte, in der es möglich war, dass sich Pokémon in stärkere Wesen verwandelten, aber dennoch vom Inneren her dieselben blieben. Da geschah es, dass mein Trainer mich an einem kühlen Herbstmorgen, an dem die Blätter sich bereits rot und gelb färbten, aus meinem Zuhause rief und mich vor ein paar ominös geformte Steine setzte, alle in unterschiedlichen Formen und Farben. Ich begutachtete sie genau, wenngleich ich etwas überfordert war. Mein Trainer wollte mir damit definitv zu verstehen geben, dass er tatsächlich wollte, dass ich mich veränderte. Sogleich schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass er unzufrieden mit mir und meinem derzeiten Erscheinungsbild war - wollte er mich wirklich so sehnlichst verändern? Reichte ich ihm nicht mehr? Und angenommen, ich würde mich wirklich verwandeln, wäre er dann glücklicher? Würde er mich besser behandeln? Oder gar schlechter? Würde ich mich selbst vielleicht verändern? Würde ich überhaupt noch dasselbe Pokémon sein? Würde ich noch ich sein?
All diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, als ich so versunken auf die Steine blickte und versuchte, in einem von ihnen die Antworten auf all meine Fragen zu finden. Doch die Steine waren schweigsam wie die Sterne, welche mir jedoch auch in der Nacht keinen Beistand leisteten.
Ich verlagerte mein Gewicht von einem Bein auf das andere. Die Steine strahlten eine merkwürdige Schwere aus und wollten mir einfach keinen Hinweis geben, was ich tun sollte. Ein Stein hatte einen beinahe glatt geschliffenen Rand und war himmelblau, man hätte beinahe meinen können, es handele sich um einen Stein aus purem Wasser. Mein Gefühl sagte mir, dass ich mit diesem Stein das Wasser beherrschen und ein Wasserpokémon werden würde. Beim Gedanken daran jedoch krabbelte die Angst in meinen Körper. Schnell widmete ich mich dem nächsten Stein.
Dieser sah rot aus, rot und warm wie eine Flamme, und beim genauen Betrachten konnte man fast meinen, wirklich eine kleine Flamme in dem Stein erkennen zu können, die wie ein flackerndes Herz in dem Stein schlug. Auch wenn mir beim Ansehen dieses Steins schon gewiss etwas wohler zumute wurde, fühlte ich mich noch immer unischer - insbesondere deshalb, weil mein Trainer mich mit erwartungsvollen Augen ansah und auf eine Reaktion von mir wartete. Und dennoch konnte ich nichts anderes tun als mich auf den letzten Stein zu konzentrieren - und der löste tatsächtlich etwas in mir aus.
Ich hatte einen solchen Stein noch nie gesehen. Er war nicht so edel und schön wie die beiden anderen - im Gegenteil. Er sah kantig aus, beinahe unfertig, und besaß einen grünlich-gelben Schimmer. Bei genauerer Betrachtung konnte man einen kleinen Blitz auf dem Stein ausmachen - ein Detail, welches mir Sicherheit gab. Er wirkte - richtig. Er war da, wo er sein sollte. Und so war ich ebenso da, wo ich sein sollte. Zumindest fühlte es sich in dem Moment so an. Und dieses Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr gespürt. Ich blickte hinauf zu meinem Trainer, der noch immer seinen Blick nicht von mir abwenden konnte. Als mein Blick dem seinen begegnete, sah ich einen kurzen, aber klaren Schimmer in seinen Augen. Spürte er, was auch ich spürte? Dass es vielleicht jetzt einen Sinn ergab?
Ich schaute zurück zu dem zu meinen Pfoten liegenden Stein, und ich fühlte mich geborgen. Sollte ich mich tatsächlich weiterentwickeln? Obwohl ich doch so glücklich als Evoli war? Vorsichtig tastete ich mit meiner linken Vorderpfote auf diesen Stein, der so vertraut wirkte. Als ich ihn berührte, war er warm, verbrannte mich jedoch nicht. Und als ich den Stein berührte, verflogen alle meine Fragen und Zweifel aus meinem Kopf und meine Gedanken wurden frei. Ich fühlte mich warm und ohne Angst, als hätte ich noch niemals etwas wie Furcht empfunden. Und zugleich fühlte ich, dass ich wuchs. Und sich mein Körper veränderte. Ich begann, zu leuchten. Grelles Licht umgab mich und stachelartiges Fell schoss aus meiner Haut hervor. Ich spürte, wie sich ein Kribbeln in meinem Körper ausbreitete und ich wusste, dass es Elektrizität war. Doch ich hatte keine Angst mehr. Ich fühlte mich so gut wie schon lange nicht mehr, gestärkt und beinahe unbesiegbar.
Als ich die Augen wieder aufschlug, sah mich mein Trainer erschrocken, aber mit einem eigenartigen und beinahe stolzen Lachen an. Ich war gewachsen - ich reichte ihm nun fast bis zum Knie.
"Oh mein Gott, Blitza! Du hast es geschafft!"
Und ich wusste, dass ich das hatte. Ich wusste, dass meine Entscheidung richtig gewesen war. Ich hatte mich noch niemals so lebendig gefühlt. Und ebenso noch niemals so vollständig.
Eine stürmische Nacht lag über dem Ewigenwald. Sämtliche Bewohner des Waldes hatten sich in ihre Bauten zurückgezogen, um den heftigen Winden zu entfliehen. Das schwere Ächzen der sich biegenden Bäume und das einsame Heulen des Windes waren die einzigen Geräusche, die man hören konnte. Nur ab und zu gesellte sich noch ein Donnerschlag für einige Sekunden hinzu. Mitten in diesem Unwetter, versteckt zwischen Eichen und Buchen, verborgen vom Gestrüpp, befand sich eine einzelne, kleine Holzhütte, aus der schwach Licht schimmerte. Das Häuschen machte einen überaus zerbrechlichen Eindruck, man erwartete, dass der Wind es jeden Moment mit sich reißen würde. Aber doch hielt es stand. Die vergrauten und leicht mit Moos bewachsenen Wände zeugten vom Alter des Gebildes.
Das Innere war äußerst spärlich eingerichtet, zwei Schränke, ein Tisch, ein Stuhl und ein Bett bildeten die gesamte Einrichtung. Ansonsten war eine mit Steinen begrenzte Feuerstelle der letzte ungewöhnliche Anblick im einzigen Raum das Gebäudes. In eben dieser knisterte leise ein Feuer, was den Lichtschimmer nach draußen erklärte und im Inneren für eine eher gemütliche Atmosphäre sorgen sollte. Dennoch fühlte man sich eher wie erdrückt, wenn man den Raum betrat. Das lag wohl an den Lebewesen, vor allem den Pokémon, die sich dort befanden. Doch das Leben besserte auch nichts an der Atmosphäre. Der Grund dafür? In dem Bett, um das sämtliche Pokémon sich versammelt hatten, lag eine Person. Ein alter Mann um genau zu sein. Dieser hatte die Augen geschlossen und atmete schwer, wobei das atmen eher einem Röcheln glich.
Die Pokémon, um das Bett versammelt, hielten eine Art Nachtwache für ihn. Wobei es eher das Letzte Geleit war. Denn sie, das waren ein Vulnona, ein Zwirrklop, ein Glaziola und ein Roserade, gehörten zu dem alten Mann und sie wussten, dass es mit ihm bald zu Ende gehen würde. Eben dieser Mann mit dem Namen Jakob, richtete sich jetzt leicht auf. Auch er wusste, dass seine Tage auf dieser Welt gezählt waren und das Jenseits nach ihm rief. Aber er hatte noch eine Sache zu erledigen. Bevor er das nicht getan hatte, würde er nicht sterben. >>Vulnona<<, seine Stimme glich einem kraftlosen Krächzen. Das angesprochene Pokémon hob seinen Kopf. >>Komm zu mir. Ich will, dass du auf meinem Bett sitzt.<< Gehorsam trottete der neunschwänzige Fuchs in langsamen Tempo zum Bett, kletterte darauf und legte sich neben den Brustkorb nieder. Schwach, als würde er eine schwere Last heben, hob er die Hand an und legte sie auf den Kopf des Pokémon, um es schwach und mit zittriger Hand zu streicheln. >>Vulnona…<<, er fuhr im selben, kraftlosen Ton fort, >>bevor ich gehe, will ich noch etwas sagen. Ich danke dir, wie auch allen anderen hier, für die schöne Zeit, die ich mit euch hatte.<< Er machte eine Pause, atmete ein paar mal durch, und fuhr dann fort: >>Mir ist bewusst, dass ich nicht immer gut zu euch war. Das tut mir auch aufrichtig Leid. Aber genau so bin ich froh, dass ich euch getroffen habe. Ohne euch hätte mein Leben weder Sinn noch Zweck gehabt, und ich würde sicher nicht so hier liegen.<< Ein leiser Seufzer verließ seine Lippen, welche sich gleichzeitig zu einem Lächeln verzogen. >>Die ganzen Erinnerungen an unsere Abenteuer, ich bin wirklich froh, dass wir diese Abenteuer erlebt haben.<< Er wandte den Blick nun zu Vulnona, welches die ganze Zeit über zu ihm aufgesehen hatte. >>Du warst immer ein treuer und verlässlicher Begleiter. Ich wünsche dir viel Glück, wo auch immer deine Wege dich noch hinführen.<< Er deutete auf einen von vier Pokébällen, welche auf dem Tisch lagen. >>Bitte, setz Glut darauf ein. Dir steht es nun frei, dorthin zu gehen, wo auch immer du hin willst.<< Das Letzte, was Jakob wollte, war, dass seine treuen Begleiter auch nach seinem Tod an ihn gebunden waren. Das Vulnona erhob sich mit gesenktem Kopf von seinem Liegeplatz, trottete zum Tisch, stellte sich auf die Hinterbeine und zerstörte den Ball mit Glut. Obwohl es jetzt ein freies Pokémon war, entschied es sich dafür, vorerst noch hierzubleiben.
>>Roserade…<<, man hörte ihm schon an, dass er schwächer wurde, dazu bedurfte es keiner besonderen Ausbildung. Auch das Pflanzenpokémon tapste, wie auch Vulnona zuvor, zu seinem Bett, blieb aber neben diesem stehen, gerade neben seiner Hand. Er legte eben diese auf den Kopf des Rosenpokémon und begann wieder leise zu sprechen: >>Auch dir bin ich zu großem Dank verpflichtet. Mehr als nur einmal hast du mich gerettet. Ohne dich wäre das alles nie so passiert. Ich bin dir auch sehr dankbar für alle Kämpfe, die wir dank dir gewonnen haben. Auch dir viel Glück und ich wünsche dir, falls du es so willst, dass du einen netten neuen Trainer findest.<< Noch ein letztes Mal schmiegte das Pflanzenpokémon sich an die Hand seines Trainers, ehe es wie Vulnona zuvor zum Tisch trottete und seinen eigenen Pokéball zerstörte.
>>Nun zu dir, Glaziola…<< Die Geschwindigkeit, in der Jakob sprach, nahm auch schon ab. Er war hörbar am Ende seiner Kräfte. Das Eispokémon schritt bedächtig zu seiner Ruhestätte und lies sich direkt neben seinem Kopf nieder, den es sanft ableckte. Dies führte zu einem sanften Lächeln auf dem Gesicht des alten Mannes. >>Dir, als meinem ersten Pokémon, danke ich besonders. Du erst hast mich auf diesen Weg geführt. Mit deiner freundlichen, anmutigen und fürsorglichen Art hast du nicht nur mein Herz erwärmt. Ich hoffe, du wirst noch ein schönes und erfülltes Leben haben. Dir steht es frei zu gehen, wohin auch immer du willst.<< Glaziola hingegen zerstörte nicht wie die anderen vor ihm direkt seinen Pokéball, sondern blieb noch bei seinem Trainer liegen. Als sein erstes Pokémon wollte es ihm in seinen letzten Momenten so nahe wie möglich sein.
>>Nun, als letztes, Zwirrklop<< In diesem Moment wurde er noch von einem heftigen Hustenanfall durchgeschüttelt. Er war sich bewusst, dass das hier die letzten Worte waren, die seinen Mund verlassen würden. >>Auch du warst stets ein guter Begleiter, immer wachsam und hast dafür gesorgt, dass uns nie böse Überraschungen ereilt haben. Auch dir…danke…ich<<, sein Atmen wurde schwer und heftig, seine Augen schlossen sich. >>Ich danke…euch…allen<< Dies waren seine letzten Worte, nun hauchte er seine Seele aus.
Jedes einzelne der vier Pokémon senkte den Kopf, in andächtiger Trauer um seinen Trainer. Aber obwohl er gerade verstorben war, war seine Präsenz noch nicht komplett verblichen. Wie ein nebeliges Etwas erfüllte sie noch den gesamten Raum, wurde aber langsam schwächer. Zwirrklop machte einige Schritte zum Bett und berührte ein letztes Mal seinen Trainer mit seinen großen Händen. Aber genau in dem Moment, in dem es die Kleidung des toten Körpers berührte, geschah etwas. Die Hand des Pokémon begann zu leuchten. Zuerst nur die Hand, dann auch die Mitte des Körpers. In kurzer Zeit erfasste das Leuchten den ganzen Körper des Geistwesens. Zwirrklop entwickelte sich. Der Körper begann sich zu verändern, er wurde größer und schlanker, nur in der Mitte blieb ein dickerer, rundlicher Teil. Nach wenigen Momenten war der Zauber aber auch schon vorbei und aus Zwirrklop war ein Zwirrfinst geworden. Die Präsenz war auch von den Pokémon nicht unbemerkt geblieben und das Geistwesen erkannte nun, woran das lag: Ein leicht bläulicher, wabernder Nebel schwebte im Raum umher. Die Seele. Instinktiv wusste es, was es zu tun hatte. Der Mund, der sich quer über den kugelrunden Bauch zog, öffnete sich und saugte eben diesen Nebel ein. >>Du brauchst keine Angst zu haben, Jakob. Dir wird kein Leid geschehen. Es ist nun meine Aufgabe, dich ins Jenseits zu geleiten.<< Diese Worte waren nicht gesprochen, sondern wurden über eine Art Telepathie an die Seele übertragen. Damit begann Zwirrfinst seine Reise ins Jenseits. Das war wirklich das letzte Geleit.
Die Menge auf den Rängen der Arena war in gespannte und stille Erwartung verfallen. Dies war das Finale des großen Turniers der Pokémon, welches entscheiden würde, welcher der Vertreter den Titel für seine jeweilige Stadt holen würde.
Simsalon ließ seine beiden Löffel durch seine Finger kreisen. Er war konzentrierter, als er es je in seinem Leben gewesen war, sogar konzentrierter als in seinem Kampf gegen Metagron. Es war schon ziemlich merkwürdig, dass sie, die sie einst zu dritt die Speerspitze im Krieg gegen die Menschen gebildet hatten, sich in diesem Turnier als Gegner gegenübergestanden hatten. Die Konstellation war natürlich von Anfang an klar gewesen: Simsalon konnte nur die Stadt der Psycho-Pokémon vertreten, folglich war Metagron Repräsentant der Stahl-Pokémon. Und für Miwa, welcher Simsalon jetzt gegenüberstand, blieb daher schließlich nur die Möglichkeit, für die Feen-Pokémon zu kämpfen.
Der Kampf gegen seinen stählernen Ex-Kampfgefährten Metagron war aufgrund seiner gegen Psycho-Attacken äußerst resistenten Natur sehr problematisch gewesen, doch hatte sich Simsalon auf seine Schnelligkeit verlassen können. Außerdem hatte er die Feuer-Natur der Kraftreserve gemeistert, wodurch er auch gegen Miwa über eine wertvolle Attacke verfügte.
Aber es wäre auf jeden Fall falsch, Miwas kämpferische Fähigkeiten zu unterschätzen, die für die normalerweise nicht unbedingt kampfstarken Flunkifer ungewöhnlich hoch entwickelt waren. Simsalon hatte sich ihre Kämpfe angesehen: Sie hatte sich stets kaum bewegt und mit meisterlicher Ruhe immer den richtigen Moment zum Angriff abgepasst, um dann einen vernichtenden Schlag durchzuführen. Sie verstand es, ihren Gegner zu berechnen und seine Angriffe vorherzusehen. Daher würde Simsalon trotz seiner Schnelligkeit vorsichtig sein müssen. Außerdem gefiel ihm das seltsam überlegene Lächeln nicht, das Miwa zur Schau trug. Sie wirkte so selbstsicher, dass es einem unheimlich werden konnte. Ihr zweiter Kopf hob und senkte sich langsam und war offenbar bereit, in einem unvorsichtigen Moment zuzuschlagen.
„Kämpfer!“, rief der Schiedsrichter mit der dröhnenden Stimme, die einem Krawumms von Natur aus zu eigen ist, „Beginnt beim Ertönen des Signals!“
Nur noch Sekunden trennten sie jetzt vom Beginn des Kampfes. Simsalon ging seine Strategie noch einmal durch: Miwa war eher eine Nahkämpferin, wenn er also eine ausreichende Distanz wahren konnte….
Ein gellender Pfiff ertönte. Simsalon hatte trotz Miwas vorheriger Kämpfe beinahe erwartet, dass sie sofort auf ihn losstürmen würde. Doch wie schon vorher blieb sie nur ruhig stehen und grinste.
Simsalon hatte eigentlich vorgehabt, erst einmal abzuwarten und zu testen, wozu sie inzwischen genau in der Lage war. Wenn sie ihn jedoch ebenfalls nicht sofort angreifen wollte, würde er wohl den ersten Schritt machen müssen.
Mit einem lauten Klirren kreuzte er seine Löffel und erschuf über dem Kreuzungspunkt eine hell leuchtende Sphäre. Fokusstoß war eine Attacke, mit der man für gewöhnlich nur ungenau zielen konnte, aber Simsalon war durch langes Training sehr präzise damit geworden. Er schoss die Kugel auf Miwa ab. Diese hätte leicht zur Seite springen können, doch das tat sie nicht. Stattdessen wirbelte das Maul, welches aus ihrem Hinterkopf wuchs, herum und schleuderte die Attacke einfach zur Seite. Mit lautem Krachen grub sie sich in den Boden explodierte und erzeugte eine Staubwolke. Miwa grinste noch breiter.
Natürlich, dachte Simsalon verbissen. Es hieß, dass sich bei den Flunkifer dieser riesige Kiefer irgendwann aus Stahlhörnern entwickelt hatte. Vermutlich besaßen diese Pokémon darin weniger Gefühl als im Rest ihres Körpers und waren somit eher in der Lage, damit Attacken wegzustecken. Rechnete man Miwas Feen-Natur dazu, so waren Kampfattacken wohl nicht allzu effizient, es sei denn, es gelang Simsalon, einen ungeschützteren Teil ihres Körpers damit zu treffen. Jedoch war das aus der Entfernung unmöglich. Er würde näher herangehen müssen – was automatisch bedeutete, dass er Miwa damit eine Gelegenheit zum Angreifen gab. Die Kraftreserve würde vielleicht auch auf Entfernung etwas taugen, jedoch… Er zweifelte nicht daran, dass Miwa ihr im Zweifelsfall auch ausweichen könnte.
Simsalon spürte, wie ein kleiner Schweißtropfen seine Wange entlanglief und in den Staub der Arena fiel. Das Publikum auf den Zuschauerrängen, welches bei seinem ersten Angriff getobt hatte, befand sich wieder im Zustand einer gespannten Stille.
Simsalon umklammerte seine Löffel fester und konzentrierte sich auf seine Psycho-Energie. Was er jetzt vorhatte, würde Kraft kosten und massive Konzentration erfordern. Aus seinem rechten Löffel schoss wie aus einem Griff eine leuchtende Klinge. Für einen Moment huschte über Miwas Gesicht ein Hauch von Verblüffung. Ja, derartige physische Angriffe waren normalerweise nicht Simsalons Sache. Er war technisch gesehen sehr talentiert im Umgang mit der Psychoklinge, aber seinen Schlägen fehlte dabei einfach die Wucht. Doch das kurze Erstaunen Miwas war auch schon alles, was er brauchte. Im nächsten Augenblick war er nicht mehr an der Stelle, an der er vorher gestanden hatte, sondern hatte sich direkt vor Miwa teleportiert. Die Psychoklinge sauste von oben auf die kleine Gestalt hinunter, doch dann schoss Miwas gigantischer Kiefer hervor und klemmte sie zwischen ihren Zähnen ein. Doch Simsalon hatte damit gerechnet, dass Miwa diesen Angriff parieren würde. Aber während ihre mächtigste Waffe gerade in der Defensive festhing, hatte er noch eine Hand frei und durch sie konnte er nun Miwa aus nächster Nähe mit einer Kraftreserve treffen, der sie nicht mehr ausweichen konnte. Die Wucht des Angriffs riss sie von den Füßen und schleuderte sie ein paar Meter weit in den Staub. Simsalon sah, dass sie keuchte. Doch es war keine Zeit für Mitleid. Jetzt war seine Chance, diesen Kampf so schnell und schmerzlos wie möglich zu beenden, also bereitete er direkt eine weitere Attacke vor, doch bevor er sie ausführen konnte, geschah etwas äußerst Seltsames. Ein gleißendes Licht ging von Miwa aus und blendete ihn so stark, dass er sie nicht mehr sehen konnte. Vom Publikum ertönte aufgeregtes Gemurmel und Getuschel, gepaart mit vereinzelten Aufschreien. Simsalon erstarrte. Das war doch nicht etwa… Aber das war unmöglich. Seit Jahren hatte das kein Pokémon mehr vollbringen können, erst recht nicht nach dem Ende der Menschen.
Obwohl… Die Pokémon hatten damals nicht einfach so gegen die Menschen rebelliert. Simsalon wusste das. Nein, es hatte an den Experimenten der Menschen gelegen. Die Experimente, die Pokémon mit einem menschenähnlichen Bewusstsein geschaffen hatten. Das Bewusstsein, das den Pokémon eine wirkliche Mündigkeit verliehen, sie zur Rebellion geführt und die nun bestehenden Pokémon-Zivilisationen erst möglich gemacht hatte. Konnte es also sein, dass Miwa gelernt hatte, diesen menschlichen Teil in sich zu kontrollieren und seine Kraft zu nutzen? Simsalon konnte es nicht glauben und doch sah er hier vor sich das, was unmöglich schien und doch geschah, er sah, wie Miwa sich nicht nur wieder aufrichtete, sondern auch, wie sich im gleißenden Licht ihr Körper veränderte, sie wurde größer, ihr Stahlkiefer verwandelte sich in eine noch größere und bedrohlicher wirkenden Form und zusätzlich wuchs aus ihrem Kopf sogar noch ein zweites gigantisches Maul voller spitzer Zähne. Als das Licht schließlich verschwand, erkannte Simsalon sie kaum wieder. Doch gleichzeitig war ihr zurückgekehrtes selbstgefälliges Grinsen unverwechselbar.
Während Simsalon noch versuchte, die Situation zu begreifen, sprang Miwa auch schon auf ihn zu. Bevor er sich teleportieren oder sonst wie verteidigen konnte, hatte ihn Miwa mit einem ihrer Mäuler gepackt und hielt ihn fest umklammert. Simsalon spürte den stechenden Schmerz, als sich vereinzelt ihre Zähne in seine Haut gruben. Er versuchte sich zu befreien und mit einer Kraftreserve zu kontern, doch der andere Stahlkiefer traf ihn direkt mit einem schmerzhaften Tiefschlag. Im nächsten Moment gingen die Zähne, die ihn eigentlich schon genug peinigten, in Flammen auf. Und dieses Mal konnte Simsalon nicht anders, als zu schreien, während ihn die Feuerzahn-Attacke mit solcher Macht traf, und seine Schreie vermischten sich mit dem Brüllen und Schreien des Publikums, welches einen derartigen Kampf noch nie erlebt hatte. Im nächsten Moment wurde Simsalon losgelassen. Kraftlos ging er zu Boden und schnappte nach Luft. Er versuchte, sich wieder aufzurappeln, wohl wissend, dass er nicht mehr in der Lage sein würde, weiterzukämpfen. Dann erschien Miwa über ihm, die Stahlkiefer drohend erhoben.
„Lass es besser sein“, sagte sie leise. „In deinem derzeitigen Zustand hast du keine Chance.“
Sie klang nicht gehässig. Tatsächlich klang sie besorgt und fast bittend.
„Du meinst, du hast Angst, mich ernsthaft zu verletzen?“, fragte er leicht spöttisch.
Sie legte den Kopf schief und lächelte.
„Um ehrlich zu sein, ja. Simsalon, du hast doch immer einschätzen können, wann ein Kampf sinnlos war. Und jetzt gerade ist er es. Für verletzten Stolz ist hier kein Platz, zumal du es geschafft hast, mich zum Äußersten zu treiben.“
Simsalon schloss die Augen.
„Auch, wenn ich zugeben muss, dass mir das keineswegs behagt, gestehe ich ein, dass du recht hast.“
Er hob langsam die Hand, um anzuzeigen, dass er aufgab. Für einen Moment war es still in der Arena, dann brach Beifall und Jubel los, während Sanitäter-Pokémon zu den Kämpfern eilten und ihren Zustand begutachteten.
"Lauf schneller", krähte Kramurx, als sie ihren Kopf einen Moment lang in die Richtung ihres Freundes Ottaro drehte.
"Das sagt sich so einfach, wenn man nicht auf die Stöcke am Boden achten muss!", keuchte dieser ihr entgegen.
"Keine Zeit für Diskussionen!", rief Kramurx. "Sie kommen näher!"
Obwohl er kaum noch konnte, versuchte Ottaro, seine Geschwindigkeit zu erhöhen. Seine Füße schmerzten, sein ganzer Körper war übersät mit Kratzern, einzig das Adrenalin in seinem Blut gab ihm die Kraft, sich überhaupt noch zu bewegen. Seine Sicht verschwamm zunehmend, die Äste und Pflanzen, die vor seinen Füßen lagen, verschwammen in einen Brei aus grün und braun, in dem er bald nichts mehr ausmachen konnte. Es zählte nur die Flucht, sonst nichts.
"Schneller, los!", krähte Kramurx und einmal mehr versuchte Ottaro, ihrem Drängen nachzukommen.
Sie hörte nur, wie Äste und Zweige zerdrückt wurden, als das Geräusch seiner Schritte abrupt stoppte. Sie sah nach hinten.
"Ottaro, nein!"
Rasch flog sie zurück zu der Stelle, wo ihr Freund scheinbar bewusstlos umgefallen war. Jetzt blieb ihr wohl nichts mehr übrig. Sie musste sich den Verfolgern entgegenstellen. Denn zurücklassen würde sie Ottaro niemals.
Heulend und fauchend kamen die beiden Blitza auf sie zugestürmt. Wie hatten sie es nur für eine gute Idee halten können, einer Gruppe Pokémon, die deutlich stärker und schneller waren als sie selbst, ihren Sinelbeerenvorrat zu stehlen?
Zischend fuhren Blitze durch die Luft, als sich Kramurx in die Lüfte erhob, um ihren Angriff einzuleiten. Erneut zischten Blitze in ihre Richtung, doch sie wich ihnen gekonnt aus. So lange sie in der Luft war, war sie in ihrem Element.
Sie visierte eines der beiden Blitza, die inzwischen deutlich langsamer geworden waren, an, und stürmte im Sturzflug auf es zu. Die beiden Angreifer schossen ihre Elektroattacken auf den nachtblauen Vogel, doch in genau dem Moment, in dem sie getroffen hätte werden müssen, verschwand sie scheinbar ins Nichts, nur, um Zentimeter vor dem Blitza wieder auzutauchen und ihm mit ihrer Finte ins Gesicht zu schlagen.
Das Blitza jedoch schüttelte sich nur kurz und versetzte dann dem Vogel, der immer noch in unmittelbarer Nähe war, mit seinem Donner einen heftigen Stromstoß. Kramurx fiel zu Boden und blieb regunglos liegen, als die beiden Angreifer eine weitere Elektroattacke auf sie entluden.
Doch anstatt, dass das Kramurx geröstet wurde, löste sich die Attacke beim Aufprall in Nebel auf.
"Niemand verletzt meine Freundin!", rief Ottaro, schwer atmend, mit seiner Muschel in der Hand.
Die Blitza lachten und fauchten das Ottaro an. Erneut schickten sie ihre Blitze in die Richtung ihrer Feinde, doch Ottaro blieb unbeirrt stehen, als sein Körper plötzlich von einem hellen Licht erfasst wurde und sich veränderte. Neue Kraft strömte durch jede einzelne seiner Zellen, er spürte ein Ziehen und Zerren, als würde sein Körper gleich platzen, doch es war kein unangenehmes Gefühl. Es gab ihm eine Art von tiefer Befriedigung. Er spürte, wie seine Muskeln stärker wurden und seine Angriffskraft ins scheinbar Unermessliche stieg. Jetzt konnte ihn nichts und niemand mehr aufhalten.
Er packte seine Muscheln, formte Kalkklingen aus ihnen und stürmte mit nie dagewesener Geschwindigkeit auf die Blitza zu. Jetzt, als Zwottronin, war er unbesiegbar.
Er wischte mit seinen scharfen Klingen über die Haut seiner Feinde, die vor Schmerzen aufschrien. Tiefe Schnitte zierten nun ihre Körper und die Wut kochte noch mehr in ihnen auf. Sie feuerten ihre Attacken mit nie dagewesener Stärke auf Zwottronin, doch dieser wehrte sie ohne große Probleme ab. Dies war sein Moment. Er war unbesiegbar.
Erneut schlitzte er die Haut seiner Feinde auf, die seinen Attacken nicht entkommen konnten. Diese wichen mit schmerzverzerrten Gesichtern zurück und humpelten davon.
Zwottronin ließ sie gehen und grinste ihnen noch einen Moment lang überlegen hinterher. Dann drehte er sich um und rannte zu Kramurx. Sie atmete noch, doch sie sah sehr mitgenommen aus. Sanft streichelte er über ihren Flügel.
"Danke", flüsterte er. "Du hast mein Leben gerettet."
"Nichts zu danken, Kampfmaschine", krächzte Kramurx, als sie langsam ihre Augen öffnete.
Doch in dem Moment, in dem sie klar sehen konnte, schlich sich Panik in ihren Blick.
Die beiden Blitza, im Sprung, fast, als würden sie schweben. Ein Fauchen, ein Zischen.
Ein Donner.
Dann wurde ihre Welt schwarz.
Und die Moral von der Geschicht'?
Entwicklung schützt vor Torheit nicht.
Sabrina betrachtete ihre perfekt lackierten Fingernägel. Alle waren lila bis auf den Ringfinger, welcher eine andere Farbe hatte, nämlich schwarz. Das war zur Zeit en vogue. Und Sabrina liebte es, en vogue zu sein. Das sagten auch alle in Pokéwood. Es gab gar nichts erstrebenswerteres für einen Menschen, als en vogue zu sei-
''Hey, könntest du dich mal konzentrieren? Alleine ist mir das echt zu dumm mit dem.''
Sie sah von ihren schönen, schönen Fingernägeln auf. Oh, stimmt, sie war gerade in einem Pokémon-Kampf. Da stand ihr Simsala. Daneben war irgendeines dieser Kampf-Pokémon... Ah, das mit den Kick-Attacken. Wie hieß es noch mal? Kickchan? Und ganz dahinten stand der Trainer von dem Biest, der ironischerweise wesentlich mehr Muskelmasse besaß als sein dürres Pokémon. Der schien überhaupt nur aus Muskeln zu bestehen, welche hier und da von an strategischen Stellen (der Stirn, dem rechten Oberarm) platzierten schwarzen Karate-Gürteln zusammengehalten wurden. Sabrina hatte zwar nicht aufgepasst, aber das war wohl wieder dieser Idiot, der nebenan versucht hatte, eine Kampf-Pokémon-Arena aufzubauen.
Wie auf Befehl öffnete der Testosteron-Berg seinen Rachen und stieß ein gutturales, urtümliches Brüllen aus – ach nein, er verkündete einfach nur seine Botschaft: ''Ich bin Leif! Leif der Kampfpokémon-Trainer! Und ich, Leif, will auch eine offizielle Kampfpokémon-Arena! Und ich, Leif, habe neulich gelesen, dass du für eine Weile nach Pokéwood gehen wirst! Das ist meine, Leifs, Chance, die Arena zu übernehmen! Los, Kicklee! Zeig ihnen, was ein echter Mann bewerkstelligen kann!''
Kicklee – so hieß das Ding mit dem fiesen Blick also – stürmte los und begann, immer und immer wieder gegen Simsalas Stirn zu treten. Bamm! Bamm! Bamm!
Gleichzeitig kommentierte Simsala das ganze per Telepathie: ''Au! Au! Au!''
Sabrina dachte nach. Der Typ war bisher immer wieder gekommen. Jedes Mal hatte sie ihn besiegt, aber er wollte (oder konnte) einfach nicht verstehen, dass das ihre Arena war. Selbst wenn sie nicht da war. Vor allem, wenn sie nicht da war. Er musste ein einziges Mal so absurd brutal fertig gemacht werden, dass sich das in sein primitives Hirn einbrannte und es ihm unmöglich machte, jemals wieder auch nur in ihre – zugegebenermaßen wunderschöne – Richtung zu blicken, ohne sich selbst nass zu machen.
Per Telepathie teilte sie Simsala ihren Entschluss mit: ''Mach eine Mega-Entwicklung.''
''Hä? Mega-was?''
Simsala schnippte kurz mit den Fingern und warf Kicklee mit einer Psywelle zurück ans andere Ende des Raumes, wo es direkt in seinen kolossalen Trainer knallte. Welcher das kaum zu spüren schien. Dann drehte es sich kurz zu Sabrina um.
''Was soll das sein, eine Mega-Entwicklung?''
''Na, das ist eine spezielle Form der Entwicklung! Ich habe neulich die Gedanken von so einem Jungen mit roter Kappe gelesen und der war sehr stolz darauf, dass sein Glurak eine Mega-Entwicklung geschafft hat.''
Leif packte sein bedauernswertes Kicklee an einem der gummiartigen Beine und begann, es wie ein lebendes Lasso über seinem Kopf herumzuschwingen. ''Los, Kicklee! Zeig ihnen deine ganze Macht!''
''Bist du dir sicher, dass der Junge sich das nicht einfach... Du weißt schon... Ausgedacht hat? Ein Glurak, das sich weiterentwickelt?''
''Ein Glurak, das sich nur für die Dauer des Kampfes weiterentwickelt.''
Der Muskelberg hatte jetzt vollen Schwung und warf sein Pokémon mit maximaler Geschwindigkeit über die ganze Kampffläche. ''Los, Bodycheck!''
Simsala schlug sich kurz mit einer Hand auf die Stirn. ''Ja, klar. Bodycheck.''
Es errichtete mit einem kurzen Löffelschwung einen Reflektor. Kicklee krachte mit einem gruseligen Knacken hinein. Sabrina schloss sofort die Augen.
''Hey, Simsala, lebt das, äh, das Kicklee noch?''
Schweigen. Dann, ''Ja.''
Sie öffnete wieder ihre Augen.
Kicklees lederner Körper zuckte am Boden, während es mit seinen Gummigelenken versuchte, sich aufzustemmen.
Simsala starrte auf es herab und ergriff wieder das telepathische Wort: ''Ich halte diese Mega-Entwicklung für ein Gerücht. Das klingt doch total hanebüchen!''
''Also, ich glaube dem Jungen. Und ich bin die Trainerin, also tu, was ich dir befehle!''
Simsala ballte die Hände zu Fäusten: ''Ich habe einen IQ von 5000! Ich bin ein Gott unter den Sterblichen und du willst mich herumkommandieren?''
''Das mit dem IQ wurde nie nachgeprüft! Das hat ein kleines Kind in den Pokédex geschrieben, du Null! Und jetzt mach die Mega-Entwicklung, oder es gibt Stress!''
Simsala und seine Trainerin warfen sich gegenseitig vernichtende Blicke zu.
''Ich bin viel stärker als du. Ich werde dich zerstören.''
Dann blinzelten beide.
''Warte, wer von uns hat das gerade gedacht?''
''Keine Ahnung.''
Kicklee hatte sich wieder aufgerappelt. Das arme Wesen zuckte hektisch in der Gegend herum. Einerseits wollte es möglichst weit weg von Simsala. Aber was es unbedingt vermeiden wollte, war, erneut in die Grifffweite seines Trainers zu gelangen. Der bereits seine fleischigen Finger nach ihm ausstreckte. ''Kicklee! Komm hierher! Für noch eine Bodycheck-Attacke!''
Sabrina konnte der Kreatur ansehen, dass sie schreien wollte, nur dummerweise hatte sie keinen Mund. Kicklee drehte sich immer wieder unentschlossen zwischen Simsala und Leif um. Auf die eine oder andere Art würde es in den sauren Apfel beißen müssen. Also, metaphorisch.
''Okay, vertragen wir uns wieder, Simsala.''
''Ja, gut.''
''Das müssen wir eh tun, weil die Mega-Entwicklung nur funktioniert, wenn Trainerin und Pokémon im Einklang sind.''
''Wow. Du bist so berechenbar.''
Sabrina hob einen Daumen. ''Das ist nicht berechenbar, das bedeutet, dass wir uns sehr gut verstehen! Bestimmt kannst du dich jetzt mega-entwickeln!''
Simsala zuckte resigniert mit den Schultern und versuchte, sich zu verwandeln. Nichts geschah.
Kicklee rann der Schweiß am ganzen zermarterten Körper herab. Es hatte eine Entscheidung getroffen und ging schweren Schrittes auf seinen Trainer zu.
''Ja, Kicklee! Jetzt machen wir deine ultimative Technik! Die Mega-Entwicklung!''
Sabrina und Simsala fiel simultan die Kinnlade herunter.
''Echt jetzt? Das war nicht nur ausgedacht?''
''Wieso kann er das und wir nicht? Unfair!''
Gespannt starrte das Duo Kicklee hinterher, bis es endlich vor Leif stand. Welcher sich prompt die gesamte Kleidung vom Leib riss. Und dann sein Kicklee an den Gelenken, fast wie mit Seilen, um seinen Kopf band. ''Urargh! Ich bin Mega-Kicklee! Ich bin unbesiegbar!''
Der Koloss stürmte los in Richtung Simsalas. Bei jedem seiner Schritte schien die Erde zu erbeben. Sabrina selbst hatte sich ab dem Zeitpunkt die Augen zugehalten, als 'Mega-Kicklee' seine Manneskraft offenbart hatte.
''Hey, Simsala. Das, äh, das ist mir jetzt zu dumm. Kannst du das bitte übernehmen?''
''Ja, natürlich. Kein Problem.''
Mit einem Mal hörten die stampfenden Schritte auf. Dann ertönten scheinbar mehrere mittelschwere Explosionen unbekannten Ursprungs.
''Oh, wow. Ich bin mega-entwickelt zu einem Mega-Glurak! Äh, einem Mega-Simsala!''
Ein schwerer Körper krachte mehrmals zu Boden.
''Meine neue Mega-Kraft gibt mir die Chance, Mega-Kicklee zu besiegen!''
Ein lautes Schluchzen aus einer monströsen Kehle war zu vernehmen.
''Du hast dich wirklich mega-entwickelt?''
''Ja, natürlich, Sabrina. Wir sind doch im Einklang. Aber mach bitte die Augen nicht auf, bis ich Mega-Kicklee aus der Arena geschafft habe.''
''Bis gleich!''
Schleifgeräusche ertönten und verließen schließlich den Raum.
Sabrina öffnete die Augen und sah sich um. Das Kampffeld war ziemlich verwüstet. Und Simsala hatte sogar per Psychokinese veränderte Fußspuren von sich selbst erzeugt! Wie süß!
Simsala kam wieder in den Raum zurück.
''Ich habe sie vor ihrem Dojo abgesetzt. Scheinbar hält die Mega-Entwicklung wirklich nur bis zum Ende des Kampfes an. Ich habe wieder meine normale Form angenommen.''
Sabrina ging in Richtung ihres Pokémon und nickte. ''Die Mega-Entwicklung birgt noch viele Geheimnisse.''
Sie legte ihre Arme um das Pokémon. ''Wie siehst du denn aus als Mega-Pokémon?''
''Richtig gefährlich. Mir wachsen Flügel. Und Hörner, überall sind spitze Hörner. Von den Laserstrahlen ganz zu schweigen.''
''Du bist mein liebstes Pokémon, Simsala.''
''Du bist meine liebste Trainerin, Sabrina.''
Die beiden blickten sich an. ''So, jetzt müssen wir aber auf nach Pokéwood! Los, zum Kofferpacken! Und vergiss nicht meinen Nagellack.''
„Pikachu, Donnerblitz!“, befahl ich und fixierte mit meinem Blick die Elektromaus, die vorsichtig ihren Gegner umkreiste und sich gleichzeitig auflud. Kleine Funken sprühten aus seinen Wangen, als es schließlich in die Luft sprang, um von dort aus die Elektrizität, die es zuvor gesammelt hatte, zu entladen. Das gegnerische Pokémon jedoch fing die Attacke einfach ab und leitete sie in den Boden weiter. Ein selbstsicheres Lächeln schlich sich auf die Lippen des Arenaleiters, als er seinem Blitza den Befehl, Doppelkick einzusetzen, gab. Das größere Wesen preschte auf meinen Partner zu, bereit anzugreifen.
„Ausweichen!“, rief ich, doch hatte mein Pokémon keine Chance, gegen die erhöhte Iniative des anderen Pokémon. Pikachu bekam zwei mächtige Tritte in die Magengrube und stürzte unsanft auf den Boden. Ich knirschte mit den Zähnen und spielte mit dem Gedanken, aufzugeben. Diesen Kampf konnte ich einfach nicht gewinnen. Blitzas Fähigkeit verhinderte meinen Einsatz von Elektroattacken, sodass mir nur noch der Einsatz von schwachen Normalattacken übrig blieb. Ich betrachtete meinen Partner, der sich verbissen wieder aufrappelte und verwarf den Gedanken wieder. Aufgeben war keine Option.
„Ruckzuckhieb, versuch es von hinten anzugreifen!“, machte ich also weiter, in der Hoffnung etwas gegen den Leiter von Orania City ausrichten zu können. Pikachu rannte los, das Blitza wieder umkreisend, um hinter es zu gelangen. Der Arenaleiter, ein großer, angsteinflößender Mann mit schwarzen, kurz rasierten Haaren und Bartstoppeln, fasste sich ans Kinn und beobachtete die Situation. Dass er keine Befehle gab, war ein klares Zeichen dafür, dass mich für unwürdig hielt. Er hatte mich bereits beim Betreten ausgelacht und sein Gelächter hatte sich nur vermehrt, als ich Pikachu auf das Feld entlassen hatte. 'Mit einem Pikachu in einer Elektro-Arena anzutreten ist das Dümmste, von dem ich je gehört habe', hatte er gesagt, doch ich hatte mich ihm gestellt und würde ihm nun beweisen, dass ich ihn besiegen konnte!
Pikachu war hinter das Blitza gelangt und preschte nun auf seinen Rücken zu.
„Gut so!“, feuerte ich es an, „spring auf seinen Rücken!“ Wie ihr befohlen, machte die Maus einen Satz und landete grazil auf dem Rücken ihres Gegners, der immer noch keine Anstalten dazu machte, sich zu wehren. Mir gefiel die Situation nicht, sicher wartete mein Gegner nur auf meinen Angriff, um mich dann fertig zu machen. Andererseits sollte ich vielleicht auch einfach versuchen, die Chance zu nutzen! So befahl ich den Einsatz von Slam auf dem Rücken des Blitza. Gerade als mein Partner einen Sprung auf dem Rücken seines Gegners ausführte, um mit Kraft auf es herabzustürzen, löste sich mein Gegner aus seiner Starre.
„Sandwirbel!“, lautete sein kurzer, dafür aber strikter Befehl. Das Blitza, welches nur auf einen Befehl gewartet hatte, zuckte mit den Ohren und schleuderte mit den Hinterpfoten eine gewaltige Ladung Schutt und Dreck in die Richtung von Pikachu. Panisch von der plötzlichen Sichteinschränkung begann mein Partner die Kontrolle zu verlieren und stürzte unsanft auf den Boden. Für einen kurzen Moment sah es schon so aus, als würde es gar nicht mehr aufstehen, doch da regte es bereits wieder seine Glieder und zog sich wieder auf die Beine. Man konnte ihm die Erschöpfung geradezu vom Gesicht ablesen. Verzweiflung machte sich in mir breit. Ich konnte das hier nicht gewinnen. Es war unmöglich.
„Stopp!“ Schlussendlich lösten sich die Worte doch aus meiner Kehle und für den Bruchteil einer Sekunde meinte ich, meine Stimme habe die Welt um mich herum eingefroren. „Ich gebe auf.“ Niedergeschlagen ging ich auf das Kampffeld und pflückte mein Pokémon vom Boden. Ich sollte meinen Traum, einer der besten Trainer zu werden, wohl an den Nagel hängen, wenn ich nicht mal den ersten Arenaleiter besiegen konnte. Ich wollte gerade die Arena verlassen, als mich der Arenaleiter zurückhielt.
„Wie heißt du?“, fragte er mich und musterte mich.
„Bob“, murmelte ich kleinlaut und starrte auf den Boden. Er nickte zu meiner Antwort und begann in seiner Tasche zu wühlen. Es dauerte einige Sekunden, bis er einen grün-gelben Stein mit einem Blitz darauf aus der Tasche zog und mir hinhielt.
„Weißt du, was das ist?“
„Nein.“
„Ein Donnerstein. Damit kannst du dein Pikachu zu einem Raichu weiterentwickeln. Mit einem Raichu könntest du gewinnen, da es um einiges stärker als seine Vorentwicklung ist.“
Ich nahm den Stein mit großen Augen entgegen und betrachtete ihn. Damit könnte ich ein kräftiges Raichu erhalten.
„Eine Entwicklung kann man aber nicht mehr rückgängig machen, also denk gut über deine Entscheidung nach“, mahnte mich der Arenaleiter noch, ehe ich die Arena endgültig verließ.
Ich betrachtete die glitzernde See und die, in der Ferne vorbeiziehenden, Schiffe. Pikachu lag auf meinem Schoß und genoss die Streicheleinheiten, die ich ihm gab. Seit unserem Arenakampf waren drei Tage vergangen. Drei Tage, in denen ich mir den Kopf zerbrochen hatte. Ich könnte Pikachu zu einem Raichu entwickeln, womit ich eine bessere Chance auf einen Sieg hätte, aber der Gedanke bereitete mir ein flaues Gefühl im Magen. Es war eine endgültige Entscheidung, mit der sich vieles verändern würde. Nie wieder könnte Pikachu auf meiner Schulter sitzen. Wollte ich das wirklich aufgeben?
„He, Pikachu“, setzte ich schließlich an und blickte in die großen Knopfaugen meines Partners, „möchtest du zu einem Raichu werden?“
„Pika-Pikachu!“
„Sehr hilfreich. Wirklich“, nuschelte ich sarkastisch und ließ mich hintenüber ins Gras fallen. Im Endeffekt konnte mir niemand bei dieser Entscheidung helfen. Ich musste sie ganz alleine treffen, wie schwer sie auch sein mochte. Wieder sah ich zu meiner Elektromaus, die nun auf meinem Bauch saß und auf das Meer blickte. Ich drehte den Kopf und mein Blick fiel auf meine braune Umhängetasche. Seufzend streckte ich den Arm aus und zog sie zu mir. Ich zog den Donnerstein aus der Tasche und begann ihn unschlüssig in der Sonne zu wenden. Er war teilweise durchsichtig und reflektierte die Sonne teilweise. Schließlich richtete ich mich auf, wobei mein Partner quietschend von meinem Bauch rutschte, und legte den Stein vor mir ins Gras. Interessiert kam Pikachu ihn betrachten und schnupperte an dem Gegenstand, allerdings ohne ihn zu berühren. Vorsichtig nahm ich das Entwicklungsitem wieder auf und hielt es meinem Partner hin, welches seine Pfote auf den Stein legte.
In dem Moment, wo Pikachu von hellem Licht umgeben wurde, hätte ich niemals gedacht, dass ich durch diese Entwicklung einen komplett anderen Weg, als geplant einschlagen würde. Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich eines Tages als Arenaleiter gegen einen Trainer kämpfen würde, der scheinbar genauso dumm wie ich war, und eine Elektro-Arena mit einem Pikachu herausforderte. Ich dachte gar nichts, denn in diesem Moment war mein Hirn wie leer gefegt. Ich konnte nur fassungslos dabei zusehen, wie sich die Form meines Partners veränderte und das Licht schließlich schwand.
„Raichu!“, begrüßten mich zwei Knopfaugen und ein fröhliches Lächeln.
Verwundert betrachtete Samuel den runden Stein in seiner Hand. Dieser hatte die Größe einer gewöhnlichen Glasmurmel, war jedoch bunt und erinnerte den Jungen an einen Regenbogen. Ein seltsames Symbol befand sich in der Mitte des Steines.
„Was denkst du, Jalo, was das ist?“, fragte er seinen Reisegefährten und hielt dem Galagladi den Stein entgegen.
„Keine Ahnung“, gab dieser zurück. „Aber es scheint eine seltsame Energie von ihm auszugehen.“
Samuel sah sich den Stein noch mal genauer an und hielt ihn ins Sonnenlicht. „Ich frage mich, warum der reisende Händler ihn uns verkauft hat.“
Die Beiden erreichten schließlich die Stadtmauer von Vanitéa, dem nächsten Ziel ihrer Reise. Sie staunten über die hohe, prächtige Mauer aus hellen Ziegeln, die sich um die Stadt erhob, sparte jedoch genau den Weg aus, der hinein führte. Obwohl Samuel und Jalo noch einige Meter entfernt waren, konnten sie bereits die vielen Stimmen von Menschen und Pokémon hören.
„Was da wohl los ist?“, fragte das Galagladi, doch sein Freund wusste keine Antwort. Als sie die Mauer passierten eröffnete sich ihnen ein Bild bunten Treibens, als mehrere Menschen mit ihren Pokémon zum Platz in der Mitte der Stadt eilten. Sie folgten ihnen und erreichten den Rand eines belebten Marktes.
„„Wir haben den Markttag erwischt!“, rief Samuel mit breitem Grinsen aus.
Der ganze Platz um den Brunnen war von belebter Geschäftigkeit erfüllt. Von allen Seiten boten die Verkäufer ihre Ware an.
„Frische Beeren! Heute zum Sonderpreis!“
„Gemüse! Frisches Gemüse! Nehmen Sie drei zum Preis von zwei!“
„Miltank-Milch! Frisch von Miltank aus eigener Haltung!“
„Zwanzig Prozent auf alles, liebe Leute! Zwanzig Prozent auf alles!“
„Frisches Brot und Backwerk! Spezialitäten aus Illumina City!“
Von allen Seiten hallten die Rufe der Marktschreier über den Platz und dazwischen tummelten sich viele Männer, Frauen und Kinder. Ab und an bellte ein Coiffwaff oder Riolu.
„Das haben wir wirklich gut erwischt, unsere Vorräte sind schon knapp geworden“, meinte Samuel, als er sich umsah. „Ich werd etwas einkaufen gehen. Kommst du mit?“
Doch Jalo war das Treiben zu laut und das Gedränge auf dem Marktplatz zu viel.
„Ich denke, du kommst hier besser zurecht“, entgegnete das Galagladi. „Ich werde mir derweil ein wenig das große Schloss aus der Ferne ansehen.“ Er zeigte auf ein großes Schloss mit dunklem Schindeldach, welches im Norden der Stadt aufragte.
„Ist gut“, sagte Samuel, „ich treff dich dann bei der Zugbrücke.“ Er winkte seinem Reisegefährten kurz zu und war schon in der Menge aus Leuten verschwunden. Jalo ging am Rand des Platzes Richtung Schloss. Auf dem Weg dorthin fiel ihm ein seltsamer Wagen auf. Dieser stand etwas abseits an einem Haus und schien an einer Längsseite Stäben zu besitzen. Verwundert ging Jalo darauf zu. Wofür brauchte man so einen Wagen? Neugierig stellte er sich vor die Stäbe und schaute ins Innere. Er dauerte eine Weile, bevor er in der Dunkelheit etwas erkannte, sah aber schließlich eine Gestalt in der hinteren Ecke sitzen. Nach einigem Blinzeln war er sich sicher: dort saß ein Florges auf dem blanken Holzboden.
Jalo erschrak sehr darüber. Welches Wesen würde es wagen eine Fee einzusperren? Und warum hatte sie sich noch nicht befreit? Neugierig streckte er seine Hand aus und berührte die vertikal stehenden Stäbe. Sie waren aus Metall.
„Natürlich“, murmelte das Galagladi, „Feen werden von Metall verletzt.“
„Ich grüße Sie, werter Herr“, sprach ihn plötzlich eine Stimme an. Das Florges hatte sich aufgerichtet und schwebte ein wenig über dem Boden.
„Verehrte Dame, was tun Sie hier?“
„Ich wurde von einem Menschen gefangen und eingesperrt“, war die Antwort, welche die Fee mit erstaunlicher Ruhe gab. „Scheinbar hat er vor mich zu verkaufen.“ Sie schwebte ein wenig näher und stand schließlich im hereinfallenden Licht. Ihr weißer Kopf war von roten Blüten umrandet und ihr schlanker Körper in grün gekleidet.
„Was für ein Schuft!“, entgegnete das Galagladi verärgert. „Eine solche Respektlosigkeit Ihnen gegenüber ist einfach grauenhaft!“
„Wie heißt Ihr?“, wollte das Florges neugierig wissen.
„Mein Name ist Jalo. Ich bin auf Reisen mit meinem menschlichen Freund, Samuel. Wie lautet Euer Name, verehrte Dame?“
„Ich heiße Piroska“, erwiderte die Fee und machte einen Knicks. „Es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen, Jalo.“
Das Galagladi betrachtete die Metallstäbe vor ihm, umfasste einen und rüttelte daran. Er fuhr die Schwerter aus seinen Ellenbogen und schlug gegen die Stäbe. Er wollte sie durchbrechen und Piroska befreien, aber das Metall gab nur klingende Töne von sich, nahm aber keinen Schaden.
„Ich fürchte, Eure Bemühungen sind umsonst, Jalo“, wandte sich Piroska an ihn. „Ich hätte bereits versucht mich zu befreien, aber ich kann mich dem Metall kaum nähern und es liegt mir fern dem edlen Holz dieses Wagens Schaden zuzufügen.“
Verbissen versuchte Jalo es noch ein paar Mal, musste aber schließlich seine Versuche einstellen. Er war jedoch nicht gewillt aufzugeben.
„Wartet hier“, sagte er zu Piroska. „Ich werde meinen Freund Samuel holen. Er kann sicher helfen.“
„Eure Hilfe ehrt mich“, meinte die Fee und nahm etwas aus den Blüten um ihren Hals. „Nehmt dies, zum Zeichen meiner Dankbarkeit für Eure Bemühungen. Ich hatte nicht erwartet, dass mir noch jemand helfen würde.“
Jalo steckte seine rechte Hand durch die Zwischenräume der Stäbe. Als er den Arm zurückzog, lag in seiner Handfläche eine große Murmel. Sie war weiß, bis auf ein tropfenförmiges Muster, welches von zwei Seiten zur Mitte floss und grün und rosafarben war.
„Das ist ein sehr wertvolles Geschenk, verehrte Piroska. Ich werde mich diesem würdig erweisen. Wartet auf mich!“ Eilig rannte Jalo zurück zum Marktplatz, den runden Stein fest umklammert.
Er fand Samuel an einem Marktstand für Backwaren und erzählte ihm knapp von der eingesperrten Fee. Sofort liefen beide zu dem Wagen und erreichten diesen gerade noch rechtzeitig. Ein kleiner, dicker Mann stand vor den Stäben und neben ihm saß ein Hundemon.
„Bleiben Sie sofort stehen!“, rief Samuel und der Mann drehte sich heftig schnaufend zu ihm um.
„Was willst du, Rotzlöffel?“
„Lassen Sie sofort das Florges frei! Es ist gegen das Gesetz ein Pokémon gegen seinen Willen bei sich zu behalten.“
„Ha! Du belehrst mich nicht, du Landstreicher. Du bist nicht von hier, das sieht man sofort an deiner Kleidung.“ Der dicke Mann musterte Samuel abschätzig und das Hundemon neben ihm begann zu knurren. „Und bis du einen Soldaten in dieser Stadt gefunden hast, bin ich schon weit weg. Also hau ab und stör mich nicht!“
„Sie sind ein Verbrecher!“, entgegnete Samuel wütend. „Niemals würde ich Sie ungeschoren davon kommen lassen.“
„Ich bin Geschäftsmann, du Karpadorhirn! Vor einem Bengel wie dir, muss ich mich gar nicht erklären. Mach kurzen Prozess mit ihm, Staub!“, befahl der Mann und sofort sprang der schwarze Hund vor und stürzte sich auf Samuel. Blitzschnell stellte sich Jalo vor seinen Freund und errichtete eine schützende, unsichtbare Energiebarriere. Das Hundemon prallte jaulend daran ab, war aber sofort wieder auf den Pfoten und fletschte die Zähne.
„Jalo, wir müssen sie aufhalten!“, rief Samuel entschlossen und in diesem Moment begann die Tasche seiner Stoffweste zu leuchten. Er griff hinein und holte den regenbogenfarbenen Stein heraus. Einen Augenblick später leuchtete der runde Stein in der Hand des Galagladi. Schließlich wurde Jalo selbst von einem hellen Schimmer umgeben und beide Menschen mussten die Augen bedeckten. Als das Leuchten schließlich verschwunden war, war Jalo verwandelt. Sein ganzer Körper war weiß, bis auf seinen grünen Helm. Er trug einen weißen, zweigeteilten Umhang und die Klingen an seinen Armen hatten sich vergrößert und besaßen rote Schneiden an den Außenseiten.
„Das ist doch nicht möglich!“, rief der dicke Mann erschrocken. Wie von einer Horde aufgebrachter Bibor verfolgt rannte er davon. Als das Hundemon dies merkte, knurrte es ihm hinterher und verschwand in die entgegengesetzte Richtung. Jalo und Samuel wechselten einen verwirrten Blick. Schließlich fand der Junge seine Stimme wieder.
„Was ist da gerade passiert? Warum bist du so anders, Jalo?“
Das Galagladi blickte an sich herunter und konnte nur den Kopf schütteln: „Ich weiß es nicht. Aber vielleicht bin ich jetzt in der Lage, die Stäbe zu zerstören.“ Er trat näher an den Wagen heran. „Piroska, geht besser an die Wand.“ Jalo sammelte Energie in seinen Klingen und schleuderte diese gegen die Metallstäbe. Mit einem lauten Knall barsten die Stäbe und nach ein paar weiteren Schlägen hatte das Galagladi ein großes Loch freigelegt. Er hielt seine Hand in den Wagen und meinte: „Tretet hinaus, verehrte Dame.“
Piroska nahm seine Hand und ließ sich von ihm aus ihrem Gefängnis helfen.
„Habt vielen Dank. Nun kann ich in meinen Garten zurückkehren. Tausend Dank!“ Das Florges lächelte und im Sonnenschein leuchteten die Blüten um ihren Hals in einem kräftigen Rot.
„Es war uns eine Ehre!“, erwiderten Jalo und Samuel gleichzeitig und verneigten sich tief vor der Fee. In diesem Moment verwandelte sich das Galagladi in seine vorherige Gestalt zurück. Sie verabschiedeten sich von Piroska und setzten ihre Reise durch Kalos am nächsten Tag fort.
Über die merkwürdige Verwandlung von Jalo sollten sich die beiden Freunde noch lange wundern, denn erst in Yantara City würde man ihnen sagen können, was mit dem Galagladi geschehen war. Es sollte die zweite Mega-Entwicklung sein, die in Kalos geschehen war.
Sanft rauschten die sommergrünen Blätter hoch oben über den Köpfen der beiden Pokémon, die sich vorsichtig ihren Weg durch das hohe Gras bahnten. Der Wind strich sanft durch das lange, hellbraune Fell des Evoli, spielte mit Feelinaras bunten Fühlern; beide bewegten sich vollkommen lautlos.
Ava sog genüsslich die Luft ein. Sie liebte den blumigen Duft des Ewigenwaldes, die dunklen Schatten, die die Wolken über den bemoosten Boden trieben. Als sie hinauf zur Sonne blinzelte, deren Strahlen in glänzenden Fäden durch das dichte Blätterdach fielen, musste sie ein Gähnen unterdrücken. Am liebsten hätte sie sich ein ruhiges Plätzchen gesucht, an dem sie sich für den Rest des Nachmittags ihren Pelz von der Sonne wärmen lassen konnte.
Doch ihre Schwester Eve hatte darauf bestanden, dass sie mit ihr den Ewigenwald erkundete. Fröhlich lief sie neben Ava her, das glänzende beige Fell, das an Ohren und Schwanz sanft in ein kräftiges Pink überging, zitterte voller Aufregung. Nur mit Mühe konnte sie diese verbergen, und Ava hatte Mühe, mit ihr Schritt zu halten. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht laut aufzuseufzen – schließlich war sie ihrer Eve zuliebe mitgekommen. So kam nicht umhin, die Anmut und Leichtigkeit zu bewundern, die sie ausstrahlte.
Sie erinnerte sich noch genau an den Moment, als ihre Schwester sich entwickelt und auf wundersame Weise ihre Form verändert hatte. Sie war schöner geworden, stärker. Ava hatte den leichten Anflug von Neid nicht unterdrücken können, obwohl sie sich für Eve freute. Das tat sie wirklich! Die pure Freude war ihrer Schwester deutlich anzusehen gewesen, und doch erfüllte Ava dieser Anblick mit leiser Traurigkeit. Jetzt, da sie das einzige ihrer Geschwister war, das noch keine Entwicklung vollzogen hatte, fühlte sie sich oft allein. Sie hatte das Gefühl, als gäbe es eine Grenze zwischen ihr und ihren Geschwistern, die sie nicht überwinden konnte. Allein zu sein frustrierte Ava. Sie konnte förmlich die Erwartung der anderen in ihrem Fell spüren, die voller Neugier auf ihre Entwicklung warteten. Konnte sie nicht einfach bleiben, wie sie war? War das nicht in Ordnung? Sie fühlte sich wohl in ihrem Körper, doch manchmal konnte sie das Gefühl, nicht genug zu sein, nicht aus ihrem Kopf verbannen.
Unsanft wurde Ava aus ihren trüben Gedanken gerissen, als ihre Schwester abrupt vor ihr stehen blieb. Sie setzte schon zu einem verärgerten Laut an, als Eve aufgeregt flüsterte: „Psscht! Sieh doch – da vorn!“
Das Evoli folgte ihrem Blick. Vor ihnen bewegte sich etwas raschelnd im dichten dunkelgrünen Gras. Langsam machte Eve ein paar Schritte darauf zu, um besser sehen zu können. Auch Ava reckte sich und spähte durch die langen Grashalme. Ihr Herz schlug ein wenig schneller. Was mochte sich dort verbergen?
Das Etwas bewegte sich ganz eindeutig auf die beiden Schwestern zu, da war sich Ava sicher, denn das Rascheln wurde lauter. Das Feelinara neben ihr zuckte nervös mit den Ohren. Nun konnte Ava einen Blick auf etwas helles und flauschiges erhaschen.
„Sind das etwa... Blätter? Warum kann es sich bewegen?“ Eves Stimme schnellte gegen Ende des Satzes in die Höhe; sie war verunsichert. Auch das Evoli war verwirrt und bemühte sich, seine Gedanken zu ordnen. Ein hüpfendes fluffiges Etwas mit Blättern an den Seiten? Was konnte das sein? Dann fiel es Ava wie Schuppen von den Augen.
„Das ist ein Waumboll, Eve!“, flüsterte es aufgeregt. Ihre Pfoten kribbelten. Sie hatte schon immer eines dieser kuschelig aussehenden Pokémon sehen wollen. Eves Augen glänzten nun vor Aufregung. „Los, lass uns näher ran gehen!“
Das Evoli zögerte. Was würde geschehen, wenn das fremde Pokémon sie beide entdeckte? Was, wann es ihnen nicht freundlich gesinnt war? „Ich finde, wir sollten nicht...“, setzte sie an, doch noch bevor sie zu Ende gesprochen hatte, hatte sich ihre Schwester schon näher an das Waumboll herangeschoben. Wie in Zeitlupe schlich Eve durch das dichte Grün, den Bauch nah an den Boden gepresst. Als sie nur noch eine Schwanzlänge von dem offenbar abgelenkten Pokémon entfernt war, richtete sie sich auf, streckte den Hals, um besser über das hohe Gras sehen zu können.
Ein lautes Knacken zerbrach die angespannte Stille.
Ava hielt erschrocken den Atem an. Ihre Schwester starrte mit aufgerissenen Augen auf den Zweig unter rechten Pfote.
Die Zeit schien für einen Moment still zu stehen. Dann gab das Waumboll einen wütenden Ruf von sich und drehte sich blitzschnell in Eves Richtung. Es folgte noch ein Schrei des Pokémon – dann regneten knisternd helle, orangefarbene Funken auf das zusammengekauerte Feelinara nieder.
„Nein!“
Ava spürte, wie sich ihre Pfoten von alleine bewegten und sie von ihrem Versteck aus auf ihre Schwester zustürmte. Die Angst biss sich in ihr fest und stellte ihr die Nackenhaare auf. Atemlos erreichte sie Eve, die bewegungsunfähig am Boden lag und sich vor Schmerz krümmte. Ihr Wimmern brach Ava fast das Herz. Verzweifelt drückte sie ihrer Schwester die Schnauze in die Flanke. „Ava...“
Ein lautes Rascheln neben ließ das Evoli zusammenfahren – das Waumboll hatte sie erreicht und starrte sie mit aufgebracht funkelnden Augen an, die so gar nicht zu seinem liebenswürdig erscheinenden Äußeren zu passen schienen. Panik ließ Ava nach Luft schnappen, als sie erneut ein bedrohliches Knistern vernahm, das von dem Pokémon ausging. Sie musste ihre Schwester beschützen!
Mit einem Fauchen sprang das Evoli über Eve hinweg, den Gegner fest im Blick. Blitzschnell stürzte sie sich auf das Waumboll und riss es mit sich zu Boden. Im selben Moment spürte sie die Stachelsporen, die sich wie kleine Nadeln tief in ihr Fell gruben. Nur mit Mühe unterdrückte sie einen Schmerzenslaut. Es verstrichen einige Sekunden, bis Ava sich gefasst hatte; als sie sich suchend nach ihrem Gegner umsah musste sie entsetzt feststellen, dass es sich bedrohlich über Eve aufgebaut hatte. In den Augen des Feen-Pokémon glänzte Angst.
Im letzten Moment konnte Ava sich aufrappeln – und mit einem verzweifelten Ruf brachen Sterne aus ihren Seiten hervor, die mit rasender Geschwindigkeit auf das Waumboll zu schossen. Vollkommen überrumpelt glitt es mit einem dumpfen Geräusch zu Boden und blieb reglos liegen. Ava starrte das bewusstlose Pokémon, das nun neben ihrer Schwester lag, mit offenem Mund an und versuchte zu begreifen. Auch Eve blickte überrascht zu ihr auf; vorsichtig kam sie wieder auf alle vier Pfoten. Voller Dankbarkeit sah sie ihre Schwester an und hauchte: „Was hätte ich nur ohne dich gemacht?“
Erleichterung erfüllte das Evoli mit jedem Schritt, den sie in Eves Richtung tat, doch irgendetwas stimmte nicht. Zuerst kitzelte etwas in ihrem Fell, dann begann es unangenehm zu kribbeln und zu ziepen, sodass sie abrupt zum Stehen kam. „Was...?“, murmelte sie – und verstummte.
Als Ava an sich herab sah erkannte sie, dass ihre Pfoten in einen eigenartigen Schimmer getaucht waren. Sie leuchtete! Das Licht wurde stärker und stärker, sodass sie geblendet die Augen schließen musste. Helle Funken wirbelten um sie herum und die Konturen ihres Körpers wurden von dem Leuchten verschluckt. Dann war es vorbei.
Das Kribbeln hatte sich gelegt, es blieb ein wunderbar wohliger Schauer, der über Avas gesamte Körper lief. Sie fühlte sich wie neugeboren, besser denn je, und sie war erfüllt von einer Leichtigkeit, als wäre alle Last, die sie jemals hatte, mit einem Mal von ihr abgefallen.
Sprachlos starrte ihre Schwester sie an. „Ava du... ich...“ Doch sie musste gar nichts weiter sagen. Ein glückliches, losgelöstes Lachen kam aus Avas Mund, und es klang wunderbar melodisch – wie das sanfte Rauschen in den Blättern über ihr. Als sie sich um die eigenen Achse drehte und sie staunend ihr sandfarbenes Fell bewunderte, fiel ihr Blick auf einen kleinen moosbewachsenen Felsen. Die Sonne ließ ihn in hellem gelbgrün erstrahlen, während kleine Lichtflecken um ihn herum in der Luft tanzten und langsam in den blauen Sommerhimmel stiegen.
“When you are content to be simply yourself
and don’t compare or compete,
everyone will respect you.”
~ Lao Tzu
Hallo liebes Tagebuch,
Ich bin dezent frustriert. In diesem Saftladen von Labor wird ja nicht einmal ein Protokoll geführt, weshalb ich dazu gezwungen bin, dir meine Gedanken mitzuteilen. Du bist sowieso ein intelligenterer Gesprächspartner als meine Laborassistenten - immerhin kannst du schweigen. Wie auch immer.
Die Menschen definierten sich schon immer durch die Arbeit, die sie verrichten, den Ort, an dem sie leben, oder ihre Besitztümer. Man könnte natürlich einwenden, dass sich viele Menschen durch ihren Charakter und ihre Vorlieben definieren. Das ist nicht falsch, man könnte aber erwidern, dass sich niemand mit "Hallo, ich bin der Horst-Dieter, ich esse gerne Essiggurken und bin passionierter Angler", vorstellen würde. Vor allem weil keine Eltern, die bei Verstand sind, ihre Kinder Horst-Dieter nennen würden.
All das ist aber nicht so wichtig. Der Punkt ist, dass wir das Glück haben, darüber diskutieren zu können, was einen Menschen ausmacht und wie er sich definiert, weil wir Menschen sind. Pokémon haben dieses Privileg nicht. Einerseits denkt vermutlich kein Pokémon über seine Identität nach, und selbst, wenn sie es täten: Sie würden sich wohl darüber definieren, ob sie frei sind, oder ob und wem sie gehören.
Der Hauptunterschied ist folgender: Es liegt in der Hand eines Menschen, sich zu ändern, der Mensch ist sein eigener Herr. Es liegt auch in der Hand eines Menschen, sein Pokémon zu ändern. Allerdings hat das Pokémon keinerlei Möglichkeit, auf sein Leben Einfluss zu nehmen, sobald es sich in einem Pokéball befindet. Und wenn das Pokémon Pech hat, wird es von einem Trainer gefangen.
Und die Trainer benutzen jede Pokémonart, um zu kämpfen. Nicht nur Pokémon, die kämpfen wollen und körperlich zum Kämpfen geeignet sind. Sie kämpfen mit allem, was sie in die Finger kriegen. Es gibt sogar Angler, die nur mit Karpadors kämpfen. An Land. Denn wie heißt es so schön? "Gute Trainer gewinnen nicht mit den stärksten Pokémon, sondern mit ihren Lieblingen". Die besten Trainer wissen natürlich, wie man das meiste aus ihren Pokémon rausholt - sie "entwickeln" sie zu einem anderen Pokémon. Dieser Vorgang wird im allgemeinen Sprachgebrauch "Entwicklung" genannt, häufig wird auch von Evolution gesprochen. Natürlich hat der Vorgang mit Evolution genauso viel zu tun wie Erdnüsse mit Nüssen. Am nähesten ist der Prozess der Metamorphose, dem Vorgang, bei dem sich zum Beispiel eine Kaulquappe langsam in einen Frosch verwandelt. Allerdings ist die Metamorphose ein natürlicher Prozess, den jede Kaulquappe nach und nach durchläuft. Er ist nicht beeinflussbar.
Wenn sich aber ein Pokémon "entwickelt", so passiert das plötzlich. Es leuchtet auf und beginnt unerklärlicherweise zu leuchten und zu rotieren. Wenn der Vorgang abgeschlossen ist, so ändert sich seine körperliche Erscheinung. Das Pokémon wird in den meisten Fällen größer und schwerer, aber nicht nur das: Häufig ändern sich auch einige seiner Körperfunktionen.
Einige Pokémon kommen mit ihrer Verwandlung besser zurecht als andere. Während sich viele Pokémon über den neuen Körper freuen, wurde auch schon von Pokémon berichtet, die einen Nervenzusammenbruch erlitten, weil sie ihren eigenen Körper nicht mehr erkannten. Besonders betroffen sind davon Gehweiher, die sich in Maskeregen verwandeln. Die Erkenntnis, nicht mehr über Wasser laufen zu können, trifft sie häufig hart und unvorbereitet.
Das interessanteste an dieser Art der Metamorphose ist, dass sie unabhängig vom Alter eines Pokémon abläuft und von Menschen gesteuert werden kann.
Viele Pokémonverwandeln sich, nachdem sie ein hartes Training durchlaufen haben. Hartes Training lässt sich aber nicht mit einem hohen Alter gleichsetzen (das Thema Alter ist allerdings bei Pokémon schon schwierig genug, da fast alle Pokémon nach ihrer Geburt paarungsfähig sind). Je nach Trainingsumgebung können Pokémon unterschiedlich schnell zu einer Verwandlung getrieben werden. Es gibt auch Trainer, die das Training komplett ausser Acht lassen und ihre Pokémon mit einer bestimmten Droge füttern, bis sich diese verwandeln. Aus dem Mittel werden meistens Tabletten gepresst, auf denen Smileys, Hanteln, oder andere lustige Bilder abgebildet sind. Verpackt werden sie häufig in gewöhnliches Bonbonpapier, damit sie keine Aufmerksamkeit erregen. Einige Pokémon bekommen diese Droge direkt nach ihrer Geburt verabreicht, bis sie sich verwandeln. Es ist von der Pokémonart abhängig, wie groß die Menge dieser Droge ist, die dem Pokémon verabreicht werden muss, bis es sich verwandelt. Kurioserweise ist es bei der selben Pokémonart nach der Geburt immer die gleiche Menge. Das Training und die Verabreichung von Drogen mögen zwar die geläufigsten Formen sein, ein Pokémon zur Verwandlung zu zwingen, dabei sind sie aber bei Weitem nicht die interessantesten.
Wenn einige Pokémon beispielsweise in Kontakt mit bestimmten Steinen kommen, verwandeln sie sich. Besonders bekannt dafür ist das Pokémon Evoli, das sich, je nach Stein, in ein anderes Pokémo verwandelt. Evoli ist tatsächlich ein ganz besonderer Fall, da es sich auch abhängig von der Tageszeit durch "Zuneigung" verwandeln kann (wie genau das funktioniert, ist mir nicht ganz klar - auch nicht, was der Trainer alles tun muss, damit ihn das Evoli "mag").
Die seltsamste Bedingung, die eine Verwandlung hervorruft, ist meiner Meinung nach der Tausch eines Pokémon. Mir ist es schleierhaft, wieso dieser Vorgang eine Verwandlung hervorruft - aber er tut es. Manchen Pokémon muss man zuvor einen einen Anzug aus Metall anlegen - nach dem Tausch sind sie dann mit ihm verschmolzen. Wieder andere benötigen bestimmte Gegenstände, teils von Menschenhand gemacht.
Es gibt auch Fälle, in denen die Besitzer der Pokémon vermeiden möchten, dass sich ihr Schützling verwandelt. In diesem Fall genügt es, dem Pokémon einen Ewigstein zu tragen zu geben. Ich mag die Bezeichnung Ewigstein nicht. Die Bezeichnung ist irreführend, da man annehmen könnte, dass es sich um einen besonderen Stein handelt. Das tut es nicht, der sogenannte "Ewigstein" ist einfach nur ein schwerer Steinbrocken. Ich vermute, dass dieser Steinbrocken die Verwandlung verhindern kann, weil er eben schwer ist und das Pokémon nicht die Energie aufbringen kann, sich zu verwandeln, weil es zu erschöpft vom Tragen ist. Eine weitere Möglichkeit ist, dem Pokémon während der Verwandlung einen Schlag zuzufügen, oder es anderweitig aufzuschrecken. Daraus lässt sich folgern, dass das Pokémon selbst die Verwandlung hervorruft, da es ein gewisses Maß an Konzentration benötigt. Der Vorgang scheint aber so sehr an den Menschen angepasst zu sein, dass ich mich frage, ob Pokémon vielleicht wirklich nur ein Spielzeug für Menschen sind.
Auf dem Gebiet der "Entwicklung" gibt es wie erwähnt noch viele Unklarheiten. Ich hoffe, diese beseitigen zu können, indem ich jemanden damit beauftrage, Daten über Pokémon und hoffentlich auch über den Vorgang der Verwandlung zu sammeln. Ich denke, dass meine Tochter und ihr Sandkastenfreund dafür geeignet sein dürfen.
Gute Nacht, liebes Tagebuch.
„So wird das doch nie was.“
Tenba antwortete seinerseits mit einem resignierenden Elektroball, den er auf den nächsten Baum abfeuerte und danach in Stille verweilte.
Lykaia betrachtete das kleine Sheinux von ihrer erhöhten Position weiterhin aus grünen Augen. Sie wusste, wenn er schlecht drauf war, würde er immer im Geheimen eine Attacke nach der anderen ausführen und an sich selbst feilen. Seine Umgebung dankte ihm dafür allerdings nicht, wie einige verkohlte Blätter des Laubbaumes von vorhin bewiesen.
„Was schlägst du dann vor, Lykaia?“, fragte Tenba in ruhigem Ton, während er sich auf seinen Bauch legte. Für den Moment hatte er sich genug abreagiert.
Lykaia hob ihren Kopf zu den dunklen Wolken am Himmel. Scheinbar würde es heute noch regnen.
„Also, ich als Felilou kann dir da nicht sonderlich helfen. Eure Bräuche finde ich sowieso ziemlich barbarisch und ich könnte mich nie in ein solches Rangsystem einordnen.“
Tenba peitschte mit seinem Schweif. „Ich will das aber!“
„Das ist mir schon klar“, gab sie gekonnt zurück, während sie ihre Augen schloss und in Gedanken versank. „Aber ist es dir das wirklich wert, dass du dich so verausgabst, nur um irgendwie akzeptiert zu werden?“
Bei den letzten Worten stand Tenba auf und fauchte seine Freundin an. „Hast du eine Ahnung, wie das ist, wenn andere immer nur auf dich herabsehen? Wenn du mit der Entwicklung schon lange überfällig bist und deswegen nur aufgezogen wirst?“
Lykaia legte ihren Kopf schief und lächelte. „Nein. Es interessiert mich auch nicht, was andere von mir halten. Ich lebe einfach mein Leben.“
Tenba seufzte daraufhin. Er konnte es ihr ja nicht verübeln, da sie frei in der Natur und ganz ohne Rangordnung innerhalb eines Rudels auskam. Genau das war es aber, was ihn so sehr schmerzte. Die Tatsache, dass er wohl nie von seinesgleichen akzeptiert würde und nur das Nesthäkchen war.
Er schnaubte. „Deswegen möchte ich mich aber schnell entwickeln, dann kann es nur besser werden!“
„Glaubst du das wirklich?“ Lykaia sprang von dem kleinen Felsen und ging auf ihren Freund zu. „Nur, weil du größer und stärker bist, akzeptieren dich andere auch nicht eher.“
„Was weißt du schon?“
„Offenbar mehr als ein Heißblut wie du.“
Tenba wich zurück und vermied Augenkontakt mit ihr. Er hasste solche Momente, in denen sie die Oberhand in einer Diskussion gewann. Schlagkräftige Argumente fehlten ihm dieses Mal.
„Und außerdem“, begann Lykaia von Neuem, „akzeptiere ich dich so, wie du bist. Warum möchtest du dich also für andere ändern, die sowieso nur an sich denken?“
Er überlegte kurz und zuckte mit den großen Ohren. Ob er sich das Geräusch eben nur eingebildet hatte? Er konnte es auch nicht näher definieren. Seine Freundin schien davon aber nicht viel mitbekommen zu haben.
„Damit ich endlich ein gutes Leben führen kann. Im Rudel fühle ich mich schon seit einiger Zeit nicht wirklich wohl.“
„Dann lauf doch weg, wenn es dir dort nicht gefällt.“
„Spinnst du? Was mach ich dann allein?“
„Na, dein gutes Leben führen, so wie du es wolltest“, antwortete Lykaia mit ärgerlichem Unterton. „Oder stehst du etwa nicht zu deinem Wort? Du brauchst die anderen nicht mal, damit es dir gut geht!“
„Ich ...“
Tenba setzte ab, weil jegliche Widerworte nur wieder in einem Streit enden würden. Auch, wenn seine Ziele klar waren, wusste er, dass Lykaia mit dem recht hatte, was sie sagte. Nur wollte er nicht einfach aufgeben. Für ihn war es eine Schwäche, seine Ziele aus den Augen zu verlieren und was würde er ohne seine Träume machen? Ein Leben allein ... Das könnte sich Tenba nicht einmal ansatzweise vorstellen, auch wenn er seine Freundin, eine Streunerin seit eh und je, gut kannte und wusste, was ihn erwarten würde.
Mit einem Mal hörte er eine Art Explosion; wie ein Donnerschlag! Er spitzte die Ohren, um herauszufinden, worum es sich dabei handelte, bis es ihm nach Lykaias aufgeregtem Blick dämmerte.
„Mein Rudel!“
Ohne auf seine Freundin zu achten setzte sich Tenba in Bewegung und lief, so schnell ihn seine Beine tragen konnte. Über Stock und Stein trug ihn sein Weg. Den kreuz und quer verteilten Zweigen versuchte er dabei so gut es ging auszuweichen, musste jedoch auch hier aufgrund einiger falsch eingeschätzter Sprünge Schmerzen einstecken. Es war ihm egal. Was zählte, war, dass er weiter vorankam.
Eines der Luxio seines Rudels lief in dieser Zeit panisch an ihm vorbei und Tenba sah ihm verwirrt nach. Das war doch Birama?! Warum sollte er flüchten?
Als er schließlich bei den anderen ankam, wusste er, warum. Einige Frizelbliz und Voltenso sind über sein Rudel hergefallen. Er hatte auch schon viel über diese Gruppe gehört, die in letzter Zeit nur noch anderen nachstellte und sie um ihr Revier betrügen wollte. Dass sie nun auch so weit gehen würden, seine Bekannten anzugreifen, war ihm zu viel.
Ohne darüber nachzudenken warf sich Tenba auf das nächste Frizelbliz und biss ihm in die Schulter. Dieses jaulte daraufhin auf und versuchte sich von dem eisernen Griff zu befreien, was ihm jedoch nicht gelang. Nach kurzer Zeit sank dieses auch schon erschöpft zu Boden.
Tenba schnaubte. Was für ein Schwächling!
Er hatte Zeit, sich nach seinem nächsten Opfer umzusehen. Scheinbar war jeder in seinen persönlichen Kampf verwickelt. Aber wo war Paros, das Oberhaupt?
Nach einigen Momenten des stillen Überlegens fiel es ihm wieder ein. Hatte er sich nicht heute mit einigen Luxio aufgemacht, um Beute für das Rudel zu jagen? Und das wollten die Feinde nun ausnutzen, indem sie die geschwächte Gruppe angreifen? Solche Halunken!
Ihm blieb kaum Zeit sich zu orientieren, als ein weiteres Luxio seinen Weg kreuzte. Dieses Mal jedoch flog es in hohem Bogen an ihm vorbei und er konnte ihm nur nachsehen. Er sah, dass es sich um Manane handelte und flitzte flugs zu ihr.
„Was ist passiert?“, fragte er sie panisch, woraufhin sie nur keuchte.
„Wir wurden angegriffen, als wir unvorsichtig waren. Ich versuche schon seit einiger Zeit, ihren Anführer zu schlagen, aber es gelingt mir nicht.“ Sie peitschte daraufhin mit dem Schweif und biss die Zähne zusammen. „Und Birama, dieser Feigling, ist einfach geflüchtet! Aber sonst immer eine große Klappe haben! Der soll sich wieder her trauen!“
Tenba verstand sie gut. Manane und er waren vom selben Wurf und verstanden sich daher bestens. Zudem hatten sie beide schnell eine Abneigung gegen das Ekelpaket entwickelt, der immer glaubte, der Beste zu sein.
„Ich übernehme“, meinte Tenba daraufhin. Sie wollte ihn zuerst aufhalten, doch wusste sie, welche Kraft und welcher Ehrgeiz in ihm steckte.
„Mach sie fertig.“
Das ließ er sich nicht zweimal sagen! Mit gekonntem Lauf bereitete er einen Funkensprung vor und attackierte eines der gegnerischen Voltenso. Jenes, welches wohl der Anführer des feindlichen Rudels war. Dieser ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und schnellte herum, sodass Tenba in die Luft befördert wurde. Das nahm er zum Anlass, um seinerseits einen Elektroball vorzubereiten, jedoch kam er nicht dazu, diesen abzufeuern. Ein Funke raste durch seinen Körper und lähmte ihn beinahe, sodass er kraftlos einfach zu Boden sackte. Er wusste, wenn er keine Blitze kontrollieren könnte, hätte das für ihn schmerzhaft enden können.
Ungeachtet dessen rappelte er sich unter Mühen wieder auf und sah in die grimmigen Augen seines Gegenübers, der ihn nun wohl als Gegner akzeptiert und wahrgenommen hatte. Tenba wusste, dass es nun um alles ging und wartete auf eine Reaktion dieses Voltensos. Seine Umgebung schien wie eingefroren zu sein; niemand beachtete die beiden und niemand wollte sich in diesen Kampf einmischen. Ehre stand auf dem Spiel!
Voltenso setzte zum Sprung an. Tenba startete wiederum den Versuch, ihm einen Elektroball entgegen zu schleudern. Die Vorbereitung kam jedoch spät; es würde knapp werden!
Mit einem Mal flitzte ein Schatten vorbei und traf Voltenso an der Flanke, sodass dieses sein Gleichgewicht halten musste und daher unterbrochen wurde. Tenba beachtete dies nicht weiter und schickte diesem nun seinen fertigen Elektroball. Der Attacke, die er in den letzten Tagen so oft geübt hatte!
Was blieb, war nicht mehr als ein jaulender Schrei und die anschließende Flucht der Frizelbliz in der Umgebung. Doch auch der Anführer nutzte den Moment, um davonzulaufen. Ob das nun wegen seiner verschwundenen Kameraden war oder aufgrund der Stärke seines Gegners, mochte niemand sagen.
Tenba hingegen blieb standhaft und blickte sich um. Die anderen Sheinux und Luxio tuschelten und miauten. War das wirklich das Nesthäkchen, das sie gerettet hatte? Sie hatten es schließlich mit eigenen Augen gesehen! Doch Manane ergriff zuerst das Wort.
„Tenba ist der Größte!“, jubelte sie, woraufhin immerhin einige andere auch sofort einstimmten.
Der Siegreiche wusste nicht, wie ihm geschah. Hatte er nun das erreicht, was er wollte? Akzeptanz, die Stärke, sich zu behaupten und das Wissen, dass er nun gebraucht würde? Er wollte dies alles nicht glauben; immerhin hatte er doch nicht mal eine Entwicklung vollzogen!
Er sah auf und erspähte in der Entfernung ein Paar grüner Augen, das ihn beobachtete, jedoch genauso schnell verschwand, wie es aufgetaucht war. Ein Schmunzeln bildete sich auf seinem Gesicht und er versuchte sich vorzustellen, was sie wohl sagen würde.
Immerhin ... hatte er sich ja doch entwickelt!