Ich bin gerade so sauer. Ich koche vor Wut. Dieses Topic durchzulesen gibt mir Aggressionszustände wie selten etwas anderes. Ich musste mich jetzt erstmal 10 Minuten sammeln, damit ich hier nicht gleich jeden persönlich angreife und bis auf die Knochen beleidige, so wütend bin ich.
Diese Attitüde, die hier von einigen vertreten wird, ist absolut unter aller Sau. "ICH persönlich habe kein Problem mit der Frauendarstellung", "ICH persönlich bin so hocherhoben dass ich mich von Medien nicht beeinflussen lasse", "ICH persönlich kann mich auch mit den Charakteren identifizieren, die vorhanden sind" und "ICH persönlich brauche keine inklusiven Charaktere!!!11" Hört ihr euch eigentlich selber?
Wie egoistisch, absolut ekelerregend selbstsüchtig, ist diese Einstellung bitte? Nur weil ihr selber (und euer persönlicher Freundeskreis) nicht der Meinung seid, bestimmte Darstellungen von diversen/standard-abweichenden Charakteren haben zu müssen/nötig sind, heißt das nicht gleich, dass diejenigen, die solche Darstellungen aber gerne hätten und sie fordern, "keinen Grund" haben oder "zu viel verlangen" oder sonst irgendein anderes bullshit "Argument," das hier sonst noch so verwendet wurde. Ja gut, vielleicht mag euch das Problem nicht betreffen, vielleicht seid ihr persönlich (und die, die ihr kennt) zufrieden mit den Charakteren, die vorhanden sind und könnt euch gut genug mit denen identifizieren/braucht euch gar nicht mit ihnen zu identifizieren. Das freut mich ja wirklich sehr für euch betroffenen, nur ich finde es absolut schandhaft, dass ihr so weit geht und euch dann in der Opposition dafür einsetzt, dass Forderungen für inklusive Medien zu weit hergeholt und unnütz sind, weil es eh "nichts ausmacht."
Wieviele Mädchen in den STEM Feldern werden niemals eine Karriere in diesem Berufsfeld verfolgen? Weil sie nie Repräsentation von sich in den Feldern sehen und somit auch keinen Grund haben, anzunehmen, sie könnten es überhaupt schaffen? Weil sogar ihre eigenen Mütter ihnen das Interesse und die Neugier in diesen Feldern abschwätzen und sie lieber dazu überreden, ein anderes Hobby aufzunehmen? (Und diese Bias der Mütter kommt sehr wohl u.a. aus den Medien). Ich persönlich werde jetzt im Herbst mein Studium in Molekularbiologie anfangen, und ich bin wirklich mal gespannt, wie der Frauenanteil sein wird. Und dazu hat mir meine Mutter auch schon selbst in die Augen gesagt, dass sie davon nicht begeistert ist — weil ich eine Frau bin. Mein Bruder hat das Ingenierswissenschaften-Studium nach einem Semester abgebrochen, aber da hat niemand von vorneherein Sorge geäußert, da alle wohl dachten "Ah ja, das ist was für Männer und als Mann schafft der das auch." Dass seine Noten, Motivationen und Interessen da schon von Anfang an eigentlich Konflikte geschaffen haben und mein Bruder das Studium auch eigentlich nur wegen Nötigungen meines Vaters und Onkels angefangen hat, darüber hat auch niemand ein Wort verloren.
Das Frauenbild in den Medien ist nicht nur schädlich für Frauen (in der realen Welt) sondern auch für Männer, wie meine Retterin und Göttin @Alaiya auch schon gesagt hat (srsly, du hast mir in diesem Topic wirklich meinen Verstand gerettet, wie @Mogelbaum auch). Dass Männer in den Medien nie wirklich das Opfer sein können, weinen oder anderweitig irgendwie auch nur Emotionen zeigen dürfen, ist toxisch, eben auch für Männer. Die sogenannten "bösen SJWs" setzen sich also eben nicht nur für diverse Frauendarstellung ein (von denen viele sich hier ja auch abgrenzen wollen), sondern auch für Männer. Damit diese endlich mal wieder in der realen Welt weinen können ohne direkt als Pussy oder Schwuchtel abgestempelt zu werden. Denkt mal darüber nach. Gefühle sind menschlich, nicht weiblich.
Und ein Beispiel, das ich aufführen will: Das Ghostbusters Remake. Schon der erste Trailer hatte Tausende Dislikes auf YouTube und ich hab beim Lesen der Kommentare fast das Kotzen bekommen (ähnlich wie in diesem Topic). Ich erinnere mich noch lebhaft an Kommentare wie "Women can't be scientists", "women are too dumb for this shit", "feminism ruined everything." Oder auch in diesem Topic, ein Juwel: "Das ist ein Klassiker, warum muss man den neu verfilmen?!"
Frauen in den Medien werden zu 70% (ist jetzt keine Statistik, sondern meine persönliche Wahrnehmung) nicht für Frauen, sondern für Männer dargestellt. Von Männern. Die Frauen sind meistens nie über 40 und zu 95% konventionell attraktiv, in jedem gegebenen Film. Auch in "chick flicks" o.Ä. Damit Männer trotzdem noch wenigstens von diesen schönen Frauen "angezogen" werden. Ghostbusters zerschreddert dieses Trope total. Zwar ist der Film immer noch von einem Mann produziert worden, so sind 3/4 Frauen über 40 und nicht unbedingt "konventionell attraktiv." Melissca McCarthy ist dick, Leslie Jones ist schwarz (welche für ihre Rolle auch schon enorm viel rassistischen Hass auf social media bekommen hat, was auch ein absolutes Unding ist) und Kristen Wiig ist noch so ziemlich die einzige Ü40, die die Standardnormen der Schönheit aufweist. Dennoch ist sie trotzdem Ü40, was (wie gesagt) sehr, sehr selten vorkommt. Bleibt noch Kate McKinnon übrig, die weiß, schön, jung (32 Jahre) und schlank ist — konventionell attraktiv. Allerdings ist ihr Charakter lesbisch und somit nicht für die Befriedigung der Männer da, sondern, ja in der Tat, als stereotypischer "Augenschmaus" für ebenfalls frauenliebende Frauen. Und Kevin, der "sexy Sekretär" Stereotyp nur umgedreht, ist für männerliebende Frauen. Absolut gar nichts an diesem Film begünstigt Männer oder ist da, um Männer zu begünstigen und deshalb hassen auch so viele Männer ihn, lmao. Und ich feiere das. Ich ergötze mich an den ganzen Männertränen.
Und noch was, aus der realen Welt. So viele Frauen, vor allem Frauen aus Minderheiten, sind momentan in Rio bei den Olympischen Spielen links und rechts Goldmedaillen am abräumen. Simone Biles, Katie Ledecky, Simone Manuel, Laurie Hernandez etc. Frauen, und bis auf Ledecky, keine weißen Frauen. Und ich weiß nicht, wieviele Bilder und Posts ich schon auf diversen Seiten wie bspw. Twitter gesehen habe, wo junge, kleine, schwarze Mädchen plötzlich anfangen wollten, Gymnastik zu machen, weil sie diese Inspiration und Repräsentation in Simone Biles gesehen haben. Also wagt es nicht, mir zu sagen, Repräsentation ist unwichtig.
Tl;dr, wie kann man so sein, dass sein Weltbild so exklusiv ist für alle anderen Gruppen, ob Minderheiten oder nicht, dass man einfach wegguckt und sagt "meh, interessiert mich nicht, weil es mich nichts angeht, mir geht es auch so gut?" Wie absolut ignorant ist es, nicht auch darüber nachzudenken, wie andere, die anders sind wie man selbst, darüber denken/fühlen? Ich denke da an "weißen Feminismus", aber es ist ja noch nichtmal Feminismus in dieser Denkweise dabei. Ich finde das absolut eklig, dass man nichtmal Zeit dafür aufbringt, sich vorzustellen, wie man als nicht-heterosexuelles, nicht-weißes, nicht-cis, nicht-Mann Individuum über die Charakterdarstellungen in den Medien denken könnte. Sorry, ich hab für euch nichts übrig. Es ist ja noch nichtmal so das Problem, einfach nichts zu machen und passiv in dem Problem darzustehen, aber dann auch noch dagegen zu argumentieren?! Im Sinne von "Was stört euch das denn, wenn nunmal alle Charaktere cis, weiß, männlich, nicht-behindert sind? Man braucht doch keine Repräsentation und man muss sich auch nicht zwingend mit Charakteren identifizieren können!" nur weil das für euch so stimmt. Was ist falsch gelaufen bei euch, tschuldigung, aber ... ?!?!? Das ist für mich einfach absolut nicht nachvollziehbar.